Erst das Frühverrentungsprogramm des RWE brachte offenbar das Fass zum überlaufen:
Arbeitnehmer mit 51 Jahren aus dem Arbeitsleben zu entlassen und den Sozialkassen zu
überantworten; das konnte doch wohl so nicht richtig sein.
Konnte es wirklich so weitergehen, rigoros ältere Arbeitnehmer gleich ob in Fertigung oder
Management durch junge, dynamische Dreißigjährige zu ersetzen? Haben nicht die
freigesetzten Mitarbeiter in ihrer langjährigen Berufspraxis ein Erfahrungswissen erworben,
das jüngere Mitarbeiter gar nicht besitzen können? Haben nicht jene Mitarbeiter in Ihren
Arbeitsjahren auch den technischen Fortschritt und die Änderung von Arbeits- und
Produktionsverfahren mit vollzogen, so dass sie unabhängig von förmlichen
Qualifikationsnachweisen in ihrem Arbeitsgebiet in der Regel auf der H he der Zeit sind?
Gelten Zertifikate mehr als jahrzehntelange Praxis?
Erfahrungswissen wieder gefragt
von Udo Rosowski Erst das Frühverrentungsprogramm des RWE brachte offenbar das Fass zum überlaufen: Arbeitnehmer mit 51 Jahren aus dem Arbeitsleben zu entlassen und den Sozialkassen zu überantworten; das konnte doch wohl so nicht richtig sein.
Konnte es wirklich so weitergehen, rigoros ältere Arbeitnehmer gleich ob in Fertigung oder Management durch junge, dynamische Dreißigjährige zu ersetzen? Haben nicht die freigesetzten Mitarbeiter in ihrer langjährigen Berufspraxis ein Erfahrungswissen erworben, das jüngere Mitarbeiter gar nicht besitzen können? Haben nicht jene Mitarbeiter in Ihren Arbeitsjahren auch den technischen Fortschritt und die Änderung von Arbeits- und Produktionsverfahren mit vollzogen, so dass sie unabhängig von förmlichen Qualifikationsnachweisen in ihrem Arbeitsgebiet in der Regel auf der H he der Zeit sind? Gelten Zertifikate mehr als jahrzehntelange Praxis?
Kein Monteur am Fließband arbeitet heute mehr so wie vor 20 Jahren, kein Mitarbeiter in der Verwaltung sitzt heute noch hinter der Schreibmaschine. Bei Tätigkeiten mit hoher körperlicher Beanspruchung mag eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit feststellbar sein. Längst sollte es aber kein Problem sein, betriebliche Prozesse altersgerecht zu gestalten. Es ist gilt als wissenschaftlich gesichert, dass bei älteren Mitarbeitern bestimmte Fähigkeiten wie Systemdenken und Kooperationsfähigkeit gleich bleiben, andere Fähigkeiten wie Urteilsfähigkeit und Besonnenheit sogar zunehmen.
Erfreulich auch in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass die Unternehmensvorstände einen Erziehungsurlaub für männliche (!) Führungskräfte durchaus befürworten, da die Bewältigung von Kindererziehung und Haushalt als ein wichtiger sozialer Reifungsprozess und förderlich für Teamfähigkeit und Sozialkompetenz angesehen wird.
Kommen wir also weg vom Motto 'jung, dynamisch, rücksichtslos' von Führungskräften, die nach BWL-Studium und zwei Jahren Trainee als Endzwanziger Single weitgehend ohne Lebens- und Berufserfahrung die Geschicke der Unternehmen und damit auch der Mitarbeiter bestimmen?
Altern kann nicht mehr länger nur als negative Veränderung der individuellen Fähigkeiten gesehen werden. Altern muss vielmehr als integrativer Bestandteil der Fähigkeiten und der betrieblichen Kultur eines Unternehmens betrachtet werden.
Altern kann positiv bewältigt werden, wenn alle Möglichkeiten der Arbeitsplatzgestaltung und der Personalentwicklung genutzt werden.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Artikel "Erfahrungswissen wieder gefragt"?
Der Artikel kritisiert die Frühverrentung älterer Arbeitnehmer und die Bevorzugung junger, dynamischer Mitarbeiter ohne Berufserfahrung. Er argumentiert, dass ältere Mitarbeiter wertvolles Erfahrungswissen besitzen und dass Unternehmen altersgerechte Arbeitsplätze schaffen sollten.
Warum wurden ältere Arbeitnehmer in Frührente geschickt?
Ein Beispiel im Text nennt das Frühverrentungsprogramm des RWE, wo 51-jährige Arbeitnehmer entlassen wurden. Der Text deutet an, dass es ein Trend war, ältere durch jüngere Mitarbeiter zu ersetzen, möglicherweise aus Kostengründen oder aufgrund des Glaubens an die Überlegenheit jüngerer Arbeitskräfte.
Welchen Wert hat das Erfahrungswissen älterer Arbeitnehmer?
Der Artikel betont, dass ältere Mitarbeiter durch ihre langjährige Berufspraxis ein Erfahrungswissen erworben haben, das jüngeren Mitarbeitern fehlt. Sie haben den technischen Fortschritt und Veränderungen in Arbeits- und Produktionsverfahren miterlebt und sind daher oft auf dem neuesten Stand, unabhängig von formalen Qualifikationsnachweisen.
Welche Fähigkeiten bleiben bei älteren Mitarbeitern erhalten oder verbessern sich sogar?
Laut dem Artikel bleiben Fähigkeiten wie Systemdenken und Kooperationsfähigkeit bei älteren Mitarbeitern gleich. Urteilsfähigkeit und Besonnenheit können sogar zunehmen.
Was sagt der Artikel über Erziehungsurlaub für männliche Führungskräfte?
Der Artikel begrüßt die Befürwortung von Erziehungsurlaub für männliche Führungskräfte, da die Bewältigung von Kindererziehung und Haushalt als wichtiger sozialer Reifungsprozess angesehen wird, der Teamfähigkeit und Sozialkompetenz fördert.
Welche Kritik übt der Artikel an jungen Führungskräften?
Der Artikel kritisiert Führungskräfte, die nach einem BWL-Studium und einem kurzen Trainee-Programm ohne viel Lebens- und Berufserfahrung die Geschicke von Unternehmen bestimmen.
Wie sollte das Altern im Unternehmen betrachtet werden?
Das Altern sollte nicht nur als negative Veränderung der individuellen Fähigkeiten gesehen werden, sondern als integrativer Bestandteil der Fähigkeiten und der betrieblichen Kultur eines Unternehmens.
Was ist nötig, um das Altern im Unternehmen positiv zu bewältigen?
Es müssen alle Möglichkeiten der Arbeitsplatzgestaltung und der Personalentwicklung genutzt werden, um das Altern positiv zu bewältigen.
Was bedeutet "lernende Unternehmen" im Zusammenhang mit dem Artikel?
Der Begriff "lernende Unternehmen" bezieht sich auf die Notwendigkeit für Unternehmen, umzudenken und das Erfahrungswissen älterer Mitarbeiter wertzuschätzen, anstatt sie vorschnell aus dem Arbeitsleben zu drängen.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Betriebswirt(FH), Dipl.-Verwaltungswirt Udo Rosowski (Autor:in), 2000, Erfahrungswissen wieder gefragt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111288