Die vorliegende Arbeit beinhaltet die Betrachtung der depressiven Persönlichkeitsstörung. Es werden Punkte der Geschichte der depressiven Persönlichkeitsstörung aufgegriffen, um die lange Tradition dieses Konzeptes zu beschreiben. Weiterhin werden unterschiedliche Ansichten und Konzepte über die depressive Persönlichkeitsstörung vorgestellt. Gegenübergestellt wird auch der nicht-pathologische Persönlichkeitsstil der Persönlichkeitsstörung. Des weiteren wird auf die Klassifikation im DSM und im ICD eingegangen und es werden verschiedene theoretische Auffassungen bezogen auf die Entstehung und Aufrechterhaltung der depressiven Persönlichkeitsstörung beleuchtet.
Der letzte Abschnitt der Arbeit befasst sich darüber hinaus mit einer Studie von D. Victor aus dem Jahr 2006, in deren Mittelpunkt die Validisierung einer deutschen Version des diagnostischen Interviews für die depressive Persönlichkeit (DID) steht.
-Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Geschichte der depressiven Persönlichkeitsstörung
2.1 Modifizierung des Konzeptes von Schneider durch Akiskal
2.2 Der psychodynamische Ansatz
3 Persönlichkeitsstil und Persönlichkeitsstörung
3.1 Persönlichkeitstil
3.2 Persönlichkeitsstörung
4 Verschiedene Konzepte und Ansichten der depressiven Persönlichkeitsstörung
4.1 Problem der frühen klinischen Konzepte
4.2 Tellenbachs Konzept des Typus Melancholicus
4.3 Typus Melancholicus: prämorbide Persönlichkeit oder Persönlichkeitsstörung?
4.4 Sichtweise P. Fiedlers: Persönlichkeitsstörung
4.5 Akiskals konstitutionsbedingte affektive Temperamente
4.5.1 Interpersonelle Merkmale von Menschen mit depressiver Temperamentausstattung
5 Diagnosesysteme
5.1 D iagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM)
5.2 International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD)
6 Entstehung und Aufrechterhaltung der depressiven Persönlichkeitsstörung
6.1 Sichtweise von Millon und Davis
7 Aufrechterhaltung der depressiven Persönlichkeit
8 Behandlung der depressiven Persönlichkeitsstörung
9 Studie: Zur Erfassung der depressiven Persönlichkeitsstörung
9.1 Messinstrumente
9.2 Ziel der Studie
9.3 Studiendesign
9.4 Beschreibung der Stichprobe
9.5 Erhebungsinstrumente
9.6 Statistische Analysen
9.7 Ergebnisse
9.7.1 Itemcharakteristika
9.7. 2 Interne Konsistenz
9.7. 3 Interraterreliabilität
9.7.4 Validität
10 Diskussion
11 Ausblick für zukünftige Forschungsarbeiten
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit beinhaltet die Betrachtung der depressiven Persönlichkeitsstörung. Es werden Punkte der Geschichte der depressiven Persönlichkeitsstörung aufgegriffen, um die lange Tradition dieses Konzeptes zu beschreiben. Weiterhin werden unterschiedliche Ansichten und Konzepte über die depressive Persönlichkeitsstörung vorgestellt. Gegenübergestellt wird auch der nicht-pathologische Persönlichkeitsstil der Persönlichkeitsstörung. Des weiteren wird auf die Klassifikation im DSM und im ICD eingegangen und es werden verschiedene theoretische Auffassungen bezogen auf die Entstehung und Aufrechterhaltung der depressiven Persönlichkeitsstörung beleuchtet.
Der letzte Abschnitt der Arbeit befasst sich darüber hinaus mit einer Studie von D. Victor aus dem Jahr
2006, in deren Mittelpunkt die Validisierung einer deutschen Version des diagnostischen Interviews für die depressive Persönlichkeit (DID) steht.
2 Geschichte der depressiven Persönlichkeitsstörung:
Eine Vielzahl von Autoren sehen den Beginn der langen Tradition des Konzeptes der depressiven Persönlichkeit bei Hippokrates und Aristoteles, die u.a. den schwarzgalligen, d.h. melancholischen Persönlichkeitstypus beschrieben haben. Von den Temperamtseigenschaften wurde angenommen, dass sie für schwere melancholische Episoden prädisponieren. Dieses wurde aber nicht vollständig als pathologisch angesehen.
Aretaeus war der erste, der die depressive Symptomatik nicht auf Körpersäfte zurückführte, sondern eine rein psychische Entstehung angenommen hat.
1909 tauchte die depressive Persönlichkeit bei Kraepelin wieder auf. Er sah in der depressiven Veranla-gung einen andauernden schwermütigen emotionalen Stress bei allen Lebenserfahrungen. Kraepelin hielt diese Persönlichkeit für eine mildere, traid-artige Variante von pathologischen Stimmungsstör-ungen, die die Betroffenen für schwere depressive oder manische Phasen prädisponierte. Seiner Beschreibung nach sind die Personen stets schwermütig, freudlos, ängstlich, hauptsächlich depressiv, mutlos und verzweifelt. Weiterhin nahm er sie als ernsthaft, belastet, sich selbst Vorwürfe machend, sich selbst leugnend und mit mangelndem Selbstvertrauen war. Krapelin war der Meinung, dass das depressive Temperament vererbt ist, sich erstmals in der Adoleszenz oder zu Beginn des Erwachsen-seins zeigt und ab da für das ganze Leben kennzeichnend bleibt.
1950 beschrieb Kurt Schneider den Persönlichkeitstyp der depressiven Persönlichkeit („depressive Psychopathen“) wie folgt:
- Schwermütig, pessimistisch oder zumindest skeptisch, sorgenvoll, pflicht-schuldig und voller Selbstzweifel, sich selbst abwertend.
Die Vergangenheit wird von Betroffenen als wertlos angesehen, die Zukunft dagegen als drohend. Schneider war der Meinung, dass die depressive Persönlichkeit Berührungspunkte mit normalen Persönlichkeitszügen und mit einer Persönlichkeitsstörung hat. Er war der Ansicht, dass die depressive Orientierung während des gesamten Lebens anhalten könnte und beschrieb den depressiven Charakter im Rahmen der Charakterentwicklung.
2.1 Modifizierung des Konzeptes von Schneider durch Akiskal
Akiskal teilte seine Kriterien in 7 Gruppen ein, wobei mindestens 5 Gruppen von Merkmalen auftreten sollten, damit die Diagnose der depressiven Persönlichkeitsstörung möglich ist:
1=ruhig introvertiert, passiv nicht bestimmend
2=düster pessimistisch, ernst, nicht fähig zu Spaß
3=selbstkritisch, selbst-vorwurfsvoll, selbstabwertend
4=skeptisch, kritisch gegenüber anderen, schwer zufriedenzustellen
5=gewissenhaft, verantwortungsvoll, selbstdisziplinierend
6=grüblerisch, Tendenz zum Sorgen
7=eingenommen durch negative Ereignisse, Gefühle der Unzulänglichkeit und persönliche Fehler
2.2 Der psychodynamische Ansatz
Die Betroffenen sind negativ, pessimistisch, übermäßig ernst in der Orientierung gegenüber Erfahr-ungen und Interaktionen mit anderen und der Welt. Dieser Interaktionsstil scheint in frühem Objekt-verlust oder Frustration zu liegen, wobei der Ärger gegenüber dem Objekt unterdrückt und gegen das Selbst gerichtet wird. Diese Annahme basiert auf Freuds Beschreibung der Melancholie. Das unter-drückte Muster der Frustration und Enttäuschung wird in vielen Situationen aktiviert, insbesondere in solchen, in denen ein Verlust oder eine Frustration stattfinden.
3 Persönlichkeitsstil und Persönlichkeitsstörung
3.1 Persönlichkeitsstil
Der Persönlichkeitsstil beinhaltet im Übergang zur Normalität eine passive Grundhaltung, ein ge-dämpftes Erleben positiver Anreize und eine eher beschauliche Lebenseinstellung. Es bestehen Über-gänge zum gewissenhaft- sorgfältigen Persönlichkeitsstil(Typus Melancholicus) und es gibt Kriterien-überlappungen mit der negativistischen Persönlichkeit.
3.2 Persönlichkeitsstörung
Die Persönlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch häufige Niedergeschlagenheit, Gefühle der Wert-losigkeit und Unzulänglichkeit. Die Betroffenen leiden unter Schuldgefühlen und sind nur selten in der Lage, positive Emotionen zu empfinden, weshalb Selbstbeschuldigungen und ein sich selbst herab-setzendes Selbstbild vorhanden sein könnte.
4 Verschiedene Konzepte und Ansichten der depressiven Persönlichkeitsstörung
4.1 Problem der frühen klinischen Konzepte
Es bestand die Unsicherheit, ob es sich um primäre, störungsprädisponierende Persönlichkeitsmerk-male oder um sekundäre Begleit-und Folgeauffälligkeiten bzw. Persönlichkeitsänderungen durch mono-polare oder bipolare affektive Störungen handelte.
Die Ausarbeitungen von Tellenbach (1961) und unabhängig davon, die von Dietrich(1961) stellten die konzeptuellen Voraussetzung bereit, um mögliche Persönlichkeitseigenarten bei Patienten mit unipolar depressiven Störungen empirisch zu untersuchen. Die Vorschläge haben sie aus persönlichen Befragungen der Patienten in symptomfreien Intervallen, aus Befragungen von Angehörigen(Tellenbach) und aus der Auswertung der Krankengeschichte(Dietrich) gewonnen.
4.2 Tellenbachs Konzept des Typus Melancholicus
Tellenbach schliesst mit seinem Konzept an die Meinung der Psychoanalyse an, die auf wiederholt zwanghafte Züge in der Charakterstruktur der Patienten hingewiesen hat. So stellt das Typus-Melancholicus-Konzept einen persönlichkeitsbedingten Charakterzug der„Festgelegtheit auf Ordentlichkeit“ in den Mittelpunkt.
Der Typus Melancholicus beinhaltet ein bestimmtes Muster von Persönlichkeitszügen innerhalb des nicht-pathologischen Rahmens. Nach Tellenbach handelt es sich dabei um einen prädisponierenden Faktor für das Entstehen einer endogenen Depression.
Das Konzept des Typus-Melancholicus beinhaltet drei Unterpunkte:
Die Ordentlichkeit im Arbeitsleben
Pflichtbewusstsein, Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Solidarität
Der Melancholiker will viel leisten –und das Viele regelmäßig.
„Festgelegtsein-in“ und „Festgehaltenwerden-von“ einer Ordnung und „Nicht-abschalten-
können“
Trotzdem: Wertlosigkeitsgefühl
Die Ordentlichkeit in mitmenschlichen Bezügen
Freigehalten von Konflikten, insbesondere von Schuldhaftem
Loyalität, Treue, Hilfsbereitschaft, Dienstwilligkeit
„Sein-für-andere“, „Leisten-für-andere“
Angst vor dem Alleinsein
Die Gewissenhaftigkeit des melancholischen Typus
Überdurchschnittliche Empfindlichkeit des Gewissens
Weniger Selbstgerechtigkeit als viel mehr Angst, in Schuld zu geraten
Gelingt es nicht, kann eine Depression ausgelöst werden
Eine äußere Struktur aufrecht halten, die Sicherheit verspricht
4.3 Typus Melancholicus: prämorbide Persönlichkeit oder Persönlichkeitsstörung?
Der Typus Melancholicus zeichnet sich außerhalb der depressiven Episode gerade nicht durch depres-sive Symptome aus, sondern durch folgende Eigenschaften:
- ruhig, introvertiert, passiv, wenig durchsetzungsfähig, gewissenhaft, pflichtbewusst, selbstdizipliniert
In den Ausarbeitungen zur Typus-Melancholicus- Konzeption wird von Tellenbach bestritten, dass es sich bei den Persönlichkeitsvarianten um Persönlichkeitsstörungen handelt. Er beschreibt den Typus Melan-cholicus als eine Vereinseitigung der Persönlichkeitsentwicklung im Normalbereich. Aber diese Sicht-weise unterscheidet sich nicht von jener, die auch für andere Persönlichkeitsstörungen vertreten wird.
4.4 Sichtweise P. Fiedlers: Persönlichkeitsstörung
„… und impliziert, dass es sich bei den (noch) nicht normalabweichenden Interaktionsmustern persönlich-keitsgestörter Menschen im Kern um Persönliche Kompetenzen handelt, die nur im Kontext bestim-mter zwischenmenschlicher und sozialer Erschwernisse, in denen sie als Kompetenzen versagen oder nicht mehr hinreichen, als „Sicherheitsoperationen“, „Selbstschutztendenzen“, „Abwehrstrategien“ usw. extremisieren
( Fiedler, Peter, Persönlichkeitsstörungen Auflage 2001/S. 36)
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Hauptthema des Textes?
Der Text befasst sich mit der depressiven Persönlichkeitsstörung. Er behandelt die Geschichte, verschiedene Konzepte, Diagnosesysteme (DSM und ICD), Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung der depressiven Persönlichkeitsstörung. Zudem wird eine Studie zur Erfassung dieser Störung vorgestellt.
Was sind die Hauptpunkte der Geschichte der depressiven Persönlichkeitsstörung laut diesem Text?
Der Text verfolgt die Geschichte des Konzepts von Hippokrates und Aristoteles über Kraepelin und Kurt Schneider bis hin zu Akiskals Modifikationen. Fruehe Arbeiten von Hippokrates beschreibt den schwarzgalligen, d.h. melancholischen Persönlichkeitstypus. Kraepelin sah die depressive Veranlagung als andauernden schwermütigen emotionalen Stress. Schneider beschrieb die depressive Persönlichkeit als schwermütig, pessimistisch, sorgenvoll, pflichtschuldig und voller Selbstzweifel. Akiskal teilte die Kriterien in 7 Gruppen ein.
Was ist der Unterschied zwischen Persönlichkeitsstil und Persönlichkeitsstörung im Kontext des Textes?
Der Persönlichkeitsstil bezieht sich auf eine normale, passive Grundhaltung und eine beschauliche Lebenseinstellung. Die Persönlichkeitsstörung hingegen ist durch häufige Niedergeschlagenheit, Gefühle der Wertlosigkeit, Schuldgefühle und die Unfähigkeit, positive Emotionen zu empfinden, gekennzeichnet.
Welche Konzepte der depressiven Persönlichkeitsstörung werden im Text erwähnt?
Der Text behandelt frühe klinische Konzepte, Tellenbachs Konzept des Typus Melancholicus, die Sichtweise von P. Fiedler und Akiskals konstitutionsbedingte affektive Temperamente.
Was ist das Konzept des Typus Melancholicus nach Tellenbach?
Tellenbachs Konzept beschreibt einen Persönlichkeitstypus, der durch Ordentlichkeit im Arbeitsleben, in mitmenschlichen Bezügen und Gewissenhaftigkeit gekennzeichnet ist. Er sieht dies als prädisponierenden Faktor für endogene Depression.
Welche Diagnosesysteme werden im Zusammenhang mit der depressiven Persönlichkeitsstörung erwähnt?
Der Text erwähnt das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) und die International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD).
Welche theoretischen Ansätze zur Entstehung und Aufrechterhaltung der depressiven Persönlichkeitsstörung werden im Text vorgestellt?
Der Text beleuchtet die Sichtweise von Millon und Davis sowie psychodynamische Ansätze, die frühe Objektverluste oder Frustrationen als Ursache sehen.
Welche Studie wird im Text erwähnt und was ist ihr Ziel?
Der Text erwähnt eine Studie von D. Victor aus dem Jahr 2006, die sich mit der Validisierung einer deutschen Version des diagnostischen Interviews für die depressive Persönlichkeit (DID) befasst.
Was sind die Hauptmerkmale, die mit dem Typus Melancholicus außerhalb einer depressiven Episode verbunden sind?
Ruhe, Introvertiertheit, Passivität, wenig Durchsetzungsvermögen, Gewissenhaftigkeit, Pflichtbewusstsein und Selbstdisziplin.
- Arbeit zitieren
- Stefanie Kowalczyk (Autor:in), 2008, Depressive Persönlichkeitsstörung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112147