Konzepte der Heimerziehung im Wandel

Vom Mittelalter bis heute


Hausarbeit, 2008

44 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1. Einleitung

Auch heute noch gehen mit dem Begriff „Heim“ bzw. „Kinderheim“ Assoziationen wie „anstaltsmäßige Unterbringung von armen verwaisten Kindern“ einher. Diese Vorstellung trifft aber vor allem für frühere Zeiten zu, so z.B. für Kinder in Findelhäusern, Waisenhäusern, Klosterschulen und Armenhäusern des Mittelalters. Ziel dieser Anstalten war es vor allem das Leben der Kinder zu erhalten und „sie zur Arbeitsamkeit, Gottesfurcht und Demut hinzuführen.“[1] Erzieherische Aspekte lagen zu dieser Zeit nicht im Vordergrund der Heimerziehung.

Erst mit dem Fortschreiten der gesellschaftlichen Entwicklung und damit auch dem Vergrößern des Bedürftigenkreises gab es immer mehr Pädagogen, die sich mit Erziehungsansätzen für im Heim untergebrachten Kindern auseinandersetzten. Die geltenden Erziehungsgrundsätze orientierten sich immer an den vorherrschenden gesellschaftlichen Wert- und Normenvorstellungen. Meine erste These, die ich in der vorliegenden Arbeit untersuchen werde, lautet daher: Konzepte der Heimerziehung sind an gesellschaftliche Wert- und Normvorstellungen angepasst. Ich werde diese These anhand des Fortschreitens der gesellschaftlichen Entwicklung und der zur jeweiligen Zeit umgesetzten Konzepte in der Heimerziehung untersuchen.

In einem zweiten Teil der Arbeit werde ich auf heutige Konzepte der modernen Heimerziehung eingehen. Die Heimerziehung ist heute nur noch eine Hilfe vieler verschiedener Maßnahmen im Bereich der Jugendhilfe. Typische Merkmale wie anstaltsmäßige Erziehung, großer Schlafsaal und Unterbringung fernab der Gesellschaft gehören schon lange der Vergangenheit an.

Außerdem verbergen sich hinter dem Begriff „Heimerziehung“ viele unterschiedliche Konzepte, sodass der Begriff Heimerziehung nur noch als ein Sammelbegriff verstanden werden kann. Die unterschiedlichen Konzepte entstanden vor allem aus den unterschiedlichen Bedürfnissen der hilfebedürftigen Kinder und Jugendlichen. Meine zweite These, die ich untersuchen werde, lautet daher: Moderne Konzepte der Heimerziehung sind auch auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet.

Anhand zwei ausgesuchter moderner Konzepte werde ich diese These im zweiten Teil meiner Arbeit untersuchen.

2. Historischer Exkurs

Zwar gibt es die Jugendfürsorge im engeren Sinne erst seit Ende des 18. Jahrhunderts, ihre Anfänge reichen aber bis ins Mittelalter zurück. Schon in dieser Zeit existierten Formen der Anstaltserziehung. Die Entstehung der organisierten Jugendfürsorge war eine Reaktion auf Notstände. Dabei ist zu beachten, dass die Jugendfürsorge im Entstehungsprozess auch immer den gesellschaftlichen Veränderungen unterlag.

Im Folgenden soll in einen kurzen Abriss auf historische Entwicklungen der Heimerziehung eingegangen werden. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf den Wandel der Konzepte der Heimerziehung im Zusammenhang mit dem Wandel gesellschaftlicher Norm- und Wertvorstellungen gelegt werden. Im Folgenden soll nur auf einige prägende Konzepte in der Geschichte der Heimerziehung eingegangen werden.

2.1. Waisen-, Armen-, und Findelkinder im Mittelalter

Findel- oder auch Waisenkinder gab es in der Geschichte immer wieder. Im Mittelalter, welches sich durch eine „streng hierarchisch gegliederte Feudalgesellschaft“[2] auszeichnete, war die Versorgung der Waisenkinder kein Problem, da sich diese Gesellschaft durch äußerst intakte und stabile Sozialbeziehungen auszeichnete. Halb- oder auch Vollwaisen wurden meist selbstverständlich von ihren Verwandten oder Paten aufgenommen, versorgt und erzogen. Das germanische Recht sah vor, dass im Falle einer Verwaisung, der nächste männliche Blutsverwandte der männlichen Linie die Vormundschaft für dieses Kind bekam. Auch die Kinder aus dem Stand der Armen bedurften keiner besonderen Aufmerksamkeit, solange sie durch ihre Familien und mit Almosen versorgt waren.[3]

Für eine Gruppe von Kindern war dennoch eine öffentliche Erziehung und Versorgung notwendig, hierbei handelt es sich um Kinder, deren Herkunft und Abstammung unbekannt waren und somit keiner Familie angehörten. Diese Findelkinder wurden dann vom Gemeinwesen versorgt. Die Zahl der Findelkinder, die im frühen und im Hochmittelalter öffentlich aufgezogen werden mussten, war recht gering. „Nach einem Bericht des Waisenpflegers in Straßburg waren anfangs, also wohl bis weit ins vierzehnte Jahrhundert, nur etwa sechs bis acht verlassene Kinder jährlich zu versorgen.“[4]

Oftmals entstammten diese Kinder illegalen, standesübergreifenden Beziehungen. Das gesellschaftliche Ständesystem verpflichtete die Bürger zur Einhaltung der Standesregeln. Die Zugehörigkeit zu einem Stand konnte nur vererbt werden und Beziehungen mit einem Partner, der einem anderen Stand angehörte, waren verboten. Kinder dieser illegalen Liebschaften wurden ebenso wie ihre Mütter zunehmend negativ sanktioniert, sodass oftmals junge Frauen ihre Kinder aus einer solchen illegitimen Beziehung direkt nach der Geburt aussetzten. In der Hoffnung, dass die Neugeborenen bald gefunden werden, setzten die Mütter ihre Kinder in der Nähe einer Kirche aus. „Die hohe Sterblichkeit der ausgesetzten Kinder führte […] zu Hilfsangeboten, die das Leben der Neugeborenen weniger gefährdeten.“[5] Im Hospital St. Spiritus, welches 1198 in Rom gegründet wurde, „wurde die ‚Rota’, eine Drehlade […] an einer fensterlosen Außenwand eingerichtet. Ledige Mütter konnten ihr Kind unerkannt in die Lade legen, an einer Glockenschnur läuten und es so der Obhut des Ordens anvertrauen.“[6]

Im Jahre 1228 wurde das erste Hospital mit einem eigenen Waisenhaus in St. Gallen (Schweiz) gegründet. „In der Gründungsurkunde wird zur strengen Beachtung der Standesregeln angehalten.“[7] Waisen- und Findelkinder wurden immer dem Stand der Armen zugerechnet und demzufolge auch nur solange versorgt, bis die Kinder in der Lage waren, sich durch Betteln und Almosen selbständig zu ernähren.

Aufgrund der schlechten Bedingungen für Neugeborene in den Hospitälern wurden die meisten Säuglinge sofort zu Ziehmüttern gegeben, welche für ihre Dienste einen Ziehlohn bekamen. Diese Kinder kamen dann im Alter von 5 bis 7 Jahren in das Waisenhaus zurück und lebten in sehr großen unstrukturierten und meist von Ordensschwestern überwachten Gruppen. Ihr Tagesablauf glich dem eines klösterlichen Lebens. Erziehungs- oder Bildungsziele gab es in dem Sinne noch nicht, vielmehr wurden die Kinder zu religiösen Übungen angehalten.[8]

Später gab es neben den Ziehmüttern auch noch Pflegefamilien, in denen zunehmend Kinder auf Dauer untergebracht wurden. Diesen Familien wurde ein geringes Pflegegeld oder eine einmalige Pflegegeldpauschale gezahlt. Das Pflegegeld und die Möglichkeit Pflegekinder zur Arbeit einzusetzen, verbesserte die wirtschaftliche Situation der aufnehmenden Pflegefamilie.[9]

2.2. Die Heimerziehung vom Frühkapitalismus bis zum 20. Jahrhundert

2.2.1. Die Theorie des J. L. Vives

Durch die Zunahme von Manufakturen im 16. Jhd. wurden immer mehr Menschen aus dem bäuerlichen Arbeitsprozess herausgelöst und entwickelten sich zum Frühproletariat. Dadurch kam es zu einer relativen Verelendung und zum Zuwachs von Armen und armen Kindern. Die Zahl unversorgter Kinder nahm zu. Gleichzeitig brachten Kriegsereignisse wie der 30-Jährige Krieg (1618 – 1648) große Zerstörung, eine Verrohung der Sitten und massenhaft Waisenkinder hervor. Die Auswirkungen des 30-Jährigen Krieges auf die Lebensverhältnisse der Bevölkerung waren noch Jahrzehnte danach spürbar.

Unter dem Einfluss des Humanismus und der Reformation entwickelte am Anfang des 16. Jhd`s Johannes Ludovicus Vives (1492 – 1540) erstmals eine systematische Darstellung der Fürsorge. Während im Mittelalter die Fürsorge im Wesentlichen auf die materielle Versorgung ausgerichtet war, werden hier erstmals Erziehungskonzepte sichtbar.[10] Die beginnende Auflösung der feudalen Gesellschaftsordnung und die damit einhergehende radikale Veränderung der Existenzform für weite Teile der Bevölkerung führte auch zu einer „höheren Bewertung der Arbeit und zur schärferen Betonung der Arbeitspflicht.“[11] Der Verschärfung der sozialen Probleme konnte nicht mehr wie im Mittelalter mit mildtätiger Unterstützung begegnet werden. Statt Versorgung – Erziehung, Bildung und Eingliederung in den Arbeitsprozess. Der Grundgedanke von Vives besteht darin statt bloßer Versorgung ein geschlossenes System von Erziehung, Bildung, Ausbildung und Eingliederung in den Arbeitsprozess einzuführen und über eine Art Internatsschule zu realisieren. Dieses Konzept bezog sich nicht nur auf Findlinge und Waisenkinder, sondern gleichzeitig auf Armenkinder, die ab dem 7. Lebensjahr in dieses System einbezogen werden sollten.[12]

Dieser erste erziehungspädagogische Ansatz entsprach den Bedingungen sich ändernder gesellschaftlicher Verhältnisse, war aber für die Umsetzung seinerzeit weit voraus. Da sich die Gesellschaftsstrukturen zu dieser Zeit noch im Umbruch befanden, neue Strukturen erst am Entstehen waren, konnte sich Vives` Erziehungskonzept noch nicht durchsetzen. Vives Konzept entsprang dem Humanismus. Humanistische Ideale wurden aber für höhere Gesellschaftsschichten, vornehmlich für das sich herauskristallisierende Bürgertum, in Anspruch genommen. Eine Einbeziehung der unteren Gesellschaftsschichten in dieses Gedankengut kam den Herrschenden dieser Zeit nicht in den Sinn.

2.2.2. Erziehungspraxis in den Franckeschen Anstalten

Bis weit ins 18.Jhd blieb von der Idee Vives` nur der Aspekt der Arbeitserziehung vorherrschend. Waisenhäuser wurden vielfach Arbeitshäuser mit ausgeprägter Kinderarbeit. In den ab 1665 gegründeten Waisenhäusern bestanden die Ziele der Franckeschen Erziehung in folgendem: „Liebe zur (göttlichen) Wahrheit, Gehorsam und Fleiß.“[13] In diesen Anstalten gab es Schulunterricht, die Kinder wurden zu Körperhygiene angehalten und in praktischen Tätigkeiten unterrichtet. Damit führte August Hermann Francke (1663 – 1727) am ehesten die Ideen von Vives weiter. Durch eine strenge, aber nicht unbedingt strafend gemeinte Erziehungspraxis wollte Francke „Lügen, Eigen-Wille und Müssig-gang“[14] durch eine „dauernde, rastlose Beschäftigung der Kinder mit vielerlei nützlichen Tätigkeiten“[15] begegnen. Francke fasste ebenso das kindliche Spiel als Müßiggang auf. Es sollte lebenspraktisches Wissen vermittelt werden, die Ausnutzung „der kindlichen Arbeitskraft sollte aber ausgeschlossen bleiben.“[16] Letzterer Ansatz konnte aber unter dem Zwang der ökonomischen Verhältnisse letztendlich nicht mehr eingehalten werden. Vornehmlich bei den Nachahmungen der Franckeschen Einrichtungen wurden diese Anstalten aus rein ökonomischer Sicht betrieben, in denen die Arbeitserziehung und Ausbeutung der Zöglinge im Vordergrund stand. Eine zeitgenössische Untersuchung über eine solche Einrichtung in Potsdam aus dem Jahr 1724 kommt zu folgendem Urteil: „Es mag sein, daß durch diese Art der Ausbildung der Zweck erreicht und ein Stamm geschickter Industriearbeiterinnen, unser Gefühl jedenfalls sträubt sich gegen diese barbarische Ausbeutung der Kinderkräfte.“[17] Hier zeigt sich deutlich, dass eine anstaltsmäßige Erziehung immer durch die vorherrschende gesellschaftliche Situation geprägt ist und in dem vorliegenden Beispiel den Interessen des Manufakturkapitalismus folgt.

Ein Schüler Franckes, Ludwig von Zinzendorf, fasste die auf Arbeit ausgerichtete Anstaltserziehung im folgenden Lebens- und Glaubensbekenntnis zusammen: „Also man arbeitet nicht allein, daß man lebt, sondern man lebt um der Arbeit Willen, und wenn man nichts mehr zu arbeiten hat, so leidet man oder entschläft.“[18]

2.2.3. Einfluss des Johann Heinrich Pestalozzi

Erst in der Epoche der Aufklärung wurde der Erziehung- und Bildungsgedanke wieder aufgegriffen. Wurden bisher in der Anstaltserziehung die Zöglinge wie kleine Erwachsene behandelt, so gewann im 18. Jhd. bei den Philanthrophen der Gedanke zunehmende Bedeutung, dass das Kind ein Eigenrecht und eine Eigenständigkeit besitzt. Pestalozzi (1746 – 1827) ein Schweizer Pädagoge und Sozialreformer stellte Anfang des 19. Jhd.´s ein erstes theoretisches Modell der Erziehung in erzählerischer Form vor („Wie Gertrud ihre Kinder lehrt“ 1801). Für Pestalozzi umfasst Erziehung nicht nur Erziehung des Kindes, sondern Erziehung des Volkes. „Ihm wächst das Problem der Erziehung als Beobachter sozialer Unordnung und als Visionär wiederhergestellter Lebens- und Gesellschaftsordnungen zu.“[19] Erziehung soll also die Menschen für die Bewältigung ihrer sozialen Situation befähigen. Es wird davon ausgegangen, „dass eine Verbesserung der sozialen Umstände nicht durch eine gewaltsame Umgestaltung einer Gesellschaft, sondern durch die innere Veredlung eines Menschen zu bewirken sei …; auch dem Armen soll die Entfaltung seiner Kräfte ermöglicht werden zu wirtschaftlichen Nutzen und menschlicher Vervollkommnung.“[20] Das Grundelement seiner Erziehungstheorie ist der Familienkreis. „Eine Erneuerung der unteren Schichten des Volkes konnte seiner Meinung nach nur von der Familien- und Hauserziehung ausgehen, von einer sittlichen, gesunden Lebensweise.“[21] Das in der Literatur als Wohnstubenpädagogik bezeichnete Modell geht davon aus, dass der Seelenzustand des Kindes oberstes Anliegen der Eltern ist und das herzliche Bindungen und gemeinsame Arbeit umfassende Erziehung leisten können.[22]

Pestalozzi ging davon aus, dass auch die öffentliche Erziehungsarbeit diesem Prinzip folgen muss. Er selbst leitete von 1804 bis 1825 ein Erziehungsinstitut, wo er seine Ideen zur Umsetzung brachte. In seiner Einrichtung standen Erzieher und Zöglinge in ständiger Interaktion und teilten ihr Leben miteinander. Durch Erziehung sollten sich die in der menschlichen Natur befindlichen positiven Kräfte entfalten. Für Pestalozzi kam es darauf an Kopf, Hand und Herz gleichermaßen zu entwickeln und somit die geistigen, sittlich-religiösen und körperlichen Kräfte zu fördern. Auch in der Heimerziehung strebte er danach, dass emotionale Geborgenheit als wichtigste Voraussetzung der menschlichen Entwicklung erlebbar wurde. Sein persönliches Arrangement fasste er in folgende Worte: „Meine Hand lag in ihrer Hand, mein Aug` ruhte auf ihrem Aug`. Meine Thränen flossen mit den ihrigen, und mein Lächeln begleitete das ihrige. Sie […] waren bey mir, und ich war bey ihnen.“[23] Pestalozzi beschreibt hier nicht nur sein Handeln, sein Gefühl und seine Gefühlswelt, er formuliert gewissermaßen Ideale für den Erzieher und an dessen emotionale Bindung zu den ihm anvertrauten Zöglingen. Sein Ideal heißt Liebe zum Kind und diese Liebe zu leben. Es geht ihm nicht nur um das „Aufbewahren“, sondern um emotionale Geborgenheit als erziehendes und heilendes Milieu.

Pestalozzis Wirken beeinflusste die moderne Pädagogik vor allem gegen Ende des 19. Jhd. und im 20. Jhd. und wirkt hinein bis in die Gegenwart. Der oben formulierte Anspruch wurde im 20. Jhd. mit der Entwicklung der Kinderdorfbewegung und ähnlicher Konzepte umgesetzt. Zu Lebzeiten Pestalozzis bis zum Ende des 19. Jhd.´s war die verbreitete Praxis eine andere. Bedingt durch die weitere Entwicklung der Industrie wuchs die Stadtbevölkerung stark an. Massenhaft strömte verarmte Landbevölkerung auf der Suche nach Arbeit in die Städte. Ein Heer von Arbeitslosen und Armen entstand, bei der jegliche soziale Absicherung fehlte. Dadurch wuchs auch die Zahl versorgungsbedürftiger Kinder stark an. Preußen erließ 1878, also in der Zeit der vollen Ausprägung des Kapitalismus, ein „Gesetz zur Unterbringung verwahrloster Kinder in Erziehungsanstalten.“ Es folgte eine Praxis der Errichtung von Heimen zum Zwecke der Zwangserziehung. Kleinkinder wurden in Pflegefamilien untergebracht, weil hier die Kosten niedriger waren. Pflegeeltern wiederum vermittelten die Kinder in Fabrikarbeit oder nutzten ihre Arbeitskraft in der Heimarbeit.[24]

Durch das Entstehen einer starken Arbeiterbewegung am Ende des 18. Jhd.`s und damit einhergehender sozialer Unruhen und revolutionärer Ideen erkannte der Staat eine innere Bedrohung und fürchtete Zerfall und Machtverlust. Dem sollte mit sozialen Reformen begegnet werden. Die von Bismarck eingeleiteten Reformen brachten erste „Arbeitsschutzbestimmungen, Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen“ und „in deren Folge auch erste präventive Formen sozialpädagogischer Arbeit. Beratungsstellen für Mütter, Kinderfürsorgestellen und Schulfürsorgestellen wurden eingerichtet, erste Erholungsheime für Kinder entstanden.“[25] Was hier wie ein totaler Umschwung in den sozialen Verhältnissen und nach sozial-orientierter Heimerziehung aussieht muss relativiert werden. Die Durchsetzung dieser gesetzlichen Möglichkeiten erfolgte nur langsam, es kam zu Kompetenzproblemen zwischen Staat, Land und Kommunen. Wegen der beginnenden Kriegsvorbereitung am Anfang des 20. Jhd.´s waren auch die Gelder für entsprechende Projekte nur schwer zu beschaffen. Die Erziehungspraxis in den Heimen blieb weitgehend hinter den neuen gesetzlichen Möglichkeiten und den Ansprüchen an eine moderne Erziehung zurück. Während der Kaiserzeit waren Erziehungsziele vorwiegend vom Untertanengeist geprägt. Diese Geisteshaltung findet einen hervorragenden Ausdruck in dem Roman von Heinrich Mann „Der Untertan.“

[...]


[1] Günder, 2000, S. 15

[2] Sauer, 1979, S. 7

[3] vgl. ebd. S.7

[4] ebd. S. 188 zitiert nach Scherpner 1966

[5] Heitkamp, 1984, S. 24

[6] ebd. S. 24

[7] ebd. S. 24

[8] Sauer, 1979, S. 9

[9] vgl. Heitkamp, 1984, S. 24f und Sauer, 1979, S. 10

[10] vgl. ebd. S. 25ff

[11] Sauer, 1979, S. 11

[12] vgl. ebd. S. 11ff

[13] ebd. S. 19

[14] Francke 1871 zitiert nach Sauer, S. 19

[15] ebd. S. 19

[16] ebd. S. 19

[17] zitiert nach Sauer, 1979, S. 21

[18] Blankertz, 1982, S. 53

[19] Dräger, 1989, S. 9

[20] Günther, 1973, zitiert nach Sauer 1979, S. 35

[21] Sauer, 1979, S. 35

[22] vgl. Sauer, 1979, S. 36

[23] Pestalozzi zitiert nach Sauer, 1979, S. 36f

[24] vgl. Heitkamp, 1984, S. 30 ff

[25] Heitkamp, 1984, S. 31 f

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Konzepte der Heimerziehung im Wandel
Untertitel
Vom Mittelalter bis heute
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Philosophische Fakultät III)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
44
Katalognummer
V112021
ISBN (eBook)
9783640104987
ISBN (Buch)
9783640105243
Dateigröße
634 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konzepte, Heimerziehung, Wandel
Arbeit zitieren
Franziska Henneberg (Autor:in), 2008, Konzepte der Heimerziehung im Wandel , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112021

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