Diese Hausarbeit ist eine Ausarbeitung des Referats und der Ergebnisse im Seminar „Rhetorik und Literatur“ vom 10. Juni 2008 bei Frau Dr. Hedwig Pompe im Som-mersemester 2008 an der Universität in Siegen. In dieser Hausarbeit möchte ich zeigen, warum „Werther“ sowohl von vielen ge-liebt, als auch gehasst und warum er zum Schlüsseltext seiner Zeit und für die Medienwirkung wurde. Es macht, aus meiner Sicht, Sinn, den „Werther“ aus Goethes Erlebniswelt anzu-gehen, um Denkweisen und Geschehnisse besser analysieren zu können. Deshalb werde ich im ersten Teil dieser Hausarbeit auf den biografischen Hintergrund ein-gehen und Vergleiche zwischen der Figur Werther und Goethe als Person heranzie-hen. Außerdem versuche ich, die damaligen Bewegungen darzustellen. Im zweiten Teil zeige ich die vielfältigen Verhaltensweisen des Publikums. Von dort aus führe ich dann zum sogenannten „Werther-Fieber“ hin und den daraus resultierenden Problematiken und die Reaktionen von Goethes Zeitgenossen und auch der Kirche.
Inhaltsverzeichnis
II Vorwort
III Autobiografischer Kontext
1. Parallelfiguren
2. Fiktionaler Text oder Wahrheit
2.1 Fragen und Antworten im Seminar
IV Zeitgenössische Reaktionen
3. Thematik und Problematik des Romans
4. Das „Werther-Fieber“
5. Anhänger der Geniebewegung
6. Reaktionen aus dem Lager der Aufklärer
6.1 Nicolai über Werther
6.2 Mendelsohn über Werther
6.3 Lessing über Werther
6.4 Wieland über Werther
7. Reaktionen der kirchlichen Repräsentanten
7.1 Streitschriften und polemische Äußerungen
Anhang :
V Literatur- und Quellenverzeichnis
VI Gedicht: „Nicolai auf Werthers Grabe“
II Vorwort
Die Reaktionen waren energisch und vielseitig, denn der „Werther“ provozierte die Gesellschaft. Werther forderte das Recht auf Liebe und diese stand für ihn auch über Leben und Tod.
Diese Hausarbeit ist eine Ausarbeitung des Referats und der Ergebnisse im Seminar „Rhetorik und Literatur“ vom 10. Juni 2008 bei Frau Dr. Hedwig Pompe im Sommersemester 2008 an der Universität in Siegen.
In dieser Hausarbeit möchte ich zeigen, warum „Werther“ sowohl von vielen geliebt, als auch gehasst und warum er zum Schlüsseltext seiner Zeit und für die Medienwirkung wurde.
Es macht, aus meiner Sicht, Sinn, den „Werther“ aus Goethes Erlebniswelt anzugehen, um Denkweisen und Geschehnisse besser analysieren zu können. Deshalb werde ich im ersten Teil dieser Hausarbeit auf den biografischen Hintergrund eingehen und Vergleiche zwischen der Figur Werther und Goethe als Person heranziehen. Außerdem versuche ich, die damaligen Bewegungen darzustellen.
Im zweiten Teil zeige ich die vielfältigen Verhaltensweisen des Publikums. Von dort aus führe ich dann zum sogenannten „Werther-Fieber“ hin und den daraus resultierenden Problematiken und die Reaktionen von Goethes Zeitgenossen und auch der Kirche.
Was also brachte Menschen in ähnlicher Situation wie Werther dazu, in ihm Erbauung und Trost zu finden oder gar sich umzubringen?
Bereits der Herausgeber warnt zu Beginn des Buches indirekt:
„Was ich von der Geschichte des armen Werther nur habe auffinden können,
habe ich mit Fleiß gesammelt, und lege es euch hier vor,
und weiß, daß ihr mir's danken werdet.
Ihr könnt seinem Geist und seinem Charakter
eure Bewunderung und Liebe und seinem Schicksale
eure Tränen nicht versagen.
Und du, gute Seele, die du eben den Drang fühlst wie er,
schöpfe Trost aus seinem Leiden, und laß das Büchlein deinen Freund sein,
wenn du aus Geschick oder eigener Schuld keinen nähern finden kannst!“
III Autobiografischer Kontext
1 Parallelfiguren
„Dass alle Symptome dieser wunderlichen,
so natürlichen als unnatürlichen Krankheit
auch einmal mein Innerstes durchrast haben,
daran lässt Werther wohl niemanden zweifeln.
Ich weiß noch recht gut,
was es mich damals für Anstrengungen kostete,
den Wellen des Todes zu entkommen.“[1]
Die Gedanken und Hintergründe des Protagonisten in „Die Leiden des jungen Werther“ sind zum Großteil in Goethes Biografie, zwischen den Jahren 1771 und 1774, und seiner privaten Umgebung wiederzufinden.
Goethe promovierte 1771 und begann im Mai 1772 am Reichskammergericht in Wetzlar ein Praktikum, wo er den pfälzischen Sekretär Karl Wilhelm Jerusalem kennenlernte und mit diesem am 9. Juni auf einen Ball im Jägerhaus (heute: Goethehaus) in Volpertshausen ging. Dort verliebte sich Goethe in Charlotte Buff, die Tochter des Amtsmann, die mit ihrem Verlobten, dem hannoverschen Gesandtschaftssekretär, Johann Christian Kestner auch dort war. Goethe freundete sich mit Kestner an und war sowohl von Charlottes offener Art als auch von ihrer äußeren Erscheinung angetan. Im „Werther“ schrieb er, er habe den ganzen Abend mit ihr getanzt. Anders aber, als im „Werther“ fand in Wirklichkeit die als bedeutend beschriebene Szene am Tag darauf erst statt. Nicht auf dem Ball, sondern erst auf dem Deutschordenshof teilte Lotte für ihre Geschwister das Brot. Goethe war angetan von ihrem Temperament und ihrer Heiterkeit und verstand sich auch bald mit ihren Geschwistern sehr gut und auch, nachdem Kestner von seiner Reise zurück war, besuchte Goethe Charlotte und Kestner immer wieder in ihrem Haus. Er behauptet im „Werther“ sogar, dass er Albert nach Lotten das Liebste auf der Welt gewesen sei. Doch die verzweifelte und unerwiderte Liebe zu Lotte veranlasst Goethe dazu, Wetzlar zu verlassen, um wieder zurück nach Frankfurt zu gehen.
In Ehrenbreitstein besuchte er die Schriftstellerin Sophie von La Roche, zu deren sechzehnjährigen Tochter Maximiliane er eine spontane Neigung fasste.
Am 30. Oktober 1772 erschießt sich Carl Wilhelm Jerusalem in Wetzlar mit einer von Kestner entliehenen Pistole.
Motiv dieses Selbstmords, war die unglückliche Liebe zu einer verheirateten Frau.
Nach dem Freitod von Jerusalem kehrt Goethe vom 6. bis 10. November 1772 noch einmal für kurze Zeit nach Wetzlar zurück.
Nach der Niederschrift des „Werther“ heiratet Maximiliane den Kaufmann Peter Anton Brentano und zog mit ihm Anfang 1774 nach Frankfurt. Goethe umschwärmt auch diese verheiratete Frau so sehr, dass es zu heftigen Auseinandersetzungen mit ihrem Ehemann kam. Sie findet allerdings weniger als Inspiration in den Text, als durch ihre „schwarzen Augen“. Charlotte Buff hatte blaue Augen.
2 Fiktionaler Text oder Wahrheit
Im 18. Jahrhundert war ein Verlangen nach Authentizität zu spüren, welches die Fiktion in Briefform hervorbrachte. Andere wichtige Vertreter dieser Gattung sind die „Portugiesischen Briefe“ von Claude Barbin (1669), „La Religieuse“ von Denis Diderot (ca. 1780) und „Gefährliche Liebschaften“ von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos.
Für den Leser wird in den genannten Stücken eine Nähe zu scheinbar echten Gefühlen möglich. Und besonders beim „Werther“ wird dies verstärkt durch den biografischen Hintergrund. Der Roman erlangt eine neue, stärkere Intensität. Er lehnt sich gegen eine vernunftorientierte Lebensweise und Selbstreflexion, Selbstbezüglichkeit und der Zwang zur Rechtfertigung werden zu den Basiselementen des Romans. Die Intensität des gelebten Romans scheint das Konzept der Empfindsamkeit zu sein.
Die Empfindsamkeit ist eine Tendenz im Verlauf der europäischen Aufklärung und hängt mit dem Ende des französischen Rationalismus zusammen.
Im „Werther“ verbindet sich echte Geschichte mit konstruierter Fiktionalität, der sogenannten Herausgeberfiktion. Hier gibt sich zum Beispiel der Herausgeber im Vorwort als Sammler von Wahrheiten aus der „Geschichte des armen Werthers“[2] und später stößt er noch mal in die Geschichte als Erklärer und Kommentator:
Wie sehr wünscht' ich, daß uns von den letzten merkwürdigen Tagen
unsers Freundes so viel eigenhändige Zeugnisse übrig geblieben wären,
daß ich nicht nöthig hätte, die Folge seiner hinterlass'nen Briefe
durch Erzählung zu unterbrechen.
Ich habe mir angelegen seyn lassen, genaue Nachrichten aus dem Munde derer zu sammeln, die von seiner Geschichte wohl unterrichtet seyn konnten;
sie ist einfach, und es kommen alle Erzählungen davon bis auf wenige Kleinigkeiten mit einander überein; nur über die Sinnesarten der handelnden Personen sind die Meinungen verschieden, und die Urtheile getheilt.[3]
Karl Wilhelm Jerusalems Leben und sein Selbstmord wurden zum Begriff für einige Bewegungen der Aufklärung und Empfindsamkeit im damaligen Deutschland. Und auch lernte so die Aufklärung ihre eigenen Grenzen kennen.
2.1 Fragen und Antworten im Seminar
Im Seminar stellte man sich die Frage: Wieso braucht man für einen fiktionalen Text einen biografischen Hintergrund?
Aus beschreibenden Antworten wie „Von Köln aus kann man nicht über Haiti schreiben“ oder „Man muss etwas erlebt haben, um darüber schreiben zu können“ kam man auf die weiterführende Frage, was Wahrheit und Fiktion überhaupt sind? Nur ein logisches Konstrukt? Wobei die Fiktion auf Konstruktion angewiesen scheint. Oder ist Fiktion an Wirklichkeit gebunden?
Ich denke, hierbei muss man zwischen emotionalem und fiktionalem Schreiben unterscheiden. Dennoch kann man keine klaren Grenzen ziehen, denn selbst in einem Fantasytext, der vermeintlich rein fiktional sein sollte, bezieht sich immer ein Teil auf emotional geprägte oder reale Begebenheiten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: Eigenes Schaubild – vom Tafelbild abgeleitet
An dieser Stelle seien auch die Begriffe „Mimesis“ und „Poiesis“ genannt. Mimesis steht für die Künste, die mit verschiedenen Mitteln die Wirklichkeit nachahmen, wobei die Poiesis darauf ausgerichtet ist, etwas zu produzieren, zu errichten oder mögliche Werte hervor zu bringen.
[...]
[1] Goethe. Brief an Carl Friedrich Zelter, 1815. à WWW-Link: ceryx.de (Stand: 2008-06-12)
[2] Goethe. Werther. Seite 3.
[3] Ebenda. Seite 144.
- Arbeit zitieren
- Tonia Bernhardt (Autor:in), 2008, Zeitgenössische Reaktionen und Dokumente zum „Wertherfieber“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111910
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