Einleitung
Kooperationen sind in der heutigen Wirtschaft in vielfältiger Weise vorhanden. Sie betreffen sämtliche Bereiche der Wertschöpfung in den Unternehmen, wie die Produktion, die Entwicklung, den Vertrieb oder die Beschaffung.(1)
Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen sind Kooperationen interessant, da sie dadurch ihre Größennachteile ausgleichen und zusätzliches Know-how gewinnen können. Dies führt zu einer Stärkung ihrer Position im Wettbewerb. Die Globalisierung oder auch die jüngste Erweiterung der Europäischen Union erleichtern hierbei Kooperationen über die nationalen Grenzen hinweg.
Ein näherer Blick auf den Bereich der Beschaffung offenbart Unterschiede in der Verbreitung von Kooperationen zwischen verschiedenen Branchen:
In Handel und Handwerk sind Beschaffungskooperationen weit verbreitet: Der Lebensmittelhandel beschaffte nach einer Studie aus dem Jahr 1998 bereits 40% der in Deutschland abgesetzten Lebensmittel durch Einkaufskooperationen.(2) Bekannte Beispiele sind Edeka und Rewe. Das Handwerk ist durch das Genossenschaftswesen geprägt, welches zurückgeht in die Mitte des 19. Jahrhunderts auf Hermann Schulze-Delitsch und Wilhelm Raiffeisen.(3) Damals als Einkaufsgenossenschaften
gegründet, haben sich diese Kooperationen mittlerweile zu Marketing-Unternehmen weiterentwickelt. Sie bieten ihren Mitgliedern verschiedene Dienstleistungen an und richten sich zunehmend auch auf die Absatzmärkte aus.(4)
Im öffentlichen Sektor wie dem Gesundheits- oder Schulwesen sind Beschaffungskooperationen vor allem in den USA seit langem erfolgreich tätig. In Deutschland sind sie dagegen noch wenig verbreitet.(5)
[...]
______
(1) Vgl. Arnold, Eßig (1997): S. 1; Geisen (2003): S. 13; Voegele, Schindele (1998a): S. 5.
(2) Vgl. Krups Consultants (1998): S. 1.
(3) Vgl. Servet (1998): S. 91–94.
(4) Vgl. Olesch (1998): S. 71f; Servet (1998): S. 96–98.
(5) Vgl. Arnold (1998c): S. 199; Eßig (1999): S. 117f.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis.
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Formen von Beschaffungskooperationen
2.1 Eingliederung des Beschaffungswesens in das Unternehmen
2.2 Allgemeine Charakterisierung von Beschaffungskooperationen
2.3 Formale Gestaltung von Beschaffungskooperationen
2.4 Kartellrechtliche Aspekte
2.5 Das Pilotprojekt „Einkaufskooperation mittelständischer Unternehmen in Baden- Württemberg“ als Beispiel
3. Motive für Beschaffungskooperationen
3.1 Erklärung und Motive für Kooperationen generell
3.2 Erläuterung der Motive für Beschaffungskooperationen
3.2.1 Synergiepotenziale in der Beschaffung nutzen
3.2.2 Know-how in der Beschaffung bündeln
3.2.3 Risiko in der Beschaffung senken
4. Beurteilung von Kooperationserfolg und Kooperationsform
4.1 Voraussetzungen für den Erfolg von Beschaffungskooperationen
4.1.1 Partnerwahl
4.1.2 Erfolgskontrolle
4.2 Bewertung der Kooperationsformen auf Basis der Motive
4.2.1 Bewertung der Nutzung des Synergiepotenzials
4.2.2 Bewertung der Know-how-Bündelung
4.2.3 Bewertung der Risikosenkung
4.3 Zusammenfassende Bewertung der Kooperationsformen in der Beschaffung
5. Schlussbetrachtung
Anhang
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1 Versorgungssystem mit den Bereichen Beschaffung, Logistik und Material- wirtschaft
Abb. 2.2 Die Wertkette des Unternehmens in Anlehnung an Porter, eingebettet in das Porter’sche Wertsystem
Abb. 2.3 Darstellung von horizontalen und vertikalen Kooperationen mithilfe der Wertketten verschiedener Unternehmen nach Arnold/Eßig
Abb. 2.4 Verschiedene Formen von Beschaffungskooperationen nach Bliesner
Abb. 3.1 Basisziele von Unternehmen, aus denen sich die Motive für Kooperationen ableiten lassen. In Anlehnung an Voegele/Schindele
Abb. 4.1 Die vier Ausprägungen des Fit zur Kompatibilitätsdarstellung zwischen Unternehmen
Abb. 4.2 a) Partnerprofil zum kulturellen Fit. b) Partnerprofil zum Beschaffungsfit
Abb. 4.3 Bewertungsskalen zur Bewertung nicht-monetärer Erfolgskriterien
Abb. 4.4 Optimale Formgestaltung von Beschaffungskooperationen in Abhängigkeit der Kooperationsmotive. Die Anzahl der Kooperationspartner und der Zeithorizont gehen wie dargestellt mit der Kooperationsform einher.
Anhang A
Abb. A.1 Beispiel eines monetär bewertbaren Erfolgs einer Beschaffungskooperation.38 Abb. A.2 Beispiel eines nicht-monetär bewertbaren Erfolgs einer Beschaffungskoope- ration 39
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Kooperationen sind in der heutigen Wirtschaft in vielfältiger Weise vorhanden. Sie be- treffen sämtliche Bereiche der Wertschöpfung in den Unternehmen, wie die Produktion, die Entwicklung, den Vertrieb oder die Beschaffung.1
Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen sind Kooperationen interessant, da sie dadurch ihre Größennachteile ausgleichen und zusätzliches Know-how gewinnen können. Dies führt zu einer Stärkung ihrer Position im Wettbewerb. Die Globalisierung oder auch die jüngste Erweiterung der Europäischen Union erleichtern hierbei Kooperationen über die nationalen Grenzen hinweg.
Ein näherer Blick auf den Bereich der Beschaffung offenbart Unterschiede in der Verbreitung von Kooperationen zwischen verschiedenen Branchen:
In Handel und Handwerk sind Beschaffungskooperationen weit verbreitet: Der Lebensmittelhandel beschaffte nach einer Studie aus dem Jahr 1998 bereits 40% der in Deutschland abgesetzten Lebensmittel durch Einkaufskooperationen.2 Bekannte Beispiele sind Edeka und Rewe. Das Handwerk ist durch das Genossenschaftswesen geprägt, welches zurückgeht in die Mitte des 19. Jahrhunderts auf Hermann Schulze-Delitsch und Wilhelm Raiffeisen.3 Damals als Einkaufsgenossenschaften gegründet, haben sich diese Kooperationen mittlerweile zu Marketing-Unternehmen weiterentwickelt. Sie bieten ihren Mitgliedern verschiedene Dienstleistungen an und richten sich zunehmend auch auf die Absatzmärkte aus.4
Im öffentlichen Sektor wie dem Gesundheits- oder Schulwesen sind Beschaffungs- kooperationen vor allem in den USA seit langem erfolgreich tätig. In Deutschland sind sie dagegen noch wenig verbreitet.5
In der Industrie schließlich, die im Mittelpunkt dieser Arbeit steht, sind nur wenige Kooperationen zur Beschaffungsoptimierung zu finden. Obwohl der Fremdbezugsanteil häufig über 50% liegt und der Einkauf, wie etwa im Maschinenbau, 40–80% zur Wertschöpfung im Unternehmen beiträgt, werden die Möglichkeiten der gemeinsamen Beschaffung zur Kostensenkung bislang kaum genutzt.6
In der industriellen Praxis findet sich ein herausragendes Pilotprojekt aus den Jahren 1994/1995: Die „Kooperation mittelständischer Unternehmen in Baden-Württemberg“, welche durch das Wirtschaftsministerium von Baden-Württemberg gefördert und in verschiedenen Veröffentlichungen ausführlich dokumentiert wurde.7
Seit Mitte der 90er Jahre steigt die Forschung und damit die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema industrieller Beschaffungskooperationen stetig.
Die vorliegende Arbeit gibt in Kapitel 2 zunächst einen Überblick über die möglichen Formen von Kooperationen und geht auf kartellrechtliche Aspekte ein. Als Beispiel wird in diesem Kapitel das baden-württembergische Pilotprojekt einer Einkaufs- kooperation vorgestellt. Kapitel 3 stellt die Motive der Unternehmen dar, in der Beschaffung zu kooperieren. Auf Basis dieser Motive werden in Kapitel 4 die verschie- denen Kooperationsformen bewertet. Die Bewertung zeigt eine eindeutige Abhängigkeit der optimalen formalen Gestaltung von den Kooperationsmotiven. Die Partnerwahl sowie die Erfolgskontrolle stellen die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Beurteilung der Kooperationsformen dar und werden deshalb ebenfalls in Kapitel 4 erläutert. Die Arbeit endet mit einer Schlussbetrachtung in Kapitel 5.
2. Formen von Beschaffungskooperationen
2.1 Eingliederung des Beschaffungswesens in das Unternehmen
Die Begriffe Beschaffung und Einkauf werden häufig synonym verwendet. Die Beschaffung bildet neben der Materialwirtschaft und der Logistik einen Kernbereich im Versorgungssystem (Abb. 2.1). Sie umfasst sämtliche unternehmens- und markt- bezogenen Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst hergestellten Objekte verfügbar zu machen. Die strategische Beschaffung ist auf die Erschließung und Sicherung langfristiger Erfolgspotenziale ausgerichtet (Funktionalstrategie), während die operative Beschaffung – der Einkauf – die Beschaffungsstrategie umsetzt.8
Eine Beschaffungskooperation, wie sie im Folgenden verstanden wird, beinhaltet die Beschaffung von Sachgütern,10 Dienstleistungen und Informationen. Die Beschaffung von Personal und Kapital wird in der Praxis von Personal- und Finanzabteilung durchgeführt und hier nicht betrachtet. Im Rahmen einer Beschaffungskooperation können Auswirkungen auf die anderen beiden Teilbereiche des Versorgungssystems, die Materialwirtschaft und die Logistik, entstehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1 Versorgungssystem mit den Bereichen Beschaffung, Logistik und Materialwirtschaft.9
2.2 Allgemeine Charakterisierung von Beschaffungskooperationen
Die möglichen Kooperationsformen zwischen den Unternehmen lassen sich mithilfe der Wertketten-Darstellung10 anschaulich charakterisieren.11 Diese Darstellung wurde von Michael E. Porter entwickelt, um die möglichen Wettbewerbsvorteile der Unternehmen systematisch aufzuzeigen. Die Wertkette gliedert ein Unternehmen in jene strategisch relevanten Tätigkeiten, die nötig sind, um sein Produkt zu entwerfen, herzustellen, zu vertreiben, auszuliefern und zu unterstützen. Sie ist eingebettet in das Wertsystem
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 2.2). Lieferanten entsprechen hierbei einer dem Unternehmen vorgelagerten, der Vertriebskanal einer nachgelagerten Wertschöpfungsstufe.
Mithilfe des Porter’schen Ansatzes führen Arnold/Eßig die in Abb. 2.3 dargestellte Unterscheidung in horizontale und vertikale Kooperationen ein.12 Im vertikalen Fall kooperiert der Abnehmer mit dem Zulieferer. Es handelt sich dementsprechend um eine Zusammenarbeit zwischen der Beschaffungsfunktion des einen und der Absatzfunktion des anderen Unternehmens. Horizontale Kooperationen beschreiben die Zusammen- arbeit zwischen den gleichen Funktionsbereichen mehrerer Unternehmen der gleichen Branche. Bei der Beteiligung von Unternehmen unterschiedlicher Branchen spricht man von diagonaler oder konglomerater Kooperation.13
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.2 Die Wertkette des Unternehmens in Anlehnung an Porter, eingebettet in das Porter’sche Wertsystem.14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.3 Darstellung von horizontalen und vertikalen Kooperationen mithilfe der Wertketten verschiedener Unternehmen nach Arnold/Eßig.15
Um den unterschiedlichen Zusammensetzungen der Beschaffungskooperationen Ausdruck zu geben, ist in der Literatur eine Vielzahl an Begriffen in Verwendung, die im Folgenden kurz erläutert werden. Beschaffungskooperationen können sowohl innerhalb eines Unternehmens als auch mit externen Partnern durchgeführt werden. Unternehmensintern spricht man von Einkaufspools oder Sourcing Teams, bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern von Einkaufskooperationen oder Lieferanten- partnerschaften (Abb. 2.4).16 Horizontale Partnerschaften, die den Einkauf beinhalten können, bezeichnet man allgemein als strategische Allianzen, während vertikale Kooperationen als strategische Netzwerke bezeichnet werden.17 Einen Überblick über die englischsprachigen Bezeichnungen der unterschiedlichen Beschaffungskoope- rationen geben Arnold, Scheuing oder Eßig.18
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.4 Verschiedene Formen von Beschaffungskooperationen nach Bliesner.19
Neben der Klassifikation in horizontal, vertikal oder diagonal können Kooperationen nach der räumlichen Verteilung der Partner unterschieden werden. So ist eine Einteilung in lokale, regionale, nationale und internationale Kooperationen denkbar.20
Die Ausführungen über industrielle Beschaffungskooperationen in dieser Arbeit beziehen sich auf horizontale Partnerschaften. Sowohl die Motive als auch die Bewertungen lassen sich auf innerbetriebliche und vertikale Beschaffungskooperationen erweitern. Für alle Kooperationsformen gilt, dass sie zur Realisierung von Wettbewerbsvorteilen beitragen, welche jeder beteiligte Partner für sich allein nicht erreichen könnte.21
2.3 Formale Gestaltung von Beschaffungskooperationen
Kooperationen können als Kombination von marktlicher und hierarchischer Steuerung von Tauschbeziehungen gesehen werden.22 Der Markt gilt im Allgemeinen als der effizienteste aller Steuerungsmechanismen. Im Gegensatz dazu erfolgt die unter- nehmensinterne Steuerung durch die Hierarchie. Dies äußert sich dadurch, dass die Verfügungsrechte im Management zentralisiert sind. Die administrativen hierarchischen Sanktions- und Kontrollmechanismen ermöglichen eine gemeinsame Zielausrichtung, wie sie zum Teil auch für Kooperationen erforderlich ist.23 In diesem Sinne kann eine Kooperation den Wettbewerb beschränken, worauf in Kap. 2.4 unter kartellrechtlichen Aspekten noch näher eingegangen wird.
Je nachdem, wie groß der Einfluss der Hierarchie ist, werden drei verschiedene formale Gestaltungen von Beschaffungskooperationen unterschieden:24
1. Der formlose Informationsaustausch basiert auf Willenserklärungen und äußert sich in der Bildung von Netzwerken. Im Rahmen der Beschaffung erfolgt eine Zusammen- arbeit bei der Suche und Auswertung von Informationen, wie etwa für die Erschließung neuer Beschaffungsmärkte oder für die Qualifikation von Lieferanten.
2. Eine engere Bindung gehen Unternehmen bei einer Kooperation mit schriftlich fixierten Verträgen ohne Kapitalbeteiligung ein. Die Verträge beinhalten die Rechte und Pflichten der Kooperationspartner. Sie können die Verpflichtung zur Harmonisierung der Bedarfe, die Ressourcenzuteilung oder den Umgang mit vertraulichen Daten regeln.
3. Der höchstmögliche Anteil an Hierarchie und damit die engstmögliche Kooperationsform zwischen zwei Unternehmen ist eine Kooperation mit schriftlich fixierten Verträgen mit Kapitalbeteiligung. Hierbei gründen mehrere Muttergesell- schaften eine gemeinsame, neue und rechtlich selbständige Einkaufsgesellschaft, ein Joint Venture.
Die formale Gestaltung hängt von den Zielen der Kooperationspartner ab und ist als Teil der Kooperationsplanung mit entscheidend für den Erfolg der Kooperation. Grundlage aller Kooperationen ist, dass die beteiligten Unternehmen trotz wirtschaftlicher Abhängigkeit für sich rechtlich selbständig bleiben, wodurch im Fall 3 – einer Kooperation mit Kapitalbeteiligung – die Abgrenzung zur Fusion gegeben ist.25
Die Formwahl hat eine enge Verflechtung der Kooperationspartner zur Folge. Zur sogenannten Verflechtungsintensität gehören:26
- der Zeithorizont,
- die Ressourcenzuteilung und
- der Formulierungsgrad.
Beim Zeithorizont ist zu beachten, dass eine Kooperation durch die Zusammenarbeit von Menschen verwirklicht wird. Über das Kennenlernen hinaus müssen gemeinsame Ziele gefunden und verwirklicht werden. Sofern die Kooperation mehr beinhaltet als einen formlosen Informationsaustausch, sollte für das Etablieren der Partnerschaft deshalb eine Mindestdauer von sechs bis zwölf Monaten geplant werden.27
Die Ressourcenzuteilung widmet sich der Frage, ob die Ressourcen im Unternehmen verbleiben oder ein eigenständiger Ressourcenpool eingerichtet wird.
Unter dem Formulierungsgrad werden die Regelungen der Rechnungslegung, des Mitspracherechts, der Haftung sowie Verfahrens- und Kommunikationsregeln zusam- mengefasst. Dadurch wird festgelegt, welchen Einfluss ein einzelner Kooperations- partner auf die Entscheidungen der Kooperation hat.
Zum Abschluss der Diskussion über die formale Gestaltung von Beschaffungs- kooperationen wird hier explizit auf den Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologie28 in den 90er-Jahren hingewiesen. Die Entwicklung in der Datenverarbeitung und die durchdringende Verbreitung des Internets werden in der Literatur als Begründung für die Zunahme von Kooperationen angeführt.29 Beschaffungsrelevante Daten wie der Lagerbestand oder die benötigten Mengen an Gütern werden automatisch aggregiert und zentral an die angebundenen Lieferanten weitergeleitet. Diese Form der Beschaffung ist äußerst effizient und ist vielfach unternehmensintern als sogenanntes Desktop Purchasing System verbreitet.30 Eine analoge Umsetzung im Rahmen von firmenübergreifenden Beschaffungskooperationen stellt als Weiterentwicklung ein beachtliches Kostensenkungspotenzial dar.
Beschaffungskooperationen werden durch die Entwicklung der IuK-Technologie unterstützt und gefördert. Bei einer Fokussierung auf das Potenzial dieser Technologie können die Kooperationen eine rein virtuelle Form annehmen. Sie treten ausschließlich im Internet in Erscheinung und wickeln ihre Geschäfte auf sogenannten elektronischen Marktplätzen ab.31 Die jüngste diesbezügliche Entwicklung ist die virtuelle Ausschrei- bung von Aufträgen, die in weiterer Folge als Auktionen gestaltet werden.32
2.4 Kartellrechtliche Aspekte
Wie in Kap. 2.3 erwähnt, können Beschaffungskooperationen unter Umständen den Wettbewerb beschränken. Deshalb wird im Folgenden auf den Inhalt des Kartellrechts in Bezug auf Beschaffungskooperationen eingegangen.
Die kartellrechtlichen Vorschriften sind im GWB, dem Gesetz gegen Wettbewerbs- beschränkungen geregelt.33 In § 1 GWB ist das Kartellverbot verankert, das Verein- barungen verbietet, die den Wettbewerb beschränken. Die Paragraphen §§ 2–7 GWB behandeln mögliche Freistellungen vom Kartellverbot. Einkaufskooperationen werden für Mittelstandskartelle in § 4 GWB Abs. 1 und 2 unter Auflagen vom Kartellverbot freigestellt:
„(1) Vereinbarungen und Beschlüsse [...] können vom Verbot des § 1 freigestellt werden, wenn
1. dadurch der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt wird und
2. die Vereinbarung oder der Beschluß dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen zu verbessern.
(2) § 1 [das Kartellverbot] gilt nicht für Vereinbarungen und Beschlüsse, die den gemeinsamen Einkauf von Waren oder die gemeinsame Beschaffung gewerblicher Leistung zum Gegenstand haben, ohne einen über den Einzelfall hinausgehenden Bezugszwang für die beteiligten Unternehmen zu begründen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 erfüllt sind.“
Die Kooperationsvereinbarung muss den Unternehmen freistellen, ob sie ihre Waren mithilfe der Einkaufskooperation beziehen oder nicht. Eine Ausnahme vom Verbot des Bezugszwangs besteht jedoch beim Start der Einkaufskooperation, zu deren Etablierung ein Bezugszwang möglich ist. Insbesondere wird es den Unternehmen durch das Verbotdes Bezugszwangs möglich, mehreren Einkaufskooperationen anzugehören.34 Bei einer erfolgreichen Einkaufskooperation sollte deren Attraktivität jedoch hoch genug sein, um den Bezug der Waren über die Kooperation zu erwirken.
Die Kooperation muss die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten kleinen und mittleren Unternehmen stärken. Die Definition von klein und mittel folgt hier nicht den strengen Umschreibungen der Größenklassen gemäß § 267 HGB,35 sondern wird je nach Markt- lage ausgelegt. Der Richtwert für die kritische Grenze wird bei einem gemeinsamen Marktanteil von 10–15% gesehen.36
Schließlich darf der Wettbewerb auf dem betroffenen Markt nicht wesentlich beein- trächtigt werden. Informationsaustausch und Technologietransfers gelten als zulässig, während Preisabsprachen und wettbewerbshemmende Quotenabsprachen den Markt wesentlich beeinträchtigen und deshalb unzulässig sind. Für Beschaffungskooperationen unzulässige Vereinbarungen wären solche, die zu einem bestimmten Marktverhalten verpflichten, beispielsweise die Beschränkung des Bezugs, die Abgrenzung von Bezugsgebieten oder die Aufteilung von Bezugsquellen.37
Das GWB wurde mehrfach novelliert. Mit der 7. GWB-Novelle wird das Ziel der Anpassung an das europäische Kartellrecht weiter verfolgt.38
Fazit: Es können Unsicherheiten und Zweifel bestehen wegen möglicher Kartellrechts- verletzungen auf deutscher oder europäischer Ebene, deren sich die Kooperationspartner bewusst sein müssen. Eine Prüfung der Zulässigkeit der Beschaffungskooperation ist deshalb im Vorfeld erforderlich. Aufgrund einer möglichen Marktbeeinträchtigung beschränken sich Beschaffungskooperationen häufig auf Konstellationen, bei denen keine direkten Wettbewerber an der Kooperation teilnehmen.39
2.5 Das Pilotprojekt „Einkaufskooperation mittelständischer Unternehmen in Baden-Württemberg“ als Beispiel
Mitte der 90er Jahre wurde in Baden-Württemberg von 13 kleinen und mittleren Unternehmen aus den Bereichen Automobilzulieferindustrie, Maschinenbau und Metall- verarbeitung eine Einkaufskooperation als zeitlich befristetes Projekt durchgeführt.40
Für diese Einkaufskooperation wurde eine Projektorganisation mit Projektleitung, Kernprojektteam und Lenkungsausschuss gewählt. Die Projektleitung wurde von der Universität Stuttgart und von einer Unternehmensberatung gestellt. Sie garantierte durch die neutrale Moderation insbesondere zu Beginn des Projektes die Anonymität der eingebrachten Daten. Das Kernprojektteam bestand aus Einkaufsleitern und Mitarbeitern der Projektleitung. Über allem stand der Lenkungsausschuss, bestehend aus Vertretern des Topmanagements aller Partnerunternehmen und des Wirtschafts- ministeriums von Baden-Württemberg.
Das Projekt begann mit einer ABC-Analyse41 zur Priorisierung der unterschiedlichen Warengruppen. Zu diesem Zweck wurden Informationen über die benötigten Mengen, Qualitäten, Beschaffungskonditionen und Vorzugslieferanten gesammelt. Die betrachteten Warengruppen sollten eine hohe Bedeutung für möglichst viele Kooperationspartner sowie eine möglichst hohe Homogenität aufweisen, um Skaleneffekte durch Volumensbündelung zu erschließen.
Arnold/Voegele geben in ihren Dokumentationen dieses Projekts eine Gestaltungsemp- fehlung für das Kooperationsmanagement industrieller Beschaffungskooperationen. Da- nach umfasst das Kooperationsmanagement die zur betriebswirtschaftlichen Steuerung notwendigen Prozesse der Planung, der Durchführung und der Kontrolle.42 Für den Projektablauf führen Arnold/Voegele sieben verallgemeinerte Schritte zur formalen Strukturierung an. In der Praxis laufen diese Schritte naturgemäß teilweise zeitlich überlappend ab.43 [44]
[...]
1 Vgl. Arnold, Eßig (1997): S. 1; Geisen (2003): S. 13; Voegele, Schindele (1998a): S. 5.
2 Vgl. Krups Consultants (1998): S. 1.
3 Vgl. Servet (1998): S. 91–94.
4 Vgl. Olesch (1998): S. 71f; Servet (1998): S. 96–98.
5 Vgl. Arnold (1998c): S. 199; Eßig (1999): S. 117f.
6 Vgl. Arnold (1997): S. 12–16; Schindele (1998): S. 33.
7 Vgl. Arnold (1998b): S. 16–56; Voegele, Schindele (1998b): S. 71–121.
8 Vgl. Arnold (1997): S. 3; Arnolds, Heege, Tussing (1998): S. 315f; Eßig (1999): S. 25f; Schifferer (2004): S. 40.
9 Vgl. Arnold (1997): S. 9.
10 Vgl. Arnold (1997): S. 3f: Sachgüter sind Produktionsgüter (Komponenten, Material, Betriebsstoffe, etc.), sowie Investitionsgüter (Anlagen, Gebäude, etc.).
11 Wertkette, engl. Supply Chain.
12 Vgl. Porter (1999): S. 63–96; Schindele (1998): S. 30f.
13 Vgl. Porter (1999): S. 64–66; Arnold, Eßig (1997): S. 8–11.
14 Vgl. Arnold, Eßig (1997): S. 8–11.
15 Vgl. Schindele (1998): S. 39.
16 Vgl. Arnold, Eßig (1997): S. 9; Porter (1999): S. 66.
17 Vgl. Bliesner (2003): S. 49; Scheuing (1998): S. 145.
18 Vgl. Arnold (1998a): S. 6; Backhaus (2000): S. 263f.
19 Vgl. Arnold (1998c): S. 121–123; Eßig (1999): S. 117–124; Scheuing (1998): S. 144–158.
20 Vgl. Schindele (1998): S. 39f.
21 Vgl. Bliesner (2003): S. 49.
22 Vgl. Bronder, Pritzl (1992): S. 22; Dunsch (1998): S. 17; Schindele (1998): S. 29.
23 Vgl. Arnold (1998a): S. 6.
24 Vgl. Arnold (1998a): S. 5–7.
25 Vgl. Eßig (1999): S. 142–145; Eßig (2001a): S. 34–36; Geisen (2003): S. 14–17; Schindele (1998):S. 41–43.
26 Vgl. Arnold (1998a): S. 3; Arnold, Eßig (1997): S. 8.
27 Vgl. Bronder, Pritzl (1992): S. 33–35; Hagenhoff (2004): S. 11f.
28 Vgl. Bließner (2003): S. 49f; Hendrick (1998): S. 134.
29 Informations- und Kommunikationstechnologie: IuK-Technologie.
30 Vgl. Arnold, Eßig (2003): S. 673–678; Arnold (1997): S. 265–269; Geisen (2003): S. 48–53; Picot, Rippberger, Wolff (1996): S. 66; Solf (2004): S. 147.
31 Vgl. Geisen (2003): S. 49.
32 Vgl. Arnold, Eßig (2003): S. 674; Geisen (2003): S. 50; Sibbel (2002): S. 1–25.
33 Vgl. Schifferer (2004): S. 41; Wirtz (2000): S. 200–208.
34 Vgl. §§ 1–7 GWB.
35 Vgl. Kleinmann (1998): S. 59f.
36 Vgl. §267 Abs. 1-3 HGB.
37 Vgl. Kahlenberg, Haellmigk (2004): S. 391; Kleinmann (1998): S. 63.
38 Vgl. § 267 HGB; Dunsch (1998): S. 16; Kahlenberg, Haellmigk (2004): S. 390.
39 Vgl. Bechtold (2004): S. 235; Kahlenberg, Haellmigk (2004): S. 389.
40 Vgl. Hendrick (1998): S. 132; Schindele (1998): S. 38.
41 Vgl. Arnold (1998b): S. 16ff; Eßig (1999): S. 171ff; Voegele, Schindele (1998b): S. 71–121.
42 Vgl. Arnold (1997): S. 221–233.
43 Vgl. Arnold (1998b): S. 20–46; Arnold, Eßig (2003): S. 669–673; Voegele, Schindele (1998b): S. 72–84.
44 Vgl. Voegele, Schindele (1998b): S. 77–84.
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.