Die Sportpalastrede soll in der vorliegenden Arbeit im Gegensatz zu den existierenden Studien, die meist nach der Ursache ihrer immensen Wirkung fragen, auf ihre Funktion analysiert werden. Dabei wird zu zeigen sein, dass Goebbels nicht Persuasion im Sinne des Überzeugens des vor Ort präsenten Publikums intendiert. Auch die Kategorien von ‚Überreden’ oder ‚Überwältigen’ sind bei Goebbels Rede nicht vordergründig relevant, weil sie gar nicht primär auf das Publikum vor Ort abzielt. Dieses wird lediglich benutzt, um zum einen machtpolitische Ziele nach Innen durchzusetzen, d.h. vor allem die von Goebbels bereits seit 1941 geforderten Maßnahmen zur totalen Kriegführung gegenüber der NS-Führung und Hitler konsequent durchführen zu können. Zum anderen versucht Goebbels außenpolitische Weichenstellungen vorzunehmen, um einen möglichen Zweifrontenkrieg gegen Deutschland zu verhindern. Dies soll im Folgenden mit Hilfe einer funktionsorientierten Analyse der Rede belegt werden, die linguistisch-stilistische Elemente nur aufgreift, wenn sie die Topoi und Adressaten markieren und damit auf die Funktion verweisen. Dazu soll zunächst ein Überblick über die Forschung zur politischen Rhetorik und zur Funktion der Rede im NS gegeben werden, um die Schwierigkeiten im Umgang mit NS-Reden und die hier gewählte Methode plausibel zu machen. Nach einer institutionellen Kontextualisierung der Sportpalastrede wird ihre außen- und innenpolitische Funktion zu erörtern sein. Zum Schluß der Arbeit soll auf die Problematik der Akklamation als Simulation einer demokratischen Volksabstimmung zur Legitimierung des ‚totalen Kriegs’ eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Politische Rhetorik im Nationalsozialismus
- Überblick über eine problematische und defizitäre Forschung
- Die Funktion der politischen Rede im Nationalsozialismus
- Goebbels Sportpalastrede vom 18. Februar 1943
- Institutionelle Kontextualisierung
- Die politischen Funktionen
- Außenpolitische Ebene
- ,Kampf gegen den Bolschewismus im Namen der europäischen Zivilisation'
- Ein implizites Bündnisangebot zur Schaffung einer antibolschewistischen Front
- Die Spaltung der Anti-Hitler-Koalition
- Innenpolitische Ebene
- Stalingrad als sinnstiftender Heldenmythos zur Mobilisierung der ,Heimatfront'
- Die Durchsetzung des ,totalen Krieges' gegenüber der NS-Führung
- Die Schlussakklamation als Simulation eines demokratischen Plebiszits
- Außenpolitische Ebene
- Fazit
- Bibliografie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Sportpalastrede von Joseph Goebbels vom 18. Februar 1943 im Kontext der Niederlage in Stalingrad. Im Gegensatz zu bisherigen Studien, die sich auf die Wirkung der Rede konzentrieren, wird hier die Funktion der Rede im Vordergrund stehen. Die Arbeit untersucht, wie Goebbels die Rede nutzte, um sowohl innenpolitische Ziele durchzusetzen als auch außenpolitische Weichenstellungen vorzunehmen.
- Die Funktion der politischen Rede im Nationalsozialismus
- Die außenpolitische Funktion der Sportpalastrede
- Die innenpolitische Funktion der Sportpalastrede
- Die Rolle der Schlussakklamation als Simulation eines demokratischen Plebiszits
- Die Problematik der Forschung zur politischen Rhetorik im Nationalsozialismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Analyse von politischen Reden im Nationalsozialismus heraus und führt in die Thematik der Sportpalastrede ein. Sie beleuchtet den historischen Kontext der Rede, insbesondere die Niederlage in Stalingrad und die damit verbundene Krise des NS-Systems. Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Funktion der Rede und skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit.
Das zweite Kapitel bietet einen Überblick über die Forschung zur politischen Rhetorik im Nationalsozialismus. Es zeigt die Defizite und Probleme der bisherigen Forschung auf, die sich oft auf die Analyse der Sprache und die Frage nach der Wirkung der Reden konzentriert. Die Arbeit kritisiert die dominierende Manipulationsthese und die These von der Allmacht der Propaganda. Sie plädiert für eine funktionsorientierte Analyse, die den Kontext der Reden und die politischen Ziele der Redner berücksichtigt.
Das dritte Kapitel widmet sich der Sportpalastrede von Joseph Goebbels. Es beginnt mit einer institutionellen Kontextualisierung der Rede, die die Rolle des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) und die Bedeutung der politischen Rede für die Stabilisierung des NS-Systems beleuchtet. Anschließend werden die außen- und innenpolitischen Funktionen der Rede analysiert. Die Arbeit zeigt, wie Goebbels die Rede nutzte, um ein Bündnisangebot an die europäischen Mächte zu senden, die Spaltung der Anti-Hitler-Koalition zu fördern und die deutsche Bevölkerung für den ,totalen Krieg' zu mobilisieren.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die politische Rhetorik im Nationalsozialismus, die Sportpalastrede von Joseph Goebbels, die Niederlage in Stalingrad, die Funktion der politischen Rede, die außenpolitische und innenpolitische Funktion, die Propaganda im Nationalsozialismus, die Manipulationsthese, die Allmacht der Propaganda, die Simulation eines demokratischen Plebiszits und die Problematik der Forschung zur politischen Rhetorik im Nationalsozialismus.
- Arbeit zitieren
- Janin Taubert (Autor:in), 2006, Politische Rhetorik im Nationalsozialismus - Die außen- und innenpolitische Funktion von Joseph Goebbels Sportpalastrede "Wollt ihr den totalen Krieg?", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110670