Martin Heidegger: Sein und Zeit

Den Tod verstehen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

1. Sein und Zeit
1.1. Darstellung des Anliegens von Sein und Zeit
1.2. Die phänomenologische Methode
1.3 Klärung einiger zentraler Begriffe
1.3.1 Das Dasein
1.3.2 Das In-der-Welt-sein
1.3.3 Das Man
1.3.4 Die Sorge
1.4 Die Angst als ausgezeichnete Befindlichkeit

2. Das Sein zum Tode
2.1 Die Erfahrbarkeit des Todes
2.2 Das mögliche Ganzsein des Daseins
2.3 Das Sein zum Tode als ausgezeichnete Möglichkeit des Ergreifens des eigentlichen Seinkönnens
2.4 Kritische Betrachtung

3. Schluss
3.1 Fazit

4. Literaturverzeichnis
4.1 Siglen

Vorwort

Der Titel Den Tod verstehen scheint etwas Alltägliches auszudrücken, etwas, von dem wir immer schon eine Vorstellung haben. Denn wissen wir nicht alle, was mit Tod bezeichnet wird? Er ist das Ende des Lebens, er ist ‚je nach Glauben’, das Tor zum Nichts, der Übergang in ein Jenseits oder der Durchgang zu einer Wiederkehr. Für jeden ist seine eigene Vorstellung vom Tod ganz selbstverständlich. Das ändert sich, wenn gefragt wird, was es heißen kann den Tod zu verstehen, wenn Verstehen nicht einem theoretischen, abstrakten Wissen entspricht, sondern, wie Heidegger ausführt, ein sich verstehen auf, ein sein können oder das im Verstehen Gekonnte ist. Damit verändert sich die Perspektive auf den Tod. Er ist nun nicht mehr etwas Fernes, das irgendwann als Ereignis eintritt, denn sein können ist nichts Fernes, sondern etwas, das ich sein kann oder bin. Es geht daher um Sein. Mit dem Denken an den Tod ist immer auch die Vorstellung der Zeit gegeben. Meist als Vorstellung von Zeit, die zu Ende geht, von noch verbleibender Zeit, von Zeit, die noch aussteht. Der Tod macht die Zeitlichkeit offenbar. Es geht demzufolge auch um Zeit.

Sein und Zeit

Gegenstand dieser Hausarbeit ist das Fragment gebliebene Buch Martin Heideggers Sein und Zeit von 1927. Geplant hat er ursprünglich zwei Teile mit jeweils drei Abschnitten. Verwirklicht und veröffentlicht wurden nur die ersten beiden Abschnitte des ersten Teils. Thema des ersten Abschnittes ist die vorbereitende Fundamentalanalyse des Daseins. Der zweite Abschnitt thematisiert Dasein und Zeitlichkeit, in ihm geht es, im ersten Kapitel, um das mögliche Ganzsein des Daseins und das Sein zum Tode. Dieses erste Kapitel ist das Thema der vorliegenden Arbeit. In ihr wird die Frage beantwortet, warum sich im Sein zum Tode das mögliche Ganzsein des Daseins enthüllt. Wie sich diese Ganzheit zeigt und inwiefern die Ganzheit die Struktur des Daseins in einen zeitlichen Horizont zu stellen vermag.

Die Arbeit gliedert sich in zwei Hauptteile, der erste Teil ist der Darstellung des Anliegens von Sein und Zeit, seiner philosophischen Methode und der Klärung zentraler Begriffe der Daseinsanalyse vorbehalten. Hierbei werden die Begriffe vor allem im Hinblick auf das Thema der Arbeit entfaltet. Der zweite Teil thematisiert das Sein zum Tode. Gefragt wird nach der Erfahrbarkeit des Todes, nach dem möglichen Ganzsein des Daseins und ob das Sein zum Tode, in seiner Ganzheit, die ausgezeichnete Möglichkeit des Ergreifens des eigentlichen Seinkönnens darstellt.

1. Sein und Zeit

1.1. Darstellung des Anliegens von Sein und Zeit

Martin Heidegger beklagt im Prolog von Sein und Zeit eine doppelte Seinsvergessenheit. Wir haben vergessen, was wir mit dem Wort seiend meinen.

„Und so gilt es denn, die Frage nach dem Sinn von Sein erneut zu stellen.“[1]

Aber wir haben ebenso das Verständnis für diese Frage vergessen und so

„...gilt es vordem, allererst wieder ein Verständnis für den Sinn dieser Frage zu wecken.“[2]

Heidegger führt aus, dass diese Frage in Vergessenheit geraten ist, weil der Begriff Sein vor allem drei Vorurteilen unterliegt: Er ist der allgemeinste, er ist undefinierbar und er ist der selbstverständlichste. Heidegger entgegnet dem, dass das nicht heißen kann, dass der Begriff Sein keiner weiteren Befragung bedarf. Er meint, dass die Undefinierbarkeit eher zu der Frage nach dem Sinn von Sein auffordert und, dass jeder ihn gebraucht und auch immer schon ein Verständnis davon hat, was damit gemeint ist, heißt nicht, dass der Begriff Sein verstanden ist. Obgleich wir alle ein Vorverständnis von dem, was mit dem Begriff Sein gemeint ist, durch den alltäglichen Umgang mit diesem Wort besitzen, ist er dennoch der fernste Begriff, da es uns nicht möglich ist, zu Sein in eine Distanz zu treten.

Heidegger hat die Frage nach dem Sinn von Sein in die Struktur von Gefragtem, Befragtem und Erfragtem gegliedert. Das Gefragte ist das Sein, das Erfragte ist der Sinn von Sein, das Befragte ist das Seiende selbst. Dieses Seiende selbst, das Dasein, wird auf sein Sein hin befragt.

„Ausarbeitung der Seinsfrage besagt demnach: Durchsichtigmachen eines Seienden – des fragenden – in seinem Sein.“[3]

Denn das Sein selbst ist nicht greifbar, alles das, was greifbar ist, ist lediglich Seiendes. Aber es ist auch nicht darauf reduzierbar. Das Sein ist einerseits die Voraussetzung alles Seienden. Andererseits ist das Sein im Seienden mitgedacht, es ist im Seienden präsent. Einerseits sind Sein und Seiendes strikt voneinander geschieden. Andererseits sind sie gar nicht voneinander zu trennen.

Im Prolog weist Heidegger auf die Zeit als möglichen Horizont eines Seinsverständnisses hin. Er führt im folgenden aus, dass die Zeitlichkeit als der Sinn des Seins desjenigen Seienden, welches wir auf sein Sein hin befragen, aufgezeigt wird. Damit ist jedoch noch keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn von Sein überhaupt gegeben. Erst wenn es gelingt, die Zeitlichkeit in ihrer Problematik zu erfassen,

„...ist allererst die konkrete Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Seins gegeben.“[4]

1.2. Die phänomenologische Methode

Was ist Phänomenologie? >Phänomenologie ist eine Philosophie, die lehrt, dass Welt vor aller Reflexion in unveräußerlicher Gegenwart „je schon da“ ist.<[5] Und Heidegger expliziert, dass

„...aus den sachlichen Notwendigkeiten bestimmter Fragen und der aus den „Sachen selbst“ geforderten Behandlungsart sich [...] eine Disziplin ausbilden [kann].“[6]

Die Frage nach dem Sinn des Seins ist die Fundamentalfrage der Philosophie überhaupt. Für diese Frage ist die phänomenologische Methode die angemessene, da sie nicht das Was der Gegenstände charakterisiert, sondern das Wie. Sie ist eine, die das Wesen beschreibt und nicht erklärt, sondern zurückgeht ‚auf die Sachen selbst’ in ihrer Alltäglichkeit. Die Maxime dieser Methode ist:

„...>zu den Sachen selbst!<...“[7]

Phänomenologie ist eine Zugangssituation zum Verstehen, in der es um ein ursprüngliches Sich-zeigen der Phänomene selbst und ein ursprüngliches Bedeuten geht. In den Phänomenen selbst vermag etwas offenbar zu werden, kann etwas sichtbar werden und sich sehen lassen. Es kann etwas entdeckt werden im

„...schlicht[en] hinsehende[n] Vernehmen der einfachsten Seinsbestimmungen des Seienden als solche[m].“[8]

Phänomenologie folglich ist keine Rekonstruktion, da hierfür bereits etwas vorausgesetzt werden müsste. Es geht darum, die Phänomene selbst sich in ihrer alltäglichen Selbstverständlichkeit zeigen zu lassen. Heidegger geht es um die Frage nach dem Sinn von Sein, die in Vergessenheit geraten ist. Sie ist durch die beschriebenen Vorurteile verdeckt worden. Für Heidegger ist

„Verdecktheit [...] der Gegenbegriff zu >Phänomen<.“[9]

Damit wird klar, warum die Phänomenologie die angemessene Zugangsart zur Seinsfrage darstellt. Sie versteht sich als Enthüllen von Verständnis und Wirklichkeit und als Verstehen der Möglichkeiten. Denn:

„Höher als die Wirklichkeit steht die Möglichkeit.“[10]

1.3 Klärung einiger zentraler Begriffe

1.3.1 Das Dasein

Bei der Frage nach dem Sinn von Sein hat sich die Fragestruktur aus Gefragtem, Erfragtem und Befragtem gezeigt. Es gilt die

„...rechte Zugangsart zum Seienden...“[11]

zu erschließen. Dieser Zugang führt über ein Seiendes, das auch Sein ist. Es ist dasjenige Seiende, dem es in seinem Sein immer schon um dieses Sein selbst geht.

„Dieses Seiende, das wir selbst je sind und das unter anderem die Seinsmöglichkeit des Fragens hat, fassen wir terminologisch als Dasein.“[12]

Dem Dasein kann es nur um sein Sein gehen, weil es sich schon versteht, bereits mit sich vertraut ist und in seinem Sein zu diesem Sein ein Seinsverhältnis hat. Das Sein des Daseins ist dem Dasein immer schon, wenn auch vage und in alltäglicher Durchschnittlichkeit, erschlossen. Somit fällt im Dasein das Verstehende und das Verstandene zusammen. Dies beschreibt den notwendigen Zirkel für das Verstehen.

„Das Entscheidende ist nicht, aus dem Zirkel >heraus<, sondern in ihn nach der rechten Weise hineinzukommen.“[13]

Der Zirkel ermöglicht es, >nichts draußen zu lassen und einen reinen Innenraum herzustellen<.[14] Das Dasein, dem nichts äußerlich ist, kann auf diese Weise kein Subjekt sein. Es ist das Sein, das sein Da ist. Das Dasein hat es immer und überall einzig und allein mit sich selbst zu tun. Es ist, wie Heidegger schreibt, durch Jemeinigkeit bestimmt. Es versteht sich als in der Welt seiend und versteht das Sein des Seienden, das innerhalb der Welt zugänglich ist. Wenn es dem Dasein um sein Sein geht, dann setzt dies voraus, dass das Dasein schon existiert.

„Das Sein selbst, zu dem das Dasein sich so oder so verhalten kann und immer irgendwie verhält, nennen wir Existenz. [...]Das Dasein versteht sich selbst immer aus seiner Existenz, einer Möglichkeit seiner selbst, es selbst oder nicht es selbst zu sein.“[15]

Dasein wird von Heidegger vorgestellt als etwas, das immer und nur im Vollzug besteht. Er macht für das Dasein einen mehrfachen Vorrang geltend. Es ist ontologisch vorrangig, weil die Ontologie nach den ersten Ursachen des Seienden, insofern es seiend ist, fragt. Es ist auch ontisch vorrangig, weil es das Seiende ist, das existiert. >Das Seiende ist die Sphäre des Ontischen, die Philosophie des Ontischen ist die Ontologie.<[16] Da es dem Dasein auch zugehöre, das Sein nichtdaseinsmäßigen Seienden zu verstehen, hat es

„...den dritten Vorrang als ontisch-ontologische Bedingung der Möglichkeit aller Ontologien.“[17]

[...]


[1] SuZ, Seite 1

[2] SuZ, Seite 1

[3] SuZ, Seite 7

[4] SuZ, Seite 19

[5] Merleau-Ponty, Maurice: Phänomenologie der Wahrnehmung. Berlin, 1965. Seite 3

[6] SuZ, Seite 27

[7] SuZ, Seite 27

[8] SuZ, Seite 33

[9] SuZ, Seite 36

[10] SuZ, Seite 38

[11] SuZ, Seite 6

[12] SuZ, Seite 7

[13] SuZ, Seite 153

[14] Sternberger, Dolf: Über den Tod. Frankfurt am Main, 1977. Seite 86

[15] SuZ, Seite 12

[16] Jahraus, Oliver: Martin Heidegger. Eine Einführung. Stuttgart, 2004. Seite 99

[17] SuZ, Seite 13

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Martin Heidegger: Sein und Zeit
Untertitel
Den Tod verstehen
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Philosophie)
Veranstaltung
Martin Heidegger: Sein und Zeit
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
26
Katalognummer
V112163
ISBN (eBook)
9783640107926
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Martin, Heidegger, Sein, Zeit, Martin, Heidegger, Sein, Zeit
Arbeit zitieren
Monika Skolud (Autor:in), 2008, Martin Heidegger: Sein und Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112163

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