Die Arbeit widmet sich dem Verhältnis des nationalsozialistischen Staates zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften. Im ersten Abschnitt werden das Selbstverständnis der Kirchen und des nationalsozialistischen Staates gegenübergestellt. Im Abschnitt "Kooperation und Identifikation" geht es um die erste Phase bis etwa 1940, in welcher der NS-Staat versuchte, die beiden Kirchen, als "wichtige Faktoren der Erhaltung unseres Volkstums" (wie es in einer Regierungserklärung 1933 heisst) ideologisch "gleichzuschalten". Während das Reichskonkordat mit der Katholischen Kirche eher Ausdruck einer distanzierten Partnerschaft
ist, kommt es mit den "Deutschen Christen" in der protestantischen Kirche sogar zu einer weitgehenden Verschränkung von Staat und Kirche, bei der die ideologischen Grundsätze des Nationalsozialismus Eingang in die Verfassung der Kirche fanden. Dennoch konnten sich die "Deutschen Christen" innerhalb der evangelischen Kirche nicht vollständig durchsetzen. So wechselten die Nationalsozialisten Ende 1940 zu einer Politik der "Konfrontation und Destruktion". Der dritte Abschnitt widmet sich dieser Phase und beschreibt die zahlreichen Vorstösse des NS-Staates gegen beide Kirchen, den Bruch des Konkordats, die Auflösung kirchlicher Organisationen, den Kampf gegen kirchliche Ausbildung und Presse. In diesem Abschnitt wird auch der erhebliche kirchliche Widerstand gegen die Kirchenpolitik der Nationalsozialisten gewürdigt. Der Krieg führte schliesslich zu einem "Burgfrieden" und damit zu einem Aufschub der Frage. Das nationalsozialistische Konzept der Herrschaft des totalitären Staates über die Kirchen wurde auf Reichsebene nie verwirklicht. Mit dem "Modell Warthegau", das die Nationalsozialisten im eroberten Polen errichteten, wird es jedoch zum Teil Realität. Der letzte Abschnitt widmet sich der rechtlichen Klassifizierung des Verhältnisses zwischen NS-Staat und Kirchen. Der Autor trennt dabei zwischen der Verfassungsform und der Verfassungsausübung und zeigt, dass allein letztere das Verhältnis von NS-Staat und Kirchen bestimmte und dass sich die Nationalsozialisten zur Bekämpfung der Kirchen beliebiger Verfassungsformen bedienten, sei es des Staatskirchentums, des Konzepts feindlicher Religionshoheit oder völliger Trennung von Staat und Kirche.
Inhalt
A. Ausgangsbedingungen
I. Kirche
1. Selbstverständnis der Kirchen
a) Katholizismus
b) Protestantismus
2. Rechtliches Verhältnis
II. Nationalsozialismus
1. Staatsverständnis
2. Religiöse Anschauungen
a) Völkische Weltanschauung
b) Nationalsozialistisches Christentum
c) Hitler
3. Verhältnis zu den Religionsgemeinschaften
III. Zusammenfassung
B. Kooperation und Identifikation
I. Regierungserklärung
II. Reichskonkordat
1. Regelungen
a) Rechtsstellung der katholischen Kirche
b) Aufsichts- und Mitbestimmungsrechte
c) Privilegierungsrechte
2. Beurteilung
a) Hitler
b) Partei
c) Kirche
3. Bedeutung
III. Evangelische Reichskirche und Deutsche Christen
1. Deutsche Christen und Hitler
2. Kampf um die Kirchenämter
a) Streit um den Reichsbischof
b) Staatskommissariat Jägers
c) Verfassung der DEK
d) Kirchenwahl
3. Triumph der Deutschen Christen
4. Verwandlung der Kirche nach NS-Grundsätzen
a) Diktatur des Reichsbischofs
b) Rechtswalter Jäger
c) Kirchliche Denkschriften
IV. Orientierungsversuche
1. Denkschrift von Frick
2. Denkschrift von Stuckart
V. Reichskirchenministerium
1. Errichtung
2. Programm
3. Tätigkeit
C. Konfrontation und Destruktion
I. Einfluß der Partei
II. Reduzierung der Privilegien
III. Bruch des Konkordats
IV. Kampf gegen die Organisationen
1. Wege
2. Kampf gegen kirchliche Ausbildung
3. Kampf gegen die kirchliche Presse
4. Kampf gegen das Ansehen der Kirche
V. Einsatz von Gestapo und SS
VI. Kirchlicher Widerstand
1. Katholische Bischöfe
2. Enzyklika "Mit brennender Sorge"
3. Pfarrernotbund
4. Bekennende Kirche
VII. Taktik des Totschweigens
VIII. "Burgfriede" im Krieg
IX. Sekten
X. Modell Warthegau
1. Neuordnung
2. Zuständigkeit
3. Dreizehnpunkteprogramm
4. Durchsetzung des Programms
XI. Nationalsozialistische Religionsformen
1. Umdeutung christlicher Formen
2. Religiöse Verbindungen
D. Rechtliche Klassifizierung
I. Zuordnung zu den staatskirchenrechtlichen Systemen
1. "Staatskirchentum mit negativer Ausrichtung"
2. Trennungssystem
3. "System der feindlichen Religionshoheit"
II. Verfassungsform und Verfassungsausübung
1. "Neue Ordnungsvorstellung"
2. Ausübung der staatskirchlichen Rechte
3. Ausübungsart der Religionsfeindlichkeit
E. Perspektiven
F. Thesen
G. Anhang
I. Glaubensbekenntnis
II. Vaterunser
Literatur
Adolph, Walter
1. Hirtenamt und Hitler-Diktatur, Berlin 1965
2. Kardinal Preysing und zwei Diktaturen - Sein Widerstand gegen die totalitäre Macht, Berlin 1971
3. Die katholische Kirche im Deutschland Adolf Hitlers, Berlin ?
Bien, Günther
Revolution, Bürgerbegriff und Freiheit, über die neuzeitliche Transformation der alteuropäischen Verfassungstheorie in politische Geschichtsphilosophie; in: Materialien zu Kants Rechtsphilosophie, hrsgg. v. Zwi Batscha, Frankfurt/Main 1976, S. 77
Buchheim, Hans
Glaubenskrise im Dritten Reich - drei Kapitel nationalsozialistischer Religionspolitik, Stuttgart 1953
v. Campenhausen, Axel Freiherr
Wandel des Staatsverständnisses aus evangelischer Sicht; in: Schriften der Hermann-Ehlers-Akademie 28, Kiel 1990
Conway, John Seymour
1. Der deutsche Kirchenkampf - Tendenzen und Probleme seiner Erforschung an Hand neuerer Literatur; in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 17 (1969), 423
2. Die nationalsozialistische Kirchenpolitik 1933-1945 - Ihre Ziele, Widersprüche und Fehlschläge, München 1969
Friedrich
Evangelisches Kirchenrecht; in: AevKR 1 (1937), 1
Homeyer, Josef
Wandel des Staatsverständnisses aus katholischer Sicht; in: Schriften der Hermann-Ehlers-Akademie 28, Kiel 1990
Jonesco, Eugen
Heute und Gestern, Gestern und Heute, Tagebuch, übers. v. I. Kornell, Neuwied-Berlin 1969
Kant, Immanuel
Kants gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band 23: Vorarbeiten und Nachträge, Berlin 1955
Luchterhandt, Otto
Die Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften im totalen Staat - ein Vergleich zwischen Sowjet- und NS-Staat; in: ZevK 24 (1979), 111
Nicolaisen, Carsten; Kretschmar, Georg (Hrsg.)
Dokumente zur Kirchenpolitik des Dritten Reiches, herausgegeben im Auftrage der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für kirchliche Zeitgeschichte
Band I: Das Jahr 1933, München 1971
Band II: 1934/35, München 1975
Niemöller, Wilhelm
1. Kirchenkampf im Dritten Reich, Bielefeld 1946
2. Kampf und Zeugnis der Bekennenden Kirche, Bielefeld 1948
3. Die Bekennende Kirche sagt Hitler die Wahrheit - Die Geschichte der Denkschrift der vorläufigen Leitung von Mai 1936, Bielefeld 1954
4. Die evangelische Kirche im Dritten Reich - Handbuch des Kirchenkampfes, Bielefeld 1956
5. Wort und Tat im Kirchenkampf, München 1969
Picker, Henry
Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941-1942, Stuttgart 1963
Rauschning, Hermann
Gespräche mit Hitler, Zürich 1940
Seraphim, Hans-Günther (Hrsg.)
Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs, Berlin, Frankfurt 1956
Siegele-Wenschkewitz, Leonore
Nationalsozialismus und Kirche - Religionspolitik von Partei und Staat bis 1935, Düsseldorf 1974
Sohm, Rudolph
1. Das Verhältnis von Staat und Kirche aus dem Begriff von Staat und Kirche entwickelt, Tübingen 1873
2. Kirchenrecht, Erster Band: Die geschichtlichen Grundlagen, in: Systematisches Handbuch der deutschen Rechtswissenschaft VIII, 1, München und Leipzig 1892
Zipfel, Friedrich
Kirchenkampf in Deutschland 1933-1945 - Religionsverfolgung und Selbstbehauptung der Kirchen in der nationalsozialistischen Zeit, Berlin 1965
Weil du dich nun verläßt auf deinen Weg
und auf die Menge deiner Helden,
darum soll sich ein Getümmel erheben in deinem Volk,
daß alle deine Festungen zerstört werden.
Hosea 10, 13/14
"Nur in einem sind das Christentum und wir gleich:
wir fordern den ganzen Menschen."
Volksgerichtshofpräsident Freisler
im Prozeß gegen die Verschwörer vom 20. Juli 1944
A. Ausgangsbedingungen
I. Kirche
Wir wollen zunächst einen Blick auf die Situation der Kirchen in der Weimarer Republik werfen, um die geistigen und rechtlichen Ausgangsbedingungen auf kirchlicher Seite zu bestimmen.
1. Selbstverständnis der Kirchen
Die Kirchen standen nach dem ersten Weltkrieg vor einem Scherbenhaufen. Die Bindungen an den monarchischen Staat und die damit zusammenhängende Privilegierung fielen fort, der Glaube der Bevölkerung war unter dem Eindruck der Kriegsereignisse stark erschüttert.
Bei der Frage, welche Stellung die Religionsgemeinschaften zum Staat als solchem und zum Recht bezogen, sind Protestanten und Katholiken verschiedene Wege gegangen.
a) Katholizismus
Die katholische Kirche verstand sich seit dem Mittelalter als universelle, rechtliche Eine Kirche Christi (corpus christianum), der allein die Heilsverwaltung zustand und die sich im Papsttum verkörperte. Auf dem ersten Vatikanischen Konzil 1870 wurde der Supremat des Papstes vor aller weltlichen Regierung und das Unfehlbarkeitsdogma verkündet. Die katholische Kirche verstand sich als totale Kirche. Sie erhob den totalen Anspruch auf die rechtliche Regelung der innerkirchlichen Organisation wie des Verhältnisses zum Staat, was bei Einführung der obligatorischen Zivilehe 1873 einen Kulturkampf mit Bismarck zur Folge hatte. Die Internationalität der Kirche stand vom Grundsatz her der Rassenidee des Nationalsozialismus' diametral entgegen. Deshalb kämpften die Katholiken schon vor der Machtergreifung mit politischen Mitteln gegen den Nationalsozialismus, was sich in der Koalition der Zentrumspartei mit den Sozialdemokraten äußerte, einer Koalition, die indes innerhalb der Kirche heftig umstritten war und vom päpstlichen Nuntius Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., nicht unterstützt wurde.[1]
b) Protestantismus
Der Protestantismus war seit der Zeit der Aufklärung geprägt durch den Pietismus, der das persönliche Verhältnis zu Gott in den Vordergrund stellte. Eigentliche Kirche war für den Protestantismus nicht die rechtlich verfaßte Kirche, sondern die im religiösen Erleben des Einzelnen und in der Abendmahlsgemeinschaft sich offenbarende Eine Kirche Christi (Ekklesia). Daraus folgte, daß die äußere Erscheinungsform der Kirche, das Recht und das Verhältnis zum Staat eine untergeordnete Rolle spielten, was seinen Gipfelpunkt in dem berühmten Satz Rudolph Sohms fand, daß das Wesen der Kirche mit dem Wesen des Rechts überhaupt im Widerspruch stünde.[2] Die evangelische Kirche verstand sich demnach als Kirche ohne Recht. Unter dem Einfluß Sohms war zur Zeit der Weimarer Republik ein Teil der evangelischen Kirche der Meinung, daß die äußere Erscheinungsform der Kirche dem Staat überlassen werden dürfe. Das äußert sich noch in einer Abhandlung von 1937, in der sich der Autor auf Sohm bezieht und feststellt, das Kirchensteuerrecht sei "kein eigenes kirchliches Recht, sondern ein vom Staat an die Kirche verliehenes und unter Umständen wieder rücknehmbares Recht".[3] Den Nationalsozialisten standen die Protestanten weit weniger reserviert gegenüber als die Katholiken. Viele evangelische Geistliche fühlten sich durch politischen Konservatismus, Patriotismus und Patriarchalismus weltanschaulich mit ihm verbunden. Weder die unpolitische Schule Sohms noch die liberalistische Gegenschule Harnacks konnten dem Wirken des Nationalsozialismus' wirksam entgegentreten. Hitler wurde zudem gemeinhin als frommer Mann angesehen. Die Bereitschaft zur Kooperation war daher in der protestantischen Kirche nicht gering.[4]
2. Rechtliches Verhältnis
Die rechtliche Stellung der Religionsgemeinschaften im Staat hat im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche Systeme durchlebt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Absolutismus des 18. Jahrhunderts hatte der Staat seinen absoluten Anspruch auch auf alle Regelungen innerhalb der Kirche bezogen. Das Modell des Staatskirchentums, das von einer Einheit von Staat und Kirche - mal mit weltlichem, mal mit geistlichem Regiment - ausging und nur eine Konfession in einem Staat duldete, war mit der Idee der Religionsfreiheit in der Aufklärung überholt.
Die dann folgende Diskussion über das Verhältnis zwischen Kirche und Staat brachte mit den Frankfurter Grundrechten von 1848 den Gedanken der Trennung von Staat und Kirche in liberalem Sinne mit sich: Staat und Kirche sollten funktionell und institutionell strikt voneinander getrennt werden. Die Kirchen sollten damit zu Körperschaften des Privatrechts werden und dem allgemeinen Vereinsrecht des Staates - ohne jede besondere Beeinflussung oder Privilegierung - unterliegen. Voraussetzung dabei war die Religionsfreiheit, die Eingriffe des Staates auf privatrechtlicher Ebene verhindern sollte. Doch dieser Gedanke konnte sich gegen den öffentlichen Anspruch der Kirchen nicht durchsetzen.[5]
So fand die Diskussion mit der Weimarer Verfassung (Art. 136ff) ihren (vorläufigen?) Schlußakkord in der Konstituierung der Kirchenhoheit des Staates:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit der Gewährung der Religionsfreiheit wurden die Kirchen vom Staat unabhängig. Wortverkündigung und Sakrament verwalteten sie selbst (ius in sacra). Die Kirchen blieben aber Körperschaften des öffentlichen Rechts und unterstanden in ihrer äußeren, rechtlichen Gestalt der Kirchenhoheit des Staates (ius circa sacra). Diese bestand in einem Bündel von Rechten, das Privilegierung einerseits und Beeinflussung andererseits beinhaltete. Der Staat konnte auf der einen Seite die Rechtsstellung der Kirchen bestimmen und deren Betätigungsgrenzen abstecken (ius reformandi), er hatte ein umfangreiches Aufsichts-, Abwehr- und Mitbestimmungsrecht (ius inspiciendi cavendi). Auf der anderen Seite unterstützte er die Kirchen durch Zuschüsse und Privilegien (ius advocatiae seu protectionis).[6]
Den Grund für diesen umfangreichen Rechtskatalog sah man in der ethischen Gleichberechtigung von Kirche und Staat. Der Staat habe als christlicher Staat ein Interesse am Bestand der Kirche und müsse alles in seiner Macht stehende tun, um die Funktion der Kirche zu erhalten.[7] Diese Funktion bestand aber in nichts anderem als darin, den Staat mit seinem Regelungsanspruch zu legitimieren. Denn durch die Pflege der Kirche, die dem höheren Ziel der Erlösung des Menschen diente, wurde der Staat als "Gärtner" der Kirche gleichsam Diener des höheren Ziels und damit ethisch aufgewertet. Um diese Aufwertung nicht zu verlieren, war dem Staat an der Kirchenhoheit gelegen.
Wir sehen also, daß Voraussetzung für das Funktionieren der Staatskirchenhoheit der christlich motivierte und gleichzeitig pluralistische Staat war. Die gezogene Trennungslinie ließ noch eine Überschneidung von Staat und Kirche zu. In diesem Überschneidungsbereich mußte der Staat mit positivem Interesse an der Kirche arbeiten. Aber die Abgrenzung in funktioneller und organisatorischer Hinsicht - also außerhalb des Überschneidungsbereiches - erforderte die Religionsfreiheit, erforderte die konfessionelle Neutralität des Staates gegenüber dem inneren Bereich der Kirche.
II. Nationalsozialismus
Wir haben nun den zweiten Schritt zu leisten: Eine knappe Darstellung der Ideologie des Nationalsozialismus', speziell auf Religion und Kirche bezogen.
1. Staatsverständnis
Bestimmend für die Ideologie des Nationalsozialismus' war der Totalitarismus, der die aus einer bestimmten Weltanschauung abgeleiteten partikulären Glückseligkeitsvorstellungen mit Hilfe der Staatsherrschaft allgemeinverbindlich macht. Das Recht wird mit konzentrierter Entscheidungsbefugnis von einer Führungsspitze auf die Ideologie eingeschworen. Es wird mit prinzipiell unbegrenzter Reichweite ausgestattet und bei Nichtbefolgung mit unbegrenzter Intensität sanktioniert.[8] Mit dem Anspruch, alle gesellschaftlichen Bereiche mit der Ideologie zu durchdringen, stellt sich der totalitäre Herrschaftsanspruch schon von Anfang an in Konflikt mit bestehenden gesellschaftlichen Machtverhältnissen.
In Art. 24 des Parteiprogramm der NSDAP von 1920 heißt es: "Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden. Sie bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann auf der Grundlage: Gemeinnutz geht vor Eigennutz".[9]
Der liberale Anstrich dieser Aussage mag auf den ersten Blick die Illusion einer Freiheitsgewähr hervorrufen. Wir müssen jedoch die Weltanschauung der Nationalsozialisten näher betrachten, um die Bedeutung dieser Aussage ganz zu erkennen.
2. Religiöse Anschauungen
Wie sah die Weltanschauung der Nationalsozialisten aus? Die Klärung dieser Frage ist wichtig, um den Konflikt zwischen Kirchen und NS-Staat zu verstehen.
a) Völkische Weltanschauung
Werfen wir daher einen Blick in die 1939 verfaßten "Weltanschaulichen Thesen" des Alfred Rosenberg, des "Philosophen des Nationalsozialismus'", der mit diesen Thesen sein grundlegendes Buch, "Mythus des XX. Jahrhunderts" von 1930, zusammenfaßte: Grundzug der nationalsozialistischen Weltanschauung war der Dienst am Volk, an der Gemeinschaft, die für sie den höchsten Wert darstellte. Die Vervollkommnung des Volkes war Ziel dieser "Religion": "Die Geburt des Volkstums und die Rassenidee zerstören heute den internationalen Leib Christi mit innerer Notwendigkeit und setzen an seine Stelle wieder die völkische Gemeinschaft als überhöhte Sippengemeinschaft, geschützt von einem Kriegerbund, der heute nationalsozialistisches Reich heißt. ... An die Stelle der christlichen Liebe ist die nationalsozialistische, germanische Kameradschaftsidee getreten." Mit "seiner Persönlichkeit eine Idee eines Ganzen erfüllen" sei Sinn des Lebens für den Nationalsozialisten: "... das gestaltete Ewige lebt als Persönlichkeit stärkster Kraft zur Bildung des überpersönlichen Volkstums weiter." Diesem Ziel wurde schließlich der Staat gleichgesetzt: "Zwischen unserer Weltanschauung und unserem Staat gibt es keine Unterschiede."
Im Antisemitismus kam die Angst vor Überfremdung dieser eigenen völkischen Identität zum Ausdruck. Er war die eigentliche Triebfeder der nationalsozialistischen Ideologie. Seine Wurzeln reichen weit in die Vergangenheit, doch erst der Nationalsozialismus machte sich das Judentum zum Erzfeind, um durch die Negation der Werte zu einer eigenen Weltanschauung zu gelangen. So war die Rassenidee nicht etwa Grundlage des Antisemitismus, sondern sein nachträglicher Begründungsversuch:[10] "Wenn Religion, Weltbild und Kunst auseinandertreten, ... so ist das Beweis für die Überfremdung eines oder aller Gebiete durch eine feindliche Rassenseele. ... Dort, wo unsere Kultur eine Einheit zeigt, ist das germanische Haltung. Diese überall zu sichern, und das heißt, die Werte-Lehre des Christentums überwinden - ist die Europa gestellte Zukunftsaufgabe."[11]
Dieser etwas ausführlichere Exkurs in die Weltanschauungslehre Rosenbergs war unerläßlich, zeigt er doch, daß mit der Formulierung im Parteiprogramm auch und gerade die Bekenntnisse der christlichen Kirchen nicht anerkannt wurden, weil sie eben nicht dem "Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse" entsprachen, sondern den "jüdisch-materialistischen Geist" atmeten. Der Ausdruck "Positives Christentum" diente nur dazu, "einem Kranken gegenüber die volle Wahrheit" zurückzuhalten.[12]
Andere Vertreter der kirchenfeindlichen Linie der NSDAP strebten im Gegensatz zu Rosenberg durchaus nach einer Dogmatisierung der nationalsozialistischen Lehre: Nach den Worten Martin Bormanns, der zunächst Stabsleiter des Führer-Stellvertreters war, ab Oktober 1933 dann Reichsleiter der NSDAP, ab Mai 1941 Chef der Parteikanzlei und im April 1943 schließlich Sekretär Hitlers wurde, gehörten zu einem nationalsozialistischen Weltanschauungs-Leitfaden die Gebote der Tapferkeit, der Liebe zur allbeseelten Natur, der Reinhaltung des Blutes, sowie das Verbot der Feigheit.[13]
Wenn wir einmal alle aus der gewohnten ex-post-Betrachtung folgenden Vorurteile gegen den Nationalsozialismus beiseite legen und die geistige Situation der Kirchen betrachten, so verstehen wir, warum die Weltanschauung des Nationalsozialismus' damals auf so fruchtbaren Boden stieß. In einer Zeit, in der die christlichen Kirchen den denkbar größten Gegensatz bildeten und sich bekämpften, wurde der Glaube an einen gemeinsamen Gott den Menschen immer schwerer gemacht. Hinzu kam die damals beiden Großkirchen eigene positivistische Schriftauslegung, die insbesondere eine Versöhnung mit der Naturwissenschaft verhinderte. In dieses Vakuum an Orientierung brach das "Neuheidentum" mit Macht herein - nicht bloß mit physischer Gewalt, sondern auch mit geistiger Macht, indem sie den Menschen eine neue religiöse Orientierung versprach, die mit der aus der Niederlage im Ersten Weltkrieg entsprungenen Sehnsucht nach nationaler Identität zur Vision eines für Deutschland politisch und religiös starken Zeitalters verschmolz.[14]
b) Nationalsozialistisches Christentum
Es gab aber noch eine andere Richtung innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung, insbesondere in der Frühphase ihrer Herrschaft. 1932 formierte sich unter dem Einfluß der NSDAP aus mehreren Vorläufern die "Glaubensbewegung Deutsche Christen" (DC). Diese christlich-völkische Sekte wollte Nationalsozialismus und Christentum zu einer Synthese bringen. Die Richtlinien der DC zeigen jedoch, daß in dieser Bewegung die Bereitschaft sehr groß war, in der traditionellen Kirche die christlichen Lehren zugunsten der völkischen NS-Ideologie aufzugeben. Ihr Führer Hossenfelder - "Das ist der böse Geist."[15] - bezeichnete die DC daher auch als "SA Christi". Die Existenz einer solchen Bewegung zeigt, daß die Nationalsozialisten in Religionsfragen in zwei Lager gespalten waren, von denen das eine dem Christentum gegenüber durchaus positiv eingestellt war, allerdings im Rahmen des mit der völkischen Weltanschauung zu Vereinbarenden.[16]
c) Hitler
Auch Hitler verband mit Religion eine völkische Einheit, die es gegen Überfremdung zu verteidigen galt. Hinzu kam bei ihm die "Vorsehung", in die er sich selbst hineingestellt sah. 1941 bekannte er: "Tatsache ist, daß wir willenlose Geschöpfe sind, daß es eine schöpferische Kraft aber gibt. Das leugnen zu wollen ist Dummheit." Mit der Vorsehung verband er eine Art biologisches Naturgesetz: "Wenn ich an ein göttliches Gebot glauben will, so kann es nur das sein: die Art erhalten."
Damit verschränkte sich zunehmend die mystische Ich-Überzeugung, Werkzeug der Vorsehung zu sein. Hitler begriff sich als allein imstande, sein Volk aus der Überfremdung zu befreien.[17]
Im Grunde kann man aber nicht von einer religiösen Haltung Hitlers sprechen. Volk und Staat traten bei ihm an die Stelle von Religion. Das Volk wurde theologisiert, völkische Gesinnung als Religiosität ausgegeben und propagiert. Religion im Sinne Hitlers war aber nur Mittel zum Zweck, nur machtpolitisches Instrument, um Volk und Partei zu stärken und um Kommunismus und Sozialdemokratie anzugreifen. Religion war für Hitler niemals Selbstwert, sondern nur eine taktische Größe, die er für sich einzusetzen suchte. Hitler hat deshalb zu Religionsfragen nur sehr widerwillig eindeutig Stellung bezogen. Seine religionspolitischen Konzeptionen waren nicht an rechtlichen Maßstäben ausgerichtet, sondern gehorchten pragmatisch-taktischen Geboten.[18]
3. Verhältnis zu den Religionsgemeinschaften
Es wird aufgrund des Parteiprogramms klar, daß die Nationalsozialisten im Staat schon aufgrund der völkischen Einheit einen Wert in sich selbst erblickten. Was zuvor über die Staatsauffassung in der Weimarer Republik gesagt wurde, daß der Staat die Kirche um seiner selbst willen förderte, um an einer ethischen Erhöhung teilzuhaben, konnte der Nationalsozialismus nicht nachvollziehen, weil für ihn der Staat von vornherein schon diese ethische Erhöhung (besser: Überhöhung) in Anspruch nahm - ohne die Kirche. Damit stellte sich für den Nationalsozialismus die Frage, was er mit einer Kirche tun sollte, die zu seiner Legitimation nichts mehr beitrug.
Rosenberg schrieb das Christentum dem orientalischen Einflußbereich zu, der "2000 Jahre fremder Überlagerung"[19] nach Deutschland gebracht habe: "Gegen das Bibeldogma hat Europa die Freiheit der Naturerforschung sich erstritten. Heute entledigt sich Europa, zuerst das deutsche Volk, der syrisch-jüdischen Kirchendogmen und orientalischen Zeremonien. ... Wer eine einige religiöse Haltung für alle Deutschen erstrebt, muß als Voraussetzung dafür die bisherigen Konfessionen überwinden."[20] Das dem Nationalsozialismus eigene Verhältnis zu den Religionsgemeinschaften war also negativ auf die Zerschlagung der Organisation gerichtet, um die dem Staat indifferente, von religiösen Geboten ausgehende innere Bindung der Untertanen zu beseitigen. Die christliche Lehre wurde von Rosenberg als dem Nationalsozialismus entgegenstehend erkannt und ihre Träger zu Feinden des Volkes gemacht.
Diese Grundhaltung hatte auch Hitler: "Mit den Konfessionen, ob nun diese oder jene: das ist alles gleich. Das hat keine Zukunft mehr. ... Der Faschismus mag in Gottes Namen seinen Frieden mit der Kirche machen. Ich werde das auch tun. Warum nicht? Das wird mich nicht abhalten, mit Stumpf und Stiel, mit allen seinen Wurzeln und Fasern das Christentum in Deutschland auszurotten. ... Eine deutsche Kirche, ein deutsches Christentum ist Krampf. Man ist entweder Christ oder Deutscher. Beides kann man nicht sein."[21]
Aber die Kirchen waren organisatorisch zu stark, um offen den Kampf mit ihnen aufzunehmen, dessen war sich Hitler bewußt: "Ich aber brauche zum Aufbau einer großen politischen Bewegung die Katholiken Bayerns ebenso wie die Protestanten Preußens. Das andere kommt später."[22] Deshalb schwebte ihm der folgende Weg vor: "Die Pfaffen sollen sich selbst ihr Grab schaufeln. Sie werden ihren Gott an uns verraten. Um ihr erbärmliches Gelumpe von Stellung und Einkommen werden sie alles preisgeben. ... Weihnachten ist die Geburt unseres Heilandes: des Geistes der Heldenhaftigkeit und Freiheit unseres Volkes. Meinen Sie, die werden nicht unseren Gott auch in ihren Kirchen lehren, diese liberalen Pfaffen, die keinen Glauben mehr haben, sondern nur ein Amt? ... so werden sie das Kreuz durch unser Hakenkreuz ersetzen. ... Ich werde bestimmt keine Märtyrer aus ihnen machen. Zu simplen Verbrechern werden wir sie stempeln. Ich werde ihnen die ehrbare Maske vom Gesicht reißen. Und wenn das nicht genügt, werde ich sie lächerlich und verächtlich machen."
Diesen Weg meinte Hitler einschlagen zu können, weil er die christliche Seele verstünde. Die katholische Kirche imponierte ihm: "Die katholische Kirche ... das ist eine Institution, und es ist schon was, an die zweitausend Jahre auszudauern. Davon müssen wir lernen." Doch die protestantische Kirche verachtete er: "Ich bin Katholik. Das hat die Vorsehung schon so eingerichtet. ... Der Bismarck ist blöd gewesen. Er ist halt Protestant gewesen. Die wissen eh' nicht, was Kirche ist. ... Sie haben schließlich gar keinen Glauben, den sie ernst nehmen, und sie haben auch keine große Herrschaftsmacht zu verteidigen wie Rom."[23] Am 13. März 1934 erklärte er gegenüber den Landesbischöfen, "es sei bedauerlich, daß die evangelische Kirche keine feste Lehrautorität habe."[24] Diese Äußerungen zeigen, daß Hitler die Eigenart des Protestantismus und das eigentlich religiöse Anliegen der Kirchen nie verstanden hat, sondern nur ihren Machtanspruch in sein Kalkül einbezog.
III. Zusammenfassung
Fassen wir das bisher Gesagte für das Verhältnis von Staat und Kirche zusammen: Das in der Weimarer Republik herrschende Zwittersystem aus Staatskirchentum und Trennung von Staat und Kirche, das unter der Bezeichnung Staatskirchenhoheit geführt werden kann, hatte zwei Voraussetzungen: die prinzipielle Kirchenfreundlichkeit des Absolutismus um der ethischen Erhöhung des Staates willen einerseits und die konfessionelle Neutralität des liberalen Staates andererseits. Die Weltanschauung des Nationalsozialismus' bedeutete eine Überhöhung des Volkes im Staat, wodurch die Legitimierung durch die Kirche nicht mehr notwendig war. Der Antisemitismus breitete sich auf das Christentum aus. Die christlichen Kirchen wurden mit ihrem geistlichen Führungsanspruch als Rivalen des nationalsozialistischen Staates wahrgenommen: Der Staat wurde zum Kirchenfeind und die Kirchen zum Staatsfeind. Die organisatorische Stärke der Kirchen war ihrer schnellen Vernichtung entgegen. Die Kirchen wurden deshalb aus taktischen Gründen anerkannt. Die Nationalsozialisten versuchten, sie für ihre Ziele einzusetzen. Dabei standen ihnen prinzipiell alle drei aufgezeigten Wege des Verhältnisses von Staat und Kirche zur Verfügung: Staatskirchentum, Staatskirchenhoheit und Trennung von Staat und Kirche.
B. Kooperation und Identifikation
Nachdem damit schon die Richtung der Religionspolitik im Nationalsozialismus angedeutet ist, kann nun der Kirchenkampf selbst geschildert und dabei untersucht werden, in welchem Umfang die Inhalte der totalitären Ideologie zur Realisation gekommen sind. Das Bild, das wir von der Kirchenpolitik im Altreich erhalten, ist sehr facettenreich. In grober Einteilung zeichnen sich zwei Entwicklungsstufen ab: In einer ersten Phase stand die Kooperation zwischen Kirche und Nationalsozialismus im Vordergrund, die sich auf kirchlicher Seite bis zur Identifikation mit dem Staat steigerte. Nachdem dieser Versuch gescheitert war, brachte die zweite Phase zunehmende Konfrontation, die auf staatlicher Seite bis zur Destruktion, zur Zerstörung der Kirche vorangetrieben wurde. Die Tatsache, daß beide Phasen zeitlich ineinander verschränkt waren, ist wohl für den verwirrenden Eindruck verantwortlich, den man von der nationalsozialistischen Kirchenpolitik bekommt. Deshalb sollen in dieser Darstellung beide Phasen so weit wie möglich voneinander getrennt werden.
I. Regierungserklärung
In der Regierungserklärung vom 23. März 1933[25] heißt es: "Die nationale Regierung sieht in den beiden christlichen Konfessionen wichtige Faktoren der Erhaltung unseres Volkstums. Sie wird die zwischen ihnen und den Ländern abgeschlossenen Verträge respektieren; ihre Rechte sollen nicht angetastet werden. ... Der Kampf gegen eine materialistische Weltauffassung und für die Herstellung einer wirklichen Volksgemeinschaft dient ebensosehr den Interessen der deutschen Nation wie denen unseres christlichen Glaubens ..." Die Kirchen erscheinen hier noch als Freunde des nationalsozialistischen Staates im gemeinsamen Kampf gegen Kommunismus und Sozialdemokratie. Die Gegenseitigkeit dieser "Freundschaft" wird von der NS-Regierung aber für eine kirchenfreundliche Politik vorausgesetzt: Die nationale Regierung "erwartet aber und hofft, daß die Arbeit an der nationalen und sittlichen Erhebung unseres Volkes, die sich die Regierung zur Aufgabe gestellt hat, umgekehrt die gleiche Würdigung erfährt. Sie wird allen anderen Konfessionen in objektiver Gerechtigkeit gegenübertreten. Sie kann aber niemals dulden, daß die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession oder einer bestimmten Rasse eine Entbindung von allgemeingesetzlichen Verpflichtungen sein könnte oder gar ein Freibrief für straflose Begehung oder Tolerierung von Verbrechen."
Die Kirche behält demnach ihren Rechtsstatus als Körperschaft des öffentlichen Rechts, die der Staatskirchenhoheit unterliegt. Der NS-Staat tritt damit in die Fußstapfen der Weimarer Republik. Ihre Rolle für den Staat wird jedoch sogleich auf die eines Dieners der "Erhebung unseres Volkstums" beschränkt. Der NS-Regierung schwebt eine gleichgeschaltete Interessenlage bei der Kirche vor. Eine kritische politische Arbeit der Kirche wird damit von vornherein ausgeschlossen. Dennoch bietet der Staat unter dieser Bedingung seine Gewähr dafür, daß alles beim Alten bleibt: Das innere Leben der Kirche soll vom Staat unangetastet bleiben. Diese abgeschwächte Formulierung ist auf die kirchenfreundlichen Kreise innerhalb der Partei zurückzuführen. Die Erfüllung des Versprechens hätte allerdings von Seiten des NS-Staates den Verzicht auf totale Herrschaft bedeutet. Deshalb konnte die Hoffnung, die Kirchen seien im nationalsozialistischen Staat bekenntnismäßig und rechtlich gut aufgehoben, nur eine Illusion sein.
II. Reichskonkordat
Die in der Regierungserklärung zum Ausdruck gekommene Einladung an die Kirchen zur Kooperation zeigte bald erste Früchte. Seit April 1933 wurde zwischen dem Deutschen Reich und dem Heiligen Stuhl über ein Konkordat für das ganze Reich verhandelt. Es wurde am 8. Juli im Rom paraphriert und am 20. Juli in Rom unterzeichnet.[26]
1. Regelungen
Im Reichskonkordat wurde die Rechtsstellung der katholischen Kirche im nationalsozialistischen Staat eingehend geregelt. Im großen und ganzen wurde der Status der Weimarer Republik bestätigt, teilweise jedoch noch erweitert. Die staatliche Kirchenhoheit fächerte sich hier wie im Weimarer Modell in drei Rechtsbereiche auf.
a) Rechtsstellung der katholischen Kirche
Dem ius reformandi zugehörend waren die Regelungen, die die Rechtsstellung der Kirche anbelangten: Die Gemeinden, Verbänden und sonstigen Organisationen der katholischen Kirche wurden als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt (Art. 13). Die Grenzen zwischen staatlicher und kirchlicher Tätigkeit wurden im Konkordat strikt gezogen. Das bedeutete eine "Entpolitisierung der Geistlichkeit".[27] Die Kirche sollte sich auf die "Verkündigung und Erläuterung der dogmatischen und sittlichen Lehren und Grundsätze der Kirche" konzentrieren und sich aus dem Parteileben zurückziehen (Art. 32). Ihre nicht religiösen, kulturellen oder karitativen Zwecken dienenden Organisationen genossen den staatlichen Schutz nur, solange sie sich "außerhalb jeder politischen Partei" entfalteten (Art. 31). Wortverkündigung und Sakrament, das ius in sacra, blieb aber der Kirche vorbehalten. Damit anerkannte die NS-Führung die partielle Eigenständigkeit der katholischen Kirche und verzichtete auf einen Teil ihrer durch den Totalitätsanspruch angemaßten Hoheitsmacht.[28]
b) Aufsichts- und Mitbestimmungsrechte
Dem Interesse einer Grenzziehung entsprachen die vielen Klauseln, in denen Privilege der Kirche vom "Benehmen" mit staatlichen Stellen, insbesondere der Reichsregierung, abhängig gemacht wurden (vgl. insbes. Art. 11). Diese Regelungen sind dem ius inspiciendi cavendi zuzuordnen, also dem Recht des Staates auf Beeinflussung der Kirche. Wie sehr die katholische Kirche durch das Konkordat mit dem Deutschen Reich involviert wurde, zeigen gerade diese Regeln einer kommenden Zusammenarbeit. Daneben gab es einige Bestimmungen, die aus heutiger Sicht schwer verständlich sind, weil sie die katholische Kirche zugunsten des Reiches extrem einengten. So wurde in Art. 14 die Besetzung der Kirchenämter zwar der Kirche zugebilligt, die Nominierung im Rahmen eines ius exclusivae aber davon abhängig gemacht, daß der Reichsstatthalter des betreffenden Landes festgestellt hat, "daß gegen ihn Bedenken allgemein politischer Natur nicht bestehen". Das bedeutete zwar nach den dem Konkordat sich anschließenden Erklärungen kein Vetorecht des Staates, doch die damalige Staatskirchenrechtslehre legte die Zustimmung des Staates eben in dieser Hinsicht als ermessensfreies Veto aus, was die Personalpolitik der Kirche an entscheidender Stelle einengte.[29] Dieser Tatbestand wird noch dadurch verstärkt, daß die Bischöfe, bevor sie von ihrer Diözese Besitz ergriffen, einen Treueid auf das Deutsche Reich leisten und schwören mußten, "die verfassungsmäßig gebildete Regierung zu achten" und "das Wohl und das Interesse des deutschen Staatswesens" zu besorgen (Art. 16). Dies wurde zeremoniell durch ein "Gebet für das Wohlergehen des Deutschen Reiches und Volkes" im Anschluß an die kirchliche Liturgie täglich bekräftigt (Art. 30).
c) Privilegierungsrechte
Auch das Privilegierungsrecht des Staates (ius advocatiae seu protectionis) kam in den konkordatären Bestimmungen zum Ausdruck: Die NS-Regierung gewährleistete den Katholiken Freiheit des Bekenntnisses und Ausübung der Religion (Art. 1). Die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan (Art. 3), der staatliche Schutz und die gerichtliche Immunität der Geistlichen (Art. 5, 9), der Schutz katholischer Amtstracht (Art. 10) und ihrer religiösen, kulturellen und karitativen Organisationen (Art. 32), die Erhaltung der katholisch-theologischen Fakultäten (Art. 19), des Religionsunterrichtes (Art. 21) und der katholischen Bekenntnisschulen (Art. 23) und die Zulassung katholischer Geistlicher in Armee (Art. 27) und staatlichen Anstalten (Art. 28) wurden durch das Konkordat fortgesetzt.
2. Beurteilung
Das Konkordat wurde sehr unterschiedlich beurteilt.
a) Hitler
Nicht grundlos konnte Hitler aufgrund des Konkordats annehmen, "daß sich die Reichsangehörigen des römisch-katholischen Bekenntnisses von jetzt ab rückhaltlos in den Dienst des neuen nationalsozialistischen Staates stellen werden."[30] In der Kabinettssitzung am 14. Juli, in der nicht nur das Konkordat, sondern auch die Verfassung der evangelischen Reichskirche und - in krassem Widerspruch dazu - das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" ("Reichssterilisationsgesetz")[31] verabschiedet wurden, wertete Hitler die Tatsache, daß der Vatikan überhaupt mit den Nationalsozialisten verhandelt und sich um ein gutes Verhältnis bemüht habe, als einen "unbeschreiblichen Erfolg", sie bedeute eine "rückhaltlose Anerkennung des derzeitigen Regiments". Die Zurückdrängung der Kirche aus dem "Vereins- und Parteileben", die mit der Auflösung des Zentrums am 5. Juli 1933 begonnen hatte, sei nun "als endgültig zu bezeichnen".[32] In der Tat war das Konkordat für Hitlers Politik ein wichtiger Erfolg: Die Nationalsozialisten hatten es geschafft, den Tätigkeitsbereich von Staat und Kirche strikt abzugrenzen und den Einfluß auf die Kirche dabei noch zu verstärken.
b) Partei
Dennoch wurde das Konkordat keineswegs von allen Gruppen innerhalb des Nationalsozialismus' begrüßt. Die antichristlichen Fanatiker, die sich vor allem in Einheiten der SA fanden, drängten vielmehr zu massiveren Maßnahmen gegen die Kirchen. Der Führer der Bayrischen Politischen Polizei, Heinrich Himmler, und sein Stellvertreter Reinhard Heydrich hatten schon Pläne für einen Generalangriff auf die Kirche geschmiedet und begannen mit Versammlungsverboten und Gefangensetzungen die Verwirklichung ihrer Pläne.[33] Erste Verbote katholischer Organisationen durch die Gestapo im Juli 1933 waren von Göring als "aus grundsätzlichen politischen Erwägungen" unvermeidlich bezeichnet worden.[34] Die antichristlichen Kräfte ließen also kein Zweifel daran, welche Verbindlichkeit für sie das Konkordat haben werde.
c) Kirche
Der Abschluß des Konkordats ist deshalb so bemerkenswert, weil die katholische Kirche sich vor der Machtergreifung entschieden gegen die neue Bewegung gewehrt hatte. Noch am 18. März war die Haltung prinzipiell feindlich. Die "Irrlehren" des Parteiprogramms und der "glaubensfeindliche Charakter" der Kundgebungen drängten die Kirche in die politische Opposition. Wenige Tage später ging von den Bischöfen eine Anweisung an den Klerus aus, daß von der NS-Regierung nunmehr "öffentlich und feierlich Erklärungen gegeben" seien, "durch die der Unverletztlichkeit der katholischen Glaubenslehre und den unveränderlichen Aufgaben und Rechten der Kirche Rechnung getragen" werde. Die früher ergangenen Weisungen, dem Nationalsozialismus mißtrauisch gegenüberzustehen, bräuchten daher "nicht mehr als notwendig betrachtet zu werden".[35]
Warum hat die katholische Kirche ihren Widerstand aufgegeben und mit dem NS-Staat paktiert? Immerhin sprach für den Abschluß des Konkordats, daß Hitler der Kirche Konzessionen gemacht hatte, die die Reichsregierung der Weimarer Republik nicht zu machen bereit gewesen war. Wollte man auch nicht annehmen, daß Hitler der katholischen Kirche gegenüber seine wahre Ansicht über Religion kundgetan hatte und dem Katholizismus freundschaftlich gegenüberstand, so gaben sich die katholischen Kirchenleiter doch der Hoffnung hin, durch das Konkordat würde die Rechtsstellung der Kirche hinreichend abgesichert, um zumindest den fanatischen Kräften innerhalb des Nationalsozialismus', zu denen Hitler nicht gerechnet wurde, zu begegnen. Angesichts der Aktionen der Gestapo sah sich der Vatikan unter Druck gesetzt. Kardinal Pacelli, der päpstliche Verhandlungsführer, meinte, ihm sei "die Pistole auf die Brust gesetzt worden", er habe "nur die Wahl zwischen Zugeständnissen an sie oder der völligen Auslöschung der katholischen Kirche im Reich gehabt".[36] Gegenüber einem britischen Diplomaten äußerte er die Hoffnung, daß die Deutschen "jedenfalls ... wahrscheinlich nicht alle Artikel des Konkordats auf einmal verletzen" würden.[37] Und noch in der Enzyklika "Mit brennender Sorge" von 1937 sprach Papst Pius XI von seiner Intention, "Unseren treuen Söhnen und Töchtern in Deutschland im Rahmen des Menschenmöglichen die Spannungen und Leiden" zu "ersparen, die andernfalls unter den damaligen Verhältnissen mit Gewißheit zu erwarten gewesen wären."[38] Wahrscheinlich wollte man auch den damals einsetzenden Bestrebungen der DC zur Begründung einer evangelischen Reichskirche, die leicht zu einer Vorrangstellung des Protestantismus hätte führen können, entgegentreten.[39]
3. Bedeutung
Letztlich ist das Konkordat Ausdruck für den Versuch des Katholizismus', sich mit dem nationalsozialistischen Staat zu arrangieren. Wenn es auch bei ihnen keine der DC gleichkommende Verschränkung von Kirche und Staat gegeben hat, sahen die Katholiken im Konkordat doch einen Weg, um gemeinsam mit dem Staat am "Werk der nationalen Erneuerung" mitzuarbeiten und den sie mit Begeisterung einschlugen. Nach der Ratifizierung des Konkordats wurde am 24. September vor der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale die heilige Messe gefeiert, in der die Auferstehung Deutschlands beschworen wurde. Die Messe wurde mit dem Horst-Wessel-Lied beendet.[40]
Die Zusammenarbeit fand ihren institutionellen Ausdruck am 3. Oktober 1933 in der auf Anordnung des Führer-Stellvertreters Rudolf Heß ins Leben gerufenen "Arbeitsgemeinschaft Katholischer Deutscher"[41] unter Führung des Vizekanzler v. Papen. Die Arbeitsgemeinschaft sollte "in dem katholischen Volksteil das Nationalbewußtsein" "stärken" und "eine ehrliche rückhaltlose Mitarbeit am Nationalsozialismus" "vertiefen". Die katholische Kirche war damit in die nationalsozialistische Politik verstrikt, ohne auch nur den geringsten Einfluß auf sie zu haben.
In den oben dargestellten Konkordatsbestimmungen erschöpfte sich der Regelungsbereich des veröffentlichten Textes. Das Konkordat beinhaltete aber noch einen geheimen Anhang, der die Stellung des Klerus' "im Falle einer Umbildung des gegenwärtigen deutschen Wehrsystems durch Einführung der allgemeinen Wehrpflicht" regelte - eine Vereinbarung, die gegen den Versailler Vertrag verstieß! Daß die NS-Regierung schon im Konkordat solche Regelungen aufgenommen haben wollte, hätte Kardinal Pacelli zeigen müssen, daß sie auch die Bestimmungen des Konkordats nicht einhalten würde.[42]
III. Evangelische Reichskirche und Deutsche Christen
Wenden wir uns nun der evangelischen Kirche zu. Sie wurde zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft durch ein großes Bündel von 28 Landeskirchen verkörpert, die kein einheitliches Bild aufwiesen. Dieser Zustand war den auf Einheit aller Lebensbereiche bestrebten Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Darum war Hitler erstens an der Errichtung einer protestantischen Reichseinheitskirche gelegen, die er sich als Gegenpol zur ebenfalls reichseinheitlich handelnden katholischen Kirche dachte - eine Vorstellung, die er später als "großen Fehler" bezeichnete.[43]
Dem Nationalsozialismus stand die protestantische Kirche nicht von Anfang an so feindlich gegenüber wie die katholische. Die Gleichschaltung der evangelischen Kirche mit Hilfe der schon erwähnten DC[44] durch Einflußnahme auf Glaubensinhalte war das zweite Ziel der Politik Hitlers für die evangelische Kirche.
1. Deutsche Christen und Hitler
Auf der Reichstagung der DC am 3. April 1933 wurden die ein Jahr zuvor für Preußen aufgestellten kirchenpolitischen Forderungen auf das ganze Reich ausgedehnt: Die DC strebte einer "Evangelischen Reichskirche lutherischer Prägung" zu, in der das Führerprinzip durch einen nach Staatswahlrecht gewählten Reichsbischof mit Sitz in Wittenberg verwirklicht werden sollte. Die Reichskirche sollte eine Volkskirche werden, die dem Volk religiösen Rückhalt bieten und ihm dadurch die Förderung des Staates ermöglichen sollte. Die DC wandte sich - zumindest offiziell - gegen eine Staatskirche, aber auch gegen einen Staat im Staate.[45] Durch die Vereinigung auf Reichsebene und die Bindung an den Staat sollte der Kirche vermutlich ihre seit 1918 verlorene einflußreiche Stellung wiedergewonnen werden.
Hitler hatte andere Vorstellungen. An einem religiösen Rückhalt der Bevölkerung in einer Volkskirche ar ihm nicht gelegen. Die innere Erstarkung und Einigung der protestantischen Kirche hätte nur bewirkt, daß eine zweite Kraft neben dem Staat entstanden wäre, die dessen Totalitätsanspruch in Frage hätte stellen können. Statt dessen wollte er umgekehrt eine Art Staatskirche, in der die Interessen des Staates auch religiös durchgesetzt werden konnten. Hitler betrieb die Vereinigung der Kirche daher nur gleichsam als Nebenzweck, um die Unübersichtlichkeit der Kirche, die nach seinen Befürchtungen Raum für alle möglichen staatsfeindlichen Kräfte bot, zu beseitigen.
2. Kampf um die Kirchenämter
Merkmal der Staatskirche, die Hitler mit Hilfe der DC anstrebte, waren Personalunionen in Staat und Kirche. Die Gefahr, daß sich die vereinigte protestantische Kirche zu einer selbständigen Körperschaft entwickelte, mußte Hitler dadurch bannen, daß er ihm treu ergebene Männer an ihre Spitze katapultierte.
a) Streit um den Reichsbischof
Hitler bestellte in diesem Sinne Ende April 1933 Ludwig Müller zum Bevollmächtigten für die Evangelische Kirche mit dem (offiziellen) "besonderen Auftrag, alle Arbeiten zur Schaffung einer evangelischen deutschen Reichskirche zu fördern"[46] und (inoffiziell) der Unabhängigkeit der Kirche entgegenzuwirken. Dieser Ludwig Müller, ein "unbedeutender Mann, jedoch ein begeisterter Nationalsozialist und ein glühender Bewunderer Hitlers",[47] war Favorit der DC für das Amt des Reichsbischofs.
Aber die Vertreter der Landeskirchen wollten sich mit dieser Vorauswahl nicht abfinden und ernannten ihrerseits Friedrich von Bodelschwingh im Mai 1933 zum Reichsbischof. Dies geschah praktisch ohne Rechtsgrundlage, denn die neue Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) war noch nicht rechtskräftig, die alte Verfassung aber reichte für eine solche Wahl nicht aus.
In der Gewißheit, eine Kirche mit v. Bodelschwingh niemals zum Gleichschritt mit dem Nationalsozialismus bewegen zu können, weigerte sich Hitler, den neuen Reichsbischof zu empfangen, geschweige denn anzuerkennen. Als rechtliche Grundlage für dieses Verhalten könnte ein staatliches Vetorecht bei der Besetzung des Kirchenamtes (ius exclusivae) gedient haben.
V. Bodelschwingh trat unter diesen Umständen am 24. Juni 1933 zurück.[48]
b) Staatskommissariat Jägers
Am selben Tag setzte eine Gegenbewegung der Nationalsozialisten ein. Der preußische Erziehungsminister Bernhard Rust nutzte einen Verstoß gegen das staatliche ius placeti, der Nachfolge des Präsidenten des preußischen Oberkirchenrats zuzustimmen, aus und ernannte August Jäger, einen "kompromißlosen Bürokraten" ohne theologisches Verständnis,[49] zum Staatskommissar für die evangelischen Landeskirchen. In dem Telegramm an die evangelische Kirche der Altpreußischen Union, die ihr die Ernennung Jägers mitteilt, berief sich Rust mit den Worten "Die Lage von Volk, Staat und Kirche verlangt Beseitigung der vorhandenen Verwirrung." auf Notstandsrecht.[50]
Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang ein Schreiben Görings als preußischer Ministerpräsident an den preußischen Kultusminister Rust vom 27. Juni, in dem sich Göring auf das summum episcopum des preußischen Königs berief, das auf ihn als Ministerpräsidenten übergegangen sei: "Aus diesem Grunde war eine Veränderung der Landeskirche ohne unsere Zustimmung nicht denkbar."[51] Hier nahm der NS-Staat die direkte Rechtsnachfolge der Monarchie dafür in Anspruch, in die innere Kirchenordnung einzugreifen. Bei seinem Eingriff schreckte der NS-Staat also auch nicht vor der Begründung des Staatskirchentums zurück![52]
Jäger verfolgte eine rigorose Eingriffspolitik. Schon sieben Stunden nach seiner Ernennung gab er der preußischen Kirche bekannt, daß "mit sofortiger Wirkung sämtliche gewählten kirchlichen Vertretungen in den evangelischen Landeskirchen Preußens" aufgelöst seien. Zwei Tage später setzte er neue "Bevollmächtigte" zur Neubildung der Vertretungen ein. So wurden die Verwaltungsbeamten der evangelischen Kirche durch Mitglieder der DC ersetzt. Sogar Dibelius mußte DC-Führer Hosselfelder weichen.[53]
Kaum war Bodelschwingh zurückgetreten, setzte sich Ludwig Müller am 28. Juni 1933 mit Unterstützung der SA und "im Einvernehmen" mit Jäger als Bevollmächtigter Hitlers selbst als Reichsbischof an die Spitze der evangelischen Kirche. Auch Müller berief sich dabei auf den "Notstand" der Kirche.[54]
c) Verfassung der DEK
Als sich die DEK am 11. Juli 1933 als Dachorganisation der Landeskirchen konstituierte und sich eine Verfassung gab, waren die Kirchenämter der größten und wichtigsten Kirche, der preußischen Landeskirche, fast alle von der DC besetzt. In der Verfassung[55] fand dieser Umstand dann auch seinen Niederschlag. Es wurde darin zwar festgelegt, daß die Kirche ihr Verhältnis zum Staat selbst ordnen dürfe (Art. 3 II), doch war diese Erkärung durch die bestehende Personalunion nur liberale Fassade. Ihre Sendung begrenzte die DEK auf die Verkündigung des Evangeliums (Art. 1). Dem nationalsozialistischen Geist wurde sie dadurch verbunden, daß Art. 4 II die "besondere Fürsorge" der Kirche "dem deutschen Volkstum" widmete; außerdem war sie durch den für kirchliche Verwaltungsgeschäfte in der Reichshauptstadt Berlin (nicht in der Luther-Hauptstadt Wittenberg, wie die DC noch am 3. April gefordert hatten!) sitzenden Reichsbischof nach dem Führerprinzip aufgebaut (Art. 5 I, 6 IV).
Erst auf den starken Protest der evangelischen Kirche, der von Reichspräsident v. Hindenburg in einem Brief an Hitler am 30. Juli 1933 geteilt wurde,[56] wurden am 14. Juli die von Jäger entlassenen Kirchenbeamten wieder an Stelle der zurückgezogenen Kommissare in ihr Amt eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch für die Kirchenbeamten zu spät, denn die neue Verfassung der DEK vom 11. Juli wurde just am Tag ihrer Wiedereinsetzung in einer Kabinettssitzung verabschiedet. Sie konnten damit keinen Einfluß mehr auf die Verfassung ausüben.[57]
d) Kirchenwahl
Mit dem "Gesetz über die Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche" vom 14. Juli 1933[58] wurden in Art. 5 Neuwahlen für alle direkt gewählten kirchlichen Organe angesetzt. Das Zwischenspiel v. Bodelschwingh nahm Hitler den Landeskirchen sehr übel. Er versuchte nun erst recht, der DC gegenüber anderen Kräften in der evangelischen Kirche Raum zu verschaffen: "Die Kirche hätte mich nicht vor den Kopf stoßen sollen. Die Kirche darf nicht unserer Zeit und Bewegung feindlich gegenüberstehen."[59] Mit Hilfe der NS-Propaganda, mit der Ausarbeitung der Vorschlagslisten durch örtliche Parteiführer, durch eine Rundfunkansprache Hitlers am Vorabend der Wahlen und andere Interventionen wurde Druck auf die Wähler ausgeübt. Einen Tag vor der Wahl ordnete der Stellvertreter des Führers, Rudolf Heß, an: "Jeder, der sich zur nationalsozialistischen Weltanschauung bekennt, hat sich bis spätestens 20. Juli 1933 in die Wahllisten für die bevorstehenden Kirchenwahlen einzutragen. ... Die Beteiligung an der Wahl ist Pflicht."[60] In der Tat war es so, wie es der "Völkische Beobachter" am gleichen Tag formulierte: "Damit ist diese Kirchenwahl nicht mehr eine interne Angelegenheit der Kirche, sondern eine Angelegenheit des deutschen Volkes",[61] was gleichbedeutend war mit: des deutschen Staates. So konnte die DC fast überall als Sieger der Kirchenwahlen am 23. Juli 1933 hervorgehen.
3. Triumph der Deutschen Christen
Nun waren praktisch die Kirchenorgane der NS-Linie gleichgeschaltet. Wie sich das Selbstbewußtsein der nationalsozialistischen Kirchenleitung auf den Provinzialsynoden in "religiöser Barbarei" ausdrückte, schildert eindrücklich das "Svenska Morgenbladet" vom 1. August 1933.[62] Die DC, so heißt es dort, seien "in braunen Uniformen, Reitstiefeln, Leib- und Achselriemen, mit Hakenkreuzen, Rangabzeichen und Ehrenzeichen aller Art" aufgetreten, der neue Synodalvorsitzende habe "mit militärischer Haltung und Kommandostimme" erklärt, "man brauche jetzt einen deutschen Glauben und einen deutschen Gott". Seine Rede sei "mit lärmenden Heilrufen und Hitlergrüßen beantwortet" worden. Dann sei über den "Arierparagraphen" - das Beschäftigungsverbot von Nichtariern in der Kirche - namentlich abgestimmt und jede Ablehnung "mit Aha-Rufen, ironischem Bravo und Gelächter zur Kenntnis genommen" worden. Die Versammlung habe mit der Nationalhymne und dem "Horst-Wessel-Lied" geendigt.
Dieses Selbstbewußtsein setzte sich am 4. September auf einer preußischen Generalsynode fort, auf der Ludwig Müller zum Landesbischof ernannt, der "Arierparagraph" für die preußische Landeskirche eingeführt und dann erklärt wurde, daß "weitere Synoden unnötig seien".[63] Das Ende der Landeskirchen war damit eingeleitet.
Eine erste deutsche Nationalsynode bestätigte am 27. September 1933 Müller in seinem Amt als Reichsbischof. Hitler bekräftigte zuvor, daß er keine Einwände gegen Müller habe,[64] eine Haltung, die er Ende Juni noch bestritten hatte.[65] Die DC war auf der Höhe ihrer Macht.
Den Nationalsozialisten war es gelungen, die Führung innerhalb der DEK zu erlangen. Wenn sich Hitler in seiner Rede anläßlich des Austrittes aus dem Völkerbund am 24. Oktober 1933 rühmte, er habe den "Kampf gegen die Zersetzung unserer Religion" aufgenommen,[66] so meinte er damit die Vereinheitlichung der evangelischen Kirche. Und vielleicht war es nicht ganz unbegründet, was der schwedische Erzbischof Eidems über einen Besuch bei Hitler am 2. Mai 1934 mitteilte, nämlich daß Hitler in einem Anflug von "Cäsarenwahn" seine "Stellung im Volksleben so stark" einschätzte, "daß er meinte, das Schicksal der Kirchen hinge allein von seinem Willen ab."[67]
4. Verwandlung der Kirche nach NS-Grundsätzen
Auch nachdem die Parteiführung mehr und mehr von den DC abrückte, gaben die DC und insbesondere Reichsbischof Müller den Versuch nicht auf, eine Brücke zum Nationalsozialismus zu schlagen. Die Kirche veränderte sich unter Müllers Einfluß derart, daß sie im Aufbau schließlich der staatlichen Diktatur glich. Der "Daily Telegraph" gab die Situation in einer Meldung vom 29. Januar 1934 treffend wieder: "Deutsche Kirche kapituliert. Vollständig unter NS-Kontrolle. Reichsbischof Diktator über 20 Millionen."[68]
a) Diktatur des Reichsbischofs
Auf einer Massenkundgebung im Berlin Sportpalast am 13. November 1933 forderte die DC erneut die deutsche Volkskirche. Sie begehrte nun noch mehr, die christliche Religion in "Rückkehr zu einem heldischen Jesus" von allem "Undeutschen" zu befreien.[69] Um die Nationalsozialisten zu versöhnen, entschloß sich Reichsbischof Müller am 19. Dezember 1933, die Evangelische Jugend in die Hitler-Jugend einzugliedern und verzichtete damit auf eine eigenständige Zukunft der Kirche.[70] Außerdem setzte er am 4. Januar 1934 den "Arierparagraphen" in der Kirche in eigener Verantwortung erneut durch und verbot im sog. "Maulkorberlaß" den Geistlichen jede politische Stellungnahme.[71]
b) Rechtswalter Jäger
August Jäger, der sich als preußischer Staatskommissar schon profiliert hatte, wurde am 12. April 1934 von Reichsbischof Müller und dem Geistlichen Ministerium der DEK zum Rechtswalter der DEK und Mitglied des Geistlichen Ministeriums ernannt mit der Aufgabe, die "angebahnte rechtliche Einheit in der Deutschen Evangelischen Kirche zu vollenden". Eine "feste innere Ordnung" auf Reichsebene sollte helfen, "daß um unseren Glauben wirklich nur geistlich gerungen wird."[72] Hitler schaltete sich ein und ließ Jäger durch seine Beauftragten wissen, daß er die Landeskirchenverwaltungen auflösen und in die Reichskirche hinüberführen sollte. Am 23. April 1934 wurde ein Plan gemacht, wie die Rechte der einzelnen Landeskirchen im Abstand von wenigen Tagen auf das Reich überführt werden sollten.[73]
Viele der Landeskirchen waren durch die Kirchenwahlen mit DC-Leuten besetzt und übertrugen ihre Verwaltungsbefugnisse freiwillig auf Jäger als Rechtswalter und Müller als Reichsbischof. Auf der Nationalsynode am 9. August 1934 wurde die rechtliche Vernichtung der Landeskirchen gebilligt. Die Einheitskirche konnte sich damit dem Staat unterordnen, was seinen krönenden Niederschlag in der Einführung eines obligatorischen Eides für alle Pastoren der evangelischen Kirche fand, "dem Führer des deutschen Volkes und Staates Adolf Hitler treu und gehorsam zu sein."[74]
Lediglich die drei Landesbischöfe Wurm (Württemberg), Meiser (Bayern) und Marahrens (Hannover), die mit der kirchlichen Opposition sympathisierten, wehrten sich gegen die Gleichschaltung. Nach der Nationalsynode ergriff Jäger gegen sie Maßnahmen: Die Landeskirchen wurden der Rechtsaufsicht der DEK unterstellt, die Bischöfe selbst beurlaubt und im eigenen Haus in Schutzhaft genommen.[75] Mit diesen Gewaltmaßnahmen sollte die rechtliche Einheit der evangelischen Kirche vollkommen hergestellt werden.
c) Kirchliche Denkschriften
Seit Ende 1934, als die Tendenz gegen die Kirche immer stärker hervortrat, versuchten kirchliche Stellen mit Gutachten und Denkschriften bei Hitler Gehör zu finden. Die deutschchristlichen Bischöfe setzten sich in einem "Gutachten über Auswirkungen einer Trennung des Staates von der evangelischen Kirche" vom 7. November 1934 für die weitere Verbundenheit beider Institutionen ein und gaben zu bedenken, daß "eine völlige Loslösung des Staates von der Kirche ... das Werk Martin Luthers erschüttern und den Bestand der evangelischen Kirche unmittelbar in Frage stellen würde." Sogar die Vorläufige Leitung, das Organ der kirchlichen Opposition, wandte sich im April 1935 gegen die Trennung.[76]
So weit war die Identifikation der Kirche mit dem Staat schon fortgeschritten, daß ihr eine Existenz ohne rechtliche Bindung an den Staat nicht möglich erschien. Der Eid auf den Führer zeigt deutlich, daß die evangelische Kirche unter ihrem Diktator Müller sich vollends im Staat auflösen wollte. Sie wehrte sich nicht nur gegen eine Trennung, sondern steuerte auf eine Vereinigung von Kirche und Staat nach der Art des absolutistischen Staatskirchentums zu.
IV. Orientierungsversuche
Die Kirchenpolitik der NS-Regierung steckte in der Sackgasse. Ein Lagebericht des Chefs des Sicherheitsamts vom Mai/Juni 1934 geht auf die katholische und evangelische Kirche ein und befindet, daß der Zustand in beiden Kirchen nicht befriedigend sei. Der durch die innere Opposition bedingte Verfall der evangelischen Kirche komme in erster Linie dem Katholizismus zugute, der jedoch dem NS-Staat feindlich gegenüberstünde.[77] Auf der Suche nach dem Weg aus der Sackgasse begegnen zwei Denkschriften, die Hitler Ende 1934, Anfang 1935 überreicht wurden und die die Trennungsmarkierung von der Phase der Kooperation zur Phase der Konfrontation darstellen.
1. Denkschrift von Frick
Im Oktober 1934 beauftragte Hitler Reichsinnenminister Frick damit, eine Denkschrift über die Trennung von Kirche und Staat zu erarbeiten, die Anfang November vorgelegt wurde.[78] Nach Ausführungen über das Verhältnis in anderen Ländern wurden "Folgerungen für die deutschen Verhältnisse" gezogen. Frick setzte den Schwerpunkt auf die katholische Kirche und stellte insbesondere die Nachteile einer Trennung für die Nationalsozialisten heraus: Die Möglichkeit der staatlichen Einwirkung auf die Kirche bei der kirchlichen Gesetzgebung, Personalpolitik, Finanzgebarung und Vermögensverwaltung fiele fort. Die Kündigung der Konkordate würde zudem eine Mitwirkung des Staates bei der Festlegung der Diözesengrenzen, die Anforderungen an die Vorbildung und Staatsangehörigkeit der Geistlichen und vor allem den Treueid der Bischöfe sowie das Verbot der politischen Betätigung für die Geistlichen beseitigen. Die Denkschrift kam zu dem Schluß: "Die Trennung von Staat und Kirche würde bedeuten, daß die Kirchen hinfort dem allgemeinen Vereinsrecht unterliegen. ... Immerhin ist die Möglichkeit vorhanden, daß dann die Kirchen als private Vereine vielleicht noch stärkeren Eingriffen ausgesetzt sind, als dies zur Zeit auf Grund ihrer Rechtsstellung als öffentlich-rechtliche Körperschaften möglich ist. Sollte im künftigen Vereinsrecht, wie zu erwarten, das Führerprinzip verstärkt zum Ausdruck gebracht werden, so wären Konflikte mit dem bekenntnismäßig verankerten Synodalprinzip zum mindestens in der reformierten Kirche unvermeidlich."[79] Diese Denkschrift, obwohl knapp und relativ neutral gehalten, zeigte also eine Tendenz gegen die Trennung. Frick hielt ein staatskirchenhoheitliches Verhältnis für sinnvoller, um mit den durch die Verträge geschaffenen Einflußmöglichkeiten die Kirche der nationalsozialistischen Staatsauffassung unterzuordnen. In die inneren Verhältnisse der Kirche sollte seiner Meinung nach nicht eingegriffen werden.
Bestätigt wurde Frick durch den Reichsfinanzminister, Graf von Schwerin-Krosigk, der Frick in einer Denkschrift vom 13. Juli 1934 mitgeteilt hatte, der "Verzicht der D Chr auf Totalitätsanspruch und bevorrechtigte Stellung in der Kirche" sei notwendig, um den Konflikt innerhalb der evangelischen Kirche zu lösen. Der Staat müsse sich neutral verhalten, und zwar "bis in die untersten Instanzen".[80]
Hitler aber war mit der Tendenz der Denkschrift gegen die Trennung nicht einverstanden. Ungehalten soll er ausgerufen haben: "Der Mann, der das geschrieben hat, hat keinen Funken nationalsozialistischen Geistes im Leibe!"[81]
2. Denkschrift von Stuckart
Deshalb folgte im Januar 1935 eine weitere Denkschrift von Staatssekretär Stuckart.[82] Stuckart legte das Schwergewicht auf die evangelische Kirche, knüpfte gleich zu Anfang an das Scheitern der DC an und nannte dafür als Begründung, daß sie "ihre missionarische Sendung an das ganze Volk zugunsten machtpolitischer Erfolge im Kirchenraum und zugunsten des Beziehens von Posten und Stellungen zurückstellten. Dadurch haben sie nicht das Volk erfaßt, sondern Stellen besetzt, um herrschen zu können." Auch die kirchliche Opposition sei machtpolitisch orientiert. Darin liege der Grundfehler der Kirche. Staat und Kirche zu trennen und damit die Kirche auf Wortverkündigung und Sakrament zu begrenzen sei deshalb das einzige Verhältnis von Staat und Kirche, das dem "Sinn und Ziel des nationalsozialistischen Umbruchs", der Errichtung des "völkisch-nationalsozialistischen Volksstaates" gerecht werde. Stuckart betrachtete dann die Folgen einer solchen Trennung und stellte insbesondere "erhebliche Ersparnisse" für den Staat fest. Allerdings sei die Auflösung der Kirche in Sekten zu befürchten, die zu einem "Sammelbecken aller politisch rückständigen Menschen und damit zu einem ständigen Unruheherd im Volke werden" könnten, der wegen der geringeren Einflußmöglichkeiten schwer zu kontrollieren wäre. Die Trennung von der katholischen Kirche hielt Stuckart - aus außenpolitischen Gründen - nicht für möglich, die Trennung allein von der evangelischen Kirche aber deshalb für bedenklich, weil diese sich ungleich behandelt fühlen und dies zum Anlaß nehmen könnte, "die evangelische Bevölkerung mit dieser Parole zu verhetzen und gegen den Nationalsozialismus einzunehmen", denn: "im übrigen sind die breiten Volksmassen in keiner Weise reif für eine neue Religiosität". Vom Weg der Trennung riet Stuckart schließlich ab.
Als Alternative diskutierte er dann ein staatskirchenhoheitliches Verhältnis, das eine "Trennung der Einflußbereiche" und eine "Verschärfung der staatlichen Oberaufsicht über die Kirche" beinhaltete. Die Grenze zwischen staatlichem und kirchlichem Einflußbereich dürfe der Staat selbst festlegen - eine Auswirkung der These Sohms, daß die äußere Gestalt der Kirche unwesentlich sei. Bei der Oberaufsicht müsse sich der Staat aus jeder religiösen Streitfrage heraushalten und die kirchliche Ordnung so gestalten, daß sie nationalsozialistischen Grundsätzen entspreche, um die Kirche nicht zur Anlaufstelle für "politisch rückläufige Menschen" zu machen.
Stuckart empfahl schließlich die Einrichtung einer reichseinheitlichen Entscheidungsstelle für kirchliche Angelegenheiten, um die Geschlossenheit des staatlichen Auftretens gegenüber der Kirche zu gewährleisten und die Kirche durch staatliche Kontrolle indirekt zum engeren Zusammenschluß zu nötigen. Die Staatszuschüsse müßten in einem "Reichsdotationsgesetz" einheitlich, flexibel und mit Weisungsrecht des Staates geregelt und durch die Verlagerung des Besteuerungsrechts auf die Reichskirche die Landeskirchen außer Gefecht gesetzt werden. Auf kirchliche Gesetzgebung, Rechtsprechung und Ämterverwaltung müsse der Staat direkt, auf kirchliche Verwaltung durch Anregungen indirekt einwirken. Bezüglich letzterer dachte Stuckart an einen kirchlichen Verwalter für weltliche Angelegenheiten, einen "Rechtswalter der Kirche", der für Finanzen, Verwaltung und Gesetzgebung zuständig und dem in geistlichen Fragen zuständigen Reichsbischof gleichgeordnet wäre.
Die Trennung von Staat und Kirche war in Stuckarts Entwurf also nur funktionell, nicht institutionell verankert - und diese Trennung war verbunden mit einer negativ ausgerichteten Art des Staatskirchentums. Beide Linien zusammen ergaben die Umdeutung des bestehenden staatskirchlichen Systems: der Staatskirchenhoheit. Der Gegensatz zwischen Staatskirchentum und Trennung wurde aufgelöst in einem ideologisch-pragmatischen Überlegungen folgenden Stufenverhältnis: Die Kirchenhoheit sollte Mittel zur Trennung werden, an deren Ende die vollständige Verdrängung der Kirche aus dem öffentlichen Leben stehen sollte. Die Denkschrift traf vermutlich Hitlers eigene Auffassung. Ein Einfluß auf die späteren konkreten Ereignisse läßt sich nicht nachweisen. Im großen und ganzen verlief die Entwicklung aber so ähnlich, wie sie von Stuckart empfohlen worden war. Nur wenn man Stuckarts persönlichen Ambitionen beim Erfolg der Denkschrift berücksichtigen wollte, müßte man sagen daß sie nicht ins Schwarze getroffen hat, denn die von ihm geforderte zentrale Stelle für Kirchenfragen wurde nicht im Reichsinnenministerium (Stuckarts Wirkungsbereich), sondern durch Einrichtung eines neuen Ministeriums geschaffen.[83]
V. Reichskirchenministerium
Hitler hatte 1935 offensichtlich die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, mit Hilfe der staatlichen Organe Kontrolle über die Kirche zu erhalten. Auf dem Wege dorthin war vor allem die große Zersplitterung der Entscheidungsstellen in kirchlichen Angelegenheiten auf staatlicher Seite ein Hindernis. Die Partei wollte daher die Entscheidung kirchlicher Fragen an einer staatlichen Stelle konzentrieren, wie es auch dem Stuckartschen Entwurf entsprach.
1. Errichtung
Zunächst dachte man daran, eine Abteilung im Reichsinnenministerium zu schaffen. Dagegen gab es jedoch grundsätzliche Bedenken. Es hätte den Eindruck erweckt, als wolle der Staat kirchliche Dinge als eigene behandeln. Von der katholischen Kirche hätte dies als Aufforderung zum Kulturkampf gedeutet werden können. Die Eingliederung im Reichsinnenministerium hätte aber wohl auch nach der vorherrschenden Meinung in der Partei und nach Meinung Hitlers zu einer unwillkommenen Verbindung zwischen Staat und Kirche geführt.
Entgegen der ursprünglichen Überlegung wurde daher ein neues Ministerium eingerichtet. Leiter des Reichskirchenministeriums wurde durch den knappen Erlaß vom 16. Juli 1935 der Reichsminister ohne Geschäftsbereich Hanns Kerrl, einer der frühesten Anhänger Hitlers. Der gute Kontakt zum Führer war auch wichtig, denn die Zuständigkeiten des neuen Ministeriums wurden niemals klar definiert und gegenüber den anderen Ministerien abgegrenzt. Vielmehr hieß es in dem Erlaß: "Wegen der Ausführung dieses Erlasses treffen die beteiligten Reichs- und Preußischen Minister nähere Bestimmung."[84] Zwar gewährte Hitler in einem Erlaß vom 5. September 1935 Kerrl ein Weisungsrecht gegenüber der Polizei, und das "Gesetz zur Sicherung der DEK" vom 24. September beinhalte eine Generalermächtigung, doch wurde Kerrls Stellung weitgehend dadurch gemindert, daß dem Stellvertreter des Führers (Heß) und ab 1941 dem Chef der Parteikanzlei (Bormann) aufgrund des Runderlasses vom 27. Juli 1934 ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt war.[85] Das bedeutete, daß Kerrl sich die Zuständigkeit ertrotzen mußte und seine Betätigung unter dem Korrektiv von Parteistellen stand. Von Hitler war dies ein raffinierter Schachzug: Nach außen trat der Reichskirchenminister als Bevollmächtigter auf und zeigte den Kirchen staatliches Entgegenkommen. Nach innen aber lieferte Hitler seinen neuen Minister den antichristlichen Kräften in Partei und Staat aus.
2. Programm
Kerrl stellte sich zunächst erneut hinter Art. 24 des Parteiprogramms der NSDAP von 1920 und wollte dem "positiven Christentum" im Staat zum Durchbruch verhelfen - und dem Nationalsozialismus in der Kirche. So schrieb er Ende 1935 im Westdeutschen Beobachter: "Wer das Wesen des Nationalsozialismus begriffen hat, weiß, daß von ihm ein Bekenntnis zum positiven Christentum gefordert wird in Gesinnung und Tat."[86] Als Mittel sollte ihm die Staatskirchenhoheit dienen. Eine Staatskirche lag nach eigener Aussage nicht in Kerrls Intention. Allerdings wurde er im "Gesetz zur Sicherung der DEK" als "Treuhänder" ausgewiesen, der die Kirche aus ihren notstandsbegründenden Wirren befreien sollte. Dies bedeutete zumindest auf begründungstheoretischer Ebene einen erneuten Rückgriff auf das absolutistische Staatskirchentum.[87]
Auf dem Reichsparteitag 1935 stellte sich Hitler hinter Kerrls Politik und beteuerte, die Partei wende sich nicht gegen die Konfessionen als solche, sondern nur gegen ihre politische Tätigkeit. Aber Kerrl "stand in jeder Hinsicht zwischen den Fronten"[88]: Von Seiten der kirchlichen Opposition argwöhnte man neue nationalsozialistische Eingriffe in die innere Kirchenstruktur, seitens der übrigen Ministerien bangte man um Zuständigkeiten und von der Partei wurde sein Versuch, "positives Christentum" zu vertreten, als überholt angesehen und in seine Kompetenzen eingegriffen.
3. Tätigkeit
Kerrl nahm seine Tätigkeit mit einer Generalamnestie für alle politisch verfolgten Pfarrer Anfang September 1935 auf. Das "Gesetz zur Sicherung der Deutschen Evangelischen Kirche" ermächtigte Kerrl, mittels Verordnungen die DEK und die Landeskirchen zu ordnen. Dies nutzte er am 3. Oktober, indem er einen Reichskirchenausschuß und für Preußen einen Landeskirchenausschuß einsetzte. Der Leiter des neuen Reichskirchenausschusses, Zoellner, war auch bei der kirchlichen Opposition gern gesehen. Mit seiner Ernennung war die Diktatur des Reichsbischofs Müller zu Ende. Müller wurde durch die Gestapo Redeverbot erteilt.[89]
Der Reichskirchenminister war Beschlußstelle für alle Streitigkeiten in kirchlichen Rechtsfragen. Da die Justiz zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gleichgeschaltet war - was sich daran zeigt, daß in früheren Auseinandersetzungen vor Gericht häufig die kirchliche Opposition obsiegte -, wollte Hitler mit der Unterstellung dieser Fragen unter einen Teil der Exekutive die Kontrolle über die Kirche erlangen.[90] An die Stelle der Diktatur des Reichsbischofs - innerhalb der Kirche - war damit die Diktatur einer staatlichen Stelle über die Kirche getreten.
Nach den Rückschlägen, die er durch Eingriffe der Partei in seinen Kompetenzbereich hinnehmen mußte, versuchte Kerrl zunächst die Kirche zu vereinen, um mit der geschlossenen Kirche erneut den Versuch einer Verbindung mit dem NS-Staat zu machen. Doch die Reformpläne mußten wegen der Kriegswirren zurückstehen. Im Juni 1940 griff Kerrl zum Äußersten: "Die Evangelische Kirche übergibt sich Ihnen (Hitler) mit allen ihren Besitztümern, Ländern, Gebäuden und Einrichtungen. Sie will damit zum Ausdruck bringen, daß sie nichts neben und außerhalb des Staates sein möchte, sondern auf Gedeih und Verderb sich mit dem Staat verbunden fühlt. Sie möchte damit eine unglückliche geschichtliche Entwicklung abbrechen, durch die die Kirche zu einem Staat innerhalb des Staates und damit oft genug zu einer staatsfeindlichen Größe wurde. ... Unser Volk wartet sehnsüchtig auf ein lösendes Wort zur Kirchenfrage. Aus tiefster Dankbarkeit Ihnen gegenüber, aus heißer Liebe zu unserem Volk bitten wir Sie, dem Großdeutschland, das Sie uns geschenkt haben, die Kircheneinheit wenigstens des evangelischen Teils zu schenken."[91] Dieser Entwurf einer Übergabeerklärung, von der DC abgefaßt und von Kerrl gebilligt, wurde am 10. Juni 1940 an Hitler geschickt. Er sollte die Situation vor 1918 wiederherstellen; Hitler sollte an die Stelle des Monarchen treten.[92] Mit dieser Erklärung, die von Hitler abgelehnt wurde, war der letzte Versuch der Errichtung des Staatskirchentums gescheitert.
C. Konfrontation und Destruktion
Die Gleichschaltung der Kirche auf den NS-Kurs war mißlungen, also mußte die Kirche, weil sie der nationalsozialistischen Bewegung im Wege stand, bekämpft werden. Vom Verbündeten des Staates wurde die Kirche zum Feind des Staates.
I. Einfluß der Partei
Die allein taktische Behandlung der Kirchen durch Hitler mußte den ideologischen Fundamentalisten in der NSDAP (Rosenberg) wie ein Verrat an der nationalsozialistischen Weltanschauung vorkommen.[93] Hitler verlor mehr und mehr das Vertrauen der Ideologen. Man kann wohl sagen, daß damit ein Zersetzungsprozeß innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung einsetzte, der ihr den inneren Sinnzusammenhang nahm und sie auf die machtpolitische Ebene zurückwarf.
Die neue Politik Hitlers lieferte Reichskirchenminister Kerrl von Anfang an dem Streit mit der Partei aus. Kerrl war unermüdlichen Bestrebungen der Partei und anderer Ministerien ausgesetzt, die ihm Kompetenzen streitig machten. Kerrl verfaßte 1939 zwei Denkschriften, in denen er seine Politik verteidigte. Er plante auch ein Buch, das zu einer Gegendarstellung zu Rosenbergs "Mythus" werden sollte. All dies wurde nicht beantwortet. Hitler empfing Kerrl 1939 nicht ein einziges Mal und segnete sogar den Kompetenzverlust ab.[94] Zu einer Zeit, als die Partei schon offiziell den Kurs der Trennung von Staat und Kirche verfolgte, erschien es tatsächlich als Anachronismus, in dem Reichskirchenminister einen Mann zu unterstützen, der die Vermittlung zwischen NS-Staat und Kirchen suchte.[95]
Rosenberg drängte bei Hitler darauf, als Beauftragter für Weltanschauungsfragen Reichskirchenminister Kerrl die Kompetenzen abschneiden zu dürfen. Er überzeugte Hitler, daß die nationalsozialistische Weltanschauung durch den Einsatz der Kirchen ernstlich in Gefahr wäre. Am 9. Februar 1940 wurde sein Vorschlag auf einer Chefbesprechung diskutiert. Die NS-Führung war gespalten. Während Kerrl energischen Widerstand gegen eine Kompetenzeinengung auf seiner Seite vorbrachte und von Außenminister Ribbentrop unterstützt wurde, machte Bormann seinen Einfluß als Stabsleiter des Führer-Stellvertreters geltend und versuchte Führer-Stellvertreter Heß zu vermitteln. Es kam noch zu keiner Einigung.
Im Mai 1941 flog Heß nach Schottland, und Bormann wurde Leiter der Parteikanzlei und später Hitlers Sekretär. Nun konnte er täglich auf Hitler Einfluß nehmen, und auf diese Weise viele staatskirchliche Versuche Kerrls, so die Errichtung eines zentralen staatlichen Disziplinarhofes bei der Kirchenkanzlei der DEK, oder die von der Wehrmacht angestrebte "Wehrmachtskirche" vereiteln. Wie aus einem Schreiben Bormanns vom November 1940 hervorgeht, hielt Hitler nun die Aufspaltung der Kirchen für günstig, da sie den Kampf gegen das Christentum vereinfachten. Als Anfang 1941 Pläne für eine umfassende Konfiskation der Klöster gemacht wurden, spielte das Reichskirchenministerium keine Rolle mehr. Als Kerrl am 12. Dezember 1941 starb, wurde seine Tätigkeit als Reichskirchenminister im Nachruf des "Völkischen Beobachters" nur am Rande erwähnt.[96]
II. Reduzierung der Privilegien
Nachdem die Nationalsozialisten die Erkenntnis gewonnen hatten, daß sich die Kirchen nicht gleichschalten lassen würden, vermieden sie mehr und mehr eine Verbindung von Kirche und Staat. Bei Hitler machte sich eine große Unlust in religiösen Fragen Luft. Im Januar 1934 erklärte er, er wolle nichts mehr über die Streitigkeiten in der evangelischen Kirche hören.
Die neue Politik bedeutete das politische Ende der DC. Noch 1933 entzog die NSDAP der DC die Unterstützung. Das äußerte sich zuerst darin, daß der Zwang zur Gutheißung des Nationalsozialismus' auf kirchlicher und des Christentums auf staatlicher Seite fortfiel: In einem Rundschreiben vom 6. Oktober 1933 nahm der Reichsleiter der NSDAP Bormann Stellung dazu, daß Parteimitglieder aus der NSDAP ausgeschlossen wurden, weil sie die DC nicht unterstützt hatten: "Das beabsichtigte Ziel der Kirchenwahlen ist erreicht! Es liegt nicht im Sinne des Führers, daß weiterhin zu den Wahlangelegenheiten Stellung genommen wird, Ausschlüsse und dergl. sollen deswegen nicht erfolgen."[97] Reichsbischof Müller hob die Sanktionen gegen Nicht-DC-Pfarrer, Führer-Stellvertreter Heß die gegen Nicht-DC-Parteimitglieder auf.[98]
Damit einher ging von staatlicher Seite ein gewisses Desinteresse am kirchlichen Leben. Als Beispiel mag das Verhältnis zu den kirchlichen Festtagen dienen: Der Deutsche Luthertag, für den im Oktober 1933 der Reichsinnenminister am 10. November 1933 Dienstbefreiung für Beamte in protestantischen Gebieten angeordnet hatte,[99] wurde später wegen der Wahl zum Austritt aus dem Völkerbund auf den 19. November verlegt, einen Sonntag, an dem keine Dienstbefreiung notwendig war.[100] Die kirchlichen Feiertage blieben zwar an sich unangetastet, doch öffentliche Veranstaltungen wurden von der Polizei eingeschränkt.[101] Zudem war die Tendenz unverkennbar, sie in nationalsozialistische Feiertage umzudeuten.
Die Evangelische Reichskirche wurde preisgegeben. Hitler entließ am 26. Oktober 1934 Rechtswalter Jäger, dessen Aktionen bei der kirchlichen Opposition, im Ausland und selbst bei den DC starken Protest ausgelöst hatten. Hitler erkärte bei einem Empfang der Landesbischöfe Marahrens, Meiser und Wurm am 30. Oktober 1934 die protestantische Reichskirche für gescheitert; "die Kirchen müßten aber auch in finanzieller Hinsicht sich klar werden, daß sie auf sich selbst gestellt würden. Eine Abberufung des Reichsbischofs von sich aus lehne er ab; wenn der Reichsbischof freiwillig zurücktrete, würde ihn daran niemand hindern."[102]
Die Distanzierung der Nationalsozialisten vom Katholizismus, zu dem nie eine starke Bindung bestanden hatte, fand am 19. September 1934 ihren Ausdruck in der Auflösung der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Deutscher. Als Begründung wurde angegeben, die Aufgaben müßten von der Reichsparteileitung wahrgenommen werden.[103]
Die noch aus der Weimarer Zeit überkommenen staatlichen Unterstützungen für die Kirche wurden seit 1939 zunehmend abgebaut. Das Kirchensteuersystem wurde dadurch geschwächt, daß der staatliche Steuereinzug nicht mehr garantiert wurde. Die Zuschüsse an kirchliche Einrichtungen wurden erheblich verringert.
In allen diesen Maßnahmen kommt zum Ausdruck, daß man sich vom Staatskirchentum absolutistischer Prägung entfernt hatte. Staatlicher und kirchlicher Aufgabenbereich wurden stärker abgegrenzt; Personalunionen wurden nicht mehr angestrebt, sondern sogar verboten.
III. Bruch des Konkordats
Die Nationalsozialisten haben sich nie streng an das Konkordat gehalten. Schon dreizehn Tage nach der Ratifizierung des Konkordats warnte das Auswärtige Amt in einem Vorschlag zur Tagesordnung der Reichsstatthalterbesprechung[104] vor der Nichteinhaltung der Bestimmungen. Der Heilige Stuhl habe schon "wiederholt lebhafte Klage geführt, daß in den verschiedensten Gegenden Deutschlands Übergriffe gegen die katholischen Vereine ... sich nicht etwa vermindert, sondern eher vermehrt hätten. In zahlreichen Fällen sei nicht nur das Vereinsvermögen, sondern auch das Eigentum der einzelnen Mitglieder beschlagnahmt worden." In Zeitungen würden "Schmähungen und Karikaturen übelster Art" veröffentlicht, katholische Schriften dagegen verboten. Und in der Pfalz beginne man mit der Beseitigung der Bekenntnisschulen. Das Auswärtige Amt gab zu bedenken, daß diese Politik dem Ruf Deutschlands im Ausland nicht zuträglich sei. Aber der erbetene Vortrag des Innenministeriums wollte von niemandem gehört werden und wurde abgelehnt, weil er "nicht in den Rahmen hineinpaßt". So blieb es dabei, daß auf der Konferenz lediglich auf die Lage aufmerksam gemacht wurde.[105]
Auf der anderen Seite wurde der katholischen Kirche von den Nationalsozialisten der Vorwurf gemacht, das Konkordat nicht einzuhalten. Ein "Lagebericht" des Chefs des Sicherheitsamts beim Reichsführers SS über die katholische Bewegung von Mai/Juni 1934 bringt zum Ausdruck, wie die Beziehung zwischen Nationalsozialismus und katholischer Kirche trotz des Konkordats beschaffen war. Der Bericht nimmt Aussagen von Hirtenbriefen auf und beschuldigt - unter Zugrundelegung von Stellungnahmen aus dem Ausland - die "katholische Aktion", deren weltanschauliche Haltung mit der des Nationalsozialismus' als unvereinbar dargestellt werden, der politischen landesfeindlichen Aktivität. Insbesondere die katholischen Jugend-, Arbeiter-, Akademiker- und Frauenvereine und auch die Caritas werden als rivalisierende Institutionen zu den NS-Einrichtungen wahrgenommen und folglich als Mittel des politischen Kampfes dargestellt. Die öffentliche Meinung werde durch die katholische Presse und andere Propagandamittel beeinflusst. Der Papst selbst sei an der antinationalsozialistischen Haltung der Gläubigen schuld. Sendschreiben der Kurie würden unter dem Schutz des Konkordats verbreitet. Die Geistlichkeit arbeite unermüdlich an "politischen Zwecken", u.a. durch "Verbreitung von Greuelmärchen".[106]
IV. Kampf gegen die Organisationen
Schon vor dem Konkordat setzten Bestrebungen ein, die katholischen Organisationen zu vernichten, um deren Einfluß auf die Bevölkerung zu beseitigen. Zwar wurden zur endgültigen Fassung des Art. 31 des Konkordats über die katholischen Organisationen am 25. Juni 1934 die Verhandlungen wieder aufgenommen, woraufhin die katholischen Bischöfe die Konzession machten, daß sich die katholischen Verbände aus der Politik heraushalten würden. Dieser Schritt wurde aber durch die unmittelbar darauf anlaufenden massiven Polizeimaßnahmen wieder zunichte.[107] Es bedurfte auch kaum der politischen Stellungnahme, um den Zorn der Nationalsozialisten auf sich zu ziehen. Allein die seelsorgerische, missionierende Tätigkeit mußte den Machthabern als Anspruch auf geistige Führung der Menschen erscheinen, die ihrem Totalitätsanspruch zuwiderlief und deshalb bekämpft werden mußte. Rechtlich bedeutete das einen Vertragsbruch, der die sämtlichen Rechte der katholischen Kirche auflösen, die staatlichen Rechte aber beibehalten sollte.
1. Wege
Dazu wurden zwei Wege beschritten. Der eine Weg war die völlige Auflösung der Organisationen durch Eingliederung in NS-Verbände. Neugründungen von katholischen Organisationen wurden ganz verboten. Die katholischen Arbeiter- und Gesellenvereine, die in einem vergeblichen Versuch bereits im Juni 1933 in die Deutsche Arbeitsfront eingegliedert werden sollten, waren bis 1938 aufgegeben.[108]
Der andere Weg war die Einschränkung der Betätigung der Organisationen. Versammlungen wurden nur in der Anzahl zugelassen, wie sie überwacht werden konnten. Das "Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Partei und Staat" ("Heimtückegesetz") vom 20. Dezember 1934 brachte der Polizei nahezu unbeschränkte Verhaftungsmöglichkeiten. Die Bayrische Politische Polizei verbot am 21. Dezember 1934 überhaupt jede öffentliche Veranstaltung konfessioneller Art. Ähnliche Maßnahmen wurden in Preußen und später im ganzen Reich ergriffen. Mit dieser Politik waren die Nationalsozialisten indes nicht sehr erfolgreich: Die katholischen Jugendorganisationen erfuhren trotz alledem einen deutlichen Zuwachs an Mitgliedern.[109]
2. Kampf gegen kirchliche Ausbildung
Vor allem wollten die Nationalsozialisten den Einfluß der Kirchen auf das öffentliche Leben ausschalten, der in der Ausbildung in Jugendorganisationen und Bekenntnisschulen der Kirchen am größten war.
Die evangelische Kirche hatte ihre Jugendorganisationen freiwillig in die HJ eingegliedert. Dazu war die katholische Kirche nicht bereit. So wurden die katholischen Jugendverbände von der HJ offen angegriffen und Druck auf Eltern und Jugendliche ausgeübt.[110] Auch in der evangelischen Kirche wehrte sich die Opposition gegen die Beeinflussung durch die HJ und richtete ein Jugendwerk ein, um eine christliche Erziehung zu ermöglichen. Diese Maßnahme wurde allerdings mit dem "Gesetz über die Hitler-Jugend" vom 1. Dezember 1936 vereitelt, worin alle Jugendorganisationen außerhalb der HJ praktisch verboten wurden.[111] Die Bekämpfung der katholischen Jugendorganisationen und der Bekenntnisschulen wurden schrittweise durch Maßnahmen der örtlichen Behörden betrieben. Hitler schreckte offenbar davor zurück, die Dinge durch ein Gesetz zu regeln, um nicht die Opposition der katholischen Bevölkerung zu provozieren. Ende Oktober 1938 waren die Bekenntnisschulen in Bayern alle in Gemeinschaftsschulen umgewandelt.
Auch der Religionsunterricht an den staatlichen Schulen wurde durch eine Anordnung des Reichserziehungsministers am 1. Juli 1937 aus kirchlicher Hand genommen und den staatlichen Lehrern auferlegt. Die neuen Religionslehrer wurden vom NS-Lehrerbund dazu angehalten, den Unterricht in nationalsozialistischem Sinne auszurichten: Das Alte Testament verschwand aus dem Stundenplan, und Jesus Christus wurde als germanischer Held dargestellt. Im Januar 1938 wurde bekanntgegeben, daß mit der Errichtung von zehn "Adolf-Hitler-Schulen" ein neues Modell erprobt werden sollte, um den Führernachwuchs heranzubilden - der Ersatz für die Bekenntnisschulen war geschaffen.[112] NSDAP-Reichsleiter Bormann verhinderte mit einem Brief an Rosenberg vom 22. Februar 1940, daß (der praktische entmachtete) Reichsbischof Müller mit der Ausarbeitung der Richtlinien für die Erteilung des Religionsunterrichtes beauftragt wurde.[113]
Auch die theologischen Fakultäten waren dem Angriff ausgesetzt. Zwar war man durch das Konkordat gebunden, doch in einer Denkschrift des Gestapo-Hauptquartiers an das Erziehungsministerium vom Februar 1939 wurde aufgezeigt, wie man dennoch gegen die theologischen Fakultäten vorgehen könne: So könnten Fakultäten als Widerstandszentren und bei mehreren in einer Diözese alle bis auf eine ganz geschlossen werden. Wo das nicht möglich sei, könne zumindest die Zahl der Professoren verringert werden. Das Erziehungsministerium hatte allerdings Vorbehalte, da es befürchtete, die Ausbildung würde durch solche Maßnahmen ins Innere der Kirche verlagert und damit schwerer zu überwachen. Es legte aber im April 1939 einen Plan vor, der - hinter dem Rücken des Reichskirchenministers - von der Parteikanzlei genehmigt wurde und der im Wesentlichen den Vorschlägen des Gestapo-Hauptquartiers entsprach.[114]
3. Kampf gegen die kirchliche Presse
Im Juni 1935 macht das Rassenpolitische Amt auf den Einfluß der katholischen Presse aufmerksam und fordert deren Unterdrückung: "Rücksichten auf Paragraphen des Konkordats können in dem Augenblick nicht hindern, wo erwiesenermaßen die Kirche die Freiheiten des Konkordats zu einem unerhörten Angriff gegen die Autorität des Staates und seiner Gesetze mißbraucht hat."[115]
Die Maßnahmen der Nationalsozialisten gegen die konfessionelle Presse waren in den folgenden Jahren vielfältig. Am 9. Juli 1937 unterwarf man die konfessionellen Presseverbände durch Eingliederung in die Reichspressekammer der Zensur. Außerdem wurde die Bindung bestimmter Verleger an die Kirche mit pseudopluralistischem Habitus unterbunden. Die amtlichen Presseorgane wurden inhaltlich auf den religiösen Bereich eingeschränkt. Polizeiliche Verbote und Auflagen, vor allem die Einschränkung der Papierlieferungen, ließen das kirchliche Pressewesen langsam absterben, bis es am 1. Juni 1941 eine Verordnung der Reichspressekammer gänzlich beseitigt wurde.[116]
Als Beispiel sei der 1940 erschienene 120. Band des Archivs für katholisches Kirchenrecht herangezogen: "Dem Befehle des Führers folgend haben sich daher die Schriftleitung und der Verlag dieser Zeitschrift bereitwilligst in die Notwendigkeit gefügt, den Umfang vorläufig auf die Hälfte herabzusetzen. ... Bezüglich der Festsetzung des Preises sind wir infolge behördlicher Anordnung leider nicht in der Lage, eine Änderung eintreten zu lassen." Mit dieser Maßnahme sollte offenbar den Lesern des Archivs der Kauf verleidet werden. Aber Not macht erfinderisch: Der Verlag erreichte mit der Anwendung eines kleineren Drucksatzes, daß der tatsächliche Umfang der Zeitschrift fast gewahrt blieb. Außerdem reagierte die katholische Kirche damit, daß sie den persönlichen Kontakt zu den Gemeindemitgliedern intensivierte.[117]
4. Kampf gegen das Ansehen der Kirche
Neben dem Kampf gegen die kirchlichen Organisationen und ihren Einfluß im öffentlichen Leben wurde ein Kampf gegen das hohe Ansehen geführt, das die Kirche in der Bevölkerung genoß. Anfang 1935 startete die NS-Propaganda eine Verleumdungskampagne gegen die katholische Kirche. Priester wurden vor allem Devisenvergehen beschuldigt und in Schauprozessen verurteilt. In den beiden darauffolgenden Jahren wurde in nationalsozialistischen Presseblättern von sexueller Unmoral in Beichtstuhl und Kloster berichtet.[118]
Die Spaltung der evangelischen Kirche wurde von der Parteipresse als "Pastorenstreit" lächerlich gemacht und die Berichterstattung über die DC nahezu eingestellt. Die kirchliche Presse wurde als zersetzend für den einheitlichen deutschen Geist und damit als Volksverräter dargestellt.[119]
Hier machte der NS-Staat sein Informations- und Strafmonopol geltend, um die Kirchen nicht von ihren Stützen in der Gesellschaft her zu untergraben. Die rechtliche Monopolstellung, die sich der NS-Staat verschafft hatte, setzte er ein, um das Innerste der Kirche, nämlich den Glauben ihrer Mitglieder, anzugreifen. Auch wenn diese Kampagnen wenig Erfolg hatten, sind sie wichtig, denn sie vermitteln einen wesentlichen Zug des totalen Staates.
V. Einsatz von Gestapo und SS
Die Fronten verhärteten sich. Am 24. Februar 1935 trug Rosenberg in sein Tagebuch ein, Kardinal Faulhaber habe in München in einer Predigt Rosenbergs Werk "in giftiger Weise angegriffen"; er könne "auf Grund der neuen Gesetze" ("Heimtückegesetz") angeklagt und eingesperrt werden. Allein, weil "Faulhaber immerhin größeres Format besitzt, so wäre das politisch unzweckmäßig". Rosenberg vermerkte aber, daß er seine "Korrektheit" den Kirchen gegenüber ablegen wolle und drohte: "Na, die sollen sich jetzt zu wundern beginnen." Er wolle die Stellungnahme des Führers einholen, "ob die Zeit schon dafür reif ist, d.h. für die schwerartilleristische Vorbereitung vor den folgenden staatsamtlichen Angriffen."[120]
Schon am 30. Juni 1934 begann mit der Verhaftung Röhms die SS eine Reihe von Morden, die auch einigen katholischen Kirchenführern ohne Prozeß und Urteil das Leben kosteten. Der Widerstand war beinahe gänzlich erlegen: Weder Politiker, noch Wehrmachtsangehörige, noch auch die Kirchenführer beider Konfessionen wagten das blutige Geschehen zu verurteilen.[121]
Seit 1937 (der päpstlichen Enzyklika) verstärkte die Gestapo ihr Vorgehen gegen die katholische Kirche. Im Gestapo-Hauptquartier richtete man eigens eine Sektion IV B für "Politische Kirchen, Sekten und Juden" ein. Dieses Amt sammelte alle durch das Spitzelnetz an es herangetragenen Informationen über die Kirchen und schüchterte sie von Zeit zu Zeit mit der Demonstration seiner Macht ein, um vor weiteren überraschenden Reaktionen der Kirchen zu schützen. Es begann ein "Katz-und-Maus-Spiel",[122] von der äußersten Gewalt machte die Gestapo nur Gebrauch, wenn andere Maßnahmen nicht halfen.[123]
Auch gegen die evangelische Opposition wurde eingeschritten: Schon Anfang 1934 wurden "eingehende Ermittlung über Gesinnung und Betätigung der Mitglieder des Pfarrer-Notbundes" angeordnet.[124] Niemöllers Haus wurde durchsucht, er selbst persönlichen Verfolgungen ausgesetzt, beurlaubt und am 10. Februar in den Ruhestand versetzt. Am 1. Juli 1937 wurde er verhaftet und - wie einige andere vor ihm - ins Konzentrationslager deportiert.[125]
VI. Kirchlicher Widerstand
Gegen die Politik der Nationalsozialisten erhoben die Kirchen mitunter starken Protest. In der katholischen Kirche war dieser Protest geschlossen gegen den Staat gerichtet, in der evangelischen Kirche richtete sich der Widerstand als innerkirchliche Auseinandersetzung vor allem gegen die DC.
1. Katholische Bischöfe
Die katholische Kirche hatte schon von Anfang an gegen den Nationalsozialismus protestiert. Nachdem sich abzeichnete, daß das Konkordat nicht eingehalten wurde, vermehrte sich die Kritik. Insbesondere die Bischöfe schwiegen zu den staatlichen Maßnahmen nicht: Kardinal Bertram, der mit vorsichtiger Taktik den Schutz des religiösen Lebens anmahnte, Kardinal Konrad von Preysing, der eine konsequent ablehnende Haltung den Nationalsozialisten gegenüber an den Tag legte, und schließlich der Münsteraner Bischof Graf von Galen, der mit harten und wirkungsvollen Worten die Willkürherrschaft Hitlers und insbesondere dessen Euthanasie-Aktion anprangerte.[126] Der Widerstand der katholischen Bischöfe richtete sich in rechtlicher Hinsicht vor allem gegen den Absolutheitsanspruch der Nationalsozialisten, der sich in Eingriffen in die Kirchengewalt, die ius in sacra, bemerkbar machte. Sie bestanden auf der Einhaltung des Konkordats und der Gewährleistung der Glaubensfreiheit.
2. Enzyklika "Mit brennender Sorge"
Auf einen Besuch Bischofs Preysings hin und nach einem Entwurf Kardinal Faulhabers verkündete Papst Pius XI eine Enzyklika, die endlich eine "klare Entscheidung"[127] von päpstlicher Seite brachte: "Mit brennender Sorge" verfolge der Papst die Lage der katholischen Kirche, hieß es in der Bekanntmachung vom 14. Mai 1937. Es ist von "Machenschaften" die Rede, "die von Anfang an kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskampf." Den Initiatoren "sowie ihren stillen und lauten Schildhaltern" fiele "die Verantwortung dafür zu, daß statt des Regenbogens des Friedens am Horizont Deutschlands die Wetterwolke zersetzender Religionskämpfe sichtbar" sei. Der Heilige Stuhl werde "nicht müde werden", sich "einer Geisteshaltung zu widersetzen, die verbrieftes Recht durch offene oder verhüllte Gewalt zu erdrosseln" suche.[128] Damit spielte der Papst auf den Bruch des Konkordats an. Wirksamer noch als die Worte aber war die Überraschung, mit der diese Enzyklika am Palmsonntag 1937 von jeder deutschen katholischen Kanzel verlesen wurde, ohne daß die Nationalsozialisten von ihr Kenntnis erhalten hatten.
Hitler stellte die Schrift als Verstoß gegen das Konkordat dar, Kerrl bezichtigte Kardinal Bertram des Landesverrats. Doch bevor es zu massiven Gegenmaßnahmen kam, konnten die gemäßigten Kräfte in Partei und Staat, unter ihnen Führer-Stellvertreter Heß, die Meinung durchsetzen, daß der beste Weg wäre, die Schrift einfach zu ignorieren.[129]
3. Pfarrernotbund
Die ausführlich geschilderte Bewegung der DC hatte in der Bevölkerung keinen Rückhalt: Am Tag der Nationalsynode vom 27. September 1933 versammelten sich die Gläubigen in den Kirchen, um "für den wahren christlichen Glauben, der durch einen falschen Glauben bedroht wurde, zu beten".[130]
In der evangelischen Kirche erhob sich der Protest hauptamtlicher Kirchenvertreter, der sich in der Ernennung v. Bodelschwinghs Luft gemacht hatte, erneut bei den Kirchenwahlen ("Evangelium und Kirche") gegen den parteipolitischen Einfluß in der Kirche und gegen die Einführung des Rasseprinzips in der Kirche. Der Einsatz der NSDAP bei den Kirchenwahlen wurde als "Druck der Unwahrhaftigkeit"[131] empfunden. In der Sorge daß "etwas Fremdes" in das Christentum "hineingemischt würde",[132] formierte sich nach einem Aufruf des Berliner Pastors Martin Niemöller am 21. September 1933 ein "Pfarrernotbund".[133] Nach der Sportpalast-Kundgebung erfuhr dieser Bund starken Auftrieb. 1934 hatten sich 7000 Pfarrer angeschlossen, 1938 zählte er noch 4952 Mitglieder, darunter 3933 Pfarrer im Amt. Diese Zahlen zeigen, daß sich etwa 20% der gesamten Pfarrschaft aktiv am Kirchenkampf beteiligt haben.[134] Die meisten evangelischen Pastoren blieben allerdings dem Staat gegenüber loyal und meinten, ihre Aktionen gegen das "Neuheidentum" ließen sich sehr wohl mit Vaterlandstreue vereinbaren.[135]
Reichsbischof Müller, der mit den DC eng verbunden war, mußte unter dem Druck der innerkirchlichen Opposition Zugeständnisse machen: Die Einführung des "Arierparagraphen" für die Kirche legte er - allerdings nur zeitweise - auf Eis. Wie DC-Führer Hossenfelder legte auch Müller seine Schirmherrschaft über die DC ab.[136] Von den Nationalsozialisten wurde der Pfarrernotbund kaum ernst genommen. Rosenberg empfahl ihnen, "nach Rom zurückzukehren", in den "großen Lammstall, aus dem sie fälschlich ausgebrochen waren und nun frierend herumstehen."[137]
4. Bekennende Kirche
Seit 1934 erweiterte sich der Pfarrernotbund zur "Bekennenden Kirche", die den Notstand der Kirche erklärte und eine Vorläufige Leitung einrichtete, um die Kirchengewalt den "Bruderräten" zu übertragen.
Die BK drohte zu einer wirklichen Widerstandsbewegung zu werden. Zwei Ereignisse haben das letztlich verhindert: Der Empfang evangelischer Kirchenführer am 25. Januar 1934, auf dem Hitler den Wortlaut eines abgehörten Telefonats vorlesen ließ, in dem Niemöller Andeutung machte, daß Hindenburg auf die Entlassung Müllers Einfluß haben könnte. ("Dem Alten haben wir die letzte Ölung gegeben. Wir haben ihn so eingeschmiert, daß er den Hurenbock jetzt endgültig raussetzt."[138] ) Auf die Beschuldigung der Illoyalität hin distanzierten sich die anwesenden Kirchenführer von Niemöllers Notbund.[139] Das zweite Ereignis war die Errichtung des Reichskirchenministeriums und die Politik Kerrls, die in der BK, darunter auch bei den Bischöfen, die sich bis dahin gegen eine Gleichschaltung gewehrt hatten, viel positives Echo fanden.
Niemöller und seine "Dahlemiten" allein erkannten, daß die Einsetzung Kerrls nur das Ende der kirchlichen Diktatur bedeutete, um an ihre Stelle sogleich die staatliche Diktatur über die Kirche zu setzen. Im Januar 1936 veröffentlichten sie ein Flugblatt mit der Überschrift: "Die Staatskirche ist da!"[140] In der BK waren mit Martin Niemöller, Dietrich Bonhoeffer, Hermann Ehlers und Karl Barth einige der wenigen Stimmen vereinigt, die sich gegen den Nationalsozialismus und seine Schreckensherrschaft zu Wort meldeten, ob auf der Synode von Barmen, wo in einer Erklärung der Totalitätsanspruch des Staates zurückgewiesen und die Staatlichkeit der Kirche verworfen wurde,[141] ob auf den Synoden von Berlin-Dahlem, Augsburg, oder Bad Oeynhausen,[142] ob auf dem Kirchentag der BK in Berlin, in den ökumenischen Anstrengungen[143] oder in der an Hitler persönlich gerichteten, später aber öffentlich nicht vollständig aufrechterhaltenen Protestschrift vom 23. Juli 1936, in die persönlichen Angriffe durch Polizeimaßnahmen angeprangert wurden und der Staat seelsorgerisch an die Grenzen seiner Macht vor dem Angesicht Gottes erinnert werden sollte.[144]
Von staatlicher Seite wurden den Resten der BK am 2. Dezember 1935 die kirchenrechtlichen Befugnisse auf Gebieten entzogen, die nun ein Kirchenausschuß regelte. Als Martin Niemöller am 1. Juli 1937 verhaftet wurde, war die Bewegung endgültig in die Illegalität abgedrängt.[145]
Die Bedeutung der BK war nicht groß. Das hat auch Wilhelm Niemöller, der erste Chronist des Kirchenkampfes und Bruder Martin Niemöllers, in seinen Beiträgen in der frühen Nachkriegszeit gesehen ("An Freunden war die Bekennende Kirche arm."[146] ), wenn er auch mit der Auffassung, die Äußerungen der BK seien "stellvertretend für viele Christen"[147] abgegeben worden, die Situation sicherlich beschönigte. Dennoch waren die Bemühungen der BK auch in rechtlicher Hinsicht von Bedeutung. Der kirchlichen oder staatlichen Diktatur, die sie als unzulässigen Eingriff in das innere Leben der Kirche betrachteten, setzten sie das Synodalprinzip entgegen. Das Staatskirchentum absolutistischer Prägung lehnten sie ab. Vermutlich hat ihr kleiner Widerstandskreis gerade diese Entwicklung vermieden, denn die innerkirchliche Zerspaltenheit war ja ein Hauptgrund dafür, daß Hitler sich von der Kirche distanzierte. Die antichristlichen Kräfte hätten es sicher schwerer gehabt, die Tendenzen zum Staatskirchentum zu unterdrücken, wenn sich die Kirche einig gewesen wäre. Insofern war die BK wichtig für die rechtliche Beziehung zwischen Staat und Kirche in der NS-Zeit.
VII. Taktik des Totschweigens
Auf den starken Protest hin korrigierten die Nationalsozialisten schließlich ihren Kurs. Schon nach einer Anweisung Bormanns vom 7. Januar 1936 sollten sämliche Parteidienststellen "von der Behandlung religiöser bzw. kirchlicher Fragen unbedingt Abstand ... nehmen". Die Kirche sollte nicht in Verleumdungsaktionen als Märtyrer obsiegen, sondern nunmehr durch völlige Trennung vom Staat bekämpft werden. Dementsprechend wurde die Parteimitgliedschaft und gleichzeitige Mitgliedschaft in der Kirche unvereinbar. Dies wurde teilweise durch direkte Verbote, etwa dem der gleichzeitigen Mitgliedschaft in nationalsozialistischen und konfessionellen Jugendverbänden vom 29. Juli 1933, teilweise durch den fehlenden Sinn und den Druck der übrigen Mitglieder durchgesetzt.[148] Seit 1937 setzte sich diese Politik mehr und mehr durch. Heß verbot die Aufnahme von Geistlichen und Theologiestudenten in die Partei. Bormann verbot eine Personalunion auf der Führungsebene. Die "Taktik des Totschweigens" sollte die Kirchen aus dem öffentlichen Leben heraushalten.[149]
VIII. "Burgfriede" im Krieg
Mit Ausbruch des Krieges setzte eine neue Ära der NS-Kirchenpolitik ein: Die 75 Millionen Kirchenmitglieder wurden für die außenpolitischen Ambitionen gebraucht. Die Kirchen sollten die Kriegspolitik des Staates unterstützen und in der Bevölkerung für eine positive Einstellung eintreten. Die Kirchen ließen sich bereitwillig darauf ein. Deshalb wurden die Aktionen von Gestapo und SS weitgehend reduziert - ein "unsicherer Burgfriede".[150] Hitler ließ im Juli 1942 keinen Zweifel daran, daß er die religionsfeindliche Politik nach dem Krieg fortsetzen werde: "Nach Beendigung des Krieges werde es mit dem Konkordat aus sein."[151]
Führer-Stellvertreter Heß veranlaßte im April 1940, daß der Religionsunterricht zunächst so verlaufen sollte wie bisher. Die Schließung der theologischen Fakultäten wurden aufgeschoben.[152] Anweisungen der SS zufolge sollten während des Krieges alle größeren Aktionen gegen die Kirche vermieden werden. "Es ist in der Hauptsache dafür zu sorgen, daß die Kirche keine Positionen zurückerobert."[153] Vor allem sollten alle Informationen für einen späteren Angriff gesammelt werden.
Dies sollte mit Hilfe des dichten Informationsnetzes geschehen, das die Gestapo geflochten hatte, das aber mit der Ermordung Heydrichs im Mai 1942 zusammenbrach. Für diese Maßnahmen konnte die Gestapo auf das ius inspectionis der Kirchenhoheit stützen - wenn sie überhaupt nach einer Begründung gesucht hat, denn nichts zeigt anschaulicher als die Kehrtwende der Kirchenpolitik zu Anfang des Krieges, daß es den Nationalsozialisten nur auf taktischen Gewinn ankam und sie nicht um die rechtliche Fundierung besorgt waren.
Nur in den letzten Monaten des Krieges und damit der nationalsozialistischen Herrschaft kam es im Angesicht des nahen Endes des "Tausendjährigen Reiches" noch zu kirchenfeindlichen Aktionen. Dietrich Bonhoeffer wurde ermordet. Nach dem fehlgeschlagenen Anschlag vom 20. Juli 1944 wurde nach den Tätern in kirchlichen Kreisen gesucht. Man fand sie im "Kreisauer Kreis", der den Nationalsozialismus vornehmlich aus ethischen Gründen ablehnte. Vor dem Volksgerichtshof Freislers wurden Helmuth Graf von Moltke und Pater Alfred Delp im Januar 1945 zum Tode verurteilt.[154]
IX. Sekten
Die Zurückhaltung, welche das NS-Regime den christlichen Kirchen gegenüber an den Tag legte, wurde bei kleineren Religionsgemeinschaften und Sekten abgelegt. Diese Sekten waren organisatorisch nur unzureichend ausgebaut, verfügten über keinen eigenen Rechtsschutz, erhielten keine staatliche Bezuschussung und erhoben auch kaum Anspruch auf Teilnahme am politischen Leben. Ihre Ausgangsbedingungen waren also von vornherein schwächer als die der Großkirchen.
Die Zeugen Jehovas, die den Nationalsozialismus unerbittlich ablehnten, wurden als gefährliche Gegner mit insgeheim politischen Zielsetzungen angesehen. Etwa ein Drittel von ihnen wurde in der NS-Zeit hingerichtet oder ermordet. Eine andere verfolgte Gruppe waren die Freimaurerlogen. Ihre Verbindungen zum Judentum und ihre Verschwiegenheit wurden als politische Illoyalität gedeutet. Bis 1935 waren die wichtigsten Logen auf freiwilliger Basis oder auf politischen Druck hin aufgelöst worden. Einige größere Gruppen wurden zwar von den Nationalsozialisten dazu gebraucht, den Großkirchen Steine in den Weg zu legen, doch ändert das nichts an der prinzipiell verfolgten Politik: der Zerschlagung jeder Organisation, die nicht nationalsozialistisch war.[155]
X. Modell Warthegau
Am reinsten wurde das Konzept totalitärer Herrschaft über die Kirche in den Ländern durchgesetzt, die durch die imperialistische Außenpolitik dem Reich neu hinzugefügt wurden. Hier mußten die Nationalsozialisten die wenigsten Rücksichten auf bestehende Strukturen nehmen. Trotz der zurückhaltenden Politik während des Krieges im Altreich wurde die Situation in den neuen Reichsgebieten für die Erprobung der nationalsozialistischen Kirchenpolitik ausgenutzt.[156]
1. Neuordnung
Der Warthegau mit seinen 4,5 Millionen Einwohnern war 1919 an die Polen gefallen, die seitdem das Gebiet besiedelt hatten. Als 1939 der Warthegau von den Truppen Himmlers eingenommen wurde, entstand der Plan, das gesamte Gebiet zu "regermanisieren". Mit dieser Aufgabe wurde Arthur Greiser als Gauleiter und Reichsstatthalter in einer Person betraut. Diese Doppelrolle räumte Greiser weitgehende Befugnisse ein.
Greiser betrachtete den Warthegau als "jungfräuliches Aufbaugebiet" ohne Recht, das die Möglichkeit "zu einer staatlichen Neuordnung" böte, "die dem nationalsozialistischen Prinzip in allen Zügen des öffentlichen Lebens entspricht".[157] Die Regelungen im Warthegau haben deshalb Modellcharakter für das gesamte Reich; man darf davon ausgehen, daß die Politik im Warthegau Muster für Maßnahmen im Altreich geworden wäre, falls die Nationalsozialisten den Krieg überlebt hätten.
2. Zuständigkeit
Um die Zuständigkeit für die Religionspolitik in den neuen Reichsgebieten entbrannte innerhalb der Nationalsozialisten ein Streit. Greiser ging mit der Macht seiner Doppelrolle daran, die Verwaltung des Gaues unmittelbar der Parteiführung zu unterstellen und die Mitwirkung der Berliner Ministerien auszuschalten. Bormann und Himmler wurden dadurch die Weisungsgeber Greisers. Reichskirchenminister Kerrl hatte dagegen gehofft, in den neuen Gebieten den Einfluß zu behalten, der ihm im Altreich mehr und mehr bestritten wurde. Kerrl stellte sich auf den Standpunkt, daß Greisers Politik seine Befugnisse überschreite; Hitler habe niemals diesen Kompetenzwechsel von Ministerium auf Parteistellen gebilligt und es sei sehr schädlich, wenn in verschiedenen Reichsgebieten unterschiedliches Recht gelte. Hitler machte dem Streit schließlich dadurch ein Ende, daß er die Zuständigkeit Kerrls auf das Altreich beschränkte und damit den Parteiführern freie Hand für weitere Maßnahmen im Wartheland gab.
Auch die Jurisdiktionsgewalt des päpstlichen Nuntius' erkannte Hitler für die neuen Gebiete als "konkordatsfrei" nicht an. Rosenberg notierte im September 1940: "Der Führer hat nichts dagegen, daß gänzlich verschiedene Ordnungen in den Gauen bestünden".[158]
3. Dreizehnpunkteprogramm
Im einzelnen festgelegt wurde die neue Politik in einem 13-Punkte-Programm, das im Sommer 1940 den Kirchen mündlich bekanntgegeben wurde. Grundbestimmung des Programms war die Preisgabe der Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften und ihre Unterstellung unter das private Vereinsrecht (Art. 1-3). Greiser schrieb am 6. Mai 1941 an die Reichskanzlei: "In einem Gebiet aber, in dem kraft der geschichtlichen Neuordnung die Altrechtsform für die Kirche verschwunden ist, wird man nicht den tatsächlichen Resten der Kirche eine Form geben, wie sie auf Grund unserer Rechtsbegriffe bereits überholt ist, sondern man wird die Weiterexistenz allenfalls in den Formen gestatten, die die nationalsozialistische Gemeinschaft und Staatsordnung für solche Gebilde für zulässig hält," nämlich "lediglich als religiöse Vereinigungen und Religionsgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen und Auflagen".[159]
Das Vereinswesen unterlag unter den Nationalsozialisten einer strengen staatlichen Aufsicht: Der Reichsstatthalter sollte für die Anerkennung der religiösen Vereine und für die Festlegung ihrer Rechte und ihres Eigentums zuständig sein. Das Eigentum sollte auf die Kulträume beschränkt (Art. 10), Stifte und Klöster aufgelöst werden (Art. 12). In finanzieller Hinsicht bedeutete die Privatrechtlichkeit, daß die Kirchensteuer und sonstige Zuschüsse wegfallen sollten und die Kirchen auf Beiträge ihrer Mitglieder angewiesen wären; Spenden sollten verboten werden (Art. 9). Nach außen sollten die Kirchen - und zwar von beiden Seiten - vom Kontakt mit kirchlichen Gruppen (vor allem mit der Reichskirche) abgeschnitten und damit rechtlich, finanziell und verwaltungstechnisch völlig isoliert werden (Art. 4, 13). Die Mitgliedschaft in den Kirchen sollte von verschiedenen Bedingungen abhängig gemacht werden (Art. 5). Konfessionelle Untergruppen und Jugendorganisationen (Art. 6), der Konfirmandenunterricht (Art. 8), die Betätigung in der Wohlfahrtspflege (Art. 11) sollten verboten werden. Die Zusammenarbeit von Polen und Deutschen im Gottesdienst (Art. 7) sollte untersagt und damit das Rassenprinzip auch in der Kirche durchgesetzt werden. Schließlich sollte die Ausbildung und Betätigung der Geistlichen eingeschränkt werden: Die Posener Fakultät sollte geschlossen, eine hauptamtliche Pfarrtätigkeit verboten werden.[160]
Eine Reaktion auf dieses Programm blieb nicht aus: Im Oktober 1940 protestierte der Superintendent der Posener evangelischen Kirche, Blau, bei Greiser und Hitler über die Trennung von Staat und Kirche, was seiner Meinung nach "Trennung der Kirche vom Volke, Verdrängung des Dienstes der Kirche aus dem Leben des Volkes" bedeute.[161] Im übrigen stehe die Trennung im Widerspruch zu dem Beeinflussungs- und Aufsichtsrecht über die Kirche. In einem späteren Schreiben heißt es, das im Warthegau praktizierte System sei "eine Sonderordnung ..., bei der sich zuungunsten der Kirche Bestandteile des Vereinsrechts und eines bis in Einzelheiten entwickelten Systems staatlicher Überwachung vereinigen."[162] Bormann antwortete darauf, "daß unsere nationalsozialistischen Grundsätze über die Trennung von Kirche und Staat nicht dieselben sind, als die der Demokratie".[163]
4. Durchsetzung des Programms
Die Kirchen wurden im Warthegau von Anfang an bekämpft. Schon unmittelbar nach dem Feldzug ließ SS-Reichsführer Himmler den polnischen Klerus stark dezimieren.
In einer ersten "Verordnung über die Erhebung von Kirchenbeiträgen" vom 14. März 1940 hatte Greiser bereits einen Teil seiner Politik verwirklicht. Diese Verordnung unterzog die kirchlichen Finanzen von der Kirchensteuer bis zur Kollekte einer strengen staatlichen Kontrolle, beendete die staatliche Bezuschussung und machte Schenkungen und letztwillige Verfügungen genehmigungspflichtig. Die Gemeinden wußten die Bestimmungen zu hintergehen, indem sie beispielsweise statt der verbotenen allgemeinen Kollekte einen Umzug um den Altar mit Opfergabe veranstalteten.
Im September 1940 wurden alle caritativen Einrichtungen unter staatliche Kontrolle gebracht und kirchliches Eigentum konfisziert. Im Mai 1941 verweigerte Greiser den evangelischen und katholischen Behörden die Anerkennung. Die Trennung zwischen Deutschen und Polen in der Kirche wurde vollzogen, indem vor Kirchen mit deutschen Geistlichen das Schild "Für Polen verboten" angebracht werden mußte. Es wird von einer Gemeinde berichtet, daß ein solches Schild direkt unter der Inschrift "Kommet her zu mir alle" angebracht worden sei - Ausdruck des ohnmächtigen Protestes gegen die Rassenidee. Der Konfirmandenunterricht wurde im August 1941 umfangreichen Einschränkungen unterzogen, der Religionsunterricht in den Schulen im September ganz verboten.
Endgültig durchgesetzt werden sollte das 13-Punkte-Programm mit der am 13. September 1941 erlassenen "Verordnung über religiöse Vereinigungen und Religionsgesellschaften im Reichsgau Wartheland". Es wurden nur vier religiöse Vereinigungen als juristische Personen des privaten Rechts anerkannt, und zwar die römisch-katholische Kirche und die evangelische Kirche in Posen, Litzmannstädt und Warthegau-West, alle deutscher Nationalität. Polnische Vereinigungen wurden nicht anerkannt. Für jene Vereine wurde festgelegt, daß sie sich ihre Satzung vom Gauleiter genehmigen lassen mußten, um die Besetzung der Vorstandsmitglieder mit Polen zu verhindern. Dies bedeutete ein staatliches Vetorecht (ius exclusivae) bei der Kirchenamtsbesetzung.[164] Ausführlich geregelt wurde dann die Mitgliedschaft, die auf Erwachsene beschränkt wurde und standesamtlich zu geschehen hatte. Damit wurde der Weg fortgesetzt, den Bismarck mit der Einführung der obligatorischen Zivilehe beschritten hatte: Die kirchlichen Sakramente der Taufe und der Konfirmation/Kommunion verloren vor dem Recht ihre Bedeutung.
Kurze Zeit später folgten weitere Maßnahmen Greisers. Den deutschen Regierungsbeamten wurde der Kirchenaustritt nahegelegt. Für Lehrer und Parteimitglieder wurde im Januar und Mai 1942 der automatische Austritt erklärt, was starken Protest hervorrief und im Juli 1944 zur Aufhebung der Regelung führte. Die Konfiszierung der Friedhöfe, die Trennung von Deutschen und Polen auch auf den Friedhöfen und das Verbot des Karfreitagsgottesdienstes waren weitere Maßnahmen.
Auch wenn das letzte Verbot an dem Protest der Kirchenbesucher scheiterte, erlangten die Kirchen mit ihren Beschwerden bei Greiser kein Gehör. Zudem war die Kirche selbst gespalten. Es gab zwar Leute, die Greisers Politik scharf angriffen und die Verordnung vom 13. September nicht anerkannten, doch wurden sie gebremst durch andere, die zu Vorsicht und Takt rieten. Die Hoffnung, daß sich die Situation durch einen Brief an Hitler und dem Hinweis auf Parallelen zur bolschewistischen Religionspolitik ändern könnte, wurde am 6. November endgültig zerschlagen mit der Bekanntmachung: "Der Führer billigt die vom Reichsstatthalter Greiser erlassene Verordnung vom 13. September 1941."[165]
Die Maßnahmen gegen die Kirche verschärften sich immer mehr. Am 6. Oktober 1941 wurde mit der Verfolgungswelle der Gestapo gegen polnische Priester die "Aktion zur Zerschlagung der polnischen katholischen Kirche im Reichsgau Wartheland" eingeleitet. Die Geistlichen wurden über die drei "Durchgangslager" Konstantynow, Posen und Lad in die Konzentrationslager Dachau, Stutthof, Grenzdorf, Auschwitz und Sachsenhausen deportiert. Um nur eine Zahl zu nennen: 1942 waren in Dachau 1773 polnische Priester gefangen und bildeten damit die weitaus größte Einzelgruppe. Die deutsche Kirche war vergleichsweise besser gestellt, was wohl "die Überlegenheit der 'Herrenrasse' hervorheben sollte".[166] Die katholische Kirche war der schwersten Verfolgung ausgesetzt. Die aus religiösen Gründen Gefangenen im Konzentrationslager Dachau waren zu 94,7 % Katholiken. In den Jahren 1939 bis 1945 fanden rund 4000 katholische Priester unterschiedlicher Nationalitäten durch die NS-Kirchenpolitik den Tod, davon die weitaus größere Anzahl nicht durch Hinrichtung nach gerichtlichem Urteil, sondern durch Ermordung durch die SS.[167]
Mehrfache Interventionen des päpstlichen Nuntius, Kardinal Bertrams und evangelischer Kirchenleiter stießen nur auf taube Ohren. Im Hirtenwort der deutschen katholischen Bischöfe vom 29. August 1943 wird den Nationalsozialisten im Warthegau die "fast völlige Unterdrückung der christlichen Religion"[168] vorgeworfen. Kardinalstaatssekretär Maglione richtete am 2. März 1943 scharfen Protest an Reichsaußenminister Ribbentrop. Er schilderte die Maßnahmen im Warthegau und beschwerte sich "über die ernsten und systematischen Schwierigkeiten, die ... dem freien Bekenntnis des religiösen Glaubens oder des katholischen Gottesdienstes in den Weg gelegt werden".[169] Seine Beschwerde wurde von Ribbentrop damit beantwortet, daß die Kurie ja "die territorialen Veränderungen erst nach etwaigen Friedensverträgen anerkennen wolle" und sich deshalb "auf Fragen beschränken" müsse, "die sich auf das Altreich bezögen".[170]
XI. Nationalsozialistische Religionsformen
Je weiter die Einstellung in der NS-Führung sich festigte, daß die christlichen Kirchen durch etwas anderes ersetzt werden müßten, desto mehr machte man sich Gedanken über die wahrhaft nationalsozialistische Religionsausübung.
1. Umdeutung christlicher Formen
Taufe, Eheschließung und Begräbnis erhielten einen Anstrich altgermanischen Brauchtums. Diese Zeremonien haben sich vermutlich zunächst nur in SS-Kreisen durchgesetzt. Ihr tatsächlicher Einfluß ist jedoch schwer abschätzbar.[171] Auf Veranstaltungen und in den NS-Gliederungen wurden christliche Formen in nationalsozialistische umgedeutet.[172]
Dem entspricht die regelrechte Vergöttlichung des Führers durch die NS-Propaganda in Form eines Hitlerkults. Hitler erschien dabei als "Erlöser", der das deutsche Volk aus Verzweiflung und Erniedrigung hinauszuführen berufen war. Staat, Bewegung und Volk erschienen den Nationalsozialisten als Ersatz für die heilige Dreifaltigkeit.[173]
2. Religiöse Verbindungen
"Ich gelobe im Bewußtsein der gottgewollten artgebundenen Gemeinschaft des deutschen Volkes und seiner Weltsendung, Blut, Geist und Seele vor fremden Einflüssen zu bewahren, für die Reinhaltung deutscher Wesensart, die Weiterentwicklung unserer artgemäßen Weltanschauung, die Erweckung unseres deutschen Gotterlebens zu kämpfen und in diesem gemeinsamen Streben Führer und Brüder des Dietrich Eckart-Bundes allzeit die Treue zu halten." Diese Formel stammt aus dem Vorschlag der Reichsleitung der NSDAP vom Oktober 1933 zur Begründung eines "Dietrich Eckart-Bundes für religiös vertieftes, tätiges Deutschtum".[174]
Einen ähnlichen Bund, den Tannenbergbund, hatte General Ludendorff schon 1924 ins Leben gerufen, um zuerst den Kampf gegen das Christentum zu führen. Hitler hatte diesen Weg damals abgelehnt, weil er ihn angesichts der christlichen Einstellung der Bevölkerung nicht für erfolgversprechend hielt und weil er eben einen religiösen und keinen politischen Weg, als an dem Hitler allein interessiert war, darstellte.[175]
In Gestalt der "Deutschen Glaubensbewegung" wurde der Versuch einer spezifisch nationalsozialistischen Glaubensbewegung fortgesetzt. Ursprünglich vom liberalen Geist ihres Gründers, des Tübinger Professors Hauer, geprägt, allen Religionen genügend Raum zu verschaffen, wurde sie 1936 zur Verkünderin des "politischen Glaubens" mit nur dem einen Ziel, das Christentum zu bekämpfen und an seine stelle "die religiöse Erneuerung des Volkes aus dem Erbgrund der deutschen Art" zu fördern. Der positive Gehalt der Bewegung war jedoch nicht sehr ausgeprägt, und als Hauer für seine Bewegung vor dem Gesetz und in Erziehungsfragen das gleiche Recht wie die christlichen Kirchen beanspruchte, wurde er von der NS-Partei fallengelassen.[176]
Mit dem Dietrich Eckart-Bund sollte altes germanisches Brauchtum wieder aufgenommen werden, so der Thing, der nach einem festgelegten Zeremoniell stattfand und dessen Inhalte sich aus den Quellen nicht zweifelsfrei ergeben. Es sollten ein Führer und drei "Walter" eingesetzt werden: erstens ein "Tatwalter", der Vertreter des Führers und Verantwortliche für den Verwaltungsdienst, zweitens ein "Wissenswalter", der "geistige Anreger des Bundeskörpers", der die Inhalte der Vorträge vorschlägt und deren Einhaltung überwacht und drittens ein "Heilswalter", dafür verantwortlich, daß "die Bruderschaft von einer vertieften, artgemäßen Gottesauffassung immer mehr durchdrungen wird". Die Weihezeremonie enthält Hymnen, in denen der Geist des deutschen Volkes beschworen wurde. Die Weihe selbst sollte mit einem durchs Feuer gegangenen Hammer durch das Zeichen des Hakenkreuzes auf der Brust des Bruders vollzogen und dabei der Satz gesprochen werden: "Seid deutsch bis ins Mark, bleibt rein bis ins Blut, der Ewige weiht Euch als seine Getreuen."
Die Schilderung allein genügt schon, um einen Eindruck von nationalsozialistischer "Religion" zu bekommen. Aktivitäten wie dieser Bund sollten offenbar nach Meinung einiger Nationalsozialisten den christlichen Glauben in der Bevölkerung langsam durch eine Religion ablösen, von der schon Rosenberg gesprochen hatte, und schließlich an die Stelle der Kirchen setzen. Doch die Tatsache, daß keiner dieser Bünde die dauerhafte Unterstützung der Partei erlangte, spricht dafür, daß selbst diese völlig dem völkischen Geist erlegenen Religionsausübungen dem totalen Staat fremd geblieben sind. Der totale Staat ist eben ausschließlich Staat und duldet keine noch so staatliche Religion neben sich.
D. Rechtliche Klassifizierung
Nach der ausführlichen Darstellung der Entwicklungen im Verhältnis zwischen Kirchen und NS-Staat kommt nun alles darauf an, eine rechtliche Klassifizierung des staatskirchlichen Systems des totalen Staates vorzunehmen.
I. Zuordnung zu den staatskirchenrechtlichen Systemen
In der Literatur wurde meist versucht, die Kirchenpolitik des NS-Staates auf ausschließlich eines der herkömmlichen staatskirchenrechtlichen Systeme, die im ersten Kapitel dieser Arbeit vorgestellt wurden, mit mehr oder weniger großen Modifizierungen festzulegen.
1. "Staatskirchentum mit negativer Ausrichtung"
Das Staatskirchentum absolutistischer Prägung griff Werner Weber schon zur NS-Zeit als das kirchenpolitische System des NS-Staates auf.[177] Auch Niemöllers Flugschrift hatte sie angegriffen. Äußere Verfassungsform ist das Staatskirchentum, bei dem die Kirche vom Staat vollständig aufgenommen, sozusagen inhaliert wird. Die Kirche verliert ihre Eigenständigkeit. Das Legitimationsbedürfnis jedoch, das dem absolutistischen Staat die Pflege der Kirche auferlegte, fällt unter der religionsfeindlichen Interessenlage des totalen Staates fort. Das System des Staatskirchentums wird dann nur dazu genutzt, die Kirche innerlich und äußerlich zu zerstören.
Tatsächlich hat es Ansatzpunkte für ein negatives Staatskirchentum gegeben: Die Vorstellungen der DC, die Errichtung einer Evangelischen Reichskirche erst unter kirchlicher Diktatur eines Reichsbischofs, dann unter staatlicher Diktatur eines Reichskirchenministers, die vielen Eingriffe des Staates in die innere Ordnung der Kirchen bis hin zum Bekenntnis. Doch diese Politik setzte voraus, daß die Kirche sich ihrerseits dem Staat einverleiben ließ. Die Opposition in der evangelischen Kirche hat letztlich verhindert, daß es dazu gekommen ist. In der katholischen Kirche gab es nie eine Tendenz zum Staatskirchentum. Und das NS-Regime ließ sich nicht auf eine Fixierung auf das Staatskirchentum ein, sondern behielt sich nach erfolglosem Versuch der staatskirchlichen Unterordnung die privatrechtliche Beseitigung der Kirche vor.[178] Man kann demnach nicht sagen, daß das Staatskirchentum das kirchenpolitische System des totalen Staates ist.
2. Trennungssystem
Auch das andere Extrem, das Trennungssystem, ist als System des totalen Staates herangezogen worden. Allerdings ist der Grundgedanke des Trennungssystems ein liberaler. Die Trennung soll Staat und Kirche voneinander frei machen, um ihr Wirken nicht auf den Dienst am jeweils anderen einzuengen. Voraussetzung für das Trennungssystem in liberalem Sinne ist deshalb die Religionsfreiheit. Der Weltanschauungsstaat muß ein anderes Verständnis vom Trennungssystem haben als der liberale Staat. Gürtler hat eine Modifizierung des Trennungssystems aus dem Blickwinkel des totalen Staates vorgenommen: Das System ist auf die "Ausscheidung des kirchlichen Einflusses aus den staatlichen Wirkungsbereichen" gerichtet und unter "Vorbehalt staatlichen Einwirkens auf die Kirche". Damit würden die Nachteile des Staatskirchentums übernommen, ohne aber die Vorteile für die Kirche einzuschließen. "Trennung von Staat und Kirche ist der juristische Deckmantel für den Kampf um die Seele des Menschen, auf die der Weltanschauungsstaat seinen Totalitätsanspruch erhebt." Die Kategorien des Staatskirchenrechts (ius circa sacra, ius in sacra) würden durch diesen Totalitätsanspruch gesprengt.[179]
Für das Trennungssystem sprechen die Quellen, vor allem die Denkschrift von Stuckart, die ausdrücklich das Trennungsprinzip als angemessenes Verhältnis zwischen Kirche und NS-Staat ansah. Der Abbau der staatlichen Unterstützungen vor allem im finanziellen Bereich, die zunehmend nur strafrechtlich vollzogene Konfrontation und die "Taktik des Totschweigens" sind weitere Indizien für das Trennungssystem. Mit der scharfen Abgrenzung zwischen staatlichem und kirchlichem Aufgabenfeld, insbesondere der "Entpolitisierung" der Geistlichkeit, wurde in der Tat schon von Anfang an eine Art Trennung im funktionellen Bereich vorgenommen. Bei der Politik gegen die Sekten oder im Warthegau hat der NS-Staat mehr als irgendwo anders das Trennungsprinzip verfolgt. Zweifel ergeben sich jedoch bei der Behauptung, diese Trennung sei nun das Wesen der Kirchenpolitik des totalen Staates, denn ebenso richtig ist ja, daß der NS-Staat nie auf seine staatskirchlichen Rechte verzichtet hat, die ihn erst völlig von der Kirche getrennt hätten, und daß er zunächst die Tendenz zum Staatskirchentum verfolgte. Möglich ist zwar, daß diese Erscheinungen durch die historischen Ausgangsbedingungen, insbesondere die starke Stellung der Kirchen in der Gesellschaft, bedingt sind. Daß aber die Ausübung der staatskirchlichen Rechte selbst begründungstheoretisch nicht mehr der Staatskirchenhoheit, sondern dem Trennungsprinzip zugeschlagen werden sollten, ist nicht nachvollziehbar. Damit ergeben sich zumindest Zweifel daran, das Trennungssystem als das kirchenpolitische System des totalen Staates anzunehmen.
3. "System der feindlichen Religionshoheit"
Es bleibt noch das mittlere der herkömmlichen staatskirchenrechtlichen Systeme, das eine Synthese zwischen beiden ersten ist: die Staatskirchenhoheit.
Diese hält Luchterhandt unter der Bezeichnung des "Systems der feindlichen Religionshoheit" für das kirchenpolitische System des totalen Staates. Er sieht die Kirchenhoheit ("Religionsgemeinschaftshoheit") als den zentralen Ansatzpunkt an und erkennt, daß einer Trennung von Kirche und Staat im totalen Staat der Grundgedanke des Trennungsprinzips, nämlich die Beseitigung jeder Sonderhoheit des Staates, entgegensteht. Die Trennung ist "nur einseitig und folglich unvollkommen", sie dient nur als Kampfmittel. Vielmehr verwandle sich im totalen Staat die positive Sonderhoheit des Staates als "Gärtner" der Kirche unter der Religionsfeindlichkeit des totalen Staates in eine negative Sonderhoheit. Luchterhandt stellt damit "beide Systeme auf eine Stufe". Das "System der feindlichen Religionshoheit" ist für ihn "ein reiner Typ, der in der allgemeinen Systematik der Ordnungen von Staat und Religionsgemeinschaften vom Staatskirchentum und dem Trennungssstem gleich weit entfernt ist."[180]
An dieser Qualifikation ist sicherlich richtig, daß die Staatskirchenhoheit, die dem Staat das Recht gab, die Rechtstellung der Kirche zu bestimmen, ihre Betätigung durch umfangreiche Aufsichts- und Mitbestimmungsrechte zu beeinflussen und sie auf der anderen Seite zu privilegieren, ein wesentlicher Bestandteil der NS-Kirchenpolitik war. Das wird durch den von vornherein auf diese rechtlichen Gesichtspunkte ausgerichteten Aufbau des Aufsatzes von Luchterhandt noch suggestiv unterstrichen.
Das System der feindlichen Religionshoheit ist jedoch keinesfalls das ausschließliche System des totalen Staates. Wir haben in unserer - deshalb nicht nach staatskirchlichen Rechten aufgebauten - Untersuchung festgestellt, daß bei den staatlichen Eingriffen sowohl Begründungsmuster aus dem Staatskirchentum als auch aus dem Trennungssystem - und zwar auch in "reiner" Form - herangezogen wurden: Die Gewähr des ius in sacra durch den totalen Staat, die nach Meinung Luchterhandts eine Qualifizierung auf das Staatskirchentum ausschließt, war spätestens 1935 bei den Maßnahmen des Reichskirchenministers zum bloßen Lippenbekenntnis geworden. Die Eingriffe in die innere Verwaltung der Kirche und sogar in das religiöse Bekenntnis durch Verwandlung christlicher Formen in nationalsozialistische zeigen deutlich, daß der NS-Staat auch das ius in sacra für sich in Anspruch nahm, wenn es ihm auf dem Wege zur Vernichtung der Religionsgemeinschaften dienstbar sein konnte. "Der Kampf ging in Wahrheit um die Seelen gläubiger Menschen, auf die der Nationalsozialismus seinen Totalitätsanspruch erhob."[181] Zu diesem Ergebnis kommt auch Siegele-Wenschkewitz: Mit Hinweis auf Weber führt sie aus, die kirchliche Autonomie sei nur scheinbar fortgesetzt worden. Durch den Anspruch des Staates auf "Bejahung" der nationalsozialistischen Weltanschauung auch durch die Kirche wurde die Kirche praktisch zur "Selbstunterwerfung" genötigt. Das staatskirchenrechtliche System sollte dieser Möglichkeit Platz verschaffen, indem durch Personalunionen in Kirche und Staat auf Gleichschaltung gedrängt wurde. Gerade dieser Umstand aber läßt Zweifel zu, ob wirklich eine "Selbstunterwerfung" stattfinden sollte. Vielmehr handelt es sich um einen Versuch des Staatskirchentums, in dem die Kirche nur noch im Staat besteht und von ihm gelenkt wird.[182]
Das Trennungsprinzip auf der anderen Seite muß ebenfalls nicht mit Luchterhandt aufgrund der im totalen Staat herrschenden Sonderhoheit ausklammert werden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, was an der Unterdrückung der Religionsgemeinschaften durch Gestapo und SS gegenüber anderen Vereinigungen besonders gewesen ist. Alle dem NS-Regime kritisch gegenüberstehenden Organisationen waren ja der Verfolgung ausgesetzt. Die strafrechtlichen Bestimmungen (Heimtückegesetz) ermöglichten es den Nationalsozialisten vielmehr, die Kirchen allein unter Ausnutzung der allgemeinen staatlichen Monopolstellung ohne besondere Kirchenhoheit zu bekämpfen. Von einer speziellen Unterprivilegierung auf rechtlicher Ebene, wie sie in anderen Maßnahmen zum Ausdruck kam, kann hier keine Rede sein. Zumindest für die angestrebte Qualifizierung sind die Zweifel zu stark, um das Trennungsprinzip ganz aus ihr herauszuhalten.
II. Verfassungsform und Verfassungsausübung
Alle drei staatskirchenrechtlichen Systeme haben teilweise als Ordnungsvorstellungen für das Verhältnis von NS-Staat und Kirche gedient, aber keines für sich allein macht das Wesen dieser Ordnungsvorstellung aus. Wir müssen also weitersuchen.
1. "Neue Ordnungsvorstellung"
Möglich wäre es, daß sich das Verhältnis von Staat und Kirche im totalen Staat zu einer neuen Ordnungsvorstellung, die aber auch einen "reinen Typ" darstellt, weiterentwickelt hätte.
Diesen Weg beschreitet Siegele-Wenschkewitz. Sie kommt zu dem Schluß, der Nationalsozialismus habe das Trennungsprinzip zwischen Staat und Kirche "in destruktiver Absicht" verfolgt, den "staatskirchenhoheitlichen Habitus, die Staatsaufsicht" aber beibehalten. Die "Verquickung" von Staatskirchentum und Trennungssystem sei damit im totalen Staat zu einer "neuen Ordnungsvorstellung" gereift.[183]
Aber was ist eigentlich an dieser Ordnungsvorstellung "neu"? Schließlich ist ja auch die Staatskirchenhoheit nur eine Vereinigung von Elementen aus Staatskirchentum und Trennungssystem. Aber die Staatskirchenhoheit war schon in der Weimarer Verfassung verankert und damit weder neu noch typisch für den totalen Staat. Demnach dürfen wir Siegele-Wenschkewitz' "neue Ordnungsvorstellung" mit dem "System der feindlichen Religionshoheit" Luchterhandts identifizieren. Damit ist ihre Auffassung aber der oben geführten Kritik ausgesetzt.
2. Ausübung der staatskirchlichen Rechte
Um das Wesen der Kirchenpolitik zu begreifen, ist es sinnvoll, in einem Zwischenschritt zu fragen, wie sich die Ausübung der staatskirchlichen Rechte während der NS-Zeit verändert hat.
Dazu gibt Luchterhandt eine Zusammenfassung: Während das ius inspiciendi cavendi, das Aufsichtsrecht des Staates über die Kirche, mit Hilfe der Gestapo im Sinne vollständiger Kontrolle ausgeübt und durch die Einrichtung des Reichskirchenministeriums noch auf den inneren Bereich der Kirche ausgedehnt wurde, wurde das ius reformandi im Warthegau durch ein benachteiligendes Sonderrecht in Richtung auf die allmähliche Trennung des Aufgabenbereiches von Staat und Kirche und die Verdrängung der Kirche aus dem öffentlichen Leben ausgenutzt, und das ius advocatiae, die Unterstützung der Kirche, auf ein Minimum strafrechtlichen Schutzes begrenzt.
Die genannten staatskirchlichen Rechte scheinen demnach die Konstante von der Weimarer Republik bis zum NS-Staat gewesen zu sein. Verändert hat sich jedoch die Ausübung der Rechte. Das System der Staatskirchenhoheit wurde beibehalten, aber getreu dem kirchenfeindlichen Grundkonzept der totalitären NS-Ideologie ausgeübt.[184]
3. Ausübungsart der Religionsfeindlichkeit
Halten wir fest: Der NS-Staat ließ sich bei seinen Eingriffen in die Kirche begründungstheoretisch nicht auf eines der drei herkömmlichen staatskirchenrechtlichen Systeme festlegen. Formell war in der Weimarer Verfassung die Staatskirchenhoheit verankert. In erster Linie hat der NS-Staat sich deshalb auf die Hoheitsrechte gestützt: das ius reformandi, das ius inspiciendi cavendi und das ius advocatiae seu protectionis. Aber daneben hat es Begründungsmuster aus dem reinen Staatskirchentum und dem reinen Trennungsprinzip gegeben. Die Ausschließlichkeit, von der die Literatur einmütig ausgeht, hat der NS-Staat nie gekannt.
Man könnte nun versucht sein, nach Art des aristotelischen Sechs-Verfassungen-Schemas die herkömmlichen Systeme für den totalen Staat einfach zu übersetzen, indem man ein "negativ" oder "feindlich" voranstellt. Und wenn man das getan hätte, könnte man behaupten, alle drei "negative" Systeme seien nacheinander oder phasenverschoben durchschritten würden.
Dieser Weg allein würde den zweiten Fehler vertuschen, den die Literatur - ebenfalls einmütig - bei der Qualifizierung der Kirchenpolitik des totalen Staates gemacht hat, nämlich die Annahme, daß der totale Staat überhaupt ein eigenständiges kirchenpolitisches System kennt.
Nach dieser Erkenntnis können wir eine neue Reihe der staatskirchenrechtlichen Systeme aufstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die hier entwickelte Systematik der Staatskirchenrechtlichen Formen geht dahin, es bei den drei Systemen ohne Modifikationen zu belassen und die Eigenart der Ausübung der aus dem System fließenden Rechte in der Bezeichnung "Religionsfreundlichkeit" bzw. "Religionsfeindlichkeit" mit dynamischer Tendenz zu berücksichtigen. Alle drei staatskirchenrechtliche Systeme können religionsfreundlich und religionsfeindlich ausgeübt werden. Man umgeht damit - nach einem Anstoß Kants[185] - die Unbeweglichkeit einer aristotelisch-scholastischen Systemdogmatik.
Als Ergebnis halten wir fest: Das staatskirchenrechtliche System des totalen Staates ist kein eigenständiges. Der totale Staat bedient sich aller drei herkömmlichen staatskirchenrechtlichen Formen und pervertiert sie - wie der Dompteur Zuckerbrot und Peitsche - zu bloßen Instrumenten seiner religionsfeindlichen Machtpolitik.[186]
E. Perspektiven
Fünfzig Jahre nach der NS-Katastrophe befinden sich Kirche und Staat in einer tiefen Krise. Die Kirchenaustritte und die Politikverdrossenheit der Bürger sind dafür ein beredtes Beispiel. Wir wollen abschließend untersuchen, ob sich diese Krise nicht unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Arbeit durch eine Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche überwinden läßt.
Das Staatsverständnis hat sich seit der NS-Zeit stark gewandelt.[187] Der Staat ist auf weltliche Zwecke zurückgeschraubt. Er erhebt als säkularer Staat keinen Anspruch mehr auf die Weltanschauung seiner Bürger. Gleichzeitig ist ihm aber auch jedes Ethos genommen, wie es Jonesco ausgedrückt hat: "Wie kann man für den Staat sein, der ja nichts weiter ist als eine Verwaltungsmaschine. Er ist kein Mensch, er ist nicht Gott, er ist kein Engel, er ist nicht einmal eine Idee, ein Mythos. Er ist eine Abstraktion oder vielmehr eine Justizmaschine."[188] In dieser Situation leidet der Staat heute an einem Legitimationsdefizit. Für die Krise des Staates ist seine fehlende metaphysische Legitimation verantwortlich.
Auch das Kirchenverständis hat sich grundlegend gewandelt. Auf dem zweiten Vatikanischen Konzil Ende der sechsziger Jahre wurde der Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche preisgegeben. Das politische Engagement der Kirchen hat sich unter dem Eindruck des vergleichsweise geringen Widerstandes in der NS-Zeit verstärkt - oder, wie es Zipfel idealistischer formuliert: "Aus der dem nationalsozialistischen Ideengebäude gegenüber behaupteten Bekenntnistreue, aus bewußt in Kauf genommener Verfolgung und aus dem Leiden ihrer Vertreter und Anhänger ist den Kirchen das Recht und die Verpflichtung erwachsen, auch in der Zukunft ihren Auftrag als Hüterinnen von Recht und Moral zu beanspruchen."[189] Das Verhältnis zum modernen Staat ist positiv: In der Demokratie-Denkschrift der evangelischen Kirche von 1985 liegt fast eine Art Liebeserklärung an den demokratischen Staat, der keine weltanschauliche Haltung fordert, aber sich selbst dennoch zu seiner Verantwortung vor Gott bekannt hat.[190] Die politische Aufgabe der Kirche kann aber von ihr nur wahrgenommen werden, wenn sie selbst vollständig aus dem Glauben schöpft. Die Krise der Kirche beruht auf der fehlenden Besinnung auf christliche Glaubensinhalte.
In der NS-Zeit war gerade das staatliche Recht in der Kirche daran schuld, daß die Kirche diese ihre politische Aufgabe nicht wahrnehmen konnte. Das staatliche Recht wurde religionsfeindlich ausgeübt. Heute wird das staatliche Recht zwar religionsfreundlich ausgeübt, doch ist es säkular und pluralistisch, was die Kirche nicht sein darf. Das staatliche Recht ist keine angemessene Form für die Kirche. Daß die Kirche unter diesen Umständen zu einer Werteerneuerung der Gesellschaft wenig beitragen kann, ist verständlich. Die Kirche leidet offenbar an derselben Rechtlichkeit wie der Staat.
Der Ausweg heißt: Entsäkularisierung von Kirche und Gesellschaft. Das bedeutet, daß das staatliche Recht aus der Kirche verschwinden muß. Vom Staat getrennt, muß der Kirche allererst die Fähigkeit wiedergewonnen werden, auf die christliche Botschaft in all ihrer Vielfalt zu horchen. Der zweite Schritt ist dann die Einflußnahme auf die Gesellschaft. Erst die entsäkularisierte Gesellschaft ist ein tragfähiger Untergrund für ein Ethos des Staates. Der dritte Schritt ist die Durchdringung des staatlichen Rechts von der Liebe Gottes, die sich im Glauben seiner Glieder entfaltet. Der Bestand des Staates reduziert sich dann nicht mehr allein auf die bloße Äußerlichkeit, sondern gewinnt im Glauben seiner Bürger eine innere Komponente hinzu. Das glaubende Volk wird zur Grundlage des Staates, ohne selbst in die Gefahr einer Theologisierung zu geraten.
Der angedeutete Weg ist ein Prozeß, der nicht Stufe für Stufe erfolgen muß, sondern dem der Staat schon jetzt mit der Berücksichtigung dieses seines inneren Bestandes gerecht werden kann. Damit wird der Staat zum Diener des göttlichen Willens und nimmt (wieder) an der ethischen Erhöhung teil. Dann wird staatliches Recht für die Kirche und damit das Verhältnis der Staatskirchenhoheit wieder widerspruchsfrei möglich. Die Gefahr bei der Verrechtlichung der Kirche liegt aber darin, daß der Staat sie in den Strudel der Verweltlichung hineinzieht und ihr die Möglichkeit nimmt, aus dem Glauben zu schöpfen. Mit anderen Worten: Die "Säkularisierung der Kirche" schafft selbst die Gefahr der "Säkularität des Staates".[191] Das Recht ist "ein Kreuz, welches die Kirche Christi trägt", um der "Wirksamkeit des Lehramts und der Aufrechterhaltung von Ruhe und Frieden in der Kirche" willen.[192] Aber das Recht muß selbst christlich sein, sonst wird das Kreuz zum Hakenkreuz und damit zum Verhängnis der Kirche.
Die Trennung zwischen Staat und Kirche ist deshalb das einzige mögliche rechtliche Verhältnis, das beiden Institutionen gerecht wird. Auf rechtlicher Ebene vollzieht sich dann keine institutionelle Verbindung mehr, sondern eine inhaltliche Verbindung, indem das Recht das in der Kirche gewonnene Werte-Angebot annimmt und dadurch selbst innerlich erneuert wird.
F. Thesen
I. Das Zwittersystem aus Staatskirchentum und Trennung von Staat und Kirche, das unter der Bezeichnung Staatskirchenhoheit geführt werden kann, hat zwei Voraussetzungen: die prinzipielle Kirchenfreundlichkeit des Absolutismus um der ethischen Erhöhung des Staates willen einerseits und die konfessionelle Neutralität des liberalen Staates andererseits.
II. Die Weltanschauung des totalen Staates bedeutet eine Überhöhung des Volkes, wodurch die Legitimierung durch die Kirche nicht mehr notwendig ist. Die christlichen Kirchen werden mit ihrem geistlichen Führungsanspruch als Rivalen des totalen Staates wahrgenommen: Der Staat wird zum Kirchenfeind und die Kirchen zum Staatsfeind.
III. Steht die organisatorische Stärke der Kirchen ihrer schnellen Vernichtung entgegen, werden die Kirchen aus taktischen Gründen vom totalen Staat anerkannt und im Rahmen seiner Zwecke nutzbar gemacht. Dabei stehen ihm prinzipiell alle drei Wege des Verhältnisses von Staat und Kirche zur Verfügung: Staatskirchentum, Staatskirchenhoheit und Trennung von Staat und Kirche.
IV. Der totale Staat läßt sich bei seinen Eingriffen in die Kirche begründungstheoretisch nicht auf eines der drei herkömmlichen staatskirchenrechtlichen Systeme festlegen. Ist er, wie der nationalsozialistische Staat, formell in der Staatskirchenhoheit verankert, stützt er sich in erster Linie auf die Hoheitsrechte: das ius reformandi, das ius inspiciendi cavendi und das ius advocatiae seu protectionis. Aber daneben verwendet er Begründungsmuster aus dem reinen Staatskirchentum und dem reinen Trennungsprinzip. Die Ausschließlichkeit, von der die Literatur einmütig ausgeht, kennt der totale Staat nicht.
V. Das staatskirchenrechtliche System des totalen Staates ist kein eigenständiges. Der totale Staat bedient sich aller drei herkömmlichen staatskirchenrechtlichen Formen und pervertiert sie zu bloßen Instrumenten seiner religionsfeindlichen Machtpolitik. Die Religionsfeindlichkeit der Ausübung seiner Rechte ist wesensbestimmendes Moment der Kirchenpolitik des totalen Staates.
VI. Das Recht ist mit dem Wesen der Kirche nur dann vereinbar, wenn es selbst christlich ist. Das Trennungssystem ist für die heutige Situation das einzig angemessene Verhältnis zwischen Staat und Kirche, denn der säkulare Staat droht die Kirche mit seinem Recht selbst zu säkularisieren. Eine Entsäkularisierung von Kirche und Gesellschaft tut Not, um der Kirche ihre politische Aufgabe zu sichern und dem Staat eine metaphysische Legitimation im Glauben seiner Bürger als seinem inneren Bestand zu verschaffen.
G. Anhang
I. Glaubensbekenntnis
Zum Abschluß des völkisch verstandenen Erntedankfestes war ein Glaubensbekenntnis vorgesehen:
"Ich glaube an das Land aller Deutschen, an ein Leben im Dienste dieses Landes.
Ich glaube an die Offenbarung der göttlichen Schöpferkraft und des reinen Blutes, vergossen in Krieg und Frieden von den Söhnen der Deutschen Volksgemeinschaft, begraben in der Erde und dadurch geheiligt, auferstanden und lebendig in allen, für die es geopfert wurde.
Ich glaube an ein ewiges, irdisches Leben dieses Blutes, das vergossen wurde und wieder auferstand in allen, die die Bedeutung der Opfer erkannt haben und bereit sind, sich ihnen zu unterwerfen ...
So glaube ich an einen ewigen Gott, ein ewiges Deutschland und ein ewiges Leben." [193]
II. Vaterunser
In den NS-Waisenhäusern lernten die Kinder folgendes Gebet:
"Führer, mein Führer, von Gott mir gegeben,
Beschütz und erhalte noch lange mein Leben.
Hast Deutschland gerettet aus tiefster Not,
Dir danke ich heute mein täglich Brot.
Bleib lange noch bei mir, verlaß mich nicht,
Führer, mein Führer, mein Glaube, mein Licht.
Heil mein Führer." [194]
[...]
[1] Conway (2) S. 32.
[2] Sohm (2) S. 672, Fn 19, 698.
[3] Friedrich S. 12.
[4] Vgl. Conway (2) S. 33f, 38.
[5] Vgl. Siegele-Wenschkewitz S. 55f, 58.
[6] Luchterhandt S. 118f; Siegele-Wenschkewitz S. 56f; vgl. auch Sohm (1) S. 27.
[7] Sohm (1) S. 26ff.
[8] Luchterhandt S. 115.
[9] NS-Parteiprogramm, bei Luchterhandt S. 122.
[10] Buchheim S. 32f.
[11] Rosenberg, bei Seraphim S. 201, 205ff.
[12] Niemöller (3) S. 15.
[13] Seraphim S. 171.
[14] Vgl. auch Conway (2) S. 26f.
[15] Staatssekretär Meißner lt. Unterredung mit Bodelschwingh, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 175.
[16] Luchterhandt S. 123f; Buchheim S. 41ff, 84ff.
[17] Hitler, bei Picker S. 82ff.
[18] Buchheim S. 79ff; Luchterhandt S. 125ff; Conway (2) S. 40.
[19] Rosenberg, bei Seraphim S. 50.
[20] Rosenberg, bei Seraphim S. 199.
[21] Hitler, bei Rauschning S. 48ff.
[22] Hitler, bei Luchterhandt S. 126.
[23] Hitler, bei Rauschning S. 48ff.
[24] Meiser, bei Conway (2) S. 97.
[25] Regierungserklärung, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 24.
[26] Nicolaisen/Kretschmar I, 101, Text des Konkordats 190ff.
[27] Stellvertreter des Reichskanzlers, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 105.
[28] Vgl. Luchterhandt S. 136.
[29] Luchterhandt S. 156f.
[30] Verfügung v. 8. Juli 1933, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 103.
[31] Mit der Veröffentlichung wurde allerdings bis zur Bekanntmachung des Konkordats gewartet, Conway (2) S. 63.
[32] Bei Nicolaisen/Kretschmar I, 106.
[33] Conway (2) S. 51ff.
[34] Göring, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 100f.
[35] Kundgebung der deutschen Bischöfe vom 28. März 1933, bei Conway (2) S. 46f.
[36] Pacelli, bei Conway (2) S. 53.
[37] Pacelli, bei Conway (2) S. 84.
[38] Papst Pius XI, bei Adolph (2) S. 74.
[39] Zum Ganzen Conway (2) S. 47ff.
[40] Conway (2) S. 82f.
[41] Anordnung, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 137.
[42] Vgl. Conway (2) S. 63.
[43] Hitler, bei Seraphim S. 97.
[44] Zu den DC Luchterhandt S. 123f; Buchheim S. 41ff, insb. 84ff.
[45] Verfassungsvorschläge der DC, bei Buchheim S. 96f; vgl. Nicolaisen/Kretschmar I, 29f.
[46] Berufung, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 42f.
[47] Conway (2) S. 57.
[48] Nicolaisen/Kretschmar I, 55ff; Conway (2) S. 58.
[49] Conway (2) S. 59.
[50] Ernennung, Nicolaisen/Kretschmar I, 69 u. Fn. 6.
[51] Göring, bei Nicolaisen/Kretschmar.
[52] Luchterhandt S. 136.
[53] Nicolaisen/Kretschmar I, 67ff; Conway (2) S. 58f.
[54] Verfügung, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 76.
[55] Verfassung der DEK, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 185ff.
[56] Hindenburg, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 83.
[57] Conway (2) S. 61f.
[58] Gesetz, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 107ff.
[59] Hitler in einer Unterredung mit Backhaus, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 94ff.
[60] Heß, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 117.
[61] Völkischer Beobachter, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 117.
[62] Svenska Morgenbladet, bei Conway (2) S. 68f.
[63] Synodenbeschluß, bei Conway (2) S. 69.
[64] Hitler, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 135.
[65] Hitler im Gespräch mit Backhaus, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 97.
[66] Hitler, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 166.
[67] Eidems, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 128.
[68] Daily Telegraph, bei Conway S. 95 Fn. 11.
[69] Sportpalastkundgebung, bei Conway (2) S. 71, 73f.
[70] Abkommen, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 183f.
[71] Conway (2) S. 93.
[72] Müller, Jäger, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 108.
[73] Niederschrift über eine Vertreterbesprechung, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 110ff.
[74] Synodenbeschluß, bei Conway (2) S. 118.
[75] Conway (2) S. 119.
[76] Gutachten, bei Siegele-Wenschkewitz S. 204.
[77] Lagebericht, bei Zipfel S. 323f.
[78] Denkschrift Fricks, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 199ff.
[79] Denkschrift Fricks, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 211.
[80] v. Schwerin-Krosigk, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 153ff.
[81] Hitler, bei Siegele-Wenschkewitz S. 204; vgl. auch Luchterhandt S. 129; Conway S. 140.
[82] Denkschrift Stuckarts, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 249ff.
[83] Luchterhandt S. 130; Conway S. 137ff, 147; Siegele-Wenschkewitz S. 205ff.
[84] Erlaß, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 333.
[85] Luchterhandt S. 131.
[86] Westdeutscher Beobachter, bei Conway (2) S. 158.
[87] Vgl. Luchterhandt S. 137.
[88] Conway (2) S. 151.
[89] Conway (2) S. 154ff.
[90] Luchterhandt S. 158f.
[91] Übergabeerklärung, bei Conway (2) S. 262f.
[92] Conway (2) S. 263.
[93] Vgl. Seraphim S. 7.
[94] Conway (2) S. 260ff; Luchterhandt S. 133.
[95] Zum Ganzen Conway (2) S. 147ff.
[96] Conway (2) S. 267.
[97] Bormann, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 143.
[98] Anordnungen, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 145.
[99] Anordnung des Reichsinnenministers, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 140f.
[100] Anweisung des Reichsinnenministers, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 142f.
[101] Luchterhandt S. 160f.
[102] Hitler, bei Luchterhandt S. 128; Nicolaisen/Kretschmar II, 196ff.
[103] Schreiben v. Papens an Kardinal Bertram, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 139.
[104] Protokoll der Reichsstatthalterkonferenz, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 133f.
[105] Protokoll der Reichsstatthalterkonferenz, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 136f.
[106] Lagebericht, bei Zipfel S. 272ff.
[107] Conway (2) S. 131f, 144.
[108] Conway (2) S. 101.
[109] Conway (2) S. 131f, 144.
[110] Conway (2) S. 101.
[111] Luchterhandt S. 142.
[112] Conway (2) S. 196ff; Luchterhandt S. 140f.
[113] Bormann, bei Seraphim S. 168ff.
[114] Conway (2) S. 208ff.
[115] Rassenpolitisches Amt, bei Conway (2) S. 131.
[116] Luchterhandt S. 145.
[117] Archiv für katholisches Kirchenrecht 120 (1940), 3.
[118] Conway (2) S. 144ff, 177.
[119] Vgl. Anweisungen des Propagandaministeriums und Aufruf Gauleiter Florians, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 177ff; Conway (2) S. 76f.
[120] Rosenberg, bei Seraphim S. 56f.
[121] Conway (2) S. 112ff.
[122] Conway (2) S. 193.
[123] Luchterhandt S. 154.
[124] Telegraphischer Runderlasse der Gestapo vom 10. Januar 1934, bei Nicolaisen/Kretschmar II, 1ff, 2.
[125] Conway (2) S. 94f.
[126] Adolph (1) S. 175ff; Conway (2) S. 146, 292ff.
[127] So Adolph am 17. März 1937, bei Adolph (2) S. 77.
[128] "Mit brennender Sorge", bei Adolph (2) S. 74ff.
[129] Conway (2) S. 184f.
[130] Nach M. Power, bei Conway (2) S. 70 Fn. 4.
[131] Niemöller (1) S. 12.
[132] Bodelschwingh nach einer Unterredung mit Hindenburg am 16. 11. 1933, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 172f.
[133] Niemöller (1) S. 12.
[134] Niemöller (5) S. 48.
[135] Conway (1) S. 455 und (2) S. 74f.
[136] Conway (2) S. 74f.
[137] Rosenberg, bei Seraphim S. 57f.
[138] Hitler, bei Picker S. 357.
[139] Conway (2) S. 94f.
[140] Conway (2) S. 155ff; Niemöller (4) S. 358.
[141] Conway (2) S. 104.
[142] Überblick Niemöller (4) S. 115ff; zu den einzelnen Synoden Niemöller (2) S. 122ff, 184ff, 233ff, 315ff; zu Bielefeld Niemöller (1) S. 5ff.
[143] Niemöller (2) S. 250ff.
[144] Protestschrift, bei Niemöller (3) S. 9ff; Conway (2) S. 180ff.
[145] Niemöller (4) S. 362.
[146] Niemöller (1) S. 6.
[147] Niemöller (1) S. 13.
[148] Conway (2) S. 178.
[149] Conway (2) S. 185; Luchterhandt S. 147.
[150] Zum Folgenden Conway (2) S. 247ff.
[151] Hitler, bei Conway (2) S. 316.
[152] Conway (2) S. 207, 211.
[153] Anweisung SS-Sturmbandführers Hartl, bei Conway (2) S. 299.
[154] Conway (2) S. 302ff.
[155] Zum Ganzen Conway (2) S. 212ff; Luchterhandt S. 151.
[156] Vgl. zum Folgenden Conway (2) S. 326ff.
[157] Greiser, bei Conway (2) S. 326f.
[158] Rosenberg, bei Seraphim S. 148; zum Ganzen Conway (2) S. 324.
[159] Greiser, bei Conway (2) S. 330.
[160] 13-Punkte-Programm, bei Niemöller (4) S. 369f; bei Conway (2) S. 332f.
[161] Blau, bei Conway (2) S. 333.
[162] Blau und Nehring, bei Luchterhandt S. 138.
[163] Bormann, bei Conway (2) S. 333f.
[164] Luchterhandt S. 157.
[165] Lammers, bei Conway (2) S. 337.
[166] Conway (2) S. 338.
[167] Adolph (3) S. 154f.
[168] Hirtenbrief, bei Conway (2) S. 339.
[169] Maglione, bei Conway (2) S. 340.
[170] Ribbentrop, bei Conway (2) S. 340 Fn. 115.
[171] Beispiele bei Conway (2) S. 172ff.
[172] Vgl. Glaubensbekenntnis und Vaterunser im Anhang.
[173] Conway (2) S. 161f, 167.
[174] Reichsleitung der NSDAP an Reichsführer SS. München v. 9. Oktober 1933, bei Nicolaisen/Kretschmar I, 148ff.
[175] Conway (2) S. 29.
[176] Buchheim S. 157ff; Mitgliedschaftsgrundsätze zit. nach Conway S. 126f.
[177] Luchterhandt S. 130.
[178] Siegele-Wenschkewitz S. 85.
[179] Gürtler, bei Luchterhandt S. 165f.
[180] Luchterhandt S. 166ff.
[181] Stasiewski, bei Conway (2) S. 341.
[182] Siegele-Wenschkewitz S. 83ff.
[183] Siegele-Wenschkewitz S. 60f, 83.
[184] Vgl. Luchterhandt S. 162f.
[185] Kant, Vorarbeiten zum Gemeinspruch S. 158; vgl. zum Schaubild Bien S. 97 Anm. 27.
[186] Vgl. auch Siegele-Wenschkewitz S. 60.
[187] Zum Ganzen v. Campenhausen S. 7ff, Homeyer S. 23ff.
[188] Jonesco S. 96.
[189] Zipfel S. 260.
[190] v. Campenhausen S. 18ff.
[191] Homeyer S. 32.
[192] Sohm (2) S. 482, 525.
[193] Zit. nach Conway (2) S. 167f.
[194] Zit. nach Conway (2) S. 173f.
- Arbeit zitieren
- Harald Maihold (Autor:in), 1994, Kreuz und Hakenkreuz - Zur rechtlichen Stellung der Religionsgemeinschaften im nationalsozialistischen Staat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110661