[...] Der Blick auf verschiedene Unternehmen zeigt, dass vielerorts
Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt werden (müssen), um
wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben. Auch die Budgets für die
Pressearbeit werden dabei immer wieder in Frage gestellt und
reduziert. Um dem entgegen zu wirken wird bisweilen versucht,
den Erfolg der Pressearbeit zu messen und ihn als Rechtfertigung
des Budgets zu nutzen, mit mehr oder minder großem Erfolg. Ziel der vorliegenden Arbeit kann es weder sein, eine allgemeingültige Bestätigung für Pressearbeit geben, noch in jedem Fall ihr Budget zu rechtfertigen; dieser Anspruch soll auch nicht erhoben werden. Vielmehr soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden, welche Wirkung Pressearbeit hat, ob ihr Erfolg tatsächlich messbar ist und wie es sich auf die Berichterstattung der tagesaktuellen Medien auswirkt, wenn keine aktive Pressearbeit betrieben wird. [...]
Inhalt
I. Abbildungsverzeichnis
II. Tabellenverzeichnis
III. Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Erkenntnisinteresse
1.2. Hypothesen
1.3. Vorgehensweise
2. Public Relations und Pressearbeit
2.1. Public Relations im Kommunikationsmix
2.2. Definitionen von Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit
2.3. Aufgaben der Public Relations
2.4. Funktionen der Public Relations
2.5. Entwicklung der Public Relations
2.6. Abgrenzung der Public Relations zur klassischen Werbung
2.7. Instrumente der Public Relations
2.8. Definition von Pressearbeit
2.9. Abgrenzung der Pressearbeit von den Public Relations
2.10. Ziele der Pressearbeit
2.11. Aktive und reaktive Kommunikation
3. Bewertungsmöglichkeiten von Pressearbeit
3.1. Derzeitiger Stand der Evaluationssituation
3.2. Gründe für und gegen Evaluation
3.2.1. Argumente pro PR-Evaluation
3.2.2. Argumente contra PR-Evaluation
3.2.3. Zusammenfassende Betrachtung
3.3. Ebenen der Erfolgsnachweise
3.3.1. Output
3.3.2. Outcome
3.3.3. Outflow
3.4. Methoden der Evaluation von Kommunikationsmaßnahmen
3.4.1. Instrumente der Evaluation
3.4.1.1. Presseclippings / Clip-file evaluation
3.4.1.2. Äquivalenzanalyse
3.4.1.3. PR Ad-Value®
3.4.1.4. Medienresonanzanalyse
3.4.2. Modelle der PR-Evaluation
3.4.2.1. Wissenschaftliche PR-Evaluationsmodelle
3.4.2.2. Balanced Scorecard
3.4.2.3. Kommunikations-Scorecards
3.5. Probleme bei der Bewertung
4. Pressearbeit bei der GSW
4.1. Abriss der Unternehmensgeschichte der GSW
4.2. Besonderheiten in der Pressearbeit bei Wohnungsunternehmen
4.3. Gestaltung der Pressearbeit bei der GSW
4.4. Eingesetzte Methoden zur Evaluation der Pressearbeit
4.5. Kritik an der Gestaltung der Pressearbeit
4.6. Kritik an der bisherigen Evaluation
5. Analyse der Berichterstattung zum Verkauf der GSW
5.1. Untersuchungsgegenstand
5.2. Untersuchungsobjekte und Untersuchungszeitraum
5.3. Untersuchungsmethode und Durchführung
5.4. Auswertung der Untersuchung
5.4.1. Statistische Auswertung
5.4.1.1. Veröffentlichungskennzahlen
5.4.1.2. Vermittlungsquellen und Darstellungsformen
5.4.1.3. Tonalität der Artikel
5.4.1.4. Zusammenfassung
5.4.2. Informationsfluss und Reaktionen – Leserbriefe und Kommentare
5.4.3. Die Diskussion in den drei Verkaufsphasen
5.4.3.1. Die Diskussion in der Pre-Verkaufsphase
5.4.3.2. Die Diskussion in der Verkaufsphase
5.4.3.3. Die Diskussion in der Post-Verkaufsphase
5.4.3.4. Zusammenfassung
5.4.4. Zusammenfassung der Ergebnisse
6. Fazit
Quellenverzeichnis
Anhang
I. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Ziele und Wirkung der marketingpolitischen Instrumente
Abb. 2: Pro und Contra der PR-Evaluation
Abb. 3: Ebenen der Kommunikationsevaluation
Abb. 4: Ablaufschema einer Medienresonanzanalyse
Abb. 5: Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard
Abb. 6: Entwicklung einer Balanced Scorecard
II. Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Evaluationsmethoden
Tab. 2: Anzahl der veröffentlichten Artikel
Tab. 3: Erscheinungszeitpunkt der Artikel
Tab. 4: Rubriken
Tab. 5: Umfang des GSW-Verkaufs im Artikel
Tab. 6: Bestandteil und Ausführlichkeit des GSW-Verkaufs im Artikel
Tab. 7: Rubriken, Aspekt Umfang des GSW-Verkaufs
Tab. 8: Vermittlungsquelle der Artikel
Tab. 9: Darstellungsform der Artikel
Tab. 10: Tonalität kommentierender Artikel
Tab. 11: Tonalität kommentierender Artikel, Aspekt Bestandteil
Tab. 12: Tonalität berichtender Artikel, Aspekt Bestandteil
Tab. 13: Verhältnis von Tonalität und Begründung
Tab. 14: Verhältnis von Tonalität und Begründung in der Pre-Verkaufsphase
Tab. 15: Verhältnis von Tonalität und Begründung in der Verkaufsphase
Tab. 16: Verhältnis von Tonalität und Begründung in der Post-Verkaufsphase
III. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„Man kann nicht nicht kommunizieren.“[1] Das sagte vor rund vierzig Jahren Paul Watzlawick. Heutzutage kann man es sich kaum mehr leisten, nicht zu kommunizieren. Zumindest nicht als ein Unternehmen, das in einer immer stärker von Medien geprägten Gesellschaft bestehen will. Der Verkäufermarkt hat sich längst zu einem Käufermarkt mit einem immer homogeneren Angebot gewandelt, und um sich von der Konkurrenz abzugrenzen, reichen Produkt- und Unternehmenseigenschaften als rationale Argumente kaum mehr aus. Die Differenzierung erfolgt über Marken, Image und Reputation und macht den Aufbau einer unverwechselbaren Wahrnehmung beim Rezipienten heute wichtiger denn je.
Kommunikation gilt mittlerweile als wichtiger und unverzichtbarer Wettbewerbsfaktor, um das Produkt oder das Unternehmen im Bewusstsein der Rezipienten mit Emotionen und Einstellungen zu verbinden und zu verankern. Über viele Jahre erfolgte diese „emotionale Aufladung“ von Produkten, Dienstleistungen und Unternehmen über die Werbung, vielfach über Werbespots im Fernsehprogramm. Doch in den letzten Jahren wächst die Reaktanz gegen die „Programmunterbrecher“ zunehmend, mittlerweile fühlen sich über 70 Prozent der Fernsehzuschauer vom Werbeblock gestört.[2] Auch ihre einst hohe Glaubwürdigkeit haben die Werbeaussagen eingebüßt und werden lediglich noch von 18 Prozent der Bundesbürger als glaubwürdig eingestuft.[3]
Viel wichtiger als die Selbstdarstellung der Unternehmen bzw. deren Darstellung ihrer Produkte ist die Darstellung durch Dritte für den Rezipienten geworden. Besonders die freie Berichterstattung in den Medien wird vom Rezipienten als neutral und somit vertrauenswürdig angesehen, Inhalte und Einstellung werden wahrgenommen und können sich auf die Meinungsbildung auswirken. Der redaktionelle Bereich der Medien ist für die Unternehmen ein wichtiger Schauplatz geworden für die Kundenneugewinnung und -bindung und eröffnet so den Public Relations ein wachsendes Aufgabengebiet mit zunehmender Bedeutung.
Eine besonders starke Kundenbindung ist im Immobilienbereich zu finden, denn wer eine Wohnung oder ein Haus einmal gemietet oder auch gekauft hat, ist damit zumeist eine längerfristige Bindung eingegangen. Doch mit zunehmender Flexibilität und Umzugsbereitschaft nimmt die Dauer derartiger Bindungen ab. Während beispielsweise ein Ehepaar seit 25 Jahren in ein und derselben Wohnung lebt, sind deren Kinder vielleicht schon dreimal umgezogen; heutzutage kein Einzelfall. Die zunehmende Beweglichkeit der Mieter, mit bedingt durch den Wandel vom Vermieter- zum Mietermarkt, erfordert auch im Immobilienbereich zunehmend Methoden und Strategien, um den Mieter langfristig zu binden.
Ein gutes Ansehen bei den Mietern gewinnt zunehmend an Relevanz. Der Wechsel des Vermieters aufgrund von Unzufriedenheit mit dessen Auftreten und Image ist zwar unwahrscheinlich. Wer aber auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist, informiert sich vermutlich eher bei der Wohnungsgesellschaft, über die er gerade Positives in der Zeitung gelesen hat, als bei der Gesellschaft, die negative Schlagzeilen gemacht hat.
Für ihre positive Wahrnehmung beim Rezipienten setzen Wohnungsunternehmen verschiedene Maßnahmen ein: klassische Anzeigenschaltung, Sponsoring, eine Mieterzeitung oder Veranstaltungen für die Mieter verschiedenster Art. Ihr Einsatz für die Mieter und soziales Engagement bieten auch für Wohnungsunternehmen willkommene Anlässe, sich über Public Relations positiv im redaktionellen Bereich der Medien zu präsentieren. Dennoch gibt es auch immer wieder negative Schlagzeilen, vielleicht aufgrund von Mieterhöhungen, Kündigungen, dem Verkauf von Wohnungen oder – wie im Fall der GSW – durch den Verkauf des gesamten Unternehmens. In solchen Fällen muss gute Pressearbeit das Schlimmste abwenden und versuchen, das lange und mühsam aufgebaute Vertrauen der Öffentlichkeit zu erhalten.
Sei es aus dem einen oder anderen Grund, Public Relations werden auch in Wohnungsunternehmen immer häufiger und intensiver betrieben und sind auch hier mittlerweile oftmals zu einem festen Bestandteil der Kommunikationsstrategie geworden.
1.1. Erkenntnisinteresse
Der Blick auf verschiedene Unternehmen zeigt, dass vielerorts Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt werden (müssen), um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben. Auch die Budgets für die Pressearbeit werden dabei immer wieder in Frage gestellt und reduziert. Um dem entgegen zu wirken wird bisweilen versucht, den Erfolg der Pressearbeit zu messen und ihn als Rechtfertigung des Budgets zu nutzen, mit mehr oder minder großem Erfolg.
Ziel der vorliegenden Arbeit kann es weder sein, eine allgemeingültige Bestätigung für Pressearbeit geben, noch in jedem Fall ihr Budget zu rechtfertigen; dieser Anspruch soll auch nicht erhoben werden. Vielmehr soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden, welche Wirkung Pressearbeit hat, ob ihr Erfolg tatsächlich messbar ist und wie es sich auf die Berichterstattung der tagesaktuellen Medien auswirkt, wenn keine aktive Pressearbeit betrieben wird.
1.2. Hypothesen
Engagiert ein Unternehmen sich sozial, sucht es die Kommunikation seines Engagements in den Medien. Im Rahmen negativer Entwicklungen aber in Bezug auf das Unternehmen werden die einen sich nicht zu der Situation zu äußern, die anderen den Dialog zu suchen. Doch in beiden Fällen wird das Unternehmen im Interesse der Medien stehen und die Berichterstattung sich den Gegebenheiten anpassen.
Auf ein grundsätzliches Problem bei der Erfolgskontrolle von Pressearbeit weisen Hagen und Oberle hin: „Der Einfluss der veröffentlichten Meinung auf die öffentliche Meinung ist zwar unbestreitbar, durch die Evaluation von Pressearbeit wird er aber nicht direkt gemessen. Um aus Presseinhalten auf Wirkungen bei Zielgruppen zu schließen, müssen stets Wirkungsannahmen unterstellt werden.“[4]
Auf dieser Basis können für die Arbeit folgende Hypothesen formuliert werden:
- Modelle und Methoden zur Evaluation von Pressearbeit können keine absoluten Erfolgsergebnisse bringen, da eine tatsächliche Wirkungskontrolle auf den Rezipienten ausbleibt.
- Eine aktive Pressearbeit nimmt Einfluss auf die Berichterstattung der Medien und somit auch auf den Rezipienten. Ausbleibende Pressearbeit aber wirkt sich ebenfalls die Berichterstattung und den Rezipienten aus, allerdings mit negativen Folgen.
1.3. Vorgehensweise
Zur Überprüfung der Hypothesen werde ich mich dem Thema der Arbeit zunächst auf theoretischem Wege nähern. Zunächst sollen die Begriffe Public Relations und Pressearbeit näher beleuchtet und ihre Komplexität dargestellt werden, im Anschluss werde ich mich mit dem derzeitigen Stand der Erfolgskontrolle befassen und in diesem Rahmen verschiedene Bewertungsmöglichkeiten vorstellen sowie auf die Problematik dieser Methoden zu sprechen kommen.
Entsprechend dem Titel dieser Arbeit werde ich im Folgenden einen Überblick über die Pressearbeit bei Wohnungsunternehmen und speziell der GSW geben und einen Blick auf die im Unternehmen eingesetzten Evaluationsmethoden werfen.
Mit der Analyse der Berichterstattung zum Verkauf der GSW setze ich mich im dritten großen Themenkomplex auseinander. Die in den tagesaktuellen Medien erfolgte Berichterstattung wird unter verschiedenen Aspekten dargestellt und analysiert. Besonderes Augenmerk lege ich hierbei auf die Tonalität der Artikel und auf Reaktionen der Öffentlichkeit, um so Rückschlüsse auf die Wirkung ausbleibender Pressearbeit ziehen zu können.
2. Public Relations und Pressearbeit
Public Relations, abgekürzt PR, oder auch Öffentlichkeitsarbeit sind heutzutage in aller Munde und sind oftmals fester Bestandteil der Kommunikationsstrategie. Eine große Zahl an Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen würde von sich selbst behaupten, Public Relations bzw. Pressearbeit selbstverständlich einzusetzen.
Doch was genau ist unter Public Relations zu verstehen? Bezeichnen die oft synonym verwendeten Begriffe Public Relations und Pressearbeit tatsächlich die gleichen Aufgabengebiete? Oder ist Pressearbeit so wenig die deutsche Umschreibung für Public Relations wie Platzangst für Klaustrophobie?
In diesem Kapitel möchte ich verschiedene Definitionen zu den obigen Begriffen vorstellen, ihre Entwicklung, Instrumente und Ziele erläutern sowie ihren Zusammenhang darstellen.
2.1. Public Relations im Kommunikationsmix
Der Kommunikationsmix ist neben dem Produktmix, dem Distributionsmix und dem Kontrahierungsmix einer der vier Bestandteile des Marketingmixes[5], die alle homogene Teilgruppen von Marketingaktivitäten darstellen.[6] Die Grundlage der Planung des Marketingmixes ist die Frage, „welche Marketinginstrumente wie auszugestalten und mit welcher Intensität einzusetzen sind, um die Marketingziele zu erreichen.“[7] Die einzelnen Instrumente werden in Kombination miteinander eingesetzt und stehen zueinander in Wirkungsbeziehungen; Aktionen in dem einen Kommunikationsinstrument wirken sich also auch auf die anderen Instrumente aus. Eine optimale Kombination der vier Kommunikationsinstrumente ist somit die Voraussetzung für eine effektive und effiziente Mittelverwendung.
In Anbetracht des Umfangs dieser Arbeit möchte ich die vier marketingpolitischen Instrumente nur kurz vorstellen.[8]
Die Produktpolitik bezeichnet alle die Maßnahmen, die mit dem Produkt direkt zusammenhängen und beim Käufer eine positive Beurteilung hervorrufen sollen. Wichtige Maßnahmen sind hier beispielsweise die Produktgestaltung und die Produktqualität, die Namenspolitik und die Verpackung sowie der Kundendienst und die Garantieleistungspolitik.
Unter Kontrahierungsqualität werden die Maßnahmen zusammengefasst, die „durch Gestaltung des geldlichen Ausgleichs des Kaufs dazu beitragen können, einen Kaufabschluss (Kontrakt) zu Stande zu bringen“[9], wie die Preis- und Rabattpolitik, die Liefer- und Zahlungsbedingungen sowie die Finanzierungspolitik.
Zur Distributionspolitik zählen die Maßnahmen, die dazu dienen, das Produkt vom Ort der Herstellung zum Konsumenten zu bringen, wie die Wahl der Absatzwege, die Marketinglogistik sowie die Einschaltung des Handels.
Die Kommunikationspolitik schließlich „beschäftigt sich mit der bewussten Gestaltung der auf den Absatzmarkt gerichteten Informationen einer Unternehmung zum Zwecke einer Verhaltenssteuerung aktueller und potentieller Käufer“[10] sowie der Kontaktaufnahme, die letztendlich zu einem Vertragsabschluss führen sollen. Eingesetzte Instrumente zur systematischen Käuferbeeinflussung sind hier die „klassische“ Werbung, die Verkaufsförderung, die direkte Kommunikation, das Sponsoring, das Event-Marketing, Messen und Ausstellungen, die Multimedia-Kommunikation sowie die Öffentlichkeitsarbeit bzw. Public Relations.[11]
Die Aufgaben der einzelnen Bereiche verallgemeinert Weis wie folgt: Die Produkt- und die Kontrahierungspolitik legen das Angebot für den Markt fest, die Distributionspolitik muss das Angebot für den Markt bereithalten und zur Verfügung stellen. Die Kommunikationspolitik muss das Angebot bekannt machen sowie ein positives Image sowohl des Produktes als auch des Unternehmens aufbauen. Dargestellt ist diese Aussage in der folgenden Abbildung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Ziele und Wirkung der marketingpolitischen Instrumente[12]
Der Öffentlichkeitsarbeit räumt Meffert eine besondere Stellung im Kommunikationsmix ein. Er begründet seine Feststellung mit dem Argument, dass „seit geraumer Zeit die unternehmenspolitische Bedeutung der Public Relations immer stärker hervorgehoben wird. Dies führt in der Praxis (zum Beispiel beim Volkswagenkonzern) häufig zu einer von der Marketing-Abteilung getrennten Ansiedlung der PR auf Geschäftsführungs- beziehungsweise Vorstandsebene. Dies geschieht nicht zuletzt mit dem Ziel, den Gedanken des „Öffentlichkeitsbezugs“ sowie der „sozialen Verantwortlichkeit“ in den Führungsgremien der Unternehmung zu implementieren.“[13]
Durch den zunehmenden Einsatz der Öffentlichkeitsarbeit in den verschiedensten Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen vergrößert sich auch die Bedeutung, die sie im Kommunikationsmix einnimmt. Doch was genau Public Relations eigentlich sind, das möchte ich im Folgenden erläutern.
2.2. Definitionen von Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit
Public Relations (PR) sind heutzutage fester Bestandteil des Kommunikationsmixes verschiedenster Unternehmen. Doch so verbreitet sie sind, so zahlreich sind auch die Definitionen. Laut Herbst haben Wissenschaftler für den Begriff Public Relations mehr als 2.000 Definitionen mit über 500 Ergänzungen gezählt.[14] Auf breite Zustimmung stößt die wenig differenzierte Definition der beiden amerikanischen Autoren James Grunig und Todd Hunt aus dem Jahre 1984: „Public Relations sind das Management von Kommunikation von Organisationen mit deren Bezugsgruppen.“[15]
Bereits 1964 gibt Oeckl, der als Nestor der Public Relations in Deutschland gilt, eine differenzierte und prägnante Definition des Begriffs Öffentlichkeitsarbeit: „Öffentlichkeitsarbeit ist das bewusste, geplante und dauerhafte Bemühen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen und zu pflegen. Das Wort Öffentlichkeitsarbeit als die geeignetste deutsche Wortbildung für Public Relations drückt ein Dreifaches aus: Arbeit in der Öffentlichkeit, Arbeit für die Öffentlichkeit, Arbeit mit der Öffentlichkeit.“[16]
Oeckl stellt mit seiner Definition die Wichtigkeit des Faktors Vertrauen heraus, der zwischen der Öffentlichkeit und dem Unternehmen erzeugt und gewahrt werden muss. Denn um eine positive Bewertung durch die Bevölkerung zu erlangen, ist Vertrauen unumgänglich. Arbeitet ein Unternehmen im Verborgenen oder versucht es gar, unangenehme Wahrheiten zu verheimlichen, werden Misstrauen und Skepsis erzeugt, die sich negativ auf das Image des Unternehmens auswirken können. Umsatzeinbußen sind eine mögliche Folge.[17]
Den Vertrauensfaktor führt auch Bentele, Inhaber des ersten deutschen Lehrstuhls für Public Relations an der Universität Leipzig, an, jedoch weniger ausdrücklich: „Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations sind das Management von Informations- und Kommunikationsprozessen zwischen Organisationen einerseits und ihren internen oder externen Umwelten (Teilöffentlichkeiten) andererseits. Funktionen von Public Relations sind Information, Kommunikation, Persuasion, Imagegestaltung, kontinuierlicher Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens."[18]
Für Meffert ist neben der Generierung von Vertrauen auch der distributions-politische Hintergrund Definitionsgrundlage: „Die Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) bezeichnet die planmäßig zu gestaltenden Beziehungen zwischen der Betriebswirtschaft und der nach Gruppen gegliederten Öffentlichkeit (z. B. Kunden, Geldgeber, Staat) mit dem Ziel, öffentliches Vertrauen und Verständnis zu gewinnen. Sie stellt durch ihre akquisitorische Wirkung auf die Gruppe der Kunden ein wichtiges absatzpolitisches Instrument dar.“[19] Kommunikation mit der Öffentlichkeit bewirkt somit nicht nur Vertrauensbildung, sondern in der Folge auch Veränderungen im Absatz. Allerdings birgt Kommunikation nicht nur Chancen, sondern auch Risiken, da sich kommunikationsbedingte Missverständnisse negativ auf Absatz und Image auswirken können.
Auch wenn die Zahl der in der Literatur zu findenden Definitionen zu dem Thema Public Relations groß ist, hat laut Naundorf eine Auswertung der deutsch- und englischsprachigen Literatur ergeben, dass die Grundaussage der meisten Definitionen deckungsgleich ist. „PR ist demnach die gezielte und planvolle Gestaltung von Kommunikationsbeziehungen.“[20] So verschieden die Spezifizierungen und weiteren Ausführungen der Definitionen auch sind, die Organisation von Kommunikation zwischen Sender und Rezipient bleibt die Kernaussage.
Auffällig ist, dass die Begriffe Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit weitestgehend synonym verwendet werden, trotz deutlich unterschiedlicher Konnotationen: „‚Relations‘ beispielsweise scheint sehr viel umfassender zu sein als „Arbeit“, suggeriert auch eher Zweiseitigkeit und Feedback, also Kommunikation, im Gegensatz zum schwerfälligeren Aktivismus von „Öffentlichkeitsarbeit“ im Sinne mühsamen Bearbeitens bzw. Bearbeitet-Werdens. Aber in den expliziten Definitionen werden die sprachlich-konnotativen Unterschiede durch ähnliche bis identische Bedeutungsebenen aufgehoben.“[21]
Hiervon ausgehend werden auch in der vorliegenden Arbeit die Begriffe Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit gleichbedeutend verwendet.
Wie bereits beschrieben existiert eine große Anzahl an Definitionen von Public Relations, die sich in ihrem Inhalt und Umfang voneinander unterscheiden. Faulstich zitiert in diesem Zusammenhang Ronneberger und Rühl, die eben diese Definitionsvielfalt als „farbenreiche Landschaft der Definitionen“[22] beschreiben.
Ronneberger und Rühl haben 1992 Definitionen von PR-Berufsverbänden untersucht und auf dieser Basis Schlüsselbegriffe definiert:
- Aufbau und Pflege von Verständnis, Vertrauen und Sympathie
- Vertreten eigener Interessen nach innen und außen
- Beeinflussung der öffentlichen Meinung im eigenen Interesse
- Einsatz von Kommunikation zur Förderung der Verständigung und zum Erhalt der eigenen Organisation[23]
In diesen Schlüsselbegriffen offenbart sich der Schwachpunkt bisheriger Definitionen von Public Relations. „PR als das Unbekannte wird nicht durch etwas Bekanntes definiert, sondern durch vieldeutige Begriffe, die selbst noch definiert werden müßten. Was ist gemeint mit Verständnis und Vertrauen? Was versteht man unter Interessen? Was ist Kommunikation?“[24]
Ronneberger und Rühl bemängeln die „weitgehende Unverbindlichkeit, Beliebigkeit, Geschichts- und Umweltabhängigkeit, Unvereinbarkeit, begriffslogisch falsche Vermischung unterschiedlicher Elemente etc. der Definitionen“[25] und stellen den Sinn von PR-Definitionen in Frage: „Ob PR-Definitionen Sinn machen, das ist eine Frage der gesellschaftlichen Übereinkunft.“[26] Aufgrund ihrer überwiegend defensiven Struktur seien die bestehenden Definitionen „disfunktional, inhaltlich arbiträr und deshalb nicht konsensfähig.“[27] Mit diesen Argumenten begründen sie die Forderung nach einer komplexen Theorie, die die Grundlage einer definitorischen Gegenstandsbestimmung bilden.
Hategan bezeichnet die gefassten Definitionen als „pseudoempirische Leerformeln“[28] und bestätigt die oben genannte Definition von Grunig und Hunt, laut derer Public Relations das Management von Kommunikation von Organisationen mit deren Bezugsgruppen sind. Ausschlaggebend für die Formulierung dieser Definition war für Grunig und Hunt ihre Auffassung, dass die Aktivitäten, die Public Relations ausmachen, zu vielfältig und komplex sind, um sie in einer Definition zusammenzufassen.[29]
Wie sich gezeigt hat, besteht in der Wissenschaft keine Übereinstimmung zum Thema Public Relations. So viele Definitionen in Fachbüchern und von PR-Theoretikern auch gegeben werden, eine wissenschaftliche und allgemein anerkannte Definition blieb bislang aus.
2.3. Aufgaben der Public Relations
Merten und Westerbarkey definieren Public Relations aus konstruktivistischer Perspektive als einen „Prozeß intentionaler und kontingenter Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten durch Erzeugung und Befestigung von Images in der Öffentlichkeit.“[30] Public Relations müssen also nicht zwangsläufig Wirklichkeiten vermitteln, vielmehr sollen sie Images konstruieren, die der Akzeptanz des Unternehmens in der Öffentlichkeit dienen und darüber letztendlich dessen Marktsituation verbessern.
Für die zentralen Aufgaben, die mit der Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden, hat Brauer für die Deutsche Public Relations Gesellschaft eine zusammenfassende Formel entwickelt.[31] Unter dem Akronym AKTION sind die sechs Kernaufgaben dargestellt, die ich im Folgenden vorstelle:
Analyse
Situations- und Meinungserhebungen dienen der Ermittlung der Ist-Situation und geben Aufschluss über das bestehende Fremdbild.
Konzeptionierung
Die Definition von Zielen und schließlich die Entwicklung von Strategien und Konzepten zum Erreichen der gesetzten Ziele sind die Bestandteile der Konzeptionsphase. Mögliche erreichbare Ziele sind Steigerung des Bekanntheitsgrades, Beeinflussung der öffentlichen Meinung und Imagegewinn.
Thematisierung
Ziel ist die Generierung und Gestaltung von Informationen sowie schließlich das Zusammenfassen in Themen, die durch Pressearbeit kommuniziert werden.
Implementierung/Instrumentierung
Für die Kommunikation der gewählten Themen sind die Planung der Maßnahmen, die Kalkulation der Kosten sowie die Erstellung von Zeitplänen für die Umsetzung erforderlich.
Operative Durchsetzung
Die operative Durchsetzung bezeichnet die Durchführung der geplanten Projekte und Maßnahmen. Zu beachten ist eine möglichst effektive Realisierung der Konzepte, um ein positives Ergebnis zu generieren.
Nachbearbeitung/Evaluierung
„PR-Aktivitäten sind und bleiben immateriell, und es ist daher schwierig, ihren Erfolg zu messen.“[32] Mit Effektivitäts- und Effizienzanalysen, Ist-Soll-Vergleichen und Bewertungen des Erreichten soll die Wirkung erfasst und in der Folge durch den PR-Verantwortlichen eventuell anschließende Maßnahmen, sogenannte Follow-up-Programme, eingeleitet werden.
2.4. Funktionen der Public Relations
Aufbauend auf die Aussagen von Zanke und Naundorf trägt Meffert neun wichtige Funktionen der Public Relations zusammen:
1. Die Informationsfunktion, die der Vermittlung von Informationen sowohl nach innen als auch nach außen dient.
2. Die Kontaktfunktion für den Aufbau und die Pflege der Verbindungen zu den unternehmensrelevanten Zielgruppen.
3. Die Imagefunktion, die relevant ist für den Aufbau, die Veränderung und die Pflege des Fremdbildes.
4. Die Harmonisierungsfunktion, die sowohl die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen als auch die innerbetrieblichen Verhältnisse aufeinander abstimmt.
5. Die Absatzförderungsfunktion, da sich Anerkennung und Vertrauen der Öffentlichkeit in das Unternehmen positiv auf den Absatz auswirken.
6. Die Stabilisierungsfunktion, die mittels stabiler Beziehungen zu den einzelnen Teilöffentlichkeiten die Beständigkeit des Unternehmens auch in kritischen Situationen erhöht.
7. Die Kontinuitätsfunktion zur Wahrung des Corporate Behaviours nach innen und außen.
8. Die Sozialfunktion, die die gesellschaftlichen und sozialen Unternehmensleistungen aufzeigt.
9. Die Balancefunktion, mit der das Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht der verschiedenen unternehmensrelevanten Zielgruppen gewahrt bleiben soll.[33]
Werden diese Funktionen erfüllt, wirkt es sich positiv auf die Bewertung und Einschätzung des jeweiligen Unternehmens durch den Rezipienten aus. Die auf Information und Kontinuität aufgebaute Beziehung zwischen dem Kommunizierenden und dem Informierten erlangt eine Vertrauensbasis, die eine langfristige positive Einstellung gegenüber dem Kommunizierenden bewirkt.
2.5. Entwicklung der Public Relations
Der Begriff „Public Relations“ wurde erstmals 1882 in den USA verwendet, sein deutsches Pendant „Öffentlichkeitsarbeit“ im Jahre 1917.[34] Bereits damals waren das Kommunizieren von Ideen, Überzeugung und Meinungsbildung die unter Public Relations bzw. Öffentlichkeitsarbeit verstandenen Inhalte.[35]
Wurden Public Relations in den USA zu Beginn noch dazu eingesetzt, ein schlechtes Unternehmensimage zu kaschieren, ohne die eigentlichen Ursachen des negativen Images zu beseitigen[36], wodurch sich die Vorurteile und teilweise negativen Assoziationen zum Begriff Public Relations wie Schönrederei und Propaganda erklären, haben sie in den letzten Jahren eine ganz neue Qualität bekommen und erfreuen sich zunehmender Akzeptanz. „Seit Beginn der siebziger Jahre mehren sich die Hinweise, daß die Zahl der Stellen und die finanziellen Mittel für Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) stetig zunehmen und die aktuelle Berichterstattung der Massenmedien in wachsendem Maß von druckreifen Vorlagen der PR-Stellen Gebrauch macht.“[37]
Dank des Interesses von Unternehmen, Verbänden, Organisationen und der Politik an der Öffentlichkeit, sind Public Relations ein Wachstumsmarkt geworden. Die zunehmende Homogenität von Produkten, Zielen und Aussagen erfordert eine andere Art der Differenzierung, über das Image, auf irrationaler Ebene. Propagiert wird nicht mehr die Unique Selling Proposition (USP) sondern die Unique Advertising Proposition[38] (UAP). Strategien und Maßnahmen der Public Relations erlangen in und für Unternehmen immer mehr Bedeutung.
Kommunikation mit der Öffentlichkeit durch Public Relations holt Unternehmen aus der Anonymität und kann Vertrauen sowie ein positives Fremdbild erzeugen. In Deutschland bieten derzeit über 2.000 PR-Beratungsunternehmen ihre Dienstleistungen an und haben im Jahr 2004 einen Umsatz von rund 1,5 Milliarden Euro erwirtschaftet.[39] Als Grund für den steigenden Einsatz von Public Relations sehen Marktforscher einen zunehmenden Werbeüberdruss vieler Zielgruppen, der Unternehmen zu einer Umschichtung ihrer Marketingsausgaben zu Gunsten der Öffentlichkeitsarbeit bewegt. Olaf Hofmann, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Skopos, bestätigt: „PR-Ausgaben sind für viele Firmen das besser eingesetzte Geld“[40], und sieht den Trend einer wachsenden Nachfrage nach PR-Leistungen durch aktuelle Studien wie das „Honorar- und Trendbarometer 2005“ der deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) belegt.[41]
2.6. Abgrenzung der Public Relations zur klassischen Werbung
Auch wenn es sich bei Public Relations und Werbung um verwandte Disziplinen handelt, ist für eine nähere Spezifizierung der PR laut Meffert eine Abgrenzung zur klassischen Werbung erforderlich. Während die übrigen Bestandteile des Kommunikationsmixes[42] „in erster Linie der Absatzschaffung dienen, haben Public Relations zum Ziel, durch Pflege der Beziehungen zur Öffentlichkeit Meinungen zu schaffen und Vertrauen zu gewinnen bzw. zu erhöhen.“[43]
Oeckl führt 1964 folgende Unterscheidungsmerkmale an: Während Werbung vielmehr produkt- und dienstleistungsbezogen sei, richte sich die Öffentlichkeitsarbeit an natürliche und juristische Personen. Ziel der Werbung sei der Verkauf des beworbenen Produktes bei Ansprache einer Teilzielgruppe, wohingegen bei der Öffentlichkeitsarbeit der Aufbau von Vertrauen und Verständnis im Vordergrund stehe und sie sich an die breite Öffentlichkeit wende. Dementsprechend wirke erstere überwiegend einseitig, während die Öffentlichkeitsarbeit eine zweiseitige Kommunikation zwischen Sender und Adressat sei. Letztlich unterstehe die Werbung der Verkaufsleitung, wohingegen die Öffentlichkeitsarbeit zur Führungsfunktion einer Organisation zähle.
Doch bei genauerer Betrachtung verlieren die Argumente an Eindeutigkeit: Es wird für Personen geworben, beispielsweise in der Politik, für Produktwerbung kann eine große Zielgruppe, die breite Öffentlichkeit, Adressat sein und auch die hierarchische Position kann nicht für jedes Unternehmen festgelegt werden sondern kann variieren. Oeckl räumt daher selbst auch das Bestehen von Mischformen ein, die nicht separat betrachtet werden können.
Meffert sieht die klassische Werbung in der Regel eher absatzmarktorientiert ausgerichtet, was eine Konzentration auf bestimmte Produkte und Leistungen sowie auf spezielle Zielgruppen erfordert. Im Gegensatz dazu betreibt die Öffentlichkeit „Werbung für das Unternehmen als Ganzes“ und richtet sich an alle Anspruchsgruppen gleichermaßen.[44] Hartwig führt den Faktor der Bezahlung als weiteres bedingt wirksames Unterscheidungsmerkmal an. Ihm zufolge „stellt man fest, daß der wesentliche Unterschied die Bezahlung der Veröffentlichung ist, die für Werbung im Gegensatz zur Öffentlichkeitsarbeit erhoben wird.“[45] Dass die Bezahlung der Veröffentlichung allerdings lediglich bedingt der Unterscheidung von Werbung und Öffentlichkeitsarbeit dienen kann, liegt an dem steigenden Verschwimmen der Grenzen. „Während Werbung zunehmend in redaktionelle Teile eindringt und dadurch eben nicht bezahlt werden muß, greift Öffentlichkeitsarbeit auch zu bezahlten Anzeigen, um sich darstellen zu können.“[46]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die meist auf kurzfristige Wirkungen ausgerichtete Werbung eher betriebs-wirtschaftlich angelegt ist und das Auslösen eines direkten Handlungsreizes anstrebt, in der Regel den Kauf des beworbenen Produktes, und ihre Veröffentlichung meist mit Kosten verbunden ist. Ziel der Public Relations hingegen ist die Meinungsbildung bzw. ihre Beeinflussung, was eine längerfristige Wirkung beinhaltet, außerdem weisen Public Relations eine sozialwissenschaftliche Orientierung mit geringerer Kostenintensität auf.
2.7. Instrumente der Public Relations
So vielfältig wie die Definitionen von Public Relations sind, so sehr variieren auch die Aussagen über ihre Instrumente.
Bei der Nennung der wichtigsten Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit stützt sich Meffert auf Zankl und Kronhuber, die „allgemeine Informationen, Exklusivinformationen und Themenanregungen an Journalisten von Presse, Funk und Fernsehen, Redaktionsbesuche, Pressedienst bzw. -aussendung, Interviews, Vorträge, Pressekonferenzen, PR-Anzeigen, PR-Veranstaltungen, Bild- und Tonmaterial, Filme, Broschüren, Zeitschriften, Betriebsbesichtigungen, Stiftungen und Preise“[47] dazu zählen. Die Nennung von Meffert wird durch Weis unterstützt, der, in leicht abgewandelter Form, ebenfalls jene Instrumente benennt.[48]
Wie bei Meffert und Weis ist auch in anderen Nachschlagewerken sowie bei der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) die Pressearbeit als erstes und wichtigstes Instrument der Public Relations ausgewiesen.[49] Böckelmann schließlich formuliert die Relevanz der Pressearbeit eindeutig: „Die meisten PR-Experten verstehen die Pressearbeit als Teilbereich der Öffentlichkeitsarbeit, vielfach als ihren zentralen Bereich.“[50]
Daher werde ich im Anschluss den Begriff Pressearbeit näher beleuchten und ihn von der Öffentlichkeitsarbeit abgrenzen.
2.8. Definition von Pressearbeit
So zahlreich die Literatur zum Thema Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit auch ist, die deutschen PR-Werke sind größtenteils von Praktikern geschrieben und primär normativ ausgerichtet, empirisch überprüfte Theorien sind die Ausnahme.
Im Bereich der Pressearbeit ist die Literaturlage deutlich schlechter. Trotz der Relevanz der Pressearbeit für die Public Relations wird sie in vielen Werken lediglich als Bestandteil erwähnt, ohne dass auf ihre primäre Rolle näher eingegangen oder die Pressearbeit genauer beleuchtet wird. Die wenige Literatur, die sich gezielt mit dem Thema Pressearbeit beschäftigt, ist hauptsächlich der Kategorie „Handbücher von Praktikern für Praktiker“[51] zuzuordnen. Eine wissenschaftliche Fundierung des Themas bleibt hier außen vor.
Die Hochschule der Medien in Stuttgart führt zur Klärung des Begriffs Pressearbeit eine Definition Naundorfs an: „Die Pressearbeit beinhaltet sämtliche Maßnahmen, die auf eine Zusammenarbeit des Unternehmens mit Journalisten beziehungsweise Redakteuren abzielen, um damit Ziele der Public Relations zu erreichen. Mit Hilfe der Pressearbeit sollen vorwiegend Nachrichten über Produkte, Unternehmensleistungen und Aktivitäten des Unternehmens an die Pressevertreter weitergegeben werden. Dies geschieht in der Regel durch Abhalten von Pressekonferenzen, der Abgabe von Pressemitteilungen und weiterem Informationsmaterial.“[52]
Naundorfs Definition gibt einen umfangreichen Überblick über die verschiedenen Aufgaben von Pressearbeit und über ihre Instrumente. Gleichzeitig stellt sie die Zugehörigkeit der Pressearbeit zur Public Relations heraus, indem sie sie als Mittel zum Erreichen der PR-Ziele betitelt.
Carsten Lange, PR-Berater der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) führt an, dass statt von Pressearbeit eigentlich von Medienarbeit gesprochen werden müsse, da „in der Regel auch elektronische Medien wie Fernsehen, Radio und Internet“[53] angesprochen würden. Dennoch hat sich der Begriff Pressearbeit als Fachbegriff eingebürgert. Daher werde ich in der vorliegenden Arbeit ebenfalls den Begriff Pressearbeit einsetzen.
2.9. Abgrenzung der Pressearbeit von den Public Relations
Pressearbeit und Public Relations werden sowohl in der Praxis als auch in der Literatur zuweilen gleichgesetzt oder möglicherweise auch verwechselt. Ein möglicher Grund für die Gleichsetzung liegt in der Relevanz der Pressearbeit für die Public Relations: Wie im Kapitel 2.7. Instrumente der Public Relations beschrieben, wird Pressearbeit in der Literatur als primäres Instrument der Public Relations angeführt. Aufgrund der Vorreiterstellung der Pressearbeit geraten die übrigen Instrumente, die die Öffentlichkeitsarbeit einsetzt, leicht in den Hintergrund. In den siebziger Jahren beispielsweise machte der Anteil der Pressearbeit an den gesamten PR-Maßnahmen zwischen 70 und 80 Prozent aus, hat sich bis heute allerdings reduziert.[54]
Ein möglicher weiterer Grund kann durch die Einfachheit der Umsetzung begründet werden: Während PR-Instrumente wie Veranstaltungen, Zeitschriften und Stiftungen mit einem hohen Organisations-, Zeit- und Kostenaufwand einhergehen, ist der Mitteleinsatz für Pressemitteilungen deutlich geringer.
Durch diese Faktoren stehen andere Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit möglicherweise hinter der Pressearbeit zurück und führen so zu einer Gleichstellung von Pressearbeit mit Public Relations.
Eine wirkliche Trennung von Pressearbeit und Public Relations ist aufgrund der Beziehung beider Bereiche zueinander nicht möglich. Dennoch bleibt die Pressearbeit nur ein Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit und darf nicht mit ihr gleichgesetzt werden.
Allerdings lassen sich mit der intelligenten Kombination von Pressearbeit und verschiedenen Public Relations- bzw. Marketingmaßnahmen attraktive Synergie- und Multiplikatoreffekte erzielen. Zerres belegt die These mit folgenden Worten: „So erzielen Infoveranstaltungen mit flankierenden Pressemeldungen eine optimale Vertriebswirkung. Bei Mailings mit beigelegten Presseveröffentlichungen steigt die Response-Rate deutlich an. Und kaum ein Bereich weckt bei Online-Besuchern größeres Interesse als die Rubrik „Pressespiegel“ auf der Homepage.“[55]
2.10. Ziele der Pressearbeit
Die Stuttgarter Hochschule der Medien formuliert vier Ziele der Pressearbeit, die für das Erreichen der gesetzten PR-Ziele unabdingbar sind. Die vier zu beachtenden Vs lauten Verständigung, Verstehen, Verständnis und Vertrauen. Unter Verständigung werden die interne und externe Kommunikation, die Informationspolitik sowie die Medienbeachtung in der Öffentlichkeit zusammengefasst, wobei zu jeder Zeit die Möglichkeit der Kritik gewahrt bleiben muss. Verstehen meint die klare und verständliche Präsentation der Inhalte, ohne dass die Realität beschönigt wird, wodurch Einsicht in das Unternehmen, seine Aktivitäten und Vorgehensweisen ermöglicht werden soll. Sind die ersten beiden Ziele erfüllt, entsteht gegenseitiges Verständnis zwischen den unternehmerischen und den öffentlichen Belangen. Durch die fortwährende Beachtung der vorgenannten Punkte wird Vertrauen generiert, da Misstrauen, Vorurteile und Unverständnis zwischen dem Unternehmen, den Medien und der Öffentlichkeit abgebaut werden und ein Wissensaustausch stattfindet.[56]
Ziel der Pressearbeit ist somit, „durch die Verbreitung, Ergänzung oder gegebenenfalls Richtigstellung von Informationen Diskussionen bei den anvisierten Zielgruppen zu beeinflussen, eventuell zu initiieren oder lediglich über Unternehmensaktivitäten zu informieren.“[57]
2.11. Aktive und reaktive Kommunikation
„Tue Gutes und rede darüber“ galt lange Zeit als das Leitmotiv der Öffentlichkeitsarbeit. Natürlich berichten auch heute Unternehmen bevorzugt über soziales Verhalten und positive Entwicklungen, doch im Sinne einer aktiven Informations- und Kommunikationspolitik hat sich das Leitmotiv in Richtung „Rede über das, was du tust“ gewandelt. Meffert sagt dazu: „Eine im Sinne der Gesellschaftsorientierung verstandene PR ist nicht durch ein reaktives Verhalten auf Veränderungen in der Unternehmensumwelt gekennzeichnet, sondern beinhaltet die aktive Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen zwischen Unternehmen und gesellschaftlicher Umwelt.“[58]
Gerade im Krisenfall, ob ökonomischer, personaler oder imagebedingter Natur, erlangt Kommunikation besondere Bedeutung. Die Glaubwürdigkeit der Organisation zu bewahren, ist im Krisenfall entscheidend. Die alte Weisheit „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht“ ist hier immer noch zutreffend.
Werden brisante Themen aktiv angegangen, anstatt nach einer negativen Berichterstattung reaktiv mit Gegendarstellungen zu arbeiten, leidet laut Lindner das Ansehen des Unternehmens weniger. Der offene und ehrliche Umgang mit Informationen schafft Vertrauen bzw. erhält es.[59] Negative Informationen offen zu kommunizieren kann somit deutlich vernünftiger und weniger schadend sein, als sie zu bagatellisieren oder sie gar zu verhehlen.
Es gibt aber auch Situationen, in denen sich der defensive Weg als der geeignetere herausstellt und durch Stillschweigen weniger Negatives resultiert denn aus Kommunikation. Wird zu Anfragen keine Stellung bezogen, ist es durchaus möglich, dass in der Folge nicht etwas negatives veröffentlicht sondern gar nichts gedruckt wird, muss aber nicht die Regel sein. Zu beachten bleibt, dass der defensive Weg die Aktion der Gegenseite überlässt und dadurch in manchen Situationen ein großes Risiko einer dauerhaften Imageschädigung birgt. Ob sich die aktive oder die reaktive Pressearbeit entschieden wird, muss also von Fall zu Fall abgewogen und entschieden werden.[60]
Doch auch in „ruhigen“ Zeiten ist eine stete Kommunikation wichtig. Ein Unternehmen, das in Anonymität verharrt und keinerlei Informationen preisgibt, wird in der Allgemeinheit kaum auf Vertrauen und Sympathie stoßen, sondern vielmehr das Misstrauen schüren. Sollen dann einmal Informationen vermittelt werden, ist die zu erwartende positive Resonanz eher gering, da unzureichende oder nur einmalig kommunizierte Inhalte kaum einen nachhaltigen Eindruck bei der Zielgruppe hinterlassen. Besonders nachhaltig negativ wirkt sich diese Kommunikationsstrategie im Krisenfall aus: Stellungnahmen, Dementi oder Zusagen werden beim Rezipienten wohl auf weniger Aufnahme- oder gar Glaubensbereitschaft treffen als die eines kontinuierlich kommunizierenden Unternehmens.[61]
Im Sinne des alten deutschen Sprichwortes „Vertrauen schafft Vertrauen“ kann eine frühzeitig begonnene, kontinuierliche und offene Pressearbeit ein positives Meinungsklima generieren und negative Umstände in ihrer Auswirkung auf die öffentliche Meinung mildern.
3. Bewertungsmöglichkeiten von Pressearbeit
Pressearbeit gehört heute in den verschiedensten Unternehmen zur Unternehmenskommunikation. Doch angesichts der immer knapper werdenden Budgets und des steigenden Kostendrucks wird die Effizienz der Kommunikationsmaßnahmen immer öfter in Frage gestellt. In der Werbung ist die Wirkungsmessung bereits fest etabliert und kann sich objektiver Messmethoden bedienen. In der Pressearbeit ebenso wie generell in den Public Relations aber steht die Evaluation noch ganz am Anfang. Auf „harte“ betriebswirtschaftliche Kennzahlen kann sich mangels Existenz selten gestützt werden, „weiche“ Faktoren wie Vertrauen, Kundenzufriedenheit und -treue sind schwer in finanzwirtschaftlichen Zahlen auszudrücken.
Im Folgenden möchte ich einen Überblick über den derzeitigen Bewertungsstand, die Diskussion zur Evaluation sowie die bestehenden Bewertungsversuche von Public Relations und Pressearbeit geben.
3.1. Derzeitiger Stand der Evaluationssituation
Eine schriftliche Befragung aus dem Jahr 1989 bei 216 DPRG-Mitgliedern in leitender Funktion ergab, dass zwar 88 Prozent der Befragten Analysen der Public Relations als wichtig einschätzen, sie aber in mehr als der Hälfte der Fälle lediglich unregelmäßig oder gar nie durchgeführt wird. Wurden Analysen durchgeführt, nannten die Befragten 51 Prozent qualitative, zu 37 Prozent quantitative Presseanalysen und zu zwölf Prozent repräsentative Meinungsumfragen.[62]
Sechs Jahre später hat sich das Bild schon leicht gewandelt, wie eine Umfrage von Röttger unter PR-Fachleuten in Hamburg ergab. Die Wirkungskontrolle zählt zwar noch immer zu den vernachlässigten Tätigkeiten, doch die Zahl derer, die noch nicht einmal einen Pressespiegel erstellen, ist auf 30 Prozent gesunken. Dennoch wird die Wirkungskontrolle bei 41 Prozent der evaluierenden Unternehmen als weniger wichtig bzw. unwichtig eingestuft.[63]
Im Jahr 2005 führte die PR-Agentur pr+co. eine Online-Umfrage zum Thema Evaluation von PR-Aktivitäten durch, an der sich 201 PR-Fachleute und 170 PR-Manager aus Unternehmen beteiligten. Abgefragt wurden Zielsetzungen, Budgets und Methoden der Evaluation.
Laut der Umfrage evaluieren rund zwei Drittel der befragten Unternehmen bereits ihre Kommunikation und wollen ihre Erfolgskontrolle zum Teil zukünftig noch ausweiten; das verbliebene Drittel evaluiert bislang noch nicht, doch mehr als die Hälfte dieser Gruppe strebt die künftige Messung an.
Für 90 Prozent der evaluierenden Unternehmen dient die Evaluierung der „Optimierung der PR“, für rund 75 Prozent dient sie außerdem der „Legitimation von PR im Unternehmen“ und für 60 Prozent der „Kontrolle und Steuerung der PR-Agentur“. Bei den Agenturen ergab sich eine fast identische Verteilung.
Bei der Frage nach den genutzten Tools gaben 88 Prozent der evaluierenden Unternehmen das Sammeln bzw. die Analyse von Presseclippings an, 60 Prozent nutzen die qualitative Medienresonanzanalyse, 46 Prozent verlassen sich auf eine Einschätzung „aus dem Bauch“. Bei der Umfrage wurde auch die Nutzung komplexer, aufwändiger Verfahren wie die Marktforschung mit 28 Prozent und die Input-/Output-Analyse mit 21 Prozent angegeben. Die gleiche Reihenfolge der meistgenutzten Evaluationstools findet sich auch bei den Agenturen.
Obwohl zum Teil recht großer Aufwand bei der Evaluation betrieben wird, geben nur 23 Prozent der erfolgsmessenden Unternehmen an, über ein festes Budget für selbige zu verfügen. Mehr als die Hälfte investiert lediglich zwischen einem und fünf Prozent des PR-Jahresbudgets in die Erfolgskontrolle. Ein möglicher Grund liegt in der hausinternen Überprüfung, deren Kosten vermutlich wenig transparent in den PR-Etat mit einfließen. 16 Prozent der Unternehmen nehmen eine PR-Agentur für die Evaluation in Anspruch, 27 Prozent nutzen andere externe Dienstleister. Von 94 Prozent der Agenturen wird Erfolgsmessung bereits angeboten, 40 Prozent wollen ihr Angebot zukünftig weiter ausbauen.[64]
Die 2005 für die Deutsche Public Relations Gesellschaft vom Kölner Marktforschungsinstitut SKOPOS durchgeführte Befragung von 182 deutschen PR-Agenturen und PR-Dienstleistern bestätigt die Ergebnisse von pr+co. in Bezug auf die Evaluationsmethoden. Laut dieser Befragung nutzen neun Zehntel der evaluierenden Agenturen Presseclippings, eine Medienresonanzanalyse wird von rund zwei Drittel der Agenturen eingesetzt.[65]
Wie die Ergebnisse der Untersuchungen von pr+co. und der DPRG zeigen, setzt sich die Evaluation durch, auch ohne ein festes Budget. Doch wie die Ergebnisse verraten, stützt man sich bei der Erfolgsmessung meist auf Presseclippings, die zwar zeigen, was die Pressearbeit hervorgebracht hat, die Ergebnisse allerdings nicht weiter untersuchen.
„PR-Aktivitäten sind und bleiben immateriell, und es ist daher schwierig, ihren Erfolg zu messen.“[66] Doch gerade in diesem Punkt liegt die Relevanz von Evaluation, die statt einem subjektiven Empfinden fundierte und objektive Ergebnisse liefern kann.
3.2. Gründe für und gegen Evaluation
Wie sich schon bei Röttger zeigte, wird Wirkungskontrolle nicht in jedem Fall als wichtig erachtet, in anderen Fällen wird die Evaluation kategorisch abgelehnt, um eine Institutionalisierung der PR-Evaluation zu verhindern. Und in wieder anderen Fällen wird die Wirkungskontrolle als wichtiger Bestandteil erfolgreicher Kommunikation gesehen.
Im Folgenden gebe ich einen Überblick über die wohl wichtigsten Gründe für und gegen die Evaluation von Kommunikation und stütze mich dabei auf die Ergebnisse von Besson.[67]
3.2.1. Argumente pro PR-Evaluation
Besson teilt die Gründe für die Evaluation der Kommunikationsmaßnahmen auf drei Ebenen auf: die individualpsychologische, die organisatorische und die PR-Systemebene. Allerdings dient die Kategorisierung nur der Systematisierung, Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Ebenen fließen in die Betrachtung nicht mit ein.
Als wichtigstes Argument auf der individualpsychologischen Ebene nennt sie die persönliche Zufriedenheit und das bestätigte Selbstbewusstsein der PR-Manager. Der Verantwortliche kann die Erfolge seiner Arbeit objektiv darlegen und nachweisen, was er erreicht hat.
Auf der organisatorischen Ebene sind vor allem praktische Argumente ausschlaggebend. Evaluierte Kommunikation hilft Fehlinvestitionen zu vermeiden, da finanzielle Mittel gezielter eingesetzt werden und Effizienz und Effektivität der Maßnahmen belegt werden müssen. Die wissenschaftliche Grundlage, die die PR durch die Evaluation erhält, stärkt ihr Ansehen und kann negative Vorurteile abbauen, eventuell auch höhere Budgets rechtfertigen. Die Einführung institutionalisierter, organisierter Strukturen unterstützt die Emanzipation vom Marketing und schafft Gleichberechtigung der beiden Ressorts. Schließlich sprechen auf organisatorischer Ebene auch der direkte Marketingnutzen, den PR-Evaluationen durch ihr Wissen um Meinungen über Produkte mit sich bringen, und die sich einstellende Transparenz gegenüber dem Auftraggeber aufgrund objektiver Vergleichsdaten für die Evaluation.
Auf der Systemebene schließlich bringt die strategische Evaluation der Kommunikationsmaßnahmen eine zunehmende Professionalisierung des Fachbereichs mit sich, die sich in einer generellen Qualitätsverbesserung der Public Relations niederschlagen kann. Wird PR-Evaluation selbstverständlich und ein fester Bestandteil der Kommunikation, werden die zu evaluierenden Ergebnisse sukzessive optimiert.
3.2.2. Argumente contra PR-Evaluation
Die Argumente, die gegen eine PR-Evaluation vorgebracht werden, unterteilt Besson ebenfalls in drei Gruppen: individuelle, organisatorische und systemimmanente Schwierigkeiten.
Die individuellen Argumente, die gegen eine Evaluation der PR-Maßnahmen vorgebracht werden, sind schwer zu relativieren, da sie auf negativen Gefühlen wie Misstrauen, Angst und Verachtung oder auf fehlendem Wissen basieren. Der Sinn einer Evaluation wird aufgrund der verursachten Kosten in Frage gestellt, es bestehen Vorurteile gegen Empirie und Statistik und „gute Beziehungen“ seien nicht messbar. Der Meinungsanalytiker Burnsroper beschreibt die Nichtmessbarkeit mit den folgenden Worten: „Das Messen von PR-Aktivität ist nur ein wenig leichter als das Messen eines gasförmigen Körpers mit dem Gummiband.“[68] Genauso wenig messbar sei die Kunst, der die Public Relations, als Erzeuger immaterieller Werte, dann immer wieder gern zugeordnet werden[69].
Aufbauend auf dieser Annahme werden keine Ziele mit objektiven und messbaren Kriterien mehr formuliert, sondern die Ergebnisse aus dem Bauch heraus eingeschätzt. Auch eine nicht zu unterschätzende Angst vor schlechten Ergebnissen der Kommunikationskontrolle, die das eigene Handeln in Frage stellt, sowie der moralische Einwand gegenüber der Messung von vertrauensvollen Beziehungen, zu der Bogner sagt: „Wer Vertrauen schaffen will, darf nicht immer direkt nachmessen. Die Effizienz von PR soll man nicht messen, weil es den Grundsätzen seriöser PR widerspricht – bei Freunden fragt man auch nicht nach jedem Kontakt, wie viel er einem gebracht hat“[70], und schließlich eine mangelnde Kompetenz durch eine unübersichtliche Anzahl an Definitionen, Modellen und Methoden der PR-Evaluation stellen individuelle Hindernisse dar, die einer institutionalisierten und effizienten Kontrolle der Kommunikationsmaßnahmen im Wege stehen.
Auf organisatorischer Seite werden Geld-, Personal- und Zeitmangel als häufigste Hindernisse angeführt.[71] Das Budget wird für die Planung und Ausführung der Maßnahmen verwendet, zusätzliche Kosten für Evaluationsmaßnahmen können nicht gedeckt werden. Wie bereits beschrieben verfügt nur ein geringer Prozentsatz der evaluierenden Unternehmen über ein festes Budget für die Erfolgsmessung, weit über die Hälfte dieser Unternehmen wendet lediglich zwischen einem und fünf Prozent des PR-Budgets für die Evaluation auf.[72] Das International Committee of Public Relations Consultancies Associations (ICO) empfiehlt gestaffelt nach dem Umfang des PR-Budgets zwischen drei und zwölf Prozent, bei Budgets unterhalb der $50.000-Grenze werden zwischen zehn und zwölf Prozent empfohlen.[73] Fuhrberg gibt hierbei zu beachten, dass die Methoden aber „generell niemals teurer sein [sollten] als der daraus zu erwartende Nutzen.“[74]
Für eine Evaluation fehlen oftmals nicht nur die finanziellen sondern auch die personellen und zeitlichen Ressourcen. Der mit der Durchführung verbundene Aufwand kann und will nicht übernommen werden, da die Planung und Durchführung der Kommunikationsmaßnahmen an sich die verfügbare Arbeitszeit bereits binden. Zusätzliche interne Personalressourcen oder die Vergabe an eine externe Agentur sind die Möglichkeiten zur Realisierung der PR-Evaluation, die jedoch beide mit zusätzlichen das Budget belastenden Kosten verbunden sind.
Die schwerwiegendsten Hindernisse auf der systemimmanenten Ebene sind laut Besson die Kausalitäts- und Wertbestimmung von PR-Evaluation, die im Wesen und im Umfang der PR-Tätigkeiten begründet liegen. Eine kausale Ursache-Wirkungs-Beziehung ist nur unter bestimmten Umständen festzustellen, beispielsweise wenn Artikel aufgrund einer Pressekonferenz erschienen sind, also kurzfristige Wirkungen erzielt wurden. Langfristige Wirkungen wie die Beeinflussung von Meinungen, Verhalten oder Einstellungen durch Kommunikationsmaßnahmen sind nur schwer zu beweisen.
Mit Kommunikationsmaßnahmen sollen Beziehungen und Vertrauen zwischen dem Unternehmen und der Öffentlichkeit aufgebaut werden. Fehlende Kommunikation kann einem Unternehmen Schaden zufügen, mit guter PR können Krisen entschärft oder sogar vermieden werden. Ein Schaden schlägt sich schnell in den Unternehmenszahlen nieder, das Abwenden von Schaden aber und somit das Vermeiden negativer Folgen ist nicht messbar, womit auch der Wert der zugehörigen Kommunikationsmaßnahmen nicht messbar ist.
Schließlich sind die PR-Maßnahmen so vielfältig, dass es das ultimative Evaluationstool nicht geben kann, sondern angepasste Methoden erforderlich sind, die jedoch eine Generalisierung der Methoden erschweren und auch den Grad der Professionalität der Erfolgskontrolle schwanken lassen. Der fehlende Diskurs zwischen Theorie und Praxis verhindert die Entwicklung praktikabler Evaluationstools und die Definition einheitlicher Standards, die eine Vergleichbarkeit ermöglichen und PR-Erfolge aus der subjektiven „Bauchgefühl-Ebene“ herausführen.
3.2.3. Zusammenfassende Betrachtung
So viele Argumente auch für die Evaluation von Kommunikationsmaßnahmen sprechen, so viele Gegenargumente werden auch angebracht. Die Argumente aus den beiden vorhergehenden Kapiteln sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Wie sich zeigt, gibt es auf beiden Seiten Argumente zu den einzelnen Ebenen, die in der Frage der Evaluation von Kommunikationsmaßnahmen ein Gleichgewicht zwischen Pro und Contra aufzeigen:
[...]
[1] zit. n. Paul Watzlawick, 1967
[2] vgl. Online-Umfrage 2006 der F&S Medienservice GmbH in: TV-Spielfilm, 09/06, S. 14
[3] vgl. Emnid-Umfrage 2005 zur Glaubwürdigkeit der Medien in: Zerres, 2005, auf http://www.business-wissen.de/de/aktuell/kat10/akt20735.html?pg=0
[4] zit. n. Hagen/Oberle, 1994, S. 38
[5] „Der Ausdruck „Marketing-Mix“ bezeichnet [...] die für eine bestimmt Periode getroffene Auswahl von Marketingaktivitäten auf ihrem qualitativen und quantitativen Niveau.“ Zit. n. Meffert, 2000, S. 971
Weit verbreitet ist die Bezeichnung „4 P“, nämlich Produkt (product), Preis (price), Promotion (promotion) und Platz (place), für die Einteilung der marketingpolitischen Instrumente, wie auch hier angesprochen.
Weiterführende Informationen zum Marketingmix finden sich z. B. bei Meffert, 2000, S. 969 – 1002 sowie bei Weis, 1999, S. 83 – 86.
[6] vgl. Meffert, 2000, S. 972
[7] vgl. Bidlingmaier, 1973 und Meffert, 1973; zit. n. Meffert, 2000, S. 969
[8] vgl. Weis, 1999, S. 81 – 83
[9] zit. n. Weis, 1999, S. 81
[10] zit. n. Meffert, 1986, S. 119
[11] vgl. Meffert, 2000, S. 684f
[12] vgl. Weis, 1999, S. 82
[13] zit. n. Meffert, 2000, S. 729
[14] vgl. Herbst, 1997, S. 10
[15] zit. n. Grunig/Hunt, 1984 in: Herbst, 1997, S. 10
[16] zit. n. Oeckl, 1964, S. 43
[17] vgl. Dieter Schulze van Loon, GPRA-Präsident, o. J., auf http://www.pr-guide.de/index.php?id=190&tx_ttnews[tt_news]=665&tx_ttnews[backPid]=4&cHash=9816a90d88
[18] zit. n. Bentele, 1996, S. 22f
[19] zit. n. Meffert, 1986, S. 120 (Hervorhebung im Original)
[20] zit. n. Naundorf, 1993, in: Berndt/Hermanns, 1993, S. 597
[21] zit. n. Faulstich, 2000, S. 22
[22] zit. n. Ronneberger/Rühl, o. J., in: Faulstich, 2000, S. 28
[23] vgl. Ronneberger/Rühl, 1992, S. 32
[24] zit. n. Bauer, 1998, S. 14
[25] zit. n. Faulstich, 2000, S. 28
[26] zit. n. Ronneberger/Rühl, o. J., in: Faulstich, 2000, S. 28
[27] zit. n. Faulstich, 2000, S. 29
[28] vgl. Hategan, 1991, S. 102
[29] vgl. Grunig/Hunt, 1984, S. 6
[30] zit. n. Merten/Westerbarkey, o. J., in: Merten, Schmidt, Weischenberg, 1994, S. 210
[31] vgl. Brauer, 1993, in: von Schlippe, Martini, Schulze-Fürstenow, 1998, S. 17f und DPRG, o. J., auf http://www.dprg.de/statische/itemshowone.php4?id=39
[32] zit. n. Beger/Gärtner/ Mathes, 1989, S. 31
[33] vgl. Meffert, 2000, S. 724, 726
[34] vgl. o. V., 2005, auf http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentlichkeitsarbeit
[35] vgl. Kobzina, 2005, auf http://www.wiso.boku.ac.at/uploads/media/Skriptum_PR_2005.pdf
[36] Im Jahre 1914 wandte sich David Rockefeller an den Journalisten Ivy Lee, der als erster PR-Berater gilt, um die negative Meinung der Bevölkerung über die Rockefellers zu verbessern. Das Konzept Lees sah zwar verschiedene Maßnahmen, wie die Gründung der Rockefeller-Stiftung, vor, von einer Veränderung des imageschädlichen Verhaltens der Firmengruppe wurde aber angesehen.
vgl. ebenda
[37] zit. n. Böckelmann, 1986, S. 170
[38] Einzigartiges Werbeversprechen oder spezieller Punkt, der in der Werbung stark hervorgehoben wird (z. B. ein Produktvorteil, über den andere Produkte zwar ebenfalls verfügen, der aber in der Werbung nicht speziell erwähnt wird)
vgl. Kobzina, 2005, auf http://www.absatzwirtschaft.de/pdf/Checkliste_Werbeplanung-Werbkonzept-Check.pdf
[39] vgl. van Loon, o. J., auf http://www.pr-guide.de/index.php?id=190&tx_ttnews[tt_news]=665&tx_ttnews[backPid]=4&cHash=9816a90d88
[40] zit. n. Hofmann, 2005, auf http://www.business-wissen.de/de/aktuell/kat10/akt20735.html?pg=0
[41] zit. n. ebenda
[42] vgl. Kapitel 2.1. Public Relations im Kommunikationsmix in der vorliegenden Arbeit
[43] zit. n. Meffert, 1986, S. 493
[44] vgl. Naundorf, 1993, in: Meffert, 2000, S. 726
[45] zit. n. Hartwig, 1998, S. 36 (Hervorhebung im Original)
[46] zit. n. Hartwig, 1998, S. 36
[47] zit. n. Meffert, 1986, S. 494f
[48] vgl. Weis, 1999, S. 494, 496
[49] vgl. z. B. o. V., 2005, auf http://de.wikipedia.org/wiki/Public_Relations, GPRA, o. J., auf http://www.gpra.de/index.php?id=100 und Weizenecker, 2005, auf http://www.businessinbaden.de/index.php?id=161&scriptlet=CMS/Content&cid=35
[50] zit. n. Böckelmann, 1986, S. 172
[51] z. B. Lindner, 2001: Taschenbuch Pressearbeit
[52] zit. n. Naundorf, 1993, auf http://v.hdm-stuttgart.de/projekte/websitepr/pressearbeit.php
[53] zit. n. Lange, o. J., auf http://www.lange-pr.de/pa.pdf
[54] vgl. Kobzina, 2005, auf http://www.wiso.boku.ac.at/uploads/media/Medienarbeit.pdf
[55] zit. n. Zerres, 2005, auf http://www.business-wissen.de/de/aktuell/kat10/akt20735.html?pg=0
[56] vgl. Werner/Simon, 2003 auf http://v.hdm-stuttgart.de/projekte/websitepr/pressearbeit.php
[57] zit. n. Bruhn, 2003, S. 346
[58] vgl. Meffert, 2000, S. 724
[59] vgl. Lindner, 2001, S. 138f und Lutzer, o. J., auf http://www.business-wissen.de/de/baustein/kapitel2349.html?pg=0
[60] vgl. ebenda
[61] vgl. van Loon, o. J., auf http://www.pr-guide.de/index.php?id=190&tx_ttnews[tt_news]=665&tx_ttnews[backPid]=4&cHash=9816a90d88 und Borgmeier, 2003, auf http://www.business-wissen.de/de/aktuell/kat7748.html?pg=0
[62] vgl. Besson, 2004, S. 66; die Berechnung erfolgte auf der Basis von 151 Nennungen zu den verschiedenen Analysemethoden.
[63] vgl. ebenda, S. 66f
[64] vgl. Studie „PR-Evaluation in der Praxis“ von pr+co., o. J., auf http://www.pr-guide.de/index.php?id=190&tx_ttnews[tt_news]=576&tx_ttnews[backPid]=4&cHash=35bb7f6c0d
[65] vgl. DPRG, 2005, auf http://dprg.enpress.de/Meldung.aspx?ID=91&sessionid
[66] zit. n. Beger/Gärtner/Mathes, 1989, S. 31
[67] vgl. Besson, 2004, S. 56 – 65
[68] zit. n. Burnsroper in: Bogner, 1999, S. 318
[69] vgl. auch Bruhn, 1995, S. 255, Broom/Dozier, 1990, S. 14, Pavlik, 1987, S. 66 und Ronneberger/Rühl, 1992, S. 183
[70] zit. n. Bogner, 1999, S. 318
[71] vgl. Baerns, 1997, S. 16 und Klewes, 1994, S. 8
[72] vgl. Kapitel 4.1 Derzeitiger Stand bei der Bewertung in dieser Arbeit
[73] vgl. Fairchild, 1997, S. 31
[74] zit. n. Fuhrberg in: Baerns, 1995, S. 65
- Arbeit zitieren
- Maren Herbst (Autor:in), 2006, Untersuchung der Wirkung von Pressearbeit am Beispiel der GSW, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111846