Die Eingliederung von Kindersoldaten in ihre jeweilige Gesellschaft. Ein Thema für die internationale Soziale Arbeit.


Hausarbeit, 2006

36 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

1. Einführung in die Thematik
1.1 Definitionen und Abkürzungen
1.2 Überblick über die aktuelle weltweite Situation der Kindersoldaten
1.3 Menschenrechte. Völkerrecht. Kinderrechte

2. Hintergrund Uganda
2.1 Allgemeine Informationen
2.2 Die Ereignisse seit 1986

3. Kindersoldaten
3.1 Rekrutierung
3.2 Tätigkeiten
3.3 Auswirkungen

4. Die Wiedereingliederung in das Zivilleben
4.1 Traditionelle Methoden
4.2 Psychologische Methoden
4.3 Optimierung der Wiedereingliederung ehemaliger Kindersoldaten/ Zusammenwirken der Ansätze S.

5. Schlussfolgerungen
5.1 Folgen für die internationale Soziale Arbeit
5.2 Zusammenfassung und Fazit

6. Literatur

7. Anhang

Einleitung:

Kindersoldaten[1], das heißt Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die in irgendeiner Art und Weise in bewaffneten Konflikten eingesetzt werden, sind kein neues Phänomen. Es gibt bereits aus dem Dreißigjährigen Krieg und dem Mittelalter Berichte über den Einsatz von Kindersoldaten (HAHN 1986, S.38f). Ausführliche Berichte existieren auch über den Einsatz im Zweiten Weltkrieg (v. BUCH 1998, S.107f). Dennoch wurde die Weltöffentlichkeit erst zu Beginn der 1990er Jahre auf diese Problematik, die in Konflikt mit den Menschenrechten steht, aufmerksam, nachdem Bilder von schwer bewaffneten Kindern, die Gräueltaten verübten in den Medien kursierten.

Eine besondere Rolle bei der Kindersoldatenproblematik spielt natürlich auch die Verbreitung und der Einsatz von Kleinwaffen[2]. Kleinwaffen sind mittlerweile so einfach zu bedienen und so leicht zu tragen, dass sie ohne Schwierigkeiten auch von Kindern benutzt werden können (PITTWALD 2004, S.26f). Zudem sind sie die vorherrschende Bewaffnungsart in den heutigen Konflikten und Kriegen; sie sind leicht verfügbar, vergleichsweise günstig und es gibt einen scheinbar unerschöpflichen Nachschub[3]. So stellte Graca Machel 1996 fest: „In Uganda, an AK-47 automatic machine gun can be purchased for the cost of a chicken and, in northern Kenya, it can be bought for the price of a goat” (ebd. 1996, Paragraph 27, S. 10). In den Medien beschränkte sich die Berichterstattung hauptsächlich auf bewaffnete Konflikte in Afrika[4].

In der Tat liegen fast die Hälfte aller Länder, in denen 1998 noch Kindersoldaten kämpften in Afrika (STEUDTNER 2000, S.1). Aus diesem Grund und der in vielen Ländern Afrikas ungünstigen Lebensumstände[5] möchte ich mich in dieser Arbeit exemplarisch mit der Situation der Kindersoldaten in einem afrikanischen Land – Uganda - beschäftigen, da es gerade in Uganda schon sehr lange, in besonders grausamer Weise und immer noch aktuell[6] zum Einsatz von Kindersoldaten kommt.

Erst im August 1996 gab es einen offiziellen Expertenbericht über die Problematik der Kindersoldaten weltweit, der der Vollversammlung der Vereinten Nationen übergeben wurde[7]. Seitdem gab und gibt es zu dieser Thematik zahlreiche Publikationen, Berichte, Dissertationen, etc., hauptsächlich von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO’s), die vor Ort Kindersoldaten bzw. ehemaligen Kindersoldaten durch psychologische Betreuung und verschiedene Reintegrationsmaßnahmen helfen. Um diese Art der Sozialen Arbeit geht es in dieser Ausarbeitung. Wobei ich den Fokus dabei auf die Soziale Arbeit mit Kindersoldaten in Uganda und nicht auf die Arbeit mit geflohenen Kindersoldaten in Deutschland[8] richten werde.

In einem ersten Teil werde ich eine Einführung in die Thematik vornehmen, die neben den begrifflichen Erklärungen auch einen allgemeinen Überblick über das Ausmaß der derzeitigen globalen Problematik der Kindersoldaten sowie eine Zusammenfassung der einschlägigen internationalen Bestimmungen enthält.

In Kapitel 2 werde ich mit einigen Zahlen, Fakten und geschichtlichen Daten den Weg zur heutigen Ausgangslage nachzeichnen, um ein klares Bild der jetzigen Situation in Norduganda wiederzugeben.

Kapitel 3 beschäftigt sich dann mit dem Prozess des Kindersoldat-Werdens und dem Kindersoldat-Sein. Das beinhaltet im Wesentlichen die Punkte Rekrutierung, Tätigkeit als Kindersoldat und die Auswirkungen auf die Kindersoldaten, mit denen wir uns als Pädagogen beschäftigen müssen.

Neben Kapitel 3, stellen Kapitel 4 und 5 den Schwerpunkt dieser Arbeit dar. Es geht in Kapitel 4 um verschiedene (traditionelle und „westliche“[9] ) Methoden zur Wiedereingliederung der ehemaligen Kindersoldaten in das Zivilleben ihrer Familie oder Gemeinschaft und ihre Berührungspunkte, sowie den Erfolg der verschiedenen Methoden.

In Kapitel 5 werde ich die daraus resultierenden Schlussfolgerungen diskutieren und herausstellen, was dies für die internationale Soziale Arbeit bedeutet.

Da diese Arbeit von ihrem Umfang her begrenzt ist, kann ich nicht ausführlich auf einzelne Punkte eingehen und verweise daher in Fußnoten und Literaturangaben auf weiterführende und vertiefende Informationen. Aus demselben Grund beschränke ich mich auf die Vorgänge im Norden Ugandas.

1. Einführung in die Thematik

1.1 Definitionen und Abkürzungen

Kindersoldaten: Es existiert keine völkerrechtlich[10] verbindliche Definition des Begriffs „Kindersoldat“. Mit den Cape Town Principles[11] wurde 1997 jedoch eine Formulierung gefunden, die inzwischen weit verbreitet ist: „Ein Kindersoldat ist jede Person unter 18 Jahren, die Teil jeder Art von regulären oder irregulären bewaffneten Streitkräften oder bewaffneten Gruppen ist. Dabei ist es unerheblich, welche Funktion sie dort ausführt, dies schließt Köche, Träger, Boten und diejenigen ein, die solche Gruppen begleiten, es sei denn, es handelt sich um Familienmitglieder. Auch Mädchen, die für sexuelle Zwecke oder erzwungene Heiraten rekrutiert werden, sind eingeschlossen. Eine Beschränkung auf Kinder, die Waffen tragen oder Waffen getragen haben ist daher ausgeschlossen“ (TERRE DES HOMMES 2003, S.6).

Diese Definition unterscheidet nicht zwischen einer Zwangsrekrutierung und einer freiwilligen Rekrutierung, zwischen der Art der bewaffneten Einheit (staatliche Armee oder Rebellen[12] ) und zwischen den verschiedenartigsten Tätigkeiten als Kindersoldat. Aus diesem Grund scheint mir diese Definition für die vorliegende wissenschaftliche Arbeit besonders geeignet.

Trauma: Der Begriff „Trauma“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Verletzung“ oder „Wunde“. Im körperlich-physischen Sinne ist der Begriff jedoch immer unklar definiert (ESSIOMLE 2005, S.9).

Trauma wird im psychologischen Sinn als seelische Verletzung verstanden und zwar „als ein unangenehmer Spannungszustand zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, der mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt“ (FISCHER/RIEDESSER 1999, S.79). Der Begriff Trauma ist dabei eine nachträgliche Beschreibung einer psychologischen Krise, wenn diese dysfunktional gelöst bzw. verarbeitet wurde. Manche Ereignisse, wie z.B. Folter, sind für nahezu alle Personen traumatisch, aber die meisten Ereignisse kann man erst im Nachhinein so bezeichnen, wenn man sich die Folgen für den Einzelnen betrachtet[13].

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)/Posttraumatic Stress Disorder(PTSD): Nach dem DSM-IV[14] besteht das Störungsbild der PTBS im Wesentlichen aus drei Symptombereichen: dem Wiedererleben des Traumas (z.B. Flashbacks, Alpträume), dem Vermeiden traumarelevanter Reize (z.B. das Phänomen, sich an Teile des Erlebnisses nicht erinnern zu können oder bestimmte Orte und Situationen zu vermeiden) und den Symptomen eines erhöhten Erregungsniveaus (z.B. Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme). Die Symptomatik muss einem traumatischen Ereignis folgen, das z.B. zur Verletzung oder zum Tod von Menschen führte und bei der betroffenen Person Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen auslöste. Es wird erst dann von einer PTBS gesprochen, wenn diese Symptomatik länger als einen Monat andauert. Zusätzlich kann zwischen einer akuten und einer chronischen Form unterschieden werden. Bei der akuten PTBS treten die Symptome bis zu drei Monate lang auf, bei der chronischen länger als drei Monate. Die Störung muss eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität beim Betroffenen auslösen[15].

Disarmament, Demobilization, Reintegration (DDR): Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration sind die Bestandteile der sogenannten DDR-Programme, die zur Rehabilitation und sozialen Wiedereingliederung der Kindersoldaten führen sollen. Im Einzelnen versteht man darunter:

Entwaffnung/Disarmament: Das Einsammeln von Waffen innerhalb eines Konfliktgebietes, einschließlich eines Programms zur sicheren Lagerung und weiteren Verwendung der Waffen, bzw. deren Zerstörung. Unter Umständen fallen auch Minenräumprogramme unter den Aspekt Entwaffnung (FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG 2003, S.10f).

Demobilisierung/Demobilization: Der Prozess, innerhalb dessen die Konfliktparteien ihre militärischen Strukturen auflösen und die Rückkehr der Soldaten ins zivile Leben beginnt (FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG 2003, S.11). Man kann von einer Art offiziellen Entlassung aus dem Militärdienst sprechen.

Reintegration: Reintegration beschreibt den längerfristigen Prozess, der es den ehemaligen Kämpfern und ihren Familien erlaubt, sich wirtschaftlich und sozial in ein ziviles Leben einzufügen (FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG 2003, S.11). Der Begriff Reintegration wird in dieser Arbeit synonym zum Begriff Wiedereingliederung verwendet.

Nachfolgend führe ich einige Abkürzungen mit ihren Bedeutungen auf, die für diese Arbeit relevant sind und in ihrem Verlauf auftauchen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2 Überblick über die aktuelle weltweite Situation der Kindersoldaten

Laut verschiedenen Schätzungen beläuft sich die Zahl der aktiven Kindersoldaten[16] seit Jahren auf etwa 300.000 bis 500.000. Genaue Zahlen gibt es nicht, da es zum einen in vielen Ländern keine Geburtenregistrierung gibt, d.h. oftmals kann das Alter der betroffenen Personen nur geschätzt werden. Zum anderen werden Kindersoldaten größtenteils in nicht-regulären, d.h. nicht-staatlichen militärischen Einheiten eingesetzt, in denen es keine offizielle Registrierung gibt. Die Schätzungen beziehen sich auf Berichte zahlreicher Hilfs-organisationen[17].

Zwischen 2001 und 2004 gab es weltweit bewaffnete Auseinandersetzungen unter Beteiligung von Kindern[18]. Wie schon erwähnt, wird der größere Teil der Kindersoldaten von nicht-staatlichen militärischen Einheiten eingesetzt. Dennoch gab und gibt es auch Regierungen, die Kinder in bewaffneten Konflikten einsetzen. Dazu gehören: Burundi, DRC, Elfenbeinküste, Guinea, Liberia, Myanmar, Ruanda, Sudan, Uganda und die USA. Des Weiteren werden weltweit z.B. in Somalia, im Sudan oder in Kolumbien paramilitärische Gruppen und Milizen, die Minderjährige einsetzen von Regierungen unterstützt. Ebenso brisant ist es, dass Regierungstruppen und Behörden Kinder als Informanten, Späher oder Kollaborateure einsetzen, dies geschieht unter anderem in Israel, Indonesien und Nepal.

Weibliche Kinder und Jugendliche werden in den meisten Konflikten gleichermaßen einbezogen wie männliche Kinder und Jugendliche. Auch sie werden für verschiedene Tätigkeiten, auch an der Waffe, eingesetzt. Darüber hinaus besteht die besondere Problematik der sexuellen Ausbeutung der Kindersoldatinnen, die gerade in Norduganda sehr dramatisch ist[19].

1.3 Menschenrechte. Völkerrecht. Kinderrechte.

In diesem Unterkapitel geht es um nationale und internationale Bestimmungen hinsichtlich der Rekrutierung von Soldaten. Bezüglich der Rekrutierung von Kindern, also unter 18-jährigen Personen, gibt es völkerrechtliche Bestimmungen, die sowohl auf den Menschen-rechten[20] als auch auf den Kinderrechten[21] basieren. Prinzipiell gelten alle Menschenrechte auch für Kinder, jedoch kam es erst 1989 zu einer UN-Konvention über die Rechte des Kindes, in der es erstmals auch um ein Mindestalter für die Rekrutierung und den Kampf-einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten geht (SPITZER 1999, S. 14).

Dieses völkervertragsrechtliche Menschenrechtsdokument[22] (LENHART 2003, S.137) definiert in Artikel 1: „Im Sinne dieser Konvention ist ein Kind jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendende Recht nicht früher eintritt.“[23] Mit Ausnahmen der USA und Somalia sind alle Staaten der Konvention beigetreten, haben sie ratifiziert und unterliegen somit den darin völkerrechtlich festgelegten Bestimmungen[24] ( SPITZER 1999, S.14). In Artikel 38[25] wendet sich die Konvention dem Mindestalter für die Rekrutierung und den Kampfeinsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten zu. Das Mindestalter wird hier paradoxerweise mit 15 Jahren festgelegt, so dass Brett 1998 zurecht fragte: „Warum (…) genießen Minderjährige besonderen Schutz vor der Todesstrafe, vor lebenslänglichen Gefängnisstrafen und vor gefährlichen Arbeiten, wenn man sie zugleich für die Art von Arbeit einsetzen darf, die man nach allen vernünftigen Kriterien als die beiweitem gefährlichste einstufen muss?“(ebd., S. 46). Seit der Kinderrechtskonvention von 1989 ist es auf internationalen Druck hin zu einigen weiterführenden Beschlüssen und Vereinbarungen gekommen. Die Wichtigsten fasse ich hier zusammen:

- 1993 verabschiedete die Generalversammlung der UN die Resolution „Protection of Children affected by Armed Conflicts“[26], welche zur Ernennung von Graca Machel, als unabhängige Expertin[27] führte.
- 1996 empfahl die Generalversammlung der UN als Reaktion auf den Machel-Report die Ernennung eines Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Kinder in bewaffneten Konflikten[28] (FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG 2003, S.12).
- 1997 wurde daraufhin der ehemalige Außenminister Ugandas, Olara A. Otumnu für diesen Posten ernannt[29].
- 1998 wurde das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs beschlossen, welches es diesem ermöglicht, wenigstens die Rekrutierung von unter 15-jährigen Personen als Kriegsverbrechen zu ahnden[30].
- 1999 gab es eine erste Resolution des UN-Sicherheitsrats[31].
- Ebenfalls 1999 verabschiedete die International Labour Organization (ILO) die Konvention Nr. 182[32] über „das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit“, in der die Tätigkeit als Kindersoldat als eine der schlimmsten Formen der Kinderarbeit bezeichnet wird.
- 2000 wurde ein Fakultativprotokoll[33] zur Kinderrechtskonvention von 1989, das die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten neu regeln sollte (PITTWALD 2004, S.41) von der UN-Generalversammlung verabschiedet[34].

Das Ergebnis ist wie so oft nur ein fauler Kompromiss, der kein generelles Verbot der direkten Teilnahme von Kindern an Kampfhandlungen vereinbarte. So gilt zwar ein Rekrutierungsverbot von Minderjährigen für so genannte Non-State-Actors, für reguläre Streitkräfte besteht aber weiterhin die Möglichkeit, Minderjährige, die sich freiwillig melden, für den Krieg zu schulen[35].

Es gibt also völkerrechtliche Bestimmungen, welche die Rekrutierung von Kindern als Soldaten verhindern sollen. Leider sind diese Bestimmungen oft sehr uneindeutig formuliert, nicht wirklich verpflichtend oder es fehlt an Kontrollmechanismen. Die Bestimmungen müssen ebenfalls erst jeweils mit nationalem Recht abgestimmt werden.

Gerade auf diesem Gebiet müssen weitere Fortschritte erzielt werden.

2. Hintergrund Uganda

2.1 Allgemeine Informationen

Die Republik Uganda, von Winston Churchill einst als die „Perle Afrikas“ bezeichnet, liegt in der Region der großen Seen, direkt am Viktoriasee[36] (SAX 1999, S. 224). Das Land hat eine Fläche von 236.000 qkm und eine Einwohnerzahl von 24,7 Mio.[37]. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung beträgt 14,97 Jahre und 50,1% der Bevölkerung sind unter 15 Jahren. Derzeit leben 18 verschiedene afrikanische Ethnien neben wenigen nicht-afrikanischen Minderheiten in Uganda. Die größte dieser Volksgruppen ist das Volk der Baganda mit rund 17% Bevölkerungsanteil. Für diese Arbeit relevanter sind jedoch die Völker der Acholi mit 4% und der Langi mit 6%[38] Bevölkerungsanteil, die in der Geschichte Ugandas vor 1986 eine entscheidende Rolle einnehmen. Die Acholi und die Langi bildeten bereits unter der britischen Kolonialverwaltung den Großteil der Armee und der Polizei. Unter der Herrschaft von Milton Obote[39] (1966-1971; 1979-1985)[40] waren besonders die Acholi für begangene Gräueltaten an bis zu 300.000 Menschen verantwortlich. Der kriegerische Konflikt, der sich auf den Norden Ugandas beschränkt, dauert bereits seit 1986 an (SPITZER 1999, S. 44), seit der Führer der damaligen Guerillabewegung NRA, Yoweri Museveni[41], als Staatspräsident vereidigt wurde. In Folge der letzten zwei Jahrzehnte gab und gibt es über 1,7 Mio. Binnenflüchtlinge und über 25.000 durch die LRA entführte Kinder, die zu Kindersoldaten gemacht oder getötet wurden. Diese Entführungen finden weiterhin statt. Ca. 40.000 Kinder „wandern“ jeden Abend in bewachte Camps oder Stadtzentren, um nicht entführt zu werden. Jede Woche sterben 1.000 Zivilisten an den Folgen des Krieges und über 300.000 vertriebene Kinder unter 5 Jahren leiden an vermeidbaren Krankheiten, wie Malaria oder Lungen-entzündung[42].

2.2 Die Ereignisse seit 1986

Mit dem Amtsantritt Musevenis bildeten sich verschiedene Widerstandbewegungen, vor allem in Norduganda, im „Acholi-Land“ (so werden die Distrikte Gulu und Kitgum bezeichnet), die durch fortwährende Kampfhandlungen mit der NRA die nördlichen Gebiete Ugandas vom Rest des Landes isoliert haben. Die wohl wichtigste dieser Bewegungen war das Holy Spirit Movement (HSM), von einer jungen Acholi namens Alice Auma gegründet, die laut eigenen Angaben auf Geheiß verschiedener Geister handelte. Das HSM war eine sehr spirituelle und gewaltfreie Bewegung, die große Unterstützung aus der Bevölkerung Nordugandas erhielt.

Nach dem das HSM jedoch 1987 entschieden von der NRA geschlagen wurde und Alice Auma nach Kenia flüchtete, formierte sich eine neue Oppositionsbewegung. Der Gründer war Joseph Kony[43], ein angeblicher Verwandter von Alice Auma (SAX 1999, S. 228). Die Bewegung hieß zunächst Lord’s Salvation Army, bevor Kony sie 1992 in Lord’s Resistance Army (LRA) umbenannte. Im Gegensatz zum HSM führte die LRA von Anfang an einen klassischen militärischen Guerillakrieg (SPITZER 1999, S, 48). Es gibt momentan noch einige weitere Rebellen- oder Oppositionsgruppen, jedoch ist die LRA die größte, brutalste und einzige von der bekannt ist, dass sie in hohem Maße Kindersoldaten einsetzt.

Joseph Kony nimmt für sich in Anspruch vom Heiligen Geist geleitet zu sein. Die Ideologie der LRA, sofern man davon sprechen kann, ist schwierig zu verstehen. Das offizielle Manifest der LRA, das Kony proklamierte, besagt nur, dass sie Präsident Museveni besiegen und das Land auf der Basis der biblischen zehn Gebote regieren wollen.

Ansonsten bleibt die Philosophie der LRA sehr unklar. Die Elemente des Glaubens beinhalten neben einem christlichen Fundament auch Teile der ursprünglichen Acholi-Religion und des Islam[44]. Die LRA kämpft sowohl gegen die Regierungsarmee als auch gegen die Zivilbevölkerung. Kony versuchte die verloren gegangene Unterstützung der Bevölkerung durch systematischen Terror, Gewalt, Druck und Einschüchterung zurückzuerlangen und bediente sich dazu menschenverachtender Methoden[45]. Bereits seit Ende der 1980er Jahre kidnappte Kony immer wieder Studenten, Frauen und Männer und zwang sie, für ihn zu arbeiten. 1994 scheiterten Verhandlungen zwischen der Regierung und der LRA, woraufhin sich die Auseinandersetzungen verschärften. Hinzu kam ein so genannter Stellvertreterkrieg zwischen Uganda und dem Sudan, wobei Uganda die Sudan People’s Liberation Army (SPLA) im Südsudan unterstützt, die das islamische Regime im Sudan stürzen möchte. Und der Sudan unterstützt, neben anderen Rebellengruppen auch die LRA, in dem neben materieller und finanzieller Hilfe auch Rückzugsgebiete im Südsudan geboten werden.

In den letzten drei Jahren hat sich die Situation für Kinder in Norduganda dramatisch verschlimmert. Verschleppungen, Rekrutierungen und sexuelle Gewalt gegen Kinder durch die LRA eskalierten zwischen 2002 und 2004: Schätzungsweise 20.000 Kinder wurden von der LRA verschleppt, davon fast 10.000 alleine Mitte 2002 (DEUTSCHE KOORDINATION KINDERSOLDATEN 2004, S.22).

In weitaus geringerem Maße, aber ebenso menschenverachtend werden Kinder von durch die Regierung organisierten Milizen gegen die LRA eingesetzt (DEUTSCHE KOORDINATION KINDERSOLDATEN 2004, S.9).

3. Kindersoldaten

Im Norden Ugandas müssen wir also von einer sehr hohen Zahl von Kindersoldaten ausgehen. In diesem Kapitel werde ich die Umstände der Rekrutierung, die Tätigkeiten als Kindersoldat und die daraus folgenden Auswirkungen auf die von der LRA benutzten Kinder beschreiben.

3.1 Rekrutierung

Unter Rekrutierung versteht man die Beschaffung von neuen „Nachwuchs“-Soldaten.

Darunter fallen die Kategorien Wehrpflicht, Zwangsrekrutierung, freiwillige und induzierte[46] Meldung zur Armee oder der bewaffneten Oppositionsgruppe (BRETT/MCCALLIN 2001, S. 37). Darüber hinaus gibt es verschiedene Motivationen und Gründe für die Rekrutierung Minderjähriger.

Die Wehrpflicht ist die eindeutigste der Rekrutierungskategorien und besteht in der rechtlichen Verpflichtung aller Bürger eines Landes, für eine festgelegte Zeitspanne Militärdienst zu leisten, wenn sie Träger eindeutig definierter persönlicher Eigenschaften sind. Die meisten Staaten, in denen es eine Wehrpflicht gibt, rekrutieren ihre Soldaten ab dem 18. Lebensjahr, einige Länder ziehen jedoch legal[47] unter 18-jährige zum Wehrdienst ein[48]. In den meisten Ländern, in denen es eine Wehrpflicht gibt, darunter auch Deutschland, ist es dennoch möglich, dass Personen unter 18 Jahren, die sich freiwillig zum Wehrdienst melden, auch eingezogen werden. In Uganda besteht zurzeit keine Wehrpflicht, daher konzentriere ich mich auf die anderen Rekrutierungskategorien.

Die Rekrutierung von Freiwilligen und induzierte Rekrutierungen kann man, gerade in Krisenregionen, nicht scharf voneinander trennen. Obwohl viele der Kindersoldaten weltweit sich formal betrachtet freiwillig für militärische Aktivitäten entschieden haben, bleibt fraglich, ob es sich wirklich um ihren freien Willen handelt, da gerade in Krisenregionen viele indirekte Zwangsmechanismen eine Rolle spielen können. So stellen in einigen Konflikten[49] kulturelle Gründe einen ernst zu nehmenden Faktor dar. Wenn z.B. das Militär oder kriegerische Aktivitäten in einer Gesellschaft glorifiziert werden, wird es als lobenswert erachtet, auch als Kind schon in die militärischen Aktivitäten eingebunden zu sein (BRETT/MCCALLIN 2001, S. 52). Prestige, Macht und Autorität über andere und die Attraktivität von Waffen und Uniformen stellen dabei einen nicht zu vernachlässigenden Reiz dar.

Ein weiterer „guter“ Grund zur freiwilligen Meldung ist die Suche nach Schutz vor den „gegnerischen“ Streitkräften, bzw. das Verlangen nach Vergeltung gegen eine der Konfliktparteien. Wobei der Racheaspekt bei Kindern eher selten anzutreffen ist (BRETT/MCCALLIN 2001, S. 55). Ideologische Überzeugungen, die oftmals mit einer sehr rigiden, in Gut und Böse aufgeteilten Weltsicht einhergehen, können auch einen starken Anlass zur freiwilligen Meldung darstellen. Dies trifft besonders oft dort zu, wo religiöse oder ethnische Konflikte ausgetragen werden.

Ebenso triftige wie häufige Ursachen, sich freiwillig zu melden, stellen ökonomische und soziale Gründe dar. Die Hoffnung auf Überleben, die elementare Ernährung der Familie sichern, schlicht der Arbeitslosigkeit und der Armut entgehen, ist wohl der simpelste Grund für Kinder, sich freiwillig einer bewaffneten Einheit anzuschließen.

Die Form der Zwangsrekrutierung wird prinzipiell sowohl von Regierungen als auch von oppositionellen Truppen verwendet, wenngleich solch ein Vorgehen von Regierungen seltener zu beobachten ist. Im Falle der LRA in Norduganda ist die Zwangsrekrutierung die „übliche“ Vorgehensweise. Die Zwangsrekrutierungen sind vor allem eine Reaktion auf einen Mangel an Soldaten[50], oder taktische Maßnahmen, nach dem Motto: „Bevor der Feind sie rekrutiert, tun wir das“. Joseph Kony nutzt diese Möglichkeit, um seine Truppenstärke zu erhalten und bedient sich dabei grausamster Methoden. Die LRA entführt bei regelrechten Überfällen[51] alle Kinder (Jungen und Mädchen), die sie in die Hände bekommen. Wer sich weigert wird sofort getötet[52]. Im Lager der LRA angekommen werden die Mädchen auf ältere Offiziere verteilt und für die Jungen beginnt ein menschenverachtendes militärisches Training.

Ganz allgemeine Gründe, oder Vorteile, die sich Personen wie Joseph Kony von der Rekrutierung Minderjähriger versprechen, sind die hohe Beeinflussbarkeit und Manipulierbarkeit, sowie der fehlende Widerstand der Kinder. Sie sind sich oftmals nicht des Wertes ihres Lebens und des Lebens anderer bewusst. Für Kinder kann der Krieg somit schnell den Charakter eines „Spiels“ annehmen, was zur Folge hat, dass das Vorgehen im Kampf umso rücksichtsloser und grausamer sein kann.

Die unfertige Persönlichkeitsstruktur von Kindern und Jugendlichen ermöglicht es den Militärs, die Kinder durch Herauslösung aus ihrem gewohnten Umfeld, durch Einschüchterung, Gewalt und gnadenlosen Drill, zu verlässlichen Kämpfern zu machen, die ebenso rücksichtslos bereit sind, für die Ziele anderer zu töten oder selbst getötet zu werden.

Aber auch ganz banale ökonomische Überlegungen zählen zu den Hauptgründen, Kinder zu rekrutieren: sie sind billige Soldaten, essen weniger, bekommen in der Regel keinen Sold, benötigen keine anspruchsvolle Unterbringung und stellen keinerlei Ansprüche (PITTWALD 2004, S.21).

3.2 Tätigkeiten

Kindersoldaten werden auch in der LRA zu verschiedenen Tätigkeiten eingesetzt. Je nach Alter, Geschlecht und Dauer der Gefangenschaft. Die neu entführten Kinder werden auf Kleingruppen mit familienähnlicher Struktur verteilt. Ein erwachsener Kommandeur hat meistens mehrere Kinder unter sich.

Die Mädchen werden dabei als Ehefrauen auf die Kommandeure verteilt, werden mit ihnen zwangsverheiratet und müssen so als „Sexsklavinnen“ dienen. Viele diese Mädchen werden durch Vergewaltigungen schwanger oder infizieren sich mit HIV/AIDS. Darüber hinaus fallen ihnen die „klassischen“ Frauenarbeiten wie sich um den Haushalt kümmern, kochen, waschen, etc. zu. Werden diese Aufgaben nicht zur Zufriedenheit der Kommandeure erledigt, werden sie geschlagen, misshandelt oder getötet[53]. Einige Mädchen bekommen in der LRA auch militärisches Training, werden an der Waffe ausgebildet und an die Front geschickt.

Die neu angekommenen Jungen werden zunächst auch meist „nur“ für Transportdienste, Versorgungsdienste oder Spionagetätigkeiten eingesetzt, bevor sie dem militärischen Drill unterzogen werden.

Wie schon erwähnt, müssen sich die meisten der entführten Kinder abscheulichen Ein-führungsriten unterziehen, bei denen sie entweder andere Kinder, deren Fluchtversuch scheiterte erschlagen oder dabei zusehen müssen[54].

Die grausamen Erfahrungen, die alle Kindersoldaten erleiden, können zu schweren Traumata führen. Doch gibt es einige Unterschiede, bzw. Faktoren, die besonders berücksichtigt werden müssen. Sexuell missbrauchte Kinder etwa oder solche, die ihre Verwandten oder Freunde töten mussten, sind wahrscheinlich stärker von den Auswirkungen der Traumata betroffen.

3.3 Auswirkungen

Die Auswirkungen von Krieg auf Kinder, besonders auf Kindersoldaten sind vielfältig. Man kann sie jedoch in drei Kategorien einteilen:

- physische Folgen
- soziale Belastungen
- psychische Belastungen

Die Kinder werden auf allen Ebenen in ihrer Entwicklung beeinträchtigt. Es findet ein Bruch in den normalen Entwicklungs- und Sozialisationsprozessen statt, der sich in den meisten Fällen negativ auf die psychische und soziale Entwicklung der Kinder niederschlägt (ESSIOMLE 2005, S.32). In diesem Kapitel möchte ich nur kurz auf die physischen und sozialen Folgen eingehen und den Schwerpunkt auf psychische Traumata legen.

Prinzipiell sind verschiedene Einflussfaktoren für die Auswirkungen der Teilnahme von Kindern an bewaffneten Konflikten verantwortlich. Je nach Art der Rekrutierung, den Aufgaben, welche die Kinder zu leisten hatten, dem Alter zum Zeitpunkt der Rekrutierung, der Dauer ihrer „Dienstzeit“ und der Qualität ihrer Lebenserfahrungen vor der Rekrutierung[55] gibt es unterschiedliche Auswirkungen und auch unterschiedliche Grade der Auswirkungen. Zu den physischen Folgen zählen hauptsächlich Mangelernährung, Krankheiten und Verletzungen. Besonders bei jüngeren Kindern ist das Risiko hoch, durch Mangelernährung an Minderwuchs und verschiedenen kognitiven und emotionalen Entwicklungsverzögerungen zu leiden (ESSIOMLE 2005, S. 35). Des Weiteren besteht für alle am Kampf teilnehmenden Kinder, aufgrund ihrer Unerfahrenheit und unzureichendem Training, die erhöhte Gefahr von Verletzungen oder bleibenden körperlichen Behinderungen. Völlige Entkräftung, Er-schöpfung und Krankheiten[56] sind weitere Folgen der schlechten Lebensbedingungen und meist nicht vorhandenen Gesundheitsversorgung. Bei Mädchen kommen in manchen Fällen noch innere Verletzungen durch Vergewaltigungen und Abtreibungen hinzu (SPITZER 1999, S. 26).

Zu den sozialen Belastungen gehören die Trennung von Eltern, Familie und Gemeinschaft. Was einerseits die Entwicklung der Kinder negativ beeinflussen kann und andererseits durch die Art der Trennung eine Rückkehr sehr erschweren, bzw. unmöglich machen kann. Die Kinder, die gezwungen wurden Mitglieder der Familie oder der Gemeinschaft zu töten, werden für ihre Gräueltaten stigmatisiert und marginalisiert und nicht mehr aufgenommen oder haben gar keine Familie und Gemeinschaft mehr. Für Mädchen bedarf es hinsichtlich der sozialen Reintegration besonderer Unterstützungsmaßnahmen, da sie durch den erlittenen sexuellen Missbrauch als „beschmutzt“ und „geschändet“ gelten und somit in den Augen der Familie eine große Schande auf sich geladen haben. Viele halten ihre Erfahrungen geheim, um nicht stigmatisiert und ausgegrenzt zu werden (MCCALLIN 1995, S. 18f).

Eine andere soziale Folge ist die fehlende Schulbildung und die daraus resultierenden mangelhaften Berufsausbildungschancen. In Norduganda können die meisten Kinder, die sich länger in Gefangenschaft der LRA befanden, weder lesen und schreiben noch rechnen. Die somit stark eingeschränkten Berufsaussichten und das damit einhergehende Unvermögen, ökonomisch zum Unterhalt der Familie beitragen zu können, verringern die Chancen einer erfolgreichen sozialen Reintegration (SPITZER 1999, S. 25).

Die psychischen Auswirkungen sind die pädagogisch relevanten. Hierunter fallen die Begriffe Trauma und die darauf folgende Posttraumatische Belastungsstörung. Kinder reagieren stärker und nachhaltiger als Erwachsene auf traumatisierende Erlebnisse, da sie im Allgemeinen noch im Entwicklungsstadium sind. Es ist daher wichtig, die psychischen Folgen in diesem Kontext zu verstehen. Eine Störung des Entwicklungsprozesses bewirkt eine Störung der Identitätsbildung durch eine Unterbrechung und starke Verzerrung von moralischen und sozialen Entwicklungsprozessen (SPITZER 1999, S. 27f). Die Kinder, die gezwungen waren Gewalt auszuüben, andere Menschen zu quälen und zu verstümmeln und das „Tabu des Tötens“ (HERMAN 1993, S. 97) zu brechen, überschritten so die Schwelle zwischen normalem menschlichen Sozialverhalten und Handlungen extremsten Ausmaßes; mit der Folge des Verlustes der kindlichen Unschuld und des Selbstwertes.

Die militärische Propaganda, mit ihrer psychologischen Manipulation und brutalen Initiationsriten bricht sozusagen das Selbst des Kindes. Und da Kinder noch keine stabile Identität mit den nötigen ausgebildeten Abwehrmechanismen[57] besitzen, sind sie meist gar nicht in der Lage, die extremen Situationen psychisch zu überleben (SPITZER 1999, S. 27).

Es bleibt vielen nichts anderes übrig, als sich dem Abhängigkeitsverhältnis zu den machtausübenden Kommandeuren hinzugeben und sich in einigen Fällen mit ihnen zu identifizieren[58].

Die Kinder lernen durch den Besitz von Waffen und die Ausübung von Gewalt, Macht über andere zu erhalten. Dieser Prozess, den man als „Prozess der Asozialisierung“ (SPITZER 1999, S. 29) bezeichnen kann, ersetzt den normalen Sozialisationsprozess, der im Familien- und Gemeinschaftsleben stattgefunden hätte und steht natürlich in einem extremen Kontrast dazu. Damit einhergehend besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, eine Abhängigkeit von autoritären Strukturen zu entwickeln, welche das soziale Verhalten kontrollieren und einschränken, sozusagen die soziale Norm bilden. Hierbei entsteht die große Gefahr, dass es zu erheblichen Problemen bei der Reintegration kommt, wenn diese Struktur nicht mehr gegeben ist und das Kind in Folge mangelnder alternativer Verhaltensweisen zur Selbstkontrolle auf aggressive Verhaltensweisen zurückgreift, um etwas zu erreichen (SPITZER 1999, S. 28). So erzählte ein Sozialarbeiter in Gulu, im Norden Ugandas von einem Jungen, der aus der LRA floh und direkt nach Hause ging. Kurz nach seiner Rückkehr saß er unter einem Baum, seine Schwester mahlte Mais. Er stand auf, erschlug sie mit einer Axt und setzte sich wieder unter den Baum (RUBIN 1998, S. 17).

Die Kinder, die über lange Zeit immer wieder traumatischen Erfahrungen ausgesetzt waren, haben nicht nur ihr Vertrauen in andere Menschen, besonders Erwachsene verloren[59], sie fühlen sich durch das chronisch erlittene Trauma unwiderruflich anders oder verlieren jegliches Gefühl für sich selbst (HERMAN 1993, S. 122). So wird in Rehabilitationszentren in Norduganda von völlig abgestumpften Kindern berichtet, die Dinge sagen wie: „Dicke wie dich zu Tode zu hacken, ist leicht. Bei Mageren dauert es länger“ (RUBIN 1998, S. 15). Die Wiederherstellung von Vertrauen ist somit ein Schlüssel zur sozialen Wieder-eingliederung, um die es im nächsten Kapitel geht. Die Methoden zur Wiedereingliederung müssen die möglichen Reaktionen der Kinder, wie Depressionen, Gefühle von Einsamkeit, außergewöhnliches Misstrauen, scheinbar grundlose Panik, Realitätsverlust, Aggressivität, Schlafstörungen und einiges mehr berücksichtigen.

4. Die Wiedereingliederung in das Zivilleben

Es gibt verschiedene Ansätze für Programme zur Wiedereingliederung ehemaliger Kindersoldaten in das Zivilleben ihrer Familien und Gemeinschaften, die unter der Abkürzung

DDR[60] zusammengefasst werden. Hauptsächlich unterscheidet man zwischen traditionellen regionalen Methoden zur Reintegration und internationalen, durch westliche Standards festgelegte, psychologisch-therapeutische Methoden. In diesem Kapitel werde ich beide Seiten beleuchten um die Berechtigung beider Methoden aufzuzeigen.

Im Norden Ugandas gibt es bereits mehrere Projekte zur Reintegration ehemaliger Kindersoldaten, die die verschiedensten Ansätze in verschiedenem Maße anwenden. Prinzipiell kann man drei Ebenen der Maßnahmen unterscheiden: die Ebene der betroffenen Gemeinschaften, die sich überwiegend der „traditionellen“ Methoden bedienen; die Ebene der NROs/NGOs, die eher auf psychologische Methoden zurückgreifen und die Ebene der Regierung, die in Uganda keine Maßnahmen im Sinne dieser Arbeit unternimmt, sondern militärischen Schutz vor Entführung zu bieten versucht, entführte Kinder an ihre Eltern übergibt, die Gesundheitsvorsorge übernimmt und eine Datenbank aufbaut.

Zum DDR- Programm muss noch erläutert werden, dass die Punkte Entwaffnung und Demobilisierung im Falle der LRA nicht wirklich stattfinden. Die Kinder, die in Reintegrationsprogramme aufgenommen werden, sind entweder geflüchtet oder von den Regierungstruppen gefangen genommen worden bzw. befreit worden. Bei der Befreiung sind sie natürlich entwaffnet worden, jedoch gibt es keine offizielle Entwaffnung und Demobilisierung von Kindersoldaten durch die LRA.

Es geht hier also nur um den Punkt Reintegration, dessen Hauptanliegen das Aufsuchen der Familie und schließlich die Familienzusammenführung ist. Die Rehabilitation der ehemaligen Kindersoldaten ist eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Reintegration in die Familie und Gemeinschaft, die in den beiden genannten methodischen Zugängen eine Rolle spielt.

4.1 Traditionelle Methoden

In vielen Teilen Afrikas, auch im Norden Ugandas, sind die Begriffe „Psychologie“ oder „Psychotherapie“ nicht weit verbreitet. Traditionelle Heiler sind die Fachleute für die Behandlung seelischer und körperlicher Beeinträchtigungen (BOIA EFRAIME Jr. 1998, S.55). Durch ihre jeweilige eigene Kultur, ihre Glaubenspraktiken und ihre spezielle Weltsicht hat die Bevölkerung dort ihre eigenen Formen, festzustellen, was eine Beeinträchtigung überhaupt darstellt und zu erklären, wodurch sie verursacht wurde und wie man sie heilt.

Der traditionelle Glaube an Geister und andere unsichtbare Kräfte ist in den meisten Teilen Afrikas trotz der massiven Missionierungen durch das Christentum und den Islam, weit verbreitet und so spielen traditionelle Heilmethoden und Rituale eine wichtige Rolle.

Ebenso wie die LRA mit einer spirituellen, auf Geisterglauben basierenden Ideologie arbeitet, ist auch die Reintegration der Kinder für alle Beteiligten nicht ohne den traditionellen Zugang möglich.

Der Glaube besagt, dass den Kindern, die Schlimmes erfahren und Schlimmes getan haben nur ein reinigendes Ritual die Wiedereingliederung in die Familie und Gemeinschaft ermöglichen kann. Dieses Ritual ist für alle Beteiligten wichtig, für die Kinder, die von bösen Geistern gereinigt werden sollen und somit rehabilitiert werden und für Eltern und Gemeinschaft, die sich vielleicht nicht damit auseinander setzen wollen und können, dass sie nicht fähig waren ihre Kinder zu beschützen.

Die Rituale sind besonders für die „geschändeten“ Mädchen wichtig, die so die Möglichkeit erhalten, sich von dem Erlebten zu lösen und sich sozial zu integrieren. Ohne solche Reinigungsrituale werden die Mädchen geächtet und gelten als „unverheiratbar“.

Eines dieser Rituale besteht z.B. darin, dass das zurückgekehrte Kind im Kreise der Familie auf Hühnereiern in Richtung der Heimstätte der Eltern treten muss. Danach werden Opfertiere geschlachtet und das Fleisch als Festmahl zusammen verspeist (SPITZER 1999, S.60).

Es gibt eine ganze Reihe solcher Rituale[61] und Zeremonien, die der Reinigung und Versöhnung dienen. Besonders schwierig gestalten sich Versöhnungszeremonien in Fällen von Mord[62], was leider sehr viele Kinder betrifft. Das Schwierige ist, dass die genauen Umstände, wer wen ermordet hat, oft nicht mehr nachvollziehbar sind.

Die Ziele der Reinigungsrituale werden von allen Gemeinschaftsmitgliedern verinnerlicht und verfestigt.

STEUDTNER (2000, S. 26) hat die Ziele der traditionellen Heilmethoden folgendermaßen zusammengefasst:

- Behandlung körperlicher Probleme und Krankheiten
- Bearbeitung und Beendigung psychotraumatischer Probleme der ehemaligen Kindersoldaten
- Aktives Vergessen aller während ihrer Zeit im Militär gemachten Erfahrungen durch die Kindersoldaten
- Bearbeitung und Befreiung der ehemaligen Kindersoldaten von Schuldgefühlen
- Veränderung des Verhaltens der ehemaligen Kindersoldaten entsprechend den gesellschaftlich anerkannten Regeln
- Bearbeitung und Behebung der Angst der ehemaligen Kindersoldaten vor Ablehnung durch Familie, Freunde oder die Gemeinschaft, sowie vor Rache
- Bearbeitung und Behebung der Angst der Familie und der Gemeinschaft vor einem Fortsetzen der militärischen Lebensweise der ehemaligen Kindersoldaten, bzw. vor den bösen Geistern der Kindersoldaten
- Wiederherstellung der Harmonie des Zusammenlebens der Familie
- Symbolische Wiedervereinigung der Kindersoldaten mit ihren Eltern
- Festigung der Beziehung zu Gott und den Ahnen der Familie

ESSIOMLE (2005, S.224) konnte feststellen, dass die Wirkungen der durchgeführten Rituale psychisch „initiiert“ ist. Tatsache aber ist, dass sie funktionieren und das Leben in der Gemeinschaft ermöglichen.

Zusammenfassend lässt sich zu diesem Ansatz sagen, dass der große Vorteil eindeutig darin liegt, dass er gesellschaftlich akzeptiert ist und die Rehabilitation und somit die Wiedereingliederung erst möglich macht. Die Nachteile des traditionellen Ansatzes sind zum Einen eine unzureichende Unterstützung und Betreuung für zurückgekehrte traumatisierte Kinder, die zwar „gereinigt“ in der Familie oder Gemeinschaft aufgenommen werden, aber in manchen Fällen weiterhin unter dem Erlebten zu leiden haben. Was wiederum dazu führen kann, dass die zurückgekehrten Kinder die Familie wieder verlassen oder die Eltern sie wegschicken, da sie sich nicht in die Rolle als Kind in der Familie einordnen können und mitunter sehr aggressive Reaktionen zu beobachten sind. Zum anderen stellen die große Armut und schwierige ökonomische Verhältnisse viele Familien vor das Problem, dass Wiedergutmachungsleistungen und die Durchführung von Ritualen für sie nicht realisierbar sind. So können sich z.B. viele Familien keine Ziege leisten, die als wichtiger Bestandteil einer Reinigungszeremonie geopfert werden muss (SPITZER 1999, S.62). All dies mag aus europäischer Sicht abenteuerlich und mit den wissenschaftlich fundierten Methoden der Pädagogik und benachbarter Disziplinen, vor allem der Psychologie und der Soziologie nicht vereinbar erscheinen. Doch genau diese eurozentrische Denkweise ist es oft, die einer wirkungsvollen Hilfe in hilfsbedürftigen Gebieten im Wege steht.

4.2 Psychologische Methoden

In der psychologischen Traumatherapie werden hinsichtlich des Heilungsprozesses traumatisierter Menschen drei wichtige Phasen unterschieden. Die Herstellung von Sicherheit, die Rekonstruktion der Geschichte des Traumas und die Wiederherstellung der Verbindung zwischen Opfer und Gemeinschaft (HERMAN 1993, S.12).

Traumatherapeuten und- forscher haben folgende Grundsätze für eine Traumatherapie aufgestellt:

- Nicht beurteilende Akzeptierung des Opfers
- Sofortige Intervention und die Beschaffung von Hilfe unterstützten den Erholungsprozess
- Die Bereitschaft sich testen zu lassen
- Übertragung ist in der Traumatherapie ein Prozess der Wiederaufnahme von Beziehungen
- Ausgehen von der Hypothese, dass psychotraumatische Belastungssymptome durch das Ereignis hervorgerufen werden
- Informationen über die Natur und die Dynamik von traumatischen Reaktionen sind Bestandteil der Traumatherapie
- Traumatische Ereignisse können in jedem Lebensalter zu Veränderungen der Ich- und Identitätsentwicklung führen
- Verwerfung, Spaltung und Formen von Dissoziation gehören zu den Abwehrmechanismen[63], die einem psychischen Trauma folgen
- Selbstbehandlungsversuche durch Alkohol und Drogen sind verbreitet bei psychotraumatischen Belastungssyndromen
- Die erfolgreiche Transformation der traumatischen Erfahrung kann die Entwicklung von positiven Charakterzügen zur Folge haben
- Soziales Engagement und Sprechen über das Trauma fördern den Erholungsprozess
- Die Transformation des Traumas ist ein lebenslanger Prozess

(FISCHER/RIEDESSER 1999, S.192ff).

Für die Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen ist die Anwendung verschiedener Techniken und Strategien von großer Bedeutung. Zu den wichtigsten Therapiemethoden[64] in der Traumatherapie zählen die kognitive Verhaltenstherapie, die Konfrontationstherapie, die systematische Desensibilisierung, die graduierte Exposition, das Angst-Management-Training, Selbstkontrollmethoden wie Selbstbeobachtung, Selbstbewertung und Selbstverstärkung, Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR), Entspannungs-verfahren, die Progressive Muskelentspannung und imaginative Techniken.

Darüber hinaus kommen individuelle Gesprächstherapien, Gruppentherapien, psycho-dynamische Methoden wie Spiele, Zeichnungen, Rollenspiele, etc. und einige andere Therapiemethoden zum Einsatz.

Diese Methoden zur Reintegration werden von einigen NROs in Therapiezentren vor Ort angewendet. Die Kinder werden so langsam dahingeführt, sich aktiv mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen und die schlimmsten Auswirkungen ihrer Traumata zu überwinden.

Es ist eine langfristige Methode, die die Kinder begleitet und auch bei einer Schul- oder Berufsausbildung behilflich ist.

Jedoch tritt die Problematik auf, dass westliche Traumakonzepte nicht ohne Berücksichtigung lokaler Sichtweisen und Ressourcen eingesetzt und übernommen werden können, wenn sie den Opfern zugute kommen sollen. Die Traumatherapie kann den Kindern dabei helfen, ihre zerstörte Persönlichkeit ein wenig zu reparieren und auffällige Symptome zu lindern, aber ohne Berücksichtigung des kulturellen Kontextes wird das Ziel einer Reintegration in Familie und Gemeinschaft nicht gelingen.

Die Art und Weise wie extreme Belastungen von Kindern wahrgenommen und bewertet werden und was Kindheit und Kind-Sein in der Gesellschaft bedeutet, ist in den so genannten Ländern der Dritten Welt, also auch Uganda, eine völlig andere als unsere westlich-europäische (SPITZER 1999, S.30). Der größte Unterschied ist vielleicht die Sichtweise wie menschliches Leid wahrgenommen wird. Während wir ein eher individualistisches Verständnis der Menschen an den Tag legen, herrscht dort die Wahrnehmung des Leids als etwas Kollektives und Gemeinschaftliches.

4.3 Optimierung der Wiedereingliederung ehemaliger Kindersoldaten/Zusammenwirken der Ansätze

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zusammenarbeit mit den traditionellen Heilern und deren Unterstützung bei der Wiedereingliederung der ehemaligen Kindersoldaten unverzichtbar ist. Wie STEUDTNER (2000) und ESSIOMLE (2005), plädiere auch ich für eine Kombination der traditionellen „internen“ Ansätze mit den psychologischen „externen“ Ansätzen, um die Wirksamkeit der modernen Traumatherapie mit den ehemaligen Kindersoldaten zu erhöhen. Aus den beiden vorangegangenen Kapiteln geht schon hervor, dass beide Ansätze Vor- und Nachteile haben.

Die Rituale und Zeremonien der Heiler funktionieren und ermöglichen eine Familienzusammenführung. Aber was ist mit den Kindern, die trotz erfolgreicher Zusammenführung unter Symptomen der Posttraumatischen Belastungsstörung weiterleiden[65] ? Für diese Kinder bieten sich die komplexen Methoden der externen Traumtherapie an, die in der institutionellen Betreuung der vorhandenen Rehabilitationszentren in Norduganda angewendet werden.

Für einen integrativen Zugang bietet das von GUSTAFSON (1986, S. 24ff) entwickelte STOP- Modell zur psychosozialen Unterstützung von kriegstraumatisierten Kindern eine geeignete Möglichkeit.

STOP bedeutet: S- Structure (Struktur)

T- Talking (Gesprächsmöglichkeiten schaffen)

O- Organized Play (Organisatorisches Spiel)

P- Parental Support (elterliche bzw. familiäre Unterstützung)

Struktur - vermittelt das Gefühl von Normalität, das stabilisiert werden soll. In den von SPITZER (1999) untersuchten Rehabilitationszentren in Norduganda wird auf strukturierte Tagesabläufe besonderen Wert gelegt.

Gespräche – sind als Teil des Heilungsprozesses, vor allen der psychologischen Traumatherapie eine Voraussetzung um das abhanden gekommene Vertrauen der Kinder wieder herzustellen.

Im kindlichen Spiel – liegt ein großes Potenzial um Therapie mit Tradition zu verbinden. Klassische Therapieformen wie Rollenspiele und künstlerische Ausdrucksformen fallen genauso darunter wie traditionelle Tänze und Musik, die ja auch oft eine Art Rollenspiel darstellen.

Elterliche Unterstützung - hat natürlich eine zentrale Bedeutung für den Heilungsprozess und somit auch für die Reintegration und die Familienzusammenführung. So ist es wichtig, dass es den Kindern ermöglicht wird nach ihrer Demobilisierung schnellst möglichst ihre Familien aufzusuchen und dass den Familien ermöglicht wird während einer vorübergehenden institutionellen Betreuung das Kind zu besuchen, um die frühestmögliche Zusammenführung der Kinder mit ihren Familien zu ermöglichen.

Um eine möglichst effektive Hilfe für die ehemaligen Kindersoldaten zu gewährleisten, müssen externe und interne Programme, die die soziale Wiedereingliederung von ehemaligen Kindersoldaten zum Ziel haben, einen integrativen Zugang wählen.

Die psychologische Herangehensweise stellt dabei nur einen Aspekt in einer Reihe von komplexen Faktoren dar und ein blinder Export unserer Therapiekonzepte wird ohne Erfolg bleiben. Wie auch ganz allgemein in der Entwicklungszusammenarbeit, ist es auch beim Thema Kindersoldaten von immenser Wichtigkeit, dass eine Zusammenarbeit stattfindet.

Eine Zusammenarbeit zwischen internen und externen Akteuren, die als gleichberechtigte Partner nebeneinander stehen und sich gegenseitig ergänzen. Neben der physischen und psychischen Behandlung muss ein erfolgreiches Programm auch auf die Verbesserung der grundlegenden Lebensbedingungen der betroffenen Familien und Gemeinschaften abzielen. Dies beinhaltet unter anderem schulische und berufliche Ausbildungsmaßnahmen und Beschäftigungsmöglichkeiten.

Es geht also nicht darum, welche Therapiemethode in Norduganda und anderen Gebieten der Welt wirksamer ist, sondern darum festzustellen welche Arten von Heilmethoden überhaupt existieren und wie man sie kombinieren kann um eine Wirksamkeit der Therapie an sich zu erhöhen. Auch dies sehe ich als eine Aufgabe der internationalen Sozialen Arbeit, um die es im nächsten Kapitel geht.

5. Schlussfolgerungen

5.1 Folgen für die internationale Soziale Arbeit

Die Begriffe “Soziale Arbeit“, „Sozialarbeit“ und „Sozialpädagogik“ sind nur schwer voneinander zu trennen und unklar abzugrenzen. Die International Federation of Social Workers (ASW) beschloss im Jahr 2000 folgende Definition: „Soziale Arbeit als Beruf fordert den sozialen Wandel und die Lösung von Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen, und sie befähigt die Menschen, in freier Entscheidung ihr Leben besser zu gestalten. Gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse über menschliches Verhalten und soziale Systeme greift Soziale Arbeit dort ein, wo Menschen mit ihrer Umwelt in Interaktion treten. Grundlagen der Sozialen Arbeit sind die Prinzipien der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit“ (DBSH 2006, S.1).

Die Menschenrechte, und somit auch die Kinderrechte gelten also als Grundlage der Sozialen Arbeit. STAUB-BERNASCONI (1995) geht noch einen Schritt weiter und bezeichnet die Soziale Arbeit als „Menschenrechtsprofession“ (ebd., S. 57ff).

Somit geht es bei Sozialer Arbeit immer um die Vermittlung, die Einhaltung und die Herstellung oder Wiederherstellung der Menschenrechte. Dies gilt sowohl national als auch international. Die internationale Soziale Arbeit kann man in die Entwicklungszusammenarbeit einordnen, deren Struktur sich mehr und mehr hin zu einem Schwerpunkt auf der Sozialen Arbeit entwickelt[66]. So wird neben technischer, finanzieller und personeller Zusammenarbeit auch schon von „ Sozialpädagogischer Entwicklungszusammenarbeit“[67] als einem Sektor der Entwicklungszusammenarbeit gesprochen.

Die Folgen der vorher erläuterten Thematik für diese Art der Arbeit sind vielfältig. Und in Anbetracht des Ausmaßes der Situationen und Orte in denen eine internationale Soziale Arbeit notwendig wäre, weiß man auch nicht so recht wo man anfangen sollte. Es gibt kein allgemein gültiges Rezept oder keine standardisierte Vorgehensweise, so dass man als Pädagoge in der Arbeit mit ehemaligen Kindersoldaten auch immer wieder neue Strategien und Methoden ausprobieren sollte. Ich kann mir vorstellen über den Bereich der Bewegungsorientierten Pädagogik und Motologie einen Zugang zu den traumatisierten Kindern zu finden. Da gerade über individuelle körperliche Erfahrungen eine Möglichkeit gegeben ist, an den Kern der persönlichen Traumatisierung heranzukommen und mit ihr die Chance, durch „neue“ körperliche Erfahrungen, neue Normen zu bilden. Ebenso könnte man die Konzepte der Abenteuer– und Erlebnispädagogik oder der Meditation mit einfließen lassen, die einen Zugang auf der Gemeinschaftsebene ermöglichen können, z.B. durch positive Gruppenerlebnisse im gemeinsamen Spielen und Lösen von Aufgaben. Die Erfahrungen, welche den Kindern durch die ebengenannten pädagogischen Konzepte zur Verfügung stehen können, hätten mit Sicherheit einen sehr positiven Effekt bei der Reintegration in die Familien und Gemeinschaften.

Der Knackpunkt für jede Art der Sozialen Arbeit als Europäer in einem „Dritte Weltland“ dürfte die Überwindung der uns anerzogenen Vorurteile sein. Der in unserer Gesellschaft „normale“ und allgegenwärtige Eurozentrismus, bzw. Ethnozentrismus steht einer echten Zusammenarbeit im Sinne der Opfer meistens im Wege. Erst wenn wir als Europäer die für uns fremde Kultur nicht nur akzeptieren, sondern sie auch respektieren und wertschätzen, und die fremde Kultur nicht mit „zurückgeblieben“, „rückständig“ oder anderen negativ- assoziierten Begriffen belegen ist eine Soziale Arbeit , wie sie in den oben angegebenen Definitionen beschrieben wird möglich.

Kurz gesagt: Ich als Fremder muss mich den dortigen Umständen, Sichtweisen und sonstigen für meine Arbeit wichtigen Faktoren anpassen. So wie jede völkerrechtliche Bestimmung in nationales Recht umgewandelt werden muss, damit sie ihre Rechtswirkung entfalten kann, so müssen auch die wissenschaftlichen Konzepte der verschiedenen Disziplinen , die hinter der Sozialen Arbeit stehen, auf das jeweilige Land, die jeweilige Kultur und Weltsicht angepasst werden.

5.2 Zusammenfassung und Fazit

Das Thema Kindersoldaten ist hoch aktuell, jedoch hier in Deutschland nicht gerade präsent. In Gesprächen mit Freunden und Bekannten wurde ich immer wieder gefragt, ob es denn noch Kindersoldaten gäbe. Dies hat in mir den Eindruck erweckt, dass diesem Thema in der Öffentlichkeit wenig bis gar keine Aufmerksamkeit zukommt. Vielleicht liegt dies an der Empörung und Beschämung die das Wort „Kindersoldat“ schon hervorruft. Trotzdem sind momentan bis zu einer halben Million Kinder auf der ganzen Welt als Soldaten eingesetzt und ohne eine Öffentlichkeit, die sich dafür interessiert, werden viele Fortschritte, die noch erzielt werden müssen, sehr schwer zu erreichen sein. Immer noch liegt die offizielle völkerrechtliche Altersgrenze für Rekrutierungen bei 15 Jahren, einer der Punkte die die internationale Gemeinschaft angehen muss. Darüber hinaus fehlt es natürlich an Überprüfungs- und Sanktionsmaßnahmen.

Mann muss die Umstände in Norduganda vor dem Hintergrund der Geschichte Ugandas betrachten. Die Rekrutierung der Kinder und ihre Tätigkeiten als Kindersoldaten sind sehr vielfältig, was das Ausmaß der Auswirkungen auf die Kinder maßgeblich beeinflusst.

Die internationale Soziale Arbeit wird meiner Meinung nach in den nächsten Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewinnen, da die internationale Kluft zwischen Arm und Reich stetig wächst und somit der Bedarf an Sozialer Arbeit stetig zunimmt. Überall dort, wo die Menschen unter extremsten Bedingungen leben, sei es durch Kriege, Naturkatastrophen oder einfach nur Armut, kommt es zu schweren physischen, psychischen und sozialen Belastungen, denen sie Soziale Arbeit entgegen wirken kann. Zudem wird die Soziale Arbeit bereits als das Herzstück der Entwicklungszusammenarbeit betrachtet, da die Entwicklungszusammenarbeit in ihrem Ansatz sozialpädagogisch ist[68]. Und die Problematik der Kindersoldaten scheint mir eine der dringlichsten Aufgaben zu sein, der diese Profession der Menschenrechte nachgehen sollte.

Es gibt eine ganze Menge Menschen, die sich unermüdlich engagieren und sich für die Kindersoldaten einsetzen. Der Anfang ist gemacht und ich denke, die Bemühungen sind auf fruchtbaren Boden gefallen. Mit dieser Arbeit möchte ich einen Teil dazu beitragen, das Thema Kindersoldaten wieder ins Bewusstsein zu rufen.

6. Literatur

- Boia Efraime Jr. (1998). Die Geister können Schmerzen lindern. In: der überblick. Quartalsschrift der Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst 4/98. Verlag Dienste in Übersee: Leinfelden- Echterdingen. S. 52-57.
- Brett, Rachel (1998). Das Völkerecht kann Druck ausüben. In: der überblick. Quartalsschrift der Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst 4/98. Verlag Dienste in Übersee: Leinfelden- Echterdingen. S. 46-48.
- Brett, R.; McCallin, M. (2001). Kinder – Die unsichtbaren Soldaten. Deutsche Erstauflage, Book on Demand. Gerhard R. Alberts: 2001.
- Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (2006). Neue Definition von Sozialarbeit. In: http://www.dbsh.de/internationale.pdf.
- Deutsche Koordination Kindersoldaten (2004). Weltreport 2004 Kindersoldaten. http://www.tdh.de/content/themen/weitere/kindersoldaten/globaler_bericht.htm.
- Essiomle, Jawa Ossi (2005). Psychologische Betreuung ehemaliger Kindersoldaten in Westafrika. Online-Dissertation an der Freien Universität Berlin: http://www.diss.fu-berlin.de/2005/200/index.html.
- Fischer, G.; Riedesser, P. (1999). Lehrbuch der Psychotraumatologie. 2. Aufl. Reinhardt: München, Basel.
- Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.) (2003). Verlorene Kindheit – Kindersoldaten in der Demokratischen Republik Kongo. Tagung am 23. Oktober 2003.
- Gustafson, Lars H. (1986). The STOP Sign – A model for intervention to assist children in war. In: Radio Barnen (Hrsg.). Action for Children. Children in Emergencies. NGO-Forum am 15. April 1986. New York. S. 20-26.
- Hahn, P.M. (1986). Die bösen Buben der Söldnerheere. Im Dreißigjährigen Krieg suchten viele Kinder in Armeen Zuflucht. In: der überblick. Quartalsschrift der Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst 4/98. Verlag Dienste in Übersee: Leinfelden- Echterdingen. S. 38-41.
- Herman, Judith L. (1993). Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden. Kindler Verlag: München.
- International Labour Organization (1999). Konvention Nr.182. Über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit. http://www.ohchr.org/english/law/childlabour.htm.
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- Lenhart, V. (2003). Pädagogik der Menschenrechte. Leske + Budrich: Opladen.
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- McCalin, M. (1995). The Reintegration of young ex-combatants ito civilian life: expert meeting on the design of guidelines for training and employment of ex-combatants (Africa Region), Harare 11-14 July 1995. International Labour Office: Geneva.
- Meyer, A. (2005). Sozialpädagogische Entwicklungszusammenarbeit. Diplomarbeit an der Hochschule Niederrhein.
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- Solms, F. (1999). Das Problem der Kindersoldaten. In: Blätter über die deutsche und internationale Politik. Analysen und Alternativen Heft 02/1999. S.214-222.
- Spitzer, H. (1999). Kindersoldaten – Verlorene Kindheit und Trauma. Möglichkeiten der Rehabilitation am Beispiel Norduganda. Diplomarbeit an der Universität Klagenfurt. Südwind Verlag: Wien.
- Staub-Bernasconi, S. (1995). Das fachliche Selbstverständnis Sozialer Arbeit – Wege aus der Bescheidenheit. Soziale Arbeit als „Human Rights Profession“. In: Wendt, W.R. (Hrsg.). Soziale Arbeit im Wandel ihres Selbstverständnisses. Beruf und Identität. Lambertus Verlag: Freiburg im Breisgau. S. 57-104.
- Steudtner, P. (2000). Die soziale Eingliederung von Kindersoldaten. Konzepte und Erfahrungen aus Mosambik. Berghof Report Nr.6. Berghof Forschungszentrum für konstruktive Kofliktbearbeitung: Berlin. http://www.berghof-center.de.
- Terre Des Hommes (Hrsg.) (2003). Ehemalige Kindersoldaten als Flüchtlinge in Deutschland. Haucap: Osnabrück.
- UN-Generalversammlung (2000). Fakultativprotokoll zur Kinderrechtskonvention von 1989. http://www.child-soldiers.org/resources/international-standards.
- UN-Generalversammlung (1989). Konvention über die Rechte des Kindes. http://www.ohchr.org/english/law/crc.htm.
- von Buch, W. (1998). Wir Kindersoldaten. Siedler: Berlin.

Weitere Quellen

- http://www.trauma-informations-zentrum.de/glossar.htm.

Weiterführende Literatur

- Auchter, T.; Strauss, L.V. (1999). Kleines Wörterbuch der Psychoanalyse. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen.
- Holz, K; Zahn, C. (1995). Rituale und Psychotherapie. Transkulturelle Perspektiven. Verlag für Wissenschaft und Bildung: Berlin.
- Mertens, W.(Hrsg.) (1983). Psychoanalyse. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen. München.

[...]


[1] Der besseren Lesbarkeit halber, verwende ich den Begriff Kindersoldaten sowohl für weibliche als auch für männliche Kinder und Jugendliche, die in den Einheiten arbeiten und kämpfen. Es sei denn, es geht explizit um Kindersoldatinnen.

[2] Man unterscheidet bei Kleinwaffen zwischen Handfeuerwaffen und leichten Waffen. Handfeuerwaffen sind Revolver, Karabiner, Sturmgewehre, leichte Maschinengewehre, Maschinenpistolen und automatische Selbstladepistolen. Leichte Waffen sind schwere Maschinengewehre, Granatwerfer, tragbare Luftabwehrraketen, Antipanzergeschütze, Mörser, Handgranaten, Gewehre ohne Rückstoß und Landminen (PITTWALD 2004, S.27).

[3] Der Nachschub besteht größtenteils aus gebrauchten Waffen aus anderen Konflikten, hauptsächlich jedoch kommt oder kam der Nachschub aus bilateralen Geschäften mit den Industriestaaten Europas, den USA und der ehemaligen Sowjetunion.

[4] Tatsächlich werden Kindersoldaten in allen Teilen der Welt eingesetzt. Darauf werde ich im nächsten Kapitel ausführlicher eingehen.

[5] Die meisten Staaten des afrikanischen Kontinents gelten als Dritte Welt und Entwicklungsländer, in denen Probleme wie Armut, Hunger, Krankheiten und Kriege vorherrschen.

[6] Wie zurzeit gerade in der Kinodokumentation „Lost Children“ von Ali Samadi und Oliver Stoltz gezeigt wird.

[7] Der so genannte „Machel-Report“, offiziell: Report of an Expert of the Secretary General of the United Nations on the Impact of Armed Conflict on Children. Dieser Report, erarbeitet von einer Sachverständigenkommission unter der Leitung der früheren “First Lady” von Mozambique und heutigen Ehefrau von Nelson Mandela, Graca Machel, basiert auf 24 Länderstudien. Er präsentiert zum ersten Mal eine Reihe von sorgfältig recherchierten Informationen und Analysen über das Ausmaß der systematischen Rekrutierung von Kindern für den bewaffneten Kampf (SOLMS 1999).

[8] Zur Arbeit mit Flüchtlingskindern in Deutschland, die als Kindersoldaten eingesetzt waren siehe TERRE DES HOMMES 2003.

[9] Unter „westlichen“ Methoden verstehe ich hier, die in den westlichen Industriestaaten entwickelten Methoden der psychologischen Betreuung.

[10] Siehe dazu Kapitel 1.3

[11] Cape Town Principles on the Prevention of Recruitment of Children into the Armed Forces and Demobilization and Social Reintegration of Child Soldiers in Africa. Erstellt am 30. April 1997 in Kapstadt/Südafrika und am 10. Dezember 1997 als UN-Dokument E/CN.4/1998/NGO/2 übernommen worden.

[12] Je nach Konflikt muss man weiter differenzieren zwischen staatlichen Armeen, regierungsfreundlichen Milizen oder Paramilitärs einerseits und bewaffneten Oppositionsgruppen, Rebellen und Guerillaorganisationen andererseits.

[13] Vgl. http://www.trauma-informations-zentrum.de/glossar.htm

[14] Das „Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen, 4. Auflage“ ist eines der beiden großen Diagnoseschemata oder Klassifikationssysteme in Psychologie und Psychiatrie. Es stellt einen klaren Kriterienkatalog dar, der es ermöglicht, einer Person eindeutig eine oder mehrere Störungsbilder zuzuordnen (http://www.trauma-informations-zentrum.de/glossar.htm).

[15] Vgl. http://www.trauma-informations-zentrum.de/glossar.htm

[16] Für ausführliche Informationen über die weltweite Situation siehe: Deutsche Koordination Kindersoldaten 2004.

[17] Dies sind z.B. Save the Chidren Sweden, Terre Des Hommes, World Vision, Caritas, UNICEF und viele mehr.

[18] Diese Länder sind im einzelnen: Afghanistan, Angola, Burundi, Demokratische Republik Kongo (DRC), Elfenbeinküste, Guinea, Indien, Irak, Israel und die besetzten Gebiete, Indonesien, Kolumbien, Liberia, Myanmar, Nepal, Philippinen, Russische Förderation, Ruanda, Sri Lanka, Somalia, Sudan und Uganda. In vielen dieser Länder hat sich die Situation bis heute nicht verändert.

[19] Mehr dazu in Kapitel 3.

[20] Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948.

[21] Die allgemeine Erklärung der Kinderrechte von 1959.

[22] Convention on the Right of the Child.

[23] Entnommen von der Homepage des Office of the UN High Comissioner for Human Rights; http://www.ohchr.org/english/law/crc.htm; vom Autor übersetzt.

[24] Deutschland hat die Konvention 1992 ratifiziert; Uganda bereits 1990.

[25] Artikel 38 ist vollständig dem Anhang beigefügt.

[26] Resolutionsnr. : A/RES/48/157 vom 20.Dezember 1993; einzusehen unter: http://www.un.org/Depts/dhl/res/resa48.htm.

[27] Expert of the Secretary general of the United Nations on the Impact of Armed Conflict on Children.

[28] Resolutionsnr.: A/RES/52/106 vom 12. Dezember 1997.

[29] Mr. Otumnus Amtszeit wurde bereits zweimal verlängert, aktuell bekleidet er immer noch dieses Amt.

[30] Siehe Artikel 8 des Römischen Statuts.

[31] Resolution 1261: On the Children and Armed Conflict; einzusehen unter: http://www.un.org/Docs/sc/unsc_resolutions.html. Es folgten weitere Resolutionen (Nr.1314 im Jahr 2000; Nr. 1379 im Jahr 2001; Nr. 1460 im Jahr 2001; Nr. 1539 im Jahr 2004; Nr.1612 im Jahr 2005), ebd. einzusehen.

[32] Verabschiedet am 16. Juni 1999; in Kraft getreten am 19. November 2000; einzusehen unter: http://www.ohchr.org/english/law/childlabour.htm.

[33] Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes; einzusehen unter: http://www.child-soldiers.org/resources/international-standards.

[34] Laut aktuellen Daten haben bis heute 142 Staaten das Protokoll unterzeichnet und 83 davon das Protokoll ratifiziert. Weitere 21 Saaten (darunter Uganda, das dem Protokoll am 06.Mai 2002 beigetreten sind) sind dem Protokoll lediglich beigetreten. Ziel dieses Fakultativprotokolls war es, das Mindest-Rekrutierungsalter auf 18 Jahre heraufzusetzen.

[35] Dies ist unter anderem auch in Deutschland, Großbritannien und den USA der Fall.

[36] Siehe Karte von Uganda im Anhang.

[37] Zahlen entnommen der Homepage der ugandischen Botschaft in Deutschland, einzusehen unter http://www.uganda.de.

[38] Zahlen entnommen dem CIA World Factbook einzusehen unter: http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/ug.html.

[39] M. Obote selbst gehörte zum Volk der Langi; er flüchtete 1985 nach Kenia ins Exil und starb am 10. Oktober 2005 81-jährig in Johannesburg/Südafrika.

[40] Von 1971-1979 herrschte „der Schlächter von Afrika“, Idi Amin, dessen Terrorherrschaft vor allem Acholi und Langi zum Opfer fielen.

[41] Museveni ist immer noch Ugandas Staatspräsident.

[42] Diese Fakten sind entnommen dem Statement „Securuity Council Trip Must Address the Reality of the Crisis in Northern Uganda“, das von einem Zusammenschluss einiger internationaler NROs an den UN-Sicherheitsrat gerichtet wurden. Einzusehen unter: http://www.quono.org/newyork/Resources/SC-uganda200511.pdf.

[43] Das Wort Kony bedeutet in der Acholi-Sprache „zu helfen“. Mittlerweile ist das Wort Kony jedoch zum Synonym für Terror, Zerstörung und Leid geworden (http://www.irinnews.org/webspecials/uga_crisis/LRAstructure.asp). Ein Foto von J. Kony befindet sich im Anhang.

[44] So ist laut Wikipedia die Polygamie erlaubt und das Schwein wird als unreines Tier gesehen, was in deutlichem Wiederspruch zum christlichen Glauben steht. Darüber hinaus ist Kony von einem übernatürlichen Mythos umgeben. So erzählte eine 14-jährige Kony-Veteranin sie habe keine Angst vor ihm, er sei ein netter Kerl; „Ich glaube, er hat die Macht“, sagt sie kichernd, „ denn wenn du ihm nahe bist, weiß er was du denkst, vor allem wenn du an Flucht denkst“ (RUBIN 1998, S.15).

[45] Einige dieser grausamen Methoden sind im Anhang aufgelistet.

[46] Induzierte Rekrutierungen wurden für die Studien zu BRETT/MCCALLIN 1996, als diejenigen Situationen definiert, in denen es keinen Hinweis auf direkte Bedrohungen oder Einschüchterungen gibt, die Umstände aber auf eine nicht freiwillige Meldung schließen lassen.

[47] Legal im Sinne von: nach dem jeweiligen nationalen Recht legal.

[48] Laut den Länderstudien der Coalition To Stop The Use Of Childsoldiers ist dies offiziell in Burundi, dem Sudan und dem Iran der Fall. Für die meisten Länder, in denen Kindersoldaten eingesetzt werden gibt es keine offiziellen Angaben über ein Mindestalter für eine Rekrutierung durch die Wehrpflicht. Weiterführende Informationen dazu unter: http://www.child-soldiers.org/regions/ .

[49] Darunter Äthiopien, Burundi, Myanmar, Guatemala, Kolumbien, Liberia.

[50] In einigen Konflikten, wie auch in Uganda, kommt hinzu, dass der Großteil der Bevölkerung sowieso unter 18 Jahren ist und man daher gar nicht auf Erwachsene zurückgreifen kann.

[51] Dörfer, kleine Städte oder Lager werden gestürmt, die Bewohner getötet, die Kinder entführt, die Häuser geplündert und in Brand gesteckt (BRETT/MCCALLIN 2001, S. 45).

[52] Die neu entführten Kinder werden dann dazu gezwungen, die Querulanten mit Knüppeln und Macheten totzuschlagen, besonders dann, wenn es sich um Verwandte oder Freunde handelt. Manche werden sogar gezwungen ihre Eltern zu erschlagen oder müssen ihren Tod mit ansehen. Somit beginnt ein Teufelskreis, der den Kindern letztendlich keine andere Wahl lässt, das Militär als ihre neue Heimat zu sehen und gar nicht erst daran denken zu fliehen (JANNING 1999, S. 93).

[53] So wird z.B. verlangt, dass die Mädchen im Busch Essen kochen können, ohne sich durch Rauchentwicklung bemerkbar zu machen. Gelingt dies nicht, folgen drakonische Strafen.

[54] „Kurz nach dem meine Brüder und ich gefangen genommen wurden, erklärte uns die LRA, dass nicht alle von uns fünf Brüdern in der LRA dienen könnten, weil wir nicht gut genug seien. Dann fesselten sie meine beiden jüngeren Brüder. Und wir mussten dabei zuschauen. Dann schlugen sie sie mit Stöcken, bis sie tot waren. Sie sagten, dass würde uns Stärke für den Kampf geben. Mein jüngster Bruder war neun Jahre alt“. Martin P., 13, Kindersoldat in der LRA (DEUTSCHE KOORDINATION KINDERSOLDATEN 2004, S.10).

[55] Gemeint ist hiermit die Qualität der protektiven Faktoren; den Elementen, die die Widerstandsfähigkeit eines Kindes fördern, sich von traumatischen Erfahrungen zu erholen. Dazu gehören z.B.: eine stabile emotionale Beziehung zu den Eltern, die soziale Unterstützung des Kindes innerhalb der Familie und Gemeinschaft, ein emotional positives Erziehungsklima, Rollenmodelle für konstruktive Bewältigungsmechanismen, eine aktive Problembewältigung und ein Gefühl von Struktur und Sinn im Leben (SPITZER 1999, S.24).

[56] Bei Mädchen vor allem Geschlechtskrankheiten und HIV/AIDS.

[57] Das psychoanalytische Konzept der Abwehrmechanismen beschreibt in erster Linie differenzierte Mechanismen zur Abwehr von Angst, darüber hinaus von anderen negativen Gefühlen wie Trauer, Schmerz, Scham, Schuld, Wut und Aggressionen. Zur Vertiefung dieser Thematik siehe MERTENS 1983 und AUCHTER/STRAUSS 1999.

[58] Die Identifikation mit dem Aggressor ist ein solcher Abwehrmechanismus, der im Zusammenhang mit Geiselnahmen beobachtet wird und als das „Stockholm-Syndrom“ bekannt geworden ist. Die Opfer nehmen die Gewalt in sich hinein, identifizieren sich mit dem Gewaltsystem und bleiben dadurch im Wiederholungszwang oft lebenslang Opfer.

[59] Vor allem ein Vertrauensverlust gegenüber den Eltern und der Gemeinschaft aufgrund der Unfähigkeit, die Kinder vor der Entführung und somit der Rekrutierung zu bewahren.

[60] Siehe Definitionen S.3f.

[61] Um das Thema Rituale und Psychotherapie zu vertiefen siehe weiterführende Literatur: HOLZ/ZAHN 1995.

[62] Ich verzichte in diesem Rahmen darauf, die Rituale und Zeremonien detailliert wieder zugeben.

[63] Siehe MERTENS 1983 und AUCHTER/STRAUSS 1999.

[64] Für eine ausführliche Beschreibung der hier aufgeführten Methoden ist im Rahmen dieser Hausarbeit kein Platz, zur Vertiefung siehe ESSIOMLE 2005, S.86ff.

[65] Dies ist natürlich nicht bei allen Kindern der Fall. Wie SPITZER (1999) feststellen konnte scheinen zumindest in der ersten Phase einer institutionellen externen Betreuung bei einem Großteil der Kinder keinerlei psychische Schwierigkeiten aufzutreten. Beobachtet wurde dabei ein Zeitraum von zwei Monaten. Es lässt sich vermuten, dass sich die Auswirkungen der dramatischen Erlebnisse eher längerfristig bemerkbar machen, jedoch gibt es darüber keine aufschlussreichen Studien. In diesem Zusammenhang lässt sich auch überlegen, in wie weit die selbstverständliche Annahme der „westlichen Psychologie- Experten“, dass es natürlich zu posttraumatischen Belastungsstörungen kommen muss, richtig oder berechtigt ist.

[66] So werden zwar nach wie vor Techniker und Wirtschaftwissenschaftler in der Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt, es werden aber verstärkt die Fähigkeiten von Pädagogen, Psychologen und Soziologen gesucht.

[67] Vgl. MEYER 2005, S. 117ff.

[68] Laut eines Mitarbeiters der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe e.V. (AGEH); vgl. hierzu MEYER 2005, S. 118.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Die Eingliederung von Kindersoldaten in ihre jeweilige Gesellschaft. Ein Thema für die internationale Soziale Arbeit.
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
1
Autor
Jahr
2006
Seiten
36
Katalognummer
V110458
ISBN (eBook)
9783640086276
Dateigröße
668 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sozialpädagogische Möglichkeiten der Resozialisierung von ehemaligen Kindersoldaten am Beispiel der Kindersoldaten der Lord's Resistance Army in Norden Ugandas.
Schlagworte
Eingliederung, Kindersoldaten, Gesellschaft, Thema, Soziale, Arbeit
Arbeit zitieren
Thorsten Sternkopf (Autor:in), 2006, Die Eingliederung von Kindersoldaten in ihre jeweilige Gesellschaft. Ein Thema für die internationale Soziale Arbeit., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110458

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