A. Einleitung
I. Problemstellung
Unter dem Generalthema Sonderprüfungen befasst sich diese Arbeit mit der Sonderprü- fung der Gründung. Es wird zum einen die Gründungsprüfung gem. § 33 AktG, welche die älteste aperiodische Pflichtprüfung1 ist, als auch die Gründungsprüfung als Sonder- prüfung gem. § 142 AktG untersucht, die 1884 durch die Aktienrechtsnovelle eingeführt wurde.2 Die Arbeit soll einen Überblick über die Gründungsprüfung einer AG und de- ren Besonderheiten vermitteln.
II. Gang der Untersuchung
Nach einer kurzen Darstellung der Geschichte und der Aufgabe der Gründungsprüfung wird die „Gründung“ definiert. Es folgt eine Darstellung der Gründungsarten nach dem Einteilungskriterium der Modalitäten der Kapitaleinlagen. Im Anschluss wird der Grün- dungsprozess einer AG nach §§ 23-53 AktG beschrieben. Die Sonderprüfung der Grün- dung gem. § 142 AktG wird noch kurz skizziert. Es wird im weiteren auf die externe Gründungsprüfung eingegangen und erläutert, wann es zur einer externen Gründungs- prüfung kommt. In diesem Zusammenhang wird auch die Auswahl und die Bestellung der Gründungsprüfer angesprochen. Ferner werden Prüfungsumfang, Prüfungsgegens- tände, Prüfungsmethoden und Prüfungshandlungen intensiver bearbeitet. Die Prüfung wird dann im Rahmen eines Gründungsprüfungsberichts dokumentiert. Es folgt die Verantwortlichkeit und Haftung des Gründungsprüfers. Abschließend wird auf die Nachgründungsprüfung gem. § 52 AktG eingegangen.
Der Gründungsverlauf einer AG ist generell durch deren Vorstand und Aufsichtsrat gem. § 33 AktG zuprüfen. In diesem Fall spricht man von einer internen Gründungsprü- fung. Im Rahmen meiner Untersuchung beschränke ich mich auf die Neugründung einer AG und deren externe aktienrechtliche Gründungsprüfung. Es gibt für andere Unter- nehmensformen (wie z.B. Genossenschaften, GmbH, Versicherungsunternehmen, Kre- ditinstitute) darüber hinausgehende, spezifische gesetzliche Regelungen. Auf die Dar- stellung dieser Besonderheiten soll jedoch im Folgenden verzichtet werden, da eine an- gemessene Behandlung über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen würde.
B. Hauptteil
I. Die Gründung
1. Geschichte und Aufgabe der Gründungsprüfung
Mit der 2. Aktienrechtsnovelle 1884 wurde die externe Gründungsprüfung als erste Pflichtprüfung in das AktG aufgenommen.1 Die Einführung einer Gründungsprüfung soll dem Kapitalgeber, dem Gläubiger und der Öffentlichkeit Schutz vor unseriösen, unsoliden Gründungen oder Schwindelgründungen2, so wie eine Vermeidung von Ver- mögensvorteilen seitens der Gründer bieten.3 Die Aktienrecht-Verordnung von 19314, das AktG von 1937, die Neufassung des Gesetzes von 1965 und auch das TransPuG5 von 2002 brachten keine wesentlichen Änderungen der Gründungsprüfung mit sich, so dass der Inhalt und die Aufgabenstellung bis heute weitgehend gleich geblieben sind.6 Die Pflicht der heutigen Gründungsprüfung wird durch § 33 AktG begründet.
2. Gründungsvorgang
In der betriebswirtschaftlichen Literatur lässt sich keine einheitliche Definition für „Gründung“ finden. Im allgemeinen betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch wird unter Gründung die Gesamtheit aller Maßnahmen verstanden, die ein arbeitsfähiges und er- werbswirtschaftliches Unternehmen entstehen lassen. Auch in einschlägigen Gesetzen gibt es keine Legaldefinition für Gründung. Im juristischen Sinne beschränkt man sich auf den Prozess der Entstehung eines Unternehmens, bei Kapitalgesellschaften ge- schieht dies durch die Eintragung in das Handelsregister.7 Dieser Vorgang wird auch als körperschaftliche Schöpfungshandlung bezeichnet.8
a. Gründungsarten
Man unterscheidet bei der Gründung gemäß dem Einteilungskriterium der Modalität der Kapitaleinlagen die drei Gründungsarten Bargründung, Sachgründung und Mischgrün- dung.9
Eine Bargründung zeichnet sich dadurch aus, dass die Gründer ihre Einlageverpflich- tung nur mit finanziellen Mitteln nachkommen.
Bei der Sachgründung („qualifizierte Gründung“) werden Vermögensgegenstände (Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Werkzeuge und Waren), Rechte (Forderungen so- wie Rechte aus Miet- und Pachtverträgen und aus Erfindungen) oder immaterielle Ver- mögensgegenstände (Wert der Organisation, der Firma und des Kundenstammes), also Sacheinlagen eingebracht. Auch eine ganze Unternehmung kann Gegenstand einer sol- chen Sacheinlage sein. Von einer Sachübernahme spricht man, wenn die Gesellschaft im Gründungsstadium Anlagen oder andere Vermögensgegenstände übernimmt. Die Übernahme kann auch durch Dritten erfolgen, der Erwerb muss also nicht von den Gründern erfolgen, um eine Sachübernahme zu begründen. Bei der Sachübernahme werden dem Veräußernden von der Gesellschaft keine originären Mitgliedschaftsrechte1 als Leistung eingeräumt, sondern die Gegenleistung besteht aus Geld oder anderen Tauschwerten.2 Es handelt sich um ein selbstständiges Rechtsgeschäft.
Die Kombination von Bar- und Sachgründung wird als Mischgründung bezeichnet, wo- bei dem Unternehmen im Zuge der Gründung sowohl Geld als auch Güter zu fließen.3
b. Gründungsablauf
Der Gründungsprozess für Aktiengesellschaften ist in den §§ 23-53 AktG geregelt. Die- ser ist in drei Phasen aufgeteilt: Vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages (Vor- gründungsstadium) besteht Zwischen Abschluss des Gesellschaftsvertrages (genauer: der Übernahme der Aktien durch die Gründer) und Eintragung in das Handelsregister (Eintragungsphase/Gründungsstadium im engeren Sinne) besteht die Vorgesellschaft.
Ab Eintragung existiert die AG (Aufnahme der Betriebstätigkeit). Seit 1994 gibt es die Möglichkeit der Gründung einer 1-Personen-AG (Kleine AG)4 (§ 2 AktG).
Erster förmlicher Schritt der Gründung ist der Abschluss des notariell zu beurkunden- den Gesellschaftsvertrages („Feststellung der Satzung“) durch die Gründer (§§ 2, 23, 28 AktG). Der Mindestinhalt der Satzung ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 23 Abs. 3 und 4 AktG). Er umfasst: die Gründer, die Firma und den Sitz der Gesell- schaft, den Unternehmensgegenstand, die Höhe des Grundkapitals, die Zerlegung des Grundkapitals in Nennbetrags- oder Stückaktien, bei Nennbetragsaktien: den Nennbe- trag, bei Stückaktien: die Zahl, ob die Aktien als Inhaber- oder Namensaktien ausgegeben werden, die Zahl der Vorstandsmitglieder sowie Bestimmungen über die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft („Gesellschaftsblätter“).
Nach der Satzungsfeststellung erfolgt die Vorbereitung der Übernahme und die Über- nahme der Aktien (§ 29 AktG), die Bestellung der Organe (§§ 30, 31 AktG), Einforde- rung der Einlagen, die Erstattung des Gründungsberichtes (§ 32 AktG), die Gründungs- prüfung (§§ 33-35 AktG) und die Leistung der eingeforderten Einlagen. Auf die gefor- derten Einlagen sind bei Bareinlagen mindestens 25 % des Nennbetrages, bei Ausgabe der Aktien mit einem Agio der darüber hinaus entstehende Mehrbetrag zu erbringen (§ 36 a Abs. 1 AktG). Sacheinlagen sind vollständig zu leisten (§ 36 Abs. 2 AktG). Es folgt die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung beim Registergericht durch sämt- liche Gründer, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gemeinsam (§ 36 Abs. 1 AktG). Nach einer Prüfung der Ordnungsmäßigkeit von Errichtung und Anmeldung (§ 38 AktG) folgt schließlich die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (§§ 39- 41 AktG) womit die Gründung formell abgeschlossen ist. Ab diesem Zeitpunkt kann die AG ihren Betrieb aufnehmen
c. Gründungsprüfung als Sonderprüfung
Alle Arten von Revision durch externe Prüfungsträger werden als Sonderprüfungen verstanden, die aus besonderem Anlass ohne zwangsläufige Regelmäßigkeit mit dem Ziel durchgeführt werden, einen ökonomisch oder rechtlich relevanten Sachverhalt zu verifizieren.1
Zum einen gibt es die obligatorische Sonderprüfung Gründungsprüfung gem. § 33 AktG. Hier wird die „allgemeine Sonderprüfung“ gem. § 142 AktG betrachtet.2 Das Ziel der Sonderprüfung ist, eine wirksame Teilnahme und Kontrolle der Aktionäre zu ge- währleisten, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen der Verwaltung der Gesellschaft und den Aktionären gestört ist. Sonderprüfungen können auf Beschluss der HV - not- falls durch das Gericht - zur Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder zu Prüfung der Geschäftsführung erfolgen.
Das Ziel der Sonderprüfung gem. §142 AktG ist, bekannt werdenden Gründungsmän- geln nachzugehen und sich daraus ergebene Ersatzansprüche der Gesellschaft gem. § 147 i.V.m. §§ 46-48, 53 AktG geltend machen zu können. Die Sonderprüfung muss sich auf Einzelvorgänge beziehen, sie darf also nicht die gesamte Gründung umfassen, son- dern kann nur einzelne unaufgeklärte Vorgänge betreffen. Der Gegenstand der Sonderprüfung ist somit im HV-Beschluss näher darzustellen und auf bestimmte prüfung ist somit im HV-Beschluss näher darzustellen und auf bestimmte Vorgänge be der Gründung zu beziehen.
[...]
1 Vgl. Dienst, D.: Die aktienrechtliche Gründungsprüfung, 1959, S. 24-25.
2 Vgl. König, M.: Der Unfang der Berichterstattung über Aktienrechtliche Sonderprüfung, 1970; S. 11, Zhao, L.: Die Reform des Rechts der Sonderprüfung nach §142 ff. AktG, Aachen 2004, S. 1.
1 Vgl. Dienst, D.: Sind Gründungsbestimmungen ausreichend?, 1964, S. 149.
2 Vgl. König, 1970; S. 20.
3 Vgl. Haller, A.: Pflichtprüfungen, aperiodische, HWRP, 2002, S. 1663-1664.
4 Vgl. Klein, W.: Die betriebswirtschaftliche Beurteilung eines Unternehmens im Rahmen der Grün- dungsprüfung, 1972b, S. 128.
5 Vgl. Bosse, Chr.: TransPuG: Änderungen zu Berichtspflichten des Vorstands und zur Aufsichtsratstä- tigkeit, S. 1594. Das Gesetz ist am 26.07.2002 in Kraft getreten.
6 Vgl. WP-Handbuch 2002, Bd. II, 12.Aufl., Abschn. C 1, S. 163.
7 Vgl. Bellinger, B.: Gründung, HWB, 1978, S. 70-72.
8 Vgl. Munkert, M.: Die aktienrechtliche Gründungsprüfung, 1971, S. 15.
9 Vgl. Biberbacher, J.: Gründung, HWRP, 2002, S. 1061-1062.
1 Vgl. Klein, W.: GmbH-Reform und Gründungsprüfung, 1972a, S. 402.
2 Vgl. Munkert, M.: Gründungsprüfung, HWRev, 1992, S. 778-779.
3 Vgl. Biberbacher, J.: Gründung, HWRP, 2002, S. 1061-1062
4 Vgl. Seibert, U.: Die kleine AG, 1994, S. 22-23.
1 Vgl. Schedlbauer, H.: Sonderprüfungen, 1984, S. 11-12.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Fokus dieser Arbeit über Sonderprüfungen?
Diese Arbeit befasst sich mit der Sonderprüfung der Gründung einer Aktiengesellschaft (AG). Untersucht werden sowohl die Gründungsprüfung gemäß § 33 AktG als auch die Sonderprüfung der Gründung gemäß § 142 AktG. Das Ziel ist, einen Überblick über die Gründungsprüfung einer AG und deren Besonderheiten zu geben.
Wie ist diese Untersuchung aufgebaut?
Die Untersuchung beginnt mit einer Darstellung der Geschichte und Aufgabe der Gründungsprüfung sowie einer Definition des Begriffs "Gründung". Es folgt eine Beschreibung der Gründungsarten (Bargründung, Sachgründung, Mischgründung) und des Gründungsprozesses einer AG nach §§ 23-53 AktG. Die Sonderprüfung der Gründung gem. § 142 AktG wird kurz skizziert. Im Weiteren wird auf die externe Gründungsprüfung eingegangen, einschließlich der Auswahl und Bestellung der Gründungsprüfer, des Prüfungsumfangs, der Prüfungsgegenstände, der Prüfungsmethoden und -handlungen. Abschließend werden die Verantwortlichkeit und Haftung des Gründungsprüfers sowie die Nachgründungsprüfung gemäß § 52 AktG behandelt.
Worauf konzentriert sich die Untersuchung bezüglich der Gründungsprüfung?
Die Untersuchung beschränkt sich auf die Neugründung einer AG und deren externe aktienrechtliche Gründungsprüfung. Spezifische gesetzliche Regelungen für andere Unternehmensformen werden nicht behandelt.
Welche Bedeutung hatte die Einführung der Gründungsprüfung?
Die Einführung der externen Gründungsprüfung im Jahr 1884 sollte Kapitalgeber, Gläubiger und die Öffentlichkeit vor unseriösen Gründungen schützen und Vermögensvorteile der Gründer verhindern.
Wie wird "Gründung" in dieser Arbeit definiert?
Im allgemeinen betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch wird unter Gründung die Gesamtheit aller Maßnahmen verstanden, die ein arbeitsfähiges und erwerbswirtschaftliches Unternehmen entstehen lassen. Im juristischen Sinne beschränkt man sich auf den Prozess der Entstehung eines Unternehmens, bei Kapitalgesellschaften durch die Eintragung in das Handelsregister.
Welche Gründungsarten werden unterschieden?
Es werden drei Gründungsarten unterschieden: Bargründung, Sachgründung und Mischgründung. Bei der Bargründung erfolgen die Einlagen in finanziellen Mitteln, bei der Sachgründung werden Vermögensgegenstände eingebracht, und die Mischgründung kombiniert Bar- und Sacheinlagen.
Wie läuft der Gründungsprozess einer AG ab?
Der Gründungsprozess ist in den §§ 23-53 AktG geregelt und umfasst mehrere Phasen: das Vorgründungsstadium, die Vorgesellschaft (zwischen Abschluss des Gesellschaftsvertrages und Eintragung ins Handelsregister) und die AG nach Eintragung. Wichtige Schritte sind die Feststellung der Satzung, die Übernahme der Aktien, die Bestellung der Organe, die Einfordeung der Einlagen, die Erstattung des Gründungsberichts, die Gründungsprüfung und die Anmeldung zur Eintragung beim Registergericht.
Was ist eine Sonderprüfung der Gründung gemäß § 142 AktG?
Die Sonderprüfung gemäß § 142 AktG dient dazu, Gründungsmängeln nachzugehen und daraus resultierende Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen. Sie bezieht sich auf Einzelvorgänge bei der Gründung und nicht auf die gesamte Gründung.
- Arbeit zitieren
- Frank Zafra Garcia (Autor:in), 2004, Sonderprüfung bei Gründung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109728