Eich, Büchner und die stehenden Theater


Referat (Handout), 2005

4 Seiten


Leseprobe


Eich, Büchner und die stehenden Theater

Formen des Bedrohlichen in den Hörspielen Günter Eichs:

- Eich läst seine Hörspielfiguren durch Bedrohung entscheidende Bewusstseinsprozesse erfahren
- Auffällig ist, dass die Quelle der Bedrohung t extrem unterschiedlicher Natur ist
- In Ein Traum am Edsin Gol ist die vordergründige Handlung (das Vergiften) nicht das eigentlich Bedrohliche, den Schrecken in Ludwig löst der dadurch erzeugte Traum aus
- Radium beinhaltet die vielleicht greifbarste Art des Bedrohlichen. Aber auch hier ist die Strahlung des Radiums nur vordergründig die Quelle des Schreckens. Die Macht, die das Radium Menschen verleihen kann, ist wesentlicher
- In den Träumen wandelt sich das Motiv wieder zurück: Die Angst resultiert aus der Traum-Welt
- Die Quelle der Bedrohung ist teilweise leicht greifbar (Zweiter und Dritter Traum), teilweise muss die Handlung sinnbildlich verstanden werden (Erster, Vierter und Fünfter Traum)
- Die bedrohten Figuren des vierten und fünften Traums fürchten einen inneren Verfall
- Innerer Verfall ist auch das zentrale Thema in Festianus Märtyrer. In der Hölle fürchtet Festianus die innerer Leere
- Wieder ist die vordergründige Bedrohung (Abstieg in die Hölle) nicht Grund seiner Furcht
- In Die Mädchen von Viterbo spiegelt Eich die Angst: Goldschmidt und Gabriele fürchten das Entdeckt-Werden, die Mädchen in den Katakomben das Nicht-Entdeckt-Werden. Die Geschichte ist die Projektion der eigenen Gedanken
- Durch die äußere Bedrohung kommen die versteckten Juden zur inneren Erkenntnis des „Einverstanden-Seins“

Georg Büchners politische Literatur:

- Das erste Werk Büchners (Der Hessische Landbote) ist ein rein politisch Motiviertes
- Das blutige Ende der Bauernaufstände in Hessen (1930) und Abscheu gegen die Fürsten in Kleinstaaten-Deutschland sind die Motive für die Veröffentlichung
- Obwohl Büchner Atheist war, ist zu vermuten, dass die zahlreichen Bibelanklänge nicht allein aus der Feder von Friedrich Ludwig Weidig zu stammen, sie scheinen Strategie zu sein
- Es werden weitgehend leicht zu verstehende Bilder verwendet – ebenfalls teil der Strategie
- In Dantons Tod greift Büchner zahlreiche Motive des Landboten wieder auf: Lasterhaftigkeit contra Tugendhaftigkeit, Gewalt gegen politische Gegner, Ideale „Freiheit und Gleichheit“
- Ein bedeutender Unterschied in der Grundhaltung ist, dass Büchner auch Unmäßigkeit der Revolutionäre (sowohl Dantons Lasterhaftigkeit als auch Robespierres Gewaltbereitschaft) missbilligt.
- Büchner kritisiert die Haltung der Revolutionäre gegenüber dem Begriff der Revolution, die diese als etwas verstehen, dass wie ein Gegenstand behandelt werden kann (Gutzkow: „Beamten eines Begriffs“) und nicht als etwas „Innerliches“
- Die Bildsprache wird subtiler (Beispiele: Eröffnungsszene und Guillotinen-Szene)
- Woyzeck thematisiert die Ausweglosigkeit der Armen im totalitären Regime
- Wie im Landboten verwendet Büchner sarkastische Wendungen, die in Woyzeck aber noch bitterer Wirken (wie der Vorwurf der fehlenden Moral durch den Hauptmann)
- Wieder verwendet Büchner Bibelanklänge. Wie im Danton (Beispiel: Marions Monolog, 1. Akt, Szene 5) wird aber Kritik deutlich: „Leiden sei mein Gottesdienst“
- Waren die Bibelstellen im Landboten noch teil der Agitations-Strategie, erscheinen sie in Büchners Dramen als Vorwurf gegen die Kirche, die das Volk mit ihrer Lehre gefügig macht und so den Herrschenden in die Hände spielt
- Die Oberschicht wird geradezu lächerlich dargestellt, bestes Beispiel ist das hanebüchene Experiment, dass an Woyzeck durchgeführt wird
- Anhand des Experiments wird die Tragik deutlich: Woyzeck stirbt daran (die Wahnvorstellungen treiben ihn zur Gewalt), weder der Arzt noch sonst jemand hat einen Nutzen davon, sein Tod wirkt dadurch nicht nur sinnlos sondern auch lächerlich

Der Übergang vom fahrenden zum stehenden Theater in Deutschland

- Johan Christian Gottsched strengt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Veränderung der deutschen Theaterkultur an
- Anstelle der Wandertruppen-Kultur, die zur reinen Belustigung (von Volk und Aristokratie) Stücke vortrugen, sollte die französische Theaterkultur kopiert werden.
- Zunächst noch geringe Anstrengungen, mehr feste Theater zu errichten, stattdessen sollten die Wandertruppen ernsthafter spielen (Literarisches Theater)
- Gottsched wandelt die „Deutschübende poetische Gesellschaft“ in die "Deutsche Gesellschaft in Leipzig", die sein Instrument zur Verbreitung seiner Theorien wurde
- Ziele: Abkehr von der Barocken Tradition, weg vom Stegreifspiel und der Burleske, Verbannung des Hans Wurst von der Bühne, weg von „Wunderbarem“ hin zur Naturdarstellung
- Gottsched sprach sich für die Ständeklausel aus: Tragödien sollten zur Fürstenerziehung, Komödien zur Volkserziehung dienen
- Friederike Caroline Neuber trat zunächst an Gottscheds Seite und spielte mit ihrem Ensemble Stücke nach der Gottschedschen Lehre, später kam es zum Bruch, weil ihr die Regeln Gottscheds zu pedantisch und praxisfern schienen. Die „Neuberin“ war Vorbild für Madame de Retti in Wilhelm Meisters theatralische Sendung
- Gotthold Ephraim Lessing stellte sich mit seiner Hamburgischen Dramaturgie gegen Gottsched
- Ziele: Weg von den Franzosen, hin zu Shakespeare, weg vom strikten Alexandrinervers, weg mit der Ständeklausel, Neuverständnis der Lehren des Aristoteles: keine standardisierten Gesten, sondern echte Gefühle, Mitleid als zentraler Anreiz der Stü>- Aber: Auch Gottsched betonte die Bedeutsamkeit, dass sein Cato „Mitleiden seiner Zuschauer erwecket“.
- Im Zuge der Nationaltheaterbewegung, die eng mit Gottscheds und Lessings Lehren verknüpft war, entstehen die ersten stehenden Theater mit festen Ensembles
- Erstes Nationaltheater in Hamburg unter Lessings Führung. Weimar, Mannheim, Berlin folgen
- Im Zuge dieser Entwicklung wandelte sich der Ruf der Schauspieler, die zuvor mit Tagelöhnern und Gauklern auf einer Stufe standen, hin zu angesehenen Bürgern

Auszug bearbeiteter Literatur:

Michael Oppermann. Innere und Äußere Wirklichkeit im Hörspielwerk Günter Eichs. München, 1990.

Heinz-Ludwig Arnold (Hrsg.). Text + Kritik. Günter Eich. München, 1971.

Gerhard P. Knapp (HRSG.). Georg Büchner. Gesammelte Werke. Goldmann-Verlag, 1998.

Peter Beyersdorf, Gerd Eversberg und Reiner Poppe (Hrsg.). Georg Büchner. Der Hessische Landbote, Lenz, Leonce und Lena. Hollfeld, 1983.

Susanne Eigenmann. Zwischen ästhetischer Raserei und aufgeklärter Disziplin. Hamburger Theater im späten 18. Jahrhundert. Stuttgart, 1994.

Bärbel Rudin und Marion Schulz. Vernunft und Sinnlichkeit. Beiträge zur Theaterepoche der Neuberin. Reichenbach i. V., 1999.

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Eich, Büchner und die stehenden Theater
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Autor
Jahr
2005
Seiten
4
Katalognummer
V109634
ISBN (eBook)
9783640078134
Dateigröße
332 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Thesenpapier einer mündlichen Magisterprüfung zu folgenden Themen: Formen des Bedrohlichen in den Hörspielen Günter Eichs, Georg Büchners politische Literatur, Der Übergang vom fahrenden zum stehenden Theater in Deutschland
Schlagworte
Eich, Büchner, Theater
Arbeit zitieren
Guido Scholl (Autor:in), 2005, Eich, Büchner und die stehenden Theater, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109634

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