Das Buch „Integration und Sonderpädagogik“ ist die Dokumentation von Beiträgen verschiedener Dozentinnen und Dozenten, die vom 4. bis 6. Oktober 1990 - im Rahmen der 27. Arbeitstagung der Saarbrücker Arbeitseinheit Sonderpädagogik - zum eben genannten Rahmenthema referierten. Das Rahmenthema greift aktuelle Entwicklungen im deutschen wie im internationalen Bildungswesen auf und eignet sich zur Weiterentwicklung der (sonder-) pädagogischen Förderung behinderter und nichtbehinderter Schüler(innen).
Inhaltsverzeichnis
1.) Übersicht/Gliederung
2.) Darstellung des Inhalts und Hauptthesen
Teil 1: Grundlagen der Integration von Menschen mit Behinderungen“
Teil 2: Integration im Elementarbereich
Teil 3: Integration im schulischen Bereich
3.1. Flächendeckende Ansätze gemeinsamer Unterrichtung
3.2. Regionale Entwicklungen und konkrete Erfahrungen
3.4. Integrationsorientierte Ergänzungen der Studien- und Ausbildungsordnungen
4.) Integration im außer- und nachschulischen Bereich
5.) Integration in europäischen Nachbarländern
6.) Persönliche Einschätzung zu dem Buch
1.) Übersicht/Gliederung
Das Buch „Integration und Sonderpädagogik“ ist die Dokumentation von Beiträgen verschiedener Dozentinnen und Dozenten, die vom 4. bis 6. Oktober 1990 - im Rahmen der 27. Arbeitstagung der Saarbrücker Arbeitseinheit Sonderpädagogik - zum eben genannten Rahmenthema referierten. Das Rahmenthema greift aktuelle Entwicklungen im deutschen wie im internationalen Bildungswesen auf und eignet sich zur Weiterentwicklung der (sonder-) pädagogischen Förderung behinderter und nichtbehinderter Schüler(innen).
Nach einer Einleitung von Helmut Reiser, ist das Buch in folgende 5 Hauptteile gegliedert:
1. Grundlagen der Integration von Menschen mit Behinderungen
2. Integration im Elementarbereich
3. Integration im schulischen Bereich
Flächendeckende Ansätze gemeinsamer Unterrichtung
Regionale Entwicklungen und konkrete Erfahrungen
Integration in der Sekundarstufe
Integrationsorientierte Ergänzungen der Studien- und Ausbildungsordnungen
4. Integration im außer- und nachschulischen Bereich
5. Integration in europäischen Nachbarländern
2.) Darstellung des Inhalts und Hauptthesen
Den Einstieg der Diskussion macht Helmut Reiser. In seinem Beitrag „Wege und Irrwege zur Integration“ definiert er Integration als psychisches und soziales Ziel. Als Voraussetzungen für erfolgreiche Integration nennt er einerseits Gleichberechtigung und andererseits Akzeptanz der Unterschiede. Reiser besagt dass es in Bezug auf Integration 2 Hauptrichtungen von Irrwegen gibt. Der 1. Irrweg bestehe darin, Grenzen und Hindernisse für unüberwindbar zu halten und voreilig zu kapitulieren. Der 2. Irrweg bestehe darin, dass davon ausgegangen wird, das Bildungssystem über die Sonderpädagogik ändern zu können. Außerdem besagt Reiser dass integrativer Unterricht von selbst entsteht, wenn gemeinsam geplant, gearbeitet und erlebt wird.
Er führt projektorientierte Unterrichtssequenzen als auch den methodischen Wechsel von gruppenorientierten und individualorientierten Arbeitsformen als Gestaltungsmöglichkeiten an. Reiser setzt sich anschließend mit Lebensräumen und Lebensentwürfen behinderter Jugendlicher auseinander und führt betreute Wohngruppen sowie Behindertenwerkstätten an, welche die behinderten Jugendlichen auf ein unabhängiges leben von ihren Herkunftsfamilien vorbereiten sollen.
Teil 1: Grundlagen der Integration von Menschen mit Behinderungen“
Den 1.Teil des Buches, nämlich „Grundlagen der Integration von Menschen mit Behinderungen“, beginnen Wolfgang Schrader, Manfred Jödecke und Andre Zimpel mit ihrem Beitrag „Rehistorisierung von Entwicklungsbesonderheiten aus tätigkeitstheoretischer Sicht“. Die Autoren beziehen sich auf Wygotskis Theorie über das menschliche Bewusstsein und auf Leontjews tätigkeitstheoretischen Ansatz. Es erfolgt bei der Rehistorisierung eine Rekonstruktion wesentlicher Knotenpunkte zwischen Lernen und Entwicklung. Wichtig dabei ist die Gegenstandsanalyse d.h. das Bewusstwerden von Bereichen des eigenen Weltbild (dies setzt die Kommunikation und Kooperation mit einem Behinderten voraus).
In seinem Beitrag „Integration behinderter Schüler und Schülerinnen auf ökosystemischer Grundlage“ besagt Alfred Sander dass die Ausgliederung von Behinderten vermieden werden muss und dass sie integrativ in Regelschulen mit sonderpädagogischer Unterstützung unterrichtet werden sollen. Eine Grundlage dafür sei ein ökologisch orientierter systemischer Ansatz bzw. „Kind-Umfeld-Ansatz“. Das „Kind-Umfeld-System“ muss pädagogisch so gestaltet werden dass das Kind besser integriert und weniger behindert ist. Die Behinderung durch Integration zu vermindern ist nämlich Auftrag der Integrationspädagogik. Vor allem aber sei es wichtig Lehrerinnen und Lehrern das ökosystemische Konzept nahe zu bringen, um Kinder mit Schädigungen erfolgreich integrieren zu können.
Rudi Krawitz geht in seinem Beitrag „Pädagogische Praxis statt Sonder-Schule. Plädoyer für einen vernünftigen Umgang miteinander“ vorerst auf die unangemessene Reduktion von Pädagogik auf Didaktik und Therapie ein. Er besagt dass die Pädagogik in ihrer historischen Entwicklung institutionell weitgehend auf Didaktik reduziert wurde.
Treten in der Schule heute pädagogische Probleme auf, wird nach Therapie verlangt. Krawitz weist darauf hin dass es neben den Interventionsformen Didaktik und Therapie, in den letzten Jahre aber noch mehr Techniken entwickelt haben wie etwa Logopädie, Spieltherapie, kognitive Verhaltensmodifikation etc. Krawitz ist der Auffassung dass es wichtig wäre der Pädagogik einen anderen Stellenwert im Klassenzimmer zuzuschreiben um somit therapeutische Maßnahmen reduzieren zu können. Die Orte pädagogischer Praxis sind neu zu definieren und die Aufgaben pädagogischer sind anzunehmen.
Ernst Begemann bezieht sich in seinem Beitrag auf „Ziele und Aufgaben einer integrierenden Schule“. Aufgabe einer integrierenden Schule sei dass jeder sich für ein menschlich gleichwertiges Leben in der Gesellschaft befähigen können muss. Außerdem muss jeder das lernen können was er sonst nicht selbstverständlich an anderen Orten lernen kann. Weitere Aufgabe sei die Vorbereitung auf die Teilnahme am Gesellschaftsleben (berufliche und soziale Integration) und die Erfahrung und Befähigung mit Menschen zu leben die anders sind als man selbst. Behinderten muss Bildung vermittelt werden, die Teilnahme am Unterricht in Regelschulklassen ermöglicht werden. Auch Friedenserziehung und Erfahrungen mit Schwerstbehinderten nennt Begemann als Aufgabe gesellschaftlichen Lernens in einer integrierenden Schule. Als Integrationsziel nennt Begemann das Anrecht aller auf gleichwertiges Leben, sowie Mündigkeit, Emanzipation und Selbstbestimmung. In einem weiteren Beitrag von Begemann, diskutiert er die „Bedingungen des Lernens in einer Integrierenden Schule“. Als wichtigste Bedingung nennt er die Teilnahme (das akzeptiert werden als gleichwertiges Glied in der Mit- und Umwelt). Wichtige Aspekte dabei seien Zugehörigkeit, Geborgenheit, Identifizierbarkeit mit der Gruppe sowie Mitverantwortung und Übertragung von Aufgaben.
Armin Müllers Beitrag trägt den Namen „ Der heilpädagogische Beitrag der Pädagogik Maria Montessoris zur Frage gemeinsamer Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder“. Müller betont dass mit Montessori Pädagogik alle Probleme der gemeinsamen Unterrichtung völlig unterschiedlicher Kinder beantwortbar ist, denn Montessori Pädagogik ist integtrativ, offen und flexibel. Müller betont auch dass Kurse zum individuellen Lernen nach Montessori integraler Bestandteil der Lehreraus- und Fortbildung werden sollten.
Teil 2: Integration im Elementarbereich
In ihrem Artikel „Heilpädagogische Begleitung im Kindergarten“ besagen Andrea Burgener Woeffray, Elisabeth Jenny-Fuchs und Regula Jungo dass jedes Kind ein ganzheitlich, sich entwickelndes Wesen ist und dass jedes Kind einen Anspruch auf eine ihm angepasste Förderung hat. In Bezug auf entwicklungsauffällige Kinder, kann der Kindergarten der 1. Ort sein, wo es zu deren Ausschluss kommen kann. Darum ist eine heilpädagogische Begleitung erwünschenswert um dem Kind die Gelegenheit zu geben in Lebens- und Lernzusammenhänge einbezogen zu sein. Es wird darauf hingewiesen dass Integrationsversuche im Kindergarten, Vorteile für entwicklungsauffällige Kinder zeigt. Integration bietet ihnen günstigere Entwicklungschancen.
Damit Integration im Kindergarten erfolgreich stattfinden kann, bedarf es folgender Rahmenbedingungen: Die Kindergartengruppe darf nicht zu groß sein. Ein großer Gruppenraum ist erforderlich. Es muss eine flexible Handhabung der Präsenzzeiten möglich sein. Kindergärtnerinnen müssen dazu bereit sein jedes Kind aufzunehmen. Ein Zwei-Pädagoginnen-System. Zusammenarbeit zwischen Kindergärtnerinnen und Heilpädagoginnen. Supervision.
Monika A. Vernooij besagt in ihrem Beitrag „Gesichtspunkte für die Fort- und Weiterbildung von Mitarbeitern in integrativen Gruppen im Elementarbereich“ dass die veränderten pädagogischen Anforderungen, ein verändertes Qualifikationsprofil verlangen. Dazu werden Fort- und Weiterbildung für Erzieher und Heilpädagogen notwendig. Die veränderten pädagogischen Anforderungen werfen neue Fragen auf, nämlich:
Fragen zur Erweiterung des Grundlagenwissens (pädagogisch-psychologische Grundlagen), Fragen der Konzeptentwicklung, Fragen zur Erweiterung (sonder-) pädagogischer Handlungskompetenzen, Fragen zur Teamarbeit und Teamfähigkeit, Fragen zur Elternarbeit und Fragen zum Selbstverständnis und zur eigenen Psychohygiene.
Teil 3: Integration im schulischen Bereich
3.1. Flächendeckende Ansätze gemeinsamer Unterrichtung
Heinz Bach berichtet in seinem Beitrag über Konzept, Praxis und Probleme einer realistischen, flächendeckenden weitmöglich integrierten Förderung beeinträchtigter Schüler. Als Ziel des Konzeptes nennt er eine möglichst Komplexe Förderung beeinträchtigter Schüler, was auch zur Zufriedenheit ihrer Familien führt. Auch eine veränderte Sichtweise der Regelschulen gegenüber beeinträchtigter Schüler führt Bach als Ziel an. Bach fährt fort und unterscheidet zwischen verschiedenen Stufen der Förderung (Förderung durch den zuständigen Regellehrer, Förderung bis zu 2 Stunden durch einen Förderlehrer, Förderung von 3-6 Stunden durch einen Förderlehrer, Überweisung an die Förderschule wenn die gegebene Förderung nicht ausreichend ist). Als Problem des Konzepts führt Bach Kooperationsprobleme bezüglich Schwerpunktfindung und Normvorstellung an. Das Konzept birgt aber auch die Gefahr der Diskriminierung von Schüler durch häufiges Herausnehmen aus dem Unterricht oder Zuweisung zu bestimmten Fördergruppen. Ein weiteres Problem stellen die Auswirkungen von Fördermaßnahmen auf die betroffenen Schüler dar (z.B. Anpassungsdruck).
Ernst Begemann stellt in seinem Beitrag „Die wohnortintegrierte Schule als Modell einer integrierenden Schule“ ein weiteres Konzept vor. Er sieht dieses Konzept als Lösungskonzept für das Problem des gemeinsamen Lebens und Lernens von „Behinderten“ und „Nichtbehinderten“.
Die wohnortintegrierte Schule bezieht sich auf alle Vollzeitschulpflichtigen und soll eine Schule sein, die das Lernen im Zusammenhang mit den Lebensbeziehungen und Erfahrungsräumen der Schüler deckt. Sie dient der Übernahme von Aufgaben, gemeinsames Feiern, Spielen, Gespräch aber auch der Gelegenheit zu Besinnung und Ruhe. . Sie ermöglicht „Behinderten“ bessere Kontaktmöglichkeiten mit Altersgenossen des Wohnbezirkes und sie soll Schulwege verkürzen sowie Fahrtkosten vermindern. Mitmenschliche (sonder-) pädagogische Hilfe erfolgt in der wohnortintegrierten Schule als Lernbegleitung, Beratung und Fürsorge. Begemann führt in weiterer Folge Beispielskizzen wie „die geschützte Bushaltestelle“, „gemeinsamer Einkauf“, „Einsätze zur Erhaltung der Umwelt“ an. Er sieht die wohnortintegrierte Schule als offene Schule für Eltern, Fachleute oder auch andere Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Schule kann nachmittags, abends und in den Ferien genutzt werden. Sie kann aber auch als kultureller Mittelpunkt eines Gemeinwesens Funktion übernehmen. Sie wird zu einem demokratischen Lernort und kann ebenso Freizeitort sein.
Klaus Christ äußert sich im Anschluss zu „Chancen und Probleme der landesweiten Förderung schulischer Integration im Saarland“. Es handelt sich hierbei um keinen Schulversuch sondern um eine schulgesetzlich und verfahrensrechtliche Bestimmung, in der Grundlagen wie das Kind- Umfeld-System, das Wohnortprinzip und das Freiwilligkeitsprinzip enthalten sind. Christ weißt darauf hin dass die Vorstellung von Integration bei den Beteiligten und Verantwortlichen sehr heterogen kommt und dass es in Hinsicht auf integrativen Unterricht immer wieder zu Missverständnissen kommt. Christ schätzt das Reformvorhaben im Saarland aber trotzdem als positiv ein und sieht gute Chancen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung. Es besteht dennoch ein großer Bedarf an Unterstützung und Beratung.
In weiteren Beiträgen berichten Ulf Preuss- Lausitz über „Ansätze flächendeckender Integration in West- Berlin und Erfahrungsrückstand in Ost- Berlin“ und Klaus Dietrich Große über „Schulische Integration in der DDR“.
3.2. Regionale Entwicklungen und konkrete Erfahrungen
Dagmar Meyer berichtet über „Rehabilitative Verhaltenserziehung auf dem Gebiet der schulischen Integration“. Sie verweist dabei an den Wissenschaftsbereich Rehabilitationspädagogik an der Martin- Luther- Universität halle Wittenberg. Rehabilitative Verhaltenserziehung ist ein Schwerpunkt auf dem Gebiet der schulischen Integration, welche die Wechselwirkung sozialer, biotischer und psychischer Faktoren in der Persönlichkeitsentwicklung behinderter Kinder berücksichtigt. Bei Menschen mit Behinderungen entwickelt sie außerdem Grundlagen für die innere Beziehung zu sich selbst und ihrer Umwelt. Rahabilitative Verhaltenserziehung ist außerdem ausgerichtet auf das aktive Einbezogensein und Kommunikation.
Klaus- B. Günther zeigt in seinem Beitrag „Spezifische Probleme bei der Integration gehörloser Kinder und Jugendlicher“ auf. Versuche in Bezug auf die Integration gehörloser Kinder und Jugendlicher stoßen auf besondere Schwierigkeiten und Widerstände. Günther wirft die Frage auf ob die bisherigen Integrationsbemühungen den besonderen Sozialisations- und Lebensbedingungen Gehörloser wirklich gerecht wird. Günther zeigt Überlegungen zur Möglichkeit einer bisozialen Integration auf und kommt auf die Gebärdensprache zu sprechen. Die Möglichkeit die Gebärdensprache in den Integrationsunterricht aufzunehmen wurde sehr wohl diskutiert, Günther meint aber dass die positiven Integrationserfahrungen verloren gehen können wenn gehörlose Kinder andauernd in der behinderungsbedingt besonders schwachen Lautsprache gefordert werden. In der Schriftsprache liegen laut Günther bislang ungenutzte Möglichkeiten.
Helga Voit bezieht sich in ihrem Beitrag „ Unterschiedliche Aspekte der sozialen Integration Gehörloser- Pädagogische Konsequenzen“ ebenfalls aus die Integration gehörloser Kinder und Jugendlicher, sowie Peter Raidt in seinem Beitrag „Die Unterrichtung hörgeschädigter Schüler/ innen- Eine Auseinandersetzung mit einem BDT- Positionspapier“.
Etta Wilken berichtet im Anschluss über „Möglichkeiten und Probleme des integrativen Unterrichts- unter besonderer Berücksichtigung der geistigbehinderten Schüler“. Sie bezieht sich dabei auf Schulversuche in Niedersachsen und führt verschiedene Rahmenbedingungen an (neben dem Klassenraum ein eigener Gruppenraum, Doppelbesetzung während des Unterrichts durch Erzieher oder Sonderschullehrer). Wilken weist darauf hin dass es bei Sonderschullehrern oft zu Rollenkonflikten komme, und zwar dann wenn sie zu Therapeuten umfunktioniert werden sollen. Im Mittelpunkt des Unterrichtes sollen aber nicht die Behinderungen stehen sondern die Schüler mit ihren Interessen, ihrem Können und ihrem Wissen. Wilken weist auf die Problematik des integrativen Unterrichts in Bezug auf Kinder mit Down- Syndrom hin. Sie besagt dass die bei dieser Behinderung mögliche große Heterogenität im Lernen, in der Leistung und im Verhalten, die Aussagefähigkeit positiver Erfahrungen begrenzt. Aufgrund des Freiwilligkeitsprinzip mussten Eltern oft Ablehnung erfahren und viele Schulversuche konnten nicht starten. Auch die Schulreife spielt bei der aufnahme in Integrationsklassen eine große Rolle. Außerdem stellt sich oft die Frage nach Integration oder Sonderschulbedürftigkeit. Wilken weist in ihrem Bericht auch auf heterogene Lerngruppen und aufbauende Didaktik hin.
3.3. Integration in der Sekundarstufe
Anne Hildeschmidt befasst sich in ihrem Beitrag „Integration in der Sekundarstufe“ mit. „Wahrnehmung und Bewertung von Übergang und Integration aus Schüler/innen- und Elternsicht“. Ob ein Übergang gelingt oder misslingt, hängt laut Hildeschmidt von folgenden 3 Bedingungen ab: von der wahrgenommenen Situation, von effektiven Bewältigungsversuchen und von der wahrgenommenen situativen Unterstützung. Die Integration behinderter Kinder in die Sekundarstufemuss als Innovationsphase bezeichnet werden. Familie, Sonderschule oder Schulaufsichtsbehörde bestimmen die quantitativen Veränderungen mit. Die Übergänge geschehen nicht plötzlich sondern vorhersagbar. Dies ist belastungsmildernd. Hildeschmidt kommt auch auf Universalität, Zeitpunkt, Lokalisierung und Kontrollierbarkeit zu sprechen. Sie berichtete auch von Bewältigungsprozessen die von den Familien der Betroffenen angesichts der Übergänge unternommen werden (konkrete Bewältigungsschritte, kognitive Handlungen/Antizipationen, Wahrnehmung von Barrieren).
Hildeschmidt besagt außerdem dass erste Bilanzierungen zum Übergang und zur Integration aus Elternsicht positiver als aus Schülersicht ausfallen.
3.4. Integrationsorientierte Ergänzungen der Studien- und Ausbildungsordnungen
In ihrem Beitrag „Überlegungen und Konzepte zur Aus- , Fort- und Weiterbildung von Pädagogen in integrativen Einrichtungen“, präsentiert Monika A. Vernooij die Auswertung einer Befragung bundesdeutscher Studienstätte, wobei 4 von 16 Studienstätten nicht geantwortet haben. Die meisten Studienstätten arbeiten an Ausbildungs- Konzeptionen und befinden das Thema Integration als sehr wichtig. Einige Studienstätten ,z. B. München, planen jedoch keine speziellen Lehrgänge zum Thema.
4. Integration im außer- und nachschulischen Bereich
Sabine Karges Beitrag trägt den Namen „Zum Studium für Freizeitrehabilitationspädagogen unter mehrdimensionalen integrativen Aspekten“. Sie bezieht sich dabei auf die Ausbildung von Rehabilitationspädagogen an der Martin Luther- Universität Halle Wittenberg, die es seit 1949 gibt. Einen breiten Raum der Ausbildung nahm die Methodik ein. (Methodik der rehabilitativen Denk-, Sprach- und Sinneserziehung, Methodik der rehabilitativen Verhaltenserziehung, Methodik der rehabilitativen Bewegungserziehung). Nach und nach wies die Studienrichtung jedoch Mängel auf. Das Problem liegt auch heute oft noch darin dass die Betroffenen während der Schul- und Berufsausbildung von Rehabilitationspädagogen betreut werden, mit dem Eintritt ins 16. Lebensjahr jedoch vielfältig allein gelassen werden. Darum ist der Bedarf an Freizeitpädagogen im Wachsen. Ziel ist die Förderung der Sozialisations- und Integrationsprozesse im Außenunterricht.
Udo Wilken arbeitet in seinem Beitrag „Touristik und Feriengestaltung als Bausteine einer integrativen Sozialdidaktik“, Aspekte des Reisens und der Feriengestaltung heraus. Es soll eine systematische Reisepädagogik entwickelt werden. Kooperations- und Integrationsprojekte in Zusammenhang mit Schulreisen könnten als persönlichkeitsprägende und sozialmotivierende Merkmale der Sozialgestalt von Schulen dienen. Schulreisen sieht Wilken als Erziehungs- und Bildungsmittel. Sie sind positives Element des Schullebens und werden von allen gut aufgenommen.
Wilken meint dass im Hinblick auf Integration sogenannte „Aktiv- Klassenfahrten“ stattfinden sollten. Diese ließen sich folgendermaßen gestalten:
Behinderte sollen mit Gleichbehinderten aus anderen Gegenden einen Schullandheimaufenthalt und somit gemeinsame freizeitpädagogische Aktivitäten unternehmen. Auf diese Weise bestehe die Chance der Durbrechung der Vereinzelung.
Weiters solle eine Koordination mit Schullandheimen zu integrative und kooperative Aufenthalte von behinderten und nichtbehinderten Schulklassen führen. Dies würde soziales Lernen fördern.
Wilken geht außerdem auf die Akzeptanz behinderter Menschen im Urlaub ein. Viele Menschen fühlen sich durch die Anwesenheit behinderter Menschen in ihrem Harmoniebedürfnis gestört. Oft ist dies jedoch auf Verhaltensverunsicherungen zurückzuführen und nicht auf Ablehnung an sich. Darum sei Kompromissbereitschaft und Toleranz gefragt. Reisen, Ferien und Urlaubsbedingungen müssen so gestaltet werden dass behinderte Menschen mit ihren speziellen Bedürfnissen Berücksichtigung finden.
5. Integration in europäischen Nachbarländern
Josef Fragner schildert in seinem Beitrag „Zum Stand der schulischen Integration in Österreich“ die Situation von Integrationsklassen hierzulande. Er besagt dass in Integrationsklassen kaum mehr Frontalunterricht vorgefunden wird. ER bringt einen Rückblick und erklärt dass die 1. Schulversuche in Österreich auf Druck der Eltern initiiert wurden. Dies geschah aber auch mit Hilfe der Medien. Am 9. Juni 1988 genehmigte der Nationalrat „Schulversuche zum gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder“ Im Schuljahr 1989/90 gab es österreichweit 147 integrative Schulversuchsklassen.
Vom Unterrichtsministerium wurden als Rahmenkonzept 3 Modelle vorgeschlagen:
- Modell 1: Integrative Klassen (kein Ausschluss Behinderter)
- Modell 2: Kooperative Klassen (Modell der räumlichen Integration, Verbindung zwischen Sonderschulklassen und Regelschulklassen)
- Modell 3: Klein- oder Förderklassen (zielidentes Integrationsmodell, auch Ausschluss von schwerer behinderter Kinder)
Fragner besagt dass sich nach anfänglichem Festhalten von alten Unterrichtsformen, Lehrer sich nach und nach für die neuen Modelle und Möglichkeiten öffneten.
Beatrix Lumer- Henneböle berichtet mit ihrem Beitrag „Zorgverbreding- zur Aufgabenerweiterung der Basisschule in den Niederlanden“ über die Situation in ihrem Heimatlandes. Die niederländische Basisschule ist konzipiert als eine durchgehende Schule für alle Kinder im Alter von 4 bis 12 Jahren. Grundgedanke ist die Forderung nach mehr Kontinuität für den individuellen Bildungsgang von Schüler/innen. Untrennbar hiermit steht der Begriff „ zorgverbreding“, zu deutsch: Aufgabenerweiterung. Dahinter steht die Forderung nach intensiver Förderung von Kindern mit Lernschwierigkeiten. (Früherkennung und Frühförderung). Obwohl die Basisschule in den ersten Jahren enttäuschende Ergebnisse verzeichnen musste, werden heute doch positive Entwicklungen deutlich.
6.) Persönliche Einschätzung zu dem Buch
Die Beiträge in dem Buch sind umfangreich und gehen sehr ins Detail. Bei manchen Beiträgen sollte bereits ein Vorwissen vorhanden sein um sie verstehen zu können. Viele Beiträge sind von wissenschaftlicher Natur, daher ist das Buch nicht für jedermann geeignet.
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Buch "Integration und Sonderpädagogik"?
Das Buch "Integration und Sonderpädagogik" dokumentiert Beiträge verschiedener Dozentinnen und Dozenten, die im Oktober 1990 im Rahmen der 27. Arbeitstagung der Saarbrücker Arbeitseinheit Sonderpädagogik referierten. Es behandelt aktuelle Entwicklungen im deutschen und internationalen Bildungswesen zur Förderung behinderter und nichtbehinderter Schüler.
Wie ist das Buch gegliedert?
Das Buch ist in folgende fünf Hauptteile gegliedert:
- Grundlagen der Integration von Menschen mit Behinderungen
- Integration im Elementarbereich
- Integration im schulischen Bereich (flächendeckende Ansätze, regionale Entwicklungen, Integration in der Sekundarstufe, Ergänzungen der Studien- und Ausbildungsordnungen)
- Integration im außer- und nachschulischen Bereich
- Integration in europäischen Nachbarländern
Was sind die Hauptthesen in Bezug auf die Grundlagen der Integration?
Integration wird als psychisches und soziales Ziel definiert, das Gleichberechtigung und Akzeptanz der Unterschiede voraussetzt. Es gibt zwei Irrwege: Grenzen für unüberwindbar zu halten und anzunehmen, das Bildungssystem über die Sonderpädagogik ändern zu können. Integrativer Unterricht entsteht durch gemeinsame Planung, Arbeit und Erlebnisse.
Welche Aspekte werden im Bereich der Integration im Elementarbereich behandelt?
Der Kindergarten kann der erste Ort sein, an dem Kinder ausgeschlossen werden. Heilpädagogische Begleitung ist daher wünschenswert. Rahmenbedingungen für erfolgreiche Integration im Kindergarten sind: kleine Gruppen, großer Gruppenraum, flexible Präsenzzeiten, Bereitschaft der Kindergärtnerinnen zur Aufnahme aller Kinder, Zwei-Pädagoginnen-System, Zusammenarbeit und Supervision. Auch Fort- und Weiterbildung der Erzieher und Heilpädagogen im Elementarbereich ist wichtig.
Welche Konzepte werden im schulischen Bereich diskutiert?
Es werden flächendeckende Ansätze (komplexe Förderung, veränderte Sichtweise der Regelschulen), wohnortintegrierte Schulen (Lernen im Zusammenhang mit Lebensbeziehungen) und die Förderung schulischer Integration im Saarland (Kind-Umfeld-System, Wohnortprinzip, Freiwilligkeitsprinzip) diskutiert. Ebenfalls werden rehabilitative Verhaltenserziehung sowie spezifische Probleme bei der Integration gehörloser Kinder und Jugendlicher thematisiert.
Was sind die Herausforderungen bei der Integration in der Sekundarstufe?
Der Erfolg des Übergangs und der Integration hängt von der wahrgenommenen Situation, effektiven Bewältigungsversuchen und situativer Unterstützung ab. Familie und Schule spielen eine entscheidende Rolle. Bilanzierungen fallen aus Elternsicht oft positiver aus als aus Schülersicht.
Welche Aspekte der Integration im außer- und nachschulischen Bereich werden behandelt?
Die Ausbildung von Freizeitrehabilitationspädagogen wird thematisiert. Weiterhin werden Aspekte des Reisens und der Feriengestaltung (Reisepädagogik, Aktiv-Klassenfahrten) sowie die Akzeptanz behinderter Menschen im Urlaub erörtert.
Wie sieht die Situation der schulischen Integration in europäischen Nachbarländern aus (Österreich und Niederlande)?
In Österreich gibt es Integrationsklassen, kooperative Klassen und Klein- oder Förderklassen. In den Niederlanden steht der Begriff "zorgverbreding" (Aufgabenerweiterung) im Mittelpunkt, der eine intensive Förderung von Kindern mit Lernschwierigkeiten fordert.
Wie wird das Buch abschließend eingeschätzt?
Die Beiträge sind umfangreich und detailliert, erfordern aber teilweise Vorwissen. Sie beschränken sich überwiegend auf Deutschland und sind, da aus dem Jahr 1990 stammend, nicht mehr aktuell.
- Quote paper
- Magister Mirja Leutschacher (Author), 2005, Rezension Sander Alfred, Raidt Peter (Hrsg.) "Integration und Sonderpädagogik", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111226