Hannibal - Auf der Flucht


Seminararbeit, 2008

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Hannibal: politisch zu „weich“?
1.2. Die Nachkriegszeit bis zur Flucht vom Hofe Antiochos

2. Bis zum Ende handelnd – 190 ­ 183 v. Chr
2.1 Gortyn, Gold und Quintus Fabius Labeo
2.2 Artaxias, Artaxata, Architekt
2.3 Der jämmerlichste Jammerprinz Asiens

3. Diskussion: Zu „weich“?
3.1. Zusammenfassung
3.2. Fazit

4. Anmerkungen

5. Abkürzungen, Quellen­ und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1. Hannibal: politisch zu „weich“?

Die Berührung und Auseinandersetzung mit Hannibal, seinem Leben, Handeln und Wirken, vor, während des zweiten punischen Krieges und darüber hinaus; seine Zeit als Sufet in Karthago, die nachfolgende Flucht, bis hin zu seinem Tode am Hofe Prusias I. von Bithynien, bieten dem Betrachter eine häufig wunderliche Zeichnung eines Menschen, der aber stets handelnd agiert hat. Ob er sich eines Zieles, also eines Zweckes seines Handelns bewusst war, kann aus seinem Handeln nicht sicher abgeleitet werden. Sicher ist: Stets begleitet war Hannibals politisch­militärisches Ringen von der sich im Mittelmeerraum etablierenden Großmacht Rom, die von Anfang an sein Leben, sein politisches Handeln und seinen Tod mitgeprägt hat.

Diese Auseinandersetzung warf mir nun die Frage auf, ob Hannibal, politisch betrachtet, Handlungsfähigkeit bewiesen hat – oder eben nicht, bzw. unzureichend. Der Historiker Jacob Seibert widmet dieser Frage einiges Papier und hält letztlich fest: „Hannibal war als Politiker nicht hart genug“ (Seibert 1997, S. 543). Hingegen resümiert Barceló: „Mit Hannibals Abgang von der politischen Bühne der Alten Welt erlosch die letzte Möglichkeit eines als Gegenmodell konzipierten Projekts zum römisch geprägten Weltreich“ (Barceló 2004, S. 245) und Mommsen schwärmt: „Von seinem strategischen Genie zeugt jedes Blatt der Geschichte dieser Zeit […] Er war ein großer Mann; wohin er kam, ruhten auf ihm die Blicke aller“ (Mommsen 1903, S. 751). Die Auseinandersetzung mit den historischen Quellen und den aktuellen Monografien hat schließlich einen persönlichen Standpunkt bewirkt, der dem Barcelós bzw. Mommsens ähnelt, aber vor allem hat Seibert mit seiner Arbeit dazu beigetragen, mich in dieser Schrift dieser Frage zu stellen. Mit bewundernswerter Akribie setzt Seibert jedem Schritt Hannibals Optionen zur Seite. Er entschlüsselt, soweit die Quellenlage es zulässt, dessen Handlungen, analysiert, vergleicht und verbessert, und sein Anliegen, den „…Glanz, den ihm [Hannibal] die antike und die moderne Nachwelt verliehen hat“ (Seibert 1997, S. 544) ein wenig abzupolieren, wallt nebulös in nahezu jedem Kapitel seines Werkes.

Diese Hausarbeit wirft also keine neuen Fragen auf, auch in Hinblick auf eine Quellenkritik sehe ich mich noch am Anfang stehen, aber es liegt mir an, der oben bereits vorformulierten Stellung am Ende dieser Arbeit eine eigene Haltung Hannibals Leben und Tun gegenüber zu skizzieren. Eine Rechtfertigung für eine relativ wenig quellenkritische Arbeit ist meine noch geringe Kenntnis der antiken Historiker und Biographen, doch hoffe ich diesem Aspekt hierin wenigstens in Teilen gerecht zu werden.

In Folge beschränke ich mich auf die Darstellung Hannibals Leben während seiner Flucht, von 190 bis 183 v. Chr.; dass scheint mir ausreichend, da innerhalb dieses Zeitfensters, aufgrund der eng eingeschränkten Möglichkeiten Hannibals, seine – soweit interpretierbaren – Handlungen und Absichten, gleichwohl seine Hilflosigkeit offen liegen wie sonst kaum. In gefesselter Selbständigkeit war er nicht mehr bzw. kaum in der Lage, in allein politischem Sinne weiter zu agieren – und doch tat er nichts anderes als es zu versuchen. Ich folge den Stationen der Flucht bis zu seinem Tod in Bithynien und versuche mich in der Beantwortung der Frage: War Hannibal politisch zu „weich“?

1.2. Die Nachkriegszeit bis zur Flucht vom Hofe Antiochos III.

Nach der Einsetzung als Sufet1 in seiner Heimatstadt Karthago, bewies Hannibal Tatkraft und Durchsetzungsvermögen, wenn es darum ging, den Staat neu zu ordnen und die Stadt nach dem verlorenen Krieg wieder auf die Beine zu stellen2. Sogar die römische Geschichtsschreibung kommt nicht umhin, Hannibal darin lobend zu erwähnen3. Doch eine Stellung, wie die als Sufet, konnte den Römern ganz und gar nicht recht sein – nicht nach den unter Hannibal erlittenen Verlusten und Fragwürdigkeiten, die zwangsläufig ein Trauma bewirken mussten4. Sie sandten also nach Karthago, wenigstens Hannibals Absetzung zu erwirken und wenn Nepos schreibt, sie wären nicht gleich in der Absicht gekommen, vor dem römeropportunen Rat der Karthager seine Auslieferung zu fordern, schreibt er an der Realität vorbei5. Livius bemerkt gegenüber Nepos: „Nur Hannibal täuschte sich nicht darin, daß die Römer es auf ihn abgesehen hatten und daß den Karthagern der Friede nur unter der Bedingung gewährt worden war, daß der Krieg gegen ihn unversöhnlich anhalte.“6 Hannibal hatte vorgesorgt und flüchtete per navem7 195 v. Chr. an den Hofe Antiochos III., dem Herrscher des seleukidischen Reiches, wo er sich vorerst sicher wähnen konnte. Diese politische „Partnerschaft“ bestand von Anfang an jedoch auf Probe, Hannibal konnte sich schließlich nicht durchsetzen, wobei ihm rückschauend ein Mangel an Zurückhaltung und

Diplomatie vorgeworfen wird8. Diesen Mangel kann ich nicht nachvollziehen, wohl aber einen Gegensatz der Vorstellungen – der Sichtweisen Hannibals und Antiochos III. abstrahieren. Seibert muss schlussendlich selbst feststellen, dass Antiochos sich in Hannibal irrte und konstatiert den daraus folgenden Edelmut Antiochos, wenn er Hannibal am Ende gar noch vor den Römern warnte und quasi zur Flucht sandte9.

Der verlorene Krieg Antiochos III. 192 – 188 v. Chr., gegen die Römer und deren fortwährende und zunehmende Intervention Gesandter am Hofe trieben Hannibal weiter und so flüchtete er schließlich im Sommer 189 v. Chr.10 nach Gortyn auf Kreta11.

2. Bis zum Ende handelnd – 190 ­ 183 v. Chr.

2.1. Gortyn, Gold und Quintus Fabius Labeo

Eine beinahe legendär klingende und goldhaltige Erzählung berichtet Nepos12 von diesem Aufenthalt Hannibals in Gortyn, deren Wahrheitsgehalt nicht sicher ist, wenn man die leserfreundlichen Aufhellungen anerkennt, die man der neposschen Biographieschreibung zu Grunde legen muss – jedoch möglich. Barceló meint, die Geschichte Nepos wäre wenig wahrscheinlich, „…weil ihre Komponenten weitverbreitete Gemeinplätze enthalten“ (Barceló 2004, S. 241), worin Seibert im Prinzip zustimmt13. Als mögliche Begründung für die Authentizität der Darstellung führt Seibert den Tempel der [Diana bei Nepos] Artemis in Gortyn an14, worin Hannibal sein Gold vermeintlich zum Zwecke der Erholung15 versteckt haben soll. Wenn die Gortyner Artemis aufrichtig verehrt haben mögen, wie Seibert weiter meint, dürften sie es aufgrund deren viel zitierter Strenge16 nicht gewagt haben, das Gold anzutasten. Ich neige jedoch dazu, diese Geschichte als Aufhänger des Autors Nepos für den Charakter Hannibals, des geizigen Karthagers zu werten, der dadurch einseitig übersteigert wird, andererseits werden die Kreter in ihrer Verschlagenheit dargestellt, die nur durch einen Gott gebremst werden kann.

Was aber wichtiger ist, dass Hannibals Aufenthalt nur kurz währte, da ein römischer Prätor,

Q. Fabius Labeo, nach Kreta kam17, weil es dort offensichtlich zu Polis­Hostilitäten18 gekommen war, außerdem wird von angeblichen, römischen Gefangenen berichtet19. Die Auseinandersetzung der Städte und die vermeintlich dort Gefangenen dienten der Forschung nach aber vielmehr als Vorwand für Rom, in Kreta tätig zu werden.

[...]


1 Liv 33,46

2 Liv 33, 4647

3 Nep Hann 7,5

4 Ich erkenne in der Art und Weise wie der Sieger Hannibal beschreibt, in psychologischer Hinsicht nichts anderes, alsden Versuch, Hannibals Handeln und Tun zu verdrängen – siehe etwa bei Livius die Polemik in Bezug auf seine Taten als Sufet – Liv 33, 4647,

5 Nep Hann 7,6

6 Liv 33, 47, 9

7 mit einem Schiff

8 Seibert, S. 506 507;518

9 Seibert, S. 519

10 Ich halte mich an dieser Stelle an die aktuellere Forschungsangabe Barcelós, nicht die Seiberts, der Hannibals Ankunft in Gortyn Ende 190 v. Chr. angibt.

11 Nep Hann 9,1

12 Nep Hann 9, 14

13 Seibert, S. 522 523

14 Seibert, S. 522

15 Seibert, S. 522

16 Lücke, S. 154

17 Liv 37, 60, 27

18 StädteStreitigkeiten zwischen Gortyn, Knossos und Kydonia

19 Liv 37, 60, 23

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Hannibal - Auf der Flucht
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Fachbereich Geschichte)
Veranstaltung
Die punischen Kriege
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
14
Katalognummer
V112175
ISBN (eBook)
9783640108008
ISBN (Buch)
9783640109753
Dateigröße
659 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hannibal, Flucht, Kriege
Arbeit zitieren
Michael Bolz (Autor:in), 2008, Hannibal - Auf der Flucht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112175

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