Der Text „Die Kegelbahn“ von Wolfgang Borchert erschien 1947 und ist somit der Nachkriegsliteratur in Deutschland – um genauer zu sein der Trümmer- und Kahlschlagliteratur – zuzuordnen. Dem Text ist ein Prolog aus sechs Versen vorangestellt. Am direkten Einstieg und am offenen Ende kann ich erkennen, dass es sich um eine Kurzgeschichte handelt. Zudem verwendet Borchert das Mittel der Zeitraffung, das heißt die Erzählzeit, das ist die Zeit, die man zum Lesen der Geschichte benötigt, ist kürzer als die erzählte Zeit. Dies ist bei Kurzgeschichten sehr häufig der Fall. „Die Kegelbahn“ ist in zwei übersichtlichen Spalten abgedruckt und besteht aus mehreren Absätzen, denen unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden können. Die Erzählperspektive ist schwer festzumachen. Nach dem Ausschlussverfahren komme ich aber zu dem Ergebnis, dass es sich um einen auktorialen Erzähler handeln muss, der sich allerdings auf sachliche Beschreibungen beschränkt und keine Wertungen vornimmt. Die Darbietungsformen in der Kurzgeschichte sind der Erzählbericht durch den auktorialen Erzähler und die direkte Rede zwischen zwei Soldaten, welche ebenfalls vom auktorialen Erzähler berichtet wird.
„Die Kegelbahn“ von Wolfgang Borchert
Der Text „Die Kegelbahn“ von Wolfgang Borchert erschien 1947 und ist somit der Nachkriegsliteratur in Deutschland – um genauer zu sein der Trümmer- und Kahlschlagliteratur – zuzuordnen. Dem Text ist ein Prolog aus sechs Versen vorangestellt. Am direkten Einstieg und am offenen Ende kann ich erkennen, dass es sich um eine Kurzgeschichte handelt. Zudem verwendet Borchert das Mittel der Zeitraffung, das heißt die Erzählzeit, das ist die Zeit, die man zum Lesen der Geschichte benötigt, ist kürzer als die erzählte Zeit. Dies ist bei Kurzgeschichten sehr häufig der Fall. „Die Kegelbahn“ ist in zwei übersichtlichen Spalten abgedruckt und besteht aus mehreren Absätzen, denen unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden können. Die Erzählperspektive ist schwer festzumachen. Nach dem Ausschlussverfahren komme ich aber zu dem Ergebnis, dass es sich um einen auktorialen Erzähler handeln muss, der sich allerdings auf sachliche Beschreibungen beschränkt und keine Wertungen vornimmt. Die Darbietungsformen in der Kurzgeschichte sind der Erzählbericht durch den auktorialen Erzähler und die direkte Rede zwischen zwei Soldaten, welche ebenfalls vom auktorialen Erzähler berichtet wird.
Der vorangestellte Prolog ist für das Verstehen des Textes von größter Bedeutung, da erst durch ihn eine inhaltlich sinnvolle Bedeutung zwischen dem Titel und dem Inhalt der Kurzgeschichte geschaffen wird. Kegler, Kugel und Kegel sind Metaphern für die Menschen bzw. die Soldaten, die sich im Krieg befinden. Kegler und Kugeln bedeutet, sie sind die Täter. Aber zugleich sind sie auch „die Kegel, die stürzen“ und somit die Opfer des Krieges. Die Kegelbahn ist hier als Metapher für das Herz und die Seele der Menschen zu sehen. Das Donnern auf der Kegelbahn sind also seelische Erschütterungen, unter denen die Menschen im Krieg leiden. Stürzende Kegel verkörpern fallende Freunde, Verwandte oder Kameraden. Ohne diesen Prolog zu Beginn kann der Leser nur schwer eine Verbindung zwischen dem Titel „Die Kegelbahn“ und dem Inhalt der Geschichte erkennen. Die Kurzgeschichte beginnt mit dem direkten Einstieg in eine sehr knappe Beschreibung des Handlungsortes „ein Loch in der Erde […] ganz geräumig und beinahe gemütlich“. Dieses Loch wird nun unerwartet mit einem Grab verglichen (vgl. Z. 1-3). Der Vergleich zeigt dem Leser die Gegenwart des Todes. Es wird der Eindruck erweckt, dass die beiden Männer bereits mit einem Bein im Grab stehen. Im Folgenden wird nun die Situation der beiden Soldaten beschrieben. Diese Beschreibung wirkt so unpersönlich, dass man die Situation der beiden Soldaten auf jeden anderen Soldaten übertragen kann. Dadurch gewinnt die Geschichte etwas Parabelhaftes. Die Sprache wirkt durch kurze, knappe Sätze und viele Wiederholungen sehr karg, was für die Trümmer- und Kahlschlagliteratur typisch ist (vgl. Z. 3-14). Ein parataktischer Satzbau dominiert den gesamten Text. Die Schlüsselwörter sind „Gewehr“, „schießen“ und „befohlen“ im nächsten Abschnitt kommt noch das Schlüsselwort „Kopf“ dazu. Diese Wortleitmotive wiederholen sich in jedem Abschnitt des Textes.
Damit werden die Ausweglosigkeit der Lage der Soldaten und ihre eingeschränkten Möglichkeiten, was Selbstbestimmung und das Treffen eigener Entscheidungen anbelangt, formal verdeutlicht. Außerdem wird am Ende dieses Abschnitts die Perversion einer Gesellschaft gezeigt, die jemanden dafür belohnt, dass er ein Gewehr erfindet, was schneller schießt und mit dem man mehr Menschen umbringen kann (vgl. Z. 10-14). Im nun folgenden Abschnitt erscheint das Motiv des Kopfes, welches sich später immer wieder wiederholt. Um größtmögliche Objektivität und Neutralität zu erreichen, beschreibt Borchert nicht das Aussehen des Kopfes, der metaphorisch für den Menschen steht, sondern zählt lediglich die Sinnesorgane des Kopfes auf und beschreibt dann die Sinnesempfindungen, die jeder Mensch hat. „Er hatte eine Nase, […] Augen, […] Er hatte einen Mund.“ Die Organe des Kopfes werden nur aufgezählt, aber nicht beschrieben, somit kann dieser Kopf jedem Menschen gehören. Die Fähigkeit „… Parfüm riechen, […] Blume sehen […] Inge sagen oder Mutter.“, hat ebenfalls jeder Mensch. Dieser Mensch erscheint den beiden Männern gegenüber völlig neutral, erst als sie ihn erschießen, erfährt der Leser, dass es ein „Feind“ gewesen sein muss. Die Sinnlosigkeit des Krieges wird an diesem Beispiel eindrucksvoll geschildert. In Abschnitt vier wird dieser Eindruck bestätigt. Die zwei Soldaten töten viele Menschen, die sie nicht kannten und die ihnen vorher nichts getan hatten. Das Wort „Aber“ in Zeile 33 weckt beim Leser die Erwartung auf eine Begründung für den Krieg. Stattdessen wird nur wiederholt, dass einer das Gewehr erfunden hat und einer es befohlen hat. Eine vernünftige Erklärung, warum Krieg ist, bleibt aus. Das muss sie natürlich auch, da es sie nicht gibt. Im fünften Abschnitt wird erstmals eine Verbindung zum Titel hergestellt, indem der Autor auf die Anzahl der Getöteten eingeht, aus deren Köpfen man schon einen großen Berg machen konnte.
Er verwendet einen Vergleich, der zum einen verstärkend für die große Anzahl an Toten ist, da die zum Berg aufgestapelten Köpfe herunterrollen „Wie auf einer Kegelbahn“ und zum anderen die Albträume der beiden Soldaten beschreibt, denn die Köpfe fingen an „Wie auf einer Kegelbahn“ zu rollen „wenn die beiden Männer schliefen“. Dies ist die einzigste Textstelle, in der eine Verknüpfung zwischen Text, Titel und Prolog gezogen wird. Gleichzeitig wirkt dieser fünfte Abschnitt beim mehrmaligen Lesen wie der Höhepunkt eines Klimax aus den Abschnitten drei, vier und fünf (vgl. Abschnitt 3 Z. 26 „Da war der Kopf kaputt“, Abschnitt 4 Z. 30 „Sie machten viele Köpfe kaputt“, Abschnitt 5 Z. 37f „… so viele Köpfe kaputt gemacht.“). Beinahe ohne Überleitung beginnt nun in Abschnitt sechs ein Dialog, der dem antithetischen Prinzip, das heißt einer vertritt die These und ein anderer die Antithese, folgt. Auffällig ist hierbei das Fehlen der An- und Ausführungszeichen bei der direkten Rede. Die Anapher „Aber“, welche sich wie ein roter Faden durch das ganze Streitgespräch der beiden zieht, leitet hierbei These sowie Antithese ein. Durch den Disput der zwei Soldaten wird dem außenstehenden Leser klar, in welchem Zwiespalt sie sich befinden und dem Leser wird hier eine Innenansicht geboten. Zum einen haben sie sich verpflichtet, ihrem Vaterland zu dienen und mussten einen Eid darauf leisten (die Soldaten des Zweiten Weltkriegs wurden sogar auf die Person Adolf Hitler vereidigt) und diesem Eid müssen sie als Soldaten folge leisten. Das zeigt die These des einen „Aber man hat es doch befohlen“. Zum andern jedoch wissen sie oder fühlen sie zumindest, dass es falsch ist, was sie tun „Aber es war furchtbar, stöhnte der eine“. Das hier angewandte antithetische Prinzip wird formal durch die Verwendung gegensätzlicher Verben des Ausdrucks und der Sprache unterstrichen (vgl. Z. 44 „flüsterte der eine“ – Z. 46 „schrie der andere“, Z. 47 „stöhnte der eine“ – Z. 48 „lachte der andere“).
Das eigentlich Perverse ist für mich jedoch nicht, dass sich die Soldaten zwischen Pflichterfüllung und Gewissen gegen ihr Gewissen zum Töten entschlossen haben und nicht damit aufhören können, sondern dass das Töten zumindest einen von beiden auch noch Spaß gemacht hat. Dagegen wehrt sich auch der andere Soldat, wenn auch nicht recht sicher über seine eigenen Gefühle, was durch das Oxymoron „schrie der Flüsternde“ angedeutet wird. Die These, dass Gott sie so gemacht habe, klingt nur wie eine flache Ausrede und wird auch sofort als solche erkannt und widerlegt. Die beiden Männer sind einer Meinung, dass man Gott nicht für ihr Handeln verantwortlich machen kann, sondern, dass sie selbst dafür verantwortlich sind, was sie tun und dass es für sie keine Ausrede gibt. „Ja, uns gibt es, […] Und wir sitzen nun damit an.“ Ihre Einigkeit, was das betrifft, wird vor allem auch dadurch verdeutlicht, dass Borchert nicht wie zu Beginn des Dialogs gegensätzliche Verben gebraucht, sondern gleiche (vgl. Z. 61 „flüsterte der erste“ - Z. 62 „flüsterte der andere“, Z. 67 „Dann sagte der eine“ – Z. 69 „Ja, sagte der andere“). Das Gespräch der beiden wird durch den Befehl „Fertigmachen. Es geht wieder los.“ von außen beendet. Damit nimmt ihnen ein anderer die Entscheidung, was sie tun sollen, ab und das „böse Spiel des Krieges“ geht weiter. Sie schießen mit dem Gewehr, was einer erfunden hatte, weil es einer befohlen hatte.
Die Frage nach Schuld und Verantwortung bleibt unbeantwortet. Das offene Ende dieser Kurzgeschichte regt somit den Leser zum Denken an und ich denke, hierin liegt auch die Intension des Autors. Vor allem weil es sich um ein Thema handelt, welches immer wieder aktuell wird und nicht nur die Soldaten des Zweiten Weltkriegs betrifft. Ein Beispiel aus der jüngeren deutschen Geschichte sind die Grenzsoldaten der ehemaligen DDR.
Auch sie hatten die Pflicht zu schießen und begingen damit nach DDR-Recht kein Verbrechen. Als sie nach der Wende dafür angeklagt wurden, beriefen sich die meisten auf den so genannten Befehlsnotstand, das heißt: Es gab den Schießbefehl an der Grenze, sie waren Soldaten die Befehlen zu gehorchen hatten, also mussten sie schießen. Ich selbst bin jedoch der Meinung, dass das eigene Gewissen und der gesunde Menschenverstand über jedem Befehl den man erhält stehen muss. Es gab schließlich auch Grenzsoldaten, die einen Ausweg darin sahen, daneben zu schießen. Die Frage nach der Schuld derer, die sich als Mittel zum Zweck missbrauchen lassen, bleibt jedoch offen.
Alle Zeilenangaben beziehen sich auf die Ausgabe:
Wolfgang Borchert: An diesem Dienstag.
Neunzehn Geschichten. – In: Ders.:
Das Gesamtwerk. – Rowohlt Verlag Hamburg 1959. – S. 169f.)
- Arbeit zitieren
- Frank Bauer (Autor:in), 2007, Borchert,Wolfgang - Die Kegelbahn - Interpretation der Kurzgeschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110639
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