Inhalt
1 Einleitung
1.1 Definitionen des Begriffs ,,historischer Roman``
1.2 Maria Edgeworth im Kontext der pre-history des historischen Romans
2 Textanalyse
2.1 Der historische Hintergrund
2.2 Der Paratext in Castle Rackrent
2.3 Aspekte des historischen Romans in Castle Rackrent
3 Resümee
Literatur
1 Einleitung
Maria Edgeworths Roman Castle Rackrent (1800) hat bei dem Versuch der Einordnung in den Kontext des historischen Romans zu einer Reihe sehr unterschiedlicher, sich widersprechender, ja sich teilweise sogar ausschließender Beurteilungen und Positionen geführt. Um das Ausmaß der Kontroverse um die Bedeutung Maria Edgeworths (1768-1849) für den historischen Roman zu verdeutlichen, seien hier vorweg nur die wichtigsten Standpunkte genannt.
Das Zitat des Titels dieser Arbeit etwa, das gleichzeitig die leitende Fragestellung unserer Untersuchung darstellt, entstammt dem Oxford Companion to English Literature und lautet im Satzzusammenhang:
Castle Rackrent, a novel by M. Edgeworth, published 1800.
This work may be regarded as the first fully developed historical novel and the first true regional novel in English.1
Diese Position jedoch muß bereits nach einem ersten Blick in die Sekundärliteratur zum historischen Roman verwundern, gilt doch in den meisten Abhandlungen Sir Walter Scott als der eigentliche Schöpfer dieses neuen Genres und sein Waverley (1814) als erster historischer Roman.2 In einigen (älteren) Untersuchungen (Lukács, Buck) taucht demzufolge der Name ,,Maria Edgeworth`` nicht oder nur am Rande auf und Georg Lukács konstatiert sogar:
Besonders bei Scott war es Mode, eine lange Reihe zweit- und drittrangiger Schriftsteller anzuführen [...], die angeblich wichtige literarische Vorläufer Scotts gewesen sind. All dies führt uns dem Verständnis des Neuen in der Kunst Scotts, im historischen Roman um keinen Schritt näher.3
Dagegen wiederum betonen die jüngeren Forschungsbeiträge (Fleishman, Schabert, Müllenbrock, Borgmeier u. a.), daß von einer Vor- bzw. Entwicklungsgeschichte des historischen Romans, die etwa in der Mitte des 18. Jht. mit dem Wandel im Geschichtsbewußtsein (Historismus) durch den épistémè -Wechsel (Foucault) beginnt, ausgegangen werden muß.
In diese Entwicklung wird die Anglo-Irin Maria Edgeworth, nachdem sich Sir Walter Scott selbst ja explizit auf sie als Vorbild bezogen hatte,4 als wichtiger Impuls für die Entstehung bzw. Entwicklung des historischen Romans eingeordnet, wobei aber als dessen erste echte Verwirklichung (,,Prototyp der ganzen Gattung``5 ) wieder Scotts Erstling genannt und oft auch als Modell verwandt wird.
Angeregt von solch unterschiedlichen Beurteilungen der Bedeutung Maria Edgeworths für die Entwicklung des historischen Romans, will diese Arbeit durch eine gezielte Textanalyse, bei der auch durch den Vergleich mit Sir Walter Scotts Waverley eine schärfere Differenzierung der Problematik erreicht werden soll, versuchen, Castle Rackrent im Kontext des historischen Romans zu situieren und so die im Titel der Arbeit aufgeworfene Frage beantworten.
Dazu müssen in diesem Einleitungskapitel zunächst einige wichtige Definitionsversuche des Begriffs ,,historischer Roman`` rekapituliert werden, bevor, ausgehend vom gegenwärtigen Forschungsstand (Abschnitt 1.2, S. [*]ff.), eine erste Annäherung erfolgen kann. Im Hauptteil der Arbeit soll dann untersucht werden, inwiefern der Roman sowohl auf paratextueller (Abschnitt 2.2, S. [*]ff.) als auch auf textueller Ebene (Abschnitt 2.3, S. [*]ff.) Elemente enthält oder vermissen läßt, die für die Bejahung oder Verneinung der leitenden Fragestellung bedeutsam sind. Hier werden, dem Thema gemäß, auch andere relevante Aspekte einfließen, denn wie bereits auf dem Buchrücken der World's Classics -Ausgabe über Castle Rackrent vermerkt ist: ``[...] its interest is historical and sociological as well as literary.''6
1.1 Definitionen des Begriffs ,,historischer Roman``
Für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei Castle Rackrent tatsächlich um den ``first fully developed historical novel''7 handelt, ist allein das Gattungsverständnis, i. e. die Kriterien, die bei der Definition des Begriffs ,,historischer Roman`` angesetzt werden und deren Erfüllung verlangt wird, ausschlaggebend. Jedoch hat der ,,Definitionsstreit um den historischen Roman``8 in der Sekundärliteratur eine genaue Gattungsabgrenzung kaum entstehen lassen. Einerseits ist eine auffällige Zurückhaltung bei der Definition des Genres9 und die Beschränkung auf wenige (oft nur) faktische Elemente zu beobachten, andererseits der Versuch eine exakte historische und systematische Darstellung der Entwicklung des historischen Romans zu zeichnen und auch durch kontrastive Textvergleiche zudem wichtige formale und inhaltliche Elemente herauszufiltern. Die konsensfähigen Auffassungen einiger Definitionsversuche des historischen Romans bilden im folgenden die Grundlage für die weitere Untersuchung.10
Zunächst jedoch erscheint es sinnvoll, den Oxford Companion to English Literature, in dem oben genannte These für Castle Rackrent ja aufgestellt wurde, nach seiner Definition des Begriffs zu befragen. Diese finden wir in drei Postulaten im Artikel zum historischen Roman:11 1. ``a novel set in a period before the birth of the author'' (faktisch), 2. ``often containing not only fictional but historical people and/or events'' (inhaltlich) und 3. ``[i]n serious work there is a real attempt at accuracy and credibility'' (formal-inhaltlich). Nach diesem recht verkürzten Schema im Stil des Nachschlagewerks, kann Castle Rackrent in der Tat als ``first[?] fully developed historical novel''12 eingestuft werden. Der 1. Punkt ist trotz der zeitlichen Überschneidung (``[Set] before the year 1782''13 vs. Geburtsdatum Maria Edgeworth 1. Januar 1768) mit Blick auf die Schilderung einer Familienchronik über vier Generationen, die zu den Zeiten von Thadys Großvater beginnt, erfüllt.14 Im 2. Postulat wird das Auftauchen explizit benannter historischer Personen und/oder Fakten neben fiktiven durch das Adverb ` often ' als optional relativiert und kann für Castle Rackrent somit ebenfalls als erfüllt gelten. Punkt 3 wurde offensichtlich zur Abgrenzung vom Gothic novel aufgenommen, der gemeinhin als frühe, wichtige Stufe der Entwicklung zum historischen Roman (gefolgt vom national/regional novel) gesehen wird. Der Nachweis, daß auch diese Forderung vom Roman erfüllt wird, wird ein wichtiger Punkt der Arbeit im Hauptteil (Kapitel 2, S. [*]ff.) sein.
Castle Rackrent genügt also dieser recht vagen Bestimmung des Genres, die offenbar auf der oben genannten Problematik der wenigen konsensfähigen Abgrenzungsversuche basiert. Diese Definition kann jedoch nicht zur Grundlage unserer Untersuchung gemacht werden, da elementare ,,Bestandteile``, die in den, auch im Seminar verwandten, wissenschaftlichen Abhandlungen zum historischen Roman (Fleishman, Schabert, Borgmeier/Reitz u. a.) auftauchen, keine Erwähnung finden. Wir halten aufbauend auf den ,,Minimaldefinitionen``15 folgende Charakteristika fest, die die immer wieder geforderten grundlegenden Merkmale des historischen Romans in den diversen Arbeiten (und im Seminar) bilden:
1. Der historische Roman ist eine hybride Gattung bestehend aus historischen Fakten (Geschichte) und Fiktion und beinhaltet Elemente aus beiden Formen. Der Autor schließt sich an historisches Faktenwissen an, setzt dieses Wissen voraus, selektiert, deutet und ergänzt es imaginativ für seinen eigenen fiktionalen Entwurf.
2. Der historische Roman nimmt direkt Bezug (direct referentiality) auf die epochenspezifische geschichtliche Realität (inhaltlich etwa durch reale, bekannte Jahreszahlen, reale historische Orte etc.), nicht nur indirekt (indirect referentiality) über die fiktionale Realität des Romans auf eine allgemeine, epochenunspezifische Wirklichkeit.
3. Die dargestellte historische Epoche wird unter dem Aspekt der Geschichtlichkeit (historicity) als abgeschlossener Zeitraum gesehen, der sich von der Gegenwart des Autors deutlich unterscheidet (Bewußtsein der Zeitdifferenz zwischen der zu Geschichte gewordenen Wirklichkeit und dem Prozeß der Darstellung). Die historische Andersartigkeit (otherness) dieser Epoche wird im Roman thematisiert und muß als erinnerte oder anders vergegenwärtigte, nicht miterlebte Vergangenheit im Geschichtsbewußtsein präsent sein (middle distance).
4. Im historischen Roman spielt die Geschichte eine entscheidende Rolle (shaping force) in der Konstruktion des plot (z. B. Einfluß auf die in der Geschichte handelnden Charaktere). Zusätzlich tauchen metahistorische Elemente auf, die Bezug auf die strukturellen Prinzipien der Geschichte nehmen (Geschichtsbild im Roman).
5. Der historische Roman hat durch sein nachzeichnendes Erzählen die Vergegenwärtigung der Geschichte (imaginative re-enactment) in der Gegenwart zum Ziel (vivid image/sense of life in the past, relation historical life -- present life).
Im wesentlichen stützt sich das hier zugrundegelegte Gattungsverständnis auf die Problematisierung normativer und dadurch tendenziell ideologischer Gattungsbestimmungen des historischen Romans, die durch ihre jeweils postulierte ,,Norm`` gezielt wertende Ausschlußmechanismen aufbauen.16 Zudem erscheint der für diese Arbeit gewählte Ansatz schon durch das Thema vorgegeben, da unser Untersuchungsobjekt Castle Rackrent nicht im Schatten eines später liegenden ,,Gattungsmodells`` Waverley untersucht werden soll, sondern aus dem Blickwinkel unserer leitenden Fragestellung. Ganz im Gegensatz zu dieser jedoch, rechnet die Forschung auf dem Gebiet des historischen Romans Maria Edgeworth (scheinbar) ausnahmslos noch der pre-history des historischen Romans zu.
1.2 Maria Edgeworth im Kontext der pre-history des historischen Romans
In der Entwicklungsgeschichte des historischen Romans wird Maria Edgeworth mit ihren nationalen/regionalen17 Romanen von den neueren Studien, in Nachfolge der ,,historisierenden``18 Romane des 18. Jht., als letzte Vorstufe des historischen Romans gesehen:
Als sich gegen Ende des 18. Jht. der Historismus zum vorherrschenden geisteswissenschaftlichen Ansatz für die Erklärung der Wirkung des geschichtlichen Wandels entwickelte, entstand durch den Interpretationsansatz der historischen Bedingtheit aller Phänomene, ein Bewußtsein für die Unterschiedlichkeit verschiedener Epochen und ein Interesse für die Erforschung ihrer historischen Entwicklung.19 Literarisch manifestierte sich das neue Interesse an Geschichte u. a. in der Gothic novel, beginnend mit Horace Walpole, der zu den wichtigsten Entwicklungsimpulsen des historischen Romans im 18. Jht. zählt. Jedoch zielte diese Gattung noch nicht auf eine realistische, detailgetreue Verlebendigung des jeweiligen Zeitraums in der Gegenwart ab, sondern war antiquarisch auf das historische Kostüm (Hintergrund, Zeitkolorit, Atmosphärenschaffung etc.) fokussiert,20 so daß eine Interaktion von Geschichte und Fiktion im Sinne unseres Gattungsverständnisses nicht zustandekam, da das Bewußtsein einer Zeitdifferenz zwischen Darstellung und historischer Wirklichkeit durch die stereotype Darstellungsweise wieder zerstört wurde.21
Als entscheidender Entwicklungsschritt hin zum historischen Roman gelten die Romane Maria Edgeworths. Die Autorin taucht in den Literaturgeschichten hauptsächlich als Schöpferin des Regionalromans auf, der ihre Irland-Romane eine herausragende Stellung als Schriftstellerin des irischen regionalen Romans einbrachten.22
Die Entstehung des regionalen Romans läßt sich mit der Akzeptanz der modern épistémè (Foucault) erklären, wodurch nationale, historische und regionale unwiederbringliche Besonderheiten immer größere Bedeutung gewannen, die sich durch ein wachsendes öffentliches Interesse bald auch literarisch niederschlug: der Regionalroman erreichte zuerst die lebendige und detaillierte Vermittlung eines ,,partikularen, historisch bedingten Kulturraum[s] über eine dem besonderen Milieu angemessene fiktionale Handlung [...].``23 Vor allem Castle Rackrent wird im Kontext der Verwandtschaft der beiden Gattungen regionaler und historischer Roman diskutiert, da Maria Edgeworth hier durch die Schilderung einer über vier Generationen reichenden, fiktiven Chronik einer irischen Landadelsfamilie, zusätzlich zur Darstellung regionaler Besonderheiten die Vergangenheitsdimension einbringt.24
Ina Schabert ordnet den Roman in ihrer Typologie des historischen Romans als Vorläufer des von Scott geschaffenen Typs des ,,historischen Gesellschaftsromans`` ein, bei dem der Geschichtsstoff nur den ,,Zustands- oder Ereignisraum konstituiert, in welchem eine weitgehend oder ausschließlich fiktive Haupthandlung eingebettet ist [...].``25 Auch George Watson begreift Castle Rackrent als Gesellschaftsstudie zwischen regionalem und historischem Roman:
Castle Rackrent (1800) is the first regional novel in English, [...] and, as Scott saw at once, the regional novel is the gateway to the ampler world of the historical novel, since it represents whole societies and conceives of individual characters as composing societies.26
Die Gründe, warum Castle Rackrent noch nicht als historischer Roman angesehen wird, sind einerseits das Argument, Maria Edgeworth komme durch die vage Bezugnahme auf die Vergangenheit nicht ernsthaft über die gelungene Darstellung des ,,Regional- und Periodenkolorits`` hinaus (inhaltlich), andererseits der Einwand, es fehle genau die für den historischen Roman entscheidende, vom Bewußtsein der Zeitdifferenz bestimmte Hinwendung zur Geschichte (Vergangenheitsdimension), i. e. die Darstellung einer epochenspezifischen Interaktion von fact und fiction in der Handlung (formal-inhaltlich). Jedoch herrscht hier keineswegs Einigkeit. Die oft auch widersprüchlichen Beurteilungen von Castle Rackrent schwanken zwischen ``local-color history, dialect, and manners [...] [using the techniques of regionalist antiquarianism]''27 und Einschätzungen, die den Roman bereits im Übergangsbereich zum historischen Roman ansiedeln:
[Maria Edgeworth] machte aber nicht nur das Regionale literaturfähig, [...] [sondern] entwickelte [...] [in Castle Rackrent ] außerdem, bei gleichzeitiger Hinwendung zu der privaten Sphäre der Geschichte, ein ausgeprägtes Bewußtsein von dem Eigencharakter einer vergangenen Epoche.28
Neben der als dominant empfundenen Gestaltung eines charakteristischen regionalen Milieus, das im Mittelpunkt der Untersuchung in Abschnitt 2.3.1 (S. [*]) stehen wird, werden hier also bereits historische Sichtweisen bei der Darstellung der Vergangenheit mitreflektiert. Zusätzlich zur Charakterisierung von Castle Rackrent als nationaler/regionaler Roman besteht also die Möglichkeit, und dieser gilt die Untersuchung im nun folgenden Hauptteil, der Qualifikation als historischer Roman,29 zumal
[i]nsbesondere neuere Arbeiten [...] häufig die historische Dimension des Romans als gegeben an[sehen], wenn ein konkret und detailliert lokalisiertes Sitten- und Gesellschaftsbild oder ein zeitspezifisches ökonomisches und politisches Situationsbild entworfen wird.30
2 Textanalyse
Im Hauptteil der Arbeit soll nun, aufbauend auf den beiden Einleitungsabschnitten, durch genauere Arbeit am Text die Beantwortung der leitenden Fragestellung in Angriff genommen werden. Im letzten Abschnitt der Einleitung (1.2, S. 8) ist eine in der Sekundärliteratur verbreitete, durch den Trennungsversuch der nicht voneinander zu trennenden inhaltlichen und formalen Gestaltung bedingte Widersprüchlichkeit bei der Einschätzung des Romans deutlich geworden.
Einerseits wird Castle Rackrent zwar auf inhaltlicher Basis als ,,historischer Roman`` eingeordnet, andererseits davon jedoch die formale Gestaltung, die dieses Urteil abschwächen könnte, abgetrennt oder es wird dem Roman umgekehrt, wegen der vermeintlich zu wenig ausgeprägten Bezugnahme auf die Geschichte in der Handlung, jegliches historisches Bewußtsein abgesprochen.
Dieses Auseinandertreten und das einseitige Fokussieren inhaltlicher oder gestalterischer Sichtweisen wird deutlich, wenn George Watson ganz auf den Inhalt fixiert (und hier nach unserem Gattungsverständnis sogar unbegründet) zögert:
[ Castle Rackrent ] is historical as well as regional, in fact--and if we hesitate to call it an `historical novel' it is only because, unlike Waverley, it celebrates no great public event like the Forty-Five. It is about a way of life, not an event.31
Gleiches gilt für Edgar Mertner, der sich in diesem Kontext ganz der Ansicht des Oxford Companion to English Literature anschließt:
Castle Rackrent (1800) ist ein historischer Roman im Sinne Scotts, der ein bestimmtes soziales Milieu [...] in der unmittelbaren Vergangenheit zeichnet.32
Diese Problematik wollen wir im folgenden durch die stetige Bezugnahme auf unser inhaltliche und formale Aspekte integrierendes Gattungsverständnis (Abschnitt 1.1, S. 6) auflösen. Es erscheint dabei sinnvoll, Paratext und Text in Castle Rackrent getrennt Aufmerksamkeit zu schenken, vor allem weil im Paratext nicht nur die, den historischen Kontext und das Interesse thematisierende Rahmenerzählung eingeführt wird, die zugleich eine diskursive Abhandlung zur Theorie des historischen Romans ist, sondern auch weil so der Vergleich zu Scotts ganz ähnlich konstruiertem Roman vereinfacht wird.
Um jedoch die hybride Gattung des historischen Romans vollständig erfassen zu können, müssen nach unserem Gattungsmodell neben der Fiktion auch die historischen Fakten (Geschichte), auf die der historische Roman zurückgreift, in die Diskussion miteinfließen. Zur Vereinfachung der Argumentation wird hier ein kurzer Abriß der für den Roman relevanten Epoche vorausgestellt.
2.1 Der historische Hintergrund
Die fiktionale Realität von Castle Rackrent ist, zumindest nach dem Titelblatt, zeitlich, geographisch und gesellschaftlich durch direkte Bezugnahme auf historische (empirische) Realität festgelegt: das `` Hibernian Tale '' baut demnach auf historischen Fakten und den Lebensgewohnheiten des irischen Landadels aus der Zeit vor 1782 auf.
Unmittelbar relevant ist also nicht so sehr, wie in Waverley, die politische Geschichte, sondern, wie schon im sozialkritischen Titel anklingt, vor allem die ökonomische und soziale Geschichte Irlands im 18. Jht., i. e. die ,,innere`` (private) Sphäre der Geschichte dieses Zeitraums:33
- Die Geschichte Irlands im 18. Jht. ist vom grundsätzlichen politischen und religiösen Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten beherrscht. Ein Hauptproblem stellte schon seit der Zeit Heinrichs VIII. die Landverteilung in Irland da: die überwiegend katholische Bevölkerung Irlands wurde von einer kleinen Zahl britischer protestantischer Grundbesitzer, denen fast das gesamte Land übertragen worden war, regiert. Vor allem nach der Rückeroberung Irlands durch Oliver Cromwell 1649, wurden verstärkt protestantische Siedlungen im katholischen Irland forciert. Diese Probleme der Religionen und der Landverteilung führten in der folgenden Zeit zu einer fortgesetzten Instabilität im Land.
- Nachdem der zeitweiligen Stärkung des Katholizismus in Irland unter der Herrschaft des katholischen James II. mit der Glorious Revolution (1689) und der Thronbesteigung Wilhelms III. und Marias II. ein Ende gesetzt worden war, war die protestantische Herrschaft in Irland gesichert und die Protestant Nation etabliert, die Irland im 18. Jht. dominieren sollte. Die protestantische Minderheit kontrollierte bald die Gesetzgebung und Verwaltung und setzte schließlich zur Sicherung ihrer Position eine Reihe von Penal Laws gegen die katholische Bevölkerung durch, die den Zweck hatten, ihr die sozialen und staatsbürgerlichen Rechte zu verwehren.
- Irland präsentiert sich im 18. Jht. als krisengebeuteltes Land, das von wirtschaftlichen, religiösen und politischen Unruhen erschüttert wird. Das Zentralproblem der Irish Question und ein stetiger Krisenherd ist neben der Unterdrückung der Bevölkerung durch die Penal Laws, daß die protestantischen Grundbesitzer (absentee English landlords) ihre Güter vor allem zur Finanzierung ihres kostspieligen Lebens im Ausland benutzten. Nicht wenige richteten sich so finanziell zugrunde (vgl. Sir Kit), obwohl sie ihre Güter von örtlichen Repräsentanten mit ausbeuterischen Methoden (` rack-rent ': Wucherpacht) verwalten ließen. Der Niedergang und die Verarmung des irischen Landadels (vgl. die Familiengeschichte der Rackrents) wurde im 18. Jht. auf der anderen Seite vom wirtschaftlichen Aufstieg einer kleinen, zu Reichtum gelangten Mittelklasse (vgl. Jason Quirk) begleitet.
- Die Spuren dieser Praktiken waren verheerend, vor allem wegen der explosiven Kombination aus der Armut der irischen Pächter und Landbevölkerung einerseits und der Verdreifachung der Bevölkerung auf etwa 4 Millionen in nur 100 Jahren andererseits. Die sozialen Probleme und die fehlende ökonomische Zukunft für Irland, das von London lediglich als Kolonie betrachtet und vom Welthandel ausgeschlossen wurde, traten hier am deutlichsten hervor. Dies führte zu einer Reihe von irischen Aufständen und der Gefahr einer Allianz der Katholiken mit den Presbyterianern, die das System der Privilegien, auf dem die Protestant ascendancy errichtet worden war, erschüttern konnten.
- Daher wurde Irland 1780 offiziell zu einem Mitglied des British Empire erklärt und erhielt 1782 (vgl. das Titelblatt von Castle Rackrent) eine neue Verfassung, die dem Land teilweise Unabhängigkeit, vor allem das alleinige Recht zur Gesetzgebung im Parlament garantierte. Da den Katholiken jedoch weiterhin das Recht zur Mitbestimmung im irischen Parlament verwehrt blieb, kam es erneut zu Unruhen. Ein Aufstand irischer Nationalisten 1798 (` Wolfe Tone rising ') wurde von den Engländern niedergeschlagen und das irische Parlament, das von protestantischen Grundbesitzern dominiert war, stimmte schließlich der erzwungenen Union von 1801 gegen den Willen der katholischen Bevölkerung Irlands zu. Diese beendete die irische Unabhängigkeit, die irischen Interessen wurden von nun an von Protestanten (100 commons und 28 peers) im Londoner Parlament ,,vertreten``.
- Jedoch blieben die Hauptprobleme Politik (Fremdbestimmung aus London), Religion (Fehlschlag der Catholics' emancipation), Wirtschaft (fehlende eigenständige Ökonomie) und Landbesitz unverändert. Die Union im Sinne Pitts (United Kingdom of Great Britain and Ireland) hatte sich durch das Scheitern einer Lösung der Irish Question als Fehlschlag erwiesen.
Die ökonomisch-soziale Struktur Irlands ist im 18. Jht. also dreigeteilt, in den vom Penal Law -System priviligierten, seine Ländereien ausbeutenden Landadel (vgl. die Rackrents), in eine kleine Mittelklasse (vgl. Jason Quirk, wine-merchant), und in die drei Viertel der Gesamtbevölkerung bildende, rechtlose Landbevölkerung (vgl. die Pächter).
In bezug auf unser Gattungsverständnis des historischen Romans können wir hier bereits zu den Punkten 1 und 2 unseres Modells (S. 6) festhalten, daß sich Castle Rackrent in einem örtlich und zeitlich fixierten Rahmen aus historischen Fakten und Fiktion zusammensetzt und sowohl im Paratext (politische Geschichte unmittelbar vor der Union von 1801) als auch im Text selbst (ökonomische und soziale Geschichte Irlands im 18. Jht.) direkt Bezug auf die epochenspezifische geschichtliche Realität außerhalb der fiktionalen Realität des Romans nimmt. Auf die genauen Bezugnahmen, die Darstellungsweise und den Einfluß auf die Struktur von Castle Rackrent werden wir, wenn wir uns im folgenden dem Roman selbst zuwenden, immer wieder zurückkommen.
2.2 Der Paratext in Castle Rackrent
Wir verstehen mit Genette peritextuelle Elemente, in Castle Rackrent etwa Titel, Vor- und Nachwort, Anmerkungen (Fußnoten und Glossar), als ,,paratextuellen Hilfsdiskurs``, der den Leser vor und während der Rezeption des Textes entscheidend beeinflußt und eine informierende und lektüresteuernde Funktion übernimmt.34 Im historischen Roman steht der Paratext jedoch nicht nur im Dienst der Fiktion, sondern erfüllt oft noch andere, genrespezifische Funktionen, die mitentscheidend sind für die Rezeption eines Werks als ,,historischen Roman``, nämlich einerseits der Etablierung des Standorts, von dem aus auf eine vergangene Epoche zurückgeschaut und diese vergegenwärtigt und kommentiert wird, und andererseits der direct referentiality auf den regionalen und historischen Hintergrund des dargestellten Raums:
Wenn der Autor in Text und Nebentexten (Einleitungsteil, Anmerkungen, Appendices) auf historiographische Information verweist, diese referiert, ergänzt, oder korrigiert [...] so ist dies [...] ein wohlmotivierter Kunstgriff, der den genrespezifischen Rückbezug des Romans auf die Geschichte unterstützt.35
2.2.1 Das preface/afterword als Diskurs über die Ästhetik des sich entwickelnden historischen Romans
In Castle Rackrent werden diese Funktionen, ähnlich wie in Waverley (vgl. Kap. 1 und 72), in allen paratextuellen Elementen von einem im preface eingeführten Rahmenerzähler (editor S. 436 ) übernommen. In der Tradition der Herausgeber-Fiktion des 18. Jht. dient dieser editor der Authentizitätsvortäuschung des eigentlichen Textes, einer fiktionalen Autobiographie. Die Stimme des Rahmenerzählers, die sich zwischen Ich- und personaler Erzählsituation bewegt, ist jedoch ganz auf den Paratext beschränkt.
Der Diskurs über die Ästhetik des sich entwickelnden historischen Romans geht von der gattungsbedingten Opposition zwischen professionellen Geschichtswerken und den anecdotes, memoirs und biographies aus. Da die Stilisierungen der historischen Persönlichkeiten in den Geschichtswerken keine ästhetische Illusion erzeugten und zudem der Wahrheit nicht immer sehr nahe kämen, bestehe die einzige Lösung in der Hinwendung zur privaten Geschichte, in der sich ihr wahres Gesicht zeige:
We cannot judge either of the feelings or of the characters of men with perfect accuracy from their actions or their appearance in public; it is from their careless conversations, their half finished sentences, that we may hope with the greatest probability of success to discover their real characters. The life of a great or of a little man written by himself, the familiar letters, the diary of any individual [...] are the esteemed important literary curiosities. [S. 1f.]
Die Hinwendung zur privaten Sphäre der Geschichte statt der öffentlichen, heroischen Sphäre hat sich bereits in Abschnitt 2.1 (S. [*]) gezeigt. Entscheidend ist dabei jedoch, daß der Leser mit der ,,inneren`` Geschichte des dargestellten Zeitraums vertraut sein muß. Dies ist noch wichtiger als bei Romanen wie etwa Waverley, wo die politische Geschichte und ihre Wirkung zentral ist, da Castle Rackrent zwar, anders als Waverley, auch ohne konkretes Faktenwissen verstehbar ist, so aber nicht als historischer Roman verstanden werden kann.
Thadys unprätentiöser und ungekünstelter Stil als Biograph der Familiengeschichte der Rackrents (``plain unvarnished tale'' S. 2), der sowohl den Blickwinkel der unteren Klassen auf die Oberschicht einschließt, als auch durch die subjektive Involviertheit aus der privaten, alltäglichen Lebenserfahrung gespeist ist, sei der Garant für Durchschaubarkeit und Wahrheit:
Those who were acquainted with the manners of a certain class of the gentry of Ireland some years ago, will want no evidence of the truth of honest Thady's narrative [...]. [S. 4]
Hier deutet sich bereits der Gesichtspunkt der historicity beim Blick auf die Vergangenheit an und der Objektivitätsanspruch, den Maria Edgeworth an ihren historische Realität darstellenden Roman stellt.37 Relevant ist das preface/afterword für unsere Fragestellung vor allem, weil sich für die Sichtweise, daß Castle Rackrent konzeptuell als historischer Roman angelegt ist, eine ganze Reihe von Belegen finden lassen. Ein kurzer Exkurs in die Entstehungsgeschichte soll diesen Hintergrund verdeutlichen.
Maria Edgeworth stammt aus einem aufgeklärten Elternhaus Rousseauistischer Prägung. Sie schildert in ihrem Roman, gemäß ihres Selbstverständnisses als reformerische Autorin, eine als rückständig eingestufte Zeit, die mit der endlich erreichten irischen Unabhängigkeit von 1782 aufgehört hatte (oder haben sollte) zu existieren. Aus diesem Blickwinkel der historicity (vgl. Punkt 3 unseres Modells auf S. 6 der Arbeit) entstand Castle Rackrent noch vor dem Aufstand irischer Rebellen 1798, in den ``last, confident days of the Irish Independency''.38 Wenngleich die zeitgenössische Rezeption bemerkte, daß die geschilderten Praktiken keineswegs der Vergangenheit angehörten, sondern sehr wohl noch in der Entstehungszeit des Romans gang und gäbe waren, so ist doch der paratextuelle Rahmen ganz auf die Betonung der Vergangenheit (``[I]t is about a bad old day that is dead and gone, however much may remain to be done''39 ) und Andersartigkeit (vgl. Punkt 3 unseres Modells) der geschilderten Epoche abgestellt:
The Editor hopes his readers will observe, that these are `tales of other times;' that the manners [see titlepage] depicted in the following pages are not those of the present age: the race of the Rackrents has long since been extinct in Ireland, and the drunken Sir Patrick, the litigious Sir Murtagh, the fighting Sir Kit, and the slovenly Sir Condy, are characters which could [...] [not] be met with at present in Ireland [...]. [S. 4f.]40
Lediglich im letzten Absatz des preface, das unmittelbar vor der unvermeidlichen, die irische Unabhängigkeit beendenden Union entstand, drückt sich schon eine gewisse Bitterkeit aus, nachdem Maria Edgeworth im früher entstandenen afterword noch unsicher gewesen war, ob die Union eine positive oder negative Wirkung haben würde. Als Beitrag zur Union sieht der editor im Nachwort auch den Zweck und die Motivation für den Roman, nämlich dem englischen Leser ein getreues Bild der irischen Sitten und Mentalität zu vermitteln. Zwar sah Maria Edgeworth in der Union eine Chance zum wirtschaftlichen Aufschwung Irlands, doch mußte die Verwaltung des Landes vom Londoner Parlament aus, in das viele irische Grundbesitzer einzogen, und damit die Abwanderung der Kräfte, die Fortschritt für Irland garantieren sollten, eine negative Wirkung auf das Land und die nationale Identität haben (afterword S. 97). Diese Skepsis drückt sich in Castle Rackrent sogar in einer nostalgischen Hinwendung zur Vergangenheit aus, die vor allem im Teil über Sir Condy sichtbar wird und das geschilderte Konzept ihres Romans fast verkehrt:
When Ireland loses her identity by an union with Great Britain, she will look back with a smile of good-humoured complacency on the Sir Kits and Sir Condys of her former existence. [S. 5]
Die für den historischen Roman entscheidende, vom Bewußtsein der Zeitdifferenz bestimmte Hinwendung zur Geschichte ist also bereits voll ausgeprägt. Erneut wird hier eine Parallele zwischen Castle Rackrent und Waverley deutlich: sowohl Maria Edgeworth als auch Sir Walter Scott sind zwar vom geschichtlichen Fortschritt als für die Gesellschaft gewinnbringend überzeugt (rational response: ``history as positive progress''), in ihren Romanen stellt sich das Geschichtsbild (vgl. Punkt 4 unseres Modells) jedoch auch als ``history as loss'' (emotional response) dar. Sir Walter Scott beschreibt in Waverley:
This race [Jacobites] has now almost entirely vanished from the land, and with it, doubtless, much absurd political prejudice - but also many living examples of singular and disinterested attachment to the principles of loyalty [...] and of old Scottish faith, hospitality, worth, and honour.41
Genauso wie der Fehlschlag des Jakobiteraufstands von 1745 für Schottland, bedeutete die Union von 1801 für Irland den endgültigen Verlust eines eigenständigen (eigengesetzlichen), traditionsreichen gesellschaftlichen Systems.42 Castle Rackrent drückt also Sympathie für die aussterbenden ``good old times'' aus, mit denen auch die unverwechselbaren alten Sitten, Aberglaube und der Sprachgebrauch verschwinden werden. Ähnlich wie Waverley und der dortige auktoriale Erzähler, dienen hier Thady und die Herausgeber-Fiktion dem Autor zur Etablierung seines Geschichtsbildes. Der Roman dient also durch die Vergegenwärtigung der Vergangenheit als literarisches Gedächtnis an eine nicht mehr vorhandene geschichtliche Realität und nicht zuletzt der nostalgischen Konservierung von Konkretisationen historischer Vergangenheit43 (``delay of the process of loss'').
Für die Wahl des dargestellten Zeitraums ist auch seine Bedeutung für das Bewußtsein des geschichtlichen Wandels einer Nation ausschlaggebend, denn wie Avrom Fleishman in Anlehnung an Scott festhält, ``[w]e can grasp the present only by looking back to the past, and can seize the past only with the recognition that it is gone''44 (vgl. Punkt 3 unseres Modells). Für Scott ist dieser Punkt in der Vergangenheit das Jahr 1745:
There is no European nation which, within the course of half a century, or little more, has undergone so complete a change as this kingdom of Scotland. The effects of the insurrection of 1745 [...] commenced this innovation.45
Ebenso stellen für Maria Edgeworth die Zeiträume vor und nach dem Jahr der irischen Unabhängigkeit 1782 zwei völlig verschiedene Welten dar, wie sich auch in den von ihr vollendeten Memoirs (1820) ihres Vaters Richard Lovell Edgeworth (1744-1817) ausdrückt, wenn dieser schreibt, daß seit der Unabhängigkeit ``the people of Ireland have improved more than any other people in Europe''.46
Wie die Bezüge auf unser Modell gezeigt haben, ist die Lektüresteuerung des preface/ afterword also exakt die eines historischen Romans im Sinne unseres Gattungsverständnisses. Ein interessanter Fall ist folglich auch der zweite große paratextuelle Komplex, der den Text bei der Lektüre selbst ergänzt.
2.2.2 Der Anmerkungsapparat -- Hintergrund und Funktionen
Maria Edgeworth erklärt im preface die Motivation für ihre Anmerkungen damit, daß die Geschichte ohne authentische Beglaubigung für den `` ignorant English reader'' zu phantastisch sei (S. 4), und im ``Advertisement to the English reader'' (S. 98) das Glossar (S. 99) mit der Unverständlichkeit der irischen Sitten, der irischen Sprache im allgemeinen und von Thadys Sprachgebrauch im besonderen, da die getreue Wiedergabe von Dialekt in Castle Rackrent eine Novität im englischen Roman darstellte.
Die Anmerkungen des editor (Maria Edgeworth verfaßte das Glossar mit Unterstützung ihres Vaters) haben, neben erklärender Funktionen, also vor allem die Authentizität der historischen Erzählung zu beglaubigen (vgl. Punkt 2 unseres Modells), indem sie hauptsächlich dem nicht-fiktionalen Teil des Romans, i. e. dem geschichtlichen Hintergrund gelten (``most [notes] are of serious scholarly and especially antiquarian interest, reflecting [Richard Lovell] Edgeworth's membership of the Royal Irish Academy [...]''47 ). Sie eröffnen auch die Möglichkeit einer zweckabhängigen Kommentartätigkeit (z. B. Sozialkritik: Fußnote `` Middle men '' S. 20f., Glossar `` Pages 14-15 '' S. 104 oder Ironie) und Interaktion mit dem Leser. Genette betont dabei die Funktionsverwandtschaft zwischen Anmerkungen und Vorwort, die beide klären, wie ein Text oder Textteil ,,richtig`` im Sinne des Autors gelesen werden soll.48
Maria Edgeworth führt also bereits einen voll entwickelten Anmerkungsapparat ein, der in den späteren historischen Romanen vor allem von Scott zum wichtigen Merkmal der Gattung wird.
In Castle Rackrent erfüllt der Paratext aber noch eine weitere Funktion, denn mit Blick auf die Entstehungszeit des Textes vor 1798 und der unmittelbar bevorstehenden Union zur Zeit der Veröffentlichung 1800, mußte dem englischen Publikum, sollte der Roman als Beitrag zur Union ernst genommen werden, eine intellektuell anspruchsvollere Ergänzung zur wenig positiven Darstellung irischer Lebensart im Text dargeboten werden:
Its function, which became necessary because of the special political circumstances of 1799, was to update the book and make it a means of introducing more serious sociological information about Ireland.49
Maria Edgeworth vermittelte ihrer englischen Leserschaft also eine Fülle von gesellschafts- und kulturgeschichtlichen sowie landeskundlichen Informationen über Irland, oft in Verbindung mit ergänzenden Kommentaren im bevorzugten Anekdotenstil. Mit Bezug auf den dargestellten Zeitraum erklärt sich auch die vorherrschende Sichtweise der historicity im Glossar, von der aus auf Thadys Erzählung einer vergangenen Epoche zurückgeblickt wird. Die lektüresteuernde Funktion der Anmerkungen ist also die Vergegenwärtigung der Sichtweise der Geschichtlichkeit und Andersartigkeit der im Text geschilderten Epoche (vgl. Punkt 3 unseres Modells).
Der Paratext von Castle Rackrent fordert also, nach unserem Gattungsverständnis, den Leser zur Rezeption des Textes als historischen Roman auf (preface/afterword) und unterstützt ihn darin begleitend während der Lektüre (Anmerkungsapparat). Er schafft also gute Voraussetzungen für die Qualifikation des Textes als solcher. Im folgenden Abschnitt soll untersucht werden, ob und inwiefern der eigentliche Text Aspekte des ,,historischen Romans`` enthält.
.3 Aspekte des historischen Romans in Castle Rackrent
Eine entscheidende Problematik bei der Einordnung von Castle Rackrent als historischer Roman ergibt sich, wenn wir uns den historischen Hintergrund, in den die Geschichte der Familie Rackrent eingebunden ist, vor Augen führen. In Abschnitt 2.1 (vor allem S. 11f.) haben wir zeigen können, daß sich der Roman aus historischen Fakten und Fiktion zusammensetzt und sich direkt auf die epochenspezifische geschichtliche Realität bezieht. Sofern wir aber als heutige Leser die doppelte Distanz, einmal zur Entstehungszeit des Romans und dann zur darin geschilderten Epoche, überwinden können, müssen wir feststellen, daß der historische Hintergrund hier, anders als bei Waverley und späteren historischen Romanen, nicht an sich die zeitliche Differenz, die die Gegenwart der Entstehungszeit von einer zu Geschichte gewordenen Vergangenheit deutlich unterscheidet, herstellt (vgl. Punkt 3 unseres Modells). Dies ist das wichtigste Argument, das gegen die Einordnung von Castle Rackrent als historischer Roman im Sinne unseres Gattungsverständnisses (S. 6) spricht.
So wird auch, wie wir noch sehen werden, die Dimension der Andersartigkeit, die im gesamten Paratext betont wurde, im Text selbst, vor allem im größeren Teil, der ``History of Sir Conolly Rackrent'' (S. 38-96), nicht genügend deutlich. Der Einschätzung von Castle Rackrent als historischer Roman steht also entgegen, daß die dargestellte Epoche im Akt ihrer Vergegenwärtigung (vgl. Punkt 5 unseres Modells) ihre historische Dimension einbüßt und ein `` sense of life in the past '' in bezug auf die Gegenwart, i. e. im Sinne des historischen Romans, im Hintergrund bleibt. Zwar läßt der die Rezeption begleitende, von der Dimension der Geschichtlichkeit und Andersartigkeit geprägte paratextuelle Apparat und das in Verbindung damit häufig eingesetzte, distanzschaffende Stilmittel der Ironie, eine Nähe zum realistischen Gesellschaftsroman nicht entstehen, dennoch wird die Möglichkeit, aus der Beziehung historical life -- present life ein Bild eines historischen Zeitalters abzuleiten, verhindert.50 Ina Schabert etwa sieht in dieser Problematik das Hauptargument gegen die Einordnung von Castle Rackrent als historischer Roman:
Von der aufklärerischen Intention der Autorin her ist das Werk mit dem Untertitel ``An Hibernian Tale, Taken from [...] facts[,] and from the manners of the Irish squires, before the year 1782'' ein historischer Roman in dem Sinn, daß eine rückständige Phase in der Entwicklung Irlands illustriert wird, die, wie die Edgeworth glaubt, der Vergangenheit angehört [...] [j]edoch beweisen zeitgenössische und heutige Rezeptionsdokumente, daß die Vergangenheitsdimension dem Leser nicht ausreichend bewußt ist.51
Obwohl dieser Sachverhalt unsere leitende Fragestellung, nämlich ob es sich hier um den ``first fully developed historical novel''52 handelt, bereits zu verneinen scheint, lassen sich im Roman dennoch sowohl auf der Ebene der histoire (S. [*]), als auch des discours (S. [*]) bereits Aspekte des historischen Romans finden.
2.3.1 Der historische Roman als nationaler und regionaler Roman: Gesellschafts- und Milieustudie ( histoire )
Castle Rackrent schildert im Stil einer Chronik (Reihe von Situationsbildern) die private, individualisierte aber unheroische Geschichte der Landadelsfamilie Rackrent. In einer Sequenz von Episoden, die, neben der sinnstiftenden Vermittlerinstanz, vor allem durch ihre Beschreibung des Lebens, der Sitten und dem fortgesetzten Abstieg der verschiedenen Besitzer von Schloß Rackrent53 verbunden sind, schildert Maria Edgeworth eine Epoche in Irland, mit ihren historischen Besonderheiten und charakteristischen nationalen Eigenheiten.54 Die Geschichte wird durch einen in der Zeit der geschilderten Epoche angesiedelten Erzähler, Thady Quirk, der dadurch vor allem unmittelbarer, subjektiver Interpret ist, vermittelt.55
Selbst wenn der historische Hintergrund den Blickwinkel der Geschichtlichkeit und Andersartigkeit im Text nicht direkt herstellt, so wird dieser doch indirekt vor allem vom nationalen und regionalen Unterschied zwischen Irland und England eingebracht: Irland repräsentiert, ähnlich wie Schottland in Waverley, ein früheres Stadium in der geschichtlichen Entwicklung. Anders als bei Waverley jedoch, ist hier dem `` Eglish reader '' keine Vermittlerinstanz, wie die Figur des Engländers und ,,regionalen Exoten`` Waverley, vorgeschaltet, durch dessen Sichtweise als Repräsentant des Lesers bereits eine Andersartigkeit deutlich würde.56
In Castle Rackrent wird dem Leser durch den naiven, irischen Erzähler, dessen ausgeprägte, ironisch und sozialkritisch genutzte Parteilichkeit für die Familie allein eine Art von Andersartigkeit vermitteln könnte, ein viel direkterer Zugang zu einer ihm fremden Welt gewährt. Nur der editor im Paratext vermittelt zusätzlich aus einer ,,englischen Perspektive``.
Ebenso wie der historische Roman ,,als eine vom Bewußtsein der Zeitdifferenz bestimmte Hinwendung zur Geschichte, die mit den Möglichkeiten der Fiktion zur Anschauung gebracht``57 wird, verstanden werden kann, so ist für den nationalen/regionalen Roman einer Maria Edgeworth das Bewußtsein der regional-kulturellen Differenz bedeutend:
Ähnlich wie später bei Scott das schottische Hochland steht das Nicht-Englische, also das irische Milieu, für das Autochthone und belegt die kulturelle Differenz zwischen Einst und Jetzt.58
Diese Differenz ergibt sich zuerst, ähnlich wie bei Waverley, durch die raum-zeitliche Plazierung der Geschichte in einer krisenhaften Situation für die in Irland, i. e. auf dem Land herrschende Klasse. Eine solche Krisensituation erlaubt, wie wir an Waverley sehen, nicht nur die Schilderung der geschichtlichen Veränderungsprozesse und der historischen Bedingtheit menschlicher Existenz, sondern offenbart auch den Charakter einer historischen Periode.59 Alle drei Elemente sind auch in Castle Rackrent in veränderten Ausformungen angelegt, jedoch hat die Krise in der Einzelfallstudie der Rackrents nicht primär historische, sondern vor allem ahistorische Ursachen: zwar basiert das Verhalten des Landadels dieser Zeit auch auf seiner Machtposition, die er durch die Priviligierung der penal laws genießt, doch führt letztlich die Trunk- und Verschwendungssucht von Sir Patrick, der als ``a monument of old Irish hospitality'' (S. 37) bereits nostalgisch verklärt und gewürdigt wird, zum Schuldenberg (S. 11), der von Generation zu Generation vererbt und vermehrt wird (Sir Murtagh: Habgier, Prozeßsucht; Sir Kit: Spielsucht, mißglückte Geldheirat; Sir Condy: Verschwendungssucht, Trunksucht, Ehekrise) und schließlich mit dem Verlust des Guts und dem Untergang der Familie endet.
Auch die über mehrere Generationen reichende, selbstbewußte Darstellung und Fokussierung auf das Landleben60 im allgemeinen mußte um 1800 für den englischen Leser die Perspektive der Andersartigkeit entstehen lassen. Die Beschreibung der ländlichen Bevölkerung, ihrer Sitten und ihrem Leben ist im ersten Teil von Castle Rackrent dominant, ihre Darstellung stellte eine Neuerung im englischen Roman dar:
The informed study of societies which for a century we have called sociology [...] spring[s] from here. It is an aspect of human knowledge which novelists and poets, not historians, inaugurated, and the novels of Maria Edgeworth [...] are decades in advance of the historians in their social concern [...]. This vast literary revolution, which inspired Scott [...], and which informed the historical sensibility of a whole century and more, was set on foot [...] by [...] [Maria Edgeworth].61
Im Teil über Sir Murtagh und Sir Kit vermittelt Thady, aus der Sicht der Unterschichten, die detailliertesten Einblicke in die Lebensgewohnheiten und Gepflogenheiten der irischen Bevölkerung. Geschildert wird das unterwürfige Verhalten (S. 13) und die schlechte, bis zur Vertreibung (S. 21) reichende Behandlung der verarmten Pächter, sowie das Leid der ausbeuterischen Abgaben und Dienste, die diese als `` English tenants '' an die Herrschenden leisten müssen (S. 13f.). Das auf feudalistischen Gewohnheiten beruhende System der Gutsbesitzer in der Protestant Nation äußert sich etwa in der Machtposition Sir Kits, seine jüdische Ehefrau ohne Sanktionen durch die Gesellschaft gefangen halten zu können (S. 29-31), vor allem aber in den, der deutlichen Kritik des impliziten Autors preisgegebenen Folgen seiner Paktiken als absentee landlord, die erneut ahistorisch mit Sir Kits Spielsucht erklärt werden:
Sir Kit Stopgap, my young master, left all to the agent [...]. The agent was one of your middle men, who grind the face of the poor, and can never bear a man with a hat upon his head--he ferretted the tenants out of their lives--not a week without a call for money--drafts upon drafts from Sir Kit--but I laid it all to the fault of the agent; for, says I, what can Sir Kit do with so much cash, and he a single man? but still it went. [S. 20f.]
Andere wichtige nationale Eigenheiten der Landbevölkerung, jeweils betont durch Thadys eigene beschränkte Sichtweise und Verständnis, sind der Aberglaube (S. 16f.), die vielfach vom plot eingebrachten Trauergewohnheiten (S. 11)62 und vor allem der Nationalstolz und die Loyalität zu den Gutsbesitzern, auch wenn diese sie nicht immer korrekt behandeln. Die Darstellung dieser ,,nationalen Tugend`` ist wohl für Maria Edgeworths Castle Rackrent genauso zutreffend wie für die historischen Romane von Sir Walter Scott:
Insbesondere wirkt sich [...] das im erstarkenden Nationalbewußtsein motivierte Bestreben, mittels der Erforschung der Vergangenheit Wesenszüge und Regelhaftigkeiten im Werden der eigenen Volksgemeinschaft zu erschließen, [...] als strukturbildende Kraft aus.63
Im zweiten Teil der `` Memoirs of the Rackrent Family '' steht Sir Condys Schicksal im Zentrum. Er repräsentiert, ähnlich wie der Baron of Bradwardine in Waverley, im Verlauf des zweiten Teils als zugleich historischer und nationaler Typ, immer mehr die (nachlässige) Lebensweise des Landadels, die sich von der fortschrittlichen Geschäftigkeit der Mittelklasse deutlich unterscheidet.64 Doch auch seine Probleme sind größtenteils ahistorischer Natur und selbst historische Elemente, wie seine Abwesenheit von seinem Gut während der Parlamentszeit (S. 60f.) und die Intrigen der zu Wohlstand gelangten Mittelklasse (Jason Quirk, wine-merchant), sind nur eine zusätzliche Quelle für den Niedergang, i. e. nicht aus einem globalen und die Handlung prägenden Geschichtsbild motiviert, sondern das Resultat der Besonderheiten einer bestimmten Region und bestimmter zeitlicher Umstände. Der Einfluß der Geschichte im Sinne einer shaping force (vgl. Punkt 4 unseres Modells auf S. 6) für den plot, ist hier nur sehr rudimentär ausgeformt und tritt durch den zunehmend in die Handlung involvierten Erzähler immer weniger ins Bewußtsein. Das sich im Verlauf des Romans zuungunsten der direct referentiality verändernde Verhältnis von direct und indirect referentiality hat zur Folge, daß der Blickwinkel der Geschichtlichkeit auf eine abgeschlossene Epoche im Roman nicht ausreichend deutlich wird, da ihre historische Andersartigkeit zu wenig thematisiert wird.
Der im letzten Abschnitt des Romans dominante Aufstieg der Mittelklasse wird schließlich symbolisiert an Jason Quirks nutznießerischem und betrügerischem Verhalten (S. 62, 72, 76f., 90). Die Kritik und Ablehnung dieser Entwicklung als sozialer Instabilität wird mit dem statischen Geschichtsbild des Erzählers, das auf der classical épistémè basiert, erklärbar, wenn Thady bemerkt: ``[...] I wash my hands of his doings, and as I have lived so will I die, true and loyal to the family'' (S. 8). Auch der implizite Autor steht der Entwicklung und dem Verhalten Jasons gegen Ende des Romans kritisch und ablehnend gegenüber. Die Sympathielenkung des desillusionierten (S. 96) Erzählers entfernt sich immer mehr von der Geldzentriertheit der jede Aufstiegsmöglichkeit nutzenden Mittelklasse (Jason, Judy) und wendet sich dem verlassenen, die Konsequenzen seines Handelns tragenden und selbstkritisch gewordenen Sir Condy zu:
`[B]rought to this by drink (says he)--where are all the friends?--where's Judy?--Gone, hey?--Aye, Sir Condy has been a fool all his days'--said he, and there was the last word he spoke, and died. He had but a very poor funeral, after all. [S. 96]
Insgesamt stimmt die Ansicht des impliziten Autors mit den nostalgischen Bewahrungsversuchen der ``good old times'' durch den Erzähler überein, doch schafft andererseits die geäußerte Sozialkritik eine insgesamt gespaltene Sicht, die im Geschichtsbild (vgl. Punkt 4 unseres Modells) des Romans deutlich wird: vom aufklärerischen Standpunkt der Autorin her, wird das alte, auf feudalistischen Gewohnheiten beruhende System kritisiert,65 andererseits vom nationalen, patriotischen Standpunkt, das Klassensystem als traditionelle, bewahrenswerte Ordnung dargestellt. Wie schon der letzte Absatz des preface andeutete, ist also irgendeine, auch unvollkommene nationale Identität besser als gar keine (Gefahr der ``cultural alienation''66 ), und oft ließ der ,,einschneidende Wandel in den [...] Lebensverhältnisse[n] die Vergangenheit zu einem kontrastreichen und nicht selten verklärten Orientierungspol werden [...].``67 Dennoch bleibt die Einschätzung im afterword ambivalent, dem Untergang des Hauses Rackrent folgt in den Augen Maria Edgeworths kein besseres System nach.68 Der Roman endet schließlich mit einem Ausblick auf die Zukunft der geschichtlichen Entwicklung, die sich sowohl aus ``history as positive progess'' als auch aus ``history as loss'' zusammensetzen wird.
2.3.2 Der historische Roman und die Vermittlungsinstanz (discours )
Die in Abschnitt 2.3 (S. [*]) angesprochene Problematik der zu wenig expliziten Charakteristika 3 und 5 unseres Modells (S. 6) ist auch auf den discours von Castle Rackrent zurückzuführen. Die Erzählstruktur ist mitverantwortlich für die im Text nicht ausreichend deutlich werdende Sichtweise der historicity, da, anders als in Waverley, Thady als Ich-Erzähler nicht nur beobachtet und kommentiert, sondern vor allem Repräsentant der Alltagswirklichkeit der dargestellten ,,historischen`` Epoche ist. Der persona des Erzählers, die nach eigenen Angaben als einzige Figur ein Vorbild in der empirischen Realität haben soll (R. L. Edgeworths Gutsverwalter John Langan69 ), sind daher die geschilderten Gebräuche und Sitten der Vergangenheit, die dieser selbst miterlebt hat, völlig vertraut,70 ihre Andersartigkeit als der Vergangenheit zugehörend wird daher kaum in retrospektiven Kommentaren thematisiert.
Die Funktionen, die in Waverley also der auktoriale Erzähler im zeitlichen Rahmen (Kap. 1: 1805) und die Figur des Waverley für die Vermittlung an den `` English reader '' übernehmen, muß in Castle Rackrent allein der editor im Paratext leisten. Daher erklärt sich, warum die historische Perspektivierung und Vergangenheitsdimension zumindest im ersten Teil von Castle Rackrent (S. 7-37) noch stärker ausgeprägt ist, da hier der Ich-Erzähler vor allem als nachzeichnendes, seine self-consciousness als fiktiver Biograph betonendes, erzählendes Ich auftritt, während er im zweiten Teil immer mehr zum erlebenden Ich übergeht, wodurch die wichtige Erzählerfunktion der Einbringung der Vergangenheitsdimension verloren geht.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil, außer den bereits angesprochenen paratextuellen Elementen, ist auf der Ebene des discours das ebenfalls die regionale Gebundenheit und Andersartigkeit betonende Stilmittel der umgangssprachlichen und dialektgefärbten Sprechweise. Sie wird in Castle Rackrent erstmals als Medium zur Erzeugung der für den geschilderten Zweck der Erzählung notwendigen Authentizität verwandt, was schon der Herausgeber im preface thematisiert:
[T]he editor [...] had it once in contemplation to translate the language of Thady into plain English; but Thady's idiom is incapable of translation, and besides, the authenticity of his story would have been more exposed to doubt if it were not told in his own characteristic manner. [S. 4]
Thadys Perspektive und Interpretationen ermöglichen auch einen informellen und dialoghaft-intimen Stil der Sprache, der wesentlich zu seiner Glaubwürdigkeit und damit zu der seiner Erzählung beiträgt:
Miss Edgeworth especially succeeds in reproducing all of the striking peculiarities of the Irish dialect, including the quaint diction and idiom and the unusual turns of phrase and sentence structure which make her Irish characters memorable [...] and blend them with the local color of their environment.71
Die Diskussion über das Spannungsfeld zwischen Vermittlungsinstanz und dem Bewußtsein der Vergangenheitsdimension ist jedoch bei der Entscheidung, ob es sich hier um einen historischen Roman handelt, zentral. Ina Schabert etwa charakterisiert in ihrer Typologie den ,,historischen Gesellschaftsroman`` dadurch, daß die ,,Dimension der Nachzeitigkeit indirekt durch einen in bezug auf die erzählte Epoche anachronistischen Erzählstil, direkt aber nur sporadisch durch die Kommentartätigkeit eines in der Entstehungszeit des Romans angesiedelten Erzählers bewußt gemacht wird.``72 Mit Blick auf Thadys Erzählerrolle und Erzählstil (indirekte Vermittlung) können wir Castle Rackrent hier zuordnen, doch fehlt eben wegen der besonderen Vermittlungsinstanz die auktoriale Kommentartätigkeit eines Erzählers aus der Entstehungszeit des Romans. Da der editor auf den Paratext beschränkt ist, ergibt sich die Problematik der fehlenden direkten Vermittlung im Text und das Auseinanderklaffen zwischen der ,,Ästhetik`` des historischen Romans im preface/afterword und der weitgehenden Unmöglichkeit seiner Realisierung im Text selbst. Der erste voll entwickelte historische Roman wird daher, durch die Auflösung dieser Problematik, Sir Walter Scott zugeschrieben:
Scott wird in seinen Romanen über die nahe Vergangenheit, indem er statt des in das historische Geschehen involvierten Ich-Erzählers der Edgeworth einen retrospektiven, zumeist auktorialen Erzähler einsetzt, die Vergangenheitsdimension unübersehbar im Text verankern.73
3 Resümee
Maria Edgeworths Roman bietet ein sehr detailliertes Bild einer geschichtlichen Entwicklung eines raum-zeitlich fixierten Milieus und gesellschaftlichen Systems. Auch wenn wir vor allem im Text selbst, wegen der Abwesenheit wesentlicher Merkmale des historischen Romans nach unserem Gattungsverständnis, die These, es handle sich um den ``first fully developed historical novel'' nicht vollständig unterstützen können, so stellt Castle Rackrent doch einen wesentlichen Fortschritt und wichtigen Referenzpunkt in der Entwicklungsgeschichte der Gattung dar, vor allem auch, weil bereits ein ausgeprägtes historisches Bewußtsein bei der Schilderung und ein eigenständiges Geschichtsbild im paratextuellen Rahmen entfaltet wird. Wir können uns der Ansicht anschließen:
Als Scott Waverley schuf, waren [...] die Elemente des historischen Romans zwar alle vorhanden, doch nirgendwo war das Genre klar ausgeformt -- ``born but not yet licked into shape''.74
Es ist daher durchaus geboten, Castle Rackrent als ,,proto-historischen`` Roman zu bezeichnen, bedenkt man vor allem die große Zahl von Elementen auf textueller und paratextueller Ebene, einschließlich der metahistorischen Thematisierung einer Geschichtskonzeption und der wegweisenden Funktionsbestimmung für den historischen Roman, die hier bereits vorweggenommen sind und sich zu unverzichtbaren Bestandteilen des historischen Romans im späteren 19. Jht. entwickeln. Daß Maria Edgeworth selbst in neueren Studien zum historischen Roman immer noch kaum erwähnt oder mit wenigen Zeilen abgehandelt wird, erscheint vor diesem Hintergrund unverständlich und bedarf einer Revision.
Literatur
1 Baker, Ernest A.: The History of the English Novel, Bd. VI. New York: Barnes & Noble, 1961.
2Borgmeier, Raimund: ,,Das Gattungsmodell: Sir Walter Scott, Waverley (1814)``. In: anglistik & englischunterricht 22. Der historische Roman I: 19. Jahrhundert, 1984, S. 39-55.
3Borgmeier, Raimund und Bernhard Reitz: ,,Einleitung``. In: anglistik & englischunterricht 22. Der historische Roman I: 19. Jahrhundert, 1984, S. 7-37.
4Buck, Gerhard: Die Vorgeschichte des historischen Romans in der modernen englischen Literatur. Band 2 der Reihe Britannica. Hamburg: Friederichsen und de Gruyter, 1931.
5Butler, Marilyn: Maria Edgeworth. A Literary Biography. Oxford: OUP, 1972.
6Cahalan, James M.: Great Hatred, Little Room: The Irish Historical Novel. Dublin: Gill und MacMillan, 1983.
7Davie, Donald: The Heyday of Sir Walter Scott. London: Routledge & Kegan Paul, 1961.
8Drabble, Margaret (Hrsg.): The Oxford Companion to English Literature, 5. Auflage. Oxford: OUP, 1985 u. ö.
9Edgeworth, Maria: The Absentee. Hrsg. von W. J. McCormack und Kim Walker. Oxford: OUP, 1988.
10.Edgeworth, Maria: Castle Rackrent. An Hibernian Tale. Hrsg. von George Watson. Oxford: OUP, 1980.
11.Fleishman, Avrom: The English Historical Novel. Walter Scott to Virginia Woolf. Baltimore und London: Johns Hopkins, 1971.
12.Foucault, Michel: Die Ordnung der Dinge. Frankfurt/M.: S. Fischer, 1974.
13.Genette, Gérard: Paratexte: das Buch vom Beiwerk des Buches. Mit einem Vorwort von Harald Weinrich. Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Frankfurt/M. und New York: Campus, 1989.
14.Gilmour, Robin: ``Regional and Provincial in Victorian Literature''. In: Draper, R. P. (Hrsg.), The Literature of Region and Nation. London: MacMillan, 1989, S. 51-60.
15.Hurst, Michael: Maria Edgeworth and the Public Scene. Intellect, Fine Feeling and Landlordism in the Age of Reform. London: MacMillan, 1969.
16.Lukács, Georg: Der historische Roman. Ost-Berlin: Aufbau-Verlag, 1955.
17.McWhorter Harden, O. Elizabeth: Maria Edgeworth's Art of Prose Fiction. The Hague: Mouton, 1971.
18.Maynard, John: ``Broad Canvas, Narrow Perspective: The Problem of the English Historical Novel in the Nineteenth Century''. In: Buckley, Jerome H. (Hrsg.), The Worlds of Victorian Fiction, Band 6 der Reihe Harvard English Studies. Cambridge: Harvard UP, 1975, S. 237-265.
19Mengel, Ewald: Geschichtsbild und Romankonzeption: Drei Typen des Geschichtsverstehens im Reflex der Form des englischen historischen Romans. Heidelberg: Winter, 1986.
20Müllenbrock, Heinz-Joachim: Der historische Roman des 19. Jahrhunderts. Heidelberg: Winter, 1980.
21Murray, Patrick: Maria Edgeworth. A Study of the Novelist. Cork: Mercier, 1971.
22Schabert, Ina: Der historische Roman in England und Amerika. Band 156 der Reihe Erträge der Forschung. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1981.
23Scott, Sir Walter: Waverley; or, 'Tis Sixty Years Since. Hrsg. von Andrew Hook. London: Penguin, 1985.
24Standop, Ewald und Edgar Mertner: Englische Literaturgeschichte, 5., unveränderte Auflage. Wiesbaden: Quelle & Meyer, 1992.
25Warner, Alan: A Guide to Anglo-Irish Literature. Dublin: Gill und MacMillan, 1981.
26Watson, Roderick: The Literature of Scotland. London: MacMillan, 1984.
27Wolff, Erwin: ,,Sir Walter Scott und Dr. Dryasdust. Zum Problem der Entstehung des historischen Romans im 19. Jahrhundert``. In: Iser, Wolfgang und Fritz Schalk (Hrsg.), Dargestellte Geschichte in der europäischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/M.: Klostermann, 1970, S. 15-32.
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Fußnoten
... English.1
In [8] Margaret Drabble (Hrsg.): The Oxford Companion to English Literature, 5. Auflage. Oxford: OUP 1985 u. ö., S. 176. Paradoxerweise ist im Artikel über Maria Edgeworth selbst (S. 306) die Zuordnung der Adjektive ` fully developed ' und ` true ' vertauscht. Die kuriose Möglichkeit, daß sich die Problematik dieser Untersuchung lediglich auf die irrtümlich falsche Plazierung des Ausdrucks ` fully developed ' im Artikel über Castle Rackrent stützt, wird hier außer acht gelassen. Vgl. für ähnliche Einschätzungen von Castle Rackrent auch die Zitate auf S. 9 (unten) u. 10 in dieser Arbeit.
... Roman.2
``[...] Scott's first novel established a new literary genre. The historical novel properly speaking did not exist before Scott wrote Waverley.'' Aus Andrew Hooks ``Introduction'' zu [23] Sir Walter Scott: Waverley; or 'Tis Sixty Years Since. Hrsg. von Andrew Hook. London: Penguin 1985, S. 9f.
... näher.3
In [16] Georg Lukács: Der historische Roman. Ost-Berlin: Aufbau-Verlag 1955, S. 23f. Gerhard Buck kommt zu dem Ergebnis, ,,daß es eine allmähliche Entwicklung zum wirklichen historischen Roman [...] nie gegeben hat`` und unterscheidet zwischen rein äußerlich ,,historisierenden`` Romanen der Vorgänger Scotts und den historischen Romanen von Scott selbst. Vgl. [4] Gerhard Buck: Die Vorgeschichte des historischen Romans in der modernen englischen Literatur. Hamburg: Friederichsen und de Gruyter 1931, S. 6.
... hatte,4
``[...] I felt that something might be attempted for my own country of the same kind with that which Miss Edgeworth so fortunately achieved for Ireland [...].'' Aus Sir Walter Scotts ``General Preface'' in [23] Scott, S. 523. Scott bezieht sich hier zwar nicht auf Castle Rackrent sondern auf ihren Roman The Absentee (1812), die formale und thematische Verwandtschaft jedoch läßt hier eine Übertragung zu.
... Gattung``5
In [2] Raimund Borgmeier: ,,Das Gattungsmodell: Sir Walter Scott, Waverley (1814)``. In: anglistik & englischunterricht 22. Der historische Roman I: 19. Jahrhundert (1984), S. 39-55, hier S. 39.
... literary.''6
In [10] Maria Edgeworth: Castle Rackrent. An Hibernian Tale. Hrsg. von George Watson. Oxford: OUP 1980.
... novel''7
In [8] Drabble, S. 176.
... Roman``8
Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei oft die Stellung des Genres zwischen Historie und Fiktion: ,,[f]ür die unbefriedigende Forschungssituation ist, nicht anders als für die Gattung selbst, jenes Spannungsverhältnis von Geschichte und Fiktion kennzeichnend, in dem [...] [die hybride Gattung des historischen Romans] steht.`` In [3] Raimund Borgmeier und Bernhard Reitz: ,,Einleitung``. In: anglistik & englischunterricht 22. Der historische Roman I: 19. Jahrhundert (1984), S. 7-37, hier S. 7.
... Genres9
``Both [Lukács and Fleishman] think of the historical novel not as a tight fictional kind with specific requirements but rather as a novel with a peculiarly strong kind of commitment to man's life in history and to the problems of historical thinking themselves.'' In [18] John Maynard: ``Broad Canvas, Narrow Perspective: The Problem of the English Historical Novel in the Nineteenth Century''. In: Jerome H. Buckley (Hrsg.), The Worlds of Victorian Fiction. Cambridge: Harvard UP 1975, S. 237-265, hier S. 239.
... Untersuchung.10
Die Problematik der Gattungsdefinition des historischen Romans ergibt sich auch aus der ,,im Vergleich mit anderen literarischen Textsorten [...] [wenig] ausgeprägte[n] Kohärenz in der Gattungsentwicklung [...].`` In [3] Borgmeier/Reitz, S. 22. Mengel verweist zusätzlich auf die Abhängigkeit von Gattungsverständnis und Geschichte als einem vom jeweiligen Erkenntnissubjekt zu schaffenden ,,Ereignis- und Sinnzusammenhang`` und problematisiert die ,,einseitige Orientierung`` an Sir Walter Scott, die zu unscharfen Verallgemeinerungen abgeleitet aus dem ,,Gattungsmodell`` der Waverley-novels führten. Vgl. [19] Ewald Mengel: Geschichtsbild und Romankonzeption: Drei Typen des Geschichtsverstehens im Reflex der Form des englischen historischen Romans. Heidelberg: Winter 1986, S. 18f.
... Roman:11
Vgl. [8] Drabble, S. 463. Erneut wird hier Castle Rackrent an das Ende der Gattungsentwicklung gestellt. Der Artikel sieht zwar in Waverley eine graduelle Steigerung, stellt aber keinen wirklichen Entwicklungsschritt mehr fest.
... novel''12
In [8] Drabble, S. 176.
... 1782''13
In [10] Edgeworth, Titelblatt auf S. xxxvii.
... erfüllt.14
Erfüllt ist hier lediglich die faktische Forderung, auf das Problem, daß die Vergangenheitsdimension hier nicht ausreichend, im Sinne der middle distance, deutlich wird, wird im Hauptteil eingegangen.
... ,,Minimaldefinitionen``15
,,Ein Roman gilt als `historischer' Roman, wenn er sich auf Geschehen oder Zustände bezieht, die in einer bestimmten, dem Leser bekannten Epoche zu lokalisieren sind. Historisch meint hier demnach `epochenspezifische, kollektiv vorgewußte Wirklichkeit betreffend'. Die dazu erforderlichen außerliterarischen Bezugnahmen im Text sind Angaben von Jahreszahlen, mit Zeitangaben gekoppelte geographische Festlegungen, [optional die] Benennung von Personen, von denen der Leser weiß, daß sie tatsächlich gelebt haben, Hinweise auf authentische Ereignisse.`` In [22] Ina Schabert: Der historische Roman in England und Amerika. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 1981, S. 1.
... aufbauen.16
Vgl. [3] Borgmeier/Reitz, S. 11f.
... nationalen/regionalen17
Robin Gilmour verweist darauf, daß die Entwicklungsgeschichte des regionalen Romans mit den ,,nationalen`` Romanen Irlands (Maria Edgeworth) und Schottlands (Scott) beginnt. Mit Blick auf die Thematik von Castle Rackrent oder Waverley ist der Terminus ,,national`` treffender als nur ,,regional``. Vgl. [14] Robin Gilmour: ``Regional and Provincial in Victorian Literature''. In: R. P. Draper (Hrsg.), The Literature of Region and Nation. London: MacMillan 1989, S. 51-60, hier S. 53.
... ,,historisierenden``18
Vgl. Anm. 3, S. 3.
... Entwicklung.19
Vgl. [3] Borgmeier/Reitz, S. 22f.
... fokussiert,20
Als Fortentwicklungen dieses Typs der ,,Geschichtsbehandlung`` hin zu wirklichem historischen Interesse an der jeweils geschilderten Epoche werden die Romane von Clara Reeve, Ann Radcliffe, Sophia Lee, Jane Porter, Joseph Strutt u. a. genannt.
... wurde.21
Vgl. [20] Heinz-Joachim Müllenbrock: Der historische Roman des 19. Jahrhunderts. Heidelberg: Winter 1980, S. 19f. und [3] Borgmeier/Reitz, S. 15.
... einbrachten.22
Vgl. W. J. McCormacks und Kim Walkers ``Introduction'' zu [9] Maria Edgeworth: The Absentee. Hrsg. von W. J. McCormack und Kim Walker. Oxford: OUP 1988, S. ix.
... [\ldots].``23
In [22] Schabert, S. 102.
... einbringt.24
Vgl. [2] Borgmeier, S. 39.
... [\ldots].``25
In [22] Schabert, S. 35 und 57.
... societies.26
Aus George Watsons ``Introduction'' zu [10] Edgeworth, S. vii.
... antiquarianism]''27
In [11] Avrom Fleishman: The English Historical Novel. Walter Scott to Virginia Woolf. Baltimore und London: Johns Hopkins 1971, S. 22.
... Epoche.28
In [20] Müllenbrock, S. 21.
... Roman,29
Vgl. auch das Zitat aus dem Oxford Companion to English Literature auf S. 3 dieser Arbeit.
... wird.30
In [22] Schabert, S. 1. Vgl. auch: ,,Daß der historische Roman große historische Persönlichkeiten und Ereignisse oder die Sozialgeschichte der kleinen Leute zu gestalten habe, die psychologische Glaubwürdigkeit einer ,,inneren`` oder die eine Epoche konstituierende Kohärenz einer ,,äußeren`` Geschichte [...], dies kann nicht Kriterium einer Definition sein.`` In [3] Borgmeier/Reitz, S. 11.
... event.31
Aus George Watsons ``Introduction'' zu [10] Edgeworth, S. xvii.
... zeichnet.32
In [24] Ewald Standop und Edgar Mertner: Englische Literaturgeschichte, 5., unveränderte Auflage. Wiesbaden: Quelle & Meyer 1992, S. 445.
... Zeitraums:33
Vgl. für den folgenden historischen Abriß u. a. auch [17] O. Elizabeth McWhorter Harden: Maria Edgeworth's Art of Prose Fiction. The Hague: Mouton 1971, S. 44-47.
... übernimmt.34
Vgl. die Einleitung in [13] Gérard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt/M.: Campus 1989.
... unterstützt.35
In [22] Schabert, S. 23.
... S. 4 36
Die folgenden Seitenangaben im Text beziehen sich auf die World's Classics -Ausgabe.
... stellt.37
Vgl. auch Thadys Versicherung: ``As for all I have here set down from memory and hearsay of the family, there's nothing but truth in it from beginning to end, that you may depend upon, for where's the use of telling lies about the things which every body [in Ireland] knows as well as I do?'' (S. 96).
... Independency''.38
Aus George Watsons ``Introduction'' zu [10] Edgeworth, S. xii.
... done''39
Aus George Watsons ``Introduction'' zu [10] Edgeworth, S. x.
... [S. 4f.]40
Vgl. auch für die Sichtweise der historicity: ``There is a time when individuals can bear to be rallied for their past follies and absurdities, after they have acquired new habits and a new consciousness. Nations as well as individuals gradually lose attachment to their identity, and the present generation is amused rather than offended by the ridicule that is thrown upon their ancestors.'' (S. 5).
... honour.41
In [23] Scott, S. 492.
... Systems.42
Vgl. [7] Donald Davie: The Heyday of Sir Walter Scott. London: Routledge & K. Paul 1961, S. 66.
... Vergangenheit43
Vgl. [22] Schabert, S. 96.
... gone''44
In [11] Fleishman, S. 25.
... innovation.45
In [23] Scott, S. 492.
... Europe''.46
Zit. n. George Watsons ``Introduction'' zu [10] Edgeworth, S. ix.
... [\ldots]''47
In [5] Marilyn Butler: Maria Edgeworth. A Literary Biography. Oxford: OUP 1972, S. 355.
... soll.48
Vgl. [13] Genette, S. 305 und 317.
... Ireland.49
In [5] Butler, S. 356.
... verhindert.50
Vgl. hierzu auch das Problem der Vermittlung in Abschnitt 2.3.2 (S. [*]).
... ist.51
In [22] Schabert, S. 102f. Vgl. für ein zeitgenössisches Rezeptionsdokument: [5] Butler, S. 359f.
... novel''52
In [8] Drabble, S. 176.
... Rackrent53
``Indeed, Sir Patrick, Sir Murtagh, Sir Kit, and Sir Condy Rackrent take on a twofold significance: they function as characters in the action of the novel, considered as a work of art, and they are accurate historical transcriptions of a variety of distinctive social types among a gentry which flourished during the latter half of the eighteenth century.'' In [17] McWhorter Harden, S. 47f.
... Eigenheiten.54
,,Maria Edgeworth gelang mit Castle Rackrent (1800) ein Werk, das für das ländliche Irland des 18. Jahrhunderts eine kultur- und wirtschaftsgeschichtlich kenntnisreiche Milieustudie ist.`` In [22] Schabert, S. 102.
... vermittelt.55
Vgl. das preface: ``Several years ago he [Thady] related to the editor the history of the Rackrent family, and it was with some difficulty that he was persuaded to have it committed to writing [...] [due to] his feelings for ` the honor of the family,' as he expressed himself [...].'' (S. 4).
... würde.56
``[Waverley is the] ideal mediating agent between the personal and impersonal: a man primarily concerned with his private affairs, with whom we may feel the usual novel reader's sympathy through identification; yet a man whose somewhat accidental role in the larger events of his time allows him to be a moving lens through which we may view [...] [region and] the different forces at work in the history of his age.'' In [18] Maynard, S. 243.
... gebracht``57
In [3] Borgmeier/Reitz, S. 14.
... Jetzt.58
In [20] Müllenbrock, S. 21. Vgl. auch: ,,[...] [I]n Maria Edgeworths Castle Rackrent [verband sich] das Prinzip der Darstellung des Regionalen mit dem neu aufkommenden Sinn für die historische Periode. Zur räumlichen Distanz trat die Zeitliche, zur Relativität der geographischen Region die Relativität der historischen Periode.`` In [27] Erwin Wolff: ,,Sir Walter Scott und Dr. Dryasdust. Zum Problem der Entstehung des historischen Romans im 19. Jht.``. In: Wolfgang Iser und Fritz Schalk (Hrsg.), Dargestellte Geschichte in der europäischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/M.: Klostermann 1970, S. 15-32, hier S. 19.
... Periode.59
Vgl. [20] Müllenbrock, S. 25.
... Landleben60
Vgl. das preface: ``[Thady] tells the history of the Rackrent family [...] in the full confidence that Sir Patrick, Sir Murtagh, Sir Kit, and Sir Condy Rackrent's affairs, will be as interesting to all the world as they were to himself.'' (S. 4).
... Edgeworth].61
Aus George Watsons ``Introduction'' zu [10] Edgeworth, S. viif.
... (S. 11)62
Vgl. als Beispiel für den (ironischen) Verweis auf die Bewahrung nationaler Identität und Sitten auch: ``Those who value customs in proportion to their antiquity, and nations in proportion to their adherence to ancient customs, will doubtless admire [...] the Irish nation, for persevering in this usage from time immemorial.'' (Glossar S. 102).
... aus.63
In [22] Schabert, S. 93f.
... unterscheidet.64
Vgl. [7] Davie, S. 66.
... kritisiert,65
Maria Edgeworth lehnte das System des landlordism natürlich nicht ab (ihre eigene Familie gehörte zu dieser protestantischen Schicht), doch waren nach ihrem Ideal der absenteeism und die Ausbeutung der Pächter die Grundübel dieses Systems. Für die ausführlichen Bezüge zwischen den Charakteren der Familie Rackrent und Maria Edgeworths eigener Familiengeschichte vgl. [5] Butler, S. 241f.
... alienation''66
Vgl. W. J. McCormacks und Kim Walkers ``Introduction'' zu [9] Edgeworth, S. xlii.
... [\ldots].``67
In [20] Müllenbrock, S. 21.
... nach.68
Maria Edgeworth verzichtet auf ihre sonst übliche moralisierende oder didaktische Ausrichtung: `` Castle Rackrent is the only one of the Irish novels without a happy ending: in the others the events of the story are so arranged that poetic justice is ensured.'' In [21] Patrick Murray: Maria Edgeworth. A Study of the Novelist. Cork: Mercier 1971, S. 54.
... Langan69
Vgl. George Watsons ``Introduction'' zu [10] Edgeworth, S. xi.
... vertraut,70
,,Die Fiktion eine[s] [...] Erzählers, dessen Sprache und Sehweise durch regionale und soziale Bindungen geprägt sind, ist der Milieuschilderung voll zugeordnet.`` In [22] Schabert, S. 102.
... environment.71
In [17] McWhorter Harden, S. 237.
... wird.``72
In [22] Schabert, S. 36.
... verankern.73
In [22] Schabert, S. 103.
... shape''.74
In und zit. n. [22] Schabert, S. 103.
Alexander Huber 2006-01-10
- Arbeit zitieren
- Alexander Huber (Autor:in), 1993, Maria Edgeworth, Castle Rackrent (1800) - "the first fully developed historical novel"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109757