Verlagsverträge sind die einzigen Verträge zwischen Urhebern und Werknutzern, für die es neben den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, nachstehend UrhG) weitere spezielle gesetzliche Regelungen gibt, nämlich des Gesetzes über das Verlagsrecht vom 19. Juni 1901, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22.03.2002 (nachstehend VerlG).
Diese Aspekte werden im Folgenden näher beleuchtet:
Vertragsinhalt; Vertragspartner; Gegenstand des Verlagsvertrages: Werke der Literatur oder der Tonkunst; Rechtsnatur des Verlagsvertrags, wesentliche Kennzeichen; Praktische Bedeutung; Rechte und Pflichten der Vertragspartner; Beginn und Ende des Vertrags sowie andere Verträge in Buchverlagen
Inhaltsverzeichnis
A Inhalt
B Grundvoraussetzung zum Abschluss: Veröffentlichungsrecht
C Vertragspartner
I Der Verleger
II Urheber, Verfasser, Verlaggeber, Rechtsnachfolger
D Gegenstand des Verlagsvertrages: Werke der Literatur oder der Tonkunst
I Urheberrechtlich geschützte Werke, kleine Münze
II Urheberrechtlich nicht (mehr) geschützte Werke
III Künftig zu schaffende oder noch zu vollendende Werke
IV Verlagsfähigkeit
E Rechtsnatur des Verlagsvertrags, wesentliche Kennzeichen
I Rechtsnatur
II Wesentliche Kennzeichen
F Praktische Bedeutung
G Rechte und Pflichten der Vertragspartner
I Pflichten des Verfassers
1) Überlassungspflicht
a) Gestatten der Vervielfältigung und Verbreitung S
b) Ablieferung des Werkes S
aa) Beschaffenheit S
bb) Zeitpunkt der Ablieferung
aaa) eines vollendeten Werks
bbb) eines noch zu vollendenden oder noch zu
schaffenden Werkes
2) Unterlassung jedes schädlichen Wettbewerbs
II Pflichten des Verlegers
1) Vervielfältigung und Verbreitung
a) Beginn der Vervielfältigung
b) Umfang der Vervielfältigungspflicht
c) Umfang der Verbreitungspflicht
2) Korrektur
3) Zahlung einer Vergütung an den Autor (Honorar)
a) Vorhandene Vereinbarung über die Vergütungszahlung
aa) Zuvor bestimmte Höhe der Vergütung
bb) Unbestimmte Höhe der Vergütung
b) Fehlende Vergütungsvereinbarung
c) Fälligkeit der Vergütung
4) Freiexemplare/Sonderabzüge
5) Vorzugsexemplare
6) Künstlersozialabgabe
7) Titel lieferbar halten
8) Rückgabe des Manuskripts
III Rechte des Verfassers
1) Recht auf Anerkennung der Urheberschaft
2) Anspruch auf vertragsgemäße Vervielfältigung und Verbreitung
3) Korrektur
4) Vergütungsanspruch
5) Freiexemplare/Sonderabzüge
6) Vorzugsexemplare
7) Änderungen am Werk
8) Recht, Entstellungen zu verbieten
IV Rechte des Verlegers
1) Verlagsrecht
a) Verlagsrecht im subjektiven Sinn, ausschließliches und einfaches Nutzungsrecht, Nutzungsarten, Zweckübertragungstheorie
b) Verlagsrecht im objektiven Sinn
c) Beschränkung von Nutzungsrechten
2) Herstellung der Auflage
a) Erstauflage
b) weitere Auflagen
3) Ladenpreisbestimmung und Bestimmung der Ausstattung
4) Nachdruck unbrauchbar gewordener Bücher
G Beginn und Ende des Vertrags
I Beginn
II Ende
1) Ordentliche Beendigung des Vertrags
2) Außerordentliche Beendigung des Vertrags
H Andere Verträge in Buchverlagen
I Verlags-Werkvertrag = Bestellvertrag
II Herausgebervertrag
III Optionsvertrag
IV Lizenzvertrag
Literaturverzeichnis
Delp, Ludwig: Das Recht des geistigen Schaffens in der Informationsgesellschaft,
2. Auflage München 2003.
zitiert: Delp geistiges Schaffen
Delp, Ludwig: Kleines Praktikum für Urheber- und Verlagsrecht,
3. Auflage München 1995.
zitiert: Delp Praktikum
Delp, Ludwig: Der Verlagsvertrag,
7. Auflage München 2001.
zitiert: Delp Verlagsvertrag, Randnummer
Fromm, Friedrich Karl Urheberrecht. Kommentar zum Urheberrechtsgesetz
und Nordemann, Wilhelm: und zum Urheberrechtswahrnehmungsgesetz,
8. Auflage, Stuttgart Berlin Köln 1994.
zitiert: Fromm/Nordemann-Bearbeiter
Haas, Lothar: Das neue Urhebervertragsrecht.
Systematische Darstellung des Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern,
1. Auflage München 2002.
zitiert: Haas, Randnummer
Haberstrumpf, Helmut: Handbuch des Urheberrechts.
2. Auflage Neuwied, Kriftel 2000.
zitiert: Haberstrumpf, Randnummer
Hillig, Hans-Peter: Einführung.
in: Urheber- und Verlagsrecht,
10. Auflage München 2003.
Zitiert: Hillig
Loewenheim, Ulrich: Handbuch des Urheberrechts,
1. Auflage München 2003.
zitiert: Handbuch-Bearbeiter
Lutz, Peter: in: Reclams Sachlexikon des Buches,
2. Auflage Stuttgart 2003.
zitiert: Lutz-Stichwort
Movsessian, Vera Spielfilmauswertung – Zweckübertragungstheorie und neue audio-visuelle Medien – Eine Entgegnung
In: GRUR 1974, 731 ff.
zitiert: Movsessian
Reimer, Dietrich Urheberrechtsfragen der neuen audio-visuellen Medien
In: GRURInt 1973, 315 ff.
zitiert: Reimer
Schack, Haimo: Urheber- und Urhebervertragsrecht,
2. Auflage Tübingen 2001.
zitiert: Schack, Randnummer
Schricker, Gerhard: Verlagsrecht. Kommentar,
3. Auflage München 2001.
zitiert: Schricker, §, Randnummer
Der Verlagsvertrag in Buchverlagen
Verlagsverträge sind die einzigen Verträge zwischen Urhebern und Werknutzern, für die es neben den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, nachstehend UrhG) weitere spezielle gesetzliche Regelungen gibt, nämlich des Gesetzes über das Verlagsrecht vom 19. Juni 1901, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22.03.2002 (nachstehend VerlG).
A Inhalt
Im VerlG findet sich in § 1 der Inhalt eines Verlagsvertrages: „Durch den Verlagsvertrag über ein Werk der Literatur oder der Tonkunst wird der Verfasser verpflichtet, dem Verleger das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen. Der Verleger ist verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten.“
B Grundvoraussetzung zum Abschluss: Veröffentlichungsrecht
In § 12 (1) UrhG heißt es: „Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist.“ Veröffentlicht ist ein Werk laut § 6 (1) UrhG, „... wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.“
Das Veröffentlichungsrecht gehört, wie die Überschrift im Gesetz schon angibt, zu den Urheberpersönlichkeitsrechten. Diese höchstpersönlichen Rechte[1] sind ihrer Natur nach unveräußerlich.[2] Dies bedeutet, dass nur der Urheber die grundsätzliche Entscheidung fällen kann und darf, ob, wie, wann und auf welche Art das Werk veröffentlicht werden soll. Dieses Bestimmungsrecht bezieht sich auf den geistigen Gehalt, nicht jedoch auf die äußere Gestaltung von Vervielfältigungsstücken.[3]
Entschließt sich der Urheber jedoch zur Veröffentlichung seines Werkes, so kann er einem Dritten die Ausübung überlassen.[4]
Um sein Werk erfolgreich veröffentlichen zu können, d. h. um Bekanntheit und Anerkennung zu erlangen und/oder um Geld zu verdienen, ist der Urheber de facto auf die Hilfe von Verlagen angewiesen.[5] Ein Verlagsvertrag kann also als „Brücke“ vom Urheber zur Öffentlichkeit angesehen werden.
C Vertragspartner
I Der Verleger
Verleger ist derjenige, der ein Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung auf eigene Rechnung in Verlag nimmt, unabhängig davon, ob er diese Tätigkeit gelegentlich oder dauerhaft, in Ausübung eines Gewerbezweckes oder privat, als Fachmann oder Laie ausübt.[6]
II Urheber, Verfasser, Verlaggeber, Rechtsnachfolger
Urheber ist nach § 7 UrhG der Schöpfer eines Werkes. Einerseits meint Verfasser nach dem Sprachgebrauch des VerlG die Vertragspartei, welche das Werk in Verlag gibt, unabhängig davon, ob sie selbst Schöpfer des Werkes oder nur Inhaber eines ihr vom Urheber eingeräumten Nutzungsrechts ist oder sogar ein gemeinfreies Werk in Verlag gibt.[7] Andererseits nennt § 48 VerlG die Vertragspartei des Verlegers Verlaggeber, wenn diese gerade nicht Verfasser ist – was der zuerst angeführten Definition ja widerspricht; der Begriff Verlaggeber dürfte also die Vertragspartei meinen, die das Werk in Verlag gibt, ohne Urheber zu sein.
Da für das Urheberrecht zwar zu Lebzeiten nach § 29 (1) UrhG der Grundsatz der Nichtübertragbarkeit gilt[8], es jedoch vererblich ist nach § 28 (1) UrhG, kann auch der Rechtsnachfolger des Urhebers nach §§ 28 (2), 29 (2) UrhG Vertragspartner des Verlegers sein.
D Gegenstand des Verlagsvertrages: Werke der Literatur oder der Tonkunst
I Urheberrechtlich geschützte Werke, kleine Münze
Gegenstand des Verlagsvertrages sind nach § 1 VerlG Werke der Literatur oder der Tonkunst, also nur ein Teil der Werke, die nach § § 2 (1); 3 S. 1 und 4 (1) den Schutz des Urheberrechts genießen.
In Frage kommen insbesondere Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme, Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen, Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die die persönliche geistige Schöpfung des Bearbeiters darstellen, Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnungen der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (Sammelwerke), Werke der Musik (Dass diese Gegenstand eines Verlagsvertrags sein können, ist historisch bedingt; Buch- und Musikverlage haben sich inzwischen sehr weit auseinander entwickelt.[9] )
Die Aufzählung der §§ 2 ff. ist nicht abschließend, wie sich schon aus dem Wortlaut ableiten lässt („insbesondere“).[10]
Werke müssen den Anforderungen des § 2 (2) genügen und „persönliche geistige Schöpfungen“ darstellen.
Strittig ist, ob die unter dem Begriff der „kleinen Münze“ zusammengefassten Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken zählen, wie etwa Telefonverzeichnisse, Adressbücher und Register, Spielregeln und Gebrauchsanweisungen, Veranstaltungsprogramme, Kataloge, Prospekte und Preislisten, Formelsammlungen und Rechentabellen, Vertragsvordrucke und Formulare aller Art.[11]
II Urheberrechtlich nicht (mehr) geschützte Werke
Neben urheberrechtlich geschützten Werken können auch Werke, die nicht (mehr) mehr unter den Schutz des Urheberrechts (oder verwandter Schutzrechte) fallen, Gegenstand des Verlagsvertrages sein.[12] Dabei kann es sich um Werke handeln, denen die Schutzfähigkeit abgeht, wie z. B. Sprichwörter oder Witze, um Werke, deren Schutzfrist nach §§ 64 ff. abgelaufen ist, so genannte gemeinfreie Werke[13], oder um Werke, die den sonstigen Schranken des UrhG (§§ 44a ff.) unterliegen. Ein Interesse des Verlages an diesen Werken wird dann bestehen, wenn sie trotz oder gerade wegen ihres Alters in genügend hoher Stückzahl verkauft werden können, oder wenn das Verlegen dem Renommee des Verlages nützt.
III Künftig zu schaffende oder noch zu vollendende Werke
Wie aus § 11 (2) VerlG ersichtlich, ist es auch möglich, dass künftig noch zu schaffende Werke Gegenstand eines Verlagsvertrages sein können. Gleiches muss für noch zu vollendende Werke gelten.
Wichtig ist, dass das künftige Werk in ausreichendem Umfang bestimmt oder doch bestimmbar ist.[14] Die Begrenzung der zu schaffenden Werke kann zahlenmäßig, zeitlich oder gattungsmäßig sein, wichtig ist, dass Dritte eindeutig bestimmen können, welche Werke unter den Gegenstand des Verlagsvertrages fallen und somit dem Rechtsverkehr entzogen sind.[15]
IV Verlagsfähigkeit
Nur verlagsfähige Schrift- oder Tonwerke können Gegenstand eines Verlagsvertrages sein; d. h. aufgrund der Druckvorlage müssen Werkexemplare in verlagsmäßiger Vervielfältigung hergestellt werden können.[16]
E Rechtsnatur des Verlagsvertrags, wesentliche Kennzeichen
I Rechtsnatur
Beim Verlagsvertrag handelt es sich um einen Vertrag bürgerlichen Rechts.[17] Zwar enthält ein Verlagsvertrag in seiner gesetzlichen Ausgestaltung Merkmale verschiedener Vertragstypen wie die des Kauf-, Werk-, Miet- und Pachtvertrags, gilt aber nach h. M. als Vertrag eigener Art (sui generis) und ist der Gruppe der Urheberrechtsverwertungsverträge zuzuordnen.[18] Er kann stillschweigend, mündlich, schriftlich[19], durch eine notarielle Urkunde oder durch einen Briefwechsel[20] geschlossen werden In Buchverlagen ist die Schriftform üblich[21], bei Verträgen über künftige Werke ist sie nach § 40 (1) S. 1 UrhG vorgeschrieben.
Die überschriftliche Bezeichnung des Vertrages als Verlagsvertrag zeichnet diesen nicht zwangsläufig als solchen aus. Vielmehr ist zur Beantwortung der Frage, ob ein Verlagsvertrag vorliegt, der erkennbare Wille der Parteien ausschlaggebend.[22]
Der Verlagsvertrag ist ein synallagmatischer, d. h. gegenseitiger Vertrag[23], auf den Regeln der §§ 320 ff. BGB Anwendung finden. Im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen die in § 1 VerlG genannten Pflichten der Vertragspartner: die Pflicht des Verfassers zur Überlassung des Werkes und zur Verschaffung des Verlagsrechtes einerseits und die Pflicht des Verlegers zur Vervielfältigung und Verbreitung andererseits.[24] Da der Verleger regelmäßig über längere Zeit zur Verbreitung des Werkes, der Verfasser zur Enthaltung verpflichtet ist, ist der Verlagsvertrag ein Dauerschuldverhältnis.[25]
Den Bestimmungen des VerlG kommt nur dispositive Geltung zu[26], zwingend sind nur die §§ 36 (Insolvenzverfahren des Verlegers) und 39 (1) (Verlagsvertrag über ungeschützte Werke).[27]
II Wesentliche Kennzeichen
Mit den unter Punkt E I Rechtsnatur angeführten Pflichten sind die wesentlichen Kennzeichen des Verlagsvertrages genannt. Unverzichtbar ist, dass die Vervielfältigung und Verbreitung auf Rechnung des Verlages geschehen muss. Nur auf solche schuldrechtlichen Verträge finden die Vorschriften des VerlG Anwendung.[28]
Vereinbaren die Vertragspartner andere gegenseitigen Rechte und Pflichten als die in § 1 VerlG vorgesehenen und fehlen somit die für einen Verlagsvertrag wesentlichen Merkmale, kann es sich durchaus um einen gültigen Vertrag handeln, aber eben nicht mehr um einen Verlagsvertrag.[29]
F Praktische Bedeutung
Die meisten Verlagsverträge werden geschlossen zwischen Verlagen, die literarische und/oder wissenschaftliche Werke publizieren und Autoren solcher Werke.[30]
Nach Berechnungen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels wurden 2003 von deutschen Verlagen 80.971 Titel produziert, davon 61.538 Erstauflagen.[31] Selbst wenn man davon ausgehen kann, dass nicht in jedem Fall ein Verlagsvertrag im engeren Sinne abgeschlossen wurde, so wird dennoch deutlich, welche praktische Bedeutung dem Verlagsvertrag in Buchverlagen zukommt.
G Rechte und Pflichten der Vertragspartner
I Pflichten des Verfassers
1 Überlassungspflicht
In § 1 S. 1 VerlG wird die wichtigste Pflicht des Verfassers genannt: Er soll dem Verleger das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung überlassen.
a) Gestatten der Vervielfältigung und Verbreitung
Zur Überlassungspflicht gehört, dass der Verfasser dem Verleger die Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes gestattet und die vertragsmäßige Werknutzung nicht verhindert oder beeinträchtigt.[32]
b) Ablieferung des Werkes
Zudem besteht für den Verfasser die Pflicht, durch Ablieferung des Werkes die Vervielfältigung zu ermöglichen. Die schuldrechtliche Verpflichtung zur Ablieferung ergibt sich aus § 1 VerlG, die §§ 10 und 11 konkretisieren diese Pflicht nur, indem Zeitpunkt und Beschaffenheit des Manuskriptes näher bestimmt wird.[33]
aa) Beschaffenheit
§ 10 VerlG verlangt die Ablieferung des Werkes „in einem für die Vervielfältigung geeigneten Zustand“. Die äußere Beschaffenheit muss also derart sein, dass es dem Verlag möglich ist, das Manuskript als Vorlage für die Vervielfältigung in Satz zu geben[34], d. h. die Setzerei muss das Manuskript ohne erheblichen Mehraufwand in einer für sie üblichen Zeit setzen können.[35]
Die äußere Form des Manuskriptes richtet sich dabei nach der Verkehrssitte. Üblich für Sprachwerke dürfte heute der Ausdruck eines am Computer erstellten Manuskripts sein; möglich ist auch ein mittels mechanischer oder elektronischer Schreibmaschine erstelltes Manuskript. Handschriftliche Druckvorlagen sind nur dann zulässig, wenn sie ohne besondere Schwierigkeiten lesbar sind. Oft wird zudem eine digitale Fixierung verlangt (Diskette, CD-ROM, Zip-Diskette). Eine solche Pflicht kann in der Regel jedoch nicht unterstellt werden, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung vorliegt.[36]
bb) Zeitpunkt der Ablieferung
aaa) eines vollendeten Werks
„Ist der Verlagsvertrag über ein bereits vollendetes Werk geschlossen, so ist das Werk sofort abzuliefern.“ (§ 11 (1) VerlG)
bbb) eines noch zu vollendenden oder noch zu schaffenden Werks
Bei einem noch herzustellenden Werk „richtet sich die Frist der Ablieferung nach dem Zwecke, welchem das Werk dienen soll. Soweit sich hieraus nichts ergibt, richtet sich die Frist nach dem Zeitraum, innerhalb dessen der Verfasser das Werk bei einer seinen Verhältnissen entsprechenden Arbeitsleistung herstellen kann...“ (§ 11 (2) VerlG). Gleiches muss für ein noch zu vollendendes Werk gelten.
2) Unterlassung jedes schädlichen Wettbewerbs
Für die Dauer des Vertragsverhältnisses hat der Verfasser all die Handlungen zu unterlassen, die auch Dritten nicht gestattet sind, da er dem Verleger das ausschließliche Nutzungsrecht eingeräumt hat. (§ 2 (1) VerlG in Verbindung mit § 31 (3) S. 1 UrhG)
II Pflichten des Verlegers
1) Vervielfältigung und Verbreitung
Nach § 1 S. 2 VerlG ist der Verleger „verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten“, und zwar nach § 14 S. 1 „in der zweckentsprechenden und üblichen Weise“.
a) Beginn der Vervielfältigung
„Der Verleger hat mit der Vervielfältigung zu beginnen, sobald ihm das vollständige Werk zugegangen ist. Erscheint das Werk in Abteilungen, so ist mit der Vervielfältigung zu beginnen, sobald der Verfasser eine Abteilung abgeliefert hat, die nach ordnungsmäßiger Folge zur Herausgabe bestimmt ist.“ (§ 15 VerlG) Schwierigkeiten bei der Herstellung wie etwa Materialbeschaffung, Unterbringung der Satz- und Druckaufträge sind nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu berücksichtigen.[37]
b) Umfang der Vervielfältigungspflicht
„Der Verleger ist“ nach § 16 S.1 VerlG „verpflichtet, diejenige Zahl von Abzügen herzustellen, welche er nach dem Vertrag oder gemäß dem § 5 herzustellen berechtigt ist.“ § 5 (2) S. 1 VerlG berechtigt den Verleger, tausend Abzüge herzustellen. Der Verleger darf die Auflage auch in mehreren Teilquoten herstellen lassen.[38]
c) Umfang der Verbreitungspflicht
Auch die Verbreitung muss nach § 14 VerlG zweckentsprechend und üblich sein. Zu denken ist hier insbesondere an die Werbung, die Pflege des Besprechungswesens, den Vertrieb, und die Verbreitung von Auflagenteilen an Leihbüchereien.[39]
2) Korrektur
§ 20 (1) VerlG verlangt vom Verleger, „für die Korrektur zu sorgen. Einen Abzug hat er rechtzeitig dem Verfasser zur Durchsicht vorzulegen.“ Beanstandet der Verfasser den Abzug, d.h. das gesetzte Manuskript, nicht innerhalb einer angemessenen Frist, so gilt es als genehmigt. (§ 20 (2) VerlG)
3) Zahlung einer Vergütung an den Autor (Honorar)
a) Vorhandene Vereinbarung über die Vergütungszahlung
aa) Zuvor bestimmte Höhe der Vergütung
§ 32 (1) S. 1 UrhG garantiert dem Urheber „für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung [den] Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung.“ Die Pflicht des Verlegers, dem Verfasser die vertraglich vereinbarte Vergütung zu zahlen, zeigt sich auch in § 22 (1) S. 1 VerlG.
Diese Vorschriften besagen jedoch nicht, dass der Verleger in jedem Fall verpflichtet ist, eine Vergütung zu zahlen, sondern nur, dass, wenn überhaupt eine Vergütung vereinbart worden ist, er verpflichtet ist, diese zu zahlen. Eine Vereinbarung darüber, dass keine Vergütung zu zahlen ist, kann zulässig sein.[40]
Sollte die vereinbarte Vergütung nicht angemessen sein, so kann der Urheber nach § 32 (1) S. 3 UrhG „von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrags verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.“
bb) Unbestimmte Höhe der Vergütung
Sowohl § 32 (1) S. 2 UrhG als auch § 22 (2) VerlG betonen die Angemessenheit der Vergütung, sollte deren Höhe nicht bestimmt worden sein. „Angemessen“ nennt § 32 (2) S. 1 UrhG eine Vergütung, die nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36 UrhG) ermittelt worden ist. Vereinigungen von Urhebern sollen mit Vereinigungen von Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen.
Die Verhandlungen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels mit dem Verband Deutscher Schriftsteller über die Vergütung für Belletristikautoren sind noch nicht abgeschlossen, die Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln für Übersetzer wurden am 05.09.2003 für gescheitert erklärt.[41]
Solange es noch keine gemeinsam ausgehandelten und damit als angemessen anzusehenden Vergütungsregeln gibt, greift § 32 (2) S. 2 UrhG: Die Vergütung gilt als angemessen, wenn sie „im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.“ Die Regelungen bezüglich der angemessene Vergütung des Urhebers stellen zwingendes Recht dar.[42]
Übliche ist eine Vergütung, die auf dem Markt für die Vergabe anderer, gleichwertiger Nutzungsrechte vereinbart wird.[43] Es handelt sich jedoch nicht um eine konkrete Summe, sondern um eine gewisse Spanne.[44] Die Vergütung muss jedoch nicht nur üblich, sonder auch redlich sein. Für die Bestimmung, ob eine übliche Vergütung redlich ist, sind die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen.[45] Zudem muss die Vergütung der Tatsache Rechnung tragen, dass „der Urheber ... nach dem Inhalt der verfassungsrechtlichen Garantie des geistigen Eigentums einen grundsätzlichen Anspruch auf Zuordnung des wirtschaftlichen Nutzens seiner geistig-schöpferischen Leistung [hat]“.[46] Die Möglichkeit des Verwerters, überhaupt Geld mit der Nutzung des Rechts zu verdienen, muss berücksichtigt werden.[47] Mit dem Begriff der Redlichkeit ist keine moralische Wertung verbunden, ein subjektives Moment des Verwerters bei der Festlegung der Höhe der Vergütung ist nicht erforderlich,[48]
b) Fehlende Vergütungsvereinbarung
„Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Überlassung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“ (§ 22 (1) S. 2 VerlG). Dies nachzuweisen ist Aufgabe des Urhebers.[49] Die Höhe der Vergütung richtet sich, wie auch bei einem vereinbarten, aber der Höhe nach unbestimmten Vergütungsanspruch, nach §§ 32 (1) S. 2 und 32 (2) S. 2 UrhG.
c) Fälligkeit der Vergütung
„Die Vergütung ist bei der Ablieferung des Werkes zu entrichten“ (§ 23 S. 1 VerlG). Es handelt sich also um eine Zug-um-Zug-Geschäft.[50] Liefert der Verfasser das Werk in einem für die Vervielfältigung nicht geeigneten Zustand ab, hat das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit oder kann der Verfasser das Verlagsrecht nicht verschaffen, so ist der Verleger berechtigt, das Honorar zurückzuhalten.[51]
„Ist die Höhe der Vergütung unbestimmt oder hängt sie von dem Umfange der Vervielfältigung, insbesondere von der Zahl der Druckbogen ab, so wird die Vergütung fällig, sobald das Werk vervielfältigt ist.“ (§ 23 VerlG). Hierfür genügt die Fertigstellung eines Abzuges, die der vollständigen Auflage ist nicht notwendig und das Erscheinen des Werks nicht maßgeblich.[52]
Bei Zahlung eines Absatzhonorars „hat der Verleger jährlich dem Verfasser für das vorangegangene Geschäftsjahr Rechnung zu legen und ihm, soweit es für die Prüfung erforderlich ist, die Einsicht seiner Geschäftsbücher zu gestatten.“ (§ 24 VerlG) Das Absatzhonorar bemisst sich in Prozentsätzen des Ladenpreises.[53]
4) Freiexemplare/Sonderabzüge
Freiexemplare im Sinne des § 25 VerlG meint diejenigen Exemplare, die der Verleger dem Verfasser unentgeltlich zu liefern hat.[54] Sie stellen ihrem Wesen nach regelmäßig kein Entgelt dar für die Leistung des Verfassers und spielen bei der Berechnung des Verfasserhonorars keine Rolle.[55] Eine vertragliche Abmachung, die eine Vergütung in Werkstücken anstelle einer Vergütung in Geld vorsieht, ist jedoch möglich.[56]
Der Anspruch auf Freiexemplare entsteht bei jeder neuen Auflage als neuer Anspruch.[57] Die Anzahl der abzuliefernden Werke wird in § 25 VerlG geregelt. Da eine Lieferung des gesamten Werkes bei Sammelwerken nicht verlangt werden kann, genügt es hier, wenn der Verleger dem Verfasser Sonderabzüge seiner Beiträge als Freiexemplare liefert.[58]
5) Vorzugsexemplare
Der Verfasser hat nach § 26 VerlG das Recht, auf Verlangen beliebig viele Exemplare „zu dem niedrigsten Preise, für welchen ... [der Verleger] das Werk im Betriebe seines Verlagsgeschäftes abgibt“ zu erwerben. Als niedrigster Preis wird der größte an den Buchhandel gewährte Rabatt angesehen, Vergünstigungen wie beispielsweise der Partiebezug müssen dem Verfasser ebenfalls gewährt werden.[59]
Die Abzüge des Werkes müssen dem Verleger verfügbar sein. Als verfügbar werden angesehen die Lagerbestände, die im Bedingtverkehr an den Barsortimenter versandten Exemplare sowie diejenigen Abzüge, die der Verleger noch herzustellen berechtigt ist.[60]
Strittig ist, ob die systematische Verbreitung dieser so genannten Vorzugsexemplare durch den Autor das ausschließliche Verbreitungsrecht des Verlegers verletzt.[61]
6) Künstlersozialabgabe
Verlage zur Künstlersozialabgabe verpflichtet. Eine Umgehung dieser gesetzlichen Verpflichtung ist nicht möglich.[62]
7) Titel lieferbar halten
Durch § 16 S. 2 VerlG wird der Verleger verpflichtet, Sorge zu tragen, dass der Bestand nicht vergriffen wird. Strittig ist, ob ein Werk schon dann als vergriffen gelten kann, wenn dem Verlag keine zum Absatz bestimmten Exemplare mehr zur Verfügung stehen (so die h. M.) oder erst, wenn ein Werk auch antiquarisch nicht mehr erhältlich ist.[63] Für die erstgenannte Auslegung spricht die bessere Handhabbarkeit.
8) Rückgabe des Manuskripts
Sofern der Verfasser sich vor Beginn der Vervielfältigung die Rückgabe seines Werkes freigehalten hat, ist der Verleger nach § 27 VerlG verpflichtet, ihm dieses zurückzugeben. Werk im Sinne des § 27 ist „das Manuskript oder das sonstige körperliche Substrat der Geistesschöpfung (Diktaphonband, Datenträger, Zeichnung)“[64], das der Verleger zur Vervielfältigung benötigt. Hat sich der Verfasser jedoch die Rückgabe nicht bis zu Beginn der Vervielfältigung zurückbehalten, so steht ihm im Zweifel weder der schuldrechtliche Rückgabeanspruch noch das sachenrechtliche Herausgabeanspruch zu.[65]
III Rechte des Verfassers
Viele Rechte des Verfassers korrespondieren mit den Pflichten des Verlegers.
1) Recht auf Anerkennung der Urheberschaft
Als Urheberpersönlichkeitsrecht ist das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft aus § 13 S. 1 UrhG unverzichtbar.[66] Der Urheber kann jedoch nach § 13 S. 2 UrhG darauf verzichten, dass das Werk tatsächlich mit einer Urheberbezeichnung versehen wird.
2) Anspruch auf vertragsgemäße Vervielfältigung und Ver-breitung
Dieses Recht ergibt sich aus den §§ 1 S. 2, 14 S. 1, und 32 in Kombination mit § 30 VerlG. Siehe auch G II 1.
3) Korrektur
Durch § 20 (1) S. 2 hat der Verfasser das Recht, nicht jedoch die Pflicht der Korrektur. Siehe auch G II 2.
4) Vergütungsanspruch
Siehe auch G II 3.
5) Freiexemplare/Sonderabzüge
Siehe auch G II 4.
6) Vorzugsexemplare
Siehe auch G II 5.
7) Änderungen am Werk
- 12 VerlG bestimmt, dass der Verfasser vor jeder Auflage selbst Änderungen am Werk vornehmen oder von Dritten vornehmen lassen kann, es sei denn, ein berechtigtes Interesse des Verlegers würde dadurch verletzt werden. Mehrkosten für den Verleger begründen, von Extremfällen abgesehen, noch kein berechtigtes Interesse.[67]
Unter Änderung ist „jeder Eingriff in die Form oder Substanz des Werks“[68] zu verstehen. Im Gegensatz dazu meint die Korrektur lediglich die Ausbesserung von Druck- und Rechtschreibfehlern.[69]
Das Recht auf Änderung des Werkes besteht nach § 12 (1) S. 1 VerlG bis zur Beendigung der Vervielfältigung, d. h. bis zum Zeitpunkt, zu dem die Drucklegung beendet ist und die Drucksatz fertig vorliegt, ein Ausdruck der kompletten Auflage ist nicht notwendig.[70] Nach Beginn der Vervielfältigung trägt der Verfasser nach § 12 (3) VerlG jedoch die Kosten für Änderungen, die das übliche Maß übersteigen, und nur wenn Umstände eingetreten sind, die die Änderungen rechtfertigen, so hat er die Kosten nicht zu tragen. Zu denken ist hier beispielsweise an Gesetzesänderungen oder das Bekanntwerden relevanter Forschungsergebnisse.
Der Verfasser hat das Recht, nicht jedoch die Pflicht, Änderungen vorzunehmen. Etwas anderes gilt, wenn bei einer Neuauflage die vertragsmäßige Beschaffenheit des Werks erst durch die Änderungen (wieder) hergestellt wird.[71]
8) Recht, Entstellungen zu verbieten
Sind Entstellungen oder andere Beeinträchtigungen des Werkes geeignet, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers zu gefährden, so gibt ihm § 14 UrhG das Recht, diese zu verbieten. Als Entstellung gilt jede Verzerrung oder Verfälschung der Wesenszüge des Werks; bei Sprachwerken kommen z. B. Änderungen der Charaktere und Streichungen, die die Aussage des Werks verändern, in Frage.[72] Andere Beeinträchtigungen können vorliegen, wenn das Werk zwar unverändert bleibt, aber in einen Kontext gestellt wird, der falsche Schlüsse über das Werk wahrscheinlich werden lässt oder wenn die körperliche Form des Druckwerks extrem schlechte, dem Inhalt nicht entsprechende Qualität aufweist.[73]
IV Rechte des Verlegers
1) Verlagsrecht
a) Verlagsrecht im subjektiven Sinn, ausschließliches und einfaches Nutzungsrecht, Nutzungsarten, Zweckübertragungstheorie
Das „... ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und zur Verbreitung“ des Werkes wird in § 8 VerlG als Verlagsrecht bezeichnet, in der Praxis spricht man auch vom Hauptrecht.[74]
Ausschließlich bedeutet nach § 31 (3) S. 1 UrhG, dass der Inhaber des Rechtes berechtigt ist, „das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen.“
Nach § 31 (1) S. 1 UrhG ist ein Nutzungsrecht das Recht Dritter, welches ihnen vom Urheber eingeräumt wird. Inhaber eines Nutzungsrechts können „das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen“. Das Urheberrecht selbst und die sich aus ihm ergebenden Verwertungsrechte, geregelt in den §§ 15 ff. UrhG, verbleiben beim Urheber, sie sind nicht übertragbar.[75]
Obwohl in § 31 der Begriff der Nutzungsarten mehrmals benutzt wird, finden sich hierzu keine weiteren, konkreten Angaben im Gesetz. Nach h. M.[76], in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH[77], ist unter dem Begriff Nutzungsart „jede konkrete technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform des Werkes“[78] zu verstehen.
Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung über den Umfang der Rechtseinräumung im Vertrag, richtet sich dieser nach dem Vertragszweck.[79] Dieser der ständigen Rechtsprechung[80] entsprechende Grundsatz heißt Zweckübertragungsgrundsatz oder Zweckübertragungstheorie. Ausgangspunkt dieser Theorie ist die Feststellung, dass das Urheberrecht die Tendenz hat, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben[81], sie „beruht auf dem Leitgedanken einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an den wirtschaftlichen Früchten der Verwertung seines Werkes.“[82] und hat in § 31 (5) UrhG ihren Niederschlag gefunden.[83]
Neben dem in § 31 (3) S. 1 UrhG geregelten ausschließlichen Nutzungsrecht, das als absolutes subjektives Recht jedermann, auch den Urheber, von der Nutzung ausschließt[84], gibt es das in § 31 (2) UrhG geregelte einfache Nutzungsrecht. Hier ist der Inhaber des Rechts neben anderen berechtigt, das Recht zu nutzen.
b) Verlagsrecht im objektiven Sinn
Von dem Verlagsrecht im subjektiven Sinn unterschieden werden muss das Verlagsrecht im objektiven Sinn, d. h. die „Gesamtheit des objektiven Rechts, das den Verlagsvertrag zum Gegenstand hat.“[85]
c) Beschränkung von Nutzungsrechten
Die Formulierung des § 31 (3) S. 1 das Nutzungsrecht „auf die ihm erlaubte Art und Weise“ zu nutzen zeigt, dass hier Einschränkungen möglich sind. Tatsächlich kann ein Nutzungsrecht nach § 31 (1) S. 2 „räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt“ werden. Diese möglichen Beschränkungen wurzeln im urheberrechtlichen Grundsatz, „dass bei Nutzungsrechtseinräumungen das Urheberrecht so weit wie möglich beim Urheber verbleibt.“[86]
Die inhaltliche Beschränkung darf nicht dazu führen, dass sie zu einer unübersichtlichen Rechtslage führt für Dritte, die das Werk ebenfalls verwenden wollen.[87]
Zwingendes Recht ist § 31 (4) UrhG, der bestimmt, dass die „Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten ... unwirksam“ ist.[88]
2) Herstellung der Auflage
a) Erstauflage
Der Verleger ist dazu berechtigt, die vereinbarte Auflage herzustellen. Liegt keine Vereinbarung über die Auflagenhöhe vor, so greift § 5 VerlG, der den Verleger zur einmaligen Herstellung von tausend Exemplaren berechtigt. Zuschussexemplare und Freiexemplare werden nicht eingerechnet.[89]
b) weitere Auflagen
Die Berechtigung zur Herstellung einer neuen Auflage begründet – im Gegensatz zur Erstauflage – noch nicht die Pflicht, diese auch herzustellen. (§ 17 S. 1 VerlG). Allerdings kann der Verfasser nach einer von ihm gesetzten Pflicht vom Vertrag zurücktreten (§ 17 S. 2 und 3), wenn der Verleger von seinem Recht nicht Gebrauch macht.
3) Ladenpreisbestimmung und Bestimmung der Ausstattung
Der Verleger ist nach § 21 S. 1 VerlG berechtigt, den Ladenpreis für jede Auflage festzulegen. Auch für verschiedene Ausgaben darf er den Preis bestimmen.[90] Begründet wird dies damit, dass er den Markt gut kennt, sein Kapital investiert und das Absatzrisiko trägt.[91] Die Preiserhöhung bedarf stets der Zustimmung des Verfassers, die Ermäßigung nur dann, wenn berechtigte Interessen des Verfassers beeinträchtigt werden (§ 21, S. 2 und 3).
Das Recht des Verlegers aus § 12 S. 2 VerlG, „Form und Ausstattung der Abzüge“ zu bestimmen, kann ebenfalls mit fundierten Kenntnissen über die einzelnen Möglichkeiten hierzu und mit Kenntnissen des Marktes begründet werden.
4) Nachdruck unbrauchbar gewordener Bücher
Im Lager unbrauchbar gewordene Abzüge darf der Verleger nach § 7 VerlG nachdrucken, er hat dies dem Verfasser mitzuteilen. Auf Lager im Sinne des § 7 VerlG bedeutet, dass sich die Abzüge in der rechtlichen Verfügungsmacht des Verlegers befinden. Strittig ist, ob die Vorschrift Anwendung findet bei vom Verleger zu vertretenden Untergang.[92]
G Beginn und Ende des Vertrags
I Beginn
Der Vertragsverlag beginnt, sobald sich die Vertragsparteien geeinigt haben.[93]
II Ende
1) Ordentliche Beendigung des Vertrags
Das Vertragsverhältnis endet nach § 29 VerlG, wenn bestimmte, vorher festgelegte Bedingungen eintreten.
2) Außerordentliche Beendigung des Vertrags
Unter bestimmten Bedingungen können sowohl der Verleger als auch der Verfasser den Vertrag kündigen (§ 18 bzw. § 45 VerlG). „Von dem Zeitpunkt an, an dem die Kündigung wirksam wird, erlischt der Vertrag.“[94]
Ebenso sind beide unter bestimmten Bedingungen zum Rücktritt berechtigt (§§ 30, 31 VerlG für den Verleger; §§ 17 S. 2 und 3 VerlG in Verbindung mit § 42 (2) S. 1 und (4) S. 2 UrhG; § 32; § 35, § 36 (3) VerlG für den Verfasser).
Neben dem Rückrufsrecht wegen Nichtausübung, geregelt in § 41 kennt das UrhG noch das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung, geregelt in § 42 UrhG.
H Andere Verträge in Buchverlagen
I Verlags-Werkvertrag = Bestellvertrag
Der in § 47 VerlG geregelte Bestellverlag ist eine besondere Form des Werkvertrages gemäß §§ 631 BGB.[95] Inhalt des Werkes sowie Art und Weise der Behandlung werden vom Besteller genau vorgegeben. Typischerweise ist der Besteller des Werkes im Zweifel nicht verpflichtet, es zu vervielfältigen und zu verbreiten.[96]
II Herausgebervertrag
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Herausgeberverträge zu gestalten. Ist der Herausgeber der selbstständige Schöpfer eines Sammelwerks und kann als dessen Urheber im Sinne des § 4 UrhG gelten, so kommt zwischen ihm und dem Verleger ein Herausgebervertrag im Sinne eines echten Verlagsvertrags zustande.[97]
Kann sich der Herausgeber in vom Verlag inhaltlich (z. B. durch die Auswahl der Autoren und Festlegung der Einzelthemen) und finanziell (sein Honorar umfasst Mitarbeiterhonorare sowie sonstige Auslagen) gesteckten Grenzen frei bewegen, liegt ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB vor. Der Herausgeber hat dafür zu sorgen, dass dem Verlag alle notwendigen Nutzungsrechte an den Beiträgen eingeräumt werden; dem Verlag ist die Vervielfältigung und Verbreitung jedoch freigestellt.[98]
Denkbar ist auch der Abschluss eines Werkvertrags nach § 47 VerlG, 631 BGB. Der Herausgeber hat bei der Erstellung des Werks kaum redaktionellen und wirtschaftlichen Spielraum.[99] Will der Verleger sichergehen, dass er ein striktes Weisungsrecht gegenüber dem Herausgebe hat, so empfiehlt sich der Abschluss eines Dienstvertrags.[100]
III Optionsvertrag:
Schließen Autor und Verleger einen Optionsvertrag, so verpflichtet sich der Autor, künftige Werke als erstes dem Verleger anzubieten. Dieser ist jedoch nicht verpflichtet, die Werke auch zu verlegen, d. h. zu vervielfältigen und zu verbreiten.[101] Am Abschluss eines Optionsvertrages wird dem Verlag besonders dann gelegen sein, wenn er das Werk eines noch unbekannten Autors für vielversprechend hält und diesen „aufbauen“ möchte.
IV Lizenzvertrag
Der Lizenzvertrag ist ein Vertrag sui generis.[102] Der Lizenzgeber erteilt dem Lizenznehmer gegen Zahlung einer Lizenzgebühr die Erlaubnis zu einer bestimmten Art der Werknutzung. Im Unterschied zum Verlagsvertrag ist der Werknutzer zur Ausübung berechtigt, aber nicht verpflichtet.[103] Ist der Lizenzgeber nicht der Urheber selbst, so muss er diesem gegenüber zur Lizenzvergabe berechtigt sein. Der Urheber hat Anspruch auf angemessene Vergütung. Eine Lizenz kann als einfach oder ausschließliche Lizenz vergeben werden.[104]
[...]
[1] Delp geistiges Schaffen, 115.
[2] Schricker, Einl., 9.
[3] Haberstrumpf, 199.
[4] Haas, 53.
[5] Schack, 940.
[6] Schricker, § 1, 30.
[7] Schricker, § 1, 25.
[8] Haas, 45; Schricker, § 1, 25 und § 23, 2.
[9] Haberstrumpf, 314.
[10] Schricker, § 1, 33.
[11] Haberstrumpf, 97; Schricker, § 1, 33.
[12] Schricker, §§ 39/40, 1.
[13] Lutz-Gemeinfreie Werke.
[14] RGZ 140, 231, 249 f.
[15] Schricker, § 1, 36.
[16] Schricker, § 1, 35.
[17] Delp Verlagsvertrag, I, 2; Schack, 993.
[18] Schricker, § 1, 11.
[19] Delp Verlagsvertrag, I, 2; Schricker, § 1, 13.
[20] Delp geistiges Schaffen, V, 365.
[21] Schack, 1010.
[22] Schricker, § 1, 7.
[23] Schack, 994; Schricker, § 1, 11.
[24] Haberstrumpf, 440; Schricker, § 1, 11.
[25] Schricker, § 1, 20.
[26] Delp Praktikum, S. 24; Schricker, § 1, 3.
[27] Schricker, § 1, 3.
[28] Schricker, § 1, 7.
[29] Schricker, § 1, 3.
[30] Delp Praktikum, S. 26.
[31] http://buchhandel-bayern.de/brancheninfo/wirtschafts-zahlen.shtml#1 eingesehen am 21.11.2004.
[32] Schricker, § 1, 57.
[33] Schricker, § 1, 57.
[34] Schricker, § 10, 2.
[35] Delp Verlagsvertrag, 57.
[36] Schricker, § 10, 3.
[37] Delp Verlagsvertrag, 47.
[38] Delp Verlagsvertrag, 47.
[39] Delp Praktikum S. 40 ff.
[40] Haas, 140.
[41] http://www.boersenverein.de/de/64601 eingesehen am 21.11.04
[42] Handbuch-Jan-Bernd Nordemann, § 60, 2.
[43] Haas, 147.
[44] Haas, 149.
[45] Haas, 150.
[46] BVerfG NJW 1979, S. 2029 ff., 2031.
[47] Haas, 152.
[48] Haas, 153.
[49] Haas, 141.
[50] Schricker, § 23, 1.
[51] Schricker, § 23, 2.
[52] Schricker, § 23, 6.
[53] Delp Verlagsvertrag, 50.
[54] Schricker, § 25, 1.
[55] Schricker, § 25, 2.
[56] Schricker, § 25, 2.
[57] Schricker, § 25, 3.
[58] Delp Verlagsvertrag, 53; Schricker, § 25, 7.
[59] Schricker, § 26, 3.
[60] Schricker, § 26, 2.
[61] Bejahend: Delp Verlagsvertrag, 54; verneinend: Schricker, § 26, 6.
[62] Delp Verlagsvertrag, 55.
[63] Fromm/Nordemann-Nordemann, § 53, 9; Handbuch-Loewenheim, § 31, 36 mwN.
[64] Schricker, § 27, 1.
[65] Schricker, § 27, 2.
[66] Haberstrumpf, 303.
[67] Delp Praktikum, S. 32.
[68] Handbuch-von Becker, § 16, 53.
[69] Handbuch-von Becker, § 16, 55.
[70] Schricker, § 12, 6.
[71] Handbuch-von Becker, § 16, 60.
[72] Fromm/Nordemann-Hertin, § 14, 8.
[73] Fromm/Nordemann-Hertin, § 14, 9.
[74] Lutz-Nebenrechte.
[75] Haas, 81.
[76] Fromm/Nordemann-Hertin, vor § 31, 5; Movsessian, 374; Reimer, 322; Schricker, § 8, 5b.
[77] BGH GRUR 1992, 310 ff., S. 311 f.
[78] BGHZ 95, 274 ff., S. 283.
[79] Fromm/Nordemann-Hertin, § 31/32, 19; Hillig, I, 7.
[80] BGH GRUR 2002, 248 ff., S. 251; BGH GRUR 1999, 707 ff., S. 711; BGH GRUR 1999, 928 ff., S. 931; BGH 1998, 680 ff., S. 682; BGH 1996, 121 ff., S. 122.
[81] Fromm/Nordemann-Hertin, § 31/32, 19; Handbuch-Jan-Bernd Nordemann, § 60, 6.
[82] BGH GRUR 1974, 786 ff., S. 787.
[83] Hillig, I, 7.
[84] Schack, 997; Delp Praktikum, S. 27f.
[85] Schack, 997.
[86] Handbuch-Jan-Bernd Nordemann, § 27, 1.
[87] Schack, 544.
[88] Handbuch-Jan-Bernd Nordemann, § 60, 2.
[89] Delp Verlagsvertrag, 60.
[90] Schricker, § 21, 5.
[91] Schricker, § 21, 4.
[92] Schricker, § 21, 3.
[93] Delp Verlagsvertrag, 89.
[94] Delp Verlagsvertrag, 91.
[95] Haberstrumpf, 423; Lutz-Bestellvertrag.
[96] Delp Verlagsvertrag, 66.
[97] Delp Verlagsvertrag, 133.
[98] Delp Verlagsvertrag, 136.
[99] Delp Verlagsvertrag, 137.
[100] Delp Verlagsvertrag, 138.
[101] Delp Verlagsvertrag, 129.
[102] Haberstrumpf, 424.
[103] Haberstrumpf, 424.
[104] Delp Verlagsvertrag, 154 bis 164.
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- Dorothea Goeth (Autor:in), 2004, Der Verlagsvertrag in Buchverlagen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109622