In der gesellschaftlichen Ausgangssituation der Spätaufklärung entschloss sich der Philosoph und Literat Karl Philipp Moritz (1756-1793) zu einem neuartigen Romanansatz. Mit seinem umfangreichen Hintergrundwissen, einer kenntnisreichen Mischung aus Literaturtheorie sowie pädagogischem und politischem Wissen gelingt es dem Verfasser, die eigene Biographie zu verarbeiten und mit dem vierbändigen „Anton Reiser“ einen „Versuch des Künstlerromans“ zu schaffen.
In dessen Verlauf wird von der Konfrontation eines künstlerischen und begabten jungen Menschen mit der kalten Rationalität der Alltagswirklichkeit und seiner Suche nach einer erfüllten, besseren Existenz erzählt. Die eigene Lebenserfahrung bringt Moritz auch in die Kommentare des Erzählers ein, der zu Beginn jedes Romanbandes die momentane Lage der Hauptfigur kurz darstellt und dem Leser mit einer kritischen Beurteilung zur differenzierten Betrachtung dient. Diese Möglichkeit selbstreflexiver Literatur, sich als Autor auf unterschiedliche Arten einzubringen, wird von den Bearbeitern missachtet, die den „Anton Reiser“ als rein autobiographisches Werk deuten und eine Identität von Moritz und Reiser hinein interpretieren.
Inhaltsverzeichnis
- Reisers Kindheit: Grundlegung der Theaterleidenschaft
- Die Jugendjahre: Kunsttheorie und Künstlerdilemma
- Der Reiser und Wilhelm Meister: Helden unterschiedlicher Romantypen
- Fazit
- Verwendete Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay analysiert den Zusammenhang von Theater und Bildung in Karl Philipp Moritz' „Anton Reiser" und vergleicht die Darstellung mit Goethes „Wilhelm Meister". Der Essay zielt darauf ab, die Rolle des Theaters in der Persönlichkeitsentwicklung der Protagonisten zu untersuchen und die spezifischen Herausforderungen und Möglichkeiten der Theaterkultur im Kontext der damaligen Gesellschaft zu beleuchten.
- Die Bedeutung der Theaterleidenschaft in der Jugend
- Die Rolle des Theaters als Mittel der Selbstdarstellung und Selbstfindung
- Der Einfluss der Kunsttheorie auf die künstlerische Entwicklung der Protagonisten
- Die Herausforderungen der Theaterkultur in der damaligen Gesellschaft
- Der Vergleich der Bildungsromane „Anton Reiser" und „Wilhelm Meister"
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil des Essays befasst sich mit der Kindheit des Titelhelden Anton Reiser und der Entstehung seiner Theaterleidenschaft. Reiser wächst in einer spießbürgerlichen und pietistischen Umgebung auf, die seine sensible Natur und seinen Drang nach Selbstverwirklichung behindert. Der Essay beschreibt, wie Reiser in die eigene Phantasiewelt flüchtet und seine Emotionen durch das Theater ausdrückt. Die Rolle des Theaters als Ventil für Reisers innere Konflikte und seine Suche nach Anerkennung wird im Detail dargestellt.
Im zweiten Teil wird die Jugendzeit Reisers und seine Auseinandersetzung mit Kunsttheorie und Künstlerdilemma beleuchtet. Der Essay untersucht, wie Reiser durch die Lektüre von Shakespeare und Rousseau die eigene künstlerische Identität entdeckt und die Zwiespältigkeit seines Daseins zwischen Traum und Realität begreift. Es wird gezeigt, wie Reisers Begeisterung für das Theater mit der Suche nach einer erfüllten Existenz und einer höheren künstlerischen Welt verbunden ist. Die Schwierigkeiten, die Reiser in seiner bürgerlichen Umwelt erfährt, und die mangelnde Anerkennung seines Talents werden ebenfalls thematisiert.
Der dritte Teil des Essays vergleicht „Anton Reiser" mit Goethes „Wilhelm Meister" und stellt die unterschiedlichen Konzepte der Bildungsromane gegenüber. Während Wilhelm Meister seine theatralische Sendung mit konkreten Zielen und dem Gedanken an nationales Theater verbindet, ist bei Anton Reiser nur eine idealistische Motivation zur Bildung auf dem Theater vorhanden. Der Essay zeigt, wie beide Figuren am spezifischen Künstlerdilemma scheitern, da sie über das Stadium des Dilettanten nicht hinauskommen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Zusammenhang von Theater und Bildung, die Theaterleidenschaft, den Künstlerroman, das Künstlerdilemma, den Bildungsroman, Karl Philipp Moritz, „Anton Reiser", Johann Wolfgang von Goethe, „Wilhelm Meister", die Theaterkultur des 18. Jahrhunderts, die gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen der damaligen Zeit, die Rolle des Theaters in der Persönlichkeitsentwicklung, die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und die Suche nach Anerkennung.
- Arbeit zitieren
- Markus Koch (Autor:in), 2007, Kritische Diskussion über den den Zusammenhang von Theater und Bildung in Karl Philipp Moritz' "Anton Reiser" unter Einbezug von Goethes "Wilhelm Meister", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112254