Die Wollbilder der Huichol


Referat (Ausarbeitung), 2003

15 Seiten, Note: gut


Leseprobe


INHALTSANGABE

1. Die Huichol
1.1 Der Lebensraum, das Klima und die Vegetation
1.2 Die Quellenlage
1.3 Wirtschaft und Soziales
1.4 Religion

2. Die Wollbilder
2.1 Die Herstellung
2.1.1 Das Material
2.1.2 Die Technik
2.2 Die Vorläufer
2.3 Entstehung und Entwicklung

3. Motive und Symbole

1. Die Huichol

1.1 Der Lebensraum, das Klima und die Vegetation

Die Huichol sind eine rezente Ethnie in Nordwestmexiko. Sie leben größtenteils in den Bundesstaaten Jalisco und Nayarit am südlichen Ende der Sierra Madre Occidental, vereinzelt findet man sie auch in Durango und Zacatecas sowie in den Großstädten Tepic und Guadalajara (siehe Karte 1). Zur Bevölkerungszahl sind die Aussagen sehr ver- schieden und schwanken zwischen 4000 und 14000 Menschen. Die fünf Huichol- Berggemeinschaften Santa Catarina, San Andrés Cohamiata, San Sebastián, Guadalupe Ocotán und Tuxpan nehmen ein Gebiet von 4107 km2 ein.

Ihr Habitat lässt sich in drei unterschiedliche ökologische Zonen unterteilen:

1. Die dem Gebirgsmassiv vorgelagerte Küstenebene mit sub- tropischer Flora und Fauna, die nur saisonal bewohnt wird.
2. Das steil aus der Küsten- ebene herausragende Vorge- birge welches mit tiefen Schluchten durchzogen ist, in deren Talgrund tropisches Klima herrscht.
3. Das bis auf 3000m hochreichende Gebirgsmassiv welches in östlicher Richtung in das mexikanische Hochland übergeht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es ist eine unwegsame Region. In der Regenzeit von Mai/Juni bis Oktober können sich klein Flüsse zu reißenden Strömen verwandeln die ein passieren unmöglich machen. In den höheren Lagen wachsen vor allem Kiefern und Steineichen, hier kann es auch zu Reif und Frost kommen. Das Tierreich ist natürlich nicht mehr so zahlreich wie es mal war, doch noch immer kann man den rehgroßen sonorischen Hirsch finden sowie Kojoten, Wölfe, Jaguare? (Umgarnte Mythen, 1985 : 13), Pumas, Ozelots, Nabel- und Wildschweine, Hasen, Dachse, Eichhörnchen, Nasenbären, Gürteltiere, usw..

1.2 Quellenlage und Geschichte

Ich möchte an dieser Stelle keinen ausführlichen Überblick zu den Quellen geben, sondern nur ein paar wichtige Autoren nennen.

- Der Norweger Carl Lumholtz hielt sich zwischen 1895 - 1898 bei den Huichol auf. Seine 1900, 1903 und 1904 erschienen Veröffentlichungen geben insbesondere Auskunft über die Symbolik der Huichol Kunst.
- Der Franzose Léon Diguet besuchte die Huichol ebenfalls zwischen 1896 und 1900 und veröffentlichte 1911 einen Artikel zur Sprache der Huichol.
- Der Deutsche Konrad Theodor Preuss verbrachte um die Jahrhundert- wende ein paar Monate in der Sierra Madre Occidental und nahm zwischen 1905 und 1906 an der von der Preußischen Regierung unterstützten >Nayarit-Expetition< teil. Er war einer der ersten der die Religion im Detail aufzeichnete. Unglücklicherweise ist wichtiges Material welches die Huichol betraf dem Krieg zum Opfer gefallen. Deshalb stehen uns nur sehr knappe Artikel (1905, 1906, 1907, 1908, 1932, 1934) zur Verfügung, sowie eine umfangreiche Sammlung der materiellen Kultur, die sich Heute mit 1472 Exponaten im Ethnologischen Museum in Dahlem/Berlin befinden.
- 1933 hielt sich der Deutsche Otto Klingenberg zwei Monate bei den Huichol auf und veröffentlichte einen Bericht über soziales und psychologisches verhalten (1934).
- Evan Vogt (1955) befasste sich mit Akkulturationsprozessen.
- In den nächsten Jahrzehnten wurde vom S ummer Institute of Linguistics systematisch die Sprache der Huichol erforscht (McIntosh, 1945; Grimes, 1959, 1964; Grimes und Grimes, 1962).
- Das Instituto Nacional de Indigenista in Mexiko City ließ von Alfonso Fabila ebenfalls einige Untersuchungen bei den Huichol-Indianern durchführen (1959).
- Ein Überblick findet sich im Handbook of Middle-American Indians, und zwar von Grimes und Hinton (1969).
- In jüngster Zeit stammen die meisten Publikationen zum Thema Religion von Peter, T. Furst und seiner Schülerin Barbara Myerhoff ( Furst, 1967, 1968, 1972, 1978, 1981; Furst/Myerhoff, 1966; Myerhoff, 1970, 1974, 1975a/b, 1978, 1980).
- Phil, C. Weigand (1978) behandelte wirtschaftliche Aspekte.(Straatmann 1988)

Auch die Geschichte werde ich nur anschneiden und die mir wichtigsten Punkte kurz erwähnen. Die Azteken nannten die nördlich von ihnen, als Jäger und Sammler lebenden Stämme, Chichimeken was soviel wie Hundesöhne oder „Barbaren des Nordens“ bedeutet. Es gelang ihnen nicht diese Stämme, die ebenso zur uto-aztekischen Sprachfamilie gehören, in ihr Reich einzubinden. Erst den Spanier gelang es, mit Gewalt, der Mixton-Krieg 1541, und dem Bau von Kirchen, z.b. Acaponeta 1580, in dieser Region einen fremden Einfluss geltend zu machen. Die indianischen Ethnien zogen sich daraufhin weiter in die unwegsamen Berge zurück und sorgten mit Überfällen für ständige Unruhe, bis 1722 mit der Zerstörung des großen Sonnentempels der Cora, einem Nachbarstamm der Huichol, die südliche Sierra Madre Occidental endgültig unterworfen wurde. Der Einfall spanischer Truppen blieb nicht ohne Einfluss auf die Lebens- und Produktionsweise der Indianer. Viehhaltung und ein geringes Maß an Technologie wurden von den Spaniern übernommen. Die Missionstätigkeit der Jesuiten und vor allem der Franziskaner war nicht von großem Erfolg gekrönt.

Während der mexikanischen Revolutionswirren zwischen 1910-1920 kamen die Huichol zwischen die Fronten, Verwüstungen ihres Landes zwangen einige dazu ins westliche Tiefland zu ziehen.

Während dem Cristero-Aufstand 1926, eine Bewegung „antiklerikaler“ Gesetze, führte Uneinigkeit und Zersplitterung unter den Huichol, dazu das es Mestizen gelang sich Weideland anzueignen. Daraus erwuchs ein starkes Misstrauen Fremden gegenüber. Diese neuen Entwicklungen dürften den anderen Regionen Mexikos nicht unähnlich sein und sollen hier kein Thema darstellen.

1.3 Wirtschaft und Soziales

Nicht all zu weit in der Vergangenheit, ich konnte leider keine genauen Angaben finden, waren die Huichol noch Jäger und Sammler, was sich noch in vielen Elementen ihrer Weltanschauung widerspiegelt.

Heutzutage sind sie sesshafte Feldbauern, die nach mesoamerikanischem Vorbild hauptsächlich Mais, Bohnen und Kürbis anbauen. Zusätzlich zum Brandrodungs-feldbau gibt es in geringem Maße Viehwirtschaft sowie, für viele Männer, die ca. 2-3 Monate dauernde Saisonarbeit auf den Plantagen im Tiefland. Die Jagd hat, nach dem starken Rückgang der wildlebenden Tiere, nur noch marginale Bedeutung.

Die Huichol leben in Streusiedlungen ohne eine politische Zentralinstanz. Die kleinste Einheit, der Haushalt, der aus einer Kernfamilie besteht, bildet zusammen mit anderen Haushalten einen rancho, der eine Art Großfamilienverband darstellt.

Mehrere ranchos bilden eine rancheria, deren Mitglieder meist entfernt miteinander verwandt sind, die wiederum einer der fünf Gemeinden[1], den so genannten comunidades, zugeordnet sind. Die comunidades sind autonome Einheiten die natürlich der politischen Struktur Mexikos untergeordnet sind.

Innerhalb einer comunidad existiert eine Art Rat der sich aus einer weltlichen und religiösen Hierarchie zusammensetzt. Beiden übergeordnet ist die Person des gobernadors, der als Mittelpunkt aller zeremoniellen Aktivitäten[2] wie auch der politischen und administrativen Angelegenheiten fungiert. Leider konnte ich in den von mir benutzten Quellen keine Angaben darüber finden, inwieweit sich bei diesem System vorspanische Traditionen erhalten haben.

1.4 Religion

Das alltägliche Leben der Huichol ist auf das engste mit ihrer Religion verknüpft, sämtliche Naturerscheinung sind von göttlichen Mächten beseelt. Somit lässt sich die für uns übliche Unterscheidung zwischen Alltag und Religion nicht treffen.

„Der Austausch zwischen Menschen und Göttern ist ein höchst alltäglicher ritueller Vorgang, in der Sichtweise der Huicholes stehen Götter und Menschen nahe beieinander“(Deimel 2000

Ein wichtiges Element ihrer Religion ist der Schamanismus sowie der große individuelle Freiraum bei der Ausübung ritueller Aktivitäten, und Sinngebung von Mythen und Symbolen. Jeder Haushalt verfügt über eine kleine Kapelle (xiriki) worin Kultobjekte aufbewahrt, die Ahnen verehrt und religiöse Zeremonien abgehalten werden für die das Familienoberhaupt die Verantwortung übernimmt. Der Schamane übernimmt zu seiner Funktion als Heiler und Vermittler zwischen Menschen und Göttern auch priesterlichen Tätigkeiten als Leiter der Zeremonien und Rituale im Jahresablauf der religiösen Ereignisse.

Ihr Pantheon ist bevölkert von einer unzähligen Menge Göttern, so sagte Th. Preuss 1907, das „es viel mehr Götter wie Menschen gibt, und selbst von den Gottheiten mit identischen Namen (…) behaupten sie manchmal, es seien nicht dieselben, denn auch Menschen hätten ja öfters gleiche Namen und seien durchaus nicht dieselben.“ (Preuss, 1908a : 582-604, in: Deimel 2000 : 152) Die Gottheiten sind auf das engste mit Erscheinungen der Natur verknüpft und ich möchte mich damit begnügen die vier wichtigsten auf zuzählen:

- „Unser-Großvater-Feuer“ = Tatewarí, der als der „Alte Gott“ bezeichnet wird und für den Schamanen von besonderer Bedeutung ist da er in der Mythologie der erste Schamane war. Er als Mittler zwischen den anderen Göttern und dem Schamanen, er baute den ersten Tempel und lehrte den Huichol das richtige Verhalten bei religiösen Aktivitäten. Er beschützt die Menschen vor der Missgunst anderer Götter und verleiht dem Schamanen die Fähigkeit verirrte Seelen zurückzuholen. „Tatewarí ist zuständig für das Feuer; er gibt Licht in der Dunkelheit; er wärmt und beschützt.“ (Straatmann, 1988 : 17)
- „Unser-Vater-Sonne“ = Tayaupá, der Sonnengott nimmt in seiner Funktion als Lebensspender eine herausragende Rolle ein, wird aber von Huichol gefürchtet. Denn der Sonnengott kann Unglück und Krankheit über die Menschen bringen. Wenn er der Erde zu nahe käme, was der Feuergott verhindert, würde er die Welt in Brand stecken. Auf den Wollbildern sind ihm meist giftige Schlangen zugeordnet.
- „Unser-Älterer-Bruder-Hirschschwanz“ = Tamatsi-Maxa-Kwaxi-Kauyumari, ohne den Beinamen Kauyumari ist es eine wichtige Gottheit die in Verbindung mit der Jagd, vor allem mit der des Rothirsches, steht. Er wird durch den Rotwildschwanz symbolisiert. Der Beiname steht für einen Halbgott der eine Tricksterfigur[3] darstellt und als Kulturbringer gilt. Er wird durch das Hirschgeweih symbolisiert. Beide Symbole gemeinsam symbolisieren tamata-maxa-kwaxi-kauyumari.
- „Unsere-Mütter,die vielen Wasser-, Mais- und Erdgöttinnen“ = Tateima, ist eine Bezeichnung für die weiblichen Gottheiten insgesamt. Die Hauptgottheit ist „Unsere-Großmutter-Wachstum“ = Nakawé die auch als „Eine-welche -zuerst-kam“ bezeichnet wird. Sie schuf die Welt nach der Sintflut wieder neu. Man bittet sie in ihrem Heiligtum, eine heilige Höhle in der Nähe von Santa Catarina um ein langes Leben, Gesundheit, Kinder und um eine gute Ernte. (Straatmann 1988)

Die große Anzahl von Göttern spiegelt sich auch in der unglaublichen Produktivität von religiösen Symbolen wieder, die als Opfergaben an die Götter zu verstehen sind.

Doch das wichtigste und typischste für die Religion der Huichol ist, die rituelle Verwendung des halluzinogenen Kaktus Lophophora williamsii, Peyote. In der Mythologie des Stammes wird Peyote mit Mais und dem Hirsch identifiziert, diese bilden eine ideelle Einheit der in der Forschung als der Hirsch-Mais-Peyote-Symbolkomplex bezeichnet wird. Diese Symbole spielen in den Ursprungsmythen[4] der Huichol eine immens wichtige Rolle und sind die Triebfeder einer Jährlich stattfindenden Pilgerreise nach Wirikuta[5] den Ort ihres Ursprungs.

Und somit komme ich zum Thema des Kurzreferats, die Wollbilder der Huichol.

2. Die Wollbilder

Die Wollbilder zeigen symbolische und motivische Darstellungen bestimmter Situationen und Rituale der Huichol-Gemeinschaft. Die Symbole sind für einen Huichol leicht zu verstehen, aber für Außen- stehende erklärungsbedürftig, denn komplizierte Rituale werden mit wenigen Elementen dargestellt.

2.1 Herstellung

2.1.1 Material

Man geht davon aus, dass die Huichol die Inspiration zu ihren farbenprächtigen Bildern durch den Peyote Rausch erhalten. Dies ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, doch muss man auch die Frage stellen, wie drückten sie ihre Visionen und Eindrücke aus bevor sie begannen diese Bilder herzustellen ? Das verwendete Material ist neu und stand ihnen vorher nicht zu Verfügung, doch hätte man sicher auch andere weniger Farbintensive Materialien verwenden können um das Gesehene darzustellen.

Zur Herstellung eines Bildes werden drei Dinge benötigt, eine Sperr- oder Hartfaser- platte als Bildträger sowie Wachs und Acrylgarn (früher reine Wolle).

Die Größe der Bilder liegt zwischen 30x30 cm und 100x100 cm, wobei die großen Formate meist Auftragsarbeiten sind und die kleineren den Touristen als Mitbringsel dienen. Die Huichol bevorzugen im Grunde die Hartfaserplatten, weil sie sich nicht krümmen, benutzen aber zur Herstellung von Bildern mit besonders heiligen Symbolen oder Mythen die Sperrholzplatten. Diese werden zwar auch industriell hergestellt, bestehen aber aus dem Holz eines Baumes, und Bäume haben, nach ihrer Auffassung, genau wie Menschen und Tiere eine Seele. (Straatman 1988 : 35)

Das Bienenwachs wird mit Harz und anderen Substanzen vermischt in 1 kg schweren runden Platten verkauft. Die anstatt der Wolle verwendeten Acrylfasern sind besonders beliebt wegen ihrer intensiven Farben die den Visionen wohl ähnlich sind.

2.1.2 Technik

Die Kraft der Sonne erweicht den Wachs der dann in Streifen geschnitten, geknetet und gleichmäßig auf der Platte verteilt. Die Wachschicht muss dick genug sein, ca. 0,5 cm, um die Wollfäden darin „einzubetten“, darf aber nicht zu dick sein damit die Wollfäden nicht in ihr versinken. Nach dem Auftragen der Wachsschicht wird zunächst die Umrandung gelegt, die meistens dreifarbig ist. (Straatmann 1988 : 36) Dann beginnt der Künstler das Motiv zu gestalten, je nach können ritzt er es mit einem spitzen Gegenstand in den Wachs oder beginnt sofort damit die Wollfäden auszulegen. Zuerst werden die Umrisse der Figuren gestaltet und dann die Füllung der Figuren und des Hintergrunds. Diese Arbeit machen oft die Assistenten, Frau oder Kinder, des Künstlers.

2.2 Vorläufer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als Vorläufer gelten so genannte Votivsscheiben oder nearikas/nierikas, Kultgegenstände die symbolische Darstellungen tragen.

Die nearikas sind verschiedener Art, es gibt runde Tafeln aus Stein mit eingemeißelten oder reliefartig erhobenen Symbolen, Täfelchen aus Holz die bemalt oder mit Fäden/Perlen beklebt sind und welche die aus Bambusstäbchen die mit Fäden umwickelt sind.

Das Wort nearika bedeutet so viel wie, „Gesicht“, „Ausdruck“, „Bild“, „innerer Spiegel“ oder Weltspiegel. (Deimel 2000 : 156). Sie sind meist einem bestimmten Gott geweiht und stehen für den jeweiligen Wunsch den man an die Gottheit richtet. Man findet sie in Tempeln, auf Altären und an heiligen Plätzen, wo man sie als Opfergaben ablegt. Die Darstellungen geben ebenso kosmologische Vorstellungen wieder wie die Wollbilder.

Ein weiterer Gegenstand mit solch einer Funktion, sind die Opferschalen aus Kürbisskalebassen, die vornehmlich mit bunten Glasperlen gestaltet werden, die man wie die Fäden in eine Wachsschicht drückt.

2.3 Entstehung und Entwicklung

Die Garnbilder sind keine traditionelle Stammeskunst, sie entstanden in den Vorstädten von Guadalajara um zum Überleben der dort lebenden Huichol beizutragen. Zu Anfang handelte es sich um einfache Darstellungen, ähnlich den nearikas. 1955 wurden von Soto Soria in der Zeitschrift ARTES DE MEXICO NR.7 zwei solcher Wollbilder mit figürlichen Darstellungen veröffentlicht. Doch im Gegensatz zu den nearikas hatten diese frühen zoomorphen Abbildungen rein dekorativen Charakter. Laut Straatmann, gab es 1954 in Mexiko City und 1955 in Guadalajara jeweils eine Ausstellung über die Kunst der Huichol, wo solche Wollbilder zu sehen waren. 1959 kaufte der damalige Direktor des Hamburgischen Museums für Völkerkunde, Franz Termer, insgesamt zehn solcher Wollbilder.

Verkauft wurden die ersten Wollbilder von den Franziskanern in einer Art Museums- geschäft in der Basilika von Zapopan. 1965 wurde der Anthropologe Peter Furst auf die Wollbilder des Schamanen Ramón Medina Silva aufmerksam und nahm mit ihm Kontakt auf. Auf Frusts Anregung hin begann Ramón Medina Silva mit der Darstellung von Mythen und religiösen Praktiken in seinen Wollbildern. Trotz starker Tabus seines Stammes bezüglich der Weitergabe von Informationen religiösen Inhalts, wollte er die Überlieferungen in einer säkularisierten Welt erhalten wissen. So denken auch die meisten der heutigen Künstler. Er war der erste Künstler der Garnbilder in der uns heute vorliegenden Form anfertigte. Furst nannte diese Form der Darstellung „ story-telling-yarn-paintings“. Sie sind eine Quelle des Wissens über die Traditionen, sowie eine finanzielle Einnahmequelle. Es begannen immer mehr Huichol solche Garnbilder herzustellen, so das Ende der sechziger Jahre staatliche mexikanische Institutionen damit begannen Herstellung und Verkauf indianischer Handarbeiten zu fördern. „1967 wurde in Tepic (siehe Karte S.3) von Miguel Palafox Vargas eine Werkstatt gegründet, in der Huichol-Indianer das herstellen von Wollbildern lernten.“(Straatmann 1988 : 33) Aus dieser Werkstatt, in der zwischen 1969 und 1971 José Benitez Sanchez, ein ebenfalls berühmter Künstler, der Leiter war, kamen die meisten der heutigen Huichol-Künstler.

Abnehmer der Garnbilder ist, oder war die staatliche Einkaufsstelle FONART (Fondo Nacional para el Fomento de las Artesenias), sowie das regionale und überregionale Kunstgewerbe, welches die Bilder dann an die ausländischen Touristen weiterverkauft, Kunsthändler, Museen und Galerien. Über den Inhalt der Bilder erfahren aber meist nur die Institutionen sowie wirklich interessierte Touristen, die die Künstler persönlich besuchen, etwas.

3. Motive und Symbole

Die Wollbilder zeigen symbolisch und motivische Darstellungen bestimmter Situationen und Rituale innerhalb der Huichol-Gemeinschaft, also Feste, Opferzeremonien, Götter und andere Situationen die von Bedeutung sind. Es gibt eine Anzahl immer wiederkehrender Symbole, die Grundlage für die Gestaltung verschiedener Themenkomplexe ist. Ich möchte mich damit begnügen drei Symbole zu beschreiben die in der Huichol-Religion als der „ Hirsch-Mais-Peyote-Komplex “ bezeichnet wird, und der in ihr eine ähnlich wichtige Rolle spielt wie im Christentum die heilige Trinität.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Hirsch

Der Hirsch ist das heilige Tier der Huichol, er verwandelte sich im Mythos „Der ersten Jagd“ (s.o.) zu Peyote.

„Die sich um den Hirsch rankenden Vorstellungen, durchziehen wie ein roter Faden die Religion und Welt- anschaung der Huichol - ja sie verleihen diesen erst einen kohärenten Rahmen.“ (Hell 1988 : 81)

Sein Blut ist von immenser Bedeutung für das Wachstum des Maises, man glaubt, dass der Mais erst wachsen könne, wenn man das Blut auf dem Maisfeld geopfert hat. (Hell 1988 : 118) Man streicht es auf die Opfergaben um diese heilig und zu Medien der Verständigung mit den Göttern zu machen, er gibt ihnen die nötige Kraft um die Wünsche der Huichol zu den Göttern zu bringen. Man kann die große Bedeutung des Hirsches mit seiner früheren Rolle als Hauptnahrungsquelle in Verbindung bringen, manche Autoren vermuten, dass der Hirsch einst Mittelpunkt einer voll entwickelten „Jäger-Religion“ gewesen sein muss. (Hell 1988 : 84) Er gilt auch als Zeichen des Verlusts des ehemaligen Lebens als Jäger und Sammler.

Dem Schamanen dient der Hirsch als Schutzgeist und Vermittler zu dem Gott des Feuers, sein Fell dient ihm als Trommelfell usw., man könnte noch viel zu diesem Thema schreiben doch ich will es dabei lassen und zum nächsten Symbol kommen.

Der Mais

Der Mais ist das heutige Haupt- nahrungsmittel der Huichol und ist ebenso präsent in der Glaubens- vorstellung wie der Hirsch. Im Gegensatz zum Hirsch steht er jedoch verbunden mit dem Weiblichen, dem Verletzlichen und dem Schönen. Er gilt als blutsverwandt mit den Kindern, die in Festen bei denen der Mais die Hauptrolle spielt, wichtige Funktionen übernehmen. In der Religion nennt man den Mais tatei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Der Peyote

Dieser halluzinogen wirkende Kaktus gilt als heilig und muss genau wie der Hirsch und der Mais sehr behutsam behandelt werden. Er ist ein Sakrament und wird bei einer jährlich stattfindenden Pilgerreise „der Peyote Jagd“ im heiligen Land wirikuta gesammelt. „Der Peyote ist aber nur heilig, wenn er im „Land seines Ursprungs“ und auf richtige Weise gesammelt wird.“ (Straatmann 1988 : 20) Bei dem „Fest des gerösteten Mais“, ein kurz vor der Regenzeit zelebrierter Ritus zum Wechsel der Jahreszeiten, spielt Peyote eine wichtige Rolle.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ich möchte zum Ende kommen, es gäbe noch einige Symbole zu den ich was schreiben könnte, vor allem zum Schamanen, der als die zentrale Figur in der Huichol-Gesellschaft, in vielen Wollbildern zu finden ist. Auch wenn man die Objekte auf den Bildern kennt, ist es für Außenstehende sehr schwierig die Bedeutung eines Bildes zu erfassen. Somit bleiben sie für uns, wenn eine Erklärung der dargestellten Szene fehlt, ein Geheimnis und ein rein ästhetischer Genuss, für die Huichol aber sind sie Teil ihrer Mythologie und tragen vielleicht dazu bei, dass sie ihre geistigen Schätze bewahren können.

Literatur

- Deimel, Claus : Aus Symbolen eine Welt, die Huichol in Nordwestmexico. In : Deimel. C. und Ruhnau, E. : Jaguar und Schlange, Der Kosmos der Indianer in Mittel- und Südamerika. Hannover, 2000, S. 151 - 168.
- Hell Christina : Hirsch Mais und Peyote in der Konzeption der Huichol. Hohenschäftlarn, 1988.
- Straatmann, Silke : Die Wollbilder der Huichol-Indianer. Marburg/Lahn, 1988.
- Umgarnte Mythen, Ausstellungskatalog, Freiburg, 1985.

[...]


[1] Nach Hell 1988 handelt es sich nur um drei comunidades, Tuxpan und Guadelupe Ocotán sind pueplos, ein Begriff welcher in den von mir Hauptsächlich verwendeten Quellen überhaupt nicht auftaucht

[2] In diesem Zusammenhang ist der kalihuey von Bedeutung, hierbei handelt es sich um einen Gebäudekomplex, bestehend aus einem Tempel mit runden Grundriss (tukì), in dem noch heute alle Ratsversammlungen und Aktivitäten der Zeremonialgruppe stattfinden, und den xirikis, mehreren kleinerern Tempeln, die einzelnen Gottheiten geweiht sind (Lumholtz 1902 : 27, In: Hell 1988 : 12).

[3] Die Tricksterfigur, vor allem in Gestalt eines Kojoten oder Raben, ist eine meistens in Nordamerika vorkommende mythische Gestalt die gegensätzliche Charaktere vereint. Der Begriff wurde 1868 von D.G. Brinton eingeführt worden.

[4] „In ihrem heiligen Wirikuta, welches die Huichol auch als „Land der aufgehenden Sonne“ bezeichnen, wurde in der mythischen Urzeit der Hirsch von den Göttern gejagt und getötet. Das sterbende Tier verwandelte sich in Peyote, und aus seinem Hirschgeweih entstand der Mais. Dieses mythische Ereignis gilt für die Huichol als Beginn des gegenwärtigen Weltzeitalters, und Wirikuta der Ort ihres mythischen Ursprung, ihre paradiesische Heimat“. (Straatman, 1988 : 20)

[5] Wirikuta ist ein kleines Gebirgsmassiv in San Luis Potosi und liegt ca. 400 km entfernt.

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Details

Titel
Die Wollbilder der Huichol
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
Volkskunst in Mexiko und Guatemala
Note
gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V110004
ISBN (eBook)
9783640081820
Dateigröße
2535 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Während des Refarats standen mir mehr Bilder zur Verfügung
Schlagworte
Wollbilder, Huichol, Volkskunst, Mexiko, Guatemala
Arbeit zitieren
Dirk Hassler (Autor:in), 2003, Die Wollbilder der Huichol, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110004

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