Kontext-Interferenz-Effekt beim Bewegungslernen


Seminararbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Der Kontext-Interferenz-Effekt und seine Entdeckung

3. Kontext-Interferenz-Effekte im motorischen und sportmotorischen Lernen

4. Moderierende Bedingungen des Kontext-Interferenz-Effekts
4.1 Aufgabenmerkmale
4.2 Anzahl der Übungsversuche
4.3 Personenbezogene Merkmale

5. Erklärungsansätze

5.1 Elaborations-Hypothese

5.2 Rekonstruktions-Hypothese

5.3 Hypothese verminderter Nutzbarkeit von Rückmeldungen

5.4 Motivationale Hypothese

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Autoren der einzelnen Textabschnitte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Das motorische Lernen ist ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Feld in der Sportwissenschaft und im Sport allgemein. Im Bewegungslernen geht es darum, Tätigkeiten oder Bewegungen immer wieder auszuführen, mit dem Ziel das Geübte zu späteren Zeitpunkten, z.B. in einem Wettkampf anwenden zu können (vgl. Wiemeyer 1998, S. 82 f.). Übungs- und Anwendungskontext können sich allerdings erheblich voneinander unterscheiden. Vor allem hinsichtlich der situativen Variabilität, z.B. in den Sportspielen sowie im Bezug auf die Präsenz lernunterstützender Maßnahmen, wie extrinsische Rückmeldungen oder Hilfestellungen. Bezüglich der Differenz zwischen Üben und Anwenden ist zudem zwischen kurzfristigen und langfristigen, überdauernden Effekten zu unterscheiden. Wie soll nun aber effizientes Üben und Lernen unter der Berücksichtigung dieser Differenzen gestaltet werden?

In der Vergangenheit hat sich vermehrt gezeigt, dass Übungsbedingungen mit kurzfristigen positiven Auswirkungen langfristig bezüglich des überdauernden Lernerfolgs nicht effektiv sind. Andersherum gilt dies ähnlich, so fand Battig (1972) heraus, dass Übungen, die sich kurzfristig als nachteilig erweisen, langfristigen Lernerfolg versprechen und effektiv sind (vgl. Magill & Hall 1990, S. 245 f.). Ein solcher Umkehreffekt findet sich bei der Übung unter der Bedingung hoher versus niedriger Kontext-Interferenz. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit diesem Kontext-Interferenz-Effekt (CI-Effekt), dabei wird insbesondere auf die Bedingungen eingegangen, unter denen der Kontext- Interferenz-Effekt auftritt, sowie einige Erklärungsmodelle diskutiert.

Im zweiten Kapitel wird der CI-Effekt dargestellt sowie auf die Entdeckung des Effektes eingegangen, daran anschließend wird in Kapitel drei der CI-Effekt auf das motorische bzw. sportmotorische Lernen übertragen. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den Moderatorvariablen, die einen Einfluss auf die Ausprägung des Kontext-Interferenz- Effektes haben. Im fünften Kapitel werden abschließend einige Erklärungsansätze des CI- Effekt geliefert, bevor es im letzten Kapitel zu einem kurzen Fazit kommt.

2. Der Kontext-Interferenz-Effekt und seine Entdeckung

Im Bereich der Optimierung sportmotorischer Lernprozesse richtet sich das Augenmerk der Sportwissenschaftler (vgl. Magill & Hall 1990; Wiemeyer 1998) in den letzten Jahren verstärkt auf den Kontext-Interferenz-Effekt (vgl. Wulf 1994, S. 31). Diese Effekte hoher Interferenz treten dann auf, wenn differenzierte motorische Aufgaben innerhalb einer Übungseinheit z.B. in einer randomisierten Reihenfolge trainiert werden. Im Gegensatz dazu werden bei Übungen unter der Bedingung geringer Kontext-Interferenz, als Beispiel sei hier das geblockte Üben aufgeführt, jeweils alle Versuche zu einer Übungsaufgabe abgeschlossen, bevor die Aufgabe gewechselt wird (vgl. Wiemeyer 1998, S. 84).

Die Leistungen während der Übungsphase werden durch die erhöhte Kontext-Interferenz zwar zumeist beeinträchtigt, so dass die Versuchsgruppen mit geringerer Kontext- Interferenz kurzfristig bessere Ergebnisse erzielen. Bei späteren Retentionstests zeigt sich jedoch, dass die Probanden die unter hoher Kontext-Interferenz geübt haben bessere Leistungen erbringen als Gruppen die z.B. blockweise trainiert haben (vgl. Wulf 1994, S. 31 f.). Diese Ergebnisse verwundern auf den ersten Blick und laufen den Lehrmeinungen zuwider, die gutes Üben als Voraussetzungen für gutes Lernen sehen. In der Konsequenz ergibt sich hieraus auch für die Praxis ein notwendiges Überdenken für die Gestaltung und Optimierung von motorischen Lernprozessen (vg. Wulf 1994, S. 32).

Der Kontext-Interferenz-Effekt oder „contextual interference“ wird erstmalig durch Battig im Jahr 1972 im Bereich des verbalen Lernens festgestellt (vgl. Magill & Hall 1990, S. 245 f.). Durch Versuche zum Paar-Assoziations-Lernen findet Battig heraus, dass Personen, die mit hoher Kontext-Interferenz üben zwar zunächst in den Übungsphasen schlechtere Leistungen erbringen, in späteren Retentionstests allerdings bessere Leistungen liefern als Versuchsgruppen, die unter der Bedingung niedriger Kontext Interferenz üben. Eine erhöhte Interferenz scheint also das Lernen von Wort-Paaren in Bezug auf Retentions- und Transfertests zu begünstigen (vgl. Magill & Hall 1990, S. 246). Die bis dahin gültige Lehrmeinung, dass Interferenzen zu einem negativen Transferergebnis führen widerlegt Battig (1979) somit:

„Items learned well enough to overcome this contextual interference, however, typically are remembered as well as or better then under low-interference conditions.“

(Battig 1979, S. 26 f.) Als mögliche Erklärung führt Battig das Überwinden der Abhängigkeit von Gedächtnisleistungen bezüglich der Wiederherstellung des ursprünglichen Lernkontextes an. Die Enkodierung des zu Übenden soll in geringer Kontext-Abhängigkeit erfolgen und seiner Meinung nach dazu führen, dass die Informationen später auch in, zu den Übungen differenzierten, Situationen abgerufen und angewendet werden können (vgl. Wulf 1994, S. 33).

Der Begriff der „contextual interference“ erweitert den vorher von ihm geprägten Begriff der „intertask interference“ (vgl. Battig 1979, S. 24). Dieser bezog sich lediglich auf Ähnlichkeiten innerhalb einer Aufgabe. „Contextual interference“ hingegen betrachtet auch Faktoren, die außerhalb einer bestimmten Aufgabe liegen und sich auf die Informationsverarbeitungs-Prozesse des Lernenden auswirken. Dies können unterschiedliche Übungssituationen, variierende Übungsreihenfolgen oder differenzierte Aufgabenvariationen sein (vgl. Wulf 1994, S. 33). Im folgenden Abschnitt wird dargestellt, dass sich der Kontext-Interferenz-Effekt auch im motorischen, bzw. sportmotorischen Bewegungslernen wieder finden lässt.

3. Kontext-Interferenz-Effekte im motorischen und sportmotorischen Lernen

Im motorischen Lernen taucht der Begriff des Kontext-Interferenz-Effekts erstmalig bei einem Laborversuch von Shea und Morgen im Jahr 1979 auf (vgl. Wulf 1994, S. 34 f.). Das Lernen von motorischen Fertigkeiten erfolge demnach anhand einer Sequenz differenzierter Bewegungen; es soll in diesem Versuch in möglichst kurzer Zeit; ein Tennisball aufgenommen, verschiedene Barrieren im Anschluss umgestoßen und am Ende der Tennisball in eine Zielposition gebracht werden. Die Versuchgruppe wird in 2 Gruppen eingeteilt und hat jeweils drei Bewegungsvariationen (à 18 Versuche) durchzuführen. Gruppe 1 trainiert in geblockter Form, während die Gruppe 2 in randomisierter Form übt. Am Ende der Übungsphase werden zudem 2 Transfertest durchgeführt. Als Ergebnisse lassen sich Vorteile bei der geblockt übenden Versuchgruppe in Bezug auf die Gesamtgeschwindigkeit während der Übungsphase feststellen. In den späteren Transfertests ist jedoch die randomisiert übende Gruppe überlegen. Die Annahme Battigs zur Kontext-Interferenz lässt sich somit auch in Bezug auf das motorische Lernen bestätigen (vgl. Wulf 1994, S. 35). Bei Magill und Hall findet sich ein Überblick zu ähnlichen Untersuchungen, die den Kontext-Interferenz-Effekt beim motorischen Lernen bestätigen (vgl. Magill & Hall 1990, S. 249 ff.).

Auch im Bereich der sportmotorischen Bewegungen liegen Untersuchungen und Ergebnisse vor, die den Kontext-Interferenz-Effekt in diesem Bereich bestätigen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Kontext-Interferenz-Effekt beim Bewegungslernen
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Sportwissenschaft)
Veranstaltung
Grundlagen der Bewegungswissenschaft
Note
1,7
Autoren
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V111993
ISBN (eBook)
9783640107209
Dateigröße
666 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kontext-Interferenz-Effekt, Bewegungslernen, Grundlagen, Bewegungswissenschaft
Arbeit zitieren
Daniel Feldkamp (Autor:in)Janne Peter (Autor:in), 2007, Kontext-Interferenz-Effekt beim Bewegungslernen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111993

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