Indirekte Erziehung - Möglichkeiten des Arrangements


Hausarbeit, 2003

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einordnung und Definition von indirekter Erziehung

3. Merkmale und Vorteile indirekter Erziehung
3.1 Arrangement einer lemförderlichen Umwelt
3.2 Auseinandersetzung mit natürlicher / kultureller Wirklichkeit
3.3 Erzieher bleibt im Hintergrund
3.4 Lemreiz entsteht durch die "Sache"
3.5 Lemziel flexibler / offener / selbstbestimmt
3.6 Umwelt,kindgerecht

4. Schwierigkeiten und Probleme indirekter Erziehung
4.1 adäquate Umweltgestaltung
4.2 Anwesenheit des Erziehers
4.3 Erfahren von Regeln, Rohen
4.4 Arrangements von hoher emotionaler Dimension

5. Lehrer "positiv arrangieren"
5.1 Definition von Stress
5.2 Lehrsituation
5.3 Stressbewältigungsstragien
5.3.1 Vielfältige Entspannungskompetenz
5.3.2 Professionelles Arbeits- und Zeitmanagement
5.3.3 Aufbauendes Selbst- und offenes Beziehungsmanagement
5.3.4 Variable Unterrichtsentspannung

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

Indirekte Erziehung- Möglichkeiten des Arrangements

l. Einleitung

Besonders seit dem katastrophalen Abschneiden deutscher Schüler in der Pisa-Studie der OECD diskutieren Bildungspolitiker, Lehrer, Schüler, ja die gesamte Nation über eine Verbesserung unseres Bildungs-, Erziehungs- und Schulsystems.

Erziehungsaufgaben lagen früher eindeutig bei den Eltern. Doch heute werden diese oft ver­drängt, abgewälzt auf Institutionen: der Schule, der Universität, der Bundeswehr, der Berufs­schule, Durch finanzielle Nöte, die Berufstätigkeit beider Eltern, Karriereziele, etc. schaffen die Erzieher oft nicht den nötigen Rahmen um Bildung zu fordern. Die Institutionen sollen dieses Defizit an Erziehung auffangen. So stellen nach Schmitz (2003, S.72, Intemetquelle 2) die Schu­len einem 'Reperaturbetrieb' in unserer Gesellschaft dar. Die Lehrer sollen nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch die sittliche Erziehung der Kinder übernehmen. Zusätzlich lastet ein hoher Erwartungsdruck seitens der Politik und der Eltern auf ihnen und sie müssen stets gegen ihr Negativimage in der Öffentlichkeit ankämpfen.

Obwohl nun viele Lehramtsstudenten mit Ideenreichtum, Motivation, idealistischer Einstellung und Leistungsbereitschaft in das Berufsleben einsteigen, häufen sich die Zahlen von Stress- und Ermüdungserscheinungen in der Lehrerschaft.

Um nun unsere Bildungs- und Erziehungssituation zu verbessern, werden sowohl politische, ge­sellschaftliche als auch pädagogische Konsequenzen zu ziehen sein. Seitens der Lehrer müssen u.a. die Erziehungsmethoden hinterfragt und überarbeitet werden um eine positive Lemsituation für den Schüler , aber auch für sich selbst zu ermöglichen.

In folgender Arbeit stelle ich nun eine Erziehungsform, die indirekte Erziehung, dar. Merkmale, Vorteile, Möglichkeiten, Schwierigkeiten, Grenzen und Gefahren dieser Grundform pädagogi­schen Handelns zeige ich anhand von Beispielen auf. Insbesondere gehe ich auf die Situation von Lehrern ein und gebe Ansätze, welche Vorteile und Möglichkeiten in der indirekten Erzie­hung für Lehrer hegen (vgl. 5.).

2. Einordnung und Definition von der indirekten Erziehung

Ziel der Erziehung ist die Hmfülmmg des Educandus in die Mündigkeit und ein aktives Mitglied der Gesellschaft zu werden.

Dieses Ziel kann zu einem auf direkten Weg als auch auf indirekten Weg verfolgt werden.

Zu den direkten Erziehungsformen zählen Unterrichten, Beraten, Informieren. Bei diesen For­men findet jeweils eine Interaktion / Kommunikation zw. Erzieher und Educandus statt. Der Lemreiz bzw. die Lemforderung geht vom Erzieher selbst aus (vgl. Skizzel) z.B. beim Frontal­unterricht referiert der Lehrer den Lernstoff und der Schüler versucht diesem zu verstehen, zu hinterfragen, aufzunehmen und umzusetzen.

Skizze 1 : direkte Erziehung

Erzieher Lernender

Beim Arrangieren hingegen entsteht der Lemreiz nicht durch den Erzieher selbst, sondern der Erzieher "geht den Umweg" über die Gestaltung der Umwelt (vgl. Skizze 2). "Situationen wer­den so hergestellt, eingerichtet und bereitgestellt, dass sich ohne daß Pädagogen eingreifen müs­sen Lernmöglichkeiten ergeben und >offene< Lemsituationen provoziert und realisiert werden" (Weber, 1982, S.34).

Beispiele für Arrangements sind Aufenthalt in Landschulheimen, Initiieren von Projektgruppen, Organisation von einer Party, Besuche im Museum, Vermittlung von Gesprächen mit Fachleu­ten, Aufzeigen von Modellen und Verhaltensbeispielen,...

Skizze 2: indirekte Erziehung

Erzieher Umwelt Lernender

Durch Gestaltung einer lernförderlichen Umgebung lernt der Educandus selbständig, da der Erzieher nicht in den Lernprozeß eingreift, spricht man hier von indirekter Erziehung. Domke (1991, S.S5) definiert indirekte Erziehung als "jegliche Art planvoller Herstellung oder Beein­flussung von Umwelt mit der Absicht, dadurch besonders forderliche Lembedingungen zu schaf­fen."

In Anlehnung an Domke (1991, S.85ff) arbeite ich in den nächsten Abschnitten die Besonderhei­ten, Möglichkeiten, aber auch Grenzen der indirekten Erziehung heraus.

3. Merkmale und Vorteile indirekter Erziehung

3.1 Arrangement einer lernförderlichen Umwelt

Wie bereits erwähnt schafft der Erzieher durch Gestaltung einer natürlichen / kulturellen Umwelt optimale Lembedingungen. In diesem Arrangieren liegt die Hauptaufgabe des Pädagogen, aber zugleich auch die Schwierigkeit (vgl.4.).

3.1.1 Herstellung günstiger Lernbedingungen

Zum Einen soll die Umwelt so gestaltet sein, daß sie den Educandus positiv unterstützt, d.h. In­teresse weckt, ihn motiviert und herausfordert zu lernen, auszuprobieren, zu üben und Erlerntes bzw. Erprobtes anzuwenden.

Ein Beispiel fur eine forderliche Lemsituation ist ein Klassenausflug zu einer Rettungssanitäter­gruppe, bei der ein Gespräch zwischen Schüler und Sanitäter stattfindet und Rettungsübungen demonstriert werden. Die Schüler werden dadurch ermuntert sich u.a. für medizinische und kör­perliche Fragen, aber auch für soziale Aspekte wie Hilfsbereitschaft und für praktische Anwen- düngen wie der Bergung von Personen, Erste-Hilfe,... zu interessieren. Im Gespräch mit Sanitä­tern erhalten sie mehr Fachinformationen, der Erfahrungsaustausch ist reahtäts- und lebensnäher als im Unterrichtsgespräch mit dem Lehrer. Durch praktische Übungen z.B. wird der Schüler unterstützt im Umgang mit Gefahren- und Bergungssituationen. Eine günstige lebensnahe Lem- situation entsteht durch selbständiges Ausprobieren, Nachahmen, Umsetzen und freiwilliger Diskussion.

Der Lernende orientiert sich in seiner Entwicklung zur Mündigkeit stark an der Außenwelt. Durch "Präsentieren von Modellen" bildet der Pädagoge Orientierungsmöglichkeiten, er zeigt Perspektiven und Alternativen zum Handeln und zur Lebensweise auf.

So kann z.B. das Lesen einer Geschichte ein Verhalten fördern, wie Johler (1977, S.174) schreibt: "Der Held einer Geschichte kann Identifikationsmöglichkeiten bieten, die zu Toleranz und Autonomie disponieren".

Indem der Pädagoge nun eine Vielfalt von "nachahmenswerten Lebensformen ermöglicht, z.B. über Gespräche, Literatur, Filme, direkte Kontakte u.ä." ( nach Domke, 1991, S.94) zeigt er ihm eine Fülle von Wahlmöglichkeiten und Optionen auf. Der Educandus lernt neue Verhaltensmus­ter kennen und verfestigt bzw. verabschiedet sich von bereits Erworbenen. Voraussetzung für Lernen am Modell ist nach Domke "eine komplexe Aufmerksamkeit, Gedächtnisleistung und Reproduktionsleistung, da das Lernen nicht über viele kleine Einzelschritte, sondern im Ganzen erworben wird" (1991, S.94). Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, bietet das Beobachtungsler­nen durch lebensnahe, konkrete Beispiele optimale Lembedingungen.

Es ist weder bestimmbar noch vorhersehbar, welchen Modellen und Beispielen der Lernende Bedeutung schenkt, für nachahmenswert empfindet und diese selbst umsetzt. Sein Verhalten kann durch Modelle sowohl gehemmt als auch enthemmt, d.h. ausgelöst werden.

Deshalb liegt in der "Präsentation von Modellen" zugleich auch eine Schwierigkeit der indirek­ten Erziehung (vgl. 4.1).

3.1.2 Schutz vor ungünstigen Einflüssen

Die Umwelt soll aber nicht nur günstige Einflüsse bieten, sondern auch vor ungünstigen Einflüs­sen wie Gefahren behüten, also negatives Einwirken verhindern.

Durch "Zurückhaltung und Abwehren von Umwelteinflüssen" (Domke,1991, S.S6) vermeidet der Pädagoge eine Überforderung des Educandus. Das Ziel liegt in der Herstellung einer natürli­chen bzw. kulturellen Umgebung in der der Lernende frei und ohne Angst lernen kann.

Ein dreijähriges Kind, das sich in seiner Umgebung wohl und geborgen fühlt, wird sich in sein Spiel im Sand vertiefen können und seine ganze Energie und Kraft auf sein Tun lenken. Dieses "entspannte Feld der Geborgenheit" ist wie ein Schutzraum bzw. Schutzrahmen, der das Lernen oft erst ermöglicht.

Das Lemarrangement soll fordern, aber nicht überfordem. Sicherheit und Schutz bieten, aber nicht überbehüten. Die Schwierigkeit hegt nun darin Lembedingungen zu schaffen die sowohl adäquate Auseinandersetzungsmöglichkeiten als auch einen gewissen Schutzraum bieten. Schleiermacher schreibt 1959 zu diesem Problem: "Allen Kräften und Fähigkeiten ist eines ge­meinsam: sie sind in ihren ersten Anfängen schwach, bedürfen der Schonung; jeder Kampf wür­de sie zerstören. Je mehr sie aber...durch die Behütung selbst gewachsen sind, um so mehr muss man suchen sie dem Kampf auszusetzen" (Domke, 1991, S.90).

Das bedeutet daß zur Entstehung von Kräften und Fähigkeiten viel Schutz nötig ist, wie z.B. der Kindergarten eine kleine "Oase" bildet, die vor Überforderung durch die Erwachsenenwelt, Me­dienwelt und physischer Gewalteinwirkung schützt.

Wird der Lernende zu sehr beschützt und behütet besteht die Gefahr ihn zu entmündigen. Auch würde Isolierung oder Abkapslung des Educandus von der Umwelt dem Prinzip der indirekten Erziehung hinsichtlich der Auseinandersetzung in einer lebensnahen Situation (siehe 3.2) wider­sprechen.

Wenn aber die Fähigkeiten und Kräfte stärker sind, brauchen sie der Forderung bzw. Herausfor­derung damit sie sich weiter entwickeln können. So ist in der Erwachsenenbildung zwar be­stimmt ein gewisser Schonraum nötig, dieser ist aber weitaus großzügiger und individuell unter­schiedlich zu setzen. Hier sind besonders die Auseinandersetzungs- und Förderungsmöglichkei- ten entscheidend.

Um die Umwelt also adäquat für den Educandus zu gestalten ist es wichtig seinen Entwicklungs­zustand zu kennen. Welcher Schonraum einzuräumen ist und wieviel Auseinandersetzungsmög­lichkeiten förderlich sind, ist individuell unterschiedlich und sollte beim Arrangieren berücksich­tigt werden. Der Pädagoge sollte außerdem bei der Gestaltung mögliche Probleme antizipieren, Risiken und Gefahren mit einkalkulieren um eine Überforderung des Lernenden zu verhindern. Die indirekte Erziehung bietet durch Gestaltung der Umwelt eine Fülle von Lernmöglichkeiten. Diese Arrangements fördern u.a. Selbständigkeit und Motivation. In ihnen können sich aber auch Gefahren wie Über- oder Unterforderung (Schutz und Auseinandersetzungsmöglichkeiten) ver­stecken (vgl. 4.1).

3.2 Auseinandersetzung mit natürlicher / kultureller Wirklichkeit

In der indirekten Erziehung wird eine natürliche Lemsituation geschaffen, wie das Beispiel in 3.1 der Klassenausflug zu den Sanitätern zeigt. In realitätsnaher Umgebung lernen hier die Schü­ler den Umgang mit Bergungssituationen kennen. Die Übungen zur Rettung von Personen stehen im Kontext mit Beispielen/ Erfahrungen aus den Leben der Sanitäter und evtl, sogar aus dem eigenen Erleben der Schüler.

Nicht nur im Fachgespräch sondern auch bei einen Schulausflug in den Wald, im Landschul­heim, beim Krankenhausbesuch,... wird eine reale Lemsituation geschaffen. Da man in derarti­gen Situationen einen Zusammenhang zu sich und seinem Leben herstellt, ist der Lernende mo­tivierter und interessierter als im oft lebensfernen Unterricht. Unterricht hat häufig keinen Bezug zum Alltagsleben des Schülers, so dass es dem Schüler schwer fällt den "Sinn" hinter den Lern­stoff zu erkennen.

Ein Vorteil in der handelnden Auseinandersetzung mit der Umwelt entsteht nach Johler (1977, S.171) durch "Entwicklung der geistigen Strukturen durch Akkomodation (Kind paßt seine geis­tige Struktur der Umweltstruktur an) und Assimilation ( Kind paßt die Umweltstruktur seiner geistigen Struktur an). So kann "durch ständigen Umgang mit den Dingen die Kompetenz zur Selbständigkeit erreicht werden".

Bei fehlendem Bezug zum eigenen Leben und geringen Anwendungsmöglichkeiten sinkt häufig die Motivation und Interesse für den Lernstoff.

Der Vorteil der indirekten Erziehung liegt also im eigenen Erleben, Ausprobieren und Wahr­nehmen ( z.B. auch mit allen Sinnen den Waldboden aufhehmen) vom Lernstoff Ein direkter Bezug ist möglich und die Eigenmotivation steigt.

3.3 Erzieher bleibt im Hintergrund

Schon Maria Montessori (1870-1952) empfand es (neben der Gestaltung einer vorbereitenden Umgebung) als wichtigste Aufgabe des Erziehers sich nicht in das Lernen einzumischen. Jegli­ches Dazwischendrängen störe den Lernprozess und "raube nur Energie und Zeit" (nach Böhm, 1982, S.372). Der Pädagoge soll sich nach Montessori in der Peripherie des Kindes aufhalten und es genau beobachten. Der Erzieher gibt aber nie die Verantwortung aus der Hand, sondern "trägt stets die Mitveranwortung für den Entwicklungsprozess" (Domke ,1991, S.87). So kann sich das Kind frei entfalten und ungestört lernen.

Montessori beschreibt ein im Spiel versunkenes Kind, das durch Eingreifen der Erzieherin ge­zwungen ist sein Tun zu unterbrechen und den resultierenden verzögerten und damit verschlech­terten Lernprozess.

Jeder kennt aus eigener Erfahrung, wie er auf Störungen bei einer intensiven Tätigkeit reagiert. Die Konzentration ist schnell verloren und man verschwendet unnötig Zeit und Energie um wie­der in die begonnene Arbeit hineinzufinden. Oft fühlen wir uns durch Ratschläge, Tipps, Hilfe­stellungen,... "überfahren" oder sogar bevormundet. Bevormundung, sei sie auch noch so freund­lich gemeint, belastet meist die Beziehung und häufig die Freude und Motivation an der Arbeit. "Indirekte Erziehung ist unaufdringlich da der Erzieher nicht penetrant eingreift" (Domke, 1991, S.87) und schont folglich die Beziehung zwischen Lernendem und Erzieher.

Der Erzieher muß aber stets präsent und anwesend sein um den Lernprozeß zu kontrollieren und den benötigten Schutzrahmen (vgl. 3..1) zu bieten. Nach Johler (1977, S.177) ist das "Urvertrauen das wichtigste, wenn auch nicht der einzige Boden, auf dem Autonomie wachsen kann".

So sollte durch die Anwesenheit des Erziehers der Educandus die Chance haben Vertrauen zu ihm aufzubauen. Dadurch entsteht eine sozio-emotionale Sicherheit für den Zögling. Wichtig ist aber, dass der Erzieher verläßhch bleibt. Es ist z.B. nötig, dass Eltern ihre mögliche Abwesenheit ankündigen und einen von den Kindern akzeptierten Babysitter organisieren. Das Einhalten von Terminen, Abmachungen, Versprechungen,... ist Voraussetzung zum Aufbau einer stabilen emo­tionalen Basis.

Oben genannte Merkmale bieten folglich die Möglichkeit zum Aufbau einer guten Beziehung zwischen Lernendem und Pädagoge. Zugleich hegt hierin auch die Schwierigkeit für den Erzie­her stets anwesend zu sein (vgl. 4.2).

3.4 Lernreiz entsteht durch die "Sache"

Da der Pädagoge im Hintergrund bleibt und der Lernende nicht direkt von ihm zum Lernen auf­gefordert wird, sondern der Lemreiz durch die Umwelt entsteht, fühlt sich der Educandus in sei­ner Entscheidung frei. Er hat das Gefühl selbstbestimmt handeln zu können. Dadurch steigt nach Domke (1991, S.87) sowohl die Motivation fur das Üben als auch die Frustiationstoleranz. Kei­ne Fremdbestimmung zwingt ihn zur Wiederholung, das Lemziel und der Lemweg bleibt ihm weitgehend selbst überlassen, da er selbst entscheidet, was er als Sachzwang empfindet. Der Zögling nimmt die Ausgangs situation wahr, antizipiert und handelt nach eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten.

Durch die freie Entscheidungsmöglichkeit und Entscheidungsvielfalt ist der Sachzwang auch leichter zu ertragen als der direkte Lemzwang durch eine Person z.B. dem Lehrer. Denn die Leh­rer erfahren täglich wie schwierig es ist andere zum Lernen oder Arbeiten zu motivieren. Sie versuchen meist auf direkten Weg durch Kommunikation oder Interaktion für das Lernen zu be­geistern. Doch viele Kinder und Jugendliche vor allem in der Pubertät fühlen sich dadurch fremdbestimmt/ bevormundet und erfragen diesen sozialen Zwang kaum. Dadurch kommt es häufig zu einem Leistungsabfall der Schüler und Aggressivität gegenüber dem Lehrer (vgl.5.).

Ein weiterer Vorteil der indirekten Erziehung liegt demnach in dem leichter zu ertragenden Sachzwang, der wiederum Möglichkeiten zur Verbesserung der Motivation und Erhöhung der Leistungsbereitschaft für die Schüler schafft. Außerdem wird die Beziehung zwischen Educandus und Erzieher nicht zusätzlich belastet wie bereits 3.3 zeigt.

3.5 Lernziel flexibler / offener / selbstbestimmt

Wie bei 3.4 erwähnt, wird das Lemziel vom Lernenden weitgehend ungebunden und autonom bestimmt. Das Lemziel ist nicht genau definiert, sondern bleibt flexibel, da der Lernende die "Probleme" auf seine Art löst. Die Anforderung an den Educandus selbst wächst mit der Selbst­bestimmung, da er eine Eigenverantwortung zum Gelingen trägt. Dadurch steigt seine Motivati­on und Leistungsbereitschaft.

Bei folgendem Beispiel agieren die Lernenden weitgehend autonom:

In einer Gruppenarbeit in der Schule, bei der der Lehrer einen Text an die Schüler verteilt mit der Aufgabe diesen zu lesen und anschließend darüber zu diskutieren, läßt er den Schülern die Möglichkeit den Text auf ihre Weise zu interpretieren und eigene Schwerpunkte zu wählen. In der anschließenden Diskussion können sie Erfahrungen mit anderen austauschen und lernen ihre Sichtweise zu vertreten. Der Ausgang solch einer Diskussion ist nicht genau vorhersehbar. Der Lehrer hat aber wie 3.3 zeigt die Aufgabe den Text sorgfältig auszuwählen und einen geordneten Rahmen für die Diskussion vorzugeben.

3.6 Umwelt ,kindgerechť

Die Umwelt soll derart gestaltet sein, daß sie dem Entwicklungsstand des Lernenden angepasst ist. Sie muß wie in 3.1 beschrieben den nötigen Schutz bieten und gleichzeitig zum Lernen pro­vozieren. Die adäquate Gestaltung ist ein schwierige Aufgabe für den Pädagogen, da er u.a. den Lernenden und seine Lähigkeiten einschätzen und möghche Risiken und Gefahren antizipieren bzw. verhindern muß.

So ist es z.B. eine diffizile Angelegenheit eine Party für Senioren zu planen, da u.a. auf die Wün­sche der Senioren eingegangen werden muß: Dekoration, Essen, Musikauswahl, Anzahl der Stühle, Schutz vor Unruhe, Stolperfallen und vieles mehr sollten bedacht werden um einen pas­senden Rahmen zum Gelingen des Festes zu bilden.

Auch die Einrichtung des Kinderzimmers stellt stets eine knifflige Aufgabe für Eltern dar. An­zahl und Auswahl der Spielsachen, Größe und Gestaltung des Schlaf- und Spielplatzes, Minimie­rung von Verletzungsgefahren bzw. -risiken, Schäftung einer Intimsphäre, u.ä. müssen berück­sichtigt werden.

Wenn der Pädagoge eine entwicklungsgemäße Umgebung arrangiert, lassen sich "innerhalb die­ser Umwelt mehr Freiheiten einräumen" (Domke, 1991, S.SS). Da das Umfeld nur bietet, was "erlaubt" ist, muß der Erzieher nicht mit Regeln, Gesetzen oder Strafen eingreifen. So darf sich z.B. das Kind im altersgemäßen Spielzimmer ohne Einschränkungen und Verbote aufhalten und beschäftigen.

Dadurch besteht kein Widerspruch zwischen der Umwelt (Beschäftigungsangebote im Kinder­zimmer) und dem Erzieher. Der Erzieher muß der Umwelt nicht entgegenwirken und der Ler­nende wird vor unnötigen Spannungen und Rollenkonflikten bewahrt.

Außerdem vermeidet eine adäquate Umgebung eine Überforderung des Educandus. Die Umwelt muss Rücksicht auf die Empfindsamkeit und Irritierbarkeit des Lernenden nehmen, wie z.B. das Kinderzimmer vor Reizüberflutung durch elektronische Medien bewahren sollte (vgl. 4.).

Zusammenfassung der Vorteile:

Indirekte Erziehung schafft durch "passende" Arrangements mehr Freiräume für den Lernenden und verhindert Überforderung(vgl. 3.6) Sie ermöglicht außerdem die von Domke (1991, S.90) geforderte "handelnde Auseinanderset­zung mit einem Stück real begegnender Welt" (Heckhausen 1973, S.157 ff.) und befriedigt da­durch das natürliche Lemverhalten (vgl. 3.2).

Da der Lernende durch die indirekte Erziehung die Möglichkeit hat eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu handeln (vgl. 3.5), lernt er sich und Situationen einzuschätzen, abzuwägen und differenziert zu agieren. Dadurch kommt er dem Ziel der Erziehung, der Mündigkeit einen gro­ßen Schritt näher.

Ein weiterer Vorteil entsteht durch die "unbeschwerte" Beziehung zwischen Educandus und Er­zieher (vgl. 3.3 und 3.4), die eine gegenseitige Wertschätzung, Respekt und Verständnis fürein­ander ermöglicht.

Gravierender Vorteil ist die gesteigerte Motivation, Leistungsbereitschaft, Ausdauer und erhöhte Frustrationstoleranz, die sowohl auf den "Sachzwang"(3.4), die Involvierung von "Kopf und Geist" (4.4), als auch auf die "handelnde Autonomie" (3.5) zurückzuführen ist.

Die Methode der indirekten Erziehung schafft aber nicht nur Vorteile, sondern bringt auch einige Schwierigkeiten und Probleme mit sich.

4. Schwierigkeiten und Probleme indirekter Erziehung:

4.1 adäquate Umweltgestaltung

Die adäquate Gestaltung der Umwelt erweist sich für den Pädagogen als schwierig, da er "das gesamte Handlungsfeld auf seine Beeinflußbarkeit hin prüfen soll" (Domke, 1997, S. 76). Mögliche physische Gefahren z.B. Verletzungsrisiken, Schutz vor Gewalteinwirkungen und psy­chische Risiken z.B. durch Reizüberflutung, müssen antizipiert und berücksichtigt werden.

Da Freiräume und Freizügigkeit nur dort stattfinden kann, wo günstige Bedingungen herrschen muß die Umwelt "präpariert" werden. Oft gelingt dies nur bedingt, da z.B. ein Spielraum in der freien Natur für Stadtkinder aus räumlichen oder finanziellen Möglichkeiten nur schwer einzu­räumen ist. Der Anregungsgehalt durch das Naturerlebnis bleibt dadurch begrenzt und eigene Erfahrungen beschränkt.

Dadurch kommt es auch zu einem "Mangel an Gelegenheiten eigene Grenzen zu erfahren" (Domke, 1997, S.76).

Die Schwierigkeit beim "Präsentieren von Modellen" vgl.3.1 liegt in dem Problem geeignete Modelle zu finden, eine Vielzahl derer zu arrangieren und der Abwehr von negativen Modellen. So sollen viele verschiedene positive Anregungen ermöglicht werden um eine einseitige Fixie­rung des Educandus zu verhindern. Erst bei einer Auswahl an Beispielen und Verhaltensformen profitiert der Lernende, da er die Chance zum Vergleich, zum Abwägen und zur Wertung hat.

Der Mangel an Modellen und Möglichkeiten sich und seine Grenzen einzuschätzen und kennen- zulemen, entsteht u.a. durch finanzielle Möglichkeiten der Eltern bzw. Einschränkung des Etats für Klassenausflüge, etc..

Nicht zu vergessen ist, daß Modelle und Beispiele den Educandus nicht überfordem sollen. Da­bei muss sowohl auf den intellektuellen, psychischen und physischen Zustand, also der gesamten Gesundheit, des Zöglings Rücksicht genommen werden.

So sollten z.B. Medien, wie der Fernseher nur bedingt eingesetzt werden um den Educandus vor Reizüberflutung zu schützen. Die Vorteile vom Fernsehen, die Vermittlung von Informationen, Veranschaulichung und Präsentation von Modellen und Beispielen über den eigenen Erfahrungs­schatz hinaus sollten genutzt werden, dürfen aber nicht in einer gewaltigen Fülle von Informati­onen ausarten. Durch zu häufiges, zielloses Fernsehen mit der Entwicklung des Zöglings inadä­quaten Sendungen besteht die Gefahr der Überbelastung. Auch setzt sich der Lernende nicht selbst mit seiner Umwelt auseinander, sondern läßt erleben. Dadurch fehlen ihm eigene Erfah­rungen und er begibt sich in die Gefahr schwer zwischen Realität und Fiktion unterscheiden zu können.

Deshalb ist es nötig, dass der Pädagoge einen Rahmen vorgibt und die Vorteile dieses Mediums gezielt einsetzt (vgl. auch 4.3).

4.2 Anwesenheit des Erziehers

Mit der Forderung an den Erzieher stets präsent, ansprechbar und verläßhch zu bleiben, geht eine hohe Anforderung an ihn einher.

Diesen Erziehungsauftrag nachzukommen ist in der Umsetzung, vor allem als erziehende Eltern, schwierig, doch ist es vor allem zu Beginn der Entwicklung notwendig um das Urvertrauen des Educandus nicht zu zerstören um ein Fundament für zwischenmenschliche Beziehungen und Bindungen zu legen. Es muss keine Vollkommenheit angestrebt werden, aber eine Vertrauensba­sis bei der Regeln, die beide Parteien akzeptieren und für beide Wert und Gültigkeit besitzen, geschaffen werden.

So ist es wichtig, daß der Erzieher sich an Abmachungen hält wie im Beispiel 3.3 die Eltern ihre Abwesenheit ankündigen und einen akzeptierten Babysitter organisieren.

4.3 Erfahren von Regeln, Rollen

In den letzten beiden Punkten wird deutlich, daß indirekte Erziehung oft nur dann vorteilhaft ist, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden. So ist es z.B. bei Kleinkindern unerläßlich auf Ge- bzw. Verbote im Umgang mit den Fernsehen zu verzichten, da der Umgang mit solchen Medien erst erlernt werden muss.

In der Erziehung soll stets bedacht werde, daß auch nur das anwendbar und umsetzbar ist, was "in Spuren schon vorhanden ist" (Domke, 1991, S.S7).

Der Educandus braucht Regeln und Gesetze an denen er sich orientieren und auf die er sich ver­lassen kann (vgl.4.2). Diese Regeln müssen aber der Art sein, daß sie hinterfragt, diskutiert und verändert werden können.

Zwar werden in der indirekten Erziehung u.a. räumliche und soziale Grenzen im Miteinander kennengelemt, aber dafür müssen zuerst Grundvoraussetzungen vorhanden sein.

Es besteht die Gefahr, dass der Educandus unrealistische Herrschaftsansprüche stellt und egois­tisch handelt. Auch können evtl. Anpassungs Schwierigkeiten bei der Eingliederung in die Gesell­schaft entstehen.

4.4 Arrangements von hoher emotionaler Dimension

Indirekte Erziehung schafft Arrangements, die zum Lernen amegen. Arrangements kreieren kei­ne bloßen Lemsituationen, sondern erzeugen Stimmungen. Sie involvieren nicht nur den Geist, sondern die ganze Person, vor allem die Emotionen. Hierin besteht sowohl der Vorteil, dass der

Lernende sich als Ganzes, mit seiner gesamten Aufmerksamkeit und Energie ins Lernen vertieft, aber auch die Gefahr des Mißbrauchs.

Der Nationalsozialismus zeigt, daß Gestaltung und Inszenierung von Umwelt, wie Adolf Hitler sie dem deutschen Volk "bot", auch Verfuhrungs Situationen darstellen und "Mitläufertum" und gruppendynamischer Terror entstehen kann.

Der Educandus ist den Arrangements nicht bedingungslos ausgeliefert, sondern er kann diese selbst beeinflussen.

Wechselbeziehung zwischen Umwelt. Lernenden und Erziehung

Erziehung findet nach systemischen Verständnis nicht unidirektional statt, sondern Erzieher, Lernender und Umwelt bedingen und beeinflussen sich gegenseitig (vgl. Skizze 3). "Vernetzungen und Wechselwirkung bestehen auf allen Systemebenen" (Domke, 1997, S.7S), so daß sowohl vom Erzieher, als auch vom Lernenden selbst und von der Umwelt Wirkungen aus­gehen.

Skizze 3 :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dadurch wird deutlich daß die eingangs erwähnte Bildungsmisere in Deutschland (vgl. 1.) nicht auf ein "System", wie dem Lehrer Zurückzufuhren ist, sondern "alle- Eltern, Lehrer, Polifrk"(t- online 8.12.2001, Intemetquelle 3) sind nach EU-Kommisarin Redling verantwortlich.

Dieser Ansatz zeigt aber auch, dass der Lehrer nicht Schicksal seiner Umstände ist, sondern, dass er sowohl die Umwelt als auch seine Wirkung auf die Schüler positiv gestalten kann. Bei Redu­zierung seiner Stressfaktoren (Umwelt) steigern sich seine persönlichen Ressourcen und er ver­bessert den Umgang mit den Schülern. Dadurch reduziert er den Leistungs- und Spannungsdruck der Schüler und diese agieren ebenfalls entspannter. Von der verbesserten Atmosphäre profitiert dann wiederum der Lehrer selbst, der sich gut konzentrieren kann.

Das bedeutet für den Lehrer, daß er bei sich selbst anfangen muss, wenn er seinen Unterricht und seine Erziehung verbessern will.

5. Lehrer "positiv arrangieren"

Zur Hauptaufgabe des Pädagogen in der indirekten Erziehung zählt die "Herstellung von Umwelt mit der Absicht dadurch besonders förderliche Lembedingungen zu schaffen" (Domke, 1991, S.85). Diese Lemsituation beeinflussen Lehrer positiv, wenn sie eine angenehme, entspannte Atmosphäre ausstrahlen. Dazu muss der Pädagoge gesund, frei von Angst und Stress sein. Eine Studie von Becker und Gonschorek belegt, daß sich Burnout besonders auf das Schülerverhalten negativ auswirkt, "nachlassende Arbeitshaltung, Störungen, Lemunlust, Schulmüdigkeit und Resignation sind Anzeichen von Schülern, die über einen längeren Zeitraum von einem ausge­brannten Lehrer unterrichtet wurden".

So gilt nach Schmitz der Grundsatz "geht es dem Lehrer gut, geht es auch den Schülern gut"(Schmitz, 2003, S.74, Intemetquelle 2).

In nachfolgenden Abschnitten gehe ich auf möghche Faktoren ein die die Gesundheit des Leh­rers beeinträchtigen und Stress provozieren können. Zum Schluss zeige ich noch Ansätze für Stressbewältigung und -reduzierung auf.

5.1 Definition Stress

Nach Tausch (1989, S.62) werden Stressbelastungen als "gefühlsmäßige Empfindungen im Zu­sammenhang mit Einschränkungen, Überforderungen durch innere oder äußere Reize, Enttäu­schungen und Verlusten" definiert.

Bei ausbleibender Kompensation kann Stress sowohl körperliche als auch psychische Probleme hervorrufen. Die Summation von Stress- und Überlastungszeichen kann zu dem sogenannten Bumout-Syndrom (englisch: "ausgebrannt sein") fuhren, welches einen "körperlichen, emotiona­len und geistigen Erschöpfimgszustand"(wiener-zeitung, Intemetquelle 4 ) beschreibt.

5.2 Lehrsituation

Mögliche Ursachen für Stress können nach Becker / Gonschorek sein:

1. Klassenstärke und Problem scinder

30 Schüler und mehr sollen nach ihren Fähigkeiten gefördert werden. Erschwert wird dies durch die ansteigende Zahl sogenannter Problemschüler, d.h. "hyperaktiv, flegelhaft, unmotiviert, kon­zentrationsschwach , aggressiv" (Schmitz, Intemetquelle2, S.73)

2. Schulaufsicht

Der Lehrer ist stark durch das hierarchische Bürokratiesystem mit Gesetzen, Verordnungen, ge­bunden und reglementiert. Es besteht die Gefahr, dass der Lehrer Gefühle der Abhängigkeit, Bevormundung seitens der Schulleitung entwickelt.

3. Rahmenbedingungen Unterricht findet teilweise an Schulen statt, deren Einzugsgebiet einem sozialen Brennpunkt gleicht.

Ungünstige Lage der Schule, räumliche Mängel, unzureichende Medienausstattung, etc. ver­schlechtern den reibungslosen Unterrichtsablauf.

4. Persönliches

Der Lehrer ist keine idealitische Person, sondern auch nur ein Mensch, dem zusätzliche private Sorgen und Schicksals Schläge belasten.

Wenn die Schüler nicht die geforderten Leistungen erbringen, verstärkt sich beim Lehrer das Gefühl nicht genug getan zu haben. Dadurch entsteht ein Dauerstress und die Sorge mit der Ar­beit nie fertig zu werden.

Das anfängliche Berufsideal widerspricht der Wirklichkeit. Eine Bestätigung von außen bleibt oft aus, Lob und Anerkennung für Bemühen sind eine Rarität, so daß eine Unterstützung von außen eine "Mangelware" darstellt.

5. Kollegen

Ungünstiges Gruppenklima im Kollegenteam, fehlender Gedankenaustausch über fachliche, me­thodische und organisatorische Fragen und mangelnde Bereitschaft über soziale Probleme, Er­ziehungsprobleme und Konflikte offen zu sprechen führen zu Selbstzweifel, Schuldgefühle und Einzelkämpfertum.

Wenn zudem keine Einigung über wenige Erziehungsgrundsätze und gemeinsames Handeln be­steht oder sich Kollegen ausgebrannt fühlen, steigt die Belastung für den Einzelnen.

6. Eltern

Die hohe Leistungserwartung der Eltern verlangt Erfüllung. Besserwisserei, Einmischung und fehlende Zusammenarbeit, Gleichgültigkeit der Eltern verhindern oft eine konstruktive Zusam­menarbeit und mögliche Hilfen.

7. Schulleitung:

Eine erschwerte Zusammenarbeit mit der Schulleitung kann durch parteiliche, ungerechte und kleinliche Vorgesetzte, Konferenzen die vor allem zur Selbstdarstellung benutzt werden, Igno­ranz pädagogischer Probleme, und anderes entstehen. Zudem kann eine Ungerechtigkeit bei Ver­teilung der Pflichten, des Stundenplans, Vertretungen,...für Mißmut beim Lehrer sorgen.

8. Berufsimage:

Lehrer kämpfen aktuell für ein positives Image in der Öffentlichkeit.

Begrenzte Lörderung und Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf, aber gleichzeitig ständig neue Auf­gaben wie Korrektur zur fehlerentwicklung, verstärken das negative Berufsbild.

9. Qualifikationen:

Ausbildungsdefizite in den Bereichen "Beratung- und Konfliktverhalten, Zeit- und Stressmana­gement, Schulverwaltung und Organisation stellen eine mangelnde Berufsvorbereitung dar" (Schmitz, Intemetquelle2). Zum Teil fehlen auch einfach eigene Erfahrung in der Berufswelt: Wer kann fürs Leben vorbereiten, der außer an der Schule noch nicht richtig gearbeitet hat?

Die genannten Ursachen müssen aber keinen Stress verursachen, denn nur wenn Angstgefühle überhand nehmen ist Stress die folge und Stress ist nicht selten der Anfang von Burnout.

5.3 Stressbewältigungsstragien

Speziell für Lehrer sind nach Intemetquelle 5 vier "Stressbewältigungsbausteine" zu beachten:

5.3.1 Vielfältige Entspannungskompetenz

"Grundlegend für eine hohe Stresstoleranz ist die Lähigkeit, sich rechtzeitig und effektiv erholen zu können" (Intemetquelle 5).

Dazu zählt die Lähigkeit sich kurzzeitig im Arbeitsalltag z.B. durch Entlastungen in Stillarbeits­phasen, in Lreistunden, auf den Arbeitswegen, etc. erholen zu können, aber auch Techniken zur vollständigen Regeneration z.B. für die Mittagspause, vor dem Einschlafen, zum Abbau von psychosomatischen Beschwerden und unangenehmen Gedankenspiralen zu beherrschen. Um sich langfristig zu erholen sollte der Einzelne ergänzende Regenerationsmaßnahmen z.B. Hob­bys, Sport, Naturerlebnisse, Kontakte u.ä. kennen und nutzen.

Den Zustand der Entspannung kann man u.a. durch Entspannungsübungen herbeirühren, die zum Abbau von Stress und zur Steigerung der eigenen Kräfte geeignet sind. "Die Wirkung von Ent­spannungsübungen treten unmittelbar ein. Allerdings werden erst bei regelmäßigen Übung die Effekte so stark, dass wir uns danach nicht nur wohler fühlen, sondern auch gelassener reagieren, belastbarer sind" (Tausch, 1989, S.69).

Hier einige Beispiele, die eine Entspannungsmögliclikeit bieten:

- Spiel als Therapie (Konzentration auf das Wesentliche, Lernfreude)
- Lauftherapie
- T’ai Chi und Yoga
- NLP: neurolinguistisches Programmieren (Zielvisualisierung)
- Suggestopädie
- Autogenes Training
- Transaktionsanalyse
- Rhythmus und Körperwahrnehmung
- Eutonie (körperliche -geistige Einheit, Wohlbefinden)
- Kognitiv- emotionale Umstrukturierung
- Gestaltpädagogik

Diese Möglichkeiten sind teilweise auch für den Unterricht geeignet, um eine entspannte und konzentrierte Lematmosphäre zu schaffen.

5.3.2 Professionelles Arbeits- und Zeitmanagement

Lehrer sind hohen Belastungen aufgrund einer unklaren Trennlinie zwischen Arbeits- und Privat­leben ausgesetzt. Zudem entsteht durch mangelnde Pausen eine Daueranforderung (z.B. häufiger Wechsel zwischen Unterricht und Pausenaufsicht). Die Steigerung der Arbeitseffektivität, die Ausnutzung von Leer-Freizeiten, das Setzen von Prioritäten kann im Gespräch mit Kollegen, in Stress- und Trainingsseminare, etc. erlernt werden. Ein professionelles Zeit- und Arbeitsmana­gement im Beruf und ein geplantes und ausbalanciertes Tagesmanagement verhindern eine Über­beanspruchung des Lehrers.

Realistische Berufsziele sind grundlegend um sich vor Überforderung zu schützen. Eine adäqua­te Einstellung zum Beruf, die sich an den aktuellen schulischen Voraussetzungen und an der in­dividuellen Belastbarkeit des Lehrers orientiert, kann sich der Einzelne durch Erfahrungsaus­tausch mit Kollegen, in Fortbildungen, etc. erwerben.

Um im Beruf zufrieden zu sein ist es wichtig sich individuelle Berufsschwerpunkte zu setzen. Der Monotonie des Berufalltags kann der Lehrer entkommen, indem er Neues erprobt, sich stän­dig weiterentwickelt und z.B. die Schulstufe oder das Aufgabenfeld wechselt.

Der Lehrer kann sich also durch Initierung oder Aufsuchen von folgenden Gruppen helfen seine Probleme zu reduzieren:

- Selbsthilfegruppen geben dem Einzelnen mehr Sicherheit, da das Kennenlemen von neue Wegen zur Erreichung von dem gleichen Ziel das Selbstvertrauen stärkt
- in Trainingsseminaren, Gesprächsgruppen, kollegiale Supervision, etc. können die Lehrer an sich selbst arbeiten, Probleme objektivieren und diskutieren
- Gesprächsgruppen zur Fach- und KonflrktLösung, mögliche Veränderungen der Unterrichtsmethodik: z.B. Projekt- und Gruppenarbeit der Schüler statt Frontalunterricht zur Entlastung von Lehrer und Schüler
- Besprechungen zur konkreten Unterrichtsgestaltung, Erfahrungsaustausch zwischen Kollegen
- z.B. wie verständliche Lehrtexte den Lehrervortrag oder Tafelzeichnungen erübrigen, die bei manchen Schülern zu Unruhe fuhren
- bei manchen Grundschutklassen sind von Lehrern erfolgreich Eltern um Mitarbeit gebeten worden
- Schulungen zu Beratungs- und Konfliktverhalten
- Fortbildungen zur Schulverwaltung und Organisation

An dieser Stelle möchte ich kurz ein Studie von Vogt (1998) zur Rehabilitation von Stress- und Bumout-Syndromen (nach Lairaiter, 1993, S.266) erwähnen. Vogt erzielte mit verschiedenen Ansätzen Erfolge z.B. durch Emährungsber atung, Bewegungstraining, themenzentrierte Ge­sprächsgruppen zu den Bereichen 'Stressbewältigung', 'Umgang mit Ängsten'. Lehrern kann also durch die Teilnahme an Fortbildungen, Entspannungs- und Gesprächsgruppen geholfen werden besser mit ihren Belastungen umzugehen.

Aber nicht die Rehabilitation, sondern die Prävention vor Stresssyndromen muss Ziel für das Bildungssystem werden.

5.3.3 Aufbauendes Selbst- und offenes Beziehungsmanagement a) Eigenwahrnehmung verbessern

Da unsere Gefühle entscheiden, wie wir uns selbst und unsere Umwelt betrachten, müssen wir zur Reduktion von Spannungen und Stress bei uns selbst anfangen. Nach Tausch (1989, S.69f) sind dabei u.a. folgende Überlegungen wichtig:

- Positive Selbstgespräche fördern Zuversicht und Motivation, negative Selbstgespräche und Grübeln beeinträchtigen uns selbst.
- Setzen von Prioritäten um das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen
- Loslassen schafft mehr Freiheit
- Bei belastenden Ereignissen sich die positiven Seiten überlegen

Oft ist es schwierig sich aus der eigenen "Denkschleife" zu befreien. Zunächst sollte man sich die Probleme verdeutlichen und objektivieren. Dabei kann z.B. die Konfrontation mit anderen Schicksalen, die Begegnung mit der Endlichkeit unseres Lebens oder das Kennenlemen religiös­philosophische Einstellungen neue Ansätze bieten.

Im Gespräch mit Freunden, Kollegen (vgl.5.3.3), Telefonseelsorge erfährt man andere Sichtwei­sen und bekommt konkrete Hilfestellungen.

Da die Motivation und das Engagement des Lehrers von der Leistung der Schüler abhängig ist und da auch das Verhalten einzelner Schüler eine der wesentlichen Ursachen für Burnout ist, muss der Schüler selbst zum Zentrum des Denkens, Fühlens und Handelns werden.

Wenn der Lehrer den Schüler unterstützt und fördert, werden sich Erfolgserlebnisse einstellen, Schüler und Lehrer motiviert und der Stress für den Lehrer reduziert. Der Lehrer sollte ein "offe­nes, zugewandtes und zunächst nicht bewertendes Gesprächsverhalten praktizieren, um grund­sätzlich stressmindemd und deeskalierend wirken zu können. Trainierte und systematische Kon­fliktaustragungstechniken sollten zu seinem Repertoire gehören" (Bachmann, Intemetquellel).

b) Soziale Unterstützung als Puffer .

Vor allem durch Bestätigung von seinem Umfeld stärkt sich das eigene Selbstwertgefühl und belastende Faktoren können durch Anerkennung, Unterstützung und Rückendeckung am Ar­beitsplatz abgemildert werden.

Die Studie von Pretorius (1993) bestätigt: "größter positiver Einfluß auf Burnout-Unterskala hat die Unterstützung durch Kollegen" (van Dick, 1999, S.96).

Wenn der Lehrer mit seinen Kollegen seine Probleme offen besprechen kann, Anteilnahme und Bestätigung erfährt, fühlt er sich mit seinen Problemen nicht allein. Im Gespräch ergibt sich die Chance eine andere Sichtweise, Stressbewältigungsstragien, Hilfestellungen zum Unterricht, Umgang mit Schülern,...kennenzulemen. Durch den Erfahrungsaustausch verändert sich seine Einstellung und Wahrnehmung (vgl.5.3.1), Stresssoren werden abgepuffert.

"Durch Verhaltensweisen wie ab und zu seine Kollegen loben, lächeln,... bis zu Unterstützungs­gruppen (vgl.5.3.4)"(van Dick, 1999, S.266) hilft sich das Kollegenteam gegenseitig, während "war stories" von Kollegen zur Aufmunterung und Zynismus eine abschätzige Einstellung zu Schülern fördern. Als negative soziale Unterstützung sei hier nur kurz das Mobbing erwähnt, wobei feindselige Interaktionen am Arbeitsplatz, die sich dauerhaft und systematisch gegen eine Person richten, schädlich auf die Gesundheit auswirken.

Durch Schaffung einer hilfsbereiten, positiven Atmosphäre im Lehrerkollegium wird die eigene Gesundheit bewahrt und die eigene Einstellung verbessert.

Ein guter Kontakt zur Schulleitung, bei dem der Lehrer sich selbst treu bleibt und seine eigenen Wünsche offen vortragen kann, ist anzustieben. Um adäquat reagieren und ihm helfen zu kön­nen, muß der Lehrer seine Interessen , Resignationspunkte der Schulleitung gegenüber formulie­ren und für sie eintreten. Wenn Schulleitung und Lehrer sich gegenseitig respektieren und ihre Arbeit bestätigen steigt die positive Tätigkeitswahmehmung.

"Die erlebte Bedeutsamkeit bzw. Verantwortlichkeit ist wichtige Variable für Arbeitszufrieden­heit" (Lairaiter, 1993, S.253).

5.3.4 Variable Unterrichtsentspannung

Eine Rhythmisierung des Unterrichtsgeschehens nach den Prinzipien von Be- und Entlastung ist sowohl für Schüler als auch für Lehrer empfehlenswert, da sie Müdigkeit und Leistungsabfall entgegenwirken. Nach längeren, ermüdenden Arbeitsphasen kann z.B. durch Atmung und Be­wegung ,Konzentrationsförderung und gegenseitiges Vertrauen über sensitive Wahmehmungs- schulung oder Entlastungstechniken, wie die progressive Muskelrelaxation nach Jakobson hel­fen.

6. Fazit

Es wird deutlich, daß zur Verringerung der Stressfaktoren der Lehrer selbst einen wesentlichen Beitrag leisten kann. Die Möglichkeiten sind zwar begrenzt, aber jeder kann für seine psychische und physische Gesundheit etwas tun, so dass sowohl eine entspannte Lehrsituation für den Päda- gogen als auch eine lemförderliche Umgebung für den Schüler geschaffen wird.

Hier bietet gerade die indirekte Erziehung viele bisher wenig beachtete Chancen zur Unterstüt­zung der Kinder und Jugendlichen zur Hinführung in die Mündigkeit bei gleichzeitiger Entlas­tung des Lehrers.

Aber nicht nur die Gestaltung des Unterrichts sondern auch eine Unterstützung von Seiten der Behörden und politische Intervention ist notwendig um die Bildungsituation zu verbessern.

Im folgenden einige Ansätze (nach Intemetquellel):

- Beurlaubungen
- Pensionierung flexibler gestalten
- Alternativen zum Lehrerberuf schaffen
- Schulische Eigenständigkeit fördern
- Verbesserung der äußeren Bedingungen, wie Klassenstärke, Längere Erholungspausen,
- Einsatz eines Schulmanagers

Studien (Kanders und Rolf (1996)) belegen, daß die Lehrerschaft aufgeschlossen gegenüber Re­formen ist. Wenn dieses Interesse von Gesellschaft und Staat subventioniert wird, werden wir bestimmt die ersten "Hürden" zur Verbesserung der Bildungssituation nehmen und in Zukunft bessere Resultate, auch in der PISA-Studie, erzielen.

7. Literaturverzeihnis:

1) Böhm, W. (2000): Wörterbuch der Pädagogik, 15. überarbeitete Auflage, Stuttgart

2) Domke, H. (1991): Erziehungsmethoden. Aspekte und Formen des Methodischen in der Er­ziehung. Pädagogik. Eine Einführung, Band 2, (Hg. Erich Weber), 6. Auflage, Donauwörth

3) Domke, H. (1997): "Gar nicht erzogen- und doch ausgezeichnet erzogen". In Macha H. Mau­ermann L. Brennpunkte der Familienerziehung . Weinheim.

4) Giesecke, H. (1996): Pädagogik als Beruf. Grundformen pädagogischen Handelns. 5.überarb. Auflage, München

5) Johlen, J. (1977): Erziehung zur Autonomie. Das psychoanalytische Theorem der Abhängig­keitsmotivation (Sears) und seine pädagogischen Konsequenzen für eine Erziehung zur Autono­mie. München

6) Lairaiter, A. (1993) :Begriffe und Methoden der Netzwerk- und Unterstützungsforschung. Göttingen

7) Meyer, E (1994): "Burnout und Streß", Praxismodelle zur Bewältigung. Balmannsweiler

8) Tausch, R. (1989): Lebensschritte, Umgang mit belastenden Gefühlen. Reinbek

9) van Dick, R. (1999) "Streß und Arbeitszufriedenheit im Lehrerberuf', Marburg

10) Weber, E.(1982): Pädagogik. Eine Einführung, Bandi. Grundfragen und Grundbegriffe Do­nauwörth, 7. Auflage

Internetquellen:

1) Bachmann, S. "Das Bunout-Syndrom bei Lehrern", www.bewegteschule.de /pdf/kap.8_lpdf

2) Schmitz, M. "Gesundheit fängt beim Lehrer an" UGB- Forum 2/03, www.ugb.de /zentraleEiern ente/pdf/artikel/

3) www.heute.t-online.de 8.12.2001 "Mehr Effizienz im Schulsystem"

4) www.wienerzeitung.at/aktuell/2002/ burnout/defrnition.htm

5) www.weg-vom-streß.de/home/default/body-index2.htm

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Indirekte Erziehung - Möglichkeiten des Arrangements
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
Grundformen der Erziehung
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V111683
ISBN (eBook)
9783640097654
Dateigröße
1027 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Indirekte, Erziehung, Möglichkeiten, Arrangements, Grundformen, Erziehung
Arbeit zitieren
Hauschild Martina (Autor:in), 2003, Indirekte Erziehung - Möglichkeiten des Arrangements, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111683

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