Die Stellung des Arztes in der römischen Gesellschaft


Hausarbeit, 2004

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung der Arbeit

1. Einleitung: Vorgehensweise

2. Die Stellung des Arztes in der römischen Gesellschaft - Die bürgerrechtliche Unterscheidung des römischen Mediziners
2.1 Sklaven (servi)
2.2 Freigelassene (liberti)
2.3 Freigeborene (ingenui)
2.4 Freie, nichteingebürgerte Fremde (peregrini)

3. Das Berufsbild Arzt: Ansehen und Einfluss im gesellschaftlichen Wandel
3.1 Die ersten hauptberuflichen Ärzte in Rom
3.2 Die Entwicklung zu Zeiten der Republik
3.3 Die Verbreitung des Arztberufs in der Kaiserzeit
3.3.1 Hofärzte
3.3.2 Gemeindeärzte
3.3.3 Militärärzte

4. Schlussgedanke: Eine Zusammenfassung

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Vorgehensweise

In vorliegender Arbeit soll die gesellschaftliche Stellung des Arztes im antiken Rom behandelt werden. Prämisse einer Abfassung dieses Umfangs zu einer solch umfangreichen Thematik muss dabei die Eingrenzung des Gegenstandes sein. Deshalb wird im Folgenden eine Fokussierung auf die bürgerrechtliche Komponente dieses Berufsstandes erfolgen, sowie eine chronologische Darstellung der historischen Entwicklungen des Arztberufes in Bezug auf dessen Stellung innerhalb der römischen Gesellschaft, was im Besonderen das Ansehen und die Reputation der Ärzte in das Zentrum der Betrachtung bringt.

Aus dem Grund der Fokussierung heraus gesehen ist es offensichtlich, dass im Rahmen dieser Arbeit eine Untersuchung thematisch nahe liegender Komponenten wie beispielsweise des übrigen Medizinalpersonals, das im antiken Rom seinen Dienst verrichtete, genauso wenig berücksichtigt werden kann wie Ausbildung und Arbeitsmethoden, Werkzeuge und rechtsspezifische Bestimmungen zur Ausübung des Arztberufes, auch wenn man davon ausgehen kann, dass jede dieser Komponenten einen immanenten, unterschiedlich stark ausgeprägten und schwer messbaren Einfluss auf die hier behandelte Thematik besitzt. Einen Abriss über die Geschichte der Medizin zu geben ist somit nicht das Ziel der vorliegenden Arbeit. Zudem muss einleitend auch darauf hingewiesen werden, dass die Person des Arztes strikt von der des Heilers getrennt werden muss; letzterer soll an dieser Stelle nicht betrachtet werden.

Die Quellenlage zu Arzt und Gesellschaft im alten Rom stützt sich weitgehend auf epigraphische Zeugnisse der antiken Vergangenheit. Dabei handelt es sich um diejenigen Inschriften, die in den gängigen Korporen und Zeitschriften publiziert worden sind. Daneben wurden speziell für diese Untersuchung das Schrifttum der Naturkunde von Plinius dem Älteren, aus welchem auch das Quellenexempel entnommen wurde, sowie die Viten des Caesar und des Augustus von Sueton und das Werk der Römischen Geschichte von Cassius Dio, beide in deutscher Übersetzung, für die Arbeit zu Rate gezogen.

2. Die Stellung des Arztes in der römischen Gesellschaft - Die bürgerrechtliche Unterscheidung des römischen Mediziners

Bei der Betrachtung der bürgerrechtlichen Einstufung der römischen Ärzteschaft soll im Folgenden der Zivilstand des Arztes, nicht dessen formaljuristische Auswirkungen beleuchtet werden.[1] Dabei soll sich die Betrachtung im Ganzen auf die zu differenzierenden Ärztegruppen der Sklaven (servi medici), der Freigelassenen (liberti), der Freigeborenen (ingenui) sowie der Eingewanderten (peregrini) konzentrieren. Die Kategorie der Mediziner, die von der Geschichtsforschung nicht eindeutig zugeordnet werden können, die incerti, sollen daher nicht erwähnt werden.

Der Arztberuf war weder auf eine bestimmte gesellschaftliche „Klasse“ ausgelegt, noch stellte er ein entscheidendes Kriterium für den Status des Ausübenden dar. Im Gegenteil beeinflusste der individuelle soziale Status die gesellschaftliche Einschätzung dieses Berufes.[2]

2.1. Sklaven (servi)

Dem unfreien Stand der Sklaven kommt im Hinblick auf die Zahl der Mediziner im alten Rom eine beträchtliche Bedeutung zu. Waren sie einerseits nicht die ersten ausgebildeten und praktizierenden Ärzte, so bildeten sie jedoch seit dem 3./2. Jh. v. Chr. zunehmend neben den liberti und peregrini das Medizinalpersonal im Imperium Romanum.[3] Der servus medicus war ein spezifisch römisches Phänomen, denn es gibt keinerlei Indizien dafür, dass in vorrömischer Zeit Sklaven als unabhängig praktizierende Ärzte existierten, weder in griechischer oder hellenistischer Zeit noch in den griechischen Kolonien.[4] Als Sklaven standen Ärzte im Allgemeinen zum freien Verkauf wie alle Sklaven. Auch war es möglich, dass Sklaven zu Ärzten ausgebildet wurden, um deren Verkaufswert zu steigern.[5] Gegen Ende der römischen Republik fand die Ausbildung von Sklaven in einem breiten Spektrum von Berufen immer größer werdende Bedeutung, so dass die Ärzte zahl unter ihnen gerade in dieser Periode stark anwuchs. In den großen Haushaltungen und auf den Latifundien kamen sie in erster Linie zum Einsatz, wo ihnen die Gesundheitspflege der übrigen Sklaven und auch ihrer Herren oblag.[6] Der servus medicus befand sich im Besitz einer familia, welcher er im Allgemeinen ausschließlich zur Verfügung stand. Dagegen fällt dem servus medicus keine eminent wichtige Rolle im Hinblick auf die ärztliche Versorgung der Gesamtbevölkerung zu. Der Grund hierfür ist die Tatsache, dass nur wenige Römer sich einen Sklaven mit spezifischer medizinischer Ausbildung leisten konnten. Der Sklavenarzt tritt somit in erster Linie innerhalb der wohlhabenden, privilegierten Schichten der römischen Gesellschaft auf. Denn diese scheuten oftmals die relativ hohen Kosten der Anschaffung, Ausbildung und Unterhalt nicht, stellte doch das Objekt des medicus servus ein Statussymbol dar, um die eigene Reputation innerhalb der gesellschaftlichen Eliteschichten zu steigern. Besonders die homini novi, zu Geld und Ruhm gekommene Elitemitglieder fanden sich zu derartigen Investitionen veranlasst.[7] So dienten selbst am kaiserlichen Hof Sklavenärzte, so unter der Regentschaft des Augustus oder des Domitian.[8] Im Zuge dieses Kostenaufwandes konnte auch der Sklave selbst durch seine Tätigkeit zu beträchtlichem Vermögen gelangen, sei es durch Gratifikationen seitens der Klienten und Freunde des Herren, oder durch Gratifikationen seitens des dominus selbst, welche formalrechtlich als Leihgaben eingestuft wurden. Verschiedene Beispiele von Sklavenärzten, die in der Lage waren, sich freizukaufen, beweisen, dass es den servi medici dabei nicht selten möglich wurde, sich nach Anhäufung bestimmter Geldsummen freizukaufen und sich so den gesellschaftlichen Status eines liberti zu verschaffen.

2.2 Freigelassene (liberti)

Die Mehrheit der Ärzte bestand sowohl zu republikanischen Zeiten, als auch zu Zeiten des Kaiserreiches aus Sklaven und Freigelassenen.[9] Erst mit dem Rückgang der Anzahl der Sklaven in der Gesellschaft aufgrund wirtschaftlicher Rezession im 3. Jh. n. Chr. sank die Zahl der Sklavenärzte, und in der Folge dazu auch die der Freigelassenen.[10] Jedoch sind prozentuale Schätzungen des Anteils genau wie derer der anderen Statusgruppen aufgrund der unsicheren Quellenlage nicht sehr hilfreich.[11]

War es einem servus medicus gelungen sich freizukaufen, so konnte er sich mit einer eigenen Praxis niederlassen und zu Wohlstand gelangen. Jedoch wurde dies oft dann eingeschränkt, wenn der Freigelassene seinem ehemaligen Besitzer beim Akt seiner Freilassung auf bestimmte Weise verpflichtet war. Denn oftmals musste er seinen Herren und dessen Bekanntenkreis unendgeldliche Behandlung garantieren. Jener hatte oft auch weiterhin das Recht seine Dienste zu leihen, und, war der ehemalige Herr selbst Arzt, so konnte er seinem Freigelassenen verbieten ihm Konkurrenz bei der Ausübung seiner Kunst zu machen.[12]

2.3 Freigeborene (ingenui)

Weitaus weniger zahlreich dürfte demgegenüber die Zahl der Freigeborenen als Ärzte gewesen sein. Doch Plinius’ Behauptung, Bürger wären nicht als Ärzte tätig gewesen[13], kann aufgrund eindeutiger Quellenfunde widerlegt werden. Obwohl Freigeborene oftmals Angehörige von Familien waren, die noch nicht lange eingebürgert waren, gehörten sie juristisch gesehen zur gleichen Gruppe wie alle anderen Freigeborenen. Das ethnische Erscheinungsbild dagegen vermittelte hierbei jedoch einen anderen Eindruck, was die Aussage von Plinius erklärbar macht.[14] Ist eine prozentuale Schätzung des Anteils der freigeborenen römischen Bürger am römischen Ärztestand aufgrund der rudimentären Quellenlage so gut wie unmöglich, so lässt sich doch zumindest die Tatsache, dass freigeborene Römer ritterlichen Standes den Arztberuf innehatten, aus dem vorhandenen Quellenmaterial schließen.[15] Diese dürften jedoch vorzugsweise den Teil der gehobenen, zum Teil rein philosophisch- theoretischen Ärzteschaft gebildet haben, während das Gros der römischen Ärzte zum weniger angesehenen Teil des Arztberufes als Handwerk zählte.[16]

2.4 Freie, nicht eingebürgerte Fremde (peregrini)

In zahlreichen Berufssparten war bereits im 2. und 1. Jh. v. Chr. ein starker Zustrom an ausländischem Personal zu registrieren. Auch das römische Ärztewesen profitierte von dieser Entwicklung. Denn gerade aus den griechischen Gebieten, aber auch aus Kleinasien und Ägypten kamen viele Ärzte in das aufstrebende Rom, um das römische Bürgerrecht mit all seinen unschätzbaren Privilegien zu erlangen. Sie hatten es im Gegensatz zu vielen anderen Einwanderern relativ leicht, in Rom Fuß zu fassen, hatten doch die Römer selbst bis zu dieser Zeit keinen eigenen Berufsstand des Arztes etabliert, und hatten somit trotz stetig vorhandener Kritik ein gesteigertes Interesse an medizinisch geschulten Personal.[17] Ein deutliches Zeichen der Wertschätzung und der Notwendigkeit eines vorhandenen Medizinalpersonals in einer rapide anwachsenden Weltstadt stellt Caesars Verleihung des Bürgerrechts an alle als Ärzte tätigen peregrini [18] dar, genau wie die Ausnahmeregelung unter Kaiser Augustus, der im Zuge einer Hungersnot sämtliche Sklaven und peregrini aus Rom vertrieb, jedoch den Ärzten unter ihnen den weiteren Aufenthalt gestattete.[19] Stellten die peregrini die Weichen für die medizinische Versorgung im 2. und 1. Jh. v. Chr., so schwand ihre Relevanz mit der Verbreitung der Sklavenärzte, auch wenn sie weiterhin recht zahlreich ihrem Beruf nachgingen.[20]

3. Das Berufsbild Arzt: Ansehen und Einfluss im gesellschaftlichen Wandel

3.1 Die ersten hauptberuflichen Ärzte in Rom

„…Cassius Hemina ex antiquissimis auctor est primum e medicis venisse Romam Peloponneso Archagathum Lysaniae filium L.Aemilio M.Livio cos. anno urbis DXXXV,

eique ius Quiritium datum et tabernam in compito Acilio emptam ob id publice. [13] vulnerarium eum fuisse egregium, mireque gratum adventum eius initio, mox a saevitia secandi urendique transisse nomen in carnificem et in taedium artem omnesque

medicos, quod clarissime intellegi potest ex M. Catone, cuius auctoritati triumphus atque censura minimum conferunt; tanto plus in ipso est…“[21]

Mit diesen Worten wird das Auftreten des wahrscheinlich ersten Arztes im alten Rom im Jahre 219 v. Chr. beschrieben. Ob der Grieche Archagatus tatsächlich der erste Arzt in Rom war, oder ob dieser lediglich der erste immigrierte Arzt war, diese Frage kann durch das vorhandene Quellenmaterial nicht zweifelsfrei beantwortet werden.[22] Tatsache dagegen ist, dass selbiger in konservativen Kreisen auf wenig Gegenliebe gestoßen sein dürfte, wie der oben genannte Quellentext verrät. Vor allem die Person des Cato Maior, späterer Quaestor und Konsul, repräsentiert die zum größten Teil polemische Kritik an der griechischen Ärzteschaft. Leitendes Motiv war bei dieser Anfeindung die Angst vor den angeblich römerfeindlichen griechischen Ärzten und deren Geschäftemacherei. Cato, der sich selbst mit Heilkunst befasste, lehnte eine solche entgeltliche Gesundheitsversorgung als moralisch und ethisch unzumutbar ab. Doch obwohl sein Ansehen hoch du sei Einfluss stark war, konnten er und seine konservativen Mitstreiter nicht verhindern, dass sich das griechisch- hellenistische Vorbild auch in der römischen Medizin allmählich durchsetzten.[23]

3.2 Die Entwicklung zu Zeiten der Republik

Die Verwendung von Messer und Brenneisen brachte Archagatos, wie aus Plinius’ Naturgeschichte überliefert, den Beinamen „Schindknecht“ beim römischen Volk ein. An diese und andere Werkzeuge und Methoden gewöhnten sich die Römer, die bis dato überwiegend an religiös- spirituelle Heilkunst gewohnt waren, nur allmählich. Doch als in Rom mit der Eroberung des hellenistischen Ostens immer mehr dessen geistig-kulturelle Einflüsse spürbar wurden, und mit dem Anwachsen der Stadt der Bedarf an Ärzten stetig stieg, konnten selbst Ausweisungen wie in den Jahren 173 und 161 v. Chr. die endgültige gesellschaftliche Etablierung der griechischen Medizin nicht mehr aufhalten. Denn für diese Zeit ist zudem ein markanter Anstieg der Wohlstandsrate im römischen Volk auszumachen. Und somit folglich auch eine steigende Anzahl der Personen, die sich diese medizinische Behandlung leisten konnten. Der Bedarf an Medizinalpersonal stieg, nicht zuletzt auch aufgrund der mit der Herausbildung eines reichen Kaufmannsstandes verbundenen Entstehung eines städtischen Proletariats, das ebenfalls eine Gesundheitsfürsorge benötigte.[24]

So unterschiedlich die sozialen Einsatzgebiete waren, so stark divergierten auch die sozialen Verhältnisse der Ärzte.[25]

Mit dem quantitativen Anstieg kam auch die Qualität der Methoden voran, was wiederum das Ansehen der peregrini, die noch den Hauptanteil der ausgebildeten Ärzte ausmachten, und der Ärzte aus den anderen genannten Statusgruppen verbesserte.[26]

3.3 Die Verbreitung des Arztberufs in der Kaiserzeit

Über die gesellschaftliche Stellung des Arztes während der Kaiserzeit ist zu sagen, dass auch weiterhin sein Einsatzgebiet, sozialer Status, und damit verbunden der Verdienst und das Ansehen des Berufes äußerst heterogen geprägt waren. Durch den kontinuierlichen Anstieg der Anzahl an Medizinern trug er mitentscheidend zur Hellenisierung der römischen Gesellschaft bei, welche während der Kaiserzeit zu ihrem Höhepunkt gelangte. Somit dürfte sich sein Ruf im Allgemeinen verbessert haben, auch wenn dies in erster Linie für diejenigen Ärzte zutraf, die im Dienste der Nobilität standen, und somit auch selbst zu hohem Reichtum kommen konnten.[27]

Im Römischen Recht nahm der Arzt während der Kaiserzeit eine Sonderstellung ein. Exemplarisch dafür ist das Beispiel des Antonius Musa. Als es dem Arzt gelang, Augustus von einer schweren Krankheit zu heilen, wurde er daraufhin mit vielen Ehren ausgestattet.[28] Das Privileg der immunitas, die Steuerbefreiung, soll dabei nicht nur ihm, sondern allen eingebürgerten Ärzten des Reiches gewährt worden sein.[29] Unter der

Herrschaft des Antonius Pius wurde zwar die Zahl der privilegierten Ärzte, die immunitas hatten, begrenzt, sodass der ohnehin schon ausgeprägte soziale Unterschied innerhalb der Ärzteschaft zu einer Einteilung in zwei Gesellschaftsklassen, den privilegierten honestiores einerseits, und den humiliores, den unprivilegierten Gewerbetreibenden andererseits, anwuchs.[30]

Die Ärzte, die in Rom ihrem Beruf nachgingen, waren in voneinenader zu unterscheidende Berufskategorien getrennt, von denen im Folgenden drei exemplarisch kurz dargestellt werden sollen.

3.3.1 Hofärzte

Die Quellenlage, die für diese Epoche am reichhaltigsten ist, gibt Auskunft darüber, dass seit der Installierung des Prinzipats Ärzte am Hofe der Imperatoren und deren Familien im Einsatz waren.[31] Namen wie Antonius Musa, Leibarzt unter Kaiser Augustus, oder Andromachos, der Nero sein Können in Dienst stellte, sind nur zwei Beispiele für zahlreiche Ärzte, deren Namen aufgrund ihrer herausragenden beruflichen und sozialen Stellung überliefert sind. Sie waren aufgrund ihrer Klientel die berühmtesten Vertreter ihres Berufstandes und waren oftmals in größeren Ärztestäben organisiert. Sie genossen in der Regel einen exzellenten Ruf bei Volk wie Adel und brachten so das Ansehen ihres Berufsstandes am meisten voran.

3.3.2 Gemeindeärzte

Der Gemeindearzt nahm eine besondere Stellung innerhalb der städtischen Gesellschaftsteile ein. Seine Tätigkeit wurde von öffentlicher Hand organisiert, was vor allem finanzielle Unterstützung bedeutete. So war der Gemeindearzt im Allgemeinen mit diversen Privilegien wie dem der immunitas ausgestattet.

Die Institution des Gemeindearztes zeigt, dass in den expandierenden Städten des Römischen Reiches die Notwendigkeit einer ärztlichen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung von staatlicher Seite nicht nur gewollt, sondern auch organisiert wurde.[32]

Die Gemeindeärzte standen innerhalb des einfachen Volkes nicht immer in gutem Rufe. Ihr Ansehen litt oft unter abschreckenden Beispielen von Scharlatanerie und Geldschneiderei, und ihre im Vergleich zu den Eliteärzten schlechtere Ausbildung verstärkte dies, so dass weder ihr Ruf noch ihr Einkommen einen Vergleich mit der Elite der römischen Ärzte standhielt.

3.3.3 Militärärzte

Die früheste uns bekannte Erwähnung eines Mediziners bei der Armee finden wir bei Cicero um 48 v. Chr. vor.[33] Mit dem Anwachsen der militärischen Aufgaben im Zuge der territorialen Expansion wurden geschulte Ärzte immer notwendiger. Daher gab es in der Kaiserzeit ein komplexes System medizinischer Organisation,[34] die sich auf alle Sparten des Militärs erstreckte und die hierarchisch strukturiert war. Dabei war der tribunus militum der oberste administrative Beamte in Militärkrankenhäusern. Weitere Kategorien waren der optiones valetudinarii (mit Offiziersrang), deren Untergebene, die valetudinaria, deren Stellung in den verschiedenen Heeresteilen variierte, des weiteren die medici castrenses, gefolgt von den Krankenpflegern, den capsarii. Rekrutiert wurden die Ärzte aus allen sozialen Statusgruppen mit Ausnahme von Sklaven, die generell nicht für das Militär rekrutiert wurden. Die soziale Stellung der Militärärzte dürfte somit von der hierarchischen Einordnung innerhalb des Militärs abgehangen haben.[35]

Nach Ende des Militärdienstes war es den ehemaligen Militärärzten erlaubt, eine zweite, private Karriere einzuschlagen.[36]

4. Schlussgedanke: Eine Zusammenfassung

Die Entwicklung des Arztberufes ähnelt der gesellschaftlichen Progression. Die Zahl der Ärzte stieg mit der Urbanisierung und der Konzentration der Bevölkerung in den Städten, als Rom zur Metropole aufstieg.

Mit der steigenden Nachfrage stellte sich nicht nur eine quantitative Weiterentwicklung ein, es änderte sich auch die Qualität, das Einsatzgebiet und die gesellschaftliche Stellung des Arztes. War die römische Gesellschaft vom Auftreten des ersten griechischen Arztes bis zum Übergang von der Republik zum Prinzipat gerade dem griechisch- hellenistisch geprägten Wesen des Berufsarztes relativ reserviert gegenübergestellt, so durchdrang doch letztendlich dieses Wesen die Gesellschaft, so dass der Arzt eine Institution wurde, in die das Volk mehr und mehr sein Zutrauen legte. Letzteres hing natürlich auch mit den verschiedenen Statusgruppen und den Einsatzgebieten der Ärzte zusammen. Solche, die beispielsweise am kaiserlichen Hof im Dienst standen, genossen einen hervorragenden Ruf und konnten einen immensen Reichtum ansammeln. Anderes galt für den einfachen Arzt, der in Rom, den Provinzen oder im Heereswesen seinen Dienst tat. Die große Majorität der Ärzte bildete den Teil eines Berufsstandes, der von relativ großen Gefällen in Bezug auf Gehaltsgefüge und Sozialprestige geprägt war.

Doch weil der Arzt für die tägliche Gesundheitsversorgung im Imperium Romanum unersetzlich war, nahm der Arzt nicht nur einen wichtigen Teil der römischen Gesellschaft ein, sondern konnte auch insgesamt einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung der Medizin leisten.

Verzeichnis der verwendeten Quellen:

- Cassius Dio, Römische Geschichte, Bd. 4, Bücher 51-60, ed. Otto Veh, Zürich/ München 1986.
- C. Plinius Secundus d. Ä., Naturkunde. Lateinisch- Deutsch. Bücher 29-30. Medizin und Pharmakologie: Heilmittel aus dem Tierreich, ed. Roderich König, Joachim Hopp, München 1991.
- C. Suetonis Tranquillus, Vitae Caesarum – Augustus, ed. André Lambrecht, München 1972.

Verzeichnis der verwendeten Literatur:

- Jacques André, Être médecin à Rome, Paris 1995.
- Karl- Heinz Below, Der Arzt im römischen Recht, München 1953.
- Ralph Jackson, Doctors and Diseases in the Roman Empire, London 1988.
- Jukka Korpela, Das Medizinalpersonal im antiken Rom. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung, Diss. Helsinki 1987.
- Antje Krug, Heilkunst und Heilkult. Medizin in der Antike, München 1993.
- Fridolf Kudlien, Die Stellung des Arztes in der römischen Gesellschaft, Stuttgart 1986.
- Hartmut Matthäus, Der Arzt in römischer Zeit. Literarische Nachrichten- archäologische Denkmäler I. Teil, Schriften des Limesmuseum Aalen Nr. 39, Aalen 1987.
- Vivian Nutton, KP VII, 1975, 1107-1116, s. v. Medizin.
- Michael Viapiano, Die Menschen und ihre Medizin im antiken Rom, Diss. Aachen 1997.

[...]


[1] Vgl. F. Kudlien, Die Stellung des Arztes in der römischen Gesellschaft, Stuttgart 1986, S. 13.

[2] Vgl. ebd., S. 42.

[3] Vgl. K-H. Below, Der Arzt im römischen Recht, München 1953, S. 7.

[4] Vgl. F. Kudlien, Stuttgart 1986, S. 92.

[5] Vgl. J. Korpela, Das Medizinalpersonal im antiken Rom, Helsinki 1987, S. 47.

[6] Vgl. A. Krug, Heilkunst und Heilkult. Medizin in der Antike, München 1993, S. 199.

[7] Vgl. F. Kudlien, Stuttgart 1986, S. 110 f.

[8] Vgl. J. André, Être médecin à Rome, Paris 1995, S. 34.

[9] Vgl. J. Korpela, Helsinki 1987, S. 42 et 58.

[10] Vgl. ebd., S. 112.

[11] Vgl. F. Kudlien, Stuttgart 1986, S. 119.

[12] Vgl. J. André, Paris 1995, S. 35 f.

[13] Plinius nat. hist. 29, 17.

[14] Vgl. J. Korpela, Helsinki 1987, S. 59 f.

[15] Vgl. F. Kudlien, Stuttgart 1986, S. 43.

[16] Vgl. ebd., S. 45.

[17] Vgl. A. Krug, München 1993, S. 200.

[18] Sueton, Iulius 42,1

[19] Sueton, Augustus, 42,3.

[20] Vgl. J. Korpela, Helsinki 1987, S. 38.

[21] Plinius nat. hist. 29, 12sq

[22] Vgl. J. André, Paris 1995, S. 16.

[23] Vgl. M. Viapiano, Aachen 1997, S. 127.

[24] Vgl. J. Korpela, Helsinki 1987, S. 30 f.

[25] Vgl. J. André, Paris 1995 103 ff.

[26] Siehe dazu 2.4. Das zunehmende Wohlwollen auch gerade in den höchsten gesellschaftlichen und politischen Kreisen wird durch die Verleihung des Bürgerrechts durch Caesar besonders deutlich.

[27] Vgl. V. Nutton, KP VII, 1975, 1113, s. v. Medizin.

[28] Cassius Historiarum Romanarum 53, 30, 3.

[29] Vgl. K.-H. Below, München 1953, S. 22.

[30] Vgl. J. Korpela, S. 106.

[31] Vgl. J. André, Paris1995, S. 105 f.

[32] Vgl. H. Matthäus, Der Arzt in römischer Zeit, Aalen 1987, S. 18.

[33] Vgl. R. Jackson, Doctors and Diseases in the Roman Empire, London 1988, S. 119.

[34] Vgl. V. Nutton, KP, 1975, 1114.

[35] Vgl. J. Korpela, Helsinki 1987, S. 108.

[36] Vgl. J. André, Paris 1995, S. 124.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Stellung des Arztes in der römischen Gesellschaft
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Proseminar: Das Privatleben der Römer
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V110221
ISBN (eBook)
9783640083978
Dateigröße
418 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stellung, Arztes, Gesellschaft, Proseminar, Privatleben, Römer
Arbeit zitieren
Christian Körber (Autor:in), 2004, Die Stellung des Arztes in der römischen Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110221

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