Die Ereignisse des 11.September 2001 – der Terrorangriff auf die Zwillingstürme des World Trade Center in Manhattan -, sind längst politisch, moralisch, medial, und literarisch aufgearbeitet aber noch nicht vollends verdaut worden.
Bei Durchsicht des großen Literaturangebotes bot sich ein frustrierendes Bild, das lediglich Chaos hinterließ.
Die Lektüre der Bücher oder Sichtung von Filmmaterials löste ein gewisses Unbehagen aus, das nicht eindeutig verortet werden konnte. Erst Jean Baudrillards Buch „Der Geist des Terrorismus“ spendete gewisse Genugtuung, wenn nicht eine Art Trost und dies obwohl die Entstehung des Buches einem Artikel folgt, der bereits am 30.November 2001 unter gleichen Namen im Le Monde veröffentlicht worde und sich keineswegs „auf die Selbstverständlichkeit des Mitleids mit den Opfern und der Betroffenheit über diesen terroristischen Akt beschränkte.“1
Vielmehr blickt Baudrillard, halb philosophisch, halb literarisch, meist analytisch auf die Ereignisse des 11. September 2001 und sucht Gründe und Perspektiven zu entwickeln und das Chaos zu ordnen, dass durch die Informationsflut gesandt worde. Ganz Soziologe erfasst er mit seinen hoch entwickelten „gesellschaftsanalytischen Instrumentarium“2 das Ganze. Er bietet seine Sicht des Ganzen an, ohne sich aufzudrängen. Es sind Gedankenströme denen wir aufgrund der brillianten Wort und Gedankenführung leicht folgen können. Das Buch verdankt sich dem Wunsch Baudrillards zum ersten Mal die wichtigsten seiner zerstreuten Texte und Stellungnahmen zum 11.September 2001 zusammenzuführen.3
Jean Baudrillard gehört nicht zuletzt wegen seiner eindringlichen Beschäftigung mit dem Terrorismus, bereits seit den 70er Jahren, zu den einflussreichsten aber auch umstrittensten Theoretikern der Informationsgesellschaft.
Ralf Bohm kritisiert in seinem Buch Fuder die Radikalität Baudrillards Thesen und seine unwissenschaftliche Herangehensweise. Andere sehen in ihm einen Hochstapler, der mit seinem mystifizierenden Sprachstil und seiner bestechenden Rhetorik den Leser in die Irre führt.4
Der Text „Der Geist des Terrorismus“, der sich direkt auf die Anschläge und deren Auswirkungen bezieht, war Anstoß genug sich mit Baudrilliards Theorien zu beschäftigen. Seine Gedanken und Ideen kreisen um einen zentralen Aspekt, Jean Baudrilliards Theorie der Simulakren. Vor dem Hintergrund der theoretischen Ausführungen Jean Baudrilliards, sollen die im Anhang an diese Hausarbeit befindlichen drei Zeitungsbilder mit der postmodernen Bildtheorie der Simulation in Verbindung gebracht werden. Daher wird sich diese Arbeit auf die zentalen Thesen Baudrilliards Simulakren Theorie beziehen. Entsprechend dem Vorhaben des vorangegangenen Seminars haben die folgenden Ausführungen ein zweifaches
Anliegen. Im ersten Teil soll zunächst – vor allem im Rückgriff auf den Aufsatz Die Präzision der Simulakra (1978) – eine vereinfachende Einführung in die komplexen Theoretischen Überlegungen Baudrilliards geliefert werden. Im zweiten Teil wird dann versucht, anhand von den im Angang befindlichen Zeitungsbildern, eine Übereinstimmung zwischen der postmodernen Theoriebildung und der medialen Praxis aufzudecken.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Text „Der Geist des Terrorismus"
- I. Die Präzission der Simulakra
- Repräsentation
- Das Verschwinden der Realität
- Simulation
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Terroranschläge des 11. September 2001 im Kontext der postmoderne Bildtheorie der Simulation von Jean Baudrillard. Ziel ist es, die zentralen Thesen Baudrillards Simulakren-Theorie zu erläutern und anhand von Zeitungsbildern eine Übereinstimmung zwischen der postmodemen Theoriebildung und der medialen Praxis aufzudecken.
- Die Theorie der Simulakren von Jean Baudrillard
- Die Auswirkungen des 11. September auf die Wahrnehmung von Realität
- Die Rolle der Medien in der Konstruktion von Wirklichkeit
- Die Bedeutung der Simulation für die postmoderne Gesellschaft
- Die Grenzen der Unterscheidung zwischen Realität und Simulation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Aktualität der Ereignisse des 11. September 2001 und die Schwierigkeit, diese zu verarbeiten. Die Arbeit stellt Jean Baudrillard als einen einflussreichen Theoretiker der Informationsgesellschaft vor, der sich intensiv mit dem Terrorismus auseinandersetzt. Der Text „Der Geist des Terrorismus" wird als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit Baudrillards Theorien und insbesondere mit der Theorie der Simulakren vorgestellt.
Im ersten Kapitel wird Baudrillards Theorie der Simulakren im Rückgriff auf den Aufsatz „Die Präzission der Simulakra" (1978) vorgestellt. Die Theorie wird in die beiden Phasen der Repräsentation und der Simulation unterteilt. Die Repräsentation zeichnet sich durch die Unterscheidung zwischen Zeichen und zeichenunabhängiger Wirklichkeit aus, während die Simulation diese Unterscheidung aufhebt und eine Welt der Zeichen ohne Bezug zur Realität schafft.
Im zweiten Kapitel wird die These vom Verschwinden der Realität im Kontext der Simulation diskutiert. Baudrillard argumentiert, dass die traditionelle Vorstellung von Wirklichkeit durch die Simulation ersetzt wird, die ein sich selbst produzierendes und selbstbezügliches System zeichenhafter Modelle erzeugt.
Das dritte Kapitel analysiert die Simulation als eine veränderte Welt- und Wirklichkeitsauffassung. Die Simulation wird als Gegenkraft zur Repräsentation dargestellt, die die Herrschaft der Zeichen und der zeichenhaften Modelle etabliert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Terroranschläge des 11. September 2001, die postmoderne Bildtheorie der Simulation, Jean Baudrillard, die Simulakren-Theorie, die Repräsentation, das Verschwinden der Realität, die Simulation, die Hyperrealität, die Medien und die Konstruktion von Wirklichkeit.
- Arbeit zitieren
- Dennis Scholze (Autor:in), 2008, Die Terroranschläge des 11.September und die postmoderne Bildtheorie der Simulation von Jean Baudrilliard. , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112020