Bourdieu und der soziale Raum

Eine ökonomische Perspektive


Hausarbeit, 2004

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Glossar

Bourdieu und der soziale Raum
1.Einleitung
1.1.Motivation
1.2.Rahmen
2. Grundlagen.
2.1.Sozialstruktur
2.2. Bourdieus Begriffsfeld
2.2.1. Kapitalsorten
Ökonomisches Kapital
Kulturelles Kapital
Soziales Kapital
Symbolisches Kapital
2.2.2. Transformation von Kapital
2.2.3. Die Konstruktion des Sozialen Raums bei Bourdieu
3. Alternative Konstruktion des sozialen Raums
3.1. Kapitalausstattung als Vektor
3.2. Bögen und Bogenabschnitte als Struktur
3.3. Die dritte Dimension
4. Anwendung des Modells
4.1. Symbolisches Kapital
4.2. Soziale Ungleichheit
5. Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Der soziale Raum mit den drei Kapitaldimensionen

Abb. 2: Der Kapitalvektor geht vom Koordinatenursprung zur Position im sozialen Raum

Abb. 3: Sektoren im sozialen Raum

Abb. 4: Die grauen Pfeile auf der öK-kK-Ebene entsprechen den Vektoren in Abbildung 2

Abb. 5: Der soziale Raum mit Kapitalrichtungsnetz auf der Isokapitalschale

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zitierweise

Die Angabe der Quelle erfolgt in Kurzform bei Zitaten direkt im Text, bei Verweisen in der Fußnote. Bei den Quellenangaben im Text wird der Name des Autors, wenn im Text mehrere Quellen des selben Autors zitiert wurden, das Erscheinungsjahr und die Seiten- zahl, im Bedarfsfall durch einen Doppelpunkt von der Jahreszahl getrennt, in einer Klam- mer angegeben. Die Klammer beginnt bei den Verweisen erst hinter dem Autorenname

Den genauen Titel der Quelle, Erscheinungsort und Verlag bzw. die Internetadresse finden Sie im Literaturverzeichnis auf Seite 26f. Im nachfolgenden Glossar habe ich auf die An- gabe der lexikalischen Quellen verzichtet.

Bourdieu und der soziale Raum

1. Einleitung

1.1. Motivation

Die Beziehung zwischen den Wissenschaften Ökonomie und Soziologie ist gestört. Die einen beschäftigen sich mit dem Rationalen, der Maximierung des eigenen Nutzens. Die anderen sagen, das würde nicht reichen, um die Gesellschaft und deren Prozesse zu erklä- ren - und dann entbrennt ein Streit darum, wer nun Recht habe. Genau genommen ist die- ser Streit einer um die definitorische Herrschaft innerhalb der Gesellschaftswissenschaften.

Wenn immer Kalkül und sparsamer Umgang – auch mit gesellschaftlichen Ressourcen – diskutiert werden, bildet sich sofort die Front zwischen scheinbaren Zerstörern und Bewah- rern des Sozialen, also die Ökonomen gegen die Soziologen. Da man aber nur bewusst rational anwenden kann, was man durchschaut, könnte die Soziologie einen wesentlichen Beitrag zu den Grundlagen, der Materie des Berechenbaren leisten, so sie denn will, denn jeden Funktionszusammenhang des Sozialen, den die Soziologie aufdeckt, gibt sie der rati-onalen Anwendung im eigenen Sinne preis.1

Vielleicht verhalten sich Soziologie und Ökonomie wie Subjektivismus und Objektivismus bei Bourdieu. Vielleicht fehlt es einfach an einer Sprache, die beide verstehen, vielleicht fehlt auf beiden Seiten der Wille und die Bereitschaft sich zuzuhören. Vielleicht ist es nur der feine Unterschied zwischen Diskreditierung und Ergänzung, der diese Verständigung vernebelt.

Nun ist es ein gewagtes Vorhaben, diesen giftgrünen Nebel mit Bourdieu zu vertreiben, da er in seinen späteren Jahren einer der lautesten Protagonisten dieser Front war. Dabei ist seine „Ökonomie der Praxis“ ein Ansatz zur Verständigung: „Denn es ist ein grundlegen- des Axiom der » allgemeinen Wissenschaft der Ökonomie praktischer Handlungen (...), alle Handlungen, und selbst noch jene, die sich als interessenlose oder zweckfreie, also von der Ökonomie befreite verstehen, als ökonomische, auf die Maximierung materiellen oder

symbolischen Gewinns ausgerichtete Handlungen zu begreifen.«“ (Müller 1997: 257)2

Bourdieu liefert also einen breiteren Begriff von „Ökonomie“, wie er auch bei den Wirt- schaftswissenschaften Verwendung finden könnte.

Mit einem Ansatz zur Sozialstruktur, möchte ich im Folgenden die Erkenntnisse, die Bour- dieu in seinem Klassenmodell des sozialen Raums zusammengefasst hat, in die Sprache der Ökonomie übersetzen. Dabei kann ich zum einen eine weitere Kapitalsorte einfügen und ein Rahmen für die empirische Konkretisierung der Kapitalsorten vorstellen. Zum an- deren soll darin ein Ansatz für eine neue, umfassendere mikroökonomische Theorie (nicht als Invasion sondern als Annäherung verstanden) gesehen werden. Die Bereitschaft einen gemeinsamen Weg einzuschlagen kann ich, ganz Volkswirt, nur voraussetzen oder „als gegeben annehmen“.

1.2. Rahmen

Bourdieu ist trotz seiner umfassenden wissenschaftlichen Arbeit in Deutschland erst be- kannt geworden, als er sich mit der „Invasion des Neoliberalismus“ beschäftigte, bei der

„die Höllenmaschine“ der wirtschaftlichen Logik die Logik der anderen Felder zu überla- gern drohte.3 Er hat sich damit auf die wissenschaftliche und öffentliche Konfliktlinie So- ziologie-Ökonomie eingelassen, nachdem ihn viele Jahre lang die berechtigten Zweifel zurückgehalten haben: kann ein Soziologe etwas über Ökonomie sagen oder erfahren wir bei dem Versuch nur etwas über seine Beziehung zur Ökonomie?

Die Annahme, die Menschen handeln so, dass sie ihren Nutzen bei gegebenen Mitteln ma- ximieren entspricht der Vorstellung, Menschen würden versuchen, mit dem was sie haben glücklich zu sein – es klingt nur anders.4 Der Schritt, die Menschen könnten ihr Verhalten voll bewusst und frei von äußeren Zwängen in den Dienst dieser Maximierung stellen, ist aber einer zuviel. Zur Frage, ob diese Zwänge als „Kontextfaktoren“ (Müller 1997: 252), Nebenbedingungen oder als exorbitante Kosten zu betrachten sind, kann Bourdieu einiges beitragen. Die meines Erachtens wichtigeren Einschränkungen sind einerseits Informati-

onsdefizite, der Umgang mit Risiko oder langfristige Überlegungen, deren Rationalität man nur mit ungeheuren mathematischen Formeln und Axiomen bestimmen kann, und andererseits unbewusste Denkprozesse. Auch hier kann Bourdieu erklären und der ökono- mischen Theorie auf die Sprünge helfen. Diese Fragen sollen hier aber nicht explizit besprochen werden. Es geht um einen ersten Schritt, um eine methodische Basis, für eine wirtschafts-sozialwissenschaftliche Betrachtung von Gesellschaft.

Bourdieu konstruiert Klassen nach jeweils ähnlicher Verteilung von Kapital. Das betrifft sowohl die absoluten (Kapitalvolumen) als auch die relativen (Kapitalstruktur) Unter- schiede. Die dritte strukturierende Variable ist die der sozialen Laufbahn.

Nach der Einführung in die Begriffe Bourdieus werde ich dessen Konstruktion des sozialen Raums und der Klassen vorstellen und Bourdieus Begriffe für eine Neukonzeption des sozialen Raums, verstanden als Ansatz zur Sozialstruktur, interpretieren. Die Ökonomie bietet dafür eine mathematische Infrastruktur, in der dieser soziologische Gegenstand gut konstruiert werden kann. Diese Infrastruktur besteht aus der Darstellung dreidimensionaler Räume und ihrer Beschreibung mit Isoquanten, Vektoren und Varianzen.

2. Grundlagen

2.1. Sozialstruktur

Die innere Struktur eines Ganzen ist dessen Gliederung in relevante Teile und die Bezie- hung zwischen diesen Teilen. Die Relevanz der Teile der Sozialstruktur wird durch die jeweilige Fragestellung bestimmt. Die Möglichkeit von (Chancen-)Gerechtigkeit, das Ausmaß an sozialer Ungleichheit oder die Überprüfung von Thesen wie die Individualisie- rungsthese von Ulrich Beck können solche Fragestellung sein.

„Am Anfang aller Soziologie“ habe jedoch „die Frage nach der Existenz und Existenzwei- se der Kollektive“ (Bourdieu 1991: 40) zu stehen, meint Bourdieu. Bei den Gruppen, Klas- sen, Milieus, Schichten und Ständen, die Sozialstrukturanalytiker konstruieren, „ist an der Differenz zwischen realen Gruppen und den aus dem sozialen Raum herauspräparierten Klassen [...] festzuhalten“ (Bourdieu 1991: 12). Die realen Gruppen sind als „historisch ausgeprägtes System gesellschaftlicher Ordnungen und Grundinstitutionen“ (Zapf 243) zu verstehen und somit ist „in jedem Einzelfall die historische Arbeit zu rekonstruieren, aus der die sozialen Gliederungen wie deren Gesellschaftsbilder hervorgegangen sind“ (Bour- dieu 1991: 36).

Die Dauerhaftigkeit, Kontinuität oder Stabilität, mit der einige Autoren Sozialstruktur de- finieren, ist relativ, weil sie „Produkt der Geschichte [ist] – und damit (wie schwer auch immer) historisch veränderbar“ (Bourdieu 1991: 37). Die Art und Weise der Veränderlich- keit von Sozialstruktur muss demnach Teil einer Darstellung von Sozialstruktur sein.

Für die Konstruktion der Gesellschaftsteile wurden verschiedene Kategorien gefunden:

- die demographische Grundgliederung
- die Verteilung zentraler Ressourcen
- (Erwerbs-)Tätigkeit und Bildungsstand
- Lebensstil5 und Konsumneigung u.a.

[...]


1 Vgl. Bourdieu (1993: 207 ff). Näheres dazu unter2.2.1, Absatz Symbolisches Kapital.

2 Müller zitiert hier Bourdieu (1979:356 f).

3 Siehe dazu vor allem: Bourdieu (1998 a).

4 Für eine „Ökonomie des Glücks“ siehe Müller (2004).

5 Vgl. Geißler (116 ), der darunter „soziopolitische und soziokulturelle Mentalitäten“ versteht.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Bourdieu und der soziale Raum
Untertitel
Eine ökonomische Perspektive
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Veranstaltung
Bourdieu - eine Einführung
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
32
Katalognummer
V110855
ISBN (eBook)
9783640185726
ISBN (Buch)
9783640337293
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bourdieu, Raum, Bourdieu, Einführung
Arbeit zitieren
Sven Sygnecka (Autor:in), 2004, Bourdieu und der soziale Raum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110855

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