Die Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte beruht auf der EU-Elektrizitäts-Binnenmarktrichtlinie (96/92/EG) und wurde in Deutschland durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) umgesetzt. Von 1998 bis 2005 wurde ein verhandelter Netzzugang praktiziert, indem alle Netzzugangsbedingungen durch Verbändevereinbarungen geregelt wurden. Diese Vereinbarungen führten aber nicht zu einer Belebung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten, sondern zu einer Zunahme der Konzentration. 2005 waren von den acht großen Energiekonzernen nur noch vier am Markt. In ihrem Besitz befinden sich neben dem Übertragungsnetz auch ca. 90 % der Kraftwerke. Nachdem die Strompreise immer weiter anstiegen, gab das Wirtschaftsministerium dem Druck der Verbraucherschutzverbänden nach und setzte eine Regulierungsbehörde ein. Diese wurde in die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post integriert und in Bundesnetzagentur (BNetzA) umbenannt.
Zu den Aufgaben der BNetzA gehört die Entflechtung und Regulierung der Energieversorgungsnetze und die Kontrolle der Netznutzungsentgelte. Die derzeitige Kontrolle über die Entgelte erfolgt durch eine kostenbasierte Preisregulierung in Form von Prüfungen und Genehmigungen bzw. Kürzungen. Die erste Genehmigungsrunde für die Netzentgeltgenehmigung der Energiewirtschaft durch die BNetzA ist abgeschlossen. Die Forderungen der Netzbetreiber wurden um ca. 2,5 Milliarden Euro gekürzt. Auf dem Strommarkt wurden Kürzungen von Durchschnittlich 13 % durchgesetzt; auf dem Gasmarkt von rund 12 % (Vgl. Bünder 2007, S. 1). Die Netzkosten machen ca. 22 % des Gaspreises und ca. 39 % des Strompreises aus.
Auch in der gerade begonnenen zweiten Entgeltgenehmigungsrunde wurden bereits Kürzungen der beantragten Netzentgelte im Verteilnetzbereich durchgesetzt. Für die Vattenfall Europe Distribution GmbH Berlin betrug diese 16 %, für Hamburg 18 % (Vgl. BNetzA 2008). Dies bewirkt eine Senkung des Endverbraucherpreises um einen Prozentpunkt. Der zweiten Genehmigungsrunde kommt besondere Bedeutung zu, da sie die Ausgangsbasis für die Anreizregulierung bildet, die zum 01.01.2009 eingeführt wird. Der Wechsel des Regulierungssystems erfolgt um bei den Netzbetreibern dynamische Impulse zu setzen, die in der derzeitigen kostenbasierten Regulierung unterbleiben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Vorgehensweise
- Einleitung
- Vorgehensweise
- Einführung in das Grundprinzip des deutschen Anreizregulierungssystems
- Von der kostenbasierten Preisregulierung zur Anreizregulierung
- Das Grundprinzip der Erlösobergrenzenregulierung und die damit verbundenen Probleme der Qualitätssicherung und der Investitionshemmnisse
- Die Anreizregulierung im Rahmen des disaggregierten Regulierungsansatzes
- Der disaggregierte Regulierungsansatz in der Energiewirtschaft
- Zielsetzungen der Anreizregulierung und Kriterien für die sachgerechte Zweckerfüllung
- Das Konzept der Bundesnetzagentur im Überblick
- Der Zusammenhang zwischen dem Ausgangsniveau, dem X-Faktor und der Regulierungsperiode
- Das Ausgangsniveau
- Ansprüche an die zu ermittelnde Datenbasis
- Gefahren bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus
- Das Vorgehen der BNetzA
- Kritik am Vorgehen der BNetzA
- Fazit Ausgangsniveau
- Normierung der Kostendaten
- Eliminierung der nicht beeinflussbaren Kosten
- Zeitliche Rückwirkungen
- Normierung der Kostendaten durch eine Vergleichbarkeitsrechnung
- Standardisierung der Kapitalkosten: Abschreibungsdauer
- Standardisierung der Kapitalkosten durch Annuitäten
- Technisch-wirtschaftliches Anlagenregister (twA) ab der 2. Regulierungsperiode
- Funktionsweise des twA
- Der Nutzen des twA
- Kosten des twA
- Fazit
- Der Effizienzvergleich
- Wissenschaftliche Grundlagen
- Das Grundproblem
- Ansprüche an den Effizienzvergleich
- Benchmarking-Unterscheidungen unter ökonomischer Betrachtung
- Das Benchmarking der Bundesnetzagentur
- Konzeptüberblick
- Vergleichsparameter
- Data Envelope Analyse (DEA)
- Das Grundprinzip
- Effizienzmessung mittels inputorientierter DEA
- DEA und die Berücksichtigung der Betriebsgröße
- Stochastic Frontier Analysis (SFA)
- Die Kombination aus DEA uns SFA
- Die Umsetzung der Effizienzwerte in Effizienzvorgaben durch die BNetzA
- Strategisches Verhalten und Benchmarking
- Beurteilung des Benchmarking
- Der generelle X-Faktor
- Die theoretische Rechtfertigung des generellen X-Faktors (Xgen)
- Die Bestimmung des generellen X-Faktors durch die BNetzA
- Fazit
- Festlegung des EK-Zinses
- Festlegungsdauer des EK-Zinses
- Risikoadjustierung des EK-Zinses
- Neubewertung des Ausgangsniveaus durch Neubestimmung des EK-Zinses
- Problembehandlungen der deutschen Anreizregulierung
- Qualität
- Definition von Qualität in der Energiewirtschaft
- Die Bestimmung der optimalen Qualität und Regulierungsmechanismen
- Die Qualitätsregulierung nach der ARegV
- Fazit Qualität
- Das Investitionsverhalten der Netzbetreiber
- Verzerrungen des Investitionsverhaltens durch eine Revenue-Cap-Regulierung
- Maßnahmen im deutschen Anreizregulierungsssystem für effizientes Investitionsverhalten
- Angemessene Problemlösung
- Bewertung des Gesamtkonzeptes
- Simplizität
- Geeignete Anreizstrukturen
- Fairness
- Planungssicherheit
- Fazit
- Regulierungsökonomischer Ausblick
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die geplante Anreizregulierung der Bundesnetzagentur für die deutsche Energiewirtschaft. Sie untersucht die ökonomischen Grundlagen und die praktische Umsetzung des Regulierungssystems, insbesondere die Festlegung des Ausgangsniveaus, die Normierung der Kostendaten, den Effizienzvergleich und die Festlegung des generellen X-Faktors. Die Arbeit beleuchtet die Herausforderungen und Chancen der Anreizregulierung im Hinblick auf die Qualitätssicherung, das Investitionsverhalten der Netzbetreiber und die Fairness des Systems.
- Ökonomische Analyse der Anreizregulierung in der Energiewirtschaft
- Bewertung der Methoden zur Festlegung des Ausgangsniveaus und der Normierung der Kostendaten
- Untersuchung des Effizienzvergleichs und seiner Auswirkungen auf das Investitionsverhalten der Netzbetreiber
- Analyse der Rolle des generellen X-Faktors und seiner Auswirkungen auf die Regulierungsperiode
- Bewertung der Qualitätssicherung und der Fairness des Anreizregulierungssystems
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit dar. Kapitel 2 führt in das Grundprinzip des deutschen Anreizregulierungssystems ein und erläutert die Funktionsweise der Erlösobergrenzenregulierung. Kapitel 3 befasst sich mit der Festlegung des Ausgangsniveaus, das die Grundlage für die Berechnung der Erlösobergrenze bildet. Kapitel 4 analysiert die Normierung der Kostendaten, die zur Eliminierung von nicht beeinflussbaren Kosten und zur Vergleichbarkeit der Netzbetreiber dient. Kapitel 5 untersucht den Effizienzvergleich, der zur Ermittlung von Effizienzvorgaben für die Netzbetreiber eingesetzt wird. Kapitel 6 analysiert den generellen X-Faktor, der die Effizienzsteigerungen der Netzbetreiber berücksichtigt. Kapitel 7 befasst sich mit der Festlegung des Eigenkapitalzinssatzes, der für die Berechnung der Erlösobergrenze relevant ist. Kapitel 8 beleuchtet die Problembehandlungen der deutschen Anreizregulierung, insbesondere die Qualitätssicherung und das Investitionsverhalten der Netzbetreiber. Kapitel 9 bewertet das Gesamtkonzept der Anreizregulierung und Kapitel 10 gibt einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Regulierung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Anreizregulierung, die Energiewirtschaft, die Bundesnetzagentur, das Ausgangsniveau, die Kostendaten, der Effizienzvergleich, der X-Faktor, die Qualitätssicherung, das Investitionsverhalten und die Fairness des Regulierungssystems. Die Arbeit analysiert die ökonomischen Grundlagen und die praktische Umsetzung der Anreizregulierung in Deutschland und beleuchtet die Herausforderungen und Chancen dieses Regulierungsmodells.
- Arbeit zitieren
- Diplom Volkswirt Andreas Kern (Autor:in), 2008, Anreizregulierung der Bundesnetzagentur. Eine ökonomische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112436