Bis heute wird in der Herrnhuter Losung, die seit 278 Jahren erscheint und von der evangelischen Brüder-Unität in Deutschland herausgegeben wird, am 6. Juli an den Märtyrertod des Jan Hus auf dem Konzil in Konstanz im Jahre 1415 gedacht. In diesem kleinen Buch mit ausgelosten Sammlungen von kurzen Bibelworten des Alten und Neuen Testaments für jeden Tag, hat der tschechische Theologe einen hohen Stellenwert. Er wird für den evangelischen Glauben als bedeutend und einflussreich einstuft. Die Tschechen huldigen ihm bis heute als ihren Nationalhelden. Bei diesen Ehrerweisungen muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Leistung des Jan Hus durchaus nicht in der Abfassung seiner reformatorischen Doktrin gesucht werden kann. Diese weist nämlich eine starke Anlehnung an den Oxforder Kleriker John Wyclif auf. Die Verarbeitung der Schriften des englischen Realisten bei dem Böhmen Jan Hus wird in der Forschung stark diskutiert. Auf Grundlage der Erkenntnisse von Johann Loserth, die der Historiker 1884 erstmals veröffentlichte , existieren bis heute zahlreiche Monographien und Aufsätze, die das Verhältnis von Hus und Wyclif näher erörtern. Debattiert wird vor allem die Authentizität des Böhmen, stets jedoch vor dem Hintergrund, dass er mit seinem Wirken der Initiator einer konfessionellen Spaltung wurde. Auch wenn seine theologische Basis aus schon existierenden, nur geliehenen Gedanken besteht, ist nicht zu leugnen, dass die Wirkung, die Hus mit seinem Leben erzielte, weiter reichte, als die von seinem Vorbild John Wyclif.
Indem die Persönlichkeiten Hus und Wyclif näher erläutert werden und vor allem der Werdegang des Böhmen beleuchtet wird, soll auch im Folgenden die Rezeption der Ideen des John Wyclif bei Jan Hus erörtert werden. Unter Einbeziehung der Forschungsliteratur kann schlussendlich ein Fazit über den Einfluss Wyclifs auf Hus gezogen werden. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass bis heute nicht alle Schriften der beiden Theologen verglichen und analysiert wurden, sodass noch im Unklaren liegt, wie stark Hus’ Abhängigkeit von dem Engländer wirklich war.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Jan Hus und seine Zeit
- Die Ausbreitung der Ideen Wyclifs in Böhmen
- John Wyclifs Einfluss auf Jan Hus
- Ekklesiologie bei John Wyclif
- Hus als Pæstor in der Prager Bethlehemskapelle
- De Ecclesia
- Die Anklage zum Häretiker
- Fazit
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Rezeption der ekklesiologischen Ideen des englischen Theologen John Wyclif bei dem böhmischen Reformator Jan Hus. Sie analysiert die Beziehung zwischen den beiden Theologen, untersucht den Einfluss Wyclifs auf Hus' Denken und beleuchtet die Entstehung von Hus' eigener reformatorischer Doktrin.
- Die Ausbreitung des Wyclifismus in Böhmen
- Der Einfluss von Wyclifs Ekklesiologie auf Jan Hus
- Die Rolle der Bethlehemskapelle in Prags
- Die Bedeutung von Hus' Schrift "De Ecclesia"
- Die Anklage und der Märtyrertod von Jan Hus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz von Jan Hus für den evangelischen Glauben und die tschechische Geschichte dar. Sie betont die Bedeutung von John Wyclifs Einfluss auf Hus' Theologie und die Herausforderungen, die sich aus der Analyse ihres Verhältnisses ergeben.
Kapitel 2 beschreibt Jan Hus' Leben und Wirken im Kontext seiner Zeit. Es beleuchtet die politischen und sozialen Spannungen, die das 14. Jahrhundert prägten, und die Rolle der Kirche in diesem Umfeld.
Kapitel 3 beschreibt die Verbreitung der Ideen des englischen Reformers John Wyclif in Böhmen. Es beleuchtet die Rolle der Prager Universität, den Universalienstreit und die Bedeutung von Wyclifs Schriften für die böhmischen Magister.
Kapitel 4 analysiert den Einfluss von John Wyclifs Ekklesiologie auf Jan Hus. Es untersucht Wyclifs Kritik an der Kirche, seine realistische Philosophie und seine Forderung nach einer "armen Kirche".
Kapitel 4.2 beleuchtet Hus' Tätigkeit als Prediger in der Prager Bethlehemskapelle. Es beschreibt die Bedeutung der tschechischen Sprache für seine Predigten und die wachsende Popularität seiner Reformbewegung.
Kapitel 4.3 behandelt Hus' Schrift "De Ecclesia" und seine Abhängigkeit von Wyclifs Werk. Es untersucht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Theologen und die Bedeutung von Hus' eigenen Interpretationen.
Kapitel 4.4 beschreibt die Anklage gegen Jan Hus als Häretiker und seinen Prozess vor dem Konzil von Konstanz. Es beleuchtet Hus' Standhaftigkeit in seiner Lehre und seinen Märtyrertod.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Rezeption der ekklesiologischen Ideen des John Wyclif bei Jan Hus, die Ausbreitung des Wyclifismus in Böhmen, die Rolle der Prager Bethlehemskapelle, die Bedeutung von Hus' Schrift "De Ecclesia", die Anklage gegen Jan Hus als Häretiker und seinen Märtyrertod, sowie die Frage nach der Originalität und Abhängigkeit von Wyclifs Schriften. Der Text analysiert das Verhältnis zwischen den beiden Theologen und beleuchtet den Einfluss Wyclifs auf Hus' Denken und Wirken.
- Arbeit zitieren
- Carolin Günther (Autor:in), 2007, Die Rezeption ekklesiologischer Idee des John Wyclif bei Jan Hus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112244