Bruch mit der Symbolik der Subordination als Chance und Dilemma alternativer Widerstandsbewegungen am Beispiel politischer Agitation von Indern in Natal 1893-1895


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die ‚weiße’ Seite

Die Seite der ‚British Indians’

Der Turban

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Einleitung

Die trotz des Einspruchs von Seiten der Law Society of Natal erfolgreiche Zulassung Mohandas Karamchand Gandhis zum Supreme Court of Natal kann als signifikantes Ereignis bei der Erfassung struktureller Unterstützung indischer politischer Agitation in Südafrika vor dem Ersten Weltkrieg aufgefasst werden. Trotz seiner eigentlichen politischen Irrelevanz können am spezifischen Ablauf dieses Vorgangs externe Kräfte und Strukturen am Werk gesehen werden, die wesentlich über Ausformung von Erfolg oder Misserfolg einer non-violent non-cooperative civil disobedience mitentscheiden. Sowohl für die Re- und Dekon­struktion der Anwendung dieser Strategie als auch für die Frage der Anwendbarkeit in ge­genwärtigen Konflikten ist deren Offenlegung essentiell.

Dieses somit funktionell abgegrenzte Ereignis selbst fand am 3. September 1894 in der Kolonie Natal statt, dem Teil Südafrikas, der zu diesem Zeitpunkt zum britischen Reich ge­hörte, welches sich in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wie die meisten westeuro­päischen Industriemächte in einer Neuausrichtung seines imperialen Selbstverständnis befand. Konstruiert man die Geschichte Europas im 19. Jahrhundert als Kampf liberaler, bürgerlich-freiheitlicher Kräfte mit der Zielvorstellung einer aufgeklärten, rechtsstaalich-demokratischen und technologisierten Welt gegen das konservative Erbe, so erscheinen diese letzten Jahr­zehnte als eine Abfolge von bitteren Kränkungen, als Zusammenbruch humanistisch-missio­narischer Ideale, als rechtsnationalistische Aufhebung ökonomischer freier Entfaltung, als biologistische Anfechtung eines liebgewordenen Menschenbildes und als ständige Abfolge von radikalen Herausforderungen von Seiten der politischen Pole sowie der sozial und kultu­rell ‚Anderen’ (vgl. Meyer 1991, 27-31).

Aus britischer Sicht ergaben sich durch die staatliche Neuordnung nach 1871 neuartige außenpolitische Aufgaben und Möglichkeiten, die innenpolitischen Anforderungen zu bewäl­tigen, darunter die sozialen und ökonomischen Folgen der Industrialisierung; sie mündeten in einem verstärkten Bedürfnis nach Ressourcen überseeischer Kolonien. Eine Widerspiegelung der neuen Auffassung imperialer Politik gelingt in der Gegenüberstellung der beiden Ent­decker-Literaten David Livingstone und Henry M. Stanley durch Daniel Bivona (1998, 40-68). Ersterer erscheint in Missionary Travels als individuell Erlebender, als „explorer / missionary essentially wandering through Africa“ (46), dessen humanistisch-moralischen Appelle jedoch kaum eine Wirkung auf die Kolonialpolitik der britischen Regierung hatten. Letzterer dagegen war als Bula Matari (‚Steinbrecher’) das neue Leitbild eines kolonialen Vorkämpfers, der bürokratische und ökonomische Notwendigkeiten kennt und mit ihren Mit­teln den Weg Through the Dark Continent weist zu seiner „vision of peaceful, law-abiding, commercial prosperity, in which open trade is somehow reconciled with best interests of both European businessman and African native.“ (68)

Die Notwendigkeit wirtschaftlicher Expansion, die durch die vermehrt auf nationale Interes­sen ausgerichtete Zollpolitik in Europa erforderlich wurde, verstärkte ebenfalls die Ausrich­tung britischen Außenpolitik und -wirtschaft auf überseeische Gebiete. Ideologisch und emo­tionell gestützt wurde dieser Aufwand an militärischen und finanziellen Mitteln durch mili­tant-nationalistische[1] und zunehmend auch rassistische[2] Rhetorik. Gleichzeitig zeigte sich je­doch zu dieser Zeit mit ersten großen pazifistischen Organisationen, darunter der „Inter­national League of Peace and Liberty“, deren Präsident Emile Arnauld den Begriff „Pazifis­mus“ 1901 auf einem Friedenskongress in Glasgow prägte, und zahlreichen anderen Alter­nativbewegungen dieser Zeit (z.B. die Theosophical Society in London, die London Vegetarian Society usw.) ein gewisses Widerspruchspotential.

In diesem Ausdehnungskomplex spielte Indien als Großkolonie die entscheidende Rolle, lange Zeit waren weitere Expansionen nur von der Gewährleistung des Land- bzw. des See­weges nach Indien geprägt. Bis in den 1860er Jahren der Suez-Kanal gebaut wurde, war dies auch die Hauptfunktion der 1815 auf dem Wiener Kongress Großbritannien zugesprochenen Kapkolonie; auch danach kam wegen der unsicheren Lage auf dem Landweg in den russi­schen Interessensgebieten kaum geopolitische Legitimierungsnot auf. Neue Funktionen ent­wickelten sich auf ökonomischer Ebene anfänglich durch die Diamantenfunde 1867 bei Kim­berley, aus deren Besitz die coloured persons bis Ende der Siebziger verdrängt wurden, end­gültig jedoch mit den Goldfunden bei Witwatersrand 1886, die die Regierung Lord Salisbury (1886-1892) endgültig zur Unterstützung der Expansionspläne von Cecil Rhodes brachte (Rhetorik der Kap-Kairo-Linie) und mit der Gründung der British South Africa Company 1889 die nunmehr systematische wirtschaftliche Erschließung Südafrikas brachte[3]. Auf politi­scher Ebene bekam Afrika für die europäischen Kolonialmächte seit der Kongo-Konferenz 1885 einen höheren Status im imperialen Interesse, das erneut ideologisch und teils auch wieder missionarisch übersteigert wurde (z.B. in Rudyard Kiplings „white man’s burden“).[4]

Südafrika bestand aus britischer Sicht zu Beginn der 1890er Jahre aus den beiden Kolonien Cape Colony und Natal, den Burenrepubliken Transvaal und Orange Free State sowie ver­schiedenen Sondergebieten mit Kronkolonie-Status. Militärisch organisierte afrikanische Ein­wohner und die ihre Autonomie anstrebenden Gebiete niederländisch-stämmiger Bevölkerung waren ständige Bedrohung der britischen Dominanz, andersherum provozierten die militäri­sche Übermacht und die unaufhörliche Expansionspolitik der Briten starke antibritische Ge­fühle. Einen Versuch, deren Ausweitung zu Gunsten einer Zusammenarbeit im Sinne einer pax britannica zu vermeiden, stellen Rhodes’ Bemühungen um Gleichberechtigungspolitik auch gegenüber der schwarzen Bevölkerung dar.[5] Die Gründe dafür, dass diese Politik, zeit­weilig in der Kapkolonie umgesetzt, keine dauerhafte Grundlage unter den britischen Siedlern hatte, sind für das Verständnis der hier dargestellten Ereignisse in Natal essentiell:

„Most white people in Africa probably felt that a millionaire who supported some degree of racial equality was overlooking the problems of ordinary white men and women who had little except the colour of their skin to keep them in a position of comfort and superiority.“ (Lloyd 1996, 245)

Für die eingehendere Betrachtung von Natal ist weiterhin vor Augen zu führen, dass dieser Teil der Kolonie nicht die Gold- und Diamantressourcen und somit die große strategische Bedeutung von Kapkolonie, Orange Free State und Transvaal hatte, und außerdem mit Zulu­land ein sicherheitstechnisches Hauptkonfliktgebiet beinhaltete, was beiderseits moralische Freiräume schaffte.

Im Folgenden werden die beiden Interessentenkomplexe ‚weiß’ und ‚britisch-indisch’ getrennt betrachtet.

Die ‚weiße’ Seite

Es ist wesentlicher Teil des hier beschriebenen Konfliktes, dass die primär diskriminierende Seite stark heterogen zusammengesetzt ist. Die Präsenz ursprünglich europäischer Bevöl­kerung ist zum Einen geprägt vom Gegensatz Boer / British, der einen Höhepunkt fand im Boer War 1899-1902, „Africa`s greatest colonial war“ (Young 1994, 119), zum Anderen innerhalb des britischen Kolonialreichs vom Spannungsfeld zwischen Zentrum, der Londoner Imperialregierung, und Peripherie, den südafrikanischen Siedlern[6].

Letzteres ist auch bei der Betrachtung von Motivationen der Siedler zu beachten, die beim Weggang vom Mutterland eng mit der von Seiten der Zentralregierung verlautbarten Mög­lichkeiten und Funktionen der Kolonie zusammenhängen, vor Ort jedoch von der vorgefun­denen Realität bestimmt werden. So sind zwei Kommunikationsplattformen vorhanden, auf der einen erfüllt die Rhetorik der Zentralregierung die Doppelfunktion der Legitimation finan­zieller und militärischer Investitionen in Auslands- bzw. nicht direkt sichtbaren Projekten vor der heimischen polis sowie der Ermutigung zum settlement in nur teilerschlossenen Gebieten, auf der anderen bilden lokale Umstände und deren Verhältnis zu den im ansiedelnden Indivi­duum entstandenen Vorstellungen Grundlage der alltäglichen Auseinandersetzungen. Beide Plattformen tangieren sich in unterschiedlichem Maße, abhängig von vorhandenen Kommuni­kationswegen, genereller Bedeutung der Kolonie und der Kolonisten innerhalb des Reichs[7] sowie individuellem Wunsch nach Kontakt; dabei erfüllen britische High Commissioners und der Secretary of State for the Colonies Brücken- und Kontrollfunktion.

Die spezifische Verwaltungsstruktur[8], die sich in Natal zur Bewältigung der lokalen und translokalen Spannungsfelder herausgebildet hat, ist folgende: Genau fünfzig Jahre nach der Eroberung Natals wurde der dortigen Bevölkerung 1893 Responible Government zugestan­den, was die vorherige Eigenständigkeit in der Politik gegenüber den anderen südafrika­nischen Kolonien und Großbritannien erheblich verstärkte. An Spitze des Government of Natal stand 1894 als Repräsentation der Krone sowie als Exekutive ein Governor (Walter Hely-Hutchinson), unterstützt durch den Premierminister (John Robinson), den Attorney-General (Harry Escombe) und einen Council of Ministers, der aus fünf Ministern bestand. Die Legislative setzte sich aus zwei Häusern zusammen, dem Legislative Council mit 11 für 10 Jahre durch den Governor bestimmten Mitgliedern und der Legislative Assembly aus 37 für vier Jahre von der stimmberechtigten Bevölkerung gewählten Mitgliedern. Die Munizipal­regierungen der Städte hatten zudem einen Town Council, bestehend aus dem Mayor, der Chamber of Council, dem Town Sollicitor und dem Town Clerk. Direkte Verbindung zur Imperialregierung wurde durch den High Commissioner zum Secretary of State for the Colonies (bis 1895 George Robinson of Ripon, danach Joseph Chamberlain) hergestellt. Die Rechtssprechung unterlag dem Supreme Court unter einem Chief Justice und mehreren District Courts unter jeweils einem District Magistrate.

Die Politik und Rechtsprechung in Natal war von Anfang an gegen die Vermischung der Bevölkerungsgruppen ausgerichtet, mit zunehmender Intensität zum Ende des 19. Jahrhun­derts hin. So wurden die Afrikaner schrittweise über die Chiefs zwangsverpflichtet (forced labour / isibhalo seit 1848), zur Kontrolle in Siedlungen konzentriert, der Gewalt des Arbeit­gebers unterworfen (Master and Servants Act, 1877), mit ständig zu tragenden Pässen ver­sehen und mit Steuern belastet, die ihnen nur die Betätigung am Arbeitsmarkt der Weißen offenliess. Parallel dazu wurde die Entmachtung der Chiefs vorangetrieben (Native Administration Act, 1875). Trotz einer gegenteiligen Vorgabe in der Royal Charter (1856) be­gannen schon nach der Einrichtung einer repräsentativen Regierung im gleichen Jahr Ein­schränkungen des Stimmrechts gegen non-whites, indem alle dem Native Law Unterworfenen davon ausgeschlossen wurden, hier noch mit dem Kompromiss möglicher Ausnahmen.

Die ab 1860 zur Unterstützung der Arbeit auf Zuckerplantagen kontraktverpflichteten Inder (indentured labourers, nach dem Natal Coolie Law 1859[9] ), durch die Gehorsamsprobleme mit den Afrikanern vermieden und die klimatische Anfälligkeit der Europäer ausgeglichen werden sollten, waren vor 1893 ‚nur’ teilweiser Segregation und rassistisch-verbaler Dis­kriminierung ausgesetzt, zumal ein Versuch der Regionalregierung von Durban, 1879 eine abgetrennte Siedlung von Indern durchzusetzen, scheiterte. In Zeiten geringerer Immigration wurden sogar mildernde Gesetze eingebracht (z.B. Coolie Consolidation Amendment Act 1872[10] ). Die seit 1893 in schneller Folge durchgesetzten fiskalen (Immigration Law Amendment Act, 1895) und politischen (Franchise Law Amendment Bill, 1896) Diskrimi­nierungsgesetze zeigen jedoch die Bedeutung der Imperialregierung bei diesem Scheitern.

Vorkämpfer des Rassismus waren die weißen Plantagen-Farmer[11], die als stärkste Lobby in der Gesetzgebung ihre Vorstellungen vom auf Gehorsam gegenüber dem Herrn beschränkten farbigen Arbeiters umgesetzt sehen wollten[12]. Dennoch wirkte die Tradition von Shepstone[13] mäßigend auf diesen Einfluss. Gegenüber den wirtschaftlich erfolgreich konkurrierenden indischen Einwanderern allerdings verstärkte sich der häufig offen gezeigte Unterdrückungs­wille, der neben materialistischen Interessen auch Angst[14] und Ekel[15] enthielt.

Um die Bedeutung eines für die Interessen der Inder eintretenden, ebenfalls indisch-stämmi­gen und in Großbritannien ausgebildeten barristers[16] (Gandhi) in diesem Umfeld zu ver­stehen, ist ein Blick auf die Debatte um die von den durch Gandhi aktivierten Indern heftig angegriffene Franchise Law Amendment Bill sehr hilfreich, da sie nicht nur die heterogen zusammengesetzte Meinung der weißen Bevölkerung, sondern auch die Chancen des indi­schen Widerstands verdeutlicht.

Die weiße Bevölkerung von Natal zählte in den 90er Jahren etwa 40.000-50.000 gegen etwa 450.000 Schwarzafrikaner und ebenfalls 40.000-50.000 Inder. Die für den Sachverhalt rele­vante politische Lobby neben den Plantagenbesitzern zeigt ein Bericht des Natal Advertiser über die Demonstraten gegen Gandhi in Durban Mitte Januar 1897:

„Die einzelnen Gruppen setzten sich ungefähr wie folgt zusammen: Eisenbahner 900-1000 Mann, ‚Yacht Club’, ;Point Club’ und Ruderklub 150, Schreiner und Schiffszimmerer 450, Drucker 80, Verkäufer 400, Schneider und Sattler 70, Pflasterer und Ziegelsetzer 200 und sonstiges Publikum 1000 Mann.“ (Doke 1925, 75)

Die bisher gemachten Aussagen zur Quelle des Rassismus muss in Verbindung mit dem all­gemeinen Hintergrundsrauschen des neuen Imperialismus und des Neodarwinismus an dieser Stelle als Erklärung dieser Beteiligung reichen. Die zwiespältige Handlungsweise des Attorney General Harry Escombe (1838-1899) kann allerdings tiefere Einblicke in die inne­ren politischen Bewegungen der Regierung geben.

Escombe war seit 1872 als Mitglied des Legislative Council in der Politik tätig, nachdem er sich vorher zum „ablest pleader in the colony“ (53.1911encyclopedia.org) entwickelt hatte, und setzte sich erfolgreich für den Großausbau des Durbaner Hafens ein. Er verteidigte die des Hochverrats angeklagten Zulu-Chiefs (1888-1889) und folgte nur zögerlich den Plänen zur Teilautonomie von 1893, doch engagierte er sich dann in hohem Maße in der ersten Regierung.

Seine Rechtstätigkeit für die große indische Firma Dada Abdulla & Co. in Durban änderte nichts an seiner Beteiligung an den Demonstrationsversammlungen (siehe oben), die Motiva­tion dazu erscheint aber äußerst strategisch im Hinblick auf seine im gleichen Zusammenhang gezeigte Besorgnis über die Sicherheit Gandhis. Zum Einen aktives Mitglied der für die Diskriminierung verantwortlichen Legislative, war er doch vor Gandhi wesentliche Quelle für politische Information unter den Indern.[17]

Davon ausgehend kann unter der Bevölkerung ein komplexes Netz an Meinungen und Ein­stellungen festgestellt werden, das von der begrifflichen und gedanklichen Gleichsetzung aller Inder als verabscheuungswürdige coolies[18], über deren Differenzierung nach Geschäfts- und politischem Wert bzw. der Ablehnung bestimmter roher Umgangsformen (latenter Rassismus) bis zur sympathisierenden Unterstützung indischer Hochkulturträger reichte. Die Entschei­dung des Einzelnen zwischen moralischen Postulaten, offiziellen Verlautbarungen, Gruppen­erwartungen, persönlichen Affinitäten und Erfahrungen, scheinbaren und wirklichen wirt­schaftlichen Notwendigkeiten und Bedrohungen, Sicherheitsfragen und anderen Elementen erlaubte innerhalb des main discourse Handlungsvarianzen, die aber letztlich vor Autonomie­streben[19] und Dominanzwillen kapitulieren mussten.

Dass das politische Vorgehen nicht nur nicht primär materialistisch-rechnerische Grundlagen hatte, sondern sogar gesamtwirtschaftlicher Logik widersprach, zeigt ein Auszug aus dem Report of the Indian Immigrants von 1895:

„If we look to 1859, we shall find that the assured promise of Indian labour resulted in an immediate rise of revenue which increased fourfold within a few years. Mechanics who could not get work [...] found their wages more than doubled, and progress gave encouragement to everyone from Burg to the Sea. [...] So far as concerns free Indian traders, their competition and the consequent lowering of the prices of articles of consumption by which the public benefits (and yet strange to say, of which it complains) it is clearly shown that these Indian shops have been and are most exclusively supported by the larger firms of white merchants who thus practically employ these men to dispose their goods.“ (Gandhi 1994a, 282)

Überhaupt zeigt die diesbezügliche Debatte letztlich eine völliges Untergeordnetsein fak­tischer Überlegungen. So war ein Hauptargument stets die Gefahr einer Invasion indischer Wähler und daraus folgender Untergrabung jeglicher ‚weißer’ Hegemonie. Gandhi wies daraufhin nach, dass die Zahlen 1895 zugelassener Wähler (9.309 Weiße gegen 251 Inder) dem deutlich widersprechen, zumal die Stimmberechtigungsvoraussetzung, entweder jährlich £10 Einnahmen oder unbewegliches Gut im Wert von £50 zu haben, selbst von einem Groß­teil der ex-indentured bei weitem nicht erbracht werden könne (Gandhi 1994a, 274).

Dem Argument, Inder wären gar nicht fähig, das Stimmrecht zu gebrauchen, setzte Gandhi die historisch wesentlich älteren Repräsentationssysteme Indiens entgegen.[20] So reihte Gandhi[21] Petition an Petition, verfasst offene Briefe an die Zeitungen Natals, aktivierte die in­dische Bevölkerung[22], wandte sich an indische und britische Politiker[23]. Seine Argumen­tationen sind voller Zitate aus historischen Abhandlungen, Reden britischer Politiker aus den 50er und 60er Jahren, Reden aus der politischen Vergangenheit Natals, Auszüge aus Commission Reports, Nachweise durch Zahlen, Gutachten von Ärzten und Geschäftsleuten, usw.

Um im Einzelnen die Argumentationslinien beider Seiten nachzuzeichnen ist hier nicht der richtige Rahmen. Für die Bewertung der Chancen einer derartig gestalteten Widerstands­bewegung ist jedoch die Identifizierung der ‚eigentlichen’ politischen Ziele erforderlich. Gandhi beweist, dass er sich deren für die Gegenseite bewusst ist:

„They certainly do not want those Indians who come on their own means and they want the indentured Indians very badly; but they would require, if they could, the indentured Indian to return to India after his term of indenture. [...] They know very well that they cannot do this at once - so they have begun with the Franchise Bill. They want to feel the pulse of the Home Government on the question. [...] They do not want the Indians to elect white members [...] who may look after their interests in the Parliament, so that the Government may work their way towards the destruction of the Indians without any opposition whatever.“ (Gandhi 1994a, 158-159)

Auch wenn einer scharfen Trennung von ‚eigentlich’ und ‚uneigentlich’ nicht zuzustimmen ist, liegt hier der Kern des politischen Diskurses offen: das Bild von einer ungebrochen weiß dominierten, unabhängig von externen Zwängen florierenden Wirtschaftswelt mit den Vorzü­gen stumm gehorsamer, fleißiger, ohne Bedenken verachtenswerter Arbeiter. Dass die Zug­kraft dieser Traumvorstellung nicht argumentativ gebrochen werden kann, wird in der Lon­doner Times offen ausgesprochen: „The question now put before Mr. Chamberlain is not an academic one. It is not a question of argument but of race feeling.“ (Gandhi 1995, 40)

Doch dieser Artikel vom 27. Juni 1896 bezieht sich bereits auf eine neue Regierung in London, die mit Joseph Chamberlain als Secretary of State for the Colonies einen der größten Vorkämpfer des new imperialism in ihrer Mitte hat. Als Fehleinschätzung Gandhis muss es nunmehr gelten, dass die Aufführung von Fakten in den Augen der weißen Politiker etwas an der Situation ändern würde. Vielmehr lieferten seine Bemühungen sowie die gesamte Akti­vierungsaktion für sie eher eine weitere Bestätigung ihrer Befürchtungen und damit Zündstoff für eine weitere rhetorische Aufheizung der Situation. Den Petitionen wurde folgerichtig mit dem politischen Spielchen der Terminverlagerung und Ignorierung begegnet.[24]

Blickt man nun zurück auf das eingangs thematisierte Ereignis, die Zulassung Gandhis am Supreme Court of Natal, so sieht man hier Überlagerungen von Sachlichkeit und Symbolis­mus, vom juridischen Feld und vom politischen, von ‚altem’ Imperialismus und ‚neuem’ so­wie von verschiedenen Machtsphären und -interessen. Doch nur das Erstere soll hier interessieren.

Nach Gandhi (1927, 121-123) war der Ablauf folgendermaßen: Die formale Vorgabe[25] verlangte für den Antrag auf Zulassung an den Supreme Court den Anhang eines certificate of admission, wozu Gandhi nur ein Zertifikat des Bombay High Court zu Verfügung stand, da er das Zertifikat des Inner Temple in London bei der Zulassung in Bombay abgeben musste. Des Weiteren waren erforderlich zwei certificates of character, Gandhi erhielt diese von zwei europäischen Händlern, vermittelt durch Sheth Abdulla, ein Partner bei Dada Abdulla & Co. Die Vorlage bei Gericht erfolgte wie gewöhnlich durch den Attorney General, zu diesem Zeit­punkt Mr. Harry Escombe.

Die Law Society of Natal erhob bei der Vorlage Einspruch, unter anderem mit der Begrün­dung, dass das englische Zertifikat fehlen würde, sowie mit dem Hinweis, dass die Zulassung eines Farbigen „could not have been contemplated“ (121). Ähnlich wie im Fall der Franchise Law Amendment Bill war Kernargument die Gefahr der Übermächtigung von Seiten der farbigen Bevölkerung.

Der von der Law Society beauftragte Rechtsanwalt, ebenfalls für die Dada Abdulla & Co. tätig, äußerte nun bei einem Treffen mit Gandhi, dass seine eigene Befürchtung lediglich gewesen sei, dass es sich bei Gandhi um einen in der Kolonie geborenen Urkundenfälscher handeln würde, erhärtet durch die Tatsache des fehlen Originalzertifikats.[26] Auch seien die Zertifikate der beiden Europäer auf Grund von deren mangelnder Kenntnis Gandhis wertlos. Gandhis Hinweis, dass jeder in Natal ihn nicht kennen würde, begegnete er mit dem Verweis auf Sheth Abdulla, der als Landsmann Gandhis Vater, den dewan von Porbandar, doch kennen müsste, und verlangte zur Zufriedenstellung ein affidavit (eine Beglaubigung unter offizieller Aufsicht) von Abdulla. Trotz des Vorbehalts, dass auch dies nichts an der Absage geändert hätte, und trotz Ablehnung der Berechtigung der Law Society zu ihrem Vorgehen, verhielt sich Gandhi gemäß dieser Forderung. Doch die Law Society hielt sich nicht an die Zusage ihres rechtlichen Vertreters und legte erneut Widerspruch ein. Daraufhin entschied der Chief Justice ohne weitere Rücksprache mit Mr. Escombe, dass weder ein Formfehler noch versuchter Betrug vorläge, und somit kein Recht zur Ablehnung des Antrags auf Zulassung bestände, da das Gesetz keine Unterscheidung von ‚weiß’ und ‚farbig’ kenne.

Die darauffolgende Episode, in der Gandhi diesmal der Aufforderung folgt, seinen Turban abzusetzen[27], was seinen Landsleuten missfiel, sowie die Tatsache, dass im Resultat die Bekanntheit Gandhis durch die positive Behandlung in der Presse stieg, soll im abschlie­ßenden Kapitel noch einmal betrachtet werden. An dieser Stelle reicht der Hinweis, dass ebenso wie Gandhis spätere intellektuell-argumentative Ausrichtung von Pressearbeit und Petitionen auch die grob sachfremde Ausrichtung des Einspruchs der Law Society hier das Gegenteil der Intention erreichte.

Die Seite der ‚British Indians’

Einen Hinweis auf die Motivationen, auf die seit 1859 bestehende Möglichkeit zu indenture labour einzugehen, sowie emotionelle Implikationen der Trennung, gibt folgender Brief­ausschnitt:

„Our cows have died, my son. I am stricken with poverty by God, I am sorry to say. There is famine in this country. I could not work for any length of time with my age being against me. The necessities of life are very dear. The price of rafee (grain) is 3½ measures, mealies three measures and paday (unchafed rice) four measures per rupee. The tank has dried up.[...] We have to use a measure of corn with every meal. I am unable to provide the necessary food at home, however hard I might labour. We would be glad to get a little help from you. I am forced to seek this help from you. [...] I do not think I will live to see you when you return after completing your time with your present mistress. I am anxiously looking forward to your return. If you wish to open a store here, you should have sufficient capital to make it profitable. I am sending you vegetable seeds. Let me know whether you have received these or not. Nothing more to say.“[28]

Ca 15 000 von insgesamt ca. 45 000 Indern in Natal im Untersuchungszeitraum[29] standen als indentured labourers also vor dem Dilemma, neben den Arbeits- und Lebensbedingungen zum Einen mit der Notlage im Heimatland und dem daraus entstehenden Erwartungsdruck und zum Anderen mit dem eigenen und dem Wunsch der Angehörigen nach Nähe fertig zu werden, dabei gebunden in einem praktisch unlösbaren Kontrakt. Nach Beendigung der Kontraktverpflichtung war die Entscheidung zwischen der primär ökonomischen Unsicherheit im Heimatland und der primär politischen Unsicherheit in Südafrika zu fällen; angesichts der fast doppelten Anzahl an ex-indentured zeigt sich eine ‚Bevorzugung’ des Letzteren. Unter anderem diese beiderseits verängstigenden Rahmenbedingungen erzeugen politische Passivi­tät, verstärkt durch das ungewohnte politische Umfeld und Analphabetentum in einer auf Schrift basierenden Kommunikation.[30]

Jedoch sind aus der damaligen Zeit für diese Arbeit keine weiteren Dokumente aus der Perspektive der Inder vorhanden, daher kann vage nur vermutet werden, welche Meinungen, Bedürfnisse, Ziele mit den Schriften Gandhis zusammengefasst oder auch übergangen wurden.

Wie bereits aus der Immigrationsgeschichte hervorgeht, teilte sich die indische Bevölkerung in drei Großgruppen wirtschaftlicher Tätigkeit: Die indentured labourers, die ex-indentured und die non-indentured. Während Erstere neben den schon genannten Gründen durch die Organisation der Plantagenarbeit kaum Kontakt zu den Diskursen der Siedlungszentren hatten und somit schon aus rein logistischen Gründen unterrepräsentiert blieben, lebten die meisten der Zweiteren nach Gandhis Worten „from hand to mouth“ (Gandhi 1994a, 274). Die Berufs­gliederung der ‚Besserverdienden’ geht aus der folgenden Auflistung der Stimmberechtigten von 1895 hervor:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(nach Gandhi 1994a, 276-277)

Stellt man angesichts der Untergrabung der non-violence während des indischen Unabhängig­keitskampfes nun die Frage, wie sich der Angriff diskriminierender Gesetzgebung auf eine von Weißen konstruierte ‚indische Gemeinschaft’ ausübte, zeigt sich sogar bei diesem geringen Bevölkerungsumfang eine die politische Handlungskraft lähmende Heterogenität der Interessen. In der Rhetorik der Petitionen steht die Konstruktion „the Indian community resident in this Colony“ (z.B. Gandhi 1994a, 138) neben mehr oder weniger klaren Abgren­zungen zu einem Teil der Inder[31] (und den Natives[32]), die allerdings nicht nur mit dem höheren Status der Antragsteller „as trusted and responsible member of the Indian community“ begründet (Gandhi 1994a, 141), sondern auch mit dem Hinweis auf eine mögliche Weiterentwicklung im Sinne einer Zivilisierung[33] relativiert werden.

Letzteres Zitat kann auch im Licht der Konstruktion einer bestimmten Lebenszielvorstellung gesehen werden[34], die aber wohl eher Gandhis Überzeugungen auf die repräsentierte Interessensgruppe überträgt.

Selbst wenn man im mehrmals gebrauchten Klassenargument[35] eine Anpassung an die vor­herrschende Art und Weise über Gesellschaft zu denken sieht, gibt es mehrere Hinweise auf eine verdeckte Interessendisparität. Vertraut man Aussagen selbst eines „advocate [...] of anti-Asiatic policy“ (Mr. Saunders, 1883), der zu Vereinfachungen neigen könnte, stellt man fest, dass „[t]he better-class Indians feel and see there is a difference between the raw collie and themselves“ (Gandhi 1994a, 154), was durch die begriffliche Abgrenzung des hinduistischen coolie vom muslimischen Händler, dem Arab, deutlich sichtbar wird.[36]

Letzteres verweist auf die religiöse Gliederung, zu der die der regionalen Herkunft noch hinzukommt. Behauptet Gandhi, dass angesichts des gemeinsamen Unglücks „all distinctions such as high and low, small and great, master and servant, Hindus, Musalmans, Parsis, Christians, Gujaratis, Madrasis, Sindhis, etc. were forgotten“ (Gandhi 1927, 118), so ist, selbst wenn man dies als temporär tatsächlich gegeben annimmt, dessen Anhalten über die Jahre des größtenteils aussichtslos scheinenden politischen Kampfes sehr unwahrscheinlich, sondern verweist eher auf Konfliktpotential zwischen diesen Gruppen im ‚normalen Leben’.[37]

Ein Zusammenwirken von Differenzen in Religion und Lebensführung in einem Generations­konflikt zeigt sich im Verhältnis der Immigrantengeneration zu den colonial-born youths. Deren christliche Ausbildung in europäischem Stil (nach dem Indian Immigrants School Board Report 1893 gab es in 26 Schulen 2589 Schüler; Gandhi 1994a, 152) provozierte Ablehnung und Misstrauen[38], denen zwar mit der Gründung der Indian Educational Association 1894 versucht wurde zu begegnen, die aber trotzdessen ein weiteres Konfliktfeld aufmachen.[39]

Zählt man diese kurz skizzierten Reibungspunkte zusammen[40], kann folgender Zusammen­fassung der Situation in Ross 1999, 58-59 im Allgemeinen zugestimmt werden:

„As most of the indentured labourers decided to remain in South Africa after their contracts ended, there soon emerged a large Indian community centred on Durban. In some ways, they recreated the divisions of the Indian sub-continent in the African one. There were Hindus, Muslims, Parsees, of various varieties, and Tamil-, Telugu-, Hindi- and Gujerati-speakers [...] and a consequent breadth of temples and mosques built. Equally they achieved a very wide range of economic position. [...] Indian political activism generally attempted to maintain this illusion [of a single entity, built by Europeans], as a basis for strength and a following, while at the same time using the illusion of representativeness to promote a particular position within the Indian community. [...] However, Gandhi increasingly challenged the government in a radical, if non-violent, way, which was not in accord with the old elite’s desire to maintain both its pre-eminence within the Indian community and its commercial advantages.“

Es ist dabei nur zu beachten, dass die temporäre Zugkraft von Gandhis späteren politischen Mitteln, auch im Sinne einer Ausbalancierung von Einzelinteressen im Sinne einer gemein­schaftlichen Aktion, nicht zu unterschätzen ist. Doch ist dies die Wirksamkeit eines Symbolis­mus, die bei abnehmender Stärke wieder zunehmend von eben diesen Einzelinteressen vereinnahmt wird (siehe letztes Kapitel).

Ein abschließendes Wort zu Gandhi: Wie im vorherigen Kapitel schon ausgeführt, wirkte das Auftauchen eines ‚gebildeten coolie ’ katalysierend für das Gefühl der britischen Bevölkerung, gegen die Rechte der Inder einschränkend vorzugehen zu müssen. Strukturell verstärkte Gandhi also mit seinen auf gleicher oder für einige sogar höheren intellektuellen Ebene angesetzten Argumentation die anti-indischen Gefühle, da die Mehrheit weder die Faszination vor der alten Kultur Indiens noch die humanistisch-missionarischen bzw. die fair-play -Vorstellungen teilten. Das tiefsitzende Vertrauen Gandhis, dass jeder Brite per se auf diese drei Ebenen anspricht bzw. dass seine religiös-ethischen Erkenntnisse jedem vermittelbar sind, war ein Irrtum, dessen Erkenntnis wiederum im ersteren Fall seine politische Strategie änderte, gegen den er im letzteren Fall jedoch bis zu seinem Tod versuchte anzukämpfen.

Den Hinweis auf ein Scheitern von satyagraha bei Unterbrechung von dessen beiderseits aufwühlenden Wirkung erhielt Gandhi durch die Anti-Indian Campaign in Südafrika 1924, deren Aufkommen er zehn Jahre nach dem Kompromiss zwischen ihm und General Smuts verurteilte und bedauerte.

Letztlich ist weniger Wilhelm Emil Mühlmanns optimistisch-idealistische Sicht[41] der Situation von 1914 (Indian Relief Act) anzunehmen als die optimistisch-realistische von B. R. Nanda.[42] Im Sinne des letzteren Zitats ist auch die bevorzugte Behandlung von Gandhi innerhalb des geschilderten Konfliktkomplexes zu sehen.

Der Turban

Drei Ereignisse schildert Gandhi, in denen das Abnehmen bzw. das Nichtabnehmen des Turbans bzw. der Kopfbedeckung eine Rolle gespielt hat: Sein erstes Erscheinen im District Court von Durban (siehe Seite 11), der Moment der Zulassung am Supreme Court von Natal (ebenfalls Seite 11) sowie die Begegnung mit dem indentured Tamilen Balasundaram[43]. Letzteres Beispiel zeigt nicht nur die zwischen Europäer und Inder schwebende Identität Gandhis, sondern ist im Hinblick auf die Bedeutung symbolischer Unterwerfung als Moment von Herrschaft sehr aufschlussreich.

Gandhi beschreibt in Reaktion auf den Zeitungsartikel über sein Verhalten im erstgenannten Fall die verschiedenen Praktiken des Kopfbedeckens und -entblößens:

„Just as it is a mark of respect amongst the Europeans to take off their hats, in like manner it is in Indians to retain one’s head-dress. [...] In England, on attending drawing-room meetings and evening parties, Indians always keep the head-dress, and the English ladies and gentlemen generally seem to appreciate the regard which we show thereby. In High Courts in India those Indian advocates who have not discarded their native head-dress invariably keep it on.“ (Gandhi 1994a, 58)

Ebenso aufschlussreich wie die Empörung der Gerichtsmitglieder und der Presse über Gandhis scheinbaren Mangel an Respekt, der bei einem Inder als primär dominiertem Gesell­schaftsmitglied doppelt wirken oder als doppelt wirksam dargestellt werden muss, ist die Empörung von Gandhis indischen Freunden über seinen Gehorsam im Supreme Court, den er selbst als Kompromiss bezeichnet (Gandhi 1927, 123). Das Selbstbewusstsein der musli­mischen Händlerschicht manifestierte sich in Ablehnung europäischer Kleidung, das Tragen des europäischen Huts war sogar wegen seiner Benutzung durch die christliche Jugend, die zudem meist als Kellner arbeiteten, in zweifacher Weise negativ belegt. Die darauffolgende Überlegung Gandhis in Bezug auf die angemessene Kleidung für seine Frau und seine Kinder ist eine Lehrstunde in Kulturselektion:

„The Parsis used then to be regarded as the most civilized people amongst Indians, and so, when complete European style seemed to be unsuited, we adopted the Parsi style.“ (Gandhi 1927, 155)

Wesentlich in diesem Zusammenhang sind die Symbolik der Subordination und die Chancen der Symbolträchtigkeit des Bruchs mit dieser Symbolik auf Wirkung als Widerstand. Angesichts der großen Bedeutung, die sowohl dem Abnehmen als auch dem Nichtabnehmen des Turbans hier zugemessen wurde, angesichts der erhöhten Aufmerksamkeit, die Gandhi als ungewohntes Hybridwesen und als ‚Unruhestifter’ bekam, und angesichts der Bildhaftigkeit der späteren satyagraha -Aktionen, deren negative Auswirkungen auf das Image der südafrikanischen Unionsregierung erstmals zu ernsthafter politischer Reaktion zwang, scheint es die symbolische Leuchtkraft zu sein, deren Intensität und Ausrichtung über Wahrnehmung von Widerstandsbewegungen abseits der etablierten Machtspiele entscheidet. Versagt die Kraft der Symbolik, sind sie ohne Abstrich den vorherrschenden Diskursregeln unterworfen. Paradoxerweise gilt Letzteres aber wahrscheinlich auch für die Möglichkeit einer Chance auf Symbolträchtigkeit von Widerstand. Hierin liegt wohl das Kerndilemma von non-violent non-cooperating civil disobedience oder auch von alternativem Widerstand im Allgemeinen.

Literaturverzeichnis

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[...]


[1] „We don’t want to fight, but, by Jingo, if we do, - Weve got the ships, we’ve got the men, and we’ve got the money too“, Gassenhauer von 1877; Kluxen 1991, 627

[2] Darstellung der Zulus während des Zulukriegs in The Illustrated London News als nackte, wilde Barbaren; Ross 1999, 62

[3] Zur fundamentalen Bedeutung des Goldhandels mit Südafrika und deren Absicherung Ross 1999, 71: „The regular bi-weekly shipments of gold to London provided the assurance by which the City’s financial markets could maintain the supremacy of sterling [...] without building up large gold reserves in the vaults of the Bank of England. [...] However, they did have a major interest in ensuring that conditions for gold production were optimal [...].“

[4] Zusammengefasst in Kluxen 1991, 645: „Die beiden Grundtendenzen des Jahrhunderts, die industrielle Weltwirtschaft und die nationalstaatliche Macht, vereinigten sich in dieser Idee des Weltimperiums, dessen Macht nicht nur der Abwehr konkurrierender Mächte diente, sondern einen Wert in sich darstellte.“ Weiterhin ist auf den Aufstieg des Neo-Darwinismus bzw. des Sozialdarwinismus in jener Zeit zu verweisen, der Grundlage eines erweiterten rassischen Überlegenheitsgefühls zu Beginn des 20. Jahrhunderts war.

[5] „When he tried to return to Cape politics after pacifying the revolt in Rhodesia he said his policy was ‚equal rights for all civilised men south of the Zambesi’ and, when asked, he confirmed that he had included Africans in his phrase deliberately.“ (Lloyd 1996, 245)

[6] Vidalenc fasst deren Beziehung im Allgemeinen folgerndemaßen zusammen: „So wie die Dinge lagen, spielte im Verhältnis von Kolonien und Mutterland meistens die Frage der militärischen Stärke eine ausschlag­gebende Rolle. Nur unter ihrem Schutz konnten die Siedler die öffentliche Sicherheit aufrechterhalten und in Ruhe die Erzeugnisse der unterworfenen Länder nutzen. Die Beziehungen zu der Hauptstadt des europäischen Mutterlandes wurde nie in Frage gestellt und blieb notwendigerweise sehr eng; denn durch sie erhielt die Ko­lonie Nachschub und Kredit, der für unrentable Unternehmen erforderlich war, oder Subventionen und Zoller­leichterungen. Selbst die unbedingtesten Verfechter kolonialer Autonomie hielten zu jeder Zeit daran fest, daß das Mutterland zur Verteidigung und finanziellen Unterstützung verpflichtet sei.“ (Vidalenc 1961, 457).

Es wird noch zu zeigen sein, dass durch die heterogenen Spannungen zwischen Boer / British, Natives / British und später auch Indian / British sowie die besondere ökonomische Bedeutung Südafrikas dieses Verhältnis viel komplexer zu sehen ist und gerade die Infragestellung bestimmte politische Entscheidungen bestimmte.

[7] Crawford Young (1994) erklärte den fundamentalen Unterschied zwischen der Bedeutung von Kolonien als Crown Colony, also als Erweiterung des Machtbereichs einer Monarchie (siehe etymologische Herkunft von empire / lateinisch imperator - Herrscher bzw. Reich / indogermanisch rēġ- - König), und als Erweiterung eines von allen Staatsbürgern geteilten modernen Staates (etymologisch von lateinisch stāre - stehen zu (Vermögens-) Stand). Er wies dabei auf den dahingehenden historischen Wandel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hin, der allgemein als new imperialism bezeichnet wird. Auf die Implikationen und Phasen dieses Wandels kann hier nicht eingegangen werden, darum bleibt die Bezeichnung „Reich“.

[8] Den Grund für starke lokale Variation britischer Verwaltungsstrukturen fasst Young 1994, 99 zusammen: „The British state stood apart from its Continental counterparts in terms of its less centralized historical personality, a less thorough impregnation with an earlier absolutist tradition, and a less prefectoral model of regional administration. Also, the diversity and dimensions of the British Empire supplied a variety of models of domination, from which concepts of rule might be extracted. There was in consequence less uniformity in the superstructure of domination in zones of British rule.“

[9] Dieses Gesetz eröffnete Indern die Möglichkeit, sich für fünf Jahre zu verpflichten und danach bei freier Passage zurückzukehren oder auch bei erneuter Verpflichtung in Natal zu siedeln. Das Angebot, nach Ende des Kontrakts Land der Krone sowie volle Bürgerrechte zu erhalten, wurde 1891 mit dem Act No. 25 wieder zurückgenommen.

[10] Darin wird die durch den Master and Servants Act ermöglichte Prügelstrafe für Inder verboten, zudem wird die Stelle des Protector of Indian Immigrants eingerichtet sowie medizinische Versorgung zugesichert. 1874 wird dem das Immigration Trust Board hinzugefügt. Erst die hohen Immigrationszahlen in den 80ern bringen einen radikalen Umschwung in der Gesetzgebung. In Natal ist dafür die Evaluation unter Justice Walter Thomas Wragg 1887 entscheidend, sie mündet in dem Registration of Servants Act 1888, der unter anderem das Mitführen eines Passes vorschreibt. Eine diesbezügliche Petition scheitert.

[11] Zur Bedeutung europäischer Siedler für die Imperialregierung: „An axiomatic premise in colonial state reflection on accumulation was the beneficial role of European settlers in regions where climatic conditions favored their installation. [...] European agriculture was commercial, and thus supported an economy that would yield a nurturing flow of revenue through customs and other conduits. On the basis of such reasoning, the official mind found justification for spoilation of African lands and livestock and conscription of plantation labor, veen if the support supplied to the settler sector fell short of its insatiable appetite for subsidization.“ (Young 1994, 134)

[12] Dazu Maylam 2001, 120: „[The] racial division of labour was not simply the continuation of a pre-existing pattern, as some have argued. It was not the result of a ‚traditional’ white prejudice against doing menial, ‚kaffir’ work. [...] The large-scale employment of cheap African migrant labour was clearly in the interests of the mineowners who were concerned to minimise their costs.“

Gleiches gilt auch für die Plantagenbesitzer. Hinzuzufügen ist der Hinweis auf das oft gegenüber Billiglohnarbeitern entstehende Bewertungsparadox, indem sie als geschäftsbegünstigende Faktoren begrüßt, als Mitmenschen aber eben auf Grund ihrer ‚Billigkeit’ verachtet werden.

[13] Theophilus Shepstone war in den 50er Jahren einflussreicher S ecretary of Native Affairs, der zur Gewähr­leistung eines besseren Kräfteausgleichs zwischen Schwarzen und Weißen sowie der Möglichkeit einer zivi­lisierenden Einwirkung auf die Ersteren gemischte Siedlung vorschlug. Seine paternalistisch-sympathisierende Haltung, mit der er auch unter Voraussetzung einer gelungenen kulturellen Assimilierung uneingeschränktes Stimmrecht für Schwarze in Betracht zog, war zum Einen starker Kritik von Seiten der Siedler unterworfen, bezeugt jedoch zum Anderen das Vorhandensein moderater Gegenkräfte.

[14] Beweis der Größe dieser Angst sind die Gewaltwellen von 1886 gegen schwarzafrikanische Siedlungen, die nicht nur die angespannte Sicherheitslage im Umfeld des Zulukriegs, sondern auch Misstrauen und Neid der weißen Männer gegenüber den immer häufiger angestellten schwarzen Homeboys und dem Verhältnis der weißen Arbeitgeberinnen zu ihnen zeigt.

Dass sich auch im Fall indischer Homeboys das zwischen gegenseitigem Hass und Verführung schwebende Gewaltpotential verschiedentlich entlud zeigen die Forschungen von Prinisha Badassy zu Ermordungen weißer employers in Natal 1880-1920 (www.suntimes.co.za).

[15] Einige dahingehende Ausdrü>

[16] Mit der begrifflichen Trennung der Betätigung eines Juristen, neben richterlichen und staatlichen Ämtern, in barrister und sollicitor teilt das Feld der Verteidigung und Anklage in der oberen Gerichtsbarkeit von Verwaltungstätigkeit und Rechtsbeistand in der unteren Gerichtsbarkeit.

[17] Auf Gandhis Hinweis zur negativen Bedeutung der Franchise Law Amendment Bill antwortete Sheth Abdulla: „I will tell you the genesis of the franchise question. We knew nothing about it. But Mr Escombe, one of our best attorneys, whom you know, put the idea into our heads. He is a great fighter, and there being no love lost between him and the Wharf Engineer, he feared that the Engineer might deprive him of his votes and defeat him at the election. So he acquainted us with our position, and at his instance we all registered ourselves as voters, and voted for him.“

Nur am Rande ist darauf zu verweisen, dass das somit nachgewiesene politische Desinteresse in gewisser Weise der Diskriminierungspolitik Vorschub leistete, auf der anderen Seite aber durch deren daraus folgenden Unnötigkeit einen klaren Hinweis auf andere als die genannten Intentionen gibt.

[18] Es liegt eine gewisse Ironie in der Tatsache, dass der Town Clerk 1898 „Mr. Cooley“ hieß. (Gandhi 1992, 17) In die gleiche Kategorie von Auseinanderklaffen von Wort / Bedeutung fällt der Hintergrund des abschätzig gemeinten samy, das auf die tamilische Ehrenbezeichnung sami zurückgeht.

[19] Zu dem auch die Ablehnung britischer Zusagen an non-whites gehörte, schließlich stellte die Gesetzgebung in Natal eine völlige Aufhebung der königlichen Proklamation von 1858 gegenüber den British Indians dar, auch wenn diese selbst hauptsächlich Strategem gewesen ist; entscheidend ist hier der Versuch, aus britischen Staatsbürgern Natives zu machen. Die hier ausgesparte Bedeutung der Regierung in Indien ist wohl auf die generelle Frage der Gewährleistung von Immigration beschränkbar.

[20] Gandhi 1994a, 269-70: „Representation, in the truest sense of the term, the Indian has understood and appreciated from the earliest ages. That principle - the Panchayat - guides all the actions of an Indian.“

[21] Gandhi wird hier als treibende intellektuelle Kraft verstanden, nicht als einziger Inder, der politisch aktiv geworden ist. Ein interessanter Hinweis auf dahingehende Simplifikationen und symbolischer Aufladung geschichtlicher Akteure ist die heutige touristische Vermarktung Gandhis in Südafrika mit ‚Gandhi Sites’.

[22] Anregung der Gründung des Natal Indian Congress und der Indian Educational Association.

[23] Als Verbindung beider Elemente ist vor allem Dadbhai Naoroji zu nennen.

[24] In einer Petition an Lord Ripon beschreibt Gandhi die jeweiligen Ablehnungen der Petitionen zu den dafür eng zusammengelegten jeweils drei Lesungen in der Assembly und dem Council auf Grund von Terminverzug, das heißt die Petition zur ersten Lesung wurde abgelehnt, weil bereits die zweite stattgefunden hat usw.

[25] Die Zugangsbestimmungen wurden sowohl 1893 als auch 1897 geändert, wie aus einem Advertisment des Natal Mercury am 5.2.1894 hervorgeht.

[26] Es ist dabei zu bedenken, dass die Vorbereitung auf das Natal Law Certificate bzw. die Natal Advocate Examination zu dieser Zeit nicht auf Grundlage von hochschulischer Ausbildung, sondern von Privatstudien erfolgte.

[27] Gandhi hatte der Aufforderung, seinen Turban abzunehmen, bei seinem ersten Besuch des District Court in Durban nicht Folge geleistet und hatte durch den darauffolgenden Artikel „An unwelcomed visitor“ im Natal Advertiser am 26. und 27. Mai 1893 erste Aufmerksamkeit in Natal erhalten.

[28] Gleiche Quelle wie Anmerkung 14, Seite 7 (www.suntimes.co.za). Es handelt sich hier um den Brief eines Vaters an seinen wegen Mordes zum Tode verurteilten Sohn. Interessanterweise geht aus dem vorherigen Briefabschnitt hervor, dass der Sohn lediglich von „a quarrel between [himself] and [his] mistress“ und einer daraus folgenden neuen Arbeitssuche berichtet hatte. Noch einmal ist auf das hohe Agressivitätspotential im Verhältnis Herrin / boy hinzuweisen, das von Stolz, Ignoranz und Angst auf beiden Seiten geprägt war (siehe dazu z.B. die Dokufiktion „Come back, Africa“ von 1956).

[29] Gandhi 1994a, 274 nach dem Report of the Protector of Indian Immigrants for 1895.

[30] Gandhi bezeichnete die Inder im Allgemeinen als politisch desinteressiert. Als alleinigen Grund für die damalige politische Aktivität führt er in The Indian Franchise (1895) an: „I take the liberty to say that, had not attempts been made and repeated to tread upon their commercial pursuits, [...] to degrade them to the condition of pariahs of society, [...] to keep them [...] in a state of indenture [...] there would have been no franchise agitation.“

[31] „Your Petitioners would not [...] hold that there are not Indians who should have no right to vote, but your Petitioners submit that that is no reason why the Indians should be excluded wholesale from the privilege.“ (Gandhi 1994a, 141).

[32] „Your Lordship’s Petitioners have notices with shame and sorrow the zealous attempt made to compare your Petitioners with the Natives of South Africa.“ (Gandhi 1994a, 152)

[33] „Your Lordship’s Petitioners, while they admit (although they cannot help remarking that poverty should be no crime if a man is otherwise fit) that the indentured Indians, while under indenture, may not have the right to vote, they respectfully submit that even these men should not for ever be deprived from voting if they acquire the sufficent qualifications in later life.“ (Gandhi 1994a, 153)

[34] „Indian parents who settle in the Colony will have, if the Bill becomes law, the best stimulus to give higher education to their children taken away from them. They would hardly like to see their sons pariahs of society, without a status or without any ambition in life. Even wealth becomes useless if it gives a man no place in society. The very aim with which men collect wealth is thus nipped in the bud.“ (Gandhi 1994a, 151)

[35] Sowohl integrierend in Bezug auf das gesamte britische Reich - „Your Petitioners beg respectfully to submit that the Bill makes an invidious distinction between one class of British subjects and another.“ (Gandhi 1994a, 142) - als auch indirekt desintegrierend - „The Bill thus makes between Indian British subjects of the same class an invidious distinction based on accidential circumstances.“ (Gandhi 1994a, 151)

[36] „The Musalman merchant would resent [‚coolie’] and say: ‚I am not a coolie, I am an Arab’, or ‚I am a merchant’, and the Englishman, if courteous, would apologize to him.“ (Gandhi 1927, 90)

[37] Es kommen hier noch Fragen des Berufsneids, der ökonomischen Konkurrenz und Widersprüche zwischen Beruf und sozialer Zugehörigkeit hinzu (ein Beispiel für Letzteres sind die indischen Constables, die mit für die Durchsetzung der Diskriminierung zu sorgen hatten).

[38] „They never care to come to us, and to tell you the truth, we care less to recognize them. Being Christians, they are under the thumb of the white clergymen, who in their turn are subject to the Government.“, so eine Äußerung von Sheth Abdulla (Gandhi 1927, 116).

[39] Allein das Vorkommnis der Hintergehung Gandhis durch einen Angestellten, die er im Kapitel „As a householder“ in seiner Autobiographie (Gandhi 1927, 134-137) beschreibt, zeigt Zündstoff für soziale Spannungen innerhalb der Gemeinschaft der „children and servants of the motherland“ (Gandhi 1927, 118), der kaum auf dieses Ereignis beschränkt gewesen sein dürfte.

[40] Das vergleichsweise oberflächliche Bild der ‚britisch-indischen’ Seite liesse sich auch unter Heranziehung aller in der Personenübersicht zu Beginn Aufgelisteter mit den vorhandenen Quellen nicht wesentlich vertiefen. Als letzter Hinweis auf Implikationen der damaligen politischen Aktivitäten soll nur der jährliche Mitgliedsbeitrag für den Natal Indian Congress von £3 dienen, dessen Wertübereinstimmung mit der von den Weißen geforderten Kopfsteuer für den Verbleib in Südafrika nach Kontraktende sicherlich nicht intendiert gewesen ist, nichtsdestoweniger eine klare Sprache spricht. Die Tatsache, dass Gandhi als Sekretär auch diesen Mitgliedsbeiträgen hinterherlaufen musste, vervollständigt nur die bisherigen Anzeichen für die Diskontinuität politischen Enthusiasmus (Gandhi 1927, 124).

[41] „Die Inder haben sich durchgesetzt. Es ist nicht länger möglich, in ihnen „Kulis“ zu sehen. Man muß sie als Staatsbürger anerkennen.“ (Mühlmann 1950, 44)

[42] „As later events were to show, Gandhi’s work did not provide an enduring solution for the Indian problem in South Africa. What he did to South Africa was indeed less important than what South Africa did to him. It had not treated him kindly, but, by drawing him into the vortex of its racial problem, it had provided him with the ideal setting in which his peculiar talents could unfold themselves.“ (Nanda 2001)

[43] Balasundaram kam zu Gandhi, nachdem er von seinem Herren zusammengeschlagen worden war. Da nach damaliger Rechtsprechung dabei kein Unrecht vorlag, konnte Gandhi nur die Entlassung Balasundarams erreichen. Beim ersten Eintreten in Gandhis Büro hatte Balasundaram, so wie es für indentured gegenüber den Europäern vorgeschrieben war, seine Kopfbedeckung abgenommen (Gandhi 1927, 127-129).

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Bruch mit der Symbolik der Subordination als Chance und Dilemma alternativer Widerstandsbewegungen am Beispiel politischer Agitation von Indern in Natal 1893-1895
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Ethnologie)
Veranstaltung
Macht und Widerstand
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
24
Katalognummer
V111507
ISBN (eBook)
9783640095582
ISBN (Buch)
9783656073680
Dateigröße
479 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bruch, Symbolik, Subordination, Chance, Dilemma, Widerstandsbewegungen, Beispiel, Agitation, Indern, Natal, Macht, Widerstand
Arbeit zitieren
Enrico Ille (Autor:in), 2004, Bruch mit der Symbolik der Subordination als Chance und Dilemma alternativer Widerstandsbewegungen am Beispiel politischer Agitation von Indern in Natal 1893-1895, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111507

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