Karl Martells Weg zum Hausmeier


Hausarbeit, 2004

13 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung: Der Nachlass Pippins des Mittleren

II. Hauptteil: Die Rivalen
a) Plektrud
b) Theudoald
c) Raganfrid
d) Karl Martells Weg zum gesamtfränkischen Hausmeier

III. Schluss: Das Reich unter Karl Martell

IV. Literaturverzeichnis

Der Nachlass Pippins des Mittleren

Pippin der Mittlere war bis 714 Hausmeier des Fränkischen Reiches. Seine Ehefrau Plektrud hatte viel Land, u. a. am Niederrhein, mit in die Ehe gebracht und so eindeutig zur Vergrößerung des Reiches und der Macht Pippins beigetragen. Sie schenkte Pippin außerdem zwei Söhne, Drogo und Grimoald.

Neben Plektrud hatte Pippin noch zwei Nebenfrauen, von denen nur Chalpaida namentlich bekannt ist[1]. Diese gebar in den späten 80er Jahren des 7. Jahrhunderts ebenfalls einen Sohn, Karl, der in die Geschichte unter dem Namen Karl Martell („der Hammer“) eingehen sollte. Pippins vierter Sohn, Childebrand, wird nur vereinzelt in der Literatur, z. B. in Schieffers Karolingern, erwähnt.

Chalpaida wird in der Literatur zum Teil als legitime Ehefrau Pippins dargestellt[2], zumeist, speziell ab dem 12. Jahrhundert, hingegen als Friedelfrau und Konkubine[3]. Dies hätte ihren Sohn Karl von der Erbfolge ausgeschlossen, da die Polygamie im Frankenreich zwar nicht ausdrücklich verboten, jedoch ungern gesehen war und häufig totgeschwiegen wurde[4].

Fest steht, dass Pippin II. sein Testament kurz vor seinem Tod im Jahre 714 noch änderte. Seine beiden ältesten Söhne aus der Ehe mit Plektrud, Drogo und Grimoald, waren bereits vor ihm gestorben, und vermutlich aufgrund des Einflusses seiner Ehefrau[5] berücksichtigte er Karl nicht in seinem Testament. Statt dessen ernannte er seinen Enkel Theudoald, der gerade erst sechs Jahre alt war, zu seinem Nachfolger als Hausmeier[6].

Da es damals ohnehin nicht üblich war, königsgleich das Reich und die Ämter seinen Nachkommen zu vererben, versuchte der übergangene Karl Martell, seine Ansprüche als direkter Nachkomme durchzusetzen und seinen Neffen Theudoald vom „Thron“ des Hausmeiers zu vertreiben. Er hatte jedoch nicht mit den im folgenden beschriebenen drei Parteien gerechnet, die sich vehement gegen seine Ansprüche wehrten.

Plektrud

Karls Stiefmutter stammte gebürtig aus dem fränkischen Hochadel. Ihr Vater war als Seneschall, einer der obersten Hofbeamten der damaligen Zeit[7], des merowingischen Königs tätig, ihre Mutter wie ihre Schwester führten als Äbtissinnen Klöster in und um Trier an[8]. Folglich stand Plektruds Familie der Pippins in gesellschaftlichem Ansehen kaum nach. Gleiches galt für die materiellen Verhältnisse. Plektruds Familie verfügte über große Ländereien, von denen sie einige als Mitgift in die Ehe brachte und somit das Fränkische Reich nicht unerheblich vergrößerte. Zu Regierungszeiten Pippins war sie stets seine rechte Hand gewesen und wird laut Schieffer auch in den Quellen oft rühmend beschrieben. Des weiteren soll sie bei allen Urkunden, die Pippin ausstellte, Mitunterzeichnerin[9] und somit in alle Regierungsgeschäfte involviert gewesen sein. Nach dem Tod ihres Gatten sah sie ihre Vormachtstellung insbesondere durch ihren Stiefsohn Karl Martell gefährdet. Folglich ließ sie ihre Verbindungen spielen und stellte sich als seine stärkste Kontrahentin heraus[10].

Um Karls Aufbegehren im Keim zu ersticken, ließ sie ihn in Köln, wo sie sich meist aufhielt, gefangen setzen[11]. Durch eine Niederlage Theudoalds wurde Karl aus seiner Haft befreit und wenig später zum austrischen Herzog der Franken ernannt. Während dieser Zeit führte er bereits seinen ersten Feldzug gegen die Friesen, auf denen er trotz einer Niederlage seinen Anhängern und Soldaten seinen Mut und Kampfgeist bewies[12].

Damit hatte Plektrud nicht gerechnet. Zur gleichen Zeit regierte sie de facto hinter ihrem Enkel stehend, den sie als Hausmeier nach Neustrien geschickt hatte[13], das Reich so weiter, wie sie es bei Pippin jahrelang beobachtet hatte. Theudoald war noch jung und ließ sich von seiner bereits erfahrenen Großmutter, die Pippin jahrelang bei seinen Regierungsgeschäften zur Seite gestanden hatte, leicht beeinflussen[14]. Jedoch barg Plektruds Strategie einige Schwächen. So hatte sie nicht vorhergesehen, dass die Neustrier mit der gegebenen Situation – ein sechsjähriger Hausmeier, gelenkt von der Witwe ihres langjährigen Hausmeiers – nicht zufrieden waren. Sie sammelten sich zu einem Heer und begannen einen Feldzug gegen die Regierung. Theudoalds Männer wurden bereits binnen eines Jahres am 26.09.715 bei Compiègne in die Flucht geschlagen, Karl Martell aus der Gefangenschaft befreit. Daraufhin zwangen die Neustrier den merowingischen Schattenkönig Dagobert III., einen Neustrier zum Hausmeier zu ernennen und hatten zum ersten Mal seit fast 50 Jahren wieder die Oberhand im Fränkischen Reich. Wenig später starb Dagobert III., sodass sie auch ihren eigenen Schattenkönig einsetzen konnten. Da sie nun nichts mehr aufhielt, führten ihre Plünderzüge sie rasch vom Osten Frankreichs durch Belgien und die Ardennen bis zur Maas. Im Frühjahr 716 erreichten sie Köln, den Sitz Plektruds, und zwangen sie zur Herausgabe ansehnlicher Schätze.[15] Plektrud war durch diese Demütigung endgültig gescheitert und sah auch ein, die Kontrolle über das Frankenreich verloren zu haben.

Theudoald

Theudoald war der einzige Nachkomme von Pippins Sohn Grimoald, der im gleichen Jahr verstarb wie sein Vater. Unter dem Einfluss von Plektrud setzte Pippin in seinem Testament fest, dass Theudoald trotz seines jungen Alters von gerade sechs Jahren für die Nachfolge berücksichtigt werden sollte. De facto regierte Plektrud weiter, schickte Theudoald nach Neustrien und setzte Arnulf, den Sohn Drogos, als dux Austriens und Burgunds ein[16]. Bemerkenswert ist, dass Theudoald keineswegs ein legitimer Nachfolger von Grimoald war, da er nicht seiner rechtmäßigen Ehe entstammte[17]. So sehr Plektrud im Falle von Karl Martell gegen dessen Beteiligung an der Erbfolge war, mit der fadenscheinigen Begründung, er sei ein illegitimer Nachfolger, so sehr unterstützte sie die gleiche Situation bei Theudoald, aus dessen Nachfolge sie einen persönlichen Vorteil ziehen konnte.

Theudoald sollte, kontrolliert von seiner Großmutter, als Hausmeier in Neustrien fungieren. Arnulf, der die Macht in Austrien und Burgund hatte, war 714 bereits über fünfzehn Jahre alt[18] und damit für die damalige Zeit erwachsen genug, um ohne Kontrolle zu herrschen.

Der junge Theudoald musste sich bald gegen die Neustrier behaupten, die mit der Situation in ihrem Land unzufrieden waren. In ihren Augen war weder eine Frau noch ein sechsjähriger Junge in der Lage, das Reich effektiv zu leiten, und so grub man das Kriegsbeil aus und startete den Versuch, das Fränkische Reich in neustrische Hände zu bringen. Dies gelang leichter als ursprünglich gedacht. Bereits bei Compiègne floh Theudoald vom Schlachtfeld und überließ nach weniger als einem Jahr der Unruhen den Neustriern seine Herrschaft. Diese Niederlage ermöglichte seinem Onkel Karl Martell die Flucht aus Plektruds Gefangenschaft und war wegbereitend für dessen spätere Erfolge.

Raganfrid

Nach den erfolgreichen Feldzügen gegen Plektrud und der Flucht Theudoalds sahen sich die Neustrier erstmals seit fast 50 Jahren in der Situation, einen Hausmeier stellen zu können. Ihre Wahl fiel dabei auf Raganfrid, der aus der neustrischen Oberschicht stammte. Dagobert III., den Plektrud und Theudoald zum König Neustriens ernannt hatten, erhob ihn zum Hausmeier, starb jedoch wenig später[19]. Somit konnte Raganfrid seinen eigenen König einsetzen. Die Wahl fiel auf den Neustrier Chilperich II.[20] Dieser unterstützte Raganfrid und seine Männer bei ihren Plünderzügen gen Osten, auf denen sich ihnen niemand in den Weg stellte. So konnten sie Frankreich und Belgien durchqueren, stießen bis an den Rhein und die Maas vor. Raganfrid schloss ein Bündnis mit dem friesischen Herzog Radbod, dem Schwiegervater von Pippins verstorbenem Sohn Grimoald, mit dessen Unterstützung er zwischen 715 und 716 einen ersten Sieg gegen Karl Martell errang[21]. Wenig später drangen die Neustrier sogar bis zu Plektrud nach Köln vor und zwangen sie zur Herausgabe ansehnlicher Schätze. Damit war das Scheitern von Plektruds Herrschaft besiegelt.

Allerdings stärkte Plektruds Niederlage gegen Raganfrid den Kampfgeist ihres Stiefsohns. In den folgenden Jahren mussten die Neustrier sich immer wieder gegen Karl Martell durchsetzen, der zu dem Zeitpunkt 25-30 Jahre alt war und schon eine erhebliche Zahl an Kämpfern um sich scharte. Nachdem Raganfrid ihn in Zusammenarbeit mit den Friesen geschlagen hatte, standen die beiden sich 716 bei Amblève in den Ardennen erneut gegenüber. Diesmal zog Raganfrid jedoch den Kürzeren, ebenso wie am 21.3.717 bei Vichy. Karl konnte Raganfrid und seinen König Chilperich II. siegreich schlagen und wandte sich daraufhin gegen seine Stiefmutter in Köln, die ihm das Amt des austrischen Hausmeiers zusprach[22]. Raganfrid verbündete sich daraufhin mit dem aquitanischen dux Eudo, jedoch konnte sich auch dieses Bündnis dem aufstrebenden Sohn Pippins nicht widersetzen. Noch im Jahr 718 unterlagen sie Karl bei Soissons, der sich weiter bis nach Paris und an die Loire vorkämpfte[23]. Nachdem Paris, das Chlothar II. im Jahre 613 zur neustrischen Hauptstadt gemacht hatte[24], an Karl gefallen war, gaben Eudo und Raganfrid auf und akzeptierten Karl auch als neustrischen Hausmeier. Raganfrid konnte bis zu seinem Tod im Jahr 731 eine lokale Herrschaft in Anjou behaupten[25].

Karl Martells Kämpfe bis zum gesamtfränkischen Hausmeier

Karl Martell musste um jede Position, die er in seinem Leben innehatte, erbittert kämpfen. Da er aus der zweiten Ehe Pippins des Mittleren stammte, hielt ihn seine Stiefmutter Plektrud für unwürdig, die Erbfolge anzutreten. Da Pippin sich von seiner ersten Frau beeinflussen ließ, wurden ihm sogar die noch minderjährigen Enkel Arnulf und Theudoald bei der Verteilung des Reiches vorgezogen[26]. Als sein Vater 714 gestorben war, wollte seine Stiefmutter Plektrud jeglichem Ärger vorbeugen und ließ Karl in Köln inhaftieren, um eine Rivalität mit ihren Nachkommen von vorneherein auszuschließen[27]. Dort verharrte Karl, bis sein Neffe Theudoald, der als Hausmeier fungierte, am 26.9.715 bei Compiègne von einem neustrischen Heer geschlagen wurde und die Austrier, die dieser angeführt hatte, ohne Führung blieben. Karl wurde befreit und gewann rasch eine große Zahl Anhänger, die ihn zum Herzog der Franken in Austrien wählten[28]. Da er der Meinung war, dass er seine Anhänger nur im Kampf vollends von sich überzeugen könnte, zog er nur kurze Zeit später gegen die Friesen unter Herzog Radbod, die mit dem neustrischen Hausmeier Raganfrid verbündet waren, ins Feld[29]. Hier erlitt er eine seiner wenigen Niederlagen. Nun standen Karl zwei feindlich gesonnene Gruppen gegenüber: die austrischen Getreuen Plektruds sowie die neustrische Führung unter Hausmeier Raganfrid. Zunächst folgte Karl den Neustriern Richtung Westen, schlug sie erstmalig bei Amblève im Jahre 716 und vernichtend bei Vichy am 21.3.717. Nach diesem Triumph konnte er seine Stiefmutter zwingen, ihn zu akzeptieren und erhob Anspruch auf die Herrschaft über Austrien. Diesem Wunsch kam Plektrud im Sommer 717 nach, woraufhin Karl den Merowinger Chlothar IV. als austrischen König einsetzte.[30] Doch nur Hausmeier über Austrien zu sein, reichte Karl nicht aus. Daher zog er den Neustriern unter Raganfrid hinterher und kämpfte erneut gegen sie und die mit ihnen verbündeten Aquitanier. Als er sie im Jahr 718 bei Soissons wiederholt und vernichtend schlug, ergab sich der aquitanische Anführer Eudo und lieferte den neustrischen König Chilperich II. aus.[31] Raganfrid wurde als Hausmeier verdrängt, stattdessen behielt er nur eine kleine Herrschaft in Anjou im heutigen Frankreich.

Im Anschluss an diesen Sieg hatte Karl schließlich das Hausmeieramt über Austrien und Neustrien inne, sodass die Macht wie schon bei Pippin II. in einer Hand zentriert war[32].

Dennoch galt es für Karl noch weitere Hindernisse zu überwinden. Innerhalb des Fränkischen Reiches gab es eine Menge Verantwortlicher, die auf der Seite seiner Stiefmutter und seines Neffen gestanden hatten, mit ihm folglich nicht einverstanden waren. Den meisten Einfluss hatten unter ihnen Bischöfe wie Godinus von Lyon. Darüber hinaus waren die Friesen durch ihr Bündnis mit Raganfrid weitgehend der fränkischen Kontrolle entglitten, der sie ohnehin noch nicht lange angehört hatten. Auch andere Herzögtümer am Rand des fest etablierten Frankenreichs, wie Alamannien und Bayern, versuchten, sich aus der Abhängigkeit zu lösen. Um diese besser kontrollieren zu können, verfügte Karl, dass seine Verwandten und Vertrauten in diesen Gebieten als Herrscher eingesetzt wurden.[33] Hier machte Karl keinen Unterschied zwischen Verwandtschaft und einfachen Anhängern, sondern entschied danach, wie treu man ihm gewesen war und wie stark er unterstützt wurde. So ließ Karl den ehemaligen austrischen dux Arnulf, Sohn seines verstorbenen Halbbruders Drogo, gefangen nehmen und in der Gefangenschaft sterben, weil er im Bündnis mit Plektrud versucht hatte, sich ihm entgegen zu stellen[34]. Drogos anderen Sohn Hugo, der zwischen 713 und 715 im Kloster zum Priester geweiht und somit von den Ränkespielen um die Nachfolge Pippins ausgeschlossen worden war, setzte Karl hingegen als „Verwalter der Bistümer Paris, Rouen, Bayeux, Lisieux und Avranches sowie [der] Abteien Saint-Denis, Saint-Wandrille und Jumieges“[35] ein, was ihn später zur wichtigsten geistlichen Stütze der karolingischen Herrschaft in Neustrien machte. Einen alten Vertrauten seines Vaters und seinen eigenen Taufpaten, den Bischof Rigobert von Reims, enthob Karl seines Amtes, da er auf dem Höhepunkt des Machtkampfes zwischen Karl und Plektrud nicht eindeutig auf Karls Seite gestanden hatte. An seiner Stelle setzte Karl den Bischof Liutwin von Trier ein, der fortan beide Bistümer verwaltete. Ebenso als Karls Vertrauter tritt dux Robert aus dem heutigen Belgien auf, der auf vielen Gerichtsverhandlungen zugegen war.

Seinen illegitimen Halbbruder Childebrand, den Pippin mit seiner dritten Frau zeugte, ernannte Karl zum Grafen und erteilte ihm die Befehlsgewalt im dritten fränkischen Teilreich Burgund.[36]

Nachdem er die alten Hofämter seines Vaters auf die beschriebene Weise umgeändert hatte, war Karls Herrschaft als Hausmeier schlussendlich im ganzen Reich besiegelt. Fortan lagen ihm innerhalb Frankens keine Steine mehr im Weg.

Das Reich unter Karl Martell

Es scheint verständlich, dass ein solch kriegserprobter Herrscher wie Karl Martell sich nicht damit zufrieden gab, die Herrschaft über Franken zu besitzen. Um sich die Anerkennung innerhalb des Reiches auch weiterhin zu sichern, setzte er seine Feldzüge fort. Beinahe jedes Jahr zog er gegen andere, rivalisierende duces außerhalb der Grenzen Frankens in den Krieg, und für gewöhnlich kehrte er siegreich in die Heimat zurück. Die meisten seiner Feldzüge dienten der Erweiterung des fränkischen Herrschaftsgebietes bzw. der Festigung der Abhängigkeit in bereits früher eroberten Gegenden. So zog er wiederholt gegen die Friesen, die ihm zum ersten Mal im Jahr 715, zuletzt 733/34 gegenüber standen und ihn schließlich als Herrscher anerkannten[37]. Auch die Alamannen gaben sich erst nach mehreren Kriegen im Jahr 732 geschlagen. Ebenso wie in Thüringen 717 bedeutete dies das Ende für ihr Herzogtum. Nachdem er die Agilolfinger bereits in Alamannien siegreich geschlagen hatte, griff er sie 725 und 728 im Bündnis mit dem langobardischen König Liutprand auch in Bayern an, wo sie sich ebenfalls geschlagen gaben. Bayern hatte fortan mit Herzog Hugbert einen alleinigen Herrscher und Karl Martell gewann eine junge Agilolfingerin Swanahild zu seiner zweiten Frau. In den Jahren 718 bis 738 zog er fünfmal gegen die Sachsen, wo jedoch keine nennenswerten Erfolge zu verzeichnen waren.[38]

Neben seinen Feldzügen nach Osten wandte Karl sich aber auch dem Westen zu. Dort schlug er die Aquitanier unter Eudo, dem er 718 schon im Kampf um das neustrische Hausmeieramt gegenüber gestanden hatte und mit dem er im Jahre 720 Frieden schloss. Ebenso stieß Karl nach Burgund und in die Provence vor, die fortan fester ins Fränkische Reich eingebunden wurden[39].

Seine langwierigsten Kämpfe galten dem Rückschlag der Sarazenen, die aus Spanien auch nach Franken vorgestoßen waren. Ihren Zug nach Norden stoppte Karl 732 mit dem Sieg bei Poitiers und trieb sie in diversen Kämpfen schlussendlich mit dem Sieg bei Avignon 737 aus Südgallien heraus. Lediglich Septimanien, die Grenzregion zwischen Spanien und Aquitanien, blieb in der Hand der Araber[40].

Zur Finanzierung seiner vielen Feldzüge, die ihm seit dem 9. Jahrhundert den Beinamen „Martellus“, „der Hammer“, einbrachten, zog Karl Kirchengut heran. Dies war daher möglich, da er stets gut mit dem Papst in Rom gestellt war und ihm auch oft zu Hilfe geeilt war. Darüber hinaus förderte Karl mit seinen Feldzügen in Gebiete, die noch nicht zum Frankenreich gehört hatten, die christliche Mission[41]. Die Beleihung seiner Vasallen mit Kirchengut war deshalb notwendig, weil Karl aus Prinzip seine Untertanen an seinen Erfolgen teilhaben lassen wollte. Dies geschah zumeist durch die Verteilung von nutzbaren Rechten, von Besitz sowie geistlichen und weltlichen Ämtern[42], die er sich selbst zunächst beschaffen musste.

Leider wurde Karl aufgrund dieser Maßnahmen zuerst von Hinkmar von Reims als Kirchenräuber dargestellt, ein Bild, das ihm trotz aller heldenhaften Erfolge zum Teil bis heute anhaftet[43].

Karl hatte grundsätzlich das Reich mit merowingischen Schattenkönigen, zuletzt mit Theuderich IV. Nach dessen Tod im Jahr 737 setzte Karl jedoch, erstmals in der Geschichte der Hausmeier, keinen neuen König ein. Er selbst bestieg allerdings auch nicht den Thron. Da er als Hausmeier faktisch schon alle königlichen Rechte innehatte und an Macht alle Merowinger der letzten zwei Jahrhunderte übertraf, bedeutete dies für das Fränkische Reich keinerlei Veränderungen. Auch nahm niemand Anstoß an Karls Wunsch, einmal in der ehemaligen Königsabtei Saint-Denis nahe Paris bestattet zu werden.[44]

Auffällig ist, dass er in Briefen und Chroniken - wie einem stummen Wunsch entsprechend - nie als „König“ oder „rex“ bezeichnet wurde. Statt dessen nannten ihn die Chronisten „dux“ (Führer) oder „princeps“ (Erster), die Päpste „patricius“ (Vater) oder „subregulus“ (kleiner Unterkönig)[45].

Wie ein König allerdings teilte Karl zuerst 741 das Reich unter seinen beiden Söhnen aus erster Ehe, Karlmann und Pippin, auf. Der ältere Karlmann sollte folglich Austrien, Alamannien und Thüringen beherrschen, während dem jüngeren Pippin Neustrien, Burgund und die Provence zufielen. Allerdings hatte Karl bei dieser Teilung seinen dritten Sohn, Grifo, aus der Ehe mit Swanahild nicht berücksichtigt. Anders als sein Vater teilte er nun das Reich erneut auf und sprach Grifo in der Mitte des Reiches Teile von Austrien, Neustrien und Burgund zu. Diese Verteilung blieb bestehen, bis die drei Söhne nach Karls Tod versuchten, sich gegenseitig auszuschalten[46].

Karl starb am 21.10.741 in Quierzy und wurde in Saint-Denis bestattet[47]. Er bereitete den Weg für die Herrschaft der Karolinger, die, nach ihm benannt, bis ins 10. Jahrhundert als Könige und Kaiser in Franken regierten.

Literaturverzeichnis

- Schieffer, Rudolf: Die Karolinger. Kohlhammer, Stuttgart 2000.
- Jarnut, J.: „Karl Martell“, Reimitz, H.: „Neustria“, Nonn, U.: „Plectrudis“. In: Hoops, Johannes: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Walter de Gruyter Verlag, Berlin - New York, 2002. Bände 16, 21, 23.
- Joch, Waltraud: „Karl Martell – ein minderberechtigter Erbe Pippins?“, in: Jarnut, Jörg (Hrsg.): Karl Martell in seiner Zeit. Sigmaringen: Thorbecke, 1994. S. 149 – 169.
- Knefelkamp, Ulrich: Das Mittelalter: Geschichte im Überblick. Schöningh, 2002.
- Das moderne Universal-Lexikon. Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft. Köln, 1999.
- Nonn, U.: „K. Martell“, „Plektrud“, „Raganfrid“. In: Angermann, Norbert (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters. LexMA Verlag, München, 1995. Bände V, VII.
- Schieffer, Rudolf: „Karl Martell und seine Familie“, In: Jarnut, Jörg (Hrsg.): Karl Martell in seiner Zeit. Sigmaringen: Thorbecke, 1994. S. 305 – 315.
- Kurzbiographie von Karl Martell unter www.hohenstaufenstr.de/downloads/texte/karl_martell.html, Version vom 08.06.2004
- Hlawitschka, Eduard: „Die Vorfahren Karls des Großen“. In: Beumann, Helmut (Hrsg.): Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben. Bd. 1: Persönlichkeit und Geschichte, 3. Auflage, Düsseldorf 1967, S. 51 ff.

[...]


[1] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[2] Jarnut, J.: „Karl Martell“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 16, S. 269

[3] Joch, Waltraud: „Karl Martell – ein minderberechtigter Erbe Pippins?“, S. 153

[4] Ebd., S. 155

[5] Nonn, U.: „Plectrudis“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 23, S. 206

[6] Knefelkamp, Ulrich: Das Mittelalter: Geschichte im Überblick, S. 60

[7] Das moderne Universal-Lexikon, S. 627

[8] Nonn, U.: „Plectrudis“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 23, S. 205

[9] Nonn, U.: „Plektrud“. In: Lexikon des Mittelalters, Band VII, Spalte 19

[10] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[11] Nonn, U.: „K. Martell“. In: Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 954

[12] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[13] Nonn, U.: „Plectrudis“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 23, S. 206

[14] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[15] Ebd.

[16] Schieffer, Rudolf: „Karl Martell und seine Familie“, S. 307

[17] Joch, Waltraud: „Karl Martell – ein minderberechtigter Erbe Pippins?“, S. 166

[18] Ebd., S. 164

[19] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[20] Nonn, U.: „Raganfrid“. In: Lexikon des Mittelalters, Band VII, Spalte 397

[21] Ebd.

[22] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[23] Nonn, U.: „Raganfrid“. In: Lexikon des Mittelalters, Band VII, Spalte 398

[24] Reimitz, H.: „Neustria“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 21, S. 127

[25] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[26] Joch, Waltraud: „Karl Martell – ein minderberechtigter Erbe Pippins?“, S. 165

[27] Jarnut, J.: „Karl Martell“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 16, S. 269

[28] Kurzbiographie auf www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/karl_martell.html

[29] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[30] Jarnut, J.: „Karl Martell“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 16, S. 269

[31] Nonn, U.: „K. Martell“. In: Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 955

[32] Knefelkamp, Ulrich: Das Mittelalter: Geschichte im Überblick, S. 59

[33] Ebd., S. 60

[34] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[35] In: Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[36] Ebd.

[37] Nonn, U.: „K. Martell“. In: Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 955

[38] Jarnut, J.: „Karl Martell“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 16, S. 270

[39] Zusammenfassung von Hlawitschka, Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen

[40] Nonn, U.: „K. Martell“. In: Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 955

[41] Nonn, U.: „K. Martell“. In: Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 955

[42] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[43] Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 955

[44] Schieffer, Rudolf: Die Karolinger.

[45] Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 955

[46] Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 16, S. 271

[47] Jarnut, J.: „Karl Martell“. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 16, S. 270

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Karl Martells Weg zum Hausmeier
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
2,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
13
Katalognummer
V109337
ISBN (eBook)
9783640075188
Dateigröße
409 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Karl, Martells, Hausmeier
Arbeit zitieren
Julia Riedel (Autor:in), 2004, Karl Martells Weg zum Hausmeier, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109337

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