Fortschreitende Globalisierung, die Osterweiterung Europas, eine stagnierende Wirtschaftslage aber auch Nachwirkungen von Strukturwandlungsprozessen sind Herausforderungen denen sich die Wirtschaft einzelner Nationen immer häufiger stellen muss. Doch auch auf regionaler Ebene ist es unerlässlich, auf die sich ändernden Rahmenbedingungen mit einer angepassten Strategie zu reagieren.
Wo in einigen Regionen und Wirtschaftsbereichen mit zunehmender Globalisierung eine „Erosion“ regionaler Netzwerke und deren Gewicht erkennbar ist, lässt sich gleichzeitig andernorts eine Gegenbewegung beobachten. Das Hervorheben von lokalen und regionalen Stärken wird zunehmend wichtiger für die Überlebensfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen in einer globalen Wirtschaftswelt (Rösch 1998, 40).
Damit Regionen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die aufkommenden Probleme bewältigen können, bedarf es eines ständigen Erneuerungs- und Lernprozesses. Nur durch Innovationsfähigkeit und Kreativität können neue, marktfähige Produkt- und Prozessinnovationen hervorgebracht werden (ebenda, 18f.).
Während die Regionalwissenschaft zur Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region früher hauptsächlich Ausstattungsmerkmale wie Forschungs-, Bildungs- und andere Infrastruktureinrichtungen heranzog, werden seit Mitte der 80er Jahre auch andere Gesichtspunkte in die Untersuchung eingebunden (Peters 2001, 32). Wurde bis dahin der Schwerpunkt zur Erklärung wirtschaftsräumlicher Strukturen häufig auf exogene Einflussfaktoren gelegt, so bildete sich nun eine umgekehrte Herangehensweise. Es entstand der Begriff des innovativen, beziehungsweise kreativen Milieus, mit dessen Hilfe versucht wird Aspekte der Wirtschaftsstruktur einer Region unter Beachtung endogener Einflussfaktoren zu untersuchen.
In dieser Hausarbeit soll nun im Folgenden näher auf die einzelnen Faktoren eines kreativen Milieus eingegangen werden. Nach einer Klärung der grundlegenden Begrifflichkeiten soll am Ende dieser Arbeit an konkreten Beispielen aufgezeigt werden, wie und in welcher Form sich kreative Milieus verorten lassen und welche Gegebenheiten eher gegen die Ausbildung eines solchen Milieus wirken.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Inhaltsangabe
Was ist das Thema der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit befasst sich mit dem Konzept des „kreativen Milieus“ und untersucht, wie soziale Netzwerke, Beziehungen und gemeinsames Denken die Innovationsfähigkeit von Regionen beeinflussen. Sie analysiert die Faktoren, die zum Entstehen eines solchen Milieus beitragen und untersucht anhand von Beispielen, wie sich kreative Milieus in der Realität darstellen.
Welche zentralen Begriffe werden in der Arbeit erläutert?
Die Arbeit definiert und differenziert die Begriffe Kreativität und Innovation. Sie erklärt den Milieubegriff, betont die Bedeutung informeller Netzwerke und sozialer Beziehungen, und analysiert den Einfluss von Image, Zusammenhalt und gemeinsamen Zielen auf die Innovationsfähigkeit einer Region.
Welche Rolle spielen Netzwerke im kreativen Milieu?
Netzwerke, sowohl unternehmerische als auch persönliche und informelle, bilden einen zentralen Bestandteil des kreativen Milieus. Der intensive Austausch und die Vernetzung der Akteure verschiedener Bereiche ermöglichen den Transfer von Wissen und Informationen, was essentiell für Innovationsprozesse ist. Die Arbeit untersucht verschiedene Netzwerktypen, inklusive lokaler, funktionaler und Innovationsnetzwerke.
Welche Bedeutung haben soziale und persönliche Beziehungen?
Soziale und persönliche Beziehungen sind fundamental für das kreative Milieu. Der informelle Austausch, die Vertrauensbasis und die persönlichen Verbindungen fördern Kreativität, kollektives Lernen und die Entwicklung gemeinsamer Visionen. Die Arbeit hebt die Bedeutung von Personen mit besonderen Verbindungsfunktionen hervor.
Wie wichtig sind Image, Zusammenhalt und gemeinsame Ziele?
Ein starkes, positives Image, ein gemeinsamer Zusammenhalt und geteilte Ziele sind entscheidende Faktoren für das kreative Milieu. Diese Elemente stärken das Identifikationsgefühl der Akteure und fördern die Zusammenarbeit und die gemeinsame Zielverfolgung. Die Arbeit argumentiert, dass ein gemeinsames Selbstverständnis wesentlich für den Erfolg des Milieus ist.
Welche Beispiele kreativer Milieus werden genannt?
Die Arbeit nennt als Beispiele für kreative Milieus die Region Grenoble, das „Dritte Italien“ und Cambridge. Anhand dieser Fallstudien wird analysiert, welche Faktoren zum Erfolg dieser Regionen beigetragen haben.
Welche kritische Bewertung des Konzepts des kreativen Milieus wird vorgenommen?
Die Arbeit bietet eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept des kreativen Milieus. Es wird anerkannt, dass nicht alle erfolgreichen Regionen ein kreatives Milieu aufweisen und dass Innovation auch ohne ausgeprägte lokale Kooperation stattfinden kann. Die Arbeit differenziert zwischen dem Milieu als solchem und den Bedingungen, die es zu einem kreativen Milieu machen.
Welche Abbildungen enthält die Arbeit?
Die Arbeit beinhaltet Abbildungen, die die Beziehung zwischen Kreativität und Innovation, das regionale Milieu als Netzwerkbestandteil, die Innovationsentstehung, Regionalmarketing, Verhinderungskoalitionen und die Beziehung zwischen „Milieu“, „Kreativem Milieu“ und „Innovationsnetz“ veranschaulichen.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die zentrale These der Arbeit ist, dass das kreative Milieu, gekennzeichnet durch dichte informelle Netzwerke, starke soziale Beziehungen, ein gemeinsames Image und geteilte Ziele, ein wichtiger Faktor für regionale Innovationsfähigkeit und wirtschaftlichen Erfolg ist. Die Arbeit untersucht die Gültigkeit dieser These anhand theoretischer Argumente und empirischer Beispiele.
Inhaltsangabe
1. Einleitung
2. Grundlegende Begriffe
2.1. Kreativität und Innovation
2.2. Der Milieubegriff
3. Netzwerke
3.1. Allgemein
3.2. Unternehmensnetzwerke
3.3. Persönliche, soziale und informelle Beziehungen
3.4. Personen mit besonderer Verbindungsfunktion
3.5. Lokale und funktionale Netzwerke
3.6. Innovationsnetzwerke
4. Soziale und informell-persönliche Beziehungen
5. Image, Zusammenhalt und gemeinsame Ziele
6. Das kreative Milieu
7. Beispiele kreativer Milieus in Europa
7.1. Die Region Grenoble
7.2. Das „Dritte Italien“
7.3. Cambridge
8. Kritische Abschlussbewertung der These kreativer Milieus
Abbildungen
Abb. 1: Beziehung zwischen Kreativität und Innovation
Abb. 2: Das Regionale Milieu als ein Netzwerkbestandteil
Abb. 3: Innovationsentstehung
Abb. 4: Regionalmarketing der Stadt Aachen
Abb. 5: Voreingenommenheit führt zu Verhinderungskoalitionen
Abb. 6: „Milieu“, „Kreatives Milieu“ und „Innovationsnetz“
1 Einleitung
Fortschreitende Globalisierung, die Osterweiterung Europas, eine stagnierende Wirtschaftslage aber auch Nachwirkungen von Struktur- wandlungsprozessen sind Herausforderungen denen sich die Wirtschaft einzelner Nationen immer häufiger stellen muss.
Doch auch auf regionaler Ebene ist es unerlässlich, auf die sich ändernden Rahmenbedingungen mit einer angepassten Strategie zu reagieren.
Wo in einigen Regionen und Wirtschaftsbereichen mit zunehmender Globalisierung eine „Erosion“ regionaler Netzwerke und deren Gewicht erkennbar ist, lässt sich gleichzeitig andernorts eine Gegenbewegung beobachten. Das Hervorheben von lokalen und regionalen Stärken wird zunehmend wichtiger für die Überlebensfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen in einer globalen Wirtschaftswelt (Rösch 1998, 40).
Damit Regionen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die aufkommenden Probleme bewältigen können, bedarf es eines ständigen Erneuerungs- und Lernprozesses. Nur durch Innovationsfähigkeit und Kreativität können neue, marktfähige Produkt- und Prozessinnovationen hervorgebracht werden (ebenda, 18f.).
Während die Regionalwissenschaft zur Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region früher hauptsächlich Ausstattungsmerkmale wie Forschungs-, Bildungs- und andere Infrastruktureinrichtungen heranzog, werden seit Mitte der 80er Jahre auch andere Gesichtspunkte in die Untersuchung eingebunden (Peters 2001, 32). Wurde bis dahin der Schwerpunkt zur Erklärung wirtschaftsräumlicher Strukturen häufig auf exogene Einflussfaktoren gelegt, so bildete sich nun eine umgekehrte Herangehensweise. Es entstand der Begriff des innovativen, beziehungsweise kreativen Milieus, mit dessen Hilfe versucht wird Aspekte der Wirtschaftsstruktur einer Region unter Beachtung endogener Einflussfaktoren zu untersuchen.
So soll das kreative Milieu Aufschluss darüber geben, warum manche Regionen innovativer und erfolgreicher sind als andere, im Idealfall vergleichbare Regionen (Fromhold-Eisebith 2001/2002, 269) Bekanntheit erlangte der Begriff des innovativen Milieus 1984 durch die Untersuchungen der französischen Forschergruppe GREMI (Groupe de Recherche Européen sur les Milieux Innovateurs). Die GREMI hat es sich zur Aufgabe gemacht die Ursachen für unterschiedliche Innovationsfähigkeit und wirtschaftlichen Erfolg von Regionen zu beleuchten und solche Regionen mit innovativ-kreativem Milieu zu identifizieren (Fromhold-Eisebith 1995, 30f.). Dabei liegt der Forschungsschwerpunkt der GREMI-Gruppe auf dem Aufzeigen von endogenen Merkmalen die bei einem Vorhandensein eines kreativen Milieus ein dichtes, informelles Kontaktnetzwerk regionaler Akteure mit sozialen und persönlichen Beziehungen, eine hohe Lernfähigkeit und ein gemeinsames, selbst-bewusstes Image mit gemeinsamen Zielvorstellungen voraussetzen.
„Das kreative Milieu ist ein regionales System persönlicher Beziehungen von Akteuren unterschiedlicher Bereiche, das von gemeinsamen Leitbildern und Zielen geprägt ist. Die Menschen und ihr soziales Verhalten, ihre Sympathien und persönlichen Präferenzen bilden die Substanz eines kreativen Milieus“ (Fromhold-Eisebith 1999, 168).
Was mit den Forschungsansätzen der GREMI begann, fand seine Fort- setzung bis heute durch eine Generation neuer Forscher, welche den Milieuansatz in vielen Details verbessert und erweitert haben. Eine genaue Unterscheidung des Milieus als solchem und den Umständen, die es zu einem kreativen Milieu werden lassen ist durch die hohe Anzahl an Veröffentlichungen mit zum Teil unterschiedlicher Bewertung schwer zu definieren (Fromhold-Eisebith 1995, 32).
Nicht alle erfolgreichen Regionen verfügen gezwungenermaßen über ein kreatives Milieu. Manche Regionen „arbeiten in einem Netz von Wettbewerb/ Kooperation, innovieren aber nicht; andere innovieren ohne erkennbare lokale Kooperation“ (Crevoisier 2001, 251).
In dieser Hausarbeit soll nun im Folgenden näher auf die einzelnen Faktoren eines kreativen Milieus eingegangen werden. Nach einer Klärung der grundlegenden Begrifflichkeiten soll am Ende dieser Arbeit an konkreten Beispielen aufgezeigt werden, wie und in welcher Form sich kreative Milieus verorten lassen und welche Gegebenheiten eher gegen die Ausbildung eines solchen Milieus wirken.
2. Grundlegende Begriffe
2.1. Kreativität und Innovation
Für die Entstehung von Kreativität ist ein intensiver Austausch zwischen informellen, sozialen und persönlichen Kontakten förderlich. Die Verarbeitung von Informationen aus unterschiedlichen Quellen bildet häufig die Grundlage für „Inspiration, Ideen sowie kollektive Lernprozesse“ (Fromhold-Eisebith 1995, 37).
Der Begriff Kreativität steht laut Duden für „schöpferisch, Ideen habend und diese verwirklichen“ (vgl. Rösch 1998, 21). Die Kreativität ist somit die Grundlage für eine neue Idee, Sache oder Denkweise – eine Innovation.
Nur durch vorherige Kreativität kann eine Innovation erst entstehen. „Kreativität ist damit auch Vorraussetzung von Innovation…“ (ebenda, 21).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Beziehung zwischen Kreativität und Innovation Quelle: Majaro 1988, 7
Bezieht man den Innovationsbegriff auf die wirtschaftliche Ebene, so kann hier zwischen Prozessinnovation (Verbesserung, bzw. Neuerung der Produktionsweise), Produktinnovation (Verbesserung bzw. Neuerung des Produktes) aber auch Innovation einer Organisationsstruktur von Unternehmen unterschieden werden. (ebenda, 22).
Innovation ist also ein dynamischer Prozess in dem Produkte, Prozesse und organisatorische Strukturen entwickelt werden.
Die Interaktionen zwischen den verschiedenen regionalen Akteuren spielen dabei eine Ausschlag gebende Rolle. Der Transfer von Information und Wissen ist für den Innovationsprozess entscheidend (Maillat 1991, 115 f.).
2.2. Der Milieubegriff
Mit der Definition der Begriffe Kreativität und Innovation soll nun das Milieu in dem sich die Akteure, deren Wirtschaftsprozesse und das dazugehörige Umfeld bewegen, genauer erläutert werden.
R. Camagni, einer der Hauptvertreter der französischen GREMI- Forschergruppe beschrieb das Milieu folgendermaßen: “the set, or the complex network of mainly informal, social relationships on a limited geographical area, often determining a specific external “image” and a specific internal “representation” and sense of belonging, which enhance the local innovative capability through synergetic and collective learning process” (Camagni 1991, 3).
Somit ergeben sich folgende, für ein Milieu grundlegende Eigenschaften:
- Ein Netzwerk dichter, informeller und sozialer Austauschbeziehungen auf einer
- räumlich abgegrenzten Einheit mit einem
- selbstbewussten, nach außen getragenem Image, einem
- inneren, milieubezogenen Zugehörigkeitsgefühl, einer daraus resultierenden
- hohen Innovationsfähigkeit, die noch durch eine
- hohe, kollektive Lernfähigkeit unterstützt wird.
Aus diesen Milieueigenschaften lassen sich drei Grundpfeiler erkennen, die zu einer umfassenden Erklärung des kreativen Milieus im Weiteren genauer betrachtet werden sollen:
- Netzwerke
- soziale und informell-persönliche Beziehungen
- Image, mentaler Zusammenhalt und kollektive Zielsetzungen
- Arbeit zitieren
- Christoph Lubbe (Autor:in), 2006, Das kreative Milieu: Konzeptionelle Grundlagen und Beispiele aus Europa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110781