Landart. Ein erlebnispädagogisches Projekt in und mit der Natur


Examensarbeit, 2007

46 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. THEORETISCHE ERÖRTERUNGEN
2.1. Die Kunstrichtung Landart
2.1.1. Definition Landart
2.1.2. Landart als Teilbereich der Erlebnispädagogik
2.1.2.1. Definition Erlebnispädagogik
2.1.2.2. Kunst in der Landschaft als erlebnispädagogischer Prozess
2.1.3. Landart als Themenbereich in der ästhetischen Erziehung
2.1.3.1. Definition ästhetische Erziehung
2.1.3.2. Landart als ästhetischer Zugang zur Natur
2.2. Der Projektunterricht
2.2.1. Begriffsklärung
2.2.2. Der Projektunterricht als methodisches Konzept 9
2.2.2.1. Merkmale der Projektmethode
2.2.2.2. Phasen der Projektmethode
2.2.2.3. Definition Projektmethode
2.2.3. Die schülerorientierte Umsetzung des Themas „Landart“
durch die Projektmethode

3. PLANUNG DER UNTERRICHTSEINHEIT
3.1. Bedingungsanalyse
3.1.1. Institutionelle Voraussetzungen
3.1.2. Voraussetzungen der Schüler
3.2. Legitimierung des Lerninhalts
3.2.1. Schüler- und Gesellschaftsrelevanz 15
3.2.2. Fachrelevanz 15
3.3. Strukturierung des Lerngegenstands
3.3.1. Sachanalyse
3.3.2. Didaktische Reduktion 17
3.3.3. Lernziele der Unterrichtseinheit
3.3.4. Didaktisch-methodische Vorüberlegungen

4. DARSTELLUNG UND REFLEXION DER EINHEIT
4.1. Vorbemerkungen
4.2. Übersicht über die Einheit
4.3. Die Einführungs- und Initiativphase
4.3.1. Lernziele der Einführungs- und Initiativphase
4.3.2. Dokumentation der Einführungs- und Initiativphase
als reflektierende Verlaufsbeschreibung
4.3.3. Reflexion
4.4. Die Informations- und Planungsphase
4.4.1. Lernziele der Informations- und Planungsphase
4.4.2. Dokumentation der Informations- und Planungsphase
als reflektierende Verlaufsbeschreibung
4.4.3. Reflexion
4.5. Die Produktions- und Vertifikationsphase
4.5.1. Lernziele der Produktions- und Vertifikationsphase
4.5.2. Dokumentation der Produktions- und Vertifikationsphase
als reflektierende Verlaufsbeschreibung
4.5.3. Reflexion
4.6. Die Präsentations- und Abschlussphase
4.6.1. Lernziele der Präsentations- und Abschlussphase
4.6.2. Dokumentation der Präsentations- und Abschlussphase
als reflektierende Verlaufsbeschreibung
4.6.3. Reflexion

5. ABSCHLIEßENDE REFLEXION

6. LITERATURVERZEICHNIS

7. ANHANG

1 EINLEITUNG

„Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine einzige Möglichkeit gibt, etwas für die Menschen zu tun, als aus der Kunst heraus. Dazu brauche ich eine pädagogische Konzeption und ich brauche eine erkenntnistheoretische Konzeption und ich muss handeln. Also, es sind gleich drei Dinge, die unter ein Dach gehören.“[1]

Joseph Beuys

Dieses Zitat Joseph Beuys’ soll in der geplanten Einheit auf ihren Wert geprüft werden.

Besitzt „Kunst“ die Möglichkeit etwas für die Menschen zu tun? Kann ästhetische Erziehung etwas zur Persönlichkeitsentwicklung eines Schülers[2] beitragen? Hat der ästhetische Prozess tatsächlich Einwirkungen auf die Identität eines Individuums? Kann „Kunst“ also die Identitätsentwicklung und –entfaltung eines Menschen fördern? Wie wirken sich diese positiven Wirkungsfaktoren aus, wenn ersteres zutrifft?

Hinsichtlich der Tatsache, dass die ästhetische Erziehung wie kein anderer Lernbereich bezogen auf das Subjekt ist[3], gehe ich davon aus, dass „Kunst“ diesem hohen Anspruch gerecht werden kann. Aus diesem Grund möchte ich in der vorliegenden Arbeit die Wirkungsfaktoren der ästhetischen Erziehung anhand eines ausgewählten Themas in einer Grundschulklasse untersuchen, indem ich die vorher beschriebene Theorie praktisch umsetzen und die Ergebnisse bezüglich der Fragestellungen zu analysieren versuche.

Bereits während meines Studiums faszinierte mich die Kunstrichtung Landart, die die Natur als Medium der Gestaltung nutzt. In meinem Referendariat bin ich nun verstärkt im Bereich der ästhetischen Erziehung eingesetzt. Hier erlebe ich hautnah und täglich die Bedeutung der aktiv handelnden Auseinandersetzung mit künstlerisch-ästhetischen Aufgabengebieten, weshalb ich dem vorangestellten Zitat nur zustimmen kann. In einer Welt, in der Schüler ihre Umwelt kaum mehr zur produktiven, phantasievollen und kreativen Eigentätigkeit nutzen und deshalb eine Unterreizung der Sinne im emotionalen, motorischen, taktilen und haptischen Bereich erfahren, vermag Landart diesen Faktoren entgegenzuwirken. Als Möglichkeit des außerschulischen Lernens, verbunden mit dem ganzheitlichen Konzept des Lernens mit Kopf, Herz und Hand, öffnet sie einen neuen Weg zur Natur und fördert dabei die sinnliche Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit der Schüler.

In den letzten eineinhalb Jahren konnte ich beobachten und erkennen, dass die Schüler der Klasse 4 sehr aufgeschlossen gegenüber neuen Künstlern, Kunstrichtungen, Techniken und Materialien sind.[4] Ich gehe davon aus, dass die Schüler dieses offenkundige Interesse ebenfalls beim Thema „Landart“ aufweisen werden, da Landart in ihrer Abstraktion und „Einfachheit“ allen Schülern gerecht wird, ohne dabei den künstlerischen und ästhetischen Anspruch zu verlieren.[5] Zudem zählt die Natur zum Erfahrungsbereich der Schüler.[6]

Da Landart ein Teilbereich der Erlebnispädagogik ist[7], wird das pädagogische Konzept in dieser Kunstrichtung vorgeschrieben. Nach Beuys’ Zitat gilt es nun also nur noch zu „handeln“.

Das zweite Kapitel erörtert zunächst die theoretischen Grundlagen, die der Planung und Durchführung des Projektes zugrunde liegen. Um den erlebnispädagogischen Wert sowie das pädagogische Potenzial der Kunstrichtung Landart in der ästhetischen Erziehung darzustellen, wird zunächst eine Definition des Begriffes „Landart“ vorgenommen. Diese Informationen dienen der Einordnung der Kunstrichtung Landart in den übergeordneten Bereich der Erlebnispädagogik, wobei explizit auf den erlebnispädagogischen Wert des ästhetischen Prozesses eingegangen wird. Anschließend erfolgt die Darstellung der Kunstrichtung Landart als zu behandelnden Themenbereich innerhalb der ästhetischen Erziehung. Hierbei wird besonders auf den ästhetischen Zugang zur Natur eingegangen, der die vorherrschende Naturentfremdung der Schüler entschärfen kann. Aus diesen gewonnenen Erkenntnisses werden Folgerungen für die Praxis gezogen, die eine Notwendigkeit der schülerorientierten Umsetzung des Themas vorsehen, und woraus sich meines Erachtens der Projektunterricht als geeignete Methode folgert. Nach einer Begriffsbestimmung des Projektunterrichts erfolgt eine umfassende Beschreibung des Projektunterrichts als methodisches Konzept. Diese Erläuterungen dienen letztlich der Darstellung der projektorientierten Umsetzung des Themas „Landart“ in der geplanten Einheit.

Kapitel drei beleuchtet die Planung der ganzheitlichen Landarteinheit in der Grundschule der Schule, deren Verlauf in Kapitel vier nachvollzogen werden kann. Die einzelnen Sequenzen werden als reflektierende Verlaufsbeschreibungen dokumentiert, wobei jeder Sequenz Lernziele vorangestellt werden, an deren Erreichung sich die jeweils abschließende Reflexion orientiert.

Kapitel fünf befasst sich mit einer abschließenden Reflexion der Einheit. Die hierbei zu beantwortenden Fragestellungen zielen dabei auf zwei zentrale Gesichtspunkte ab:

- Gelingt es, die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler zu fördern, indem diese sich intensiv mit dem Thema „Landart“ auseinandersetzen und eigene Landartkunstwerke gestalten?

- Gelingt es, dieses Projekt von den Schülern weitestgehend selbständig planen und durchführen zu lassen?

2 THEORETISCHE ERÖRTERUNGEN

2.1 Die Kunstrichtung Landart

2.1.1 Definition Landart

Unter dem Begriff „Landart“ wird eine Kunstrichtung verstanden, die sich in den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts unter verschiedenen Vertretern, wie Walter de Maria oder Richard Long, in der modernen Kunstszene etablierte. Als Objekt der Gestaltung wählen Landartkünstler den natürlichen oder den urban-industriell umgestalteten Landschaftsraum.[8] Mit unterschiedlichen Mitteln und Techniken setzen sie Akzente und verbinden natürlich Gegebenes mit künstlerischen Eingriffen zu einer neuen Einheit. Sinn und Zweck dabei ist es einerseits das Eigene eines Landschaftsraumes bewusster zu machen und andererseits der handelnden Person eine neue sinnlich-ästhetische Wahrnehmung durch den künstlerischen Gestaltungsakt erfahrbar zu machen.[9] Einer der wohl populärsten Vertreter dieser Kunstrichtung ist Andy Goldsworthy, der durch seine Fotobände diesen Kunstbereich einem breiten Publikum vorstellte. Als optimale Schnittstelle zwischen den Erlebnisformen Kunst und Natur[10] zählt Landart zu einem Teilbereich der Erlebnispädagogik, der im folgenden dargestellt wird.

2.1.2 Landart als Teilbereich der Erlebnispädagogik

2.1.2.1 Definition Erlebnispädagogik

Die Definition der „Erlebnispädagogik“ befasst sich zunächst mit der Klärung des Begriffes „Erlebnis“, um anhand dessen eine Begriffsbestimmung des Terminus „Erlebnispädagogik“ ableiten zu können. Zudem wird eine Abgrenzung zur Abenteuerpädagogik vollzogen, um Missverständnissen in folgenden Kapiteln vorzubeugen.

Laut Brockhaus ist „Erleben“ „das subjektive Innewerden […], besonders von Inhalten (Erlebnissen), die als bedeutsam empfunden werden[11]. Demnach enthält diese Definition drei Bestimmungsstü>Da die Erlebnispädagogik das ganzheitliche Konzept des Lernens mit Kopf, Herz und Hand vertritt, erfolgt hier nach Hahn eine Verbindung dieser drei Bestimmungsstücke durch Körper, Geist und Psyche.[12] Er definiert demnach Erlebnispädagogik als „handlungsorientierte Methode“, die, aufgrund ihrer Ortsbeschränkung auf den Naturraum, die Elemente Natur und Erlebnis zielgerichtet miteinander verbindet. Erst durch die aktive und selbst bestimmte Auseinandersetzung mit der Natur würden Lerneffekte gewonnen.[13]

Michl versinnbildlicht die Erlebnispädagogik als Waage, bei der in der linken Waagschale das Ereignis liege, welches der Pädagoge vermittle. Das Standbein in der Mitte bilde die Persönlichkeit des Individuums, welches die gewonnenen Eindrücke zu Erlebnissen verarbeite, und in der rechten Waagschale liege der Ausdruck des Erlebten, also die Erfahrung, Reflexion und der Transfer.[14] Demnach macht für ihn die verbale Kommunikation eine wichtige Determinante in der Erlebnispädagogik aus: Sprache diene der subjektiven oder der gemeinsamen Verarbeitung von Erlebnissen.[15]

Oftmals wird das vielschichtige und breite Spektrum der Erlebnispädagogik in der Öffentlichkeit noch zu undifferenziert wahrgenommen. Nach wie vor dominiert das Klischee von Tarzan-Pädagogik, Spielerei oder gar Urlaub. Das Missverständnis, Erlebnispädagogik als Abenteuerpädagogik zu verstehen, ist jedoch einfach zu eliminieren: Abenteuer sind pädagogisch nicht planbar und haben immer einen offenen Ausgang. Aus diesem Grund ist dieser Terminus abzulehnen. Zudem geht es in der Erlebnispädagogik nicht um blinden Aktionismus, sondern um den gleichwertigen Bezug von innerer Erlebnis- und äußerer Ereigniswelt.[16]

Vor allem im ästhetischen Prozess des Gestaltens in und mit der Natur kommen erlebnispädagogische Elemente zum Tragen, wodurch die Kunstrichtung Landart zu einem Teilbereich der Erlebnispädagogik zählt.[17] Diese erlebnispädagogischen Elemente sind in der heutigen mediatisierten Lebenswelt von großer Bedeutung, da sie die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen fördern und ihm neue intensive Kunst- bzw. Naturerfahrungen und Zugänge ermöglichen. Im folgenden Kapitel werden diese Elemente mit Hinblick auf die geplante Einheit dargelegt.

2.1.2.2 Kunst in der Landschaft als erlebnispädagogischer Prozess

Eines der konstituierenden Elemente der Erlebnispädagogik ist das Erleben von Werten, die nicht in der „Habenorientierung“ greifen.[18] Dieses Element lässt sich beim Gestalten von Landartwerken wieder finden: Wichtiger als das fertige Kunstwerk ist das Erlebnis, dieses zu gestalten. Landartwerke kann man nicht an die Wand hängen, sie verbleiben am Ort ihrer Erschaffung und vergehen mit der Zeit wieder in der Natur.

Demnach liegt das Hauptaugenmerk auf dem Prozess, den die Schüler in der geplanten Einheit vollziehen. Nach Brumm wirken innerhalb dieses Prozesses jedoch weitere erlebnispädagogische Elemente: Die Schüler schaffen sich einen eigenen Bezug zur Natur und nehmen darin ästhetische Gestaltungsmöglichkeiten wahr. Durch den gruppendynamischen Aspekt des Gestaltens innerhalb der Klassengemeinschaft greift der soziale Aspekt des miteinander Veränderns. Beim eigenständigen Gestalten bekommen die Schüler zudem einen Einblick in die schöpferische Kraft der eigenen Person.[19]

Während des erlebnispädagogischen Prozesses entwickeln Schüler zudem Schlüsselkompetenzen, die in der heutigen Lebens- und Berufswelt immer häufiger gebraucht und nachgefragt werden.[20] Hierunter zählen beispielsweise die Kreativität, die Eigeninitiative, die Problemlösefähigkeit, die Flexibilität, die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit sowie die Planungskompetenz.[21]

2.1.3 Landart als Themenbereich in der ästhetischen Erziehung

2.1.3.1 Definition ästhetische Erziehung

Um den Begriff „ästhetische Erziehung“ darzustellen, soll vorerst prägnant auf den Terminus „ästhetisch“ eingegangen werden, um ein besseres Verständnis bei der Begriffsbestimmung der „ästhetischen Erziehung“ zu gewährleisten.

Der Begriff „ästhetisch“ steht charakteristisch für „schön“, „geschmackvoll“, „ansprechend“, die sinnliche Wahrnehmung des Schönen betreffend.[22] Bei der ästhetischen Erziehung handelt es sich jedoch nicht um die „Erziehung zum Schönen“ oder gar um „schöne Erziehung“, sondern um Erziehung (oder auch Bildung) im ästhetischen Bereich.

Aissen-Crewett gliedert den Bedeutungsfundus der ästhetischen Erziehung in zwei Teile: Der „ästhetischen“ und der „aisthetischen“ Erziehung. Die „ästhetische“ Erziehung nimmt ihrer Meinung nach direkten Bezug zu den Künsten und determiniert somit die Fähigkeit zur ästhetischen Erfahrung. Die „aisthetische“ Erziehung wirke hingegen ergänzend zur ästhetischen Erziehung und beinhalte die sinnliche Wahrnehmung und Erkenntnis. Hierbei betont sie jedoch die Untrennbarkeit der Künste mit der sinnlichen Wahrnehmung und Erkenntnis.[23] Die ästhetisch-aisthetische Erziehung besteht nach ihren Ansichten in erster Linie darin, den Schüler zur Selbstbildung hinzuführen. Dabei ist der Terminus „Selbstbildung“ doppelgerichtet. Einerseits meint er die von außen bestimmte, in der Schulwelt inszenierte und kalkulierte Bildung des Selbst, des Ich, andererseits meint er die eigenständige und selbstgesteuerte Bildung des eigenen Ich.[24]

Bittner nimmt diese Definition auf, spricht der ästhetischen Erziehung jedoch ebenfalls die Determinante der Natur zu. Ästhetische Erziehung ist für ihn „die Erziehung zur Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Genussfähigkeit, die Pflege der Fähigkeit zu staunen, die Sensibilisierung der Aufmerksamkeit dafür, welche Umgebung „der eigenen Seele gut tut“, die Ausbildung eines liebevoll-achtsamen Verhältnis zu den natürlichen Erscheinungen, die einem zum Beispiel den Duft einer Blume oder den Gesang eines Vogels wertvoll sein lassen“.[25] Demnach geht für ihn ästhetische Erziehung vom „Erleben“ des Kindes aus.[26]

Da Schüler die Natur in der derzeitigen Lebenswelt immer seltener oder überhaupt nicht mehr erleben[27], wird der ästhetische Zugang zur Natur vom Hessischen Kultusministerium gefordert.[28] Dieser Zugang wird im folgenden dargestellt.

2.1.3.2 Landart als ästhetischer Zugang zur Natur

Vielfach wird das ökologische Gleichgewicht durch den vorherrschenden Lebensstil der Gesellschaft gefährdet: Lebensräume werden zerstört, Ressourcen verschwendet und das Klima erwärmt.[29] Durch die Mediatisierung der Lebenswelt entfremden sich Kinder immer mehr von der Natur. Daher wird in der geplanten Einheit versucht, die oft verloren gegangene gesunde und sorgsame Beziehung der Schüler zur Natur neu zu entwickeln. Hierbei soll die Kunst als Werkzeug nonverbaler Kommunikation helfen.

Da Landart dazu beiträgt, Schüler für die Natur zu begeistern, und sie für einen sanften Umgang mit der Natur zu sensibilisieren, besitzt sie, neben ihrem hohen Wert als künstlerisches Ausdrucksmittel, das Vermögen, die Beziehung der Schüler zur Natur neu zu entdecken, da sie neue Wahrnehmungs- und Betrachtungsräume öffnet. Als ganzheitlicher Ansatz der Persönlichkeitsentwicklung spornt sie dabei die Kreativität der Schüler an und erweitert deren Ausdrucksmöglichkeiten. Selbst die Schüler, die sich weniger zutrauen[30] oder für völlig „unkreativ“ halten, können durch den unerschöpflichen Formen- und Fantasiereichtum der Natur zum eigenen Gestalten inspiriert werden, da die Natur unzählige Bild- und Sinnesimpulse bietet.[31] Deshalb ist einer der großen Wesenszüge von Landart in der geplanten Einheit, dass das kreative Arbeiten in dieser Abstraktion und „Einfachheit“ fast allen Schülern gerecht werden kann und dabei trotzdem den künstlerischen und ästhetischen Anspruch nicht verliert. Die Reduktion der Materialien und Werkzeuge entsprechen der Besinnung auf das Wesentliche, dem Materialwert und den kreativen Fähigkeiten.[32]

Die sinnliche Wahrnehmung stellt hierbei einen zentralen Baustein dar: Beim kreativen Schaffensprozess setzen sich die Schüler intensiv mit der Natur auseinander, wobei sie diese dabei nicht mehr nur oberflächlich sehen, sondern vielschichtiger und tiefer. Natürliche Gegenstände werden nicht mehr nur als Objekt der Beherrschung gesehen, sondern in einem intensiven Bezugsfeld zu ihrer Umgebung[33], wodurch einer reinen dekorativen Naturbastelei unvermeidlich entgegengewirkt wird. Um dieses ästhetische Erleben möglichst schülerorientiert umzusetzen, ergibt sich der Projektunterricht als geeignete Methode, die im folgenden Kapitel erläutert wird.

2.2 Der Projektunterricht

2.2.1 Begriffsklärung

Unter dem Begriff „Projektunterricht“ wird ein Unterricht verstanden, der in erster Linie durch Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit der Schüler festgelegt ist. In einem möglichst hohen Maß sollen die Schüler hierbei den Weg des Lernens durch plausibles, selbständiges Handeln bestimmen und die Aufgabe durch fächerübergreifendes Handeln in ihrer „natürlichen Umgebung“ lösen.[34] Der Projektunterricht ermöglicht im Sinne der Erlebnispädagogik[35] eine ganzheitliche Sichtweise: einerseits wird die Sache in ihrer Ganzheit (und Originalität) gesehen, indem sie unverstellt auf die Lerngruppe zukommt und andererseits gehen die Lernenden in ihrer persönlichen Ganzheit mit Kopf, Herz und Hand auf die Sache zu. Das konzentriert-intensive Befassen steht im Vordergrund. Zudem wird ein selbständiges Lernen gewährleistet, in dem der in der Regel vorherrschende „Konkurrenzkampf“ zwischen den Lernenden zugunsten einer gemeinsamen Lernarbeit überwunden wird.[36]

Gegenwärtig bestehen grundlegende Unterschiede im Verständnis des Projektunterrichts.[37] Einerseits wird der Projektunterricht als umfassendes didaktisches Konzept gesehen und andererseits als eingeschränktes methodisches Konzept.[38] Als didaktisches Konzept beschreibt Hänsel den Projektunterricht als „Unterricht, in dem Lehrer und Schüler ein echtes Problem in gemeinsamer Anstrengung und in handelnder Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit zu lösen suchen, und zwar besser als dies in Schule und Gesellschaft üblicherweise geschieht[39]. In methodischer Hinsicht bestimmt sie den Projektunterricht „als geplanten Versuch, als pädagogisches Experiment, das von Lehrern und Schülern in Form von Unterricht unternommen wird und das zugleich die Grenzen von Unterricht überschreitet, indem es Schule und Gesellschaft durch praktisches pädagogisches Handeln erziehlich zu gestalten sucht[40]. Da in der vorliegenden Arbeit der Versuch erfolgt, die Schüler durch das Projekt „Landart“ in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern, nutze ich den Projektunterricht nach Hänsel als methodisches Konzept. Im Weiteren erfolgt deshalb eine detaillierte Darstellung der Projektmethode.

2.2.2 Der Projektunterricht als methodisches Konzept

2.2.2.1 Merkmale der Projektmethode

Die Projektmethode ist eine offene Lernform, die typische Merkmale aufweist. Zu Beginn des Projekts wird eine Projektinitiative aufgegriffen und zu einem sinnvollen Betätigungsgebiet für alle Beteiligten entwickelt. Hierbei organisieren sich die Schüler in einem begrenzten zeitlichen Rahmen selbst. Während des Projektablaufs setzen sich die Schüler relativ offen und selbständig mit dem Betätigungsgebiet auseinander, befassen sich mit realen Situationen und Gegenständen. Soziale oder individuelle Prozesse sowie eigene persönliche als auch gruppenbezogene Interessen werden thematisiert, besprochen und geklärt. Dabei verstehen die Schüler ihr Tun als Probehandeln unter pädagogischen Bedingungen.[41]

2.2.2.2 Phasen der Projektmethode

Den strukturellen Aufbau des Projektlernens beschreibt Peterßen als „eine ganz bestimmte Phasenfolge[42], die im Laufe der Zeit durch zahlreiche Verlaufsformen festgelegt wurde. Seiner Ansicht nach ist es nicht wichtig, an welche der Formen man sich als Lehrkraft anhängt, sondern nur, dass die je gewählte Form auch tatsächlich die angezielten Lernaktivitäten gestattet. Er schlägt demnach eine eigene Phasenfolge vor, in der sowohl Vorstellungen aus der Reformpädagogik, als auch aktuelle Vorstellungen über Handlungsfolgen eingearbeitet sind:

- Initiativphase
- Informationsphase
- Planungsphase
- Produktionsphase
- Vertifikationsphase
- Präsentationsphase
- Aktionsphase

Wenn es den Ansprüchen und Erwartungen an einen Projektunterricht tatsächlich entsprechen soll, muss ein Projekt nach seinem Verständnis mindestens die erstaufgeführten fünf Phasen aufweisen.[43]

2.2.2.3 Definition Projektmethode

Das Wort „Projekt“ stammt von dem Lateinischen Wort „projicere“ ab und bedeutet vorauswerfen, entwerfen, planen, sich vornehmen. Das Wort „Methode“ hat einen altgriechischen Ursprung und bedeutet den Weg der Untersuchung, den Weg, das anzugehen, was man sich vornimmt oder vorgenommen hat. Hierbei ist das Wort auch „inhaltlich“ gefüllt, da es die Konzeption des ganzen Vorhabens und die Fragestellung mit einschließt.[44] Nach Frey ist die Projektmethode „ein Weg zur Bildung“ und „eine Form der lernenden Betätigung, die bildend wirkt. Entscheidend dabei ist, dass sich die Lernenden ein Betätigungsfeld vornehmen, sich darin über die geplanten Betätigungen verständigen, das Betätigungsgebiet entwickeln und die dann folgenden verstärkten Aktivitäten im Betätigungsgebiet zu einem sinnvollen Ende führen. Oft entsteht ein vorzeigbares Produkt“.[45] Die Lernwirksamkeit der Projektmethode wird an den allgemeinen Bestimmungen festgemacht, die der Projektunterricht enthält.[46] Diese Bestimmungen sind nach Richter-Reichenbach der Adressatenbezug, die Produktorientierung, der Sozialbezug und der mehrdimensionale Lernbezug, welche alle die Identitätsbildung eines Schülers sowie dessen Persönlichkeitsentwicklung fördern.[47]

[...]


[1] Beuys, Joseph. In: Güthler, A.; Lacher, K.: Naturwerkstatt Landart. AT Verlag, Baden und München.

3.Auflage 2006, S.54

[2] Anm.: Der besseren Lesbarkeit halber verwende ich in der vorliegenden Arbeit das Genus der männlichen

Ausdrucksform als Sammelbegriff

[3] Vgl.: Aissen-Crewett, M.: Ästhetisch-aisthetische Erziehung. Zur Grundlage einer Pädagogik der

Sinne. Potsdam: Publikationsstelle Universität Potsdam 2000, S.3

[4] Vgl.: Kapitel 3.1.2

[5] Vgl.: Kapitel 2.1.3.2

[6] Vgl.: Kapitel 3.1.2

[7] Vgl.: Paffrath, H. F.: Zu neuen Ufern. Internationaler Kongreß erleben und lernen. Fachverlag Dr.

Jürgen Sandmann. Alling 1998, S.232

[8] Vgl.: Olbrich, H. (Hg.): Land Art. Lexikon der Kunst: Architektur, bildende Kunst, angewandte Kunst,

Industrieformgestaltung, Kunsttheorie. Band 4. Leipzig, 1992

[9] Vgl.: Brumm, H.: Kunst mit und in der Natur. Online im Internet vom 28.11.2006: http://www.grundschule-treuchtlingen.de/Umweltschule/Umweltbildung/LandArt/land_art.htm

[10] Vgl.: Brumm 2006, ebd

[11] Brockhaus: Erleben. Lexikon, Band 5, dtv. München, 1989, S.127

Anm.: […] Auslassung von mir

[12] Vgl.: Michl, W.: Anthropologische Grundlagen der Erlebnispädagogik. In: Homfeldt, H.G. (Hg.):

Erlebnispädagogik. 2.Auflage. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 1995, S.205

[13] Vgl.: Heckmair, B.; Michl, W.: Erleben und Lernen. Einführung in die Erlebnispädagogik. 5.Auflage.

Ernst Reinhardt Verlag München, 2004, S.99

[14] Vgl.: Heckmair; Michl 2004, S.101

[15] Vgl.: Michl 1995, S.209

[16] Vgl.: Heckmair; Michl 2004, S.100f

[17] Vgl.: Bergdolt, K.: Land Art – Kunst in und aus der Natur. In: Paffrath, F.H. (Hg.): Zu neuen Ufern. Internationaler Kongreß erleben und lernen. Fachverlag Dr. Jürgen Sandmann, Alling 1998, S. 232

[18] Vgl.: Brumm 2006, ebd

[19] Vgl.: Brumm 2006, ebd

[20] Vgl.: Kapitel 3.2.1

[21] Vgl.: Heckmair; Michl 2004, S.99

[22] Vgl.: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hg.): Duden. Das große Fremdwörterbuch.

Mannheim et. al.: Dudenverlag 2003, S.151

[23] Vgl.: Aissen-Crewett 2000, S.3

[24] Vgl.: Aissen-Crewett 2000, S.107

[25] Bittner, G.: Wie „erlebt“ das Kind. In: Homfeldt, H.G. (Hg.): Erlebnispädagogik. 2.Auflage. Baltmannsweiler:

Schneider Verlag Hohengehren, 1995, S.205Umwelterziehung. In: Bittner, G.: Neue Sammlung 31,

1991, S.33

[26] Vgl.: Bittner 1991, S.33

[27] Vgl.: Hess. Kultusministerium: Rahmenplan Grundschule. Diesterweg: Wiesbaden 1995, S.24

[28] Vgl.: Ebd. S.196

[29] Vgl.: Brohl, C.: Ästhetische Erfahrung in der Landschaft. In: Kunst + Unterricht. Friedrich Verlag, Heft 215

/ September 1997, S.16f

[30] Vgl.: Kapitel 3.1.2

[31] Vgl.: Güthler, A.; Lacher, K.: Naturwerkstatt Landart. AT Verlag, Baden und München. 3.Auflage 2006, S.7f

[32] Vgl.: Brumm 2006, ebd

[33] Vgl.: Kapitel 2.1.2.2.

[34] Vgl.: Wikipedia: Projektunterricht: Online im Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Projektunterricht

[35] Vgl.: Kapitel 2.1.2.1.

[36] Vgl.: Peterßen, W. H.: Projektlernen. Kleines Methoden-Lexikon. 2.aktualisierte Auflage. München:

Oldenbourg-Schulbuchverlag, 2001, S.237

[37] Vgl.: Hänsel, D.: Das Projektbuch Grundschule. Beltz Verlag. Weinheim Basel 1995, S.16

[38] Vgl.: Peterßen 2001, S.237

[39] Hänsel, D.: Projektunterricht. Beltz Verlag, Weinheim Basel, 2. Auflage 1999, S.75

[40] Hänsel 1999, S.76

[41] Vgl.: Frey, K.: Die Projektmethode. Der Weg zum bildenden Tun. Beltz Verlag, Weinheim Basel, 8.Auflage

1998, S.15f

[42] Peterßen 2001, S.237

[43] Vgl.: Peterßen 2001, S.237f

[44] Vgl.: Frey 1998, S.14

[45] Frey 1998, S.14

[46] Vgl.: Peterßen 2001, S.237

[47] Vgl.: Richter-Reichenbach,K.-S.: Identität und ästhetisches Handeln. Präventive und rehabilitative Funktionen ästhetischer Prozesse. Weinheim: Deutscher Studien Verlag 1992, S.108f

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Landart. Ein erlebnispädagogisches Projekt in und mit der Natur
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
46
Katalognummer
V112143
ISBN (eBook)
9783640120321
ISBN (Buch)
9783640120697
Dateigröße
8691 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Landart, Projekt, Natur
Arbeit zitieren
Angela Gutsmandl (Autor:in), 2007, Landart. Ein erlebnispädagogisches Projekt in und mit der Natur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112143

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