Kurzer Überblick und Zusammenfassung zu Freuds Traumdeutung.
1. Voraussetzungen, geschichtliche Aspekte der Traumdeutung
2. Freuds Ansatz
3. Die Sprache des Traumes
4. Funktion des Traumes
5. Die Methode der freien Assoziation
6. Schluß
Literaturverzeichnis
1. Voraussetzungen, geschichtliche Aspekte der Traumdeutung
Der Traum und die Traumdeutung nehmen einen wichtigen Platz innerhalb der Tiefenpsychologie ein. Auch vor Freud, Jung usw. haben sich die Menschen mit ihren Träumen und deren Deutung intensiv beschäftigt. Beispiele dafür sind die biblischen Träume (Jakob und die Himmelsleiter; Pharao und Joseph;...) sowie die alten ägyptischen Traumdeutungsbücher. Träume wurden oft als Botschaften eines Gottes oder als Vorhersage der Zukunft interpretiert. In der Zeit der Aufklärung wurden die Botschaften der Träume als Unsinn und rein von äußeren Reizen abstammend aufgefaßt.
Freud erkannte den Traum als eigene psychische Leistung des Unbewußten. Er erkannte "...die mannigfaltigen Analogien des Traumlebens mit den verschiedenartigsten Zuständen psychische Krankheit...(und)...es erschien also ... hoffnungsvoll, ein Untersuchungsverfahren, welches sich bei psychopathischen Gebilden bewährt hatte, ... zur Aufklärung des Traumes heranzuziehen." (Freud 1977, 13) Dieses Verfahren war für ihn logischerweise seine Psychoanalyse und die Methode der freien Assoziation.
Auch wenn Freuds Traumdeutungsmethoden heute nicht mehr volle Anerkennung finden bzw. wesentlich weiterentwickelt wurden, sind doch seine Arbeiten der entscheidende Schritt für das moderne psychologische Verständnis des Traumes geworden.
2. Freuds Ansatz
Der Traum repräsentiert nach Freud immer die psychische Erfüllung bestimmter Wünsche des Es, meist der "niedrigsten Regungen", sexuelle Wünsche usw., die das Überich gar nicht erst zu Bewußtsein kommen läßt. Angst in den Träumen repräsentiert das ursprüngliche (und im Bewußtsein immer noch aktuelle) Gefühl beim Auftreten des jeweiligen Wunsches. Entscheidend für die psychische Arbeit des Träumens ist, dass das Ich hier nicht bewußt lenkt, sondern eher eine "Zuschauerrolle" einnimmt. Geträumt werden Inhalte des Unbewußten: Gedanken, Wünsche, Triebe, Beobachtungen usw. Diese Regungen wurden im Wachzustand unterdrückt, verdrängt, sind dadurch aber nicht abgeschafft. Im Schlafzustand ist die "Zensur" des Überich immer noch da, aber nicht mehr so kategorisch wie im Wachzustand. Da aber immer noch Widerstand des "Zensors" da ist, kommen die o.g. Regungen in den Träumen nicht in Reinform, sondern verschlüsselt, in Bildern, symbolisch vor das Bewußtsein. Das, was dann wirklich geträumt wird, nennt Freud den manifesten Trauminhalt (bzw. das, was nach dem Traum noch erinnert wird), den ursprünglichen (unterdrückten) Gedanken den latenten Traumgedanken [1]. Die unbewußte Verarbeitung des latenten Traumgedanken zu einem Traum nennt er Traumarbeit, den später bewusst gegangenen umgekehrten Weg Analysearbeit. Durch eine erfolgreiche Analysearbeit kann man also Wesentliches aus dem Unbewußten des Träumers erfahren. Deshalb nannte Freud die Traumanalyse auch die "via regia" (den Königsweg) zum Unbewußten. Der Traum hat meist Bezugspunkte im vergangenen Tag ("Tagesreste"), geht aber davon oft in viel weiter entfernte Vergangenheit zurück. So ist der Traum im wahrsten Sinne des Wortes der Versuch einer "Vergangenheitsbewältigung". Die Tagesreste könne relativ unbedeutende Episoden des vergangenen Tages (oder der vergangen Tage) sein, an die man sich bewußt vielleicht gar nicht erinnert, die aber für das Unbewußte geeignet sind, Verknüpfungen zu früheren, wichtigen Begebenheiten herzustellen.
3. Die Sprache des Traumes
Der Traum redet in Bildern und Symbolen. Es werden "...für das Wachbewußtsein peinliche, meist dem Sexualleben entstammende Vorstellungen ... in Bildsymbole übertragen (z.B. Schrank, Schloß und Zimmer für das weibliche Genitale, Speer, Schlüssel, Regenschirm für das männliche)." (Hofstätter 1959, 302) Dabei ist wichtig, daß ein und dasselbe Symbol nicht immer, bei jeder Person und in jeder Situation die selbe Bedeutung hat, sondern Traumsymbole ganz individuell sein können. Deutungslexika und Traumsymbolbücher sind also weder sinnvoll noch hilfreich.
Wichtig ist auch, daß nicht einfach jedes Traumelement genau einem Traumgedanken zugeordnet werden kann, sondern "so wie von jedem Traumelement Verbindungen zu mehreren Traumgedanken führen, so ist auch in der Regel ein Traumgedanke durch mehr als ein Traumelement vertreten." (Freud 1977, 26) Diesen Vorgang nennt Freud Verdichtung.
Ein weiterer wichtiger Vorgang ist die Dramatisierung: ein Gedanke, der so nicht ausdrückbar ist, wird szenisch im Traum wiedergegeben. Durch den Vorgang der Traumverschiebung werden (auch aufgrund des "Einspruchs" der Zensur) die wichtigsten Traumgedanken auf relative Nebensächlichkeiten innerhalb des Trauminhaltes verschoben, während "Unwichtiges" ziemlich breit dargestellt wird.
Durch die Traumarbeit wird eine Vielzahl von Gedanken "zusammengepreßt" und zu einer völlig neuen Geschichte geformt. Somit ist Traumarbeit eine wirklich schöpferische Arbeit.
Der Traum ist zeitlos, d.h., dass es zeitlich Abstände in ihm nicht gibt, alles im Präsens verläuft. Die einzige Möglichkeit, Zeit symbolisch darzustellen, sind lange (lokale) Entfernungen. "Die Kausalbeziehung zwischen zwei Gedanken wird entweder ohne Darstellung gelassen oder ersetzt durch das Nacheinander von zwei ... Traumstücken. Häufig ist diese Darstellung eine verkehrte, indem der Anfang des Traumes die Folgerung, der Schluß desselben die Voraussetzung bringt. Die direkte Verwandlung eines Dinges ...im Traum scheint die Relation von Ursache und Wirkung darzustellen. Die Alternative >>Entweder - Oder<< drückt der Traum niemals aus, sondern nimmt ihre beiden Glieder wie gleichberechtigt ... auf. ... Das >>nicht<< scheint für den Traum nicht zu existieren." (Freud 1977, 32)
4. Funktion des Traumes
Wenn der Traum unterdrückte Wünsche erfüllt und ihnen somit symbolische Befriedigung verschafft, kann man den Traum gut Hüter des Schlafes bezeichnen. "Da der Traum, welcher den Wunsch erfüllt zeigt, während des Schlafens Glauben findet, hebt er den Wunsch auf und ermöglicht den Schlaf" (Freud 1977, 45) Dass äußere Reize (z.B. das Klingeln des Weckers) in den Traum gut mit eingebaut werden können und somit den Schlaf nicht stören, bestärkt diese Bezeichnung für den Traum.
Träume können auch "prophetischen" Charakter haben, da sie oft Tagesreste oder feine Erinnerungen enthalten, die uns gar nicht bewußt sind. Wenn z.B. Frau X mit Herrn Y, von dem sie einen sehr guten Eindruck hat, geschäftliche Verbindungen beginnen will und nach den ersten Verhandlungen mit ihm nachts träumt, dass er sie unheimlich übervorteilt hat (ein Gedanke, der ihr bewußt überhaupt nicht gekommen wäre!), kann es sein, daß sie unbewußt sehr andere Züge an Herrn X wahrgenommen hat, als sie sich bewußt eingesteht. Wenn die geschäftlichen Beziehungen weiterlaufen und Herr X sich als Gauner herausstellt, wird Frau Y ihren Traum gewiß als hellseherisch bzw. prophetisch verstehen (was er ja in gewisser Hinsicht auch wäre). Dies ist ein Beispiel für einen unverschlüsselten Traum (also ohne Symbole). Dasselbe kann natürlich auch symbolisch ausgedrückt werden, was in der Regel auch der Fall sein wird. Wichtig ist dabei aber wieder, dass man die Symbole nicht im Lexikon nachschlägt und dann als zukunftsweisend ansieht, sondern den Traum wirklich indidviduell analysiert.
5. Die Methode der freien Assoziation
Diese von Freud auch auf den Traum angewendete Methode aus der Psychoanalyse will den Weg vom manifesten Trauminhalt zu den latenten Traumgedanken weisen. Der Traum wird in mehrere Elemente zerlegt.[2] Zu diesen Elementen sagt der Klient alle ihm dazu einfallenden Gedanken - auch und ganz besonders die, die ihm völlig absurd und unwichtig erscheinen. Diese Gedanken werden dann weiterverfolgt und geordnet und führen meist zu sehr interessanten und nicht bewußten, latenten Traumgedanken, die teilweise weit zurück liegen. Schon allein diese Bewußtmachung kann heilend wirken (gerade bei Angstträumen). Das Unterbewußtsein arbeitet jedoch auch an diesen Gedanken weiter und verknüpft verschiedene Gedanken, so dass im Traum sogar Lösungsmöglichkeiten dargestellt sein können. Immer jedoch führen die Träume zu einem tieferen Verstehen des Klienten und seiner Lebenszusammenhänge, sowie seiner Vergangenheit.
6. Schluß
Sigmund Freud, einer der Urväter der Psychologie und Begründer der Psycholanalyse, hat auch für den wissenschaftlichen Umgang mit Träumen Bahnbrechendes geleistet. Allerdings sind Träume so vielschichtig und kompliziert, dass es schon Anfang des letzten Jahrhunderts innerhalb der Psychologie starke andere Akzente auf dem Gebiet der Traumdeutung gab und bis heute gibt. Z.B. Freuds Deutung der Traumsymbole hatupsächlich als “Notbehelfe” für Peinlichkeiten ist sicher nicht ausreichend. Zwar kann das eine mögliche Erklärung sein, aber Symbole können auch Ausdruck von viel tieferen, unbewußten, unsagbaren, archetypischen Wahrheiten und Erfahrungen sein. Hier dürfen z.B. die Ansätze von Jung nicht unberücksichtig bleiben. Dennoch hat Freud mit seinen Arbeiten grundlegende Erkenntnisse und Methoden für die psychologiesche Berarbeitung von Träumen etabliert.
Literaturverzeichnis
Freud, Sigmund (1977): Über Träume und Traumdeutung. 9. Auflage, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt a.M.
Hofstätter, Peter R.(Hg.) (1957): Lexikon der Psycologie. 3. Auflage, Fischer Bücherei KG, Frankfurt a.M.
Jung, Carl Gustav (1994): Psychologie und Religion. 3. Auflage, Deutscher Taschenbuchverlag, München
[...]
[1] anders C.G. Jung, der im Traum nicht latente Themen findet, sondern die tatsächlichen Trauminhalte eng mit den im Unbewußten aktuell bearbeiteten Themen im Zusammenhang sieht: “Er (Freud) erklärt die Träume als eine bloße Fassade, hinter der etwas absichtlich verborgen ist. ... Ich (dagegen) zweifle daran, ob wir annehmen dürfen, dass ein Traum etwas anderes sei als das, was er zu sein scheint... Der Traum ist ein Naturereignis, und es gibt keinen ersichtlichen Grund zur Annahme, dass er eine schlaue Erfindung sei, bestimmt, uns irrezuführen. ... Wir müssen mehr als vorsichtig sein, wenn wir in seine Erklärung Elemente einführen, die dem Traum selber fremd sind.” (Jung 1994, 31)
[2] Ein ausführliches Beispiel dafür gibt Freud (1977) auf S. 14ff
- Arbeit zitieren
- Peter Kühn (Autor:in), 2003, Traum und Traumdeutung bei Freud, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110656