Iterative Organisationsentwicklung in der agilen Transition. Ansätze zur Förderung von Selbstorganisation


Masterarbeit, 2020

87 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen I: Traditionelle Organisationsentwicklung
2.1 Taylorismus und Bürokratie
2.2 Traditionelle Organisationsstrukturen
2.3 Organisationsentwicklung durch Change-Management
2.4 Herausforderungen des traditionellen Managements

3 Grundlagen II: Moderne Organisationsentwicklung
3.1 Agilität als Antwort auf moderne Herausforderung
3.1.1 Kernkompetenzen agiler Unternehmen
3.1.2 Agile Transition
3.1.3 Wertschöpfend arbeiten mit agilen Methoden
3.1.4 Agile Reifegrade
3.2 Ein-Führung selbstorganisierter Teams im Unternehmen
3.2.1 Prinzipien der Selbstorganisation
3.2.2 Führung & Management von selbstorganisierten Teams
3.3 Organisationsideen für agile Unternehmen
3.3.1 Netzwerkstrukturen
3.3.2 Kollegial geführte Unternehmen
3.3.3 Spotify Engineering Culture

4 Experteninterviews
4.1 Untersuchungsziel
4.2 Vorgehensweise
4.2.1 Auswahl der Experten
4.2.2 Interviewleitfaden
4.2.3 Transkription
4.3 Auswertung
4.3.1 Methode
4.3.2 Kategoriensystem
4.4 Ergebnisdarstellung
4.4.1 Führung
4.4.2 Kooperation
4.4.3 Organisation
4.5 Zusammenführung der Ergebnisse und Interpretationen
4.5.1 Experimentierkasten zur Förderung von Selbstorganisation
4.5.2 Beantwortung der zentralen Fragestellungen

5 Abschluss und Diskussion
5.1 Zusammenfassung
5.2 Kritische Würdigung
5.3 Ausblick

6 Literatur

8 Anhang

Abstract

Die vorliegende Masterarbeit richtet sich an Organisationsentwickler, Führungskräfte, HR-Business Partner sowie interessierte Leser, die die agile Transition in ihren Unternehmen vorantreiben möchten. Sie gibt einen Einblick in verschiedene, sich ergänzende Konzepte zum Aufbau und der Entwicklung von Organisationen. Dabei wird aufgezeigt, wie die Entwicklung einer Führungskultur und Organisationsgestaltung selbstorganisierte Teamarbeit in der agilen Transition fördern können. Durch qualitative Experteninterviews konnte ein Experimentierkasten zur Förderung von Selbstorganisation hinsichtlich Führung, Kooperation und Organisation entwickelt werden, der dazu anregen soll, iterative Organisationsentwicklung zielgerichtet einzusetzen und verschiedene Elemente zu kombinieren.

Abkürzungsverzeichnis

bspw. beispielsweise bzw. beziehungsweise etc. et cetera ggf. gegebenenfalls u.a. unter anderem, und andere usw. und so weiter va. vor allem vgl. Vergleich z.B. zum Beispiel

Abbildungsverzeichnis

ABBILDUNG 2 DIVISIONALE LINIENORGANISATION (EIGENE ABBILDUNG)

ABBILDUNG 1 FUNKTIONALE LINIENORGANISATION (EIGENE ABBILDUNG)

ABBILDUNG 3 MATRIXORGANISATION (SCHEWE, 2018)

ABBILDUNG 4 KOMBINATION CHANGE-MANAGEMENT MODELLE VON LEWIN UND KOTTER (EIGENE ABBILDUNG)

ABBILDUNG 5 SCRUM- AUF DEM BIERDECKEL ERKLÄRT (ROOCK, 2015)

ABBILDUNG 6 AGILES REIFEGRADMODELL (ANDRESEN, 2018, S. 92)

ABBILDUNG 7 NETZWERKORGANISATION (PFLÄGING, HERMANN, 2019, S.24)

ABBILDUNG 8 KREISMODELL (OESTERREICH & SCHRÖDER, 2019B)

ABBILDUNG 9 BEISPIEL KREIS-KONSTITUTION (OESTERREICH UND SCHRÖDER, 2017, S. 135)

ABBILDUNG 10 DIE ORGANISATIONSEINHEITEN BEI SPOTIFY (KNIBERG & IVARSSON, 2015)

ABBILDUNG 11 DARSTELLUNG DES KATEGORIENSYSTEMS (EIGENE DARSTELLUNG)

ABBILDUNG 12 EXPERIMENTIERKASTEN ZUR FÖRDERUNG VON SELBSTORGANISATION (EIGENE DARSTELLUNG)

1 Einleitung

Seit einigen Jahren werden parallel viele sich überschneidende Diskussionen über die Veränderung der Arbeits- und Lebenswelten in unserer Gesellschaft geführt. Neben der digitalen Transformation wird auch die Diskussion um die Veränderung der Arbeitswelt und agile Arbeitsmethoden sowohl in Wissenschaft als auch in der Praxis intensiv geführt. Die agile Transition scheint in aller Munde zu sein.

Häufig arbeiten jedoch nur Teile eines Unternehmens oder sogar nur einzelne Teams nach agilen Prinzipien und mit agilen Methoden, während die übrigen Bereiche des Unternehmens in traditionellen Organisationsstrukturen weiter machen. Eine ganzheitliche Veränderung scheint eine sehr große Herausforderung für die Organisationsentwicklung darzustellen. Die agile Transition beeinflusst unter anderem die Optimierung der Aufgabenkoordination, Gestaltung der Zusammenarbeit im Unternehmen, Veränderungen von Organisationsstrukturen sowie die Entwicklung von Führungskultur (Heitger & Serfass, 2015). Im Hinblick auf die praktische Umsetzung von agilen Methoden haben viele Unternehmen bereits Erfahrungen gesammelt. Was aber fehlt, sind neue Ansätze und Fähigkeiten auf der Management- und Organisationsebene, um ein insgesamt agiles Umfeld für selbstorganisierte Teams zu schaffen.

Dies unterstreicht ein Artikel des Projektmagazins aus dem Oktober 2019, in dem bemängelt wird, dass viele Unternehmen die agilen Prinzipien nicht verinnerlicht hätten und bei der Einführung von Agilität keine ernsthafte Etablierung im gesamten Unternehmen versucht wird. Demnach werden zu häufig agile Methoden eingeführt, ohne die Prinzipien und den Sinn dahinter ernsthaft zu erfassen (Gütle, 2019).

1.1 Zielsetzung

Diese Arbeit richtet sich dahin aus, praxisbezogene Ansätze aufzuzeigen, die dazu beitragen, selbstorganisiertes, agiles Arbeiten im Zuge einer agilen Transition unternehmensweit zu fördern. Zielgruppe dieser Arbeit sind Organisationsentwickler, Berater, Geschäftsführer und Führungskräfte sowie interessierte Studierende. Diese sollen angeregt werden in ihrem Arbeitsalltag mehr Agilität zu leben und Ansätze kennen lernen, die bei der Förderung von Selbstorganisation in ihren Unternehmen helfen.

Die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit lauten daher:

1. Wie gestalten sich die Rolle und die Aufgaben einer Führungskraft in der agilen Transition?
2. Welche Ansätze eignen sich, um Mitarbeiter an die Arbeit in selbstorganisierten Teams heran zu führen?
3. Wie können organisationale Rahmenbedingungen gestaltet werden, um ein insgesamt agiles Umfeld zu ermöglichen?

Auf Basis von Erkenntnissen aus wissenschaftlicher Literatur und Experteninterviews wird ein Experimentierkasten erarbeitet, der einfach verständliche und umsetzbare Ansätze enthält, welche die iterative Arbeit am eigenen Führungsstil, der Kooperation im Team und an der Organisation mit dem Ziel der Förderung von Selbstorganisation in unterschiedlichen Kontexten unterstützen.

1.2 Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit beginnt in Kapitel 2 mit einem Blick auf die maßgeblichen Denkansätze des letzten Jahrhunderts, die den Aufbau der meisten heute existierenden Unternehmen geleitet haben. Dies dient als Basis, um im Verlauf der Arbeit die Auswirkungen der modernen Ansätze einordnen zu können. In Kapitel 2.1 wird durch eine Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte der Theorien von F.W. Taylor und M. Weber die Grundlage geschaffen, um die Werte und Prinzipien hinter traditionellen Unternehmensstrukturen zu verstehen. Einige der gängigsten Konzepte zur Gestaltung von Organisationen werden in Kapitel 2.2 vorgestellt. Darauf folgt eine Einführung in die Entwicklung von Organisationen durch gezieltes Change-Management (Kapitel 2.3). Dieser erste Abschnitt endet mit einer Darstellung verschiedener Herausforderungen, denen traditionelles Management und hierarchische Organisationen im einundzwanzigsten Jahrhundert gegenüberstehen.

Kapitel 3 beginnt mit einer Darstellung darüber, wie Agilität die Herausforderungen der traditionell aufgestellten Unternehmen beantworten kann (Kapitel 3.1) und gibt einen Überblick über Grundlagen zu Agilität in Unternehmen. Anhand des Framework Scrum wird ein Einblick in die Prinzipien agilen Arbeitens (Kapitel 3.1.3) gegeben. Anschließend wird dargelegt, mit welchen Ansätzen Führung und Management ein Umfeld für selbstorganisierte Teams gestalten können (Kapitel 3.2). Den Abschluss der theoretischen Grundlagen bildet ein Einblick in einige agile Organisationsideen (Kapitel 3.3).

Kapitel 4 widmet sich den Experteninterviews, die im Rahmen dieser Abschlussarbeit durchgeführt wurden. Nach einer Erläuterung des verwendeten Ansatzes werden die Ergebnisse in Kapitel 4.4 ausführlich dargestellt. Kapitel 4.5 widmet sich der Zusammenführung der Ergebnisse und Interpretationen, und führt den Experimentierkasten zur Förderung von Selbstorganisation ein bevor in Kapitel 5 ein Fazit gezogen und ein Ausblick gegeben wird.

2 Grundlagen I: Traditionelle Organisationsentwicklung

Beginnend wird ein Einblick in traditionelle Ansätze zu Aufbau, Führung und Entwicklung von Unternehmen gegeben. Dieser Überblick in die traditionelle Organisationsentwicklung dient dazu, den Status Quo vieler Unternehmen einzuordnen sowie die Auswirkungen der agilen Ansätze, die in Kapitel 3 vorgestellt werden, einordnen zu können.

2.1 Taylorismus und Bürokratie

Frederick W. Taylor hat mit seinem Ansatz der wissenschaftlichen Betriebsführung eine klare Trennung von Kopf- und Handarbeit eingeführt und damit die Denkweise der Management-Lehre lange geprägt. Dabei sei die Aufgabe des Managements die Sammlung des Wissens der Arbeiter über die Prozesse und das wissenschaftliche Anreichern dieser Prozesse (z.B. durch Experimente). Bestandteil der Managementarbeit war es demnach herauszufinden, wo die optimale Auslastung eines Arbeiters lag, um viel zu schaffen, ohne daran kaputt zu gehen. Taylor unterstellt, dass der einfache Arbeiter generell faul sei und nur der sogenannte Betriebsingenieur in der Lage sei, Verantwortung zu tragen. Die Leitidee des Ansatzes von Taylor war die Rationalisierung der Arbeit und die Erhöhung der Produktivität bzw. Effizienz (Nerdinger, 2019b; Sturm, Opterbeck & Gurt, 2011).

Passend dazu beschrieb der Soziologe Max Weber, wie große Organisationen durch den Aufbau bürokratischer Strukturen kontrollierbar werden können. Dieser Ansatz ist maßgeblich durch Standardisierung und Rationalisierung zur Erhöhung der Effektivität geprägt. Dazu führte er zentrale Steuerung und steile Hierarchien mit klaren Zuständigkeiten und Prozessbeschreibungen ein. Dabei wurde versucht, Arbeitsergebnisse möglichst genau vorhersagbar zu machen und Überraschungen zu vermeiden (Nerdinger, 2019b; Sturm et al., 2011).

Im folgenden Abschnitt wird ein Überblick über traditionelle Organisationsstrukturen, die sich aus den Leitgedanken von Taylor und Weber entwickelt haben, gegeben und jeweils Vor- und Nachteile dargestellt.

2.2 Traditionelle Organisationsstrukturen

Als Organisation wird neben der Gesamtheit aller Regelungen zur Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen ein fest bestehendes, arbeitsteiliges System verstanden, in dem Menschen und Maschinen Aufgaben der Organisation (z.B. die Erstellung eines Produkts) zur Erreichung von übergeordneten Unternehmenszielen erledigen. (Kauffeld et al., 2011; Nerdinger, 2019b).

Es gilt, die Arbeit zu teilen und sinnvoll zu koordinieren. Dabei sollte den notwendigen Prozessen zur Erfüllung der Strategie gefolgt werden (Jörg & Burla, 2019). Die resultierenden Organigramme stellen dar, welche Positionen im Unternehmen mit Steuerungsaufgaben betraut und welche Positionen für die Ausführung der geplanten Aufgaben vorgesehen sind. (Jörg & Burla, 2019; Nerdinger, 2019b).

Die wohl gängigste Form, wie Unternehmen strukturiert werden, ist die Linienorganisation. Sie bietet den Vorteil, dass Hierarchien, Berichtswege und Zuständigkeiten klar kommuniziert und festgehalten werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 divisionale Linienorganisation (eigene Abbildung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 funktionale Linienorganisation (eigene Abbildung)

Vorteile von Linienorganisationen sind unter anderem starke Kommunikation innerhalb der Abteilungen sowie verstärkte Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten innerhalb eines Funktionsbereichs. Nachteile ergeben sich durch verengte Perspektiven und Verlust der Sicht auf Gesamtziele des Unternehmens (Silodenken) sowie langsame Reaktion auf Probleme innerhalb der Organisation durch viele Schnittstellen und hohen Koordinationsaufwand. Auch kann der funktionale oder divisionale Organisationsaufbau zu Konflikten zwischen Abteilungen führen (Kauffeld et al., 2011).

Ein weiterer beliebter Stil, Unternehmen zu strukturieren ist die Matrixorganisation. Hierbei handelt es sich um ein Mehrliniensystem.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Matrixorganisation (Schewe, 2018)

Das System aus gekreuzten Linien verbindet funktionale und divisionale Linienorganisationen. Dabei werden je nach Unternehmen auf der horizontalen Ebene beispielsweise Projekte oder Produktsparten abgebildet. Die funktionalen Aufgabenzuteilungen erfolgen auf der vertikalen Ebene (Jörg & Burla, 2019). Ziel der Matrixorganisation ist es, die Vorteile beider eindimensionaler Linienorganisationsformen zu kombinieren, um Synergieeffekte zu erzielen und Mehrarbeit zu vermeiden. Nachteile ergeben sich aus der zunehmenden Anzahl an Schnittstellen. In einer Matrixorganisation ist ein hohes Maß an Abstimmung notwendig, um produktiv bleiben zu können. (Jörg & Burla, 2019).

Eine andere Möglichkeit, mit dem Aufbau einer Organisationen Synergieeffekte aus den unterschiedlichen Fachbereichen zu nutzen, ist das Konzept der Projektorganisation. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass Mitarbeiter aus den Strukturen der permanenten Linienorganisation gezielt in Projekte gezogen werden. Die eigentliche Wertschöpfung des Unternehmens findet hier in den Projekten und Programmen statt. Die Fachabteilungen stellen für die Erfüllung von Projekten Expertenpools auf. Hieraus können sich die Projektleiter diejenigen Mitarbeiter funktionsübergreifend auswählen, die zur Erfüllung der Anforderungen an das jeweilige Projekt benötigt werden. (Gareis & Gareis, 2017). Da die Mitarbeiter für den Zeitraum des Projekteinsatzes nur an den Projektleiter berichten, wird hier der Abstimmungsaufwand im Vergleich zu einer Matrixorganisation massiv reduziert. Auch fördert diese Aufbauorganisation, dass die Mitarbeiter in den Projekten im Austausch mit Kollegen der anderen Fachbereiche sind und so ein besseres Bewusstsein für das Unternehmen als Ganzes entstehen kann. Doch auch hier können Interessenskonflikte zwischen Fachbereich und Projektmanagement-Office entstehen, die im Zweifel zu Unsicherheit und sinkender Produktivität der Mitarbeiter führen (Jörg & Burla, 2019).

In Unternehmen besteht ständig Anlass für Veränderungen. Das Ziel beim Umgang mit Veränderung ist häufig die Weiterentwicklung der Organisation. Im Folgenden wird eine Einführung in die Organisationsentwicklung gegeben, um zu verstehen, wie Veränderungsprozesse üblicherweise gemanagt werden. Dies dient dazu, im Verlauf der Arbeit die Unterschiede von traditioneller Organisationsentwicklung und agiler Organisationsentwicklung herauszustellen.

2.3 Organisationsentwicklung durch Change-Management

Organisationsentwicklung ist ein geplanter Wandel, der versucht mit geeigneten Maßnahmen der Führung und der Kooperation die Leistungsfähigkeit der Organisation hinsichtlich Effektivität, Innovationsfähigkeit und Lernfähigkeit zu verbessern (Nerdinger, 2019a).

Hierzu kann Organisationsentwicklung strukturell, prozessual oder personell einwirken. Je nachdem, ob Änderungen an der Aufbauorganisation, den Prozessen oder den Individuen stattfinden soll. Konkrete Maßnahmen betreffen häufig nur einen Teil des Unternehmens. So wird beispielsweise mit Lean Management an der Führungsleitlinie gearbeitet während mit Business Process Reengineering die Prozesslandschaft neu ausgerichtet wird. Generell werden die einzelnen Ansätze als Instrumente des Change-Management gesammelt (Nerdinger, 2019a).

Aktuelle Ansätze der Organisationsentwicklung lassen sich vorwiegend auf die Arbeiten von Kurt Lewin zurückführen (Nerdinger, 2019a). Lewin beschreibt drei Phasen von Veränderungsprozessen in Unternehmen. Demnach müssen zunächst die eingefrorenen Strukturen aufgetaut werden (Unfreezing), um Veränderung möglich zu machen. Im zweiten Schritt werden dann die Veränderung durchgeführt (Moving) bevor sie im letzten Schritt manifestiert werden und die Organisation im neuen Zustand wieder eingefroren wird (Refreezing) (Lewin, 1947). Der Ansatz von Lewin wurde von Kotter (1995) weiterentwickelt bzw. mit Inhalt gefüllt. Dabei hat Kotter acht Stufen definiert, wie Veränderungsinitiativen vorangetrieben werden sollten. Abbildung 4 zeigt die Phasen von Lewin und die Handlungsempfehlungen von Kotter in Kombination.

Auf den ersten vier Stufen von Kotter werden die Voraussetzungen beschrieben, um Veränderung anzustoßen. Diese Stufen sind inhaltlich wohl das, was Lewin in der Phase des „Unfreezing“ beschreiben wollte. Dabei geht es zunächst darum, innerhalb der Organisation ein Bewusstsein für die Dringlichkeit und Notwendigkeit der Änderung zu erzeugen (Kotter, 1995). Auf der zweiten Stufe steht die Bildung einer Führungskoalition, die möglichst aus Vertretern aller Bereiche des Unternehmens besteht, um Strahlkraft und Reputation für die Initiative aufzubauen. Die klare Formulierung und Kommunikation der strategischen Vision und der Change-Initiativen, um weitere Mitstreiter zu gewinnen, wird dann auf der dritten und vierten Stufe vorgenommen (Kotter, 1995).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Kombination Change-Management Modelle von Lewin und Kotter (eigene Abbildung)

Für die Phase „Moving“ beschreibt Kotter mit den Stufen fünf bis sieben, das operative Change-Management. Zunächst müssen Hindernisse beseitigt werden. Dabei können ineffiziente Prozesse, Widerstände in der Organisation oder auch unpassende Strukturen identifiziert werden. Die ersten schnellen Erfolge sollen sichtbar gemacht werden, um die Motivation in der gesamten Organisation, diese Veränderung durchzuhalten zu erhöhen (Kotter, 1995). Stufe acht ist erreicht, wenn die vorgenommenen Änderungen in das tägliche Geschäft und die Unternehmenskultur übergegangen sind (Kotter, 1995).

Die vorgestellten Modelle von Lewin und Kotter ergänzen sich gut, haben aber auch gemeinsame Schwächen, da sie annehmen, Veränderung sei irgendwann vorbei. Im nächsten Kapitel, wird nun erörtert, wieso traditionelle Managementmethoden in komplexen Unternehmensrealitäten nicht mehr die richtigen Antworten finden und warum neue Denkmuster Einzug halten sollten.

2.4 Herausforderungen des traditionellen Managements

Zusammenfassend kann aus den Kapiteln 2.1 bis 2.3 ein Bild des traditionellen Managements abgeleitet werden, in dem Rationalitätssicherung (z.B. durch Controlling) zur Erreichung von Produktivitätsvorteilen im operativen Geschäft im Mittelpunkt steht. In der Organisationsentwicklung wird aufgezeigt, wie situative Veränderungsprozesse gelingen können. Dabei sind die Initiativen stets auf die Veränderung menschlicher Verhaltensweisen in einer „von oben“ vorgegebenen Struktur ausgerichtet.

Die traditionellen Management-Regelkreise stoßen an ihre Grenzen, wenn der Kontext, in dem das Unternehmen operiert, zunehmend instabil und komplexer wird. Wenn das Management durch den Eintritt neuer Wettbewerber in den Markt mit immer mehr Unsicherheit umgehen muss, kann das Prinzip von Versuch und Irrtum möglicherweise helfen. Steigt aber neben der Instabilität auch die Komplexität, gelten die Prinzipien der Selbstorganisation (siehe auch Kapitel 3.2.1). Dabei besteht die Management-Aufgabe darin, einer Verunsicherung mit Faszination für eine Vision zu antworten (Kruse et al., 2020).

In der Realität kann durch Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung eine zunehmende Überlastung der Mitarbeiter und Unternehmen beobachtet werden. Somit verlieren Unternehmen die Flexibilität, sich mit der Schaffung wirklich neuer Wettbewerbsvorteile durch Innovation zu stärken und das Gefühl für die Anforderungen ihrer Kunden und das Potential der Mitarbeiter (Dueck, 2020). Vollmer (2018) spricht diesbezüglich von internen und externen Referenzen. Durch die Konzentration der Manager auf interne Referenzen sind sie nicht mehr in der Lage, die viel relevanteren externen Referenzen, wie Kundenwünsche, Entwicklungen des Wettbewerbs oder ähnliches wahrzunehmen. Dadurch verlieren Unternehmen häufig den eigentlich Zweck ihrer Existenz, nämlich das Lösen von Kunden-Problemen, aus dem Auge (Vollmer, 2018).

In einer Welt mit unzähligen Wettbewerbern kann durch Digitalisierung jederzeit eine Disruption das bestehende Geschäftsmodell obsolet machen. Dadurch ist das Umfeld, in dem Unternehmen heute agieren sehr komplex, beinahe chaotisch (Heitger & Serfass, 2015). Dabei kann immer komplexer werdenden Projekten oder ständig neuen Anforderungen von Kunden nicht mit mehr Kontrolle oder komplizierten Plänen begegnet werden. Ehe der Plan ausgearbeitet ist, ist der Kunde möglichweise schon zum Wettbewerber abgewandert. Die bekannten Methoden sind nicht mehr passend für neue Herausforderungen (Hasebrook et al., 2019; Malik, 2008).

Es besteht die Forderung, Kunden eng in die Entwicklung von Lösungen einzubinden. So kann sichergestellt werden, dass tatsächlich brauchbare, wertvolle Ergebnisse für Kunden erzielt werden (Gloger, 2019; Heitger & Serfass, 2015). Traditionelle Unternehmensstrukturen sind aber nicht darauf ausgelegt, in komplexen Umfeldern, Innovation gemeinsam mit Kunden zu produzieren. Neues hat in den festen Strukturen der operativen Routine häufig keine Chance, da neue Geschäftsmodelle oder Prozessinnovationen das System infrage stellen und ggf. Ängste auslösen können. Beabsichtigte Innovation benötigt daher eine Organisationsform, die Komplexität begreifbar macht und ein hohes Maß an Freiheit und Flexibilität erlaubt. Denn es benötigt Kreativität und Experimente statt bewährter Prozesse, um auf komplexe Gegebenheiten reagieren zu können (Heitger & Serfass, 2015).

Zusätzlich entstehen außerdem kulturelle Herausforderungen. Die Kultur im Unternehmen ist für viele junge, gut ausgebildete Arbeitnehmer ein entscheidender Faktor bei der Auswahl des Arbeitgebers. Aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge, die in den nächsten Jahren in den Arbeitsmarkt kommen, stehen Arbeitgeber also vor der Herausforderung, neben einem attraktiven Unternehmenszweck auch eine wertvolle Kultur und die Möglichkeit zur Übernahme von Verantwortung zu bieten (Gloger & Margetich, 2018). Aufgrund der traditionellen Systeme stehen aber viele Organisationen vor dem Problem, dass die Mitarbeiter nicht darauf vorbereitet sind, selbst Verantwortung zu übernehmen. Bisher sind sie es gewohnt, dass Entscheidungen ausschließlich „von oben“ getroffen werden.

3 Grundlagen II: Moderne Organisationsentwicklung

In Kapitel 2 wurden die Denkweisen aufgezeigt, die über viele Jahrzehnte die Managementlehre bestimmt haben. Auch wurde eben dargestellt, welche Herausforderungen sich für Unternehmen in einer zunehmend komplexen Umwelt ergeben, wenn diese nach traditionellen Prinzipien organisiert und geführt werden.

Dieser zweite Abschnitt gibt einen Überblick über Grundlagen zu Agilität in Unternehmen und bietet anhand des Framework Scrum einen Einblick in die Methodik agilen Arbeitens (Kapitel 3.1.3) sowie die leitenden Prinzipien dahinter. Ein besondere Fokus wird auch auf die Prinzipien der Selbstorganisation gelegt. Anschließend wird dargelegt, wie die Ein-Führung selbstorganisierter Teams im Unternehmen gelingen kann (Kapitel 3.2). Das Ende dieses Abschnittes bildet ein Überblick neuer Organisationskonzepte (Kapitel 3.3), die auf den Prinzipien von Agilität und Selbstorganisation basieren.

3.1 Agilität als Antwort auf moderne Herausforderung

Agilität beschreibt die Anpassungsfähigkeit eines Systems und ist der Oberbegriff für einige Methoden, Modellen und Werkzeuge zum Umgang mit Dynamik und Komplexität. Ein agiles Unternehmen kann flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Anforderungen reagieren. In Bezug auf Veränderungen wird nicht reaktiv, sondern proaktiv gearbeitet (Oesterreich & Schröder, 2019a).

Bei Agilität im Kontext eines Unternehmens geht es um permanentes Liefern wertvoller Produktinkremente für den Kunden. Nicht das Unternehmen steht im Betrachtungszentrum, sondern der Kunde. Um dies zu erreichen, gibt es eine Menge sogenannter agiler Methoden und Frameworks. Die Methoden und Frameworks helfen vor allem dabei, iterative Prozesse zu verstehen und eine Struktur in ständiges Experimentieren zur Findung passender Lösungen auf neue Herausforderungen zu bringen (Scheller, 2017).

Die wichtigste Voraussetzung für Agilität ist, dass ein Unternehmen tatsächlich durch das Marktumfeld gezwungen ist, schnelle Anpassungen an Leistungen oder Prozessen zu machen. Sind die Aufgaben weitestgehend klar, die notwendigen Tätigkeiten einfach zu erlernen und klare Zuständigkeiten bereits verteilt, ist Agilität nicht zwingend sinnvoll. So ist es beispielsweise nicht denkbar, dass bei einer Notsituation in einem OP-Saal zunächst agil nach einer neuen Lösung gesucht wird. Das Personal ist für diese Situationen im Vorfeld geschult worden und weiß, wer was zu tun hat. Auch in hochgradig regulierten Bereichen ist es nicht sinnvoll, einen Prozess jedes Mal neu auszuprobieren, da die Anforderungen an den Prozess und das Ergebnis bereits klar definiert sind (Hasebrook et al., 2019).

Die agilen Methoden liefern einen Rahmen für die Arbeitsprozesse, die Kunden einbeziehen und kurze Iterationen beim Liefern ermöglichen. So soll sichergestellt werden, dass wirklich das geliefert wird, was vom Kunden gebraucht und gekauft wird (Gloger, 2019). Gerade in der Software-Entwicklung, der viele agile Methoden entsprungen sind, ist häufig zu Beginn der Arbeit noch nicht ganz klar, welches Leitungsspektrum ein Kunde tatsächlich benötigt (Gloger & Margetich, 2018).

Im agilen Manifest wurden die Prinzipien festgeschrieben, die agile Arbeit leiten. Darin wird der Mensch in den Mittelpunkt innovativer Entwicklungsprozesse geschoben und definiert, wie Menschen im Team arbeiten, mit Kunden interagieren, wie sich das Management einbringen kann und auch eine Richtungsweisung für modernen Organisationsaufbau gegeben (Beck et al., 2001a; Gloger, 2019). Bei Agilität handelt es sich also nicht um eine neuartige Methode oder Methodensammlung für (Projekt-)Management, sondern um ein Mindset (Böhm, 2019; Gloger & Margetich, 2018; Hasebrook et al., 2019; Scheller, 2017). Dieses Mindset umfasst die Auffassungen, dass Menschen Autonomie, Sinn und Zusammenarbeit brauchen, um intrinsisch motiviert sein zu können. Dabei ist wichtig, dass sie sich gegenseitig vertrauen können, da jeder seinen Teil der Verantwortung ehrlich übernimmt. Menschen mit einem agilen Mindset sind überzeugt, dass die besten Ergebnisse in funktionsübergreifenden, selbstorganisierten Teams erreicht werden können (Scheller, 2017).

Aber wie kann der Weg zu Agilität und Selbstorganisation gestaltet werden? Im Folgenden wird nun dargestellt, welche Kompetenzen agile Unternehmen besonders gut beherrschen, um eine Vorstellung für das Zielbild zu bekommen. Anschließend werden agile Arbeitsmethodik, die agile Transition, und Selbstorganisation betrachtet.

3.1.1 Kernkompetenzen agiler Unternehmen

Agilität wird nicht zum Zwecke der Agilität eingeführt. Vielmehr ist das Ziel, mehr echten Kundennutzen zu generieren (Andresen, 2018). In der Literatur werden drei Kernkompetenzen herausgestellt, die eine agile Organisation im Allgemeinen beschreiben (Loucks et al., 2016):

1. Hyper Awareness: Erhöhte Aufmerksamkeit bezüglich Veränderungen im Umfeld des Unternehmen. Dadurch wird ein Bewusstsein für die Bedürfnisse externer und interner Anspruchsgruppen ermöglicht.
2. Informed Decision Making: Organisation der Zusammenarbeit, dass die Nutzung kollektiver Intelligenz möglich wird und Integration von organisationsweiter Datenanalyse. Also keine Zurückhaltung von Informationen.
3. Fast Execution: Dynamische, schnelle Einführung neuer Prozesse und die Fähigkeit, Ressourcen je nach Anforderung immer wieder neu einzusetzen oder neu zu erwerben.

Schrempf und Schwaiger (2019) betonen in ihrer Analyse passend, dass agile Unternehmen proaktiv schnelle Anpassungen an sich verändernde Umgebungen vornehmen können, während gleichzeitig die Effizienz bei der Bewältigung bekannter Herausforderungen des Tagesgeschäfts aufrecht erhalten wird. Hasebrook et al. (2019) ergänzen, dass agile Unternehmen Struktur, Führung, Management und Arbeitsbedingungen an den Prinzipien von Sinnstiftung , Ganzheitlichkeit und Selbstorganisation ausrichten.

Der Weg hin zu einer Organisation, die diese Fähigkeiten besitzt, wird als agile Transition bezeichnet. Diese ist ein groß angelegter Veränderungsprozess, der ausnahmslos alle Bereiche des Unternehmens erfasst. Wie die notwendigen Schritte in einer agilen Transition aussehen können und was genau die agile Arbeitsweise auszeichnet wird in den folgenden Kapiteln dargestellt.

3.1.2 Agile Transition

Der Begriff „agile Transition“ beschreibt wörtlich den Übergang von einem nicht agilen Zustand in einen agilen Zustand. Auch wenn in Kapitel 3.3 Organisationsideen vorgestellt werden, die beschreiben, wie agile Unternehmen aussehen können, kann der Aufbau eines agilen Unternehmens vor der agilen Transition nicht durch ein fixes Zielbild beschrieben werden. Eher kann, in Form von User Stories beschrieben werden, was die agile Organisation für Kunden, Mitarbeiter, Gesellschafter u.v.m. leistet (Böhm, 2019). Die Anforderungen und die Umsetzung sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Für den Weg dahin empfehlen Hasebrook et al. (2019) sowie Böhm (2019) ein vorsichtiges, schrittweises Vorgehen.

Dabei sind einige parallelen zu Kotter erkennbar. Auch für agile Transformationen sollte die oberste Führungsebene die Dringlichkeit und Relevanz der Veränderung in das Unternehmen tragen (Hasebrook et al., 2019). Allerdings ist die Rolle des Managements hier eher vergleichbar mit der, die Gloger und Margetich (2018) beschreiben. Das Management wirkt als Befähiger für die Organisation. Es ist dafür verantwortlich, dass das Arbeitsumfeld agile Arbeitsweisen ermöglicht (Infrastruktur, Co-Working Spaces, Schulung von Arbeitsmethoden (z.B. Scrum oder Design-Thinking etc.). Im Mittelpunkt der Arbeit des Management steht somit, der mittleren Führungsebene und allen anderen Mitarbeiter die Möglichkeiten zur Veränderung zu geben und den Willen dazu herauszuarbeiten (Gloger & Margetich, 2018; Hasebrook et al., 2019). Böhm (2019) empfiehlt allerdings, Vision, Mission und Strategie klar auszuarbeiten, um die passenden Mitstreiter in der Organisation einzufangen. In Kapitel 3.1 wurde bereits geklärt, wo Agilität wirksam eingesetzt werden kann und wo nicht. Dennoch: Die ganze Organisation muss verstehen, was ein agiles Mindset ist und es adaptieren. Dabei ist zunächst irrelevant, ob alle in der Organisation mit agilen Methoden arbeiten. Wichtig ist, dass ein Teil der Organisation es vorlebt (Böhm, 2019; Hasebrook et al., 2019).

Eine weitere Ähnlichkeit zu Kotter ist bei Hasebrook et al. (2019) das sogenannte Kernteam. Dieses Kernteam soll anhand der Dimensionen Mensch, Arbeitsumgebung, Führung, Technologie, Innovationsmethoden und Organisationsstruktur nach und nach Handlungsfelder aufdecken und diese mit agilen Arbeitsmethoden (z.B. Scrum oder Design Thinking) angehen. Ziel dabei sollte sein, möglichst schnell möglichst viele Mitglieder der Organisation dazu zu bringen, Agilität in kleinen Schritten praxisnah zu erleben. Das Kernteam dient dabei als Coaches und Moderatoren für die anderen Teile der Organisation. Hier sind sich die Autoren einig: Agilität sollte agil eingeführt werden (Andresen, 2018; Böhm, 2019; Gloger, 2019; Hasebrook et al., 2019).

Versierte Leser werden an dieser Stelle erkennen, dass die agile Transition trotz Parallelen zu traditionellem Change-Management kein Programm ist, das einer Organisation übergestülpt werden kann. Vielmehr geht es darum, eine kulturelle Veränderung anzutreiben und die Rahmenbedingungen für selbstorganisiertes Arbeiten an den richtigen Stellen im Unternehmen herzustellen. Auch ist der Begriff des Change-Management in diesem Zusammenhang möglicherweise irreführend. Es geht nicht darum, einen Veränderungsprozess zu managen, sondern eher darum die Rahmenbedingungen für selbstorganisierte Ordnungsübergänge herzustellen (Walz, 2020). Dabei empfehlen Oesterreich und Schröder (2019a) sogar, das alte Betriebssystem der Organisation zunächst bestehen zu lassen und das neue System sozusagen im geschützten Modus auszurollen. Da der Fokus auf wertvoller Arbeit liegt und sinnlose Beschäftigung wegfällt steigt die Effizienz von allein (Oesterreich & Schröder, 2019a).

Die Modelle der traditionellen Organisationsentwicklung können grundlegend verwendet werden. Es sind allerdings Anpassungen notwendig. Vor allem geht es bei einer modernen Interpretation um Partizipation aller Teile der Organisation. Es ist kaum vorhersagbar, wie sich Unternehmensstruktur und Unternehmenskultur entwickeln werden. Daher kann die Organisationsentwicklung, ergänzt um das Verständnis von iterativen Prozessen, ein neues Verständnis vom kontinuierlichen Change entwickeln und in regelmäßigen Feedbackschleifen überprüfen, ob die neuesten Entwicklungen für das Unternehmen wertvoll sind. Dabei stehen die Entwicklung von Beteiligungs- und Vernetzungsformaten für Mitarbeiter und Führungskräfte im Mittelpunkt, um die neue Identität des Unternehmens herauszuarbeiten (Gergs, 2019).

3.1.3 Wertschöpfend arbeiten mit agilen Methoden

Agiles Vorgehen beschreibt adaptives Vorgehen. Dabei können Anpassungen an Kontext und Inhalt (z.B. Umgang mit Unsicherheit, Kundenanforderung) sowie an der Vorgehensweise in Betracht gezogen werden. Die Methodik kann daher nicht einheitlich sein. Je nach Anforderungen der Situation kann ein agiles Team entscheiden, welche Herangehensweise notwendig ist. (Scheller, 2017).

Agile Methoden sind vielfältig, ähneln häufig Ansätzen aus der systemischen Praxis und dienen vor allem der Unterstützung von Selbstorganisation. Es gibt viele Methoden mit Ursprüngen aus der Softwareentwicklung (z.B. Scrum), der industriellen Produktion (z.B. Kanban, Lean Production) oder auch Design Thinking, welches die Agentur IDEO entwickelt hat (Walz, 2020).

Die aber wohl bekannteste agile Methode ist Scrum. Das Framework wurde in den 1990er Jahren von Schwaber und Sutherland als Gegenentwurf zum traditionellen Wasserfall-Projektmanagement in der Softwareentwicklung vorgestellt. Es operationalisiert die Kernidee der Agilität. In kurzen Abständen wird der Status Quo überprüft und die nächsten Schritte entsprechend angepasst (Gloger, 2019). Dabei zerlegt das Scrum Framework Entwicklungsprozesse in kurze Zyklen mit wiederkehrenden Meetings und Artefakten. Ziel eines Prozessdurchlauf, der im Scrum Sprint genannt wird, ist es, ein benutzbares Produktinkrement zu liefern (Gloger & Margetich, 2018).

Scrum zeichnet sich durch die Arbeit in selbstorganisierten, funktionsübergreifenden Teams aus. Wichtig ist, dass die Mitglieder des Scrum Teams nicht von einem Manager gesagt bekommen, was sie wie zu tun haben. Sie teilen ihr Wissen innerhalb des Teams und wählen selbst aus, was getan werden muss, um gemeinsam das gesetzte Ziel zu erreichen und übernehmen echte Verantwortung für ihre Rolle im Team (Gloger & Margetich, 2018).

Das Verständnis einer Rolle innerhalb agiler Teams unterscheidet sich erheblich von dem Verständnis einer klar abgegrenzten traditionellen Position. Während für eine Position klar definierte Zuständigkeiten beschrieben werden und der Positionsinhaber eine klare Vorgabe hat, wie er diese Zuständigkeiten auszufüllen hat, ist eine Rolle die Summe der Verantwortlichkeiten, die jemand innerhalb des Teams trägt (Gloger & Margetich, 2018). Der Scrum Master bspw. ist dafür verantwortlich, das Team zu kontinuierlich besseren Leistungen zu führen. Wie oder wodurch genau er das tut, steht nirgends geschrieben und ist auch maßgeblich von Teamkonstellation und Arbeitsumfeld abhängig.

Optimalerweise besteht ein Scrum Team aus einem Product Owner, der die Vision und den Erfolg der zu erbringenden Leistung verantwortet, einem Scrum Master, der als laterale Führungskraft Verantwortung für die Zusammenarbeit des Teams im Scrum trägt, und fünf Entwicklern (Schwaber & Sutherland, 2017). Gloger und Margetich (2018) ergänzen noch die Rollen Kunde, Manager und End­User, da sie als Finanzierer, Bereitsteller von Ressourcen und organisationalen Rahmenbedingungen sowie als Referenz für die Verwendbarkeit des Produkts für den Erfolg eines Vorhabens relevant sind. Auf die Rolle des Managements wird in Kapitel 3.1.4 noch genauer eingegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Scrum- auf dem Bierdeckel erklärt (Roock, 2015).

Abbildung 5 zeigt den Scrum Flow aus sechs Meetings und einigen dazugehörenden Artefakten. Der Grundgedanke dahinter ist es, jeden Zyklus (in Scrum: Sprint) zu einem strukturierten Lernprozess für alle Beteiligten zu machen. Mit jeder Lieferung von fertigen Teilen eines Endprodukts können Team und Kunde die gemeinsamen Ideen für die Lösung des vorhandenen Problems prüfen, korrigieren und ggfs. die Rahmenbedingungen für die Entwicklung anpassen, um für die nächste Iteration (noch) bessere Voraussetzungen zu schaffen. Durch regelmäßige Abstimmungen und Reflektionen können Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und die Handlungsoptionen zur Korrektur erhöht werden. Dadurch steigt mit jedem erfolgreichen Durchlauf die Wertigkeit für den Kunden und somit die Wertschöpfung im Unternehmen. Die Leistungsfähigkeit der Organisation oder einzelner Einheiten (z.B. ein Scrum Team) wird somit kontinuierlich erhöht (Böhm, 2019; Gloger & Margetich, 2018).

Bei der Arbeit mit agilen Methoden ist die Grundannahme, dass die Menschen prinzipiell Interesse daran haben, ihre Ideen und Fähigkeiten gewinnbringend beizusteuern. Daher werden die Werte Selbstverpflichtung, Mut, Offenheit, Fokus und Respekt in den Mittelpunkt der Zusammenarbeit gestellt (Beck et al., 2001b; Gloger & Margetich, 2018). Tiefergehende Ausführungen zu den Methodiken agilen Arbeitens würden den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Wichtig ist in diesem Kapitel aber vor allem, einen Einblick in die grundlegende Funktionsweise iterativer Prozesse zu bekommen und das Menschenbild und die Form der Zusammenarbeit in agilen, selbstorganisierten Teams zu bekommen. Im Folgenden wird ein Reifegradmodell für agile Organisationen vorgestellt, welches auf den Inhalten der Kapitel 3.1.1 bis 3.1.3 aufbaut.

3.1.4 Agile Reifegrade

Das agile Reifegradmodell von Judith Andresen (2018) hat vier Stufen (Abbildung 6). Das Ziel der agilen Transition ist demnach, das agile Manifest auf allen Organisationsebenen zu erfüllen. Die agilen Reifegrade machen die Transition und das Ziel der Transition verständlich. Entgegen dem traditionellen Ansatz wird kein Maßnahmenplan entworfen, der konkrete Ziele hinsichtlich Organisationsstruktur, Prozesslandschaft und Führungsprinzipien verfolgt. Agiles Vorgehen bedeutet demnach, zunächst funktionierende Prozesse zu etablieren (z.B. Scrum oder Kanban) und anschließend die notwendigen strukturellen Veränderungen abzuleiten (Andresen, 2018).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 agiles Reifegradmodell (Andresen, 2018, S. 92)

Dabei ist zu betonen, dass in einem komplexen Vorhaben, wie einer agilen Transition, mehrere gültige Lösungen für die bestehenden und entstehenden Herausforderungen möglich sind. Eine agil eingeführte Agilität erfolgt iterativ und inkrementell. Wichtig ist, dass Stück für Stück immer mehr Teile der Organisation lernen, wie Zusammenarbeit im Team und neue Formen der Führung aussehen (Andresen, 2018).

Das Vorgehen ergibt sich aus den Reifegraden. Zunächst sollte echte Teamarbeit in den Teams erreicht werden (AR-D). Das kann konkret beispielsweise bedeuten, dass ein Team sich grundlegend an Scrum orientiert und daraus einen für das Team funktionierenden Prozess etabliert hat. Das Team soll also zunächst einer gemeinsamen Mission folgen, Wissensaustausch etablieren, gemeinsam Aufgaben bearbeiten und Ergebnisse besprechen, um daraus zu lernen (Andresen, 2018).

Der zweite Reifegrad beschreibt die Erweiterung eines Teams um funktionsübergreifende Fähigkeiten. Die Teams erweitern durch Experimente und Kooperation ihre Kompetenzen, um auf verschiedene Anforderungen reagieren zu können und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Das agile Manifest wird im Reifegrad AR-C bereits auf Teamebene vollständig gelebt (Andresen, 2018).

Je mehr Teile der Organisation Fortschritte in den ersten beiden Reifegraden machen, desto höher wird der Druck, eine Veränderung der Führung anzustreben. Im agilen Reifegrad AR-B streben die Teams an, dass die Führung an den Teams ausgerichtet wird. Dabei steht die Frage nach dem bestmöglichen Führungsverhalten, um Höchstleistung der Teams zu ermöglichen im Zentrum. Anhand der geschaffenen funktionierenden Prozesse und Kompetenzen der Teams werden disziplinarische, prozessuale und fachliche Führung neu aufgeteilt. Dabei wird die Verantwortung für diese Führungsaufgaben nicht wie in traditionellen Strukturen auf eine Person gelegt, sondern auf mehrere Rollen (siehe Kapitel 3.1.2) und im Team aufgeteilt (Andresen, 2018). Genauer wird auf diese Rollenverteilungen in Kapitel 3.2.2 eingegangen.

Die Meisterklasse (AR-A) erreichen agile Organisationen dann, wenn Erkenntnisse aus einem Wertschöpfungsstrang in einen anderen Wertschöpfungsstrang übertragen werden können. In den ersten drei Reifegraden entwickeln sich lernfähige Teams, die geleitet werden und unter geeigneter Anleitung ihre eigenen Lernprozesse etablieren. Wenn das agile Manifest auf organisationaler Ebene etabliert wird, erlangen Unternehmen die Fähigkeit diese Lernergebnisse aus einem Bereich der Organisation (z.B. eine Ländergesellschaft) auf andere Bereiche zu übertragen und dadurch proaktiv auf Veränderungen zu reagieren (Andresen, 2018). Dies deckt sich mit dem Zielbild der Kompetenzen agiler Unternehmen von Loucks et al. (2016) (Kapitel 3.1.1). Im nächsten Kapitel wird auf die Herausforderungen und die notwendige Management-Arbeit bei der Einführung von Selbstorganisation eingegangen.

3.2 Ein-Führung selbstorganisierter Teams im Unternehmen

Eines der leitenden Prinzipien agiler Arbeit ist die Selbstorganisation. Diese kann verstanden werden als „existenzielles Ordnungs- und Handlungsmuster in sozialen Systemen wie Unternehmen, Organisationen und Teams“ (Gloger & Rösner, 2017: 21). Was aber bedeutet Selbstorganisation für die (Führungs-) Arbeit in einem Unternehmen und vor dem Hintergrund einer agilen Transition? Wie werden Befugnisse verteilt? Wie kann bei Selbstorganisation sichergestellt werden, dass die Strategie verfolgt wird? Diese Fragen ergeben sich aus den Darstellungen in Kapitel 3.1. Dieses Kapitel wird die oben dargestellten Konzepte aus Perspektive von Management und Führungskraft mit Inhalt füllen und aufzeigen, mit welcher Haltung die Gestaltung organisationaler Rahmenbedingungen angestrebt werden sollte und wie geteilte Führung funktionieren kann. Zunächst wird aber das Prinzip der Selbstorganisation ein wenig genauer beleuchtet, um ein tieferes Verständnis für das neu zu schaffende Umfeld zu erlangen.

3.2.1 Prinzipien der Selbstorganisation

Es existieren unterschiedliche Formen der Selbstorganisation. Aulinger (2017) unterscheidet zwischen autogener und autonomer Selbstorganisation. Autogene Selbstorganisation ist eine natürliche Form der Selbstorganisation, allerdings nicht bewusst gestaltbar, da sie keine Gegenstände geplanten Handelns beinhaltet (Aulinger, 2017). Im Kontext dieser Arbeit geht es deshalb vor allem um autonome Selbstorganisation. Denn autonome Selbstorganisation entsteht in sozialen Systemen, die von Menschen gestaltet werden (z.B. Unternehmen). In autonom selbstorganisierten Systemen ist eine Leitungsinstanz (z.B. Inhaber des Unternehmens) vorhanden. Diese schafft die Freiräume, damit andere Teile der Gruppe ihre Aufgabe im System autonom erledigen können (Aulinger, 2017).

Konkret heißt das, dass selbstorganisierte Teams zwar von außen beeinflusst werden können, die gegebenen Impulse aber stets durch das Team auf seine Situation angepasst werden. Damit das gelingt sollte das Team eine gemeinsame Mission oder Aufgabe haben, die auch von allen Beteiligten als solche verstanden wird. Für die Bewältigung der Aufgabe bildet das Team eigene Strukturen und Prozesse. Dadurch schafft sich das Team die notwendige Anpassungsfähigkeit, um die Aufgabe zu lösen und Überraschungen auf dem Weg dorthin entgegen zu treten (Gloger & Rösner, 2017).

Auf den Kontext eines Unternehmens übertragen bedeutet dies keineswegs, dass Selbstorganisation ohne Führung auskommt. Die Erlaubnis, autonom zu arbeiten kann einem Team bei Missachtung der gemeinsamen Ziele sogar wieder entzogen werden (Aulinger, 2017). Vollmer (2018) gibt das Beispiel eines selbstorganisierten Orchesters, das ohne Dirigenten und Management auskommt. Es übernimmt immer derjenige die Verantwortung für die Führungsaufgabe, der gerade die beste Idee hat, um die anstehenden Aufgaben im Sinne des gemeinsamen Ziels zu erfüllen. Formale Macht gibt es nicht , da formale Ämter den Beteiligten die Verantwortung für die gemeinsame Mission abnehmen (Vollmer, 2018). Auch Oesterreich und Schröder (2017) empfehlen für die Arbeit in Selbstorganisation eine klare Trennung von disziplinarischer und fachlicher Führung. Während die fachliche Führung im Team stattfinden muss, sollte die Disziplinarische Führung nur von außen auf das Team und seine Beteiligten einwirken.

Entgegen der Überzeugung traditioneller Organisationsprinzipien sind in Unternehmen, die mit selbstorganisierten Teams arbeiten, keine Positionen einfach austauschbar. Der Wechsel eines Mitarbeiters kann einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Teams als Ganzes haben. Oesterreich und Schröder (2017) empfehlen daher regelmäßige Beschäftigung mit der Kultur im Unternehmen und in den einzelnen Teams. Die Kultur ist in selbstorganisierten Unternehmen maßgeblich dafür verantwortlich, dass die das Unternehmen umgebende Komplexität bewältigt werden kann und somit Erfolg entsteht (Oesterreich & Schröder, 2017).

In diesem und den vorigen Kapiteln wurde mehrmals die Rolle des Managements als Ermöglicher und Gestalter optimaler Rahmenbedingungen erwähnt. Im Folgenden wird der Charakter agiler Transitionen dargestellt, das neue Selbstverständnis zur Führung selbstorganisierter, agiler Teams und Organisation mit Inhalten gefüllt und die notwendigen Leitprinzipien für ein neues Führungsverständnis vorgestellt.

3.2.2 Führung & Management von selbstorganisierten Teams

Ermöglicher und Gestalter optimaler Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Arbeit eines selbstorgansierten Teams sein. Was genau bedeutet das? Worin unterscheidet sich die Führung und Förderung selbstorganisierter Teams zur traditionellen Herangehensweise?

In der Realität von Führungskräften und Mitarbeitern, die in traditionellen Strukturen arbeiten und bisher auch nur diese gewohnt sind, ist der Manager oder Teamleiter für das Tun seiner Mitarbeiter verantwortlich. Meldet einer der Mitarbeiter ein Problem, bei dem er gerade nicht weiß, wie er es lösen kann, springt der Teamleiter ein und löst das Problem. Der Mitarbeiter aber lernt daraus nicht, wie er das Problem beim nächsten Mal selbst lösen kann. So wird die Verantwortung für die Arbeit an den Chef abgegeben und eine Weiterentwicklung des Mitarbeiters findet nicht statt. Eine Herausforderung in der agilen Transition ist also auch das Heranführen der Mitarbeiter an selbstorganisiertes und eigenverantwortliches Arbeiten, wie es im vorangegangenen Kapitel beschrieben ist. Aufgrund der Neuartigkeit und dem Druck, auch in der Veränderung möglichst schnell zu guten Ergebnissen zu kommen, kann die Umstellung von Aufgabendelegation zu selbstorganisiertem Arbeiten von einigen Mitarbeiter auch als psychische Belastung wahrgenommen werden (Gloger & Rösner, 2017).

Die Aufgabe des Managements und den Führungskräften ist es in dieser Phase also Lernprozesse zu ermöglichen und anzustoßen. Neue Rollenmuster, tägliche kurze Abstimmungen und die dadurch entstehende neue Form der Teamarbeit müssen gelernt werden (Gloger & Rösner, 2017). Jedes Team steht also vor der Frage: „Wie funktioniert das für uns?“

Im Folgenden wird beschrieben, welche Haltung eine Führungskraft für diese Aufgabe angenommen haben sollte und wie die Lernphasen auf dem Weg zu selbstorganisiertem Arbeiten durch Führungsarbeit ermöglicht und begleitet werden können. Die Ebenen Management und Führung werden dabei einzeln betrachtet und konkrete Ansätze aus der Literatur aufgezeigt, um das passende Verständnis dieser beiden Ebenen für eine Transition herzustellen.

3.2.2.1 Management: Gestaltung der Rahmenbedingungen

Das Mantra bei der Gestaltung agiler Organisationen lautet: „Organisationen sind dazu da, Probleme ihrer Kunden zu lösen.“ (Gloger & Rösner, 2017: 57). Das agile Management gibt dem Unternehmen über Visionen und klare Priorisierung Orientierung für die tägliche Arbeit. Während die Teams kontinuierlich Produkteinkremente liefern, ist das Management verantwortlich dafür, eine Strategie zu liefern, die das erfolgreiche Bestehen des Unternehmens am Markt sichern kann (Gloger & Margetich, 2018). Das Management sollte sich daher ständig fragen, ob die Prozesse diesem Anspruch gerecht werden, ob das Team eine neue Form der Unterstützung benötigt, um sich noch besser auf die Probleme der Kunden einstellen zu können. Manchmal sind auch massive strukturelle Veränderungen notwendig (Gloger & Rösner, 2017).

Bei allen Anpassungen sollten die Stärken des Unternehmens fokussiert werden. Einzelne Mitarbeiter, die Teams und auch Führungskräfte des mittleren Managements können in einem organisationalen Rahmen, in dem sie ihre Stärken optimal einsetzen können, die beste Arbeit leisten können (Malik, 2019). In agilen Organisationen bedeutet Management eine Einladung an die Mitglieder eines Projekts oder Teams auszusprechen, das Umfeld, in dem sie arbeiten, mitzugestalten. Die transparente Kommunikation von Regeln und Erwartungen aneinander ist wichtig. Es ist auch möglich, jemanden auszuschließen, wenn er oder sie sich nicht an die definierten Rahmenbedingungen halten möchte. Dafür ist eine klare Definition der Probleme, Ziele und der Arbeitsumgebung notwendig. Diese klare Perspektive beantwortet die Frage nach dem Sinn und schafft Orientierung und Sicherheit, da jeder erkennt, was erwartet wird und was mit den Ergebnissen der eignen Arbeit geschieht (Gloger & Rösner, 2017).

Dennoch lassen sich die Prinzipien der Selbstorganisation nicht über die Mitglieder eines Unternehmens stülpen. Die Entwicklung Einzelner, von Teams oder der gesamten Organisation ist eine Management-Herausforderung, gerade weil zunehmende Autonomie in vielen Bereichen heute als Gewinn erkannt werden kann. Ohne die Förderung von Eigeninitiative und Eigenverantwortung kann aber aus der steigenden Freiheit kein positiver Effekt entstehen. Aufgabe des Management ist es also auch, die Mitglieder der Organisation mit der notwendigen Kompetenz zum Selbstmanagement auszustatten (Kaudela-Baum & Altherr, 2020). Es gilt, die Mitarbeiter einzuladen, Handlungsfreiräume zu nutzen, und Konsent-Entscheidungen einzuführen. So kann geprüft werden, ob die Mitarbeiter die autonome Arbeitsweise annehmen wollen und neue Entscheidungsprozesse in den Teams eingeführt werden können. In Retrospektiven, die das Herzstück des agilen Managements darstellen, können die Lernfortschritte besprochen werden und das Team kann, ggfs. gemeinsam mit dem Management, Maßnahmen bestimmen, die die Effektivität des Teams in Zukunft steigern können (Kaudela-Baum & Altherr, 2020). Während die Förderung von Autonomie erfordert, Zwang, Kontrolle und Zentralisierung aus dem Weg zu räumen, muss agiles Management gleichzeitig auch die Begrenzung der Freiheitsgrade im Blick behalten. Es gilt die Kooperation sinnvoll zu fördern und den Teams die Entscheidungsräume zu geben, die notwendig sind, damit sie ihre Arbeit optimal erledigen können (Gloger & Margetich, 2018; Kaudela- Baum & Altherr, 2020).

Wenn immer mehr Verantwortung und Vertrauen an die Mitarbeiter und in die Teams gegeben wird, ergeben sich Freiräume für Autonomie und Notwendigkeit für Kooperation. In der Führungspraxis sind diese Aspekte eng verbunden und erfordern im agilen Umfeld die Institutionalisierung neuer Führungsrollen. Während das Management die in diesem Kapitel genannten Bedingungen beispielsweise durch Formalakte, wie beispielsweise die Gründung eines Innovationslabors, Genehmigung von Ressourcen oder Personalentscheidungen ermöglichen kann, erfordert agile, selbstorganisierter Arbeit neue Rollen für Verantwortungs- und Entscheidungsträger. Deutlich wird das bspw. an der Rolle lateraler Führungskräfte, wie z.B. den Scrum Master (Kaudela-Baum & Altherr, 2020). Im Folgenden geht es konkret um das neue Führungsverständnis und die Aufteilung von Rollen.

3.2.2.2 Geteilte Führung in agilen Teams

Wirksame Führung besteht aus dem Setzen von Zielen, Organisieren, Entscheiden, Kontrollieren sowie dem Entwickeln und Fördern von Menschen. (Hofert, 2018; Malik, 2019). Dabei muss berücksichtigt werden, dass die formale Führung nicht über ausreichend Wissen oder Ressourcen verfügt, um ein Unternehmen komplexen Situationen zu führen (Malik, 2008). Das bedeutet, die lateralen Führungskräfte haben direkten Einfluss darauf, wie die Einladung zur Selbstorganisation gestaltet wird. In diesem Unterkapitel soll anhand der Rollen in einem Scrum Team beispielhaft deutlich gemacht werden, wie die Führungsaufgaben in agilen Teams verteilt werden und warum die Funktion des (Linien-)Managers trotz allem nicht verschwinden wird.

Der Scrum Master ist per Definition eine dienende Führungskraft, welche den Product Owner, dem Entwicklungsteam und der Organisation u.a. durch die Vermittlung von Techniken zur Verwaltung des Product Backlog, Coaching der Teams zur Selbstorganisation und Unterstützung bei Durchführung von Scrum­Events dient (Schwaber & Sutherland, 2017). Der Scrum Master ist also maßgeblich am Leistungsmanagement beteiligt und ruft dafür bspw. Maßnahmen zur Teamentwicklung ins Leben (Maigatter, 2020).

Der Product Owner, verantwortlich für den (wirtschaftlichen) Erfolg des Produktes, ist die einzige Rolle im Scrum-Framework, die den Inhalt des Product Backlog verantwortet (Schwaber & Sutherland, 2017). Übertragen auf die Aufgaben von Führung trägt der Product Owner also die Verantwortung für das Aufgabenmanagement, Zielfindung und die Bereitstellung von Informationen zur Entscheidungsfindung. Die Rolle des Product Owner kann, auch wegen des fachspezifischen Austausch mit dem Auftraggeber, als fachliche Führungskraft betrachtet werden (Maigatter, 2020).

Auch die Entwickler tragen Verantwortung für einen Teil des Aufgabenmanagements. Nämlich für die Aufgabenzuweisung und der Koordination der Aufgaben sowie der Qualität des gelieferten Inkrementes (Maigatter, 2020; Schwaber & Sutherland, 2017).

Es ist also erkennbar, dass viele Führungsaufgaben im ganzen Scrum Team verteilt sind und teilweise auch Überlappungen bestehen. Dies ist notwendig, um kollektive Verantwortung zu erzeugen und fördert gleichzeitig die Kommunikation zwischen allen Beteiligten (Maigatter, 2020).

Der Manager ist aber noch immer notwendig. Denn die Aufgaben um das Team herum, wie bspw. die Bezahlung der Mitarbeiter, das Bereitstellen benötigter Arbeitsmittel und die Gestaltung von Anreizen oder Anerkennungssystemen (Gloger & Rösner, 2017) obliegt noch immer der nominellen Führungskraft. Auch ist der Manager als Kooperationspartner unerlässlich. Der Manager kann z.B. die notwendigen Ressourcen beschaffen, die der Scrum Master benötigt, um ein Hindernis für das Team zu beseitigen (Maigatter, 2020). Das neue Aufgabenprofil der administrativen, formell vorgesetzten Führungskraft verändern sich

dennoch deutlich. Es entsteht ein Fokus auf administrative Aufgaben in Personalmanagement und Strategieentwicklung. Dadurch bettet die Führungskraft das Team in den organisationalen Rahmen ein und dient durch die Kommunikation übergeordneter Ziele und der Weitergabe von Informationen dem Team. Gleichzeitig ist die Förderung von Selbstorganisation durch Abgabe von Verantwortung und Vertrauen in die Teams mit Unsicherheiten verbunden. Führungskräfte entfernen sich dadurch in ihrer Arbeit von der alltäglichen, operativen Ebene. Sie können jedoch den Überblick bewahren, indem sie an den Scrum-Events teilnehmen oder den Backlog im Auge behalten (Maigatter, 2020).

Dass agiles, selbstorganisiertes Arbeiten einen Einfluss auf die Haltung von Managern, das Mindset aller Organisationsmitglieder und dadurch vor allem auch auf die Unternehmenskultur hat, ist bis hierhin deutlich geworden. Doch auch die Struktur der Organisation kann im Zuge einer agilen Organisation überdacht werden. Das nächste Kapitel bietet einige Beispiele, wie Veränderungen am Organisationsdesign die bisher vorgestellten Modelle zur selbstorganisierten Teamarbeit unterstützen können.

3.3 Organisationsideen für agile Unternehmen

Traditionelle Organisationen zeichnen sich vor allem durch Hierarchie und lineare Berichtswege sowie Zentralisierung, Spezialisierung und Formalisierung aus. Eine passende Metapher hierfür ist die Maschine, die aus bekanntem Input vorhersagbaren Output erzielt (Robbins et al., 2014). Moderne Organisationsstrukturen hingegen fokussieren sich auf Anpassungs- und Überlebensfähigkeit. Sie zeichnen sich durch generalisierte, funktionsübergreifende Teams, flache Hierarchien und Dezentralisierung aus. Dadurch ist die passende Metapher hierfür ein lebendiger Organismus, der seine Ressourcen nutzt, um auf Stress in der Umwelt zu reagieren (Robbins et al., 2014).

Oben wurden die leitenden Prinzipien und Werte für eine moderne, agile Organisation ausführlich dargestellt. Im Folgenden werden nun verschiedene Konzepte vorgestellt, wie die Rahmenbedingungen in der Organisation auf die neuen Anforderungen angepasst werden können, um Agilität und Selbstorganisation zu unterstützen und zu fördern.

3.3.1 Netzwerkstrukturen

Im Umfeld agiler Methoden und der digitalen Transformation steht Denken und Handeln in vernetzten Strukturen im Fokus. Personen, Teams und ganze Unternehmen richten sich im Rahmen der Veränderungsprozesse neu aus mit dem Ziel, Abläufe im Unternehmen beschleunigen zu können. Netzwerkorganisationen stellen dabei eine neue Form der Aufbauorganisation dar, mit der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten dynamisch dargestellt werden können (Kreutzer, 2018).

Im Rahmen von Veränderungsprozessen propagiert Kotter (2012) den Aufbau eines Netzwerks parallel zur Linienorganisation, um ein zweites Betriebssystem für die Einführung des Neuen im Unternehmen zu schaffen. Er beschreibt, wie durch bereichsübergreifende Zusammenarbeit eine schlagkräftige Einheiten oder auch Change-Teams, gebildet werden können, die in direktem Kontakt zur Unternehmensleitung stehen und die Zusammenhänge im Unternehmen verstehen. Wird diese Idee weitergedacht, stehen im Kern von Netzwerkorganisation weitestgehend autonome Mitarbeiter, die nicht über eine feste Organisation verbunden sind, sondern vor allem gemeinsame Ziele und Aufgaben verfolgen (Kreutzer, 2018). Nach Kotter (2012) sind solche Netzwerke allerdings vor allem sinnvoll, um Veränderungen innerhalb einer bestehenden Linienorganisation als paralleles Betriebssystem umzusetzen.

Um die Vorteile eines cross-funktional aufgestellten Netzwerks auch im direkten Kontakt mit dem Markt nutzen zu können, empfiehlt Pfläging (2019), von funktionalen Abteilungsstrukturen in Zellstrukturen mit mehreren Business Teams überzugehen, die als lebendiges Netzwerk verstanden werden können. In Netzwerkorganisationen entsteht durch Dezentralisierung und die Verteilung von Verantwortung und Entscheidungen ein hoher Kommunikations- und Koordinationsaufwand, um weder parallele Arbeit entstehen zu lassen noch erfolgskritische Vorgänge zu vergessen (Kreutzer, 2018; Pfläging, 2019). Gerade in Netzwerkstrukturen kommt einer zielorientierten Kommunikation daher eine entscheidende Rolle zu. Diese Kommunikation muss auch die Basis für Vertrauen schaffen, um eine intensive Kooperation zu ermöglichen (Kreutzer, 2018). Abbildung 7 verdeutlicht die Verbindungen der einzelnen Teams innerhalb einer Netzwerkorganisation.

Dabei wird die Netzwerkorganisation föderativ gedacht. Die Macht im Unternehmen geht von den Teams mit direktem Kontakt zum Markt aus. Das Zentrum kann ohne Marktkontakt nicht steuernd, sondern vor allem unterstützend durch Administration und Innovation tätig sein (Pfläging & Hermann, 2019).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 Netzwerkorganisation (Pfläging, Hermann, 2019, S.24)

Da die Wertschöpfung innerhalb einer Organisation auf den Interaktionen der Teams basiert und niemals nur die Summe von Einzelleistungen ist, benötigt die Unternehmensleitung nach Pfläging (2019) nicht viele Gedanken darauf zu verwenden, wie formale Befugnisse verteilt werden. Der Fokus sollte sich viel eher auf die tatsächlichen Wertschöpfungsströme aus dem Unternehmen in den Markt richten. Pfläging (2019) spricht in diesem Zusammenhang von Marktzug, der Aktivität innerhalb der Organisation erfordert. Das kann ein Kundenwunsch, eine angeforderte Kreditrückzahlung der Bank oder der Produktlaunch eines Wettbewerbers sein.

3.3.2 Kollegial geführte Unternehmen

Ein weiterführendes, agiles Konzept zum Aufbau von Netzwerkorganisationen haben Oesterreich und Schröder (2017) vorgestellt. Ihr Konzept für eine kollegial geführte Organisation ist von Soziokratie und Holokratie inspiriert. Das Konzept der kollegial geführten Organisation basiert auf einer systemisch integralen Haltung. Diese Haltung zeichnet sich dadurch aus, dass die Annahme, Menschen und Organisationen ließen sich vorhersagbar verändern, verworfen wird. Stattdessen wird durch Experimente eine evolutionäre Entwicklung des Systems auf Basis zuvor geklärter Werte und Prinzipien angestrebt. Dabei werden immer wieder Experimente abhängig von vorhandenen Ressourcen durchgeführt. Die getroffenen Entscheidungen über Veränderungsmaßnahmen können also auch wieder revidiert werden. Wichtig ist, dass einzelne dieser begrenzten Maßnahmen so gestaltet sind, dass ein Scheitern nicht das Überleben des System gefährdet. So werden Unterschiede leicht sichtbar und spürbar gemacht. Der Fokus liegt hier, der Systemtheorie folgend, auf der Beobachtung von Kommunikation und dem Verhalten der Menschen im Unternehmen. Die Veränderungen, die sich als nützlich für das Unternehmen erweisen, werden nachhaltig in der Organisation etabliert, die anderen nicht. (Oesterreich & Schröder, 2017).

Die Teams sind, wie in anderen agilen Frameworks, funktionsübergreifend aufgestellt, decken alle Teile der Wertschöpfungskette ab und bestehen aus etwa 10 Personen. Diese Teams können innerhalb ihres Organisationsbereich und klar definierten Zuständigkeitsbereichen völlig frei Entscheiden und Gestalten. Mit agiler Planung und Dokumentation (vgl. Sprint Planning im Scrum) wird die interne Transparenz hinsichtlich der aktuellen Situation gewährleistet. Wichtig ist zudem, dass keine individuellen Prämien oder Leistungsvereinbarungen existieren. Erfolgsbeteiligungen werden kollektiv unter allen Kollegen verteilt (Oesterreich & Schröder, 2017).

Da das Konzept auch stark von Holokratie und Soziokratie beeinflusst ist, visualisieren Oesterreich und Schröder (2017) die Kommunikationsbeziehungen und die Abgrenzung der einzelnen Organisationsbestandteile in Kreisen. Wie das konkret aussehen kann, wird in Abbildung 8 dargestellt. Ähnlich wie bei Pfläging (2019) gibt es hier innere und äußere Kreise in der Organisation.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8 Kreismodell (Oesterreich & Schröder, 2019b)

Innerhalb der Kreise einer kollegialen Organisation können alle Mitglieder durch alle anderen Mitglieder geführt werden. Der Kontext (z.B. der Zweck des Kreises) bestimmt hier, wer wann wen führt und wer wann folgt. Dabei werden die Führungsaufgaben als jene beschrieben, die zur Entscheidungsfindung in den Kreisen beitragen und Abstimmung mit externen Kreisen und anderen Organisationseinheiten ermöglichen. Wer im Kontext eines Kreises bewusst nur folgen möchte, konzentriert sich entsprechend auf die operative Arbeit, um den Zweck des Kreises zu erfüllen. Wichtig ist jedoch zu ergänzen, dass einzelne Kollegen in mehreren Kreisen tätig sein können und möglicherweise in jedem Kreis auch unterschiedliche Rollen wahrnehmen. Dies entsteht zum einen dadurch, dass die Kreise Repräsentanten in die anderen Kreise schicken, um übergreifende Kommunikation zu gewährleisten. Aber auch durch Mitgliedschaft in übergeordneten, koordinativen und operativen Kreisen kann eine Person mehrere Rollen in der Organisation wahrnehmen (Oesterreich & Schröder, 2017).

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Abbildung 9 Beispiel Kreis-Konstitution (Oesterreich und Schröder, 2017, S. 135)

Abbildung 9 zeigt einen beispielhaften Kreis inklusive der Rollen und Aufgaben der Mitglieder sowie die Beziehungen nach außen. Oesterreich und Schröder (2017) empfehlen, dass Entscheidungen innerhalb der Kreise per Konsent getroffen werden. Das bedeutet, die Entscheidung wird nicht getroffen, wenn alle für eine Alternative stimmen, sondern dann, wenn objektiv nichts mehr gegen einen der Vorschläge spricht.

Das Modell von Oesterreich und Schröder (2017) bietet einen verständlichen Leitfaden, der den Initiatoren einer agilen Transition Orientierung bei der Neuaufstellung der Organisation und Verteilung von Zuständigkeiten und Verantwortung gibt. Dabei ist die größte Neuheit im selbstorganisierten Unternehmen die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden. Anhand neuer Rollen und Werkzeuge lernt das Unternehmen aber, Entscheidungen abhängig vom Kontext und Inhalt zu verteilen. So können schnellere und bessere Entscheidungen ohne die Einbeziehung der immergleichen zentralen Entscheider getroffen werden. Dies führt in dynamischen Umfeldern zu Wettbewerbsvorteilen (Oesterreich & Schröder, 2017).

3.3.3 Spotify Engineering Culture

Ein weiteres Beispiel, wie agile Prinzipien in das Organisationsdesign implementiert werden können, hat Spotify gezeigt. Zu Beginn bestand Spotify aus wenigen Scrum Teams. Nach einigen Jahren des Wachstums aber stellten sie fest, dass einige der Scrum-Praktiken nicht mehr für die Arbeit aller Teams relevant waren. Darum hat Spotify als Produktentwicklungsunternehmen, ein Organisationsmodell entwickelt, dass eine flexible Denkweise bewahrt und viel Wert auf die agilen Prinzipien legt (Kniberg & Ivarsson, 2015; Scheller, 2017).

Die Basis der Organisation bilden weiterhin einzelne Teams, bei Spotify Trupps genannt. Die Trupps sind vergleichbar mit einem Mini-Startup. Sie zeichnen sich durch örtliche Nähe der Mitarbeiter und ein langfristiges Ziel (bspw. die Schaffung einer neuen Funktionalität) aus. Für diesen Bereich, dieses Ziel haben die Trupps vollständige Verantwortung für das Design, die Entwicklung und Auslieferung sowie Betreuung des Produkts oder Systems, das entwickelt wird. Da die Trupps nach den Lean-Start-Up Prinzipien arbeiten sind iteratives Lernen und häufige Releases von kleinen Produkteinheiten normal. Durch die vielen Veröffentlichungen kleiner Produkteinheitenkönnen die Mitarbeiter schnell zu Experten auf ihrem Gebiet werden (Kniberg & Ivarsson, 2015). Dabei haben die Trupps keinen formal Vorgesetzten, sondern einen Produktverantwortlichen, der die Priorisierung der Aufgaben verantwortet und einen agilen Coach, der das Team bei der Verbesserung der agilen Arbeitsweise unterstützt (Scheller, 2017).

Das zweite wichtige Element sind die Stämme. Stämme sind Gruppierungen von Trupps, die in verwandten Gebieten arbeiten (z.B. Infrastruktur für das Back­End). Die Trupps eines Stammes sind räumlich nah beieinander, um sich team­übergreifend austauschen zu können. Obwohl die Trupps möglichst autonom arbeiten sollen, ergeben sich durch übergeordnete Ziele durchaus auch Abhängigkeiten. Diese können in den Stämmen bewältigt werden. In Zusammenkünften, ähnlich der Reviews im Scrum, tauschen die Teams ihre Fortschritte aus. Zu jedem Stamm gehört ein Stammesführer, der die Verantwortung dafür trägt, dass die Trupps in einem optimalen Umfeld arbeiten können. Die Koordination der einzelnen Teams geschieht dennoch durch die Product Owner (Kniberg & Ivarsson, 2015; Scheller, 2017). Wie die Trupps und Stämme zusammenhängen zeigt Abbildung 10.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10 Die Organisationseinheiten bei Spotify (Kniberg & Ivarsson, 2015)

Zusätzlich zu Truppen und Stämmen existieren noch Verbände und Zünfte. Sie stellen Verbindungen innerhalb des Unternehmens dar, deren Zweck es ist, dem Verlust von Rationalisierungseffekten entgegen zu wirken. Verbände sind (temporäre) Gemeinschaften innerhalb der Stämme, in denen Kollegen aus verschiedenen Trupps organisiert sind, die vergleichbare Kompetenzfelder haben. Der Austausch innerhalb der Verbände sorgt für teamübergreifenden funktionalen Austausch von Experten aus verschiedenen Trupps. Der Führer eine Verbandes kann betrachtet werden wie der Linienmanager einer Fachabteilung. Seine Aufgaben sind Personalentwicklung der Experten, Gehaltsverhandlungen und Coaching der Mitarbeiter aber auch die tägliche Arbeit in einem Trupp (Kniberg & Ivarsson, 2015; Scheller, 2017).

Das letzte Element sind die Zünfte. Dies sind Interessensgruppen, die üblicherweise alle Mitglieder von fachgleichen Verbänden in der Organisation verbinden. So können bspw. alle Mitglieder der unterschiedlichen Tester­Verbände in Austausch mit den anderen Testern aus anderen Produktbereichen kommen (Kniberg & Ivarsson, 2015).

Der Organisationsaufbau von Spotify verbindet also den Netzwerkgedanken und cross-funktionale Teams mit einer Art Matrixorganisation. Dabei sind die Produktverantwortlichen der Trupps und Stammesführer primär an der schnellen Entwicklung von Business-Value orientiert, während in den Verbänden und Zünften die Entwicklung von Kompetenzen im Vordergrund steht. Durch dieses Spannungsverhältnis entsteht eine produktive Kultur (Kniberg & Ivarsson, 2015). Spotify skaliert über das Hinzufügen von Teams bzw. Trupps, was eine bekannte, replizierbare Methode ist, es geht dabei aber nicht darum, starren Prozessen oder Strukturen zu folgen, sondern die Prinzipien der Organisation zu leben (Scheller, 2017).

4 Experteninterviews

In diesem Abschnitt geht es nun darum, die aus der Literaturrecherche gewonnenen Erkenntnisse mit der Erfahrung von Experten in diesem Themenkomplex anzureichern, um den Experimentierkasten zur Förderung von Selbstorganisation zu entwickeln.

4.1 Untersuchungsziel

Wie in Kapitel 1.1 beschrieben ist das Ziel dieser Arbeit, Ansätze zur iterativen Organisationsentwicklung aufzuzeigen. In den vorangegangenen Kapiteln wurde auf Basis einer Literaturrecherche dargelegt, welches Ausmaß Führungsarbeit und Organisationsgestaltung in traditionell aufgebauten Unternehmen und modern bzw. agil gestalteten Unternehmen haben.

Ziel der Interviews ist es daher, aus den Erfahrungen und Berichten der Experten Methoden, Strategien und Konzepte abzuleiten, die in verständliche und umsetzbare Ansätze für den zu entwickelnden Experimentierkasten überführt werden können. Dabei orientieren sich die Fragen des Interviewleitfadens und die Auswertung an den in Kapitel 1.1 vorgestellten zentralen Fragestellungen dieser Arbeit.

4.2 Vorgehensweise

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Leitfadeninterviews durchgeführt. In diesem Kapitel wird die Vorgehensweise hinsichtlich Auswahl der Gesprächspartner, Gestaltung des Interviewleitfaden und Aufbereitung der Daten dargelegt.

4.2.1 Auswahl der Experten

Als potenzielle Interviewpartner wurden Personen definiert, die bereits als Führungskraft, (agiler) Coach, Berater oder auch als HR Business Partner Erfahrungen in agilen Transitionen und in der Weiterentwicklung selbstorganisierter Teams sammeln konnten. Die unterschiedlichen Hintergründe bieten unterschiedliche Perspektiven auf das Thema.

Die Auswahl der Experten erfolgte über Ansprache von Kontakten aus dem eigenen Netzwerk, Empfehlungen und Recherchen über das Berufsnetzwerk XING. Darüber hinaus waren Verfügbarkeit und Kooperationsbereitschaft der kontaktierten Experten maßgeblich. Anonymisierte Profile der interviewten Experten sind im Anhang zu finden. Das angestrebte Ziel, sieben bis zehn Interviews zu führen, wurde mit neun tatsächlich durchgeführten Interviews erreicht.

4.2.2 Interviewleitfaden

Der Interviewleitfaden orientiert sich an den zentralen Fragestellungen dieser Arbeit aus Kapitel 1.1. Die Interviewpartner wurden daher gebeten, aus der Praxis zu berichten, wie es gelingt selbstorganisiertes Arbeiten im Zuge einer agilen Transition auf den Ebenen Führung, Kooperation und Organisationsstruktur zu fördern.

Für die Beantwortung der zentralen Fragestellungen dieser Arbeit wurde das nichtstandardisiere Interview als Methode ausgewählt. Das Leitfadeninterview hat ein vorgegebenes Thema und eine Liste mit Fragen. Die Formulierung und Reihenfolge der Fragen kann aber je nach gesprächsverlauf variieren. Dadurch kann ein natürlicher Gesprächsverlauf sichergestellt werden. Der Leitfaden stellt jedoch sicher, dass alle relevanten Aspekte bezüglich der Zielsetzung der Arbeit besprochen werden (Helfferich, 2019).

Der Leitfaden beginnt mit drei Einstiegsfragen hinsichtlich bereits gemachter Erfahrungen zu agilen Transitionsprojekten, den verwendeten Methoden und den Teamgrößen, die die Transition durchlaufen bzw. begleitet haben. Die Fragen vier und fünf widmen sich der Kategorie Führung. Dabei geht es um das sich ändernde Aufgabenprofil von Führungskräften im Umgang mit selbstorganisierten Teams und die Anforderungen an die Kommunikation von Zielen und Strategien. Die Kategorie Kooperation wird in den Fragen sechs bis acht behandelt. Dabei geht es um die Herausforderungen, Mitarbeiter an selbstorganisierte Teamarbeit heran zu führen, ob und wenn ja, wie der Erfolg dabei gemessen werden kann und welche weiteren typischen Hindernisse in Transitionsprozessen auftreten. Abschließend behandeln die Fragen neun und zehn die Auswirkungen der agilen Transition auf die Organisation. Der vollständige Interviewleitfaden ist im Anhang zu finden.

4.2.3 Transkription

Um eine ausführliche Auswertung zu ermöglichen, wurde die wörtliche Transkription der Interviews als Methode gewählt. Im Gegensatz zum Gedächtnisprotokoll bietet diese aufwendige Methode den Vorteil, dass kein Datenverlust durch Interpretation oder Priorisierung riskiert wird. Auch entlastet es den Interviewer beim Interview enorm, wenn er sich nicht auf die Protokollierung, sondern ganz auf das Gespräch konzentrieren kann.

Die Interviews wurden nach Einwilligung der Gesprächspartner digital aufgezeichnet. Bei der Transkription wurden die Gespräche ohne Füllwörter, Denkpausen und Räuspern verschriftlicht und der Satzbau wurde, wo nötig, angepasst, um den Text lesbarer und nachvollziehbarer zu machen. Einleitende Worte und Small-Talk wurden aufgrund fehlender inhaltlicher Relevanz nicht in die Transkripte übernommen. Die Transkripte können im Anhang (beigelegter Datenträger) eingesehen werden.

4.3 Auswertung

Im Folgenden wird ein kurzer Einblick in die Auswertungsmethode der Transkripte gegeben. Dabei wurden die gewonnenen Informationen in ein Kategoriensystem einsortiert. Dadurch wird eine strukturierte Ergebnisdarstellung in Kapitel 4.4 möglich.

4.3.1 Methode

Durch die bewusst offene, qualitative Erhebungsmethode wurden unscharfe Rohdaten zur Auswertung produziert. Zur Auswertung wurde daher die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring und Fenzl (2019) gewählt. Dabei kann das vorliegende, komplexe Material systematisch ausgewertet werden, ohne Informationen zu verlieren. Um das zu erreichen wird den Transkripten systematisch Information entnommen und kategorisiert. Dadurch wird eine Verarbeitung der gewonnenen Informationen unabhängig vom Ausgangstext ermöglicht und die Informationsfülle entsprechend des Untersuchungsziel strukturiert (Mayring & Fenzl, 2019).

4.3.2 Kategoriensystem

Die gewonnenen Informationen aus den Interviews wurden in ein Kategoriensystem eingebracht. Dieses baut auf den Schwerpunkten der Grundlagenarbeit in Kapitel 3 sowie vor allem auf dem Ziel dieser Arbeit, Ansätze zu Förderung von Selbstorganisation in der agilen Transition aufzuzeigen, auf. Daraus leiten sich die Dimensionen Führung, Kooperation und Organisation ab. Da die Themen in der Praxis eng miteinander verwoben sind und sich im Organisationsalltag gegenseitig beeinflussen, ergeben sich möglicherweise Überschneidungen. Dennoch erscheint eine Trennung sinnvoll, um die einzelnen Aspekte hinsichtlich der Förderung von Selbstorganisation in agilen Transitionen näher zu beleuchten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11 Darstellung des Kategoriensystems (eigene Darstellung)

Die Kategorie „Führung“ unterteilt sich in die Unterkategorien „Interaktion“ und „Mindset“. Dabei geht es um Kommunikation und Formate zur Beeinflussung einzelner oder des gesamten Teams und der grundlegenden Einstellung als Führungskraft (vgl. Kapitel 3.2.2). In der Kategorie „Kooperation“ werden Elemente der Zusammenarbeit und die Fortschritte hinsichtlich Selbstorganisation und agiler Zusammenarbeit erfasst (vgl. Kapitel 3.1.2 & 3.1.4). Die Kategorie „Organisation“ ist unterteilt in strukturelle Anpassungen und Auswirkungen auf die Unternehmenskultur. Der Kodierleitfaden im Anhang bietet einen Überblick in die Facetten der beschriebenen Kategorien.

4.4 Ergebnisdarstellung

Der Fokus der Auswertung der Experteninterviews liegt in der Suche nach Ansätzen zur Förderung von Selbstorganisation in der agilen Transition. In diesem Kapitel wird das Datenmaterial aus den Interviews strukturiert dargestellt, um letztlich die Beantwortung der Leitfragen dieser Arbeit zu ermöglichen. Alle Interviews haben im Zeitraum vom 20.05.2020 bis 08.07.2020 stattgefunden haben und können im Anhang anonymisiert eingesehen werden. Bei Verweisen auf die Interviews werden die für den jeweiligen Kontext relevanten Absätze mit angegeben.

Ziel der Interviews war es, Ansätze zu erlangen, die dazu beitragen, selbstorganisiertes Arbeiten im Zuge einer agilen Transition zu fördern. Der Fragebogen wurde dahingehend ausgerichtet, möglichst viel praxisnahe Erfahrung und funktionierende Konzepte der interviewten Experten und das dahinterliegende Wertekonzept zu erfahren.

Die folgenden Unterkapitel beinhalten die Zusammenfassung der Erkenntnisse aus den Experteninterviews und stellen die Grundlage für den erwähnten Experimentierkasten dar (siehe Kapitel 4.5). Diese Erkenntnisse bieten einen Einblick in den Umgang mit konkreten Herausforderungen in der agilen Transition in den Bereichen Führung, Kooperation und Organisation. Dabei wurden die Ergebnisse nach dem in Abbildung 11 dargestellten Kategoriensystem zusammengefasst.

4.4.1 Führung

Führung hat im Kontext einer agilen Transition mehr als nur eine Bedeutung. In diesem Kapitel wird das gesammelte, qualitative Datenmaterial hinsichtlich der hierarchisch übergeordneten Führung ausgewertet. Die Unterkategorie Interaktion beinhaltet Kommunikations- und Führungswerkzeuge, um selbstorganisierte Zusammenarbeit aus der Position einer Führungskraft zu fördern. Dabei ist die Rolle der hierarchisch übergeordneten Führungskraft klar abzugrenzen von lateralen Führungsrollen, die ein Scrum Master oder Product Owner innehaben. Allerdings, wenn die agile Idee noch nicht vollständig in der Organisation angekommen ist, kann sich die Führungskraft zunächst in der Rolle der eierlegenden Wollmilchsau wiederfinden bis diese neuen Rollen im Team adäquat aufgebaut werden konnten (Interview 8: 14). Das Selbst- und Rollenverständnis der Führungskraft hingegen bekommt eine gesonderte Betrachtung in der Unterkategorie „Mindset“.

4.4.1.1 Mindset

In Kapitel 3.2.2 wurde bereits dargelegt, welchen Balanceakt Manager und Führungskräfte machen müssen, um Selbstorganisation zu ermöglichen, zu fördern aber auch sinnvoll Grenzen zu setzen. Folgendes Zitat aus Interview 2 verdeutlicht, die sich ändernden Anforderung an eine Führungskraft im agilen Umfeld besonders gut: „Du brauchst halt einen, der das Framework wirklich verstanden hat und eine Vision davon hat, wie das Team aufgebaut werden soll. Da reicht es nicht, den Scrum Guide zu lesen und zu verstehen welche Schritte man macht, um Scrum auszuführen. Da geht es vor allem um das agile Mindset. Der hat verstanden, dass auf Schwarm-Intelligenz gesetzt werden kann, dass flache Hierarchien sinnvoll sind, um schnelle Entscheidungen zu treffen.“ (Interview 2: 31).

Auch betonten die Interviewpartner immer wieder die agilen Werte und Prinzipien als maßgebliche Elemente für das neue Selbstverständnis von Führungskräften (vgl. Interview 4: 33; Interview 1: 27). Aufgabe der Führungskräfte ist es demnach, die agilen Werte und die Gründe für die Veränderung in ihren Bereich mitzunehmen und diese den Mitarbeitern zu vermitteln (vgl. Interview 1: 12). Ziel sollte sein, sich selbst aus dem operativen Geschäft zurück zu ziehen und dem Team durch die Übernahme administrativer Aufgaben den notwendigen Freiraum in der Organisation zu verschaffen (vgl. Interview 2: 63). Damit hilft die Führungskraft nicht nur dem Team, sondern auch sich selbst. Wenn die Anzahl der Themen zu groß ist, die Inhalte der Projekte sehr komplex werden oder technische Entwicklungen unübersichtlich werden kann ein Bereichsleiter möglicherweise nicht mehr bei allem mithalten (vgl. Kapitel 2.4): „und dann hilft es, mit dieser Selbstoffenbarung gegenüber dem Team zu starten. Klar zu kommunizieren, dass die Führungskraft nicht mehr für alles die besten Entscheidungen treffen kann. Und dann wird das Team um Hilfe gebeten.“ (Interview 2: 47). Hier lassen sich parallelen zu den Darstellungen aus Kapitel 3.2.2 erkennen.

Um diesen Schritt gehen zu können, muss die Führungskraft akzeptieren, dass „ihr gewohntes Machtverhältnis in Frage gestellt wird“ (Interview 9: 43). Denn durch die Einführung lateraler Führungskonzepte, ergeben sich neue Führungsrollen (vgl. Interview 1: 9). Die fachliche Führung erfolgt nicht mehr durch die hierarchisch übergeordnete Führungskraft (auf strukturelle Veränderungen wird später eingegangen), aber sie verantwortet noch immer die Erreichung und vor allem die klare Kommunikation übergeordneter Ziele. Dafür ist es in der Erfahrung von Experte 5 wichtig, dem Team anzubieten, es mit schwierigen Fragen herauszufordern und somit bei der Lösungsfindung zu unterstützen, dem Team aber die Verantwortung für die Umsetzung und Funktionalität der Lösung zu übertragen (vgl. Interview 5: 19).

Bei der Einführung von Agilität muss eine Führungskraft verstehen, dass es immer auch darum geht, Verantwortung abzugeben (vgl. Interview 7: 41). Experte 5 betont: „Also die Leute, die tatsächlich Dinge ausführen mit der Verantwortung dafür auch auszustatten“ (Interview 5: 18). Zielstadium der inhaltlichen Führung ist dann, Expertin 2 folgend, dass die Führungskraft irgendwann nur noch in User Stories denkt. Die Führungskraft kümmere sich dann um die Formulierung einer Herausforderung und die Umsetzung wird dem Team frei überlassen (vgl. Interview 2: 59). Aus den Interviews ergibt sich, dass eine zu konkrete Formulierung von Zielen den benötigten Freiraum für selbstorganisierte Teams einschränken kann (vgl. Interview 5: 35 ; Interview7: 15). Daher empfehlen Experte 5 und Experte 7, Ziele nur an wenigen übergeordneten Metriken auszurichten und so zu formulieren, dass eine vollständige Erfüllung sehr schwer ist. Wichtig sei laut Experte 5, den Teams klar zu machen, dass sie den Freiraum haben, vieles auszuprobieren. Wenn dabei 70% oder 80% des Ziels erreicht werden, haben sie bereits ein herausragendes Ergebnis erreicht (vgl. Interview 5:35) .

Um das Konzept Verantwortung zu verstehen, empfiehlt Experte 7 den Responsibility Process von Christopher Avery (vgl. Interview 7: 24 - 26). Der Responsibility Process führt über Beschuldigung, Rechtfertigung, Schämen, Verpflichtungsgefühl zu tatsächlicher Verantwortung. Im Zustand der Verantwortung steht die volle Kreativität zur Verfügung, um Herausforderungen zu lösen (Avery, Wolf, Sieroux & Wolf, 2018). Der Responsibility Process ist kein Instrument, das direkt auf andere angewendet werden sollte, sondern eher ein Instrument für das Selbstmanagement (Avery et al., 2018). Aber es erscheint sinnvoll, nicht nur die Führungskräfte, sondern alle Mitarbeiter mit dem Konzept vertraut zu machen, um eine Grundlage für ein organisationsweites agiles Mindset über die Führungsmannschaften hinaus zu schaffen.

4.4.1.2 Interaktion

Um in agilen Umgebungen oder Umgebungen auf dem Weg in die Agilität Teams erfolgreich leiten zu können, ist den interviewten Experten die Beziehung zwischen Führungskräften und Teams enorm wichtig. Führungskräfte, die das agile Mindset in ihrem Führungsalltag an den Tag legen, geben demnach Verantwortung ab und befähigen die Teams eigenverantwortlich zu arbeiten (vgl. Interview2: 36; Interview 9: 44) . Auf dem Weg dahin, nimmt die Distanz zwischen Führungskraft und Team ab: „Da muss geübt werden, nicht als Chef und Angestellter zusammen zu arbeiten, sondern als gleichberechtigte Mitarbeiter desselben Unternehmens mit den gleichen Zielen.“ (Interview 7: 46 - 46)

Basis für den Erfolg selbstorganisierter Arbeit im Team ist die Klärung, ob die Mitglieder des Teams überhaupt selbstorganisiert arbeiten wollen (vgl. Interview 2: 42). Um die Grundhaltung der Teammitglieder zu klären, können Instrumente, wie die HR Pioneer Cards helfen, um spielerisch die eigenen Werte formulieren zu können und die Werte der anderen nachzuvollziehen sowie ihre Kompetenzen besser kennenlernen zu können (vgl. Interview 6: 30). Die Führungskraft kann dies begleiten durch regelmäßige Einzel- oder Gruppengespräche, in denen das Verständnis der agilen Werte individuell abgefragt wird (vgl. Interview 4: 34). Dadurch wird dem Team klar, wer wo steht und wie die gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit aussieht. Auf die Kooperation im Team wird in Kapitel 4.4.2 eingegangen.

Ein weiteres wichtiges Element für den Erfolg der agilen Transition ist die transparente Vermittlung der Unternehmensziele (vgl. Interview 4: 25 - 26; Interview 5: 9). Und das übergreifend in allen Teilen der Organisation. In mehreren Interviews wurde sich dafür auf die Methode OKR bezogen (vgl. Interview 4: 16; Interview 5: 35). Dabei betont Experte 5: „OKR ist wesentlich mehr als eine Zielplanungsmethode. Es ist damit möglich, die Ziele und Initiativen von oben nach unten durch zu deklinieren und offen über alle Aktivitäten zu berichten. Aber OKR ist viel mehr. Natürlich ist es ein Kommunikationstool. Aber primär soll es für jede einzelne Person einen Freiraum schaffen, in dem out of the box gedacht werden kann.“ (Interview 5: 35). Wichtig sei demnach, dass die agilen Werte verstanden und gelebt werden. Es sei nicht notwendig, alle Ziele vollständig zu erfüllen, solange man auf dem Weg dorthin etwas erreicht hat, dass wertvoll ist. Diese Einstellung gibt den Mitarbeitern auch den notwendigen Freiraum, um Innovation zu schaffen (vgl. Interview 5: 35 - 36).

Um einen Einstieg in diese Methode zu finden, eignen sich One-Pager, auf denen jede aktuelle Initiative festgehalten wird inklusive der Information, welches Team wie darauf einzahlt (vgl. Interview 3: 44). Diese können auf einem Board festgehalten werden und werden dadurch transparent für die gesamte Organisation. Ist der Kontext etwas größer, eignen sich digitale Kollaborations­Lösungen, um die Boards zu visualisieren (vgl. Interview 4: 4).

Damit Teams eine klare Vorstellung davon haben, wie der Rahmen aussieht, in dem sie sich bewegen können, empfiehlt Expertin 2 die Verwendung der Methode Circle of Influence. Dabei wird auf drei ineinander liegenden Kreisen definiert, welche Entscheidungen das Team komplett eigenständig treffen kann und soll (innerer Kreis), bei welchen Themen die Mitglieder des Teams Einfluss nehmen können (mittlerer Kreis) und welche Umstände hingenommen werden müssen (äußerer Kreis) (vgl. Interview 2: 50-53). Mit voranschreiten der agilen Transition kann auch die Menge der Themen, die ein Team eigenständig entscheidet und gestaltet zunehmen (vgl. Interview 6: 36).

Kennen die Teams ihre Objectives, Freiräume und Begrenzungen, gilt es, den Mitarbeitern die Vorteile der Transparenz aufzuzeigen (vgl. Interview 7: 17). Es geht bei Transparenz nicht darum, dass der Vorgesetzte einen Überblick darüber hat, was und wie viel seine Mitarbeiter schaffen, sondern vor allem darum, Prioritäten verhandeln zu können (vgl. Interview 7: 17 - 18). Dabei helfen Aktivitäten und Prinzipien aus dem Management 3.0, wie z.B. Delegation Poker (vgl. Interview 6: 29). Diese Methode dient, ähnlich wie der Circle of Influence, dazu, die Verantwortungsbereiche und Entscheidungsbefugnisse zu klären. Das Prinzip eignet sich aber auch sehr gut, um das Team über die Zeit zu befähigen, eigenständig Entscheidungen zu treffen, ob eine Aufgabe in den Backlog aufgenommen wird (vgl. Interview 3: 46). Dies gilt vor allem für Themen, die vorher noch nicht geklärt waren. In diesem Prozess lernt auch die Führungskraft stückweise, wie es sich anfühlt, Entscheidungsbefugnisse an das Team zu geben. Dabei ist auch der Weg, auf dem Themen in ein Team getragen werden entscheidend. Experte 3 hat berichtet, dass gerade zu Beginn eine Inbox an den agile Boards der Teams geholfen hat, um einen geregelten Kommunikationskanal zu haben, damit Führungskräfte nicht ungeordnet Themen an ein Team herantragen (vgl. Interview 3: 49). Dadurch bekommen die Teams die Gelegenheit, neue Themen im Daily zu besprechen und gemeinsam eine begründete Entscheidung dafür oder dagegen zu treffen.

Die Interaktion von Führungskraft und Mitarbeiter muss sich daran gewöhnen, dass mehr und mehr Entscheidungen an die einzelnen gegeben werden. Experte 9 hat eine einfache Fragetechnik, die Führungskräften hilft, den Mitarbeitern in diesem Prozess zu helfen. Dabei spiegelt er bspw. Fragen dazu, was ein Mitarbeiter machen soll: „Also, wenn mich einer fragt,[...], was soll ich machen, dann frage ich den, was denkst du ergibt Sinn? Du kennst das Produkt mittlerweile ganz gut, hier ist der priorisierte Backlog. Was denkst du ist sinnvoll, dass wir das mit in den Sprint nehmen? Und dann merkt man richtig, dass das neu ist für die Menschen. Irgendwann gewöhnen die sich aber daran und dann entsteht [...] ein neues Selbstverständnis und auch Selbstbewusstsein.“ (Interview 9: 28)

Sollte es einmal zu Konflikten zwischen Führungskraft und Team kommen, oder es entstehen Situationen, in denen niemand weiß, wie ein Problem gelöst werden kann, hat Experte 3 mit einem Tandem-Modell gute Erfahrungen gemacht. Dabei werden die Führungskraft und ein Team-Mitglied damit beauftragt, gemeinsam eine Lösung zu entwickeln. Er berichtete von faszinierendem Feedback, dass sich neben kreativen Lösungen vor allem auch auf verbesserte Beziehungen und das Entwickeln einer gemeinsamen Sprache zwischen Führung und Team bezieht (vgl. Interview 3: 25 - 26). Um produktiv mit Konflikten umgehen zu können, empfehlen einige der befragten Experten, gewaltfreie Kommunikation zu etablieren (vgl. Interview 1: 27; Interview 8: 23). Experte 8 betont, dass dies den Teammitgliedern auch helfen kann, eigenständiger Probleme mit anderen Teams zu lösen (vgl. Interview 8: 23).

Das Lösen von Konflikten im Team und mit Interessensgruppen ist eine wichtige Kompetenz selbstorganisierter Teams. Im Folgenden wird daher auf Veränderungen in der übergreifenden Zusammenarbeit, Fortschritte hinsichtlich selbstorganisierter, verantwortlicher, Teamarbeit und Hindernisse bei der Einführung von selbstorganisierten Teams eingegangen.

4.4.2 Kooperation

Teams, die im Zuge einer agilen Transition lernen, selbstorganisiert zu arbeiten, müssen sich darüber klar werden, wie man gemeinsam miteinander arbeitet und wie mit der Aufarbeitung von Fehlern umgegangen wird (Interview 1: 6). Die Umstellung auf agile Methoden kann bedeuten, dass Dinge, die man ausführlich besprochen hat, nicht auf die Prioritätenliste genommen werden und für die nächsten 14 Tage nicht im Fokus dessen stehen, was erledigt wird (vgl. Interview 1: 29). Ein solcher Lernprozess muss gut begleitet werden, damit die Teams die Meetings, vor allem die Retrospektiven, ernsthaft leben und in ihre Routine einbauen (vgl. Interview 9: 41). Andernfalls besteht die Gefahr, dass eine falsche Harmonie entsteht, die gefährlich für die Produktivität des Teams sein kann (vgl. Interview 2: 18 - 20).

Es erscheint daher wichtig, dass die Zusammenarbeit im Team professionell von gut ausgebildeten Coaches begleitet wird. Dies kann sowohl der Scrum Master sein, die Führungskraft oder ein (externer) agiler Coach (vgl. Interview 2: 15; Interview 6: 36). Dafür kann es hilfreich sein, den Mitarbeitern durch Schulungen zum Thema Agilität und der Arbeit mit agilen Methoden entgegen zu kommen und einen Einstiegspunkt für die Teams zu schaffen (vgl. Interview 2: 3). Die Methodenexpertise wird als sehr relevant angesehen, da die Gefahr besteht, andernfalls eine Methode zu verbrennen, nur weil nicht ausreichend darüber nachgedacht wurde, was das Team gerade benötigt (vgl. Interview 1: 31).

Der Scrum Guide und auch das Modell der kollegialen geführten Unternehmen empfehlen, die Teamgrößen in agilen Teams möglichst überschaubar zu halten. Auch die befragten Experten empfehlen aufgrund ihrer Praxiserfahrung, eine überschaubare Teamgröße. Werden die Teams zu groß, ist es gerade in den Gruppenveranstaltungen, wie Retrospektiven, enorm schwierig, jeden angemessen zu Wort kommen zu lassen. (vgl. Interview 7: 5; Interview 3: 7). In diesen, möglichst cross-funktional aufgestellten, Teams gilt es, eine (agile) Methode zu finden, die für das Team funktioniert. Dabei kann eine Entscheidung für Scrum oder Kanban laut Experte 3 meist vom Kontext der übergeordneten Aufgabe eines Teams abhängig gemacht werden (vgl. Interview 3: 15). Hierbei benötigen Teams ggfs. Unterstützung durch die Führungskraft oder einen agilen Coach. Die Aufgabe besteht vor allem darin, alle Teammitglieder in die Lage zu versetzen, gute Ideen einzubringen (vgl. Interview 2: 31).

Wenn sich für eine Methode entschieden wurde, ändert sich die Zusammenarbeit meist schnell. Die Experten berichten, dass die Fortschritte am Verhalten der Teammitglieder in den täglichen Besprechungen beobachtet werden können: „Es ist halt ein anderes Arbeiten, wenn Dinge nicht mehr in der Hierarchie eskaliert werden, sondern auf Augenhöhe Lösungen erarbeitet werden.“ (vgl. Interview 3: 27). Dabei betonen Experte 3 und Experte 4 aber, dass nicht alle sofort selbstorganisiert arbeiten können müssen. Es geht primär darum, diese neue Form der Zusammenarbeit gemeinsam zu lernen (vgl. Interview 3: 28 - 29; Interview 4: 17). Eine der entscheidenden Aufgaben dabei ist es nach Experte 5, dafür zu sorgen, dass Termine und Artefakte der agilen Methoden wahrgenommen und verstanden werden: „Also die Leute an die Hand nehmen und dafür sorgen, dass alle die gleiche Sprache sprechen.“ (Interview 5: 24).

Innerhalb der Teams erzeugen agile Methoden nach Expertin 2, Gruppendynamiken, die Mitarbeitern helfen, Verantwortung für ein ganzes Produkt zu übernehmen und Hilfe anzubieten und anzunehmen. Ein erster Schritt ist, dass die Teammitglieder verstehen, dass sie gemeinsam verantwortlich für die Erreichung des Sprint-Ziels verantwortlich sind (vgl. Interview 2: 23). Auf dem Weg dahin können folglich Entwicklungsstufen beobachtet und gefördert werden, ähnlich wie in dem vorgestellten Reifegradmodell in Kapitel 3.1.4. Die befragten Experten schildern beobachtbare Entwicklungen, die zeigen, dass die Mitglieder des Teams die neue Arbeitsweise verstanden haben und umsetzen können (vgl. Interview 2: 58; Interview 8: 21). Experte 3 beschrieb den Prozess anhand des Umgangs mit Problemen, deren Lösung eigentlich nicht im Zuständigkeitsbereich eines Teams liegen. Er berichtete von einem Mitarbeiter, der im Daily von einem Problem berichtete, allerdings erstmal selbst nach einer Lösung dafür suchen möchte, anstatt die Verantwortung dafür in das andere Team zu geben (Interview 3 : 28-29). Um kontinuierlich zu lernen, wie die Kooperation besser werden kann, betonten die Experten immer wieder die Relevanz von gut durchgeführten Retrospektiven und auch Reviews (vgl. Interview 7: 21; Interview 6: 18 & 36; Interview 4: 17).

Darüber hinaus nennen die Experten keine direkten Metriken, die die Teamarbeit beurteilen können, sind aber weitestgehend davon überzeugt, dass gestiegene Produktivität (vgl. Interview 5: 29), Innovationskraft (vgl. Interview 1: 33) und Kundenzufriedenheit (Interview 1: 33 & Interview 7:29) diejenigen Metriken sind, die den Erfolg, zumindest indirekt, beschreiben können.

Die Experten berichteten davon, dass Teammitglieder, die Umstellung auf agile Methoden und die damit verbundene Transparenz als bedrohlich wahrnehmen können (vgl. Interview 7: 17). Wie im Kapitel zuvor erläutert, hilft es, die Vorteile der Transparenz deutlich zu machen, um zum Beispiel mit der Führungskraft die Prioritäten diskutieren zu können (vgl. Interview 5: 15; Interview 6: 18). Sollte es zu Herausforderungen kommen, weil die transparente Darstellung der offenen Aufgaben an agilen Boards negative Gefühle bei den Mitarbeitern hervorruft, empfehlen die Experten, das Prinzip der geteilten Verantwortung aktiv mit Leben zu füllen. Dies kann zum Beispiel dadurch passieren, dass zwei Namen auf einen Zettel geschrieben werden. Dadurch muss sich niemand mehr allein dafür verantworten, wenn etwas nicht funktionieren sollte (vgl. Interview 3: 56 - 57; Interview 7: 26). Auch die in Kapitel 4.4.1.2 erwähnte Tandem-Methode führt im Verhältnis von Führungskraft und Teammitglied in diese Richtung.

Die Führungskraft ist maßgeblich daran beteiligt, dass die Organisation versteht, was gerade im Team passiert (vgl. Interview 9: 25). Um dies zu erreichen, kann sie bspw. den Product Owner beim Management der Interessen von Außenstehenden unterstützen (vgl. Interview 5: 33). Um die agile Methode erfolgreich zu etablieren und dem Team somit die Chance zu geben, zu lernen, selbstorganisiert zu arbeiten, empfiehlt Experte 9, den Stakeholdern deutlich zu kommunizieren, dass die Abläufe in diesem Team jetzt anders sind als vorher. Durch aktives Heranholen und enge Einbindung, z.B. in Reviews, lernen auch die Stakeholder die Vorteile der iterativen Arbeit kennen (vgl. Interview 9: 16). Sowohl im Team als auch in der Zusammenarbeit mit evtl. noch nicht agilen Organisationsteilen ist verbindliche Kommunikation maßgeblich entscheidend für den Erfolg einer agilen Transition (vgl. Interview 7: 21). Es gilt, verbindliche Absprachen zu treffen und in einer Art Retrospektive zu prüfen, ob diese auch gehalten werden konnten (vgl. Interview 8: 19).

Somit kann die Umstellung nur eines Teams die Organisation als Ganzes beeinflussen. Welche Ansätze die Daten aus den Interviews bieten, damit eine Organisation mehr und mehr selbstorganisierte Teams unterstützen kann, wird im folgenden Kapitel auf struktureller und kultureller Ebene beleuchtet.

4.4.3 Organisation

Die Organisation eines Unternehmens bildet den Handlungsrahmen für ihre Mitglieder und nimmt dadurch direkten Einfluss auf deren Verhalten. Dies geschieht durch strukturelle Maßnahmen, bspw. die (Um-)Verteilung von Rollen und Aufgaben, sowie durch kulturelle Veränderungen, die z.B. durch die Übernahme der Werte aus dem agilen Manifest in die Führungsleitlinien des Unternehmens. Dabei ist eine agile Organisation immer auf den Kunden ausgerichtet (Scheller, 2017).

Im Folgenden wird dargelegt, welche Erfahrungen die befragten Experten hinsichtlich Struktur und Kultur eines Unternehmen auf dem Weg in die Agilität gemacht haben und wie durch diese Faktoren Selbstorganisation gefördert werden kann.

4.4.3.1 Struktur

In Kapitel 3.3 wurden bereits Modelle und Überlegungen für vernetzte Organisationen vorgestellt, in denen selbstorganisierte Teams oder Kreise maßgeblicher Bestandteil der Organisation sind. In diesem Kapitel wird das gesammelte Datenmaterial bezüglich struktureller Veränderungen in agilen Transitionen untersucht.

Grundlegend empfiehlt Experte 9, zu hinterfragen, wieso die bisherigen Strukturen bestehen, wie das Geschäftsmodell z.B. die Strukturen bedingt und welchen Zweck gewisse Strukturen für die einzelnen Bereiche der Organisation haben (vgl. Interview 9: 34). Agile Methoden werden meist nicht neu eingeführt, wenn alle Abläufe reibungslos funktionieren (vgl. Interview 2: 43). Die Struktur folgt strategischen Entscheidungen, die bestimmen, wohin das Unternehmen sich langfristig ausrichtet (vgl. Interview 5: 50). Einige der Experten machen darauf aufmerksam, dass die Teams häufig gar nicht das Problem darstellen, die agile Methode häufig sehr schnell verstehen und eigentlich mehr leisten könnten, wenn das Umfeld stimmen würde (vgl. Interview 3: 3; Interview 7: 3).

Eine der offensichtlichsten strukturellen Veränderungen in agilen Transitionen stellt die Re-Organisation der Teamzusammensetzungen dar (vgl. Interview 6: 13; Interview 5: 45). Häufig beginnt die Umstellung im IT-Bereich der Unternehmen (vgl. Interview 4: 30). Dort können die Teams bspw. so aufgeteilt werden, dass sie einzelnen Produkten zugeordnet werden (vgl. Interview 3: 4). Auch wenn das noch nicht an das Idealbild eines multidisziplinären, cross- funktionalen Teams heranreicht, hebt Experte 7 hervor, dass so zumindest in diesem Organisationsbereich Abhängigkeiten von anderen Teams im IT-Bereich verhindert werden (vgl. Interview 7: 9).

Der Start der agilen Transition in einem einzigen Unternehmensbereich wird von den Experten als sinnvoller Weg angesehen. Experte 3 berichtet davon, dass durch die Zuordnung der IT-Teams auf Produkte die organisationsweiten Abhängigkeiten und Probleme im Wertstrom zum Kunden aufgezeigt werden konnten (vgl. Interview 3: 18). In Interview 4 und Interview 2 wurde deutlich, dass Überlegungen angestellt werden müssen, wie die agile Transition von einem Experiment in einem Teil des Unternehmens auf weitere Teile des Unternehmens übertragen werden können (vgl. Interview 2: 16; Interview 4: 30). Immerhin müssen Anforderungen anders übergeben werden und die Stellenbeschreibungen für den agilen Unternehmensteil sehen anders aus als zuvor (Interview 4: 30). Insgesamt geht es laut Experte 1 darum, ein neues Betriebssystem zu schaffen, um Strategien und agile Teil-Systeme innerhalb der Organisation aufeinander abzustimmen (vgl. Interview 1: 25).

Dabei kann gemäß der Experten auf strategischer Ebene die in Kapitel 4.4.1.2 angesprochenen Methode Objectives and Key Results helfen (vgl. Interview 5:35; interview 3:40) . Dadurch können strukturelle Probleme aufgedeckt werden und die Abstimmung zwischen den Unternehmensbereichen wird am übergeordneten Unternehmensziel ausgerichtet und strukturiert (vgl. Interview 5: 54). Das Top-Management sei daher angehalten ein eher metaphysisches Ziel zu formulieren, aus dem die Unternehmensbereiche ihre Objectives ableiten können (vgl. Interview 5: 9).

Die agile Transition ändert aber nicht nur die Zusammenstellung der Teams und die Art und Weise, wie Arbeit bzw. Zielerreichung koordiniert wird, sondern auch die Zusammensetzung der Führungsmannschaft. „Je flacher die Hierarchien sind, desto einfacher ist es natürlich, Transparenz herzustellen“ (Interview 5: 8). Im Zuge der agilen Transition wird gemäß Expertin 2 nicht mehr nur auf die Zusammenarbeit von hierarchisch übergeordneten Führungskräften gebaut. Die Kooperation der hierarchischen und lateralen Führungskräfte gewinnt demnach eine hohe Bedeutung. Jedes Team hat dort „ein Führungs-Trio aus Product Owner, Scrum Master und disziplinarischer Führungskraft“ (Interview 2: 64). Dieses Prinzip kann laut Experte 3 auch generell auf die Führungsebne adaptiert werden. Durch Fokussierung auf spezielle Bereiche kann eine Aufteilung der Aufgaben eines Bereichsleiter in einen Product Lead, einen Process Lead und einen People Lead dazu führen, dass in allen drei Bereichen der Führung mehr erreicht werden kann (vgl. Interview 3 : 25). Diese Idee wurde auch in Kapitel 3.2.2.2 erläutert. Auch können, ähnlich dem Spotify-Modell (vgl. Kapitel 3.3.3), erfahrene Kollegen als laterale Führungskräfte für das Team zusätzlich die Aufgabe bekommen, die Fortbildung der Kollegen zu koordinieren, um die hierarchische Führungskraft zu entlasten (Interview 5: 45).

Generell erhöht sich durch agile Strukturen der Bedarf der Organisation, laterale Führungskräfte auszubilden. So berichtete Experte 3 zum Beispiel davon, dass durch die Reduzierung der Führungsebenen einige der ehemaligen Abteilungsleiter nun zu agilen Coaches ausgebildet werden (vgl. Interview 3: 10). Hierbei gilt es aber, diesen Prozess kulturell sehr genau zu begleiten, um Herausforderungen mit informellen Rollen in den Teams zu bewältigen (vgl. Interview 7: 13). Darauf wird im nächsten Kapitel eingegangen.

4.4.3.2 Kultur

Dass die agile Transition Einflüsse auf die Art und Weise hat, wie im Unternehmen zusammengearbeitet wird, ist bereits an einigen Stellen dieser Arbeit hervorgehoben worden. Daher war es von Interesse, das gesammelte Datenmaterial hinsichtlich kultureller Veränderungen auf Ebene der Organisation zu untersuchen.

Der Impuls, der eine agile Transition anstößt, kann verschiedene Ursachen haben. Die Experten berichten unter anderem von Bewegungen innerhalb der Belegschaft, die das Management irgendwann dazu zwingen, sich mit dem Thema Agilität auseinander zu setzen (vgl. Interview 8: 29). Aber auch eine Marketingmaßnahme, um nach außen zu zeigen, dass das Unternehmen die neuesten Trends mitmacht oder aber die intensive Beschäftigung der Geschäftsführung mit dem Thema können demnach der Auslöser für eine agile Transition sein (vgl. Interview 9:30). Der Erfolg der Transition sei aber, unabhängig vom Hintergrund, davon abhängig, welche Unternehmenskultur besteht oder durch die Annahme agiler Werte entsteht (vgl. Interview 9: 32). Dabei betrachtet Experte 1 als besonders relevant, die informellen Führungsstrukturen, die in der alten Struktur vor der Transition bestehen, zu erkennen und die Beweggründe für die agile Transition dort klar zu kommunizieren (vgl. Interview 1: 13). Somit können bereits bestehende Netzwerke in der Organisation genutzt werden, um den Wandel positiv zu befördern (vgl. Kapitel 3.2.2). Experte 1 berichtete auch davon, dass nach Abschluss der Transition einer Bank in ein Organisationmodell, dass dem Spotify Modell entlehnt ist, die Veränderungsfähigkeit der Organisation massiv gestiegen ist. Die Transition hat seinen Schilderungen zufolge nicht nur die Strukturen verändert, sondern vor allem auch organisationsweit die Einstellung der Beteiligten verändert (Interview 1: 15).

Als eine Möglichkeit, um den Organisationsmitgliedern zu verdeutlichen, wie ihre bestehenden Strukturen sie daran hindern, wirkungsvoll die Ziele des Unternehmens zu verfolgen und gute Arbeit zu leisten, wurde die Verwendung von Bildsprache genannt. Dafür können zum Beispiel Theatergruppen engagiert werden, die nach Beobachtung von Meetings diese kabarettistisch nachspielen (vgl. Interview 1: 38). So wird eine distanzierte Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten und dem Zielzustand ermöglicht. Auf Basis dieser Erkenntnisse können Boards, Führungskräfte und Teams Ideen entwickeln, welche Verhaltensänderungen notwendig sind, um strukturelle und kulturelle Veränderungen voranzutreiben.

Doch Zielzustände müssen klar kommuniziert werden. Denn gerade in den Führungs-Teams muss verstanden werden, dass die Abgabe von Verantwortung kein Rückschritt bedeutet, ihnen sogar helfen kann, ihren Job besser auszufüllen (vgl. Interview7: 41). So wurde in den Interviews aber genauso hervorgehoben, dass die Mitarbeiter ein Verständnis dafür aufbauen müssen, dass die Übernahme von Verantwortung für sie nicht negativ behaftet ist (vgl. Interview 7: 26). Dafür ist gemäß Experte 7 die Schaffung einer Fehlerkultur maßgeblich. Entgegen dem häufig vorkommenden Muster, dass Mitarbeiter Repressionen fürchten müssen, wenn ihnen Fehler unterlaufen, handeln agile Unternehmen seiner Erfahrung nach anders. Dort wird ein Fehler sogar begrüßt, wenn daraus etwas gelernt werden kann. Frühe Fehler sind besonders willkommen, da dann die Kosten für die Reparatur nicht so hoch sind (vgl. Interview: 7:40). Darauf aufbauend kann eine positive Unternehmenskultur entstehen. Auch das Pull-Prinzip trägt nach Expertin 2 dazu bei. Wenn die Teams die Verantwortung ehrlich wahrnehmen, und sich Problemen proaktiv annehmen, entsteht eine Kultur, in der sich alle für das schätzen, was geleistet wird (vgl. Interview 2: 74). Dieser Prozess bedarf eine professionelle Begleitung: „Da benötigt man Change Manager oder kulturbeauftragte, die das aktiv begleiten und immer wieder kommunizieren und auch die Führung für das Mindset in die Verantwortung nehmen“ (Interview 7: 40). Generell beobachten die Experten, dass Agilität dazu führt, dass Silos aufbrechen und Kommunikation bereichsübergreifend besser funktioniert (vgl. Interview 9: 37). Dies liegt sicherlich auch daran, dass die agilen Methoden und vor allem auch das agile Manifest großen Wert auf Kommunikation legen.

4.5 Zusammenführung der Ergebnisse und Interpretationen

Dieses Kapitel dient als Zusammenfassung der dargestellten Ergebnisse und Interpretationen. Dabei werden die Erkenntnisse auch in den Kontext der vorgestellten Grundlagen und zur Beantwortung der zentralen Fragestellungen eingeordnet.

4.5.1 Experimentierkasten zur Förderung von Selbstorganisation

Die folgende Abbildung 12 beinhaltet die aus der Ergebnisdarstellung abgeleiteten Ansätze zur Förderung von Selbstorganisation. Auch wenn eine Trennung der Ansätze in die Kategorien Führung, Kooperation und Organisation hinsichtlich der Übersichtlichkeit sicherlich sinnvoll ist, so ist darauf hinzuweisen, dass die dargestellten Ansätze immer ineinandergreifend und sich gegenseitig ergänzend zu verstehen sind.

Eine Schlussfolgerung aus den Gesprächen mit den Experten ist, dass der Erfolg einer agilen Transition entscheidend von der Akzeptanz des Wandels auf der Führungsebene abhängt. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Kommunikation innerhalb Organisation, das Konfliktmanagement und die Art der Zusammenarbeit in den Teams maßgeblich von den Personen abhängig ist, die die Rahmenbedingungen dafür gestalten (vgl. Interview 3: 3; Kapitel 3.2.2).

Die im Experimentierkasten zur Förderung von Selbstorganisation (Abbildung 12) vorgestellten Ansätze und Methoden dienen als Anregung, mit der Entwicklung eines agilen Mindset und der Arbeit in selbstorganisierten Teams zu beginnen sowie unterstützende Entwicklungen auf Organisationsebene zu gestalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12 Experimentierkasten zur Förderung von Selbstorganisation (eigene Darstellung)

Der Fokus der Ansätze zur Gestaltung von Führung und Kooperation liegt auf Methoden und Anstößen zur Auseinandersetzung mit dem persönlichen Verständnis von Agilität, der Übernahme von Verantwortung für die eigene Arbeit sowie der kooperativen Gestaltung von (Entscheidungs-)Freiräumen. Ziel dieser Ansätze ist es, unabhängig von der agilen Methode, im Team oder als Organisation zu lernen, was Agilität für den konkreten Kontext bedeutet. Daraus kann die Grundlage für einen Wandel der Unternehmenskultur entstehen. Dies ergibt sich auch aus den in den Grundlagen dargestellten Konzepten zur Führung in agilen Umfeldern (vgl. Kapitel 3.2).

Die Ansätze zur Anpassung der Organisationsstrukturen dienen daneben als Unterstützung, um die passenden Abläufe zur übergeordneten Koordination von Initiativen und effizienten Kommunikation im Rahmen strukturierterer Zielvereinbarungsprozesse zu gestalten, bzw. zu ermöglichen. Ein großer Fokus liegt hier darauf, unternehmensweite Transparenz zu ermöglichen und durch die Abläufe durch die Reduktion von Hierarchieebenen zu beschleunigen. Ähnliches konnte auch in Kapitel 3.3 erkannt werden. Die dort vorgestellten Ideen zur Gestaltung agiler Organisationen kommen mit weniger formaler Hierarchie aus und bauen auf die Kooperation selbstorganisierter Teams mit agiler Kultur.

4.5.2 Beantwortung der zentralen Fragestellungen

Die Ergebnisse der Experteninterviews und die Erkenntnisse der Literaturrecherche ermöglichen die Beantwortung der zentralen Fragestellungen dieser Arbeit, die in Kapitel 1.1 vorgestellt wurden. Diese lauten:

1. Wie gestalten sich die Rolle und die Aufgaben einer Führungskraft in der agilen Transition?
2. Welche Ansätze eignen sich, um Mitarbeiter an die Arbeit in selbstorganisierten Teams heran zu führen?
3. Wie können organisationale Rahmenbedingungen gestaltet werden, um ein insgesamt agiles Umfeld zu ermöglichen?

Die Auswertung der Experteninterviews erlaubt einen Einblick in die Herausforderungen der Führung und Organisationsentwicklung in der agilen Transition. Agile Führungskräfte werden beschrieben als „beweglich, flexibel und Fähig zur Transformation von Menschen, Teams und Prozessen“ (Hofert, 2018: 87). Die Interviews bieten eine Menge Inhalt, um den Übergang von einer Führungskraft, die nach traditionellen Mustern arbeitet zu einer agilen Führungskraft zu gestalten. Dabei ist die die größte Veränderung für Führungskräfte nicht unbedingt die Veränderung ihrer Aufgaben, sondern vor allem die Arbeit am eigenen Mindset und der Einstellung zur eigenen Rolle. Aus den Interviews ergibt sich auch, dass die Verteilung konkreter Aufgaben immer weniger von Führungskräften erwartet wird. Vielmehr gehe es darum, die Teams so aufzustellen, dass sie eigenständig, komplexe Aufgaben, Herausforderungen und Konflikte lösen können. In Umfeldern mit vielen eigenständigen Teams erscheint es sinnvoll, die Führungsaufgabe herunter zu brechen und auf mehrere Schultern zu verteilen. Ähnlich wie im Entwicklungsteam sollten auch die Führungspersonen mehrere rollenspezifische Kompetenzen mitbringen, um sich die Führungsverantwortung zu teilen und ggfs. vertreten zu können. Diese Erkenntnis unterstützt den Ansatz der geteilten Verantwortung auch auf Führungsebene (vgl. Kapitel 3.2.2.2).

Die Auswertung der Experteninterviews hat gezeigt, dass die Veränderung der (Zusammen-)Arbeit nach agilen Prinzipien und die daraus folgende Selbstorganisation der Teams nicht nur ein methodischer, sondern vor allem auch ein kultureller Lernprozess ist. Dabei konnte deutlich herausgearbeitet werden, dass die agilen Werte nicht nur von den Mitgliedern der Teams, sondern

vor allem von den Führungskräften angenommen werden müssen, um die Akzeptanz für neue Rollenmodelle und selbstorganisierte Teamarbeit zu ermöglichen. Dabei ist es wichtig über aufkommende Hindernisse direkt und offen mit den Betroffenen zu sprechen. Im Experimentierkasten (Kapitel 4.5.1) finden sich konkrete Methoden, u.a. der Circle of Influence, die dazu geeignet sind, mit einzelnen Teams neue Entscheidungsbefugnisse und Verantwortlichkeiten zu klären. Diese Methoden können, regelmäßig angewendet, dazu beitragen, Stück für Stück mehr Selbstorganisation in den Teams zuzulassen und den Lernprozess kooperativ zu gestalten.

In den Interviews wurde aber auch von einzelnen Projekten berichtet, die als agile Insel innerhalb eines Unternehmens aufgebaut werden. Diese Inseln können einen Startpunkt für das Ausprobieren selbstorganisierter Arbeit bieten. Wenn das Unternehmen feststellt, dass die agile Insel ein Erfolg ist, kann die agile Arbeitsweise auf weitere Teile des Unternehmens ausgeweitet werden. Neben der Re-Organisation der Teamstrukturen ist auch eine Anpassung der Führungsstrukturen notwendig, um ein agiles Umfeld zu unterstützen. Die Reduktion von Hierarchie-Ebenen bietet gemäß den befragten Experten die Gelegenheit, mehr Transparenz durch geringeren Abstimmungsaufwand zu ermöglichen.

Der Aufbau lateraler Führungskräfte und inhaltlich aufgeteilter Führungsteams hilft auf der einen Seite, die hierarchisch übergeordneten Führungskräfte zu entlasten, benötigt aber gerade deshalb auch eine gute Begleitung der Mitarbeiter bei der Übernahme einer neuen Rolle. Ein dezidiertes Transitionsteam, welches den Veränderungsprozess strukturell und kulturell begleitet, erscheint sinnvoll. Dieses kann, wie im von Experte 1 beschriebenen Beispiel, sowohl aus internen als auch aus organisationsexternen Mitgliedern bestehen. Basierend auf den Lernerfolgen der agilen Transition, bspw. nach einem Jahr, kann das Unternehmen prüfen, welches Betriebssystem für die Zukunft geeignet scheint. Dabei könnten zum Beispiel die Prinzipien der Methode Objectives and Key Results und Elemente des Spotify Engineering Modell verwendet werden, um eine angepasste Interpretation dieser vernetzten Matrix zu gestalten.

5 Abschluss und Diskussion

Im letzten Abschnitt dieser Arbeit sollen die Ergebnisse der Experteninterviews hinsichtlich der wichtigsten Aspekte der Handlungsempfehlung abschließend zusammengefasst werden. Darauf folgt eine kritische Auseinandersetzung mit der Untersuchung in dieser Masterarbeit. Im Ausblick werden Schlüsse gezogen, die für weitere Arbeiten im Bereich agile Organisationsentwicklung relevant sein können.

5.1 Zusammenfassung

Ziel dieser Arbeit ist es, Führungskräfte, Organisationsentwickler, HR-Business Partner und Top-Manager dazu zu ermutigen, Dinge auszuprobieren, um ihre Unternehmen in mehr Selbstorganisation zu führen und die agile Transition voran zu treiben. Im Rahmen der Literaturrecherche wurden traditionelle und agile Konzepte zum Aufbau und der Entwicklung von Organisationen dargestellt und auf aktuelle Herausforderungen traditionell aufgestellter Unternehmen eingegangen. Ergänzend wurden Beispiele für die Gestaltung agiler Organisationsstrukturen wurden. Darauf aufbauend konnten praxisnahe Ansätze zur Förderung von Selbstorganisation in agilen Unternehmen über Experteninterviews erhoben werden.

Zusammenfassend lässt sich als Ergebnis feststellen, dass selbstorganisiertes Arbeiten und der Erfolg einer agilen Transition maßgeblich davon abhängen, wie Führungskräfte und Mitarbeiter die agilen Werte annehmen, wie die neuen Rollen ausgefüllt werden und wie die Organisation sich im Verlauf der Transition anpasst, um den neuen Dynamiken gerecht zu werden. Dennoch kann weder aus der Literatur noch aus den geführten Interviews ein universeller Ansatz hierfür abgeleitet werden. Ein besonders interessanter Aspekt der Organisationsentwicklung in agilen Umfeldern ist, dass die Auswahl von Methoden immer auch maßgeblich von der Unternehmenskultur und dem langfristigen Ziel des Unternehmens abhängig zu sein scheint. Die übergeordnete Vision sollte als Orientierung für alle Maßnahmen auf dem Weg dorthin dienen. Den Führungskräften, Organisationsentwicklern, Top Managern und anderen Gestaltern kommt auf dem Weg dorthin die Aufgabe zu, durch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Mindset (vgl. Kapitel 4.4.1.1) und Förderung der Selbstorganisation des Teams den Weg für diesen Wandel zu bereiten.

Diese Erkenntnis bestätigt die in Kapitel 3.1.2 & 3.1.4 erwähnte Forderung danach, Agilität mit agilen Methoden einzuführen (vgl. Andresen, 2018). Die agile Umsetzung der agilen Transition hilft, die Ziele nicht aus dem Blick zu verlieren, aber als Organisation ausreichend Flexibilität zu besitzen, im Verlauf der Zeit auf spontane Änderungen eingehen zu können. Dafür sollte das Unternehmen bewusst iterativ voran gehen, um die Unternehmenskultur und die Prozessabläufe zu transformieren. Konkret bedeutet das, für jede neue Initiative vorab zu definieren, was genau sich von der Initiative versprochen wird. Es gilt dann, in der Auswertung zu klären, wie die neue Situation zu verstehen ist und welche Folgeaktivitäten oder Anpassungen nun sinnvoll sind (vgl. Kapitel 3.3.2). Daraus entsteht eine Spirale aufeinander aufbauender kultureller und prozessualer Initiativen, die alle einen Teil dazu beitragen, einzelne Teams und ganze Unternehmen schrittweise weiter zu entwickeln und zukunftsfähig zu machen.

5.2 Kritische Würdigung

Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Erkenntnisse dieser Arbeit erläutert wurden, soll nun eine kritische Beleuchtung der Untersuchung geschehen. Im Anschluss sollen in einem Ausblick auf Grundlage der Erkenntnisse und Methodik dieser Arbeit ein Ausblick gegeben werden.

Im Umfang dieser Arbeit konnte keine eingehende Überprüfung der aus den Interviews abgeleiteten Ansätze und Methoden unternommen werden. Weiterführende Arbeiten könnten daran anknüpfen, den erarbeiteten Experimentierkasten in unterschiedlichen Kontexten hinsichtlich der Wirksamkeit der vorgestellten Ansätze zu validieren.

Eine spannende Herausforderung dieser Arbeit lag vor allem darin, dass die Fragestellungen sehr offen waren. Dadurch waren die Interviews, trotz gleicher Thematik und Gesprächsverläufe inhaltlich teilweise doch unterschiedlich hinsichtlich der drei im Interviewleitfaden abgefragten Ebenen Führung, Kooperation und Organisation. In folgenden Untersuchungen empfiehlt sich daher ggfs., gezielter auf einzelne Bereiche der Führungskultur oder den Organisationsaufbau zu fokussieren.

Dennoch konnte deutlich herausgearbeitet werden, wie die Auseinandersetzung mit der Führungsrolle im agilen Umfeld die Arbeit von Führungskräften verändert. Auch konnten einige praxiserprobte Ansätze erhoben werden, die die Zusammenarbeit in selbstorganisierten Teams unabhängig von einer agilen Methode vor allem kulturell unterstützen und entwickeln können. Ebenso wurde aufgezeigt, wie schrittweise Anpassungen an der Organisation im Laufe der Transition zu einem zukunftsfähigen führen können.

5.3 Ausblick

Die Erkenntnisse dieser Arbeit sollen dazu anregen, die Einflussmöglichkeiten der Organisationsentwicklung auf die Unternehmens- und Führungskultur in der agilen Transition zu untersuchen . Aus den vergangenen Kapiteln konnten Anregungen für die Praxis der Organisationsentwicklung und die weitere Forschung zu agilen Transitionen abgeleitet werden.

Der vorgestellte Experimentierkaste zur Förderung von Selbstorganisation bietet einen Einstieg in die praktische Arbeit an der eigenen Organisation oder auch nur mit einem einzelnen Team. Erneut wichtig zu erwähnen ist dabei der iterative Charakter agiler Organisationsentwicklung. Die abgeleiteten Empfehlungen zur Gestaltung iterativer Organisationsentwicklung (vgl. Kapitel 4.5) bieten einen Einstieg in den Wandel der Unternehmenskultur zu einem verbreiteten agilen Mindset aller Organisationsmitglieder. Die Relevanz einer ausgeprägten Unternehmenskultur für eine erfolgreiche agile Transition wurde deutlich hergeleitet und sollte in strategische Entscheidungen zur Entwicklung von Organisationen einfließen.

6 Literatur

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8. Anhang

I. Interviewleitfaden
II. Transkripte der Interviews (siehe beigelegter Datenträger)
III. Kodierleitfaden
IV. Anonymisierte Steckbriefe der Interviewpartner

I. Interviewleitfaden

Interviewleitfaden ( ca. 40 min):

Einstiegsfragen (5 min):

1. Welche Erfahrungen in Transition-Projekten hast du bereits sammeln können?
2. Welche Methoden werden/wurden im Projekt/ in den Projekten verwendet?
3. Wie groß sind/ waren die Teams, die die Transition durchlaufen? Wie groß sind die Teams, die die Transition durchführen?

Dimension Führung (10 min):

4. Was hat sich in der von dir begleiteten Transition konkret an den Aufgaben der Führungskräfte geändert und woran kann das festgemacht werden?
5. Kommunikation von Zielen und Strategien ist eine typische Führungsaufgabe. Wie sollte sich diese Kommunikation in der agilen Transition gestalten, um selbstorganisierten Teams die Richtung zu weisen?

Dimension Kooperation(10 min):

6. Nicht alle Mitarbeiter sind darauf vorbereitet, eigenverantwortlich in selbstorganisierten Teams zu arbeiten. Welche Methoden wurden in den von dir begleiteten Projekten verwendet, um sie an die neue Form der Zusammenarbeit heran zu führen?
7. Kann/Konnte der Erfolg der selbstorganisierten Zusammenarbeit irgendwie nachgehalten oder gemessen werden? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
8. Welche typischen Hindernisse begegnen dir bei der Arbeit mit selbstorganisierten Teams? Wie können diese überwunden werden?

Dimension Struktur (10 min):

9. Wie sah die Struktur in den Teams/Unternehmen vor der Transition aus und wie hinterher?
10. Wieso wurde sich für diese neue Form der Struktur entschieden?

Abschluss (5 min):

Vielen Dank für deine Antworten. Hast du noch Fragen an mich?

II. Transkripte der Interviews (siehe beigelegter Datenträger)

Aufgrund des Umfangs der transkribierten Interviews wurde entschieden, die Transkripte ausschließlich digital anzuhängen.

Die PDF-Dateien sind auf dem beigelegten Datenträger im Ordner „Transkripte“ zu finden.

Die Dateien sind fortlaufend bezeichnet. Konkret bedeutet das, dass Interview 1 mit Experte 1 geführt wurde.

Um die Navigation zu vereinfachen sind die in der Ergebnisauswertung referenzierten Absätze in den Transkripten nummeriert und kodiert.

III. Kodierleitfaden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

IV. Anonymisierte Steckbriefe der Interviewpartner

Steckbrief Experte 1

Berufserfahrung:

- Inhaber einer systemischen Beratung (seit 2012) mit Schwerpunkt Organisationsentwicklung, Interim Management sowie Entwicklung von fachlichen und disziplinarischen Führungskräften
- Berater, Produktmanager u. Führungskraft in verschiedenen Unternehmen der Telekommunikationsbranche (1999 - 2011)

Ausbildung:

- Studium Elektronik und Wirtschaft mit Schwerpunkt Marketing & Telekommunikation (1996 - 2001)

Qualifikationen:

- systemischer Management Coach nach Hamburger Schule (dvct zertifiziert)
- systemischer Organisationsentwickler (siehe Alwart und Team)
- IOSA Master (Integrale Organisations- und Struktur- Aufstellung)
- Motiv Struktur Berater (siehe http://www.msaprofil.com)
- Professional Scrum Master & Scaled Scrum (Nexus) Professional (scrum.org)
- Projektmanagement nach PMI
- Prozessmanagement nach BPM und LeanSigma

Steckbrief Expertin 2

Berufserfahrung:

- Führungskräfte Coach (seit 2018)
- Scrum Master ( seit 2018)
- Projektassistenz in der Software-Entwicklung (2015 - 2018) Ausbildung:
- Technische Produktdesignerin (2010 - 2013)

Qualifikationen:

- Certified Scrum Master
- Certified PRINCE2 Agile
- Certified Product Owner
- Systemischer Coach

Berufserfahrung:

- Enterprise agile Coach (seit 2020)
- Scrum Master & Agile Coach (2017 -2020)
- Product Owner bei verschiedenen Unternehmen (2012 - 2017)
- Teamleiter in der Softwareentwicklung (2010 - 2012)
- Projektmanager (2009 - 2010)
- Projekt-Teamleiter E-Commerce (2001 - 2009)
- Grafisch-Technische Leitung (2000 - 2001)
- Multimedia Entwickler (1999-2000)

Ausbildung:

- Studium angew. Mikroelektronik mit Schwerpunkt Multimedia und Kommunikationsnetze (1994 - 1999)

Qualifikationen:

- Innovations management
- Pince2 Foundation Certificate
- Prince2 Agile Certificate

Steckbrief Experte 4

Berufserfahrung:

- Seit 2015 Inhaber & Geschäftsführer einer Management-Beratung mit Fokus auf Agilität, Projekt- & Programm-Management, Interimsmanagement, Consulting in Business Intelligence
- Partner in einer Unternehmensberatung (2012 -2015)
- Leiter Vertrieb und Marketing (2008 -20012)
- Führungskraft im Projektmanagement (2000 - 2008)
- Projektmanager (1994 -2000)

Ausbildung:

- Studium Wirtschaftswissenschaften

Qualifikationen:

- Scrum Master
- Enterprise Agile Coach

Berufserfahrung:

- Agile Coach / OKR Driver / Scrum Master (seit 2018)
- Leiter Grafik im Bereich Online-Community Plattformen (2017 -2018)
- Scrum Master (2013 -2017)
- Entwickler, Grafiker im Bereich App-Entwicklung (2005 -2013) Ausbildung:
- Mediengestalter (2002 -2005)

Qualifikationen:

- Scrum
- Kanban
- OKR

Steckbrief Expertin 6

Berufserfahrung:

- IT-Beraterin für Agilität und IT-Projekte (seit 2017)
- Agile Master, IT -Projektleiterin (2016 -2017)
- IT-Projektmanagement (2014 -2016)

Ausbildung:

- Studium Wirtschaftinformatik und IT-Management (2010 - 2017)
- Informatik-Kauffrau (2007 - 2010)

Qualifikationen:

- Certified Scrum Master (CSM)
- Certified Product Owner (CSPO)
- Train the Trainer Ausbildung
- Kanban Management Professions I
- PRINCE2® Foundation

Berufserfahrung:

- Leitung Geschäftsfeld Agil in einer Unternehmensberatung (seit 2007)
- Unternehmensberater bei verschiedenen Unternehmen (1998 -2007)
- Anwendungsentwickler Software (1986 - 1998)

Ausbildung:

- Studium Informatik

Qualifikationen:

- Projektleiter (GPM/IPMA Level D)
- Certified Scrum Master
- Certified Scrum Professional
- BPMN Foundation
- DSDM Atern Foundation
- Professional Scrum Master I und II
- APMG Agile Project Management Foundation & Practitioner
- SAFe Program Consultant

Steckbrief Experte 8

Berufserfahrung:

- Teamleiter Client Delivery Management (seit 2019)
- Stellv. Abteilungsleiter Client Delivery Services (seit 2019)
- Gruppenleiter Migrations- und Projektkoordination (2018 - 2019)
- IT-Projektkoordination (2013 - 2017)

Ausbildung:

- Fachinformatiker für Systemintegration

Qualifikationen:

- ITILv3 Basic Foundation

Berufserfahrung:

- Scrum Master /Agile Coach (seit 2018)
- Agile Coach / Business Intelligence Developer (206 - 2017)
- BI- Specialist / Agile Coach (2014 - 2016)
- Rettungsingenieur (2014)
- Software Engineer (2001 - 2006)

Ausbildung:

- Studium Rettungsingenieurswesen
- Rettungssanitäter
- Fachinformatiker

Qualifikationen:

- Professional Scrum Master I

- Trainer

- Training from the BACK of the Room Practitioner

[...]

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Iterative Organisationsentwicklung in der agilen Transition. Ansätze zur Förderung von Selbstorganisation
Hochschule
Nordakademie Hochschule der Wirtschaft in Elmshorn  (Graduate School)
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
87
Katalognummer
V1119250
ISBN (eBook)
9783346496683
ISBN (Buch)
9783346496690
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Agilität, Selbstorganisation, Agile Transition, Transformation, Führung, Organisationsentwicklung, Organisation, Agil, Transition
Arbeit zitieren
Henrik Stapel (Autor:in), 2020, Iterative Organisationsentwicklung in der agilen Transition. Ansätze zur Förderung von Selbstorganisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1119250

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