Selten verzichten literarische Werke auf Bezugnahmen. Diese ermöglichen es dem Autor eine Begebenheit aus seiner privaten, direkten Umgebung oder aber aus einem größeren gesellschaftlichen Umfeld mit dem Schreiben aufzuarbeiten und gleichzeitig dem Rezipienten zu eröffnen und näher zu bringen. So nimmt auch die Autorin Virginia Woolf in ihren Werken Bezug auf Menschen aus ihrem direkten Umfeld. Sie sagt selbst das Schreiben habe für sie eine ähnlich Funktion wie ein Psychoanalyse. Sie befreie sich dadurch von Emotionen und Gefühlen die sie lange Zeit beschäftigten und in gleichem Maße belasteten.
So beschreibt sie in ihrem Roman To the Lighthouse, wenn auch nicht in Form einer reinen Biographie, sondern fiktional erweitert, ihre Kindheit in Cornwall. Zusätzlich zu diesen biographischen Zusammenhängen lassen sich besonders im ersten Teil des dreigeteilten Romans Bezüge zu anderen Autoren finden. Neben der bloßen Nennung des Namens, wie beispielsweise Marcel Proust, als eine Form der Bezugnahme, bekommt Intertextualität in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung. Obwohl sich im Roman mehrfach derartige Bezüge auf Werke anderer Autoren wie z.B. Alfred Lord Tennysons Gedicht The Charge of the Light Bridge und Shakespeares Sonett 98 finden lassen, scheint jedoch im ersten Teil die intertextuelle Einbindung des Märchens Der Fischer und seine Frau der Brüder Grimm zu dominieren.
Erstmals wurde das Märchen vermutlich vom Maler Philipp Otto Runge 1806 auf Plattdeutsch aufgezeichnet und mit seiner Erlaubnis später von Achim von Arnim in der Zeitung für Einsiedler publiziert . Aber vermutlich erst seine Veröffentlichung in der Märchensammlung der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm brachte einen Bekanntheitsgrad mit sich, der sogar eine Übersetzung ins Englische folgte und damit einen Zugang für Virginia Woolf ermöglichte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Vorwort
- 1.2 Gliederung und Vorgehensweise
- 2. Der Begriff der Intertextualität
- 2.1 Formen und Definitionen
- 2.2 Intentionen für die Anwendung von Intertextualität
- 2.3 Die Rolle des Rezipienten in der Thematik Intertextualität
- 3. Untersuchung am Beispiel des Bezugs auf Der Fischer und seine Frau der Brüder Grimm in Virginia Woolfs To the Lighthouse
- 3.1 Betrachtung der „technischen Umsetzung“ von Intertextualität
- 3.2 Gründe für die Auswahl der Quellengattung Märchen
- 3.3 Bedeutung der Bezugnahme im Zusammenhang mit dem Roman
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die intertextuelle Beziehung zwischen Virginia Woolfs Roman "To the Lighthouse" und dem Märchen "Der Fischer und seine Frau" der Brüder Grimm. Das Hauptziel ist es, die Bedeutung dieses Bezugs sowohl inhaltlich als auch dramaturgisch aufzuzeigen und zu analysieren, wie Woolf das Märchen in ihren Roman integriert hat. Die Arbeit beleuchtet dabei verschiedene Aspekte der Intertextualität.
- Der Begriff der Intertextualität und seine verschiedenen Definitionen
- Die "technische Umsetzung" der Intertextualität in Woolfs Roman
- Die Gründe für die Auswahl des Märchens als intertextuelle Quelle
- Die Bedeutung des intertextuellen Bezugs für den Romaninhalt
- Die Rolle des Rezipienten im Verständnis der Intertextualität
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und erläutert die Bedeutung von intertextuellen Bezügen in literarischen Werken. Sie beschreibt den Ansatz der Arbeit, der sich auf die Untersuchung der intertextuellen Beziehung zwischen Virginia Woolfs "To the Lighthouse" und dem Märchen "Der Fischer und seine Frau" konzentriert. Die Autorin Virginia Woolf wird als Beispiel für eine Schriftstellerin vorgestellt, die in ihren Werken Bezugnahmen auf ihre persönliche und gesellschaftliche Umgebung einbaut. Das Vorwort liefert einen kurzen Einblick in Woolfs literarische Praxis und die spezifische Relevanz des Märchens im ersten Teil von "To the Lighthouse". Die Gliederung der Arbeit wird vorgestellt, wobei die einzelnen Kapitel und ihre Schwerpunkte umrissen werden.
2. Der Begriff der Intertextualität: Dieses Kapitel befasst sich umfassend mit dem Begriff der Intertextualität. Es werden verschiedene Definitionen und Ansätze vorgestellt, beginnend mit der einfachen Beschreibung des Verhältnisses von Texten zueinander. Die Beiträge von Bachtin und Kristeva zur Entwicklung des Intertextualitätsbegriffs werden erläutert, wobei die unterschiedlichen Perspektiven auf Intention und Rezeption herausgestellt werden. Der hermeneutische Ansatz von K.-H. Stierle, der die Intention des Autors als entscheidendes Kriterium für Intertextualität betont, wird ebenfalls diskutiert. Das Kapitel beleuchtet somit die vielschichtigen Facetten des Konzepts und bereitet den Boden für die Analyse des gewählten Beispiels im folgenden Kapitel.
3. Untersuchung am Beispiel des Bezugs auf Der Fischer und seine Frau der Brüder Grimm in Virginia Woolfs To the Lighthouse: Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit und analysiert die spezifische Intertextualität zwischen "To the Lighthouse" und "Der Fischer und seine Frau". Es untersucht zunächst die "technische Umsetzung" des Märchens im Roman, d.h. wie und wo der Bezug im Text hergestellt wird. Anschließend werden mögliche Gründe für die Auswahl des Märchens als intertextuelle Quelle erörtert. Schließlich wird die Bedeutung dieses Bezugs im Kontext des Gesamtromans beleuchtet, wobei inhaltliche und dramaturgische Aspekte berücksichtigt werden. Dieser Kapitelteil stellt einen detaillierten Vergleich zwischen den beiden Texten dar und verbindet theoretische Konzepte mit konkreter textanalytischer Arbeit.
Schlüsselwörter
Intertextualität, Virginia Woolf, To the Lighthouse, Der Fischer und seine Frau, Brüder Grimm, Märchen, Roman, Literaturwissenschaft, Textanalyse, Rezeption, Intention, Prätexte.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der Intertextualität in Virginia Woolfs "To the Lighthouse"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert die intertextuelle Beziehung zwischen Virginia Woolfs Roman "To the Lighthouse" und dem Märchen "Der Fischer und seine Frau" der Brüder Grimm. Der Fokus liegt auf der Bedeutung dieser Bezugnahme für den Inhalt und die Dramaturgie von Woolfs Roman.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt verschiedene Aspekte der Intertextualität, darunter verschiedene Definitionen des Begriffs, die "technische Umsetzung" von Intertextualität in literarischen Werken, die Auswahlkriterien intertextueller Quellen und die Rolle des Rezipienten beim Verständnis intertextueller Bezüge. Sie untersucht auch die spezifischen Gründe für die Wahl des Märchens als intertextuelle Quelle in "To the Lighthouse" und die Bedeutung dieses Bezugs für den Romaninhalt.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: Eine Einleitung, die das Thema einführt und die Vorgehensweise beschreibt; ein Kapitel zur umfassenden Erläuterung des Intertextualitätsbegriffs mit verschiedenen Definitionen und Ansätzen; ein Kernkapitel, das die Analyse der Intertextualität zwischen "To the Lighthouse" und "Der Fischer und seine Frau" darstellt; und abschließend ein Fazit.
Wie wird die Intertextualität in "To the Lighthouse" analysiert?
Das zentrale Kapitel analysiert detailliert, wie das Märchen "Der Fischer und seine Frau" in "To the Lighthouse" eingebunden ist ("technische Umsetzung"). Es untersucht die Gründe für die Auswahl dieses spezifischen Märchens und beleuchtet die inhaltliche und dramaturgische Bedeutung dieser intertextuellen Bezugnahme im Kontext des Gesamtromans. Dabei werden theoretische Konzepte mit konkreter Textanalyse verbunden.
Welche Autoren und Theorien werden erwähnt?
Die Arbeit bezieht sich auf verschiedene Ansätze zur Intertextualität, darunter die Beiträge von Bachtin und Kristeva. Der hermeneutische Ansatz von K.-H. Stierle wird ebenfalls diskutiert. Die Autorin Virginia Woolf und ihr Werk "To the Lighthouse" stehen im Mittelpunkt der Analyse. Das Märchen "Der Fischer und seine Frau" der Brüder Grimm ist die gewählte intertextuelle Quelle.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Intertextualität, Virginia Woolf, To the Lighthouse, Der Fischer und seine Frau, Brüder Grimm, Märchen, Roman, Literaturwissenschaft, Textanalyse, Rezeption, Intention, Prätexte.
Für wen ist diese Arbeit bestimmt?
Diese Arbeit richtet sich an Leser, die sich für Literaturwissenschaft, Textanalyse und den Begriff der Intertextualität interessieren. Sie ist besonders relevant für Studierende der Literaturwissenschaft und Germanistik.
- Arbeit zitieren
- Anna Essmeyer (Autor:in), 2005, Der intertextuelle Bezug auf das Märchen 'Vom Fischer und seiner Frau' der Brüder Grimm in Virginia Woolfs Roman 'To the Lighthouse', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112174