Ich beginne meine Hausarbeit zunächst deskriptiv mit unterschiedlichen Definitionen von Multilateralismus, um dann in den ersten größeren Themenbereich dieser Arbeit, „multilaterale Verhandlungen“, einzusteigen. Dafür ist zunächst eine kurze allgemeine Beschreibung von multilateralen Verhandlungen von Nöten um dann nachfolgend eine Präzisierung der Eigenheiten multilateraler Verhandlungen durch Ausarbeitung und Vorstellung einiger Charakteristika und typischer Techniken vorzunehmen. Dafür habe ich mir die Punkte Komplexität, Entscheidungsregeln, Konfliktlinien, Bildung von Koalitionen und bestimmte Gruppenstrategien ausgesucht.
Anschließend komme ich dann zu dem zweiten Themenkomplex dieser Arbeit: dem Kyoto-Protokoll. In diesem Abschnitt werde ich zunächst die Konferenz und einen kurzen Zeitraum vor der Konferenz, dort hauptsächlich die AGBM-Sitzungen und die Bemühungen Japans, vorstellen und generelle Informationen dazu geben. Desweiteren werde ich die Positionen der Verhandlungspartner im Vorfeld der Kyoto-Konferenz darstellen.
Um eine Verknüpfung der beiden Themenschwerpunkte zu erreichen, werden im folgenden Teil zu den Kyoto-Verhandlungen die erstellten Charakteristika und Techniken auf Kyoto angewandt werden. Dies geschieht indem ich in den Verhandlungsverlauf reinschaue und analysiere inwiefern Kyoto eine „typische“ multilaterale Verhandlung war. Um das ganze Abzurunden werden in einem weiteren Punkt die Verhandlungsergebnisse, also das Kyoto-Protokoll, kurz zusammengefasst werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionen von Multilateralismus
3. Multilaterale Verhandlungen
3.1 Charakteristika und Techniken
3.1.1 Komplexität
3.1.2 Entscheidungsregeln
3.1.3 „soziometrische Interaktionen“
3.1.4 Konfliktlinien
3.1.5 Bildung von Koalitionen
3.1.6 Gruppenstrategien
3.1.6.1 leadership
3.1.6.2 Mediator
4. Die Kyoto-Konferenz
4.1 Die Positionen der Verhandlungspartner im Vorfeld der Kyoto- Konferenz
5. Anwendung einiger Charakteristika auf die Verhandlungen während der Kyoto – Konferenz
6. Das Kyoto-Protokoll
7. Schlussbetrachtung
Literaturangaben
1. Einleitung
Der Begriff Multilateralismus ist häufig verbunden mit der Idee eine optimale Gestaltungsform für Internationale Organisationen zu sein, um Interaktionen zu organisieren. „Viele handeln einen Vertrag aus“ ist der erste Gedanke, der einem in den Kopf kommt, wenn man das Wort definieren soll. Doch was ist Multilateralismus überhaupt wirklich? Gibt es ein typisches Bild von multilateralen Verhandlungen? Und wenn ja, welches?
Das waren nur einige Fragen die ich mir zu Beginn der Hausarbeit gestellt habe. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen diesen Fragen nachzugehen und Antworten darauf zu finden. Um die ganze Arbeit nicht zu theoretisch erscheinen zu lassen, habe ich als praktisches Beispiel die Konferenz in Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderung („Kyoto-Protokoll“) 1997 gewählt, da sie in der Literatur häufig sowohl als Meilenstein in multilateralen, als auch in Umweltverhandlungen bezeichnet wird.
Ich beginne meine Hausarbeit zunächst deskriptiv mit unterschiedlichen Definitionen von Multilateralismus, um dann in den ersten größeren Themenbereich dieser Arbeit, „multilaterale Verhandlungen“, einzusteigen. Dafür ist zunächst eine kurze allgemeine Beschreibung von multilateralen Verhandlungen von Nöten um dann nachfolgend eine Präzisierung der Eigenheiten multilateraler Verhandlungen durch Ausarbeitung und Vorstellung einiger Charakteristika und typischer Techniken vorzunehmen. Dafür habe ich mir die Punkte Komplexität, Entscheidungsregeln, Konfliktlinien, Bildung von Koalitionen und bestimmte Gruppenstrategien ausgesucht.
Anschließend komme ich dann zu dem zweiten Themenkomplex dieser Arbeit: dem Kyoto-Protokoll. In diesem Abschnitt werde ich zunächst die Konferenz und einen kurzen Zeitraum vor der Konferenz, dort hauptsächlich die AGBM-Sitzungen und die Bemühungen Japans, vorstellen und generelle Informationen dazu geben. Desweiteren werde ich die Positionen der Verhandlungspartner im Vorfeld der Kyoto-Konferenz darstellen.
Um eine Verknüpfung der beiden Themenschwerpunkte zu erreichen, werden im folgenden Teil zu den Kyoto-Verhandlungen die erstellten Charakteristika und Techniken auf Kyoto angewandt werden. Dies geschieht indem ich in den Verhandlungsverlauf reinschaue und analysiere inwiefern Kyoto eine „typische“ multilaterale Verhandlung war. Um das ganze Abzurunden werden in einem weiteren Punkt die Verhandlungsergebnisse, also das Kyoto-Protokoll, kurz zusammengefasst werden.
Abschließend folgt dann die Schlussbetrachtung der Kyoto-Verhandlungen unter dem Aspekt Multilateralismus. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: War Kyoto tatsächlich eine typische multilaterale Verhandlung, wie man zunächst einmal vermutet. Und wenn ja, warum?
Die Ausarbeitung dieser Hausarbeit erwies sich in Sachen Multilateralismus nicht immer als sehr einfach, weil der Forschungsschwerpunkt in der Verhandlungstheorie eher auf bilaterale Verhandlungen gelegt wird. Dementsprechend gibt es verhältnismäßig wenig Literatur zu diesem Thema. Dennoch bin ich vor allem in der angelsächsischen Literatur auf Material gestoßen, dass hier vorwiegend verwendet wurde. Im Voraus erwähnt werden sollte Terrence P. Hopmann, auf dessen Werk „ The Negotiation Process and the Resolution of International Conflict “ ich mich im ersten Themenschwerpunkt am meisten beziehe und das diese Arbeit stützt.
2. Definitionen von Multilateralismus
Da Multilateralismus eines der am wenigsten erforschten Gebiete in der Verhandlungstheorie ist, lässt sich eine generelle Bestimmung des Begriffes kaum abgeben (vgl. HOPMANN: 1996, S. 244). Nur eins ist offenkundig, wenn Multilateralismus eins ganz sicher nicht ist, dann ist es Bilateralismus (RUGGIE: 1992, S.8).
Um dennoch eine erklärende Definition liefern zu können, ist zunächst ein Nachschlagen im Duden unerlässlich. Dessen Fremdwörterbuch definiert multilateral als „mehrseitig, mehrere Seiten betreffend“ und Multilateralismus als „ System einer vielfach verknüpften Weltwirtschaft mit allseitig geöffneten Märkten “. Diese Definitionen bringen einen zur weiteren Bearbeitung des Themas allerdings nicht weiter und man muss nach weiteren Begriffsbestimmungen schauen. Multilateralismus ist eine Ideologie, die dafür erstellt wurde multilaterale (multilateral impliziert viele Akteure, ohne aber genau zu beschreiben wie viele) Aktivitäten zu fördern. Er kombiniert normative Grundsätze mit Empfehlung und existentiellen Glauben. (CAPORASO: 1992, S55). Auch in dieser Definition ist die gesamte Tragweite noch nicht zu erkennen.
Weiter bringt uns eine Begriffsbestimmung von Kehohane. Dieser deutet Multilateralismus nominal als „ the practise of coordinating national policies in groups of three or more states “. (in RUGGIE: 1992, S.6). Allerdings lässt diese Definition die qualitative Dimension, welche dieses Phänomen ausmacht, vermissen. Multilateralismus ist nicht nur die Koordination verschiedener Interessen, denn dies kommt in anderen Organisationsformen auch vor, seine Besonderheit liegt darin das er dies zusätzlich, basierend auf Grundsätzen welche die Beziehungen zwischen den Staaten ordnen, tut. „ Multilateralism is an institutional form that coordinates relations among three or more states on the basis of generalized principles of conduct (…) which specify appropriate conduct (…) without regard to the particularistic interests of the parties (…) “ (RUGGIE: 1992, S.6ff).
3. Multilaterale Verhandlungen
Multilaterale Verhandlungen sind ein kompliziertes Netzwerk aus Themen und Beziehungen, das von einer Vielfalt an Gesichtspunkten begleitet wird. Diese Vielfalt wird ausgedrückt durch die Parteien, welche demnach auch die Komplexität des gesamten Prozesses verschärfen (vgl. DUPONT/FAURE 1991:53).
An multilateralen Verhandlungen nehmen mindestens drei verschiedenen Parteien mit jeweils drei verschiedenen Ansichten über den outcome der Verhandlung teil (HOPMANN: 1996, S. 244). Ab einer bestimmten Teilnehmerzahl ist es so nicht mehr möglich von Angesicht zu Angesicht zu diskutieren, sondern dies durch Verwendung von formalen Deklarationen, Arbeitspapieren, etc zu tun. Auch ist der öffentliche Druck häufig höher als bei bilateralen Verhandlungen (AUER/RACINE, S. 2). Ein weiterer Unterschied ist, dass multilaterale Verhandlungen meist in Internationalen Organisationen[1] stattfinden, was ihnen den Status verleiht nicht nur Probleme zu lösen, sondern auch Wegbereiter für neue Normen, Prozeduren, etc zu sein. Meist sind es die Internationalen Organisationen die dafür Sorge tragen, dass sich die Staaten während der Verhandlungen an die multilateralen Normen, die von Ruggie genannten generalisierten Prinzipien, halten (HOPMANN: 1996, S. 269).
Die Besonderheiten von multilateralen Verhandlungen, welche sie von anderen Verhandlungen unterscheiden, sollen im folgenden Abschnitt herausgearbeitet werden.
3.1 Charakteristika und Techniken
Nun werden Charakteristika und typische Techniken von multilateralen Verhandlungen vorgestellt, die nicht zuletzt dazu dienen, den Verhandlungsprozess zu vereinfachen, ohne die Themen und Probleme zu maskieren, wie es in bilateralen Verhandlungen häufiger vorkommt (vgl. HOPMANN: 1996, S. 258).
Es gibt sechs bestimmende aber nicht ausschließliche, Charakteristiken für multilaterale Verhandlungen: „ multiparty “, „ multi-issue “, „ consensus “, „ coalition “ und „ multirole “, „ rule-making “. (SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.7ff). auf die ersten fünf dieser Punkte werde ich nun im nachstehenden Teil eingehen mit zusätzlichen Techniken und Charakteristika, die auch näher erläutert werden.
3.1.1 Komplexität
Multilaterale Verhandlungen können entweder in relativ kleinen Gruppen, oder in sehr großen Gruppen stattfinden[2] (HOPMANN: 1996, S. 244). Ein Beispiel hierfür wären zum einen die Zentralamerikanischen Friedensverhandlungen oder zum anderen Verhandlungen in der UN. So ist das Hauptmerkmal und auch das Grundproblem von multilateralen Verhandlungen deren Komplexität. Zartmann formuliert das wie folgt „ Multilateral negotiation is not merely complexity reduction: it is the management of complexity “ (vgl. HOPMANN: 1996, S. 249). So ist es zum ersten sehr schwer ein passendes Kriterium innerhalb des Handlungsspielraumes zu finden, dass es einem möglich macht, abzuschätzen welches Resultat für alle Verhandlungspartner annehmbar ist und jedem das Gefühl gibt davon zu profitieren. Der bargaining space beinhaltet eine BATNA[3] die es ermöglichst, dass es für alle Teilnehmer ein besseres Ergebnis ist sich dort zu treffen, als die Verhandlungen scheitern zu lassen. „ A strong BATNA is a major source of power in any negotiation “ (AUER/RACINE, S. 6). Da die Erwartungen meist höchst unterschiedlich sind, haben multilaterale Verhandlungen oft den Charakter von „trial and error“ Annäherungsversuchen (HOPMANN: 1996, S. 246). Die Komplexität entsteht allerdings nicht nur aus der Anzahl von Verhandlungsteilnehmern, sonder auch aus einer großen Varietät von Interessen die auf dem Spiel stehen, vielen unterschiedlichen Variablen welche in die Verhandlungen einbezogen werden und sehr oft die hohe Themenanzahl, die in Betracht gezogen werden kann (vgl. KOLB/FAURE in AUER/RACINE, S. 2).
3.1.2 Entscheidungsregeln
Es ist nicht einfach und offensichtlich eine Entscheidungsregel zu finden, da man ja möglichst effizient und schnell zu einer allgemein akzeptierten Entscheidung kommen will. Deshalb ist meist der Konsens das Ziel über den mit Einstimmigkeit abgestimmt werden muss (HOPMANN: 1996, S.246ff). Konsens in multilateralen Verhandlungen ist „ when a coaltion formed by a significant but unspecified number of parties is in favor and the rest do not oppose “ (SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.8). Daraus resultiert allerdings auch immer die Frage nach Fairness. So fragt Hopmann ob es einem Kleinstaat wie San Marino möglich sein sollte ganze Übereinkünfte zu blockieren (HOPMANN: 1996, S.247). Deshalb ist es nun so Gang und Gäbe Abkommen und Verträge aufzusetzen, die von den einzelnen Staaten ratifiziert werden, oder auch nicht. Umso mehr Staaten, die wichtig sind für den Erfolg der Verträge, unterschreiben, desto erfolgreicher waren die Verhandlungen. (HOPMANN: 1996, S.246ff). Bei Konsensentscheidungen ist eine Enthaltung eher als Zustimmung zu werten denn als Gegenstimme bzw. Blockierung des outcome (SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.8).
Für die Bildung eines Konsenses, der Schritt für Schritt vielleicht auch schon bei Vorverhandlungen entstehen soll. ist eine Gruppendynamik, wie sie in Punkt 3.1.6 näher beschrieben wird von Nöten (SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.12).
3.1.3 „soziometrische Interaktionen“ (nach HOPMANN: 1996, S.262ff.)
Es kann zwischen vier Strukturen von multilateralen Verhandlungen unterschieden werden.
Zum einen wäre da die hierarchisch ausgerichtete, in der ein einziger Akteur an der Spitze der Kommunikationshierarchie steht und so die absolute Kontrolle über den Verhandlungsprozess hat und für Stabilität sorgt. Eine weitere Struktur wäre der „ dubbed minilateralism “, in der eine kleine miteinander kooperierende Gruppe den Entwicklungsgang dominiert und lenkt. So werden die Interessen dieser Gruppe mehr unterstützt als multilaterale Normen.
Als dritte Struktur dient eine solche, in der „multiple nodes are found that serve as linking points for numerous actors, arranged in either a hierarchical or a nonhierarchical fashion“. Unterschiedliche Gruppen mit gleichen Rechten teilen Informationen miteinander und schärfen so einen Verhandlungsraum. In der so genannten „hub and spoke“ configuration steht wiederum ein Akteur als Koordinator im Mittelpunkt, jedoch gleichberechtigt mit den anderen Verhandlungsteilnehmern und ohne Hegemonie auszuüben (vgl. HOPMANN: 1996, S.262ff).
3.1.4 Konfliktlinien
Ein weiteres wichtiges Merkmal von multilateralen Verhandlungen sind die bestehenden Konfliktlinien innerhalb von Gruppen und zwischen den Gruppen, die sich untereinander kreuzen[4]. Es gibt eigentlich kaum wirklich polarisierende Konflikte, sondern eher crosscuting cleavages, welche die Komplexität verstärken, denn eine Koalitionsbildung wird erschwert, da die Akteure zwar bei einen Thema gleicher Meinung sein können, aber bei einem anderen schon wieder auf keinen gemeinsamen Nenner kommen. „ Simple concession-convergence bargaining becomes virtually impossible “ (HOPMANN: 1996, S.255f). Durch diese Erkenntnis wird nun weniger versucht Interessenskonflikte zu überkommen, als viel mehr eine Anstrengung gemeinsam Probleme zu lösen. Nicht zuletzt auch dadurch, indem man ein Mehrparteiensystem von Kompromissen kreiert. Touval and Rubin sprechen von einem „circular barter“, der entstehen kann „ if Party A desires something from Party B, and B can be compensated by a resource that is possesed by C, and C can benefit from some other action of D, and D can be paid by A“ (vgl. HOPMANN: 1996, S.257)
3.1.5 Bildung von Koalitionen
Es kommt relativ häufig auch dazu dass die Parteien deren Positionen zu einem Thema am weitesten auseinander liegen beginnen bilateral zu verhandeln. Meist sind aber Verhandlungen zu unterschiedlichen Themen, und um die Komplexität und den Rahmen des „bargaining space“ drastisch zu reduzieren werden Koalitionen aus den Parteien gebildet die sich inhaltlich am meisten ähneln[5]. Der Einfluss der einzelnen Teilnehmer erhöht sich durch die Bildung von Koalitionen, da man in einer Gruppe stärker ist, als wenn man seine Interessen alleine durchsetzen will.
Raiffa kommt zu dem Ergebnis das sich bei Konsensentscheidungen zwei Koalitionsblöcke bilden, die dazu führen dass die Verhandlungen in 2 Phasen ablaufen: In der ersten müssen sich die jeweiligen Koalitionsmitglieder untereinander auf einen gemeinsame Standpunkt einigen, zu einer „in-group“ werden. Dieses Unternehmen erweist sich häufig schon als sehr schwer zu nehmende Hürde, an denen viele Parteien scheitern. Die „in-group“ steht im Gegensatz zur „outgroup“, in der sich die Verhandlungspartner finden, die sich mit den Werten, Glauben,… der Mitglieder der „in-gruop“ nicht assozieren können. Deshalb ist für Hopmann Koalitionsbildung bei multilateralen Verhandlungen „ a double-edged sword “, da die Kontraste zwischen einigen Gruppen verstärkt und geschärft werden und der Fokus nicht mehr auf der gemeinsamen Lösung des gemeinsamen Problems liegt (HOPMANN: 1996, S.259ff.)
Die zweite Phase ist dann der eigentliche bargaining-Prozess der zwei Koalitionen miteinander, welcher sich von bilateralen Verhandlungen kaum mehr unterscheidet (in HOPMANN: 1996, S.251).
Koalitionen zwischen den Parteien sind aber nicht alleine einer Analyse wert, sondern kann auch auf ganz andere Kernpunkte angewendet werden. „ Packaging, linkages and tradeoffs – the basic devices of the negotiating process – are all ways of making coaltitions among issues, interests, and positions.“ (SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.8).
Die Bildung von Koalitionen führt zu ganz bestimmten Techniken bzw. zum Ausbau von Gruppenstrategien, die nun im folgenden Punkt näher erläutert werden sollen.
3.1.6 Gruppenstrategien
Die Parteien und auch ganze Koalitionen unterteilen sich sehr häufig und im Wechsel, je nach Themen, zum einen in „leader“, Gruppenführer und „followers“, Verfolger/Anhänger, zum anderen in „defenders of single issues“, Verteidiger ganz bestimmter Streifragen, zum „general orchestrators“ und anderen.
Sjösted (vgl. SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.11) redet hierbei von den fünf unterschiedlichen Typen der
1. Drivers, welche eine Übereinkunft konform ihrer Interessen treffen.
2. Conductors, die ebenfalls eine Übereinkunft treffen, allerdings auf Neutralität ausgelegt, ohne bestimmte Interessen zu bevorzugen.
3. Defenders sind „single-issue“ Teilnehmer welche nicht den Wert auf einen restlosen Erfolg der Verhandlungen legen, sondern ihnen ist es wichtiger in einem bestimmten abgesteckten Teil überein zu kommen.
4. Brakers, welche entweder die Opposition im Ganzen oder in bestimmten Teilbereichen bilden
und
5. Cruisers die als typische „followers“ charakterisiert werden können, da sie keine gezielten Interessen verfolgen.
Diese Aufteilung und damit Charakteristik des multirole ist wichtig um die ganze Themen- und Teilnehmervielfalt zu einem zustimmungswürdigen outcome zu kombinieren. Eine Manipulation untereinander in den verschiedenen Rollenverständnissen kann nicht ausgeschlossen werden. Diese ist auch nötig um nicht unbemerkt in eine falsche Rolle gedrängt zu werden. (vgl. SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.9).
Jede dieser Strategien, zu denen auch Ausstieg, Modifikation und Kompensation zählen, werden in (Umwelt-) Verhandlungen sehr oft verwendet (ZARTMAN: 1993, S. 272).
3.1.6.1 leadership
Der Part des leadership fällt meist an individuelle Delegierte, die die Möglichkeit haben die „stärksten“ Teilnehmer zu neutralisieren. Häufig sind dies auch Repräsentanten von IGOs und NGOs, die einen Mittler zwischen offiziellen und speziellen Interessen bilden (SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.9 und 12).
In der Literatur wird zwischen zwei Arten des leaderships unterschieden: dem beeinflussenden und inspirierenden leadership einerseits und den rationalen instrumentalisierenden bzw. weisenden leadership anderseits. Am erfolgreichsten ist meist der Gruppenführer der beide Arten sorgsam gegeneinander abwägt und anwendet, also den Parteien zum einen psychologisch geschickt den Erfolg einer Verhandlung schmackhaft macht, Respekt ausstrahlt und zum anderen dies aber auch durch Expertenwissen und Analyse tut.
Eine weitere Technik wäre die Anwendung von einem „single negotating text“[6], bei dem sich der Gruppenführer, ähnlich einem Mediator, jede Partei und ihre Interessen anhört und daraus einen Text formuliert, der für alle akzeptierbar und somit ratifizierbar sein müsste (vgl. HOPMANN: 1996, S.266).
Ott und Oberthür reden davon, dass leadership am besten durch Kombination von drei Komponenten erfolgt: Der Führer muss allgemein politisches und ökonomisches Gewicht nutzen (structural leadership). Leadership erfordert eine geschickte Koalitionsbildung und die Fähigkeit als Mediator zu fungieren (instrumental leadership) und ist am effektivsten wenn er Lösungen präsentieren kann (directional leadership)[7] (vgl. OTT/OBERTHÜR: 2001, S.19)
3.1.6.2 Mediator
Die Rolle eines Mediators ist die üblichste der unterschiedlichen Rollen dritter Parteien. Ein Mediator kann aus den Rängen der Verhandlungsteilnehmer gestellt werden und tritt dann in Aktion, wenn die Verhandlungen ins Stocken geraten. Er hat dabei zwei fundamentale Funktionen: zum einen soll er den Parteien helfen ihre Probleme zu diagnostizieren bzw. feststellen ob überhaupt ein wirkliches Problem besteht, um dann Lösungen in Form von Vorschlägen unterbreiten zu können (vgl. RUBIN 1993: S.276).
Hopmann spricht von den fünf unterschiedlichen Mediatortypen[8] (HOPMANN: 1996, S.231ff). Zum einen ist da der Prozessförderer, welcher versucht einen guten Verhandlungsrahmen zu schaffen, indem er durch Ortswahl Atmosphäre schafft, einen „Stundenplan“ aufsetzt, etc. Ein weiterer Mediatorentyp ist der Kommunikations-, Kompromiss- und Konvergenzförderer. Er taucht innerhalb des Bargainingprozesses auf und forciert ihn. Eine dritte Möglichkeit als Mediator aufzutauchen ist es ein Förderer des kognitiven Wechsels zu sein, indem man versucht die Verhandlungsteilnehmer von ihrer Linie abzubringen und die Dimensionen in einem neuen Licht zu sehen und den Verhandlungen einen neuen Rahmen zu geben.
Als Formulierer hilft man den Akteuren neue Lösungen für ihre Probleme zu finden und zu formulieren.
Der Manipulierer ist sich seiner Stärke bewusst und beeinflusst die Parteien indem er moralische Druckmittel nutzt, und seinen Ressourcen an Kraft, Einfluss und Überzeugungsstärke präsentiert.
Während den Verhandlungen sollen Mediatoren dafür sorgen, dass die Motivation ein Übereinkommen zu treffen nicht verloren geht und die Modifikationen in der physischen und sozialen Struktur eingeschränkt bleibt, indem er ein Klima der Motivation schafft, Koalitionsbildung anregt, Möglichkeiten für informellen Austausch und Vorverhandlungen schafft, Zeitlimits setzt, einen guten Verhandlungsort wählt und falls die Verhandlungen in eine Sackgasse geraten zusätzliche Ressourcen freisetzt. Desweiteren sollten Mediatoren Vorschläge zur Strukturierung der Themen und der Diskussion an sich machen. (vgl. RUBIN 1993: S.280ff).
4. Die Kyoto-Konferenz
Die Kyoto-Verhandlungen fanden vom 1. bis zum 10. Dezember 1997 zusätzlich im Rahmen des seit 1992 bestehenden UNFCCC- Prozesses[9] (Klimarahmenkonvention) mit dem Kyoto-Protokoll seinen Abschluss. Das Hauptziel dieser Konferenz war es reale Bindung der Industrieländer bezüglich der Emission von CO2 auszuhandeln. Teilnehmer waren mehrere Tausend Delegierte der 158[10] Teilnehmer der Klimakonvention und sieben Beobachterstaaten, sowie von Nicht-Regierungsorganisationen und Internationalen Organisationen. Die Verhandlung fand in zwei Phasen statt: in der ersten Woche versuchten die Delegierten eine breite gemeinsame Basis für die in der zweiten Woche stattfindenden Ministerkonferenz zu finden, um dort zu einer endgültigen Einigung über den Inhalt des Protokolls zu kommen (OTT/OBERTHÜR 2001: S. 115ff).
Zur Vorbereitung der Konferenz wurde von Estrada als Vorsitzenden der AGBM (Ad Hoc Group on Berlin Mandate) vor einer sechsten Sitzung im März 1997 dieser Gruppe eine Textsammlung (bekannt unter dem Begriff Framework compilation of proposals from Parties) vorgenommen, um anhand dieser mit Vorverhandlungen zu Kyoto beginnen zu können. Dies gelang allerdings nicht und so wurde die sechste Sitzung wiederum dafür genutzt, benannte Textsammlung zu straffen und neu zuordnen. Es dauerte bis zum AGBM 7 im August1997 und der AGBM 8 bis die Positionen der Länder scharfe Konturen angenommen hatten und ein konsolidierter Verhandlungstext entworfen werden konnte, der im November während einer weiteren Verhandlung erneut überarbeitet worden ist (MISSBACH 1999: S. 209f). Auf der AGBM 8 entschied Estrada bereits, dass die Annahme des Protokolls auch gegen eine Minderheit von Gegnern „per Konsens“ angenommen werden könnte (OTT/OBERTHÜR 2001: S. 124) Die Positionen der Verhandlungspartner sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden und anschließend noch einmal übersichtlich in den zentralen Punkten in einem Schaubild gegenübergestellt werden.
4.1 Die Positionen der Verhandlungspartner im Vorfeld der KyotoKonferenz
Die Position der EU, die erst nach langen Verhandlungen innerhalb der Mitgliedstaaten gefunden werden konnte, beläuft sich darauf dass für drei relevante Gase (Kohlendioxid, Methan, Lachgas) eine fünfzehnprozentige Reduktion gegenüber 1990 bis 2010 (ab 2006) erfolgen müsse. Optimalerweise wurde ein Nahziel von 7,5 % bis 2005 angegeben. Sie sprach sich darüber hinaus eindeutig gegen ein borrowing, also das gegenseitige Borgen von Emission aus, aus, weil sie nicht zuletzt befürchtete, dass eine Kontrolle dieser Aktivitäten nicht ausreichend erfolgen könnte und so zu einem Stagnieren der Emissionsreduktion führen könnte. Weiterhin sprach sich die Gemeinschaft für bindende Politiken und Maßnahmen sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene aus und auch dafür dass die Reduktionsziele mit der Zeit auf die Entwicklungsländer erweitert werden sollen. Die Bedeutung des Senkens soll reduziert werden, indem nur ein ganz bestimmter Bruchteil des Reduktionsziels durch Vergrösserungsmaßnahmen von Senken erfüllt werden dürfte (vgl. MISSBACH 1999: S. 212f)
Die USA hingegen wollten von bindenden Politiken und Maßnahmen nichts hören und wanden sich vor allem gegen obligatorische Maßnahmen zur Treibhauseffektminderung. Diese sollten auf nationaler Ebene entschieden werden. Sie sprachen sich stark für das borrowing aus, welches durch das Recht auf Kauf von Emissionsrechten erweitert werden soll. Ein Benutzen von Emissionen künftiger Verpflichtungsperioden wird so möglich. Zur Budgeterfüllung kann Joint Implementation unbeschränkt genutzt werden. Eine weitere Position der Vereinigten Staaten war, banking, also die Möglichkeit nicht-genutzte Emissionsrechte aus vorherigen Zeiträumen auf nachfolgende zu übertragen, in das Protokoll aufzunehmen. Unter dem Druck des Senats soll ein Gewicht auf die Position gelegt werden, dass Entwicklungsländer ebenfalls in die Pflicht genommen werden sollen und freiwillig Annex B beitreten. Alle Länder die weder Annex A noch B zugehörig sind, sollten „no regrets“- Maßnahmen zur Emissionsreduzierung vornehmen. Eine Reduzierung der relevanten Gase auf das Niveau von 1990 soll in den Jahren 2008 bis 2012 erfolgen, für die Erreichung der Stabilisierung sollen flexible Mechanismen bereit gestellt werden. Senken soll möglichst allumfassend berücksichtigt werden (vgl. MISSBACH 1999: S. 210ff).
Japans Position sollte als Kompromiss zwischen den Standpunkten der EU und den USA gesehen werden, ähnelte allerdings stark der USA. Das Gastgeberland sprach sich für eine Basisreduktionsrate, welche für die einzelnen Länder unterschiedlich gestaltet werden solle, von 5% im Zeitraum von 2008 bis 2012 aus. Unsicherheitsfaktoren sollten bei der (Nicht-) Erfüllung der Protokollpflichten berücksichtigt werden. Banking, borrowing und Joint Implementation wird ohne Auflagen genehmigt. Sie stehen mit ihrer Position also in Konflikt mit den Ziele der EU in punkto bubbling (gem. Reduktionsziel) und bindenden Politiken und Maßnahmen (vgl. MISSBACH 1999: S. 213f.)
Die Staaten der G77, unter dem Vorsitz von China, Indien und Tansania, sprachen sich nicht für konkrete Reduktionsziele aus. Lediglich von einer Emissionsreduzierung der Industrieländer bis 2005 um 7,5 % und bis 2020 um 35 % sprachen sie. Die Reduzierung sollte sich individuell auf die einzelnen Gase beziehen, um alle emittierenden Bereiche zur Änderung ihres Verhaltens zu bewegen. Internationale Maßnahmen und Politiken, Budgets, sowie Joint Implementation und neue Annexe lehnten sie ab und drängten auf die Erfüllung des Berliner Mandats[11]. Den Vorschlag Brasiliens einen „clean development fund“ einzurichten, in den die Industrieländer die ihre Reduktionsrate nicht erfüllen, Strafe zahlen sollen, die an die Entwicklungsländer verteilt werden sollen, unterstützen die Länder. Brasilien strebte eine faire Lastenverteilung unter den Annex- I- Ländern an. Darunter soll verstanden werden, dass die Länder ihre Reduktionsverpflichtungen proportional zu ihrem Problementstehungsanteil nachkommen soll. Im Themenkomplex Treibhausgassenken sprachen sie sich dafür aus die erlaubten Senken auf eindeutig messbare Veränderungen im Bereich von Projekten innerhalb des Forstes einzuschränken. In all ihren Positionen standen die G77 Staaten also in offenen Konflikt mit den JUSSCANZ Staaten (vgl. MISSBACH 1999: S. 214ff).
Tabelle1: Positionen der Verhandlungspartner im Vorfeld der Kyoto- Konferenz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: MISSBACH 1999: S. 219
Japan nutzte im Vorfeld der Konferenz seiner Stärke in der Verhandlungskunst des „sorgfältigen Interessensausgleichs“ und initiierte am 23. und 24. April 1997 sowie im September, im Rahmen eines structural leadership, ein Treffen zwischen Delegierten der JUSSCANNZ und der EU zum informellen Meinungsaustausch. Am 8. November desselben Jahres lud Japan erneut zu einem ein inoffizielles Treffen der Industrieländer (u.A. vertreten durch Minister der USA, Kanada, BG; BRD, Frankreich, Norwegen) in Tokio ein, wo sie über Flexibilitätsmechanismen, Politiken und Maßnahmen und die Einbeziehung der Entwicklungsländer sprechen sollten und Gemeinsamkeiten zu finden. Japan, jetzt als directional leader, machte selbst Vorschläge, die auf breite Zustimmung stießen. Am darauf folgenden Tag kamen die Entwicklungsländer (u.A. vertreten durch Politiker der zweiten Reihe aus Mexiko, Argentinien, Samoa Brasilien) dazu. Indien und China lehnten ihre Einladung ab. Eine gewisse Annäherung zwischen den Polen kam zustande. Wichtiger war allerdings, dass das „ Treffen Engagement und gegenseitiges Verständnis der Umweltminister der Schlüsselländer “ stärkte und Voraussetzungen für die stärkere Einbeziehung der Entwicklungsländer geschaffen wurden (OTT/OBERTHÜR 2001: S. 115ff).
5. Anwendung einiger Charakteristika auf die Verhandlungen während der Kyoto - Konferenz
Im nun folgenden Abschnitt sollen die herausgearbeiteten Charakteristika und Techniken von multilateralen Verhandlungen auf den Verlauf der Kyoto-Konferenz angewendet werden.
Die Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll strotzten nur so von Komplexität: Mehrere tausend Delegierte aus den Vertragsstaaten, aus NGOs und IOs waren zu der Konferenz erschienen. Zu der hohen Themenzahl kam eine enorme Varietät von Interessen, die sich konfliktartig quer durch alle Verhandlungspartner zog und teilweise auch polarisierende Ausmaße annahm. Um die Komplexität etwas zu ordnen, fanden neben den Hauptverhandlungen viele kleine (meist informelle) Nebenverhandlungen von Arbeitsgruppen, … statt, um schon Kompromissmöglichkeiten vorzubereiten und einen möglichen Konsens zu finden (OTT/OBERTHÜR 2001: S.116ff).
Als Vorsitzender der Vertragsstaatenkonferenz wurde der japanische Umweltminister Ohki bestimmt. Estrada wurde als Vorsitzender des Hauptausschusses (COW/Committee of the Whole), welcher die Verhandlungen zu einem sicheren Ende führen sollte, gewählt (MISSBACH 1999: S. 224). In dieser Rolle fungierte er als geschickter Mediator, sowohl im instrumental, also auch im directional leaderhip. Aber dazu später.
Schon in den ersten Verhandlungstagen wurde das heiße Eisen „Evolution“ – also die Erweiterung der Verpflichtungen auch auf die Entwicklungsländer – angepackt und es kam es zu einer Verstärkung der Konfliktlinie zwischen Nord und Süd, präziser zwischen den USA und den Entwicklungsländern (MISSBACH 1999: S224). Dieser Konflikt machte sich im Vorfeld schon sichtbar, da die Entwicklungsländer als eine „in-group“, speziell die G77 plus China, ausdrücklich gegen eine Fortentwicklung der Verpflichtungen zu ihren Ungunsten, Position bezogen. Die USA, die mit Neuseeland, Japan, Kanada und Australien eine weitere locker-koalierende „in-group“ bilden,[12] allerdings machte eine weitere Verpflichtung der Entwicklungsländer zur Basis ihrer Verhandlungsbereitschaft (siehe Kapitel 4.1) und zielt so auch auf eine hierarchische Struktur der Verhandlungen ab, in dem sie sich an die Spitze stellt und versucht mit diesem Druckmittel die Verhandlungen zu kontrollieren. Wären sie in der Rolle des Mediators wären die USA das perfekte Beispiel des Manipulators, so sind sie „defenders of single issues“. Estrada umging diese Situation, indem er in Form von instrumental leadership als Förderer des kognitiven Wechsels auftrat und ein Papier vorstellte, das zeigte, dass die Entwicklungsländer längst Schritte zur Reduzierung von Emissionen unternommen haben und auch die Effizienz der Nutzung ihrer Energie prozentuell mehr gesteigert haben als die Industrieländer. Er hoffte damit die USA von ihrem strikten Kurs etwas abzubringen und die Situation zu beruhigen, was ihm aber nicht wirklich gelang (vgl. MISSBACH 1999: S.224).
Von Neuseeland kam der Vorschlag darüber nachzudenken, dass die Entwicklungsländer ab 2014, also in der zweiten Reduktionsperiode, bindende Emissionsziele annehmen sollen falls es den Industrieländern gelingt ihre Ziele bis dahin zu erreichen (vgl. MISSBACH 1999: S.225). Das Land übernahm so in diesem Punkt die Rolle des conductors, indem es versuchte zwischen den polarisierten Parteien zu vermitteln, um überhaupt in dem Entscheidungsprozess voranzukommen. Die Entwicklungsländer hingegen fungierten geschlossen als brakers und bildeten eine ganz klare Opposition in diesem Teilbereich, da sie es nicht mit dem Berliner Mandat vereinbar sahen und ihre Prioritäten in der wirtschaftlichen Entwicklung und Armutsbekämpfung setzen. Sie verschärften ihren Ton und drohten mit Abbruch des gesamten Prozesses. „ Let us kill the global partnership established in Rio “ (vgl. MISSBACH 1999: S.225) Die USA und die EU äußerten sich positiv und zustimmend zu dem Vorschlag. Aufgrund der unüberbrückbaren Differenzen und dem starken Interesse die Verhandlungen dennoch zu einem Abschluss zu bringen, und nicht in einem gefürchteten „trial and error“ Versuch zu enden, wurde das Thema auf Empfehlung Estradas nicht wieder aufgenommen.
Am dritten Verhandlungstag wichen die USA von ihrem Kurs bezüglich einheitlicher Reduktionsziel ab und waren differenzierten Reduktionszielen gegenüber nicht mehr abgeneigt und näherten sich so Russland, Japan und einigen anderen Industrieländern an. Die EU allerdings bestand weiter auf ein gleiches Reduktionsziel und verstärkte so den Konflikt mit den USA, aber auch intern zwischen den EU-Staaten, da man selbst untereinander differenzierter Meinung hinsichtlich dieses Themas war. Eine Entscheidung diesbezüglich wurde ebenfalls verschoben (MISSBACH 1999: S.226).
Nach der ersten Verhandlungswoche sah es also nicht anders aus als nach den AGBM-Sitzungen. Die verschiedenen Delegierten der Verhandlungspartner hielten strikt ihre Positionen bei und so kam es zu keiner nötigen Annäherung um Kompromisse eingehen zu können. In den letzten drei Tagen der Konferenz fand ein Ministertreffen treffen, um dort die brisanten Fragen zu diskutieren (MISSBACH 1999:S. 228). Die USA, Japan und die EU, vertreten durch Luxemburg, den Niederlanden und dem UK, verhandelten zusätzlich trilateral hinter verschlossenen Türen. Hierbei wurde ein weiters Mal offensichtlich dass Koalitionsbildung auch zu Problemen führen kann. Und wieder war es die EU: Deutschland und auch einige andere Staaten der EU war nämlich nicht bereit der vertretenden „Troika“ der EU freie Fahrt zu geben. Die Koalition konnte also nicht geschlossen auftreten (MISSBACH 1999: S. 228). Dennoch wurden die Themenbereiche Reduktionsziele, Emissionshandel und die Schlupflöcher bei Joint Implementation und der Berücksichtigung von Senken eng miteinander verknüpft und man diskutierte zu dritt darüber. So trat auch bei diesen Verhandlungen das Phänomen des „circular barter“ auf: Die USA waren bereit sich auf ein gemeinsames Reduktionsziel festzulegen, sobald Senken und Emissionshandel geklärt sind. Die EU war der Meinung der Umfang des zulässigen Handels mit Emission hänge von den Reduktionszielen ab. Japan, das bisher im Vorfeld der Verhandlungen als Vermittler zwischen den USA und der EU agiert hat, befürwortete ein Reduktionsziel ohne Senken, wollte aber das Reduktionsziel nicht von 5% auf 6% steigern (MISSBACH 1999: S: 229). Nun musste man also anfangen sich im Rahmen des bargaining spaces und der Komplexitätsreduzierung auf eine BATNA zu jedem Thema zu einigen, indem man hier und dort Zugeständnisse macht und sich auf Kompromisse einlässt.
Im Hauptausschuss dagegen trat man selbst wenige Tage vor Ende der Konferenz immer noch auf der Stelle, da die Positionen zwar geklärt waren, aber eine zufrieden stellende Entscheidung für alle Parteien in keinen Themenpunkt gefunden werden konnte. Dies rief vor allem die Ungeduld der Entwicklungsländer zu Tage und so verlangten sie nun endgültige Reduktionsziele, bevor man sich mit den Nebenthemen der flexiblen Mechanismen auseinandersetzen sollte (MISSBACH 1999: S.229). Estrada selbst war als Prozessförderer mit dem Setzen von deadlines für die Verhandlungen zwischen den Industrieländern nicht wirklich erfolgreich gewesen. Allerdings formulierte er am vorletzten Verhandlungstag einen Protokollentwurf hinsichtlich des gemeinschaftlichen Reduktionsziels, der als Ausgangspunkt für die folgenden Verhandlungen weitestgehend akzeptiert wurde. Allerdings überschattete ein weiterer Streit die Verhandlungen. Die OPEC und Mauretanien, eigentlich in enger Zusammenarbeit gegen die Industrieländer, gerieten darüber aneinander, ob auf die erdölexportierenden Länder und die LLDC bei der Umsetzung der Reduktionsziele Rücksicht zu nehmen sei. Das war allerdings das einzige Mal, dass sich die OPEC dem Diktat des Koalitionspartners G77 entzog und als braker fungierte. Die Sitzung des Hauptausschusses wurde unterbrochen und informell weiter getagt.
Als Manipulator setzte Estrada folglich alle Parteien unter Druck, indem er sie informierte dass nicht genügend Fortschritte, vor allem im Bereich der Reduktionsziele, gemacht worden seien und die Diskussion über Senken beendet würde. Am letzten Tag begann dann um 19 Uhr die Schlussdiskussion, die in einem kleinen, atmosphäre-schaffenden Sitzungsraum stattfand und die erst am nächsten Morgen um 1 Uhr mit der Absegnung der einzelnen Paragraphen des Protokolls endete (MISSBACH 1999: S. 229f.). Die Paragraphen entstanden in einer heftigen Diskussion aller Beteiligten untereinander. Allerdings waren die crosscutting cleavages dadurch aufgehoben worden, dass sich die Industrieländer untereinander bereits weitestgehend geeinigt hatten und nun in einer Struktur des „dubbed minilateralism“ gemeinsam Position gegen die Entwicklungsländer bezogen. Der Nord-Süd-Konflikt, begleitet von Konflikten innerhalb der Koalition der Entwicklungsländer, dominierte also die Verhandlungsnacht (MISSBACH 1999: S. 230). Die Entwicklungsländer, allen voran China und Indien, sprachen sich gegen einen Emissionshandel aus, da dieser ihrer Meinung nach den Industrieländern als Schlupfloch für die Vermeidung der Emissionsreduzierung dienen. Eine Ausnahme bildete Mexiko, das einen Vorteil der flexiblen Mechanismen für alle Länder sah (MISSBACH 1999: S.230). Die USA unterstütze die EU in dem Vorschlag den Emissionshandel mit attraktiven Reduktionszielen und Sicherheitsmechanismen zu koppeln. Man einigte sich, nach einer weiteren Unterbrechung der Verhandlungen, darauf Artikel 16 bis[13] und Artikel 3 und 6 kaum verändert zu übernehmen. Es kam zu weiteren Diskussionen zwischen den Fronten in punkto freiwillige Emissionsbegrenzung für Entwicklungsländer, der Estrada entgegenkam, indem er den Punkt einfach strich.
Artikel 10 (Weiterentwicklung der allgemeinen Konventionspflichten) sagte zwar keiner der Parteien zu, dennoch entschieden sich alle dafür, da er akzeptabel war und man keine unnötige Verlängerung mehr eingehen wollte. Artikel 13 führte schon zu keiner Auseinandersetzung mehr und so hatte Estradas Plan „Consensus by exhaustion“ zu erreichen gegriffen, und das Protokoll wurde einstimmig am 11. Dezember um 10 Uhr an die Vertragsstaatenkonferenz übergeben, die es ebenfalls annahm (MISSBACH 1999: S.232).
Der gesamte Prozess stand in seiner Entscheidungsfindung stark unter Druck durch die modernen Kommunikationstechnologien, da durch sie Einfluss der Medien (und der NGOs) auf das Interesse der Heimatländer gefördert wurde (OTT/OBERTHÜR 2001: S. 121). Man war zu jeder Zeit über alles informiert. Teilweise waren es Mitglieder der NGOs besser die Regierungsvertreter, da sie beim warten in den Gängen so allerlei aufschnappen konnten und sich so eine Meinung über die Gesamtsituation bilden konnten (OTT/OBERTHÜR 2001: S120).
6. Das Kyoto-Protokoll
Das Kyoto-Protokoll besteht aus 28 Artikeln[14], die Politiken und Maßnahmen (Artikel 2), quantifizierte Emissionsziele (Artikel 3), Überprüfung und Umsetzung des Protokolls (Artikel 5,7,8,16,18,19), Beteiligung der Entwicklungsländer (Artikel 10,11), Institutionen (Artikel 13,14,15) und weitere (Schluss-) Bestimmungen (3,9,20,21,22-28) beinhalten.
Die Staaten verpflichten sich im Zeitraum von 2008 bis 2012, nicht wie von der EU und G77 bevorzugt 2006 bis 2010, ihre Treibhausgasemission um mindestens 5,2% unter das Niveau von 1990 senken. Dabei sind die Quoten die jedes Land zu erfüllen hat unterschiedlich: die EU muss so 8% ihrer Emission reduzieren, die USA 7%. Island, Norwegen und Australien dürfen ihre Emission steigern. Auf Betreiben der USA sollen als Treibhausgase alle sechs relevanten Gase (Kohlendioxid, Methan, Lachgas plus teilhalogenierte Kohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid) einbezogen werden, das Emissionsziel gilt dabei für die Summe dieser Gase („basket“).
Desweiteren sollen Fonds gebildet werden, die die Entwicklungsländer, welche von den Reduktionsverpflichtungen ausgeschlossen bleiben, unterstützen sollen. Eine Strafzahlung, wie von Brasilien in den Ideenprozess eingebracht wurde, wurde nicht berücksichtigt.
Russland setzte durch, dass die Obergrenze von Anrechnen von Senken auf 33 Megatonnen Kohlenstoff erhöht werden soll.
Im Verpflichtungszeitraum geschehene Zielverfehlungen werden mit 1,3 multipliziert und dem Staat von der für den Zeitraum nach 2012 Emissionsmenge abgezogen. Die flexiblen Mechanismen dürfen von dem Staat nicht mehr genutzt werden. Borrowing wurde, nicht zuletzt auf Bestreben der Entwicklungsländer, aus dem Protokoll gestrichen (http://www.rrz.uni-hamburg.de/duei/iaue/nsa/4-01/u65.pdf).
Die wichtigsten Artikel sind wohl der Artikel 4 (Bubbling),welcher den Vertragsparteien und auch anderen Parteien eine gemeinsame Erfüllung der Verpflichtungen ermöglicht, sowie die unter dem Oberbegriff „Kyoto-Mechanismen“/flexible Mechanismen bekannt gewordenen Artikel 6 (J oint I mplementation /Gemeinsame Umsetzung), Artikel 12 (C lean D evelopment M echanism / Umweltgerechte Entwicklung) und Artikel 17 (I nternational E missions t rade /Emissionshandel). Die JI sieht vor, dass ein Industrieland in einem anderen Industrieland in gegenseitigem Einverständnis Projekte zum Klimaschutz durchführen kann und dadurch gesparte Emissionskontingente für das eigene Emissionsziel gutschreiben kann. Ein Emissionshandel auf der Basis eines Projektes zwischen einem Annex I-Land und einem Entwicklungsland findet im Rahmen des CDM statt.
Der Handel mit Emissionskontingenten IET, also der Verkauf von nicht verbrauchten Kontingenten an einen Staat der das Emissionsziel nicht erreicht, ist zwischen Industrieländern möglich (vgl. OTT/OBERTHÜR 2001: das Protokoll).
Schlupflöcher können Probleme beim Emissionshandel auslösen: durch die die Differenz zwischen Emissionsziel und tatsächlichen Emissionen, die so genannte „Hot Air“ bei der Emissionsreduktionen, die ohne zusätzliche Maßnahmen erreicht werden und an andere Länder im Rahmen des Emissionshandels verkauft werden können, werden die Emissionsreduzierungen nur auf dem Papier existieren, aber nicht in der Wirklichkeit (http://www.germanwatch.org/rio/ky-res-w.htm).
Durch „Senken“, also jede Art von Abläufen, durch die Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernt werden (Wiederaufforsten, Erweiterung von Wäldern, Abholzen), wird eine Kontrolle der tatsächlichen Reduzierung erschwert und eine Umgehung der Kriterien möglich (http://www.germanwatch.org/rio/ky-res-w.htm).
Es gab also sowohl Gewinner als auch Verlierer nach Abschluss des Kyoto-Protokolls. Eine kurze zusammenfassende Übersicht soll das folgende Schaubild auf der nächsten Seite liefern.
Tabelle2: Gewinner und Verlierer der Kyoto -Konferenz[15]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: MISSBACH 1999: S.239
Das Protokoll wird laut Artikel 25 erst dann zu einem rechtsverbindlichen Dokument, wenn es von mindestens 55 Ländern ratifiziert worden ist, darunter entwickelte Länder, auf die insgesamt mindestens 55 Prozent aller von dieser Ländergruppe 1990 ausgebrachten CO2-Emissionen entfallen. (http://unfccc.int/cop5/klima/secret/).
Mit Stand zum 05.09.2003 haben insgesamt 63 Länder das Protokoll ratifiziert und 84 Staaten unterschrieben. Insgesamt sind es 117 Staaten, die das Protokoll entweder ratifiziert, akzeptiert, anerkannt haben oder ihm beigetreten sind. (http://unfccc.int/resource/kpstats.pdf) Somit ist Kriterium eins des Artikel 25 KP erfüllt: 55 Länder haben ratifiziert. Im September noch soll die Entscheidung fallen, ob Russland ratifiziert. Das Ergebnis wird mit Spannung erwartet, da Russland mit seiner Ratifizierung als Annex I Staat das zweite Kriterium des Artikel 25 KP („ These minimum of 55 need to incorporate Parties listed as industrialised countries in Annex I of the UNFCCC, which together accounted in total for at least 55 % of the total carbon dioxide emissions for 1990 of these industrialised countries “) erfüllen wird und so das Protokoll in Kraft treten kann[16].
7. Schlussbetrachtung
Bei einer Rückbetrachtung der Kyoto-Konferenz unter dem Aspekt Multilateralismus kann man feststellen, dass die Verhandlung sehr viele typische multilaterale Züge hatte.
Abgesehen von der enormen (Themen-) Komplexität, die man durch Vorverhandlungen, informellen Sitzungen und Erstellen von Arbeitspapieren etwas einschränken konnte, war ein weiteres typisches multilaterales Merkmal die Rolle Estradas als Mediator. Dieser Mann der als Argentinier sowohl den Staaten der G77 zugehört, als auch wirtschaftlich stark mit den USA verbandelt ist, ist darüber hinaus auch Botschafter in China. Er hat also zu allen Verhandlungsteilnehmern in irgendeiner Weise ein Verhältnis und so auch ein Gespür für die Eigenheiten der Delegierten. Sicherlich gehört auch eine ganze Portion Menschenkenntnis dazu, so agieren zu können wie Estrada es tat. Es ist eine Kunst so vorzugehen, ohne die Schmerzgrenze der einzelnen Parteien zu überschreiten, da ja eigentlich keiner zu Kompromissen bereit war. Er übte wenig diplomatische Zurückhaltung aus und dennoch zweifelte nie jemand an seiner Befähigung als Verhandlungsvorsitzender.
Der Argentinier erfüllte alle Anforderungen an einen guten leader, denn er schaffte eine perfekte Kombination aller Mediatorentypen, indem er Möglichkeiten für informellen Austausch und Vorverhandlungen schaffte, Zeitlimits setzte, für die Abschlusssitzungen einen perfekten Verhandlungsort wählte und zusätzliche Ressourcen freisetzte als die Verhandlungen in eine Sackgasse geraten waren. Er hatte einen großen Einfluss, da er entschied was aus dem Protokoll gestrichen wurde und was verblieb. Was er als „fertig diskutiert“ abhakte, blieb abgehakt. Da er der Mittelpunkt der Verhandlungen war, behielt er immer alles im Überblick und konnte so in einer gewissen Weise die Verhandlung hierarchisch strukturieren.
Ein weiters typisches Merkmal von multilateralen Verhandlungen war die Tatsache, dass die Verhandlungsteilnehmer Entscheidungen nie formal angefochten haben um den gesamten Prozess so zu gefährden. Da jedem eine Einigung am Herzen lag, versuchte man eine „trial and errror“ Verhandlung zu vermeiden und auch im Sinne des Allgemeinwohls eigene Positionen etwas zurückzuschrauben. Natürlich kam es zunächst zu einem Aushandeln vor allem in den Industrieländern. Dennoch kam viel Bewegung in den Prozess als es ernst wurde und jeder gab etwas nach. Auffallend war dies vor allem als die Industrieländer, besonders die USA, nicht auf ihren Plänen beharrten die Entwicklungsländer für das Protokoll zu verpflichten. Und das alles nur um den Prozess nicht zu gefährden. Schließlich wollte man ja nicht nur Probleme lösen, sondern auch Wegbereiter für neue Normen und Prozeduren sein. Der Medieneinfluss und so auch der Druck von „daheim“ ist sicherlich nicht ganz unschuldig an dieser Tatsache der Entscheidungsfindung. Da die Verhandlungen teilweise live übertragen wurde, und durch e-Mails, Mobiltelefone, etc. alle auf dem aktuellsten stand der Dinge waren, hatte manch einer sicherlich auch „Angst“ im eigenen Land (und auch in der Staatengemeinschaft) als Sündenbock für das Scheitern verantwortlich gemacht zu werden.
Wie oben bereits erwähnt machte die Koalitionsbildung, charakteristisch für multilaterale Verhandlungen, Probleme. Die EU war sich häufig uneins untereinander und trat so gehemmt in den Verhandlungsprozess ein. Und auch die Zusammenarbeit der Entwicklungsländer lief in manchen Punkten nicht so wie es vorher geplant war. Die G77 trat schlussendlich sogar gar nicht mehr mit gemeinsamen Standpunkten auf. Interessant an den Verhandlungen war allerdings dass die OPEC mit ihrer eigenen Verhandlungsstärke kaum als braker aufgetreten ist, sondern sich meist der G77 als „follower“ untergeordnet hat.
Die Konfliktlinien zogen sich zunächst noch gekreuzt durch alle Parteien und Koalitionen, wirkten sich aber nach den ersten Verhandlungen nur noch polarisierend zwischen Nord und Süd aus. Aber auch dieser Prozess schwächte sich mit der Zeit ab.
Abschließend ist zu sagen, dass Multilateralismus ein sehr komplexes Themengebiet ist, welches sich aber sehr gut gliedern und analysieren lässt. Es gibt tatsächlich ein „typisches“ Bild von multilateralen Verhandlungen, was man bei der Anwendung der Charakteristika und Techniken auf die Kyoto-Konferenz schön aufzeigen konnte. Mit Abschluss dieser Arbeit bleibt offen was die Zukunft für den Erfolg des Kyoto-Protokolls bringt. Man hofft auf eine baldige Umsetzung und auch eine sicherlich noch notwendige Erweiterung und Verbesserung der Maßnahmen für eine gesunde Umwelt an der alle gemeinsam beteiligt sind und von der alle profitieren.
Literaturangaben
Monographien
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auf: http://www.sumbiosis.com/english/documentation/multilateral_negotiations.pdf
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Kremenyuk, Viktor A. (1991): International Negotiation. Analysis, Approaches, Issues; San Fransisco/Oxford/Laxenburg
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Ruggie, John Gerard und Miller, Helen (1993): Multilateralism Matters. The Theorie and Praxis of an Institutional Form; New York
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Aufsätze (in Sammelbänden)
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Dupont, Christophe/ Faure, Guy-Olivier (1991): The Negotiation Process. in: Kremenyuk, Viktor A. (1991): International Negotiation. Analysis, Approaches, Issues; San Fransisco/Oxford/Laxenburg
Ott Hermann E./ Oberthür, Sebastian (2001): Breaking the Impasse: Forging an EU Leadership Initiative on Climate Change in: World Summit Papers of the Heinrich Böll Foundation, No. 3
Rubin, Jeffrey Z. (1993): Third-Party Roles: Mediation in International Environmental Disputes. in: Sjösted, Gunnar (1993): International environmental negotiation; Newbury Park/London/New Delhi
Ruggie, John Gerard (1992): Multilateralism. The Anatomy of an Institution in: Ruggie, John Gerard und Miller, Helen (1993): Multilateralism Matters. The Theorie and Praxis of an Institutional Form; New York
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Zartmann, I. William (1993): Lessons for Analysis and Practise in: Sjösted, Gunnar (1993): International environmental negotiation; Newbury Park/London/New Delhi
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Nachschlagewerke
Müller, Wolfgang (1982): Band 5. Duden „Fremdwörterbuch“, 4. neu bearb. u. erw. Aufl.; Mannheim; Wien; Zürich
Nohlen, Dieter (2000): Lexikon Dritte Welt. Länder, Organisationen, Theorien, Begriffe, Personen; Reinbek bei Hamburg
Woyke, Wichard (1998): Handwörterbuch Internationale Politik. 7. Auflage; Opladen
Weitere Quellen
http://eng.bundesregierung.de/top/dokumente/Artikel/ix_35010.htm?template=single&id=35010_416&script=1&ixepf=_35010_416
http://www.germanwatch.org/rio/ky-res-w.htm
http://www.rrz.uni-hamburg.de/duei/iaue/nsa/4-01/u65.pdf
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http://unfccc.int/cop5/klima/secret/
http://unfccc.intresourcedocsconvkpkpeng.pdf
http://unfccc.int/resource/kpstats.pdf
[...]
[1] „ Internationale Organisationen wirken als spezifische Konfliktverhütungs- und regelungsagenturen. In ihnen vollzieht sich eine laufende Multilateralisierung (…)“. (WOYCKE 1998: S175)
[2] Sjösted spricht erst ab 20 Parteien von multilateralen Verhandlungen, bei einer geringeren Teilnehmerzahl ab drei Parteien spricht er von plurilateralen Verhandlungen (SJÖSTED: 1993, S. 68).
[3] Roger Fisher und William Ury definierten diesen Begriff als „ B est A lternative T o a N egotiated A greement“ (HOPMANN: 1996: S.57).
[4] diese „crosscuting cleavages“ in multilateralen Verhandlungen stehen im Gegensatz zu den in bilateralen Verhandlungen vorkommenden „reinforcing cleavages“, also verstärkenden Konfliktlinien (HOPMANN: 1996, S255).
[5] Sjösted unterscheidet zwischen Koalitionen auf transnationaler (Forscher, Geschäftsmänner,…) und internationaler Ebene (vgl. SPECTOR/SJÖSTED/ZARTMAN:1994, S.11)
[6] Diese Bezeichnung geht zurück auf Fisher, der damit die Strategie Jimmy Carters bei den Camp David Verhandlungen 1978 beschreibt (HOPMANN: 1996, S.239)
[7] hierbei ist es auch wichtig, dass man eine häusliche Atmosphäre schafft, in der sich die Verhandlungspartner wohl fühlen.
[8] In der Literatur werden meist nur die drei Typen des formulator, manipulator und communicator vorgestellt, so z.B. bei Zartmann in Kremenyuk, S 72.
[9] Mit dem „weichen Ziel“ die Emissionen der Industriestaaten bis 2000 auf das Niveau von 1990 zurück zu führen. Ziel ist es die Treibhausgaskonzentration innerhalb eines bestimmten Zeitraumes so zu stabilisieren, dass „ eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird “, aber weder Ökosystem, Nahrungsmittelproduktion und wirtschaftliche Entwicklung gestört werden. (http://unfccc.int/cop5/klima/secret/)
[10] über die Teilnehmerzahl an Verhandlungsstaaten findet man in der Literatur unterschiedliche Angaben, z. B. in NOHLEN: 2000, S.805 113 Teilnehmer, die Bundesregierung spricht von 155 Teilnehmerstaaten (http://eng.bundesregierung.de/top/dokumente/Artikel/ix_35010.htm?template=single&id=35010_416&script=1&ixepf=_35010_416).
[11] Das Berliner Mandat von 1995 erteilt den Unterzeichnerstaaten die Aufgabe innerhalb von zwei Jahren ein Protokoll zu verabschieden, das im ersten Schritt Reduktionsverpflichtungen alleine für Industrieländer vorsieht. Es enthält darüber hinaus den Auftrag, Maßnahmen und Politiken mit deren Hilfe die Reduktionsziele je Nation erreicht werden können, zu analysieren und zu beurteilen. Zu diesem Zweck wurde die Arbeitsgruppe AGBM ins Leben gerufen. (http://www.germanwatch.org/rio/bpsb13.htm)
[12] die JUSSCANZ-Gruppe
[13] dieser Artikel regelt „ dass die Vertragsstaatenkonferenz Regeln für den Emissionshandel erlassen soll, bevor erwähnt wird, dass die Indurstrieländer ihre Reduktionsziele mit Emissionshandel erfüllen “ (zit. nach MISSBACH 1999: S. 231)
[14] den genauen Wortlaut des Protokolls findet man z.B. unter http://unfccc.intresourcedocsconvkpkpeng.pdf oder in OTT/OBERTHÜR 2000: S.397ff
[15] Diese Tabelle ist fehlerhaft: in Bezug auf Artikel 3 Gase hatten die EU drei (nicht sechs) Gase bevorzugt und sind so Verlierer.
[16] Diverse Nachrichtensendungen (im ZDF, auf Bayern3) berichten in der Nacht zum 30.09. 2003 das Russland das Kyoto-Protokoll vorerst nicht ratifizieren wird.
- Arbeit zitieren
- Elena Neumann (Autor:in), 2003, Multilateralismus: Multilaterale Verhandlungen am Beispiel der Kyoto-Konferenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110539