Die Arbeitsmarktpolitik in Großbritannien und Deutschland


Seminararbeit, 2006

25 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die politische und wirtschaftliche Situation Großbritanniens und der Bundesrepublik Deutschland bis zum Beginn der 1980er Jahre
2.1. Großbritannien
2.2. Bundesrepublik Deutschland

3. Die Arbeitsmarktpolitik unter Margaret Thatcher und Helmut Kohl
3.1. Gewerkschaftspolitik
3.2. Flexibilisierung des Arbeitsrechts
3.3. Arbeitsmarktpolitik
3.3.1. aktive Arbeitsmarktpolitik
3.3.2. passive Arbeitsmarktpolitik

4. sozialdemokratische Wende in Deutschland und Großbritannien: Die Arbeitsmarktpolitik unter Schröder und Blair
4.1. neue Regierung, alter Kurs? Die Wirtschaftspolitik der neuen Labour-Regierung
4.2. neue Regierung, neuer Kurs? Die Arbeitsmarktpolitik von Rot/Grün
4.3. Flexibilisierung des Arbeitsrechtes
4.4. aktive Arbeitsmarktpolitik
4.5. passive Arbeitsmarktpolitik

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Seminararbeit befasst sich mit der Arbeitsmarktpolitik in Großbritannien und Deutschland seit Beginn der achtziger Jahre.

Ziel ist es, die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede aufzuzeigen sowie die politischen Hintergründe zu betrachten, welche die jeweilige Situation bedingten. Aus diesem Grund reicht der Betrachtungszeitraum bis zum Beginn der 1980er Jahre zurück, weil in dieser Zeit sowohl in Großbritannien (Margaret Thatcher) als auch in Deutschland (Helmut Kohl) zwei richtungweisende Machtwechsel vollzogen wurden. Wegen der Bedeutung dieser Regierungswechsel - vor allem des britischen - wird zu Beginn die wirtschaftliche und politische Ausgangssituation der beiden Länder näher beleuchtet.

Nach dieser Einführung folgt die Beschreibung der Arbeitsmarktpolitik in den achtziger Jahren bis Mitte der neunziger Jahre. In dieser Zeit waren in Großbritannien sowie in Deutschland konservative Regierungen an der Macht, so dass eine gemeinsame Betrachtung bis zu deren nahezu zeitgleicher Abwahl (Kohl: 98; Major: 97) sinnvoll erscheint. Dasselbe Argument gilt für die darauf folgenden sozialdemokratischen Regierungen in den beiden Ländern.

2. Die politische und wirtschaftliche Situation Großbritanniens und der Bundesrepublik Deutschland bis zum Beginn der 1980er Jahre

2.1. Großbritannien

Die wirtschaftliche Entwicklung in Großbritannien stellte sich bis Ende der siebziger Jahre als höchst unbefriedigend dar. Hatte das Vereinte Königreich 1950 noch das höchste Bruttosozialprodukt pro Kopf (BSP/Kopf) in Europa erwirtschaftet, so fiel es bis Ende der siebziger Jahre auf den sechsten Platz zurück. Der britische Anteil am Weltindustrieexport war in demselben Zeitraum ebenfalls stark rückläufig. Dieser wirtschaftliche Niedergang der britischen Volkswirtschaft hatte mit der im Vergleich zu anderen Ländern deutlich niedrigeren Produktivität vor allem strukturelle Gründe. In der Kombination mit den über Parteigrenzen hinweg anerkannten makroökonomischen Zielsetzungen der Vollbeschäftigung und der Aufrechterhaltung des Wechselkurses ergaben sich die so genannten „stop-and-go-cycles“. Erhöhte der Staat zur Stimulierung der Nachfrage die Ausgaben, kam es aufgrund der geringen Produktivität zu einem höheren Import- als Exportwachstum. Das daraus resultierende Leistungsbilanzdefizit erhöhte den Abwertungsdruck auf das britischen Pfund. Diese Folge wollte die Regierung jedoch unter allen Umständen vermeiden. Die einzig verbliebene Option, eine wirtschaftspolitische Vollbremsung, musste aber schon bald wieder durch expansive Maßnahmen ersetzt werden, um nicht in eine Rezession zu geraten. Bis zur Amtsübernahme durch Margaret Thatcher im Mai 1979 gelang es keiner Regierung, die immensen Probleme zu lösen. Die Labour-Regierung unter Wilson versuchte in den sechziger Jahren durch eine kontinuierliche Expansion der Wirtschaftsleistung, die vorstehend beschriebenen „stop-and-go-cycles“ zu vermeiden, was jedoch aufgrund einer unvorhergesehenen Leistungsbilanzkrise deutlich misslang. Das Programm der 1970 gewählten konservativen Regierung Heath glich in weiten Teilen bereits dem der zukünftigen Premierministerin Thatcher und leitete damit praktisch das Ende der bis dahin praktizierten Konsenspolitik ein. Doch auch die „Conservatives“ konnten die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllen und wurden schon 1972 wieder abgewählt. Die nun ins Amt gelangte Labour-Regierung Wilson/Callaghan hatte aus den Fehlern ihrer Vorgänger gelernt und versuchte daher, eine Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften zu vermeiden. Das Ergebnis dieser Politik war eine Lohn-Preis-Spirale, zu deren Bekämpfung eine Konsolidierungspolitik begonnen wurde, die auch bei den Löhnen ansetzte.

Die erwartungsgemäß nicht sehr begeisterten Gewerkschaften reagierten darauf mit flächendeckenden Streiks, die (zwischen November 1978 und März 1979) als „the winter of discontent“ bekannt wurden und schließlich im Mai 1979 zur Wahl der konservativen Margaret Thatcher beitrugen.

Der Wahlerfolg der Conservative Party unter der Führung von Margaret Thatcher stellte in vielerlei Hinsicht den Anbruch einer neuen Ära dar. Zeichneten sich die „Tories“ in der Zeit vor Thatcher vor allem durch die Bestrebung aus, die Bewahrung des Bestehenden mit graduellen Reformen zu verbinden und radikale Veränderungen des status quo möglichst zu vermeiden, wurde seit Thatchers Amtsantritt eine Kehrtwende vollzogen, durch die die liberalen Wurzeln der Partei klar in den Vordergrund rückten. Das ist auch an ihren politischen Werten zu erkennen: Mit einer Kombination aus traditionellen Tugenden wie harter Arbeit, Ehrlichkeit, Sparsamkeit, Patriotismus und neoliberalen Theorien unterschied sie sich nämlich deutlich von den früheren Parteiführern, die ihr ideologisches Grundgerüst an der bereits erwähnten Bewahrung des Bestehenden orientieren. Eng verbunden mit den Vorstellungen der neuen Regierungschefin waren auch die neuen Leitlinien der Partei, die als politische Hauptwerte des Thatcherismus bezeichnet werden können: Disziplin, freies Unternehmertum sowie staatliche Autorität. Als Hauptideenlieferanten des Thatcherismus können Ökonomen wie Adam Smith, Joseph Schumpeter und Friedrich-August von Hayek genannt werden. Bereits vor der Regierungsübernahme im Jahre 1979 wurde von Anhängern des neuen Ansatzes eine umfassende Problemdiagnose vorgenommen. Diese Analyse fand ihren Niederschlag in der 1977 veröffentlichten Schrift „Outline of an Economic Strategy for the next Conservative Government“. Demnach lassen sich die wirtschaftlichen Fehlentwicklungen Großbritanniens in vier Punkten zusammenfassen:

- zu starke Gewerkschaften,
- eine zu schwache Regierung,
- ein überladener Privatsektor und
- verschwenderische Staatsausgaben.

Aus den genannten wirtschaftspolitischen Ansatzpunkten für die nächste konservative Regierung lässt sich auch schon der zukünftige Kurs in der Arbeitsmarktpolitik ablesen (Busch, Andreas; 1989; S. 29-56).

2.2. Bundesrepublik Deutschland

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich nach dem zweiten Weltkrieg wirtschaftlich in vielerlei Hinsicht anders entwickelt als Großbritannien. Die Zeit unmittelbar nach Kriegsende war geprägt von großen Versorgungsschwierigkeiten der Bevölkerung.

In Bezug auf die Ausgestaltung der zukünftigen Wirtschaftspolitik bestanden viele verschiedene Vorstellungen, von denen zumindest anfänglich die meisten von ihnen politisch links anzusiedeln waren. So forderten neben den Kommunisten und den Gewerkschaften auch die SPD und schließlich sogar in ihrem Ahlener Programm vom Frühjahr 1947 die CDU zumindest eine Verstaatlichung bestimmter Industriezweige. Letztendlich setzten sich jedoch die Ordoliberalen um Walter Eucken, Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard durch. Die erste Nachkriegsregierung wurde von der CDU mit Konrad Adenauer als erstem Bundeskanzler der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland sowie mit Ludwig Erhard als Wirtschaftsminister gestellt. Im Gegensatz zum Vereinten Königreich, in dem die Conservative Party und die Labour Party eine Konsenspolitik betrieben, unterschied sich die programmatische Ausrichtung der CDU-Regierung teilweise erheblich von den Vorstellungen der SPD. Grundsätzlich verfolgte die Bundesregierung eine liberale Wirtschaftspolitik, bei der Ludwig Erhard auf die liberale Selbstregulierung setzte. Ein zentrales Leitbild dieses Politikansatzes war die Konsumfreiheit, also ein Maximum an Freiheit kombiniert mit einem Minimum an staatlichen Eingriffen. Die Regierung vertrat die Auffassung, dass mit Hilfe ihrer Deregulierungspolitik nicht nur die Produzenten, sondern in Folge erhöhter Konkurrenz gleichzeitig die Position der Verbraucher gestärkt würde. Dieses wirtschaftspolitische Grundkonzept wurde in der Folge als „soziale Marktwirtschaft“ bezeichnet und gilt als einer der wichtigsten Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Aufstieg der BRD. Jedoch handhabte die Regierung ihre Politik nicht nach den offiziellen Prinzipien der reinen Lehre, sondern pragmatisch, was beispielsweise 1952 an der Verabschiedung des Gesetztes für die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft (IHG) deutlich wurde. Die liberale Wirtschaftspolitik einer Nichtintervention war also die Grundrichtung, die aber im Bedarfsfall flexibel angewandt wurde. Ende der fünfziger Jahre begann schließlich eine zweite, vom Keynesianismus inspirierte Phase der sozialen Marktwirtschaft, in der dem Staat mehr Interventionsmöglichkeiten zugebilligt wurden. Der direkt nach der Wirtschafts- und Währungsreform einsetzende und sich nach kurzen Schwankungen verfestigende Boom wurde in den Anfangsjahren maßgeblich von der im Vergleich zu Großbritannien äußerst wettbewerbsfähigen Exportwirtschaft getragen. Die hohen Zuwachsraten gewährleisteten zudem, dass der Strukturwandel (vom primären zum sekundären Sektor) ohne soziale und politische Spannungen ablief, da ein Großteil der freigesetzten Arbeitskräfte vom sekundären Sektor absorbiert wurde. Im Gegensatz zu den Kartellen nahm der Einfluss von Wirtschaftsverbänden im Laufe der Zeit zu, wodurch sich ein korporatives System herausbildete. Verbände nahmen so maßgeblichen Einfluss auf die Formulierung von Gesetzen und sogar auf die Besetzung von Ministerposten. Das Tarifgesetz wurde im April 1949 erlassen. Darin wurden die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände als die entscheidenden Institutionen für die Regelung der Arbeitsbedingungen bestimmt.. Das Gesetz sollte in frei auszuhandelnden Verträgen lediglich gewisse Normen als Mindestbedingungen festlegen. Das Verhältnis zwischen Regierung und Gewerkschaften war im Vergleich zum Vereinten Königreich weitaus friedvoller, wozu natürlich der breite Aufschwung erheblich beigetragen hatte. Die Gewerkschaften übten vor allem in den fünfziger Jahren Lohnzurückhaltung, um den Aufschwung nicht zu gefährden. Dieses durchaus belastbare Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wurde daraufhin als ein Eckstein des „deutschen Modells“ bekannt. Der seit den fünfziger Jahren bestehende Leistungsbilanzüberschuss verwandelte sich jedoch 1965 in ein Leistungsbilanzdefizit, das ein Vorbote des 1966/67 einsetzenden Konjunktureinbruchs war. Als dessen Folge trat die CDU-Regierung samt Bundeskanzler Erhard, der 1963 Nachfolger Adenauers geworden war, zurück. Im Dezember 1966 bildeten daraufhin CDU/CSU und SPD eine große Koalition unter der Führung von Kurt Georg Kiesinger (CDU), in der der keynesianisch orientierte Karl Schiller die Leitung des Wirtschaftsministeriums übernahm. Die wohl bedeutendste in seiner Amtszeit umgesetzte Neuerung war die Verabschiedung des „Gesetztes zur Förderung von Stabilität und Wachstum in der Wirtschaft“, kurz „Stabilitätsgesetz“. Dieses Gesetz ermöglichte es der Regierung mittels der Globalsteuerung, in den gesamten wirtschaftlichen Ablauf regulierend einzugreifen, um die gesetzten Ziele Wachstum, Geldwertstabilität, Vollbeschäftigung sowie eine ausgeglichene Zahlungsbilanz möglichst gleichzeitig zu erreichen. Da einige dieser Variabeln nur auf Kosten anderer erreicht werden können, werden diese Ziele auch das „magische Viereck“ genannt. Zwar belebte sich die Konjunktur nach dem Regierungswechsel recht schnell; doch ist bis heute nicht klar, ob dieses Belebung infolge der Wirtschaftspolitik der großen Koalition eintrat oder aufgrund des natürlichen Wirtschaftsverlaufs. Zudem stieg die Arbeitslosenquote ab 1973 steil an und erreichte 1975 fast fünf Prozent. Es zeichnete sich ein fester Sockel von Arbeitslosen ab, der die Arbeitslosigkeit zusammen mit der Inflation und der beginnenden Deindustrialisierung zum beherrschenden wirtschaftlichen Problem der siebziger Jahre werden ließ. Der Boom der fünfziger und sechziger Jahre, so schien es, war erst einmal vorüber, womit auch die keynesianische Wirtschaftspolitik ihren Glanz verloren hatte. Daraus zog der Wirtschaftsminister Karl Schiller die Konsequenzen und trat 1972 zurück. Der neuerliche Konjunktureinbruch war zwar größtenteils auf die Ölkrise zurückzuführen; doch zusammen mit außenpolitischen Schwierigkeiten und einem Agentenskandal war dies für den ohnehin schon politisch angeschlagenen Kanzler Willy Brandt Anlaß genug, um sein Amt niederzulegen und 1974 an Helmut Schmidt zu übergeben. In den folgenden Jahren stieg die Arbeitslosenquote kontinuierlich an und das BIP-Wachstum entwickelte sich für westdeutsche Maßstäbe eher bescheiden. Die zeitgleich grassierende Inflation ließ das bis dato eher unbekannte Phänomen der Stagflation aufkommen. Eine wirtschaftspolitische Leitlinie ließ die Regierung Schmidt nicht erkennen. Sie schwankte in ihren Zielsetzungen zwischen Haushaltskonsolidierung und Arbeitsmarktstimulierung. Es kam zu einer Kette hektischer und kurzfristiger Aktionen, die die öffentliche Verschuldung noch erhöhten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Arbeitsmarktpolitik in Großbritannien und Deutschland
Hochschule
Universität Wien
Note
1
Autor
Jahr
2006
Seiten
25
Katalognummer
V110701
ISBN (eBook)
9783640088638
ISBN (Buch)
9783640387199
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arbeitsmarktpolitik, Großbritannien, Deutschland
Arbeit zitieren
Matthias Reith (Autor:in), 2006, Die Arbeitsmarktpolitik in Großbritannien und Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110701

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