[...] Seit Jahrhunderten haben Serben und Albaner im Kosovo gewohnt, aber erst seit
dem 19. Jahrhundert wurde diese Region zum Zentrum ethnischer Kämpfe und
widersprüchlichen Forderungen. Die Verwaltungsmacht im Kosovo war manchmal in
den Händen der Serben, manchmal in den der Albaner. Das heißt, dass es immer eine
Herrschaft der einen Volksgruppe über die andere gab, sei es während der Ära der
Ottomanen, während der zwei Weltkriege oder unter kommunistische Herrschaft1. Von
1945 bis 1966 wurde das Kosovo von dem Serben Aleksander Randovic regiert, aber
seine Nachfolger waren bis 1989 Albaner, und die Verfassung von 1974 verschaffte der
Provinz einen Statut, der quasi republikanisch war, obwohl sie als selbstständige Provinz
noch wesentlich zu Jugoslawien gehörte. 1981 wurden die albanischen Demonstrationen
für ein komplett republikanisches Statut innerhalb Jugoslawien von den Bundestruppen
niedergeschlagen, und die Beziehungen zwischen Serben und Albanern im Kosovo
wurden immer schwieriger2. Am Ende der 80er Jahre wurde die serbische Führung (unter
Slobodan Milosevic) nationalistisch, die besonders die Wiederherstellung der kompletten
serbischen Souveränität über das Kosovo forderte. Diese Wiederherstellung, die die
Verfassung von 1974 verletzte, geschah im Jahre 1989. Dies führte zur Entstehung eines
Widerstandes innerhalb der albanischen Bevölkerung des Kosovos, der zuerst friedlich
war, aber ab 1998 anfing, sich zu bewaffnen und gewalttätig zu handeln. Diese
Kampfweise der UCK (die Befreiungsarmee des Kosovo) ist erfolgreich gewesen, und
führte zur Eskalation der Gewalt in der Region, da die Antwort der Serben nicht auf sich
warten lies. Daraufhin drohte die NATO mit Luftangriffen und, da die Verhandlungen
scheiterten, auch durchgeführt wurden.
Ziel dieser Arbeit ist, die Gründe der Intervention der NATO in Bezug auf die
neuen strategischen Gegebenheiten des Bündnisses nach dem Zusammenbruch des
Ostblocks zu verstehen, und die Rechtfertigung dieses Eingriffes im Bezug auf dem
Völkerrecht zu analysieren.
Die Frage der Legitimität der Bombardierungen der NATO auf Jugoslawien
bezieht sich auf zwei grundlegende Fragen: einerseits das Wesen von akzeptierten und
anwendbaren Regelungen einer Weltordnung, andererseits ihre Erheblichkeit im Fall des
Kosovos.
1 Waller, S. viii.
2 Es gab sogar eine echte Segregation, zum Beispiel im Bereich der Ausbildung, Waller, S. ix.
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGEN
EINLEITUNG
I. DIE NEUE LAGE SEIT DEM ZUSAMMENBRUCH DES OSTBLOCKS
A. Inwiefern hat sich die Sicherheitsumwelt seit der Gründung der NATO geändert
B. Das neue strategische Konzept von 1991
C. Das neue strategische Konzept von 1999
II. DER KRIEG
A. Wie es zum Angriff der NATO kam
B. Eine neue Art von Krieg
III. DIE LEGITIMITÄT DES EINSATZES
A. Die Frage der Legitimität des Einsatzes im Bezug auf das Völkerrecht
B. Die Ausschließung der UNO
SCHLUSS
LITERATURVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGEN
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
EINLEITUNG
In der Nacht des 24. März 1999 fingen die NATO-Kräfte ihren Lufteingriff gegen Jugoslawien an. Die Bombardierung dauerte 79 Tage und es wurden - laut der NATO - 5000 jugoslawischen Soldaten und zwischen 500 und 1400 Zivilisten von den NATO-Bomben getötet.
Seit Jahrhunderten haben Serben und Albaner im Kosovo gewohnt, aber erst seit dem 19. Jahrhundert wurde diese Region zum Zentrum ethnischer Kämpfe und widersprüchlichen Forderungen. Die Verwaltungsmacht im Kosovo war manchmal in den Händen der Serben, manchmal in den der Albaner. Das heißt, dass es immer eine Herrschaft der einen Volksgruppe über die andere gab, sei es während der Ära der Ottomanen, während der zwei Weltkriege oder unter kommunistische Herrschaft[1]. Von 1945 bis 1966 wurde das Kosovo von dem Serben Aleksander Randovic regiert, aber seine Nachfolger waren bis 1989 Albaner, und die Verfassung von 1974 verschaffte der Provinz einen Statut, der quasi republikanisch war, obwohl sie als selbstständige Provinz noch wesentlich zu Jugoslawien gehörte. 1981 wurden die albanischen Demonstrationen für ein komplett republikanisches Statut innerhalb Jugoslawien von den Bundestruppen niedergeschlagen, und die Beziehungen zwischen Serben und Albanern im Kosovo wurden immer schwieriger[2]. Am Ende der 80er Jahre wurde die serbische Führung (unter Slobodan Milosevic) nationalistisch, die besonders die Wiederherstellung der kompletten serbischen Souveränität über das Kosovo forderte. Diese Wiederherstellung, die die Verfassung von 1974 verletzte, geschah im Jahre 1989. Dies führte zur Entstehung eines Widerstandes innerhalb der albanischen Bevölkerung des Kosovos, der zuerst friedlich war, aber ab 1998 anfing, sich zu bewaffnen und gewalttätig zu handeln. Diese Kampfweise der UCK (die Befreiungsarmee des Kosovo) ist erfolgreich gewesen, und führte zur Eskalation der Gewalt in der Region, da die Antwort der Serben nicht auf sich warten lies. Daraufhin drohte die NATO mit Luftangriffen und, da die Verhandlungen scheiterten, auch durchgeführt wurden.
Ziel dieser Arbeit ist, die Gründe der Intervention der NATO in Bezug auf die neuen strategischen Gegebenheiten des Bündnisses nach dem Zusammenbruch des Ostblocks zu verstehen, und die Rechtfertigung dieses Eingriffes im Bezug auf dem Völkerrecht zu analysieren.
Die Frage der Legitimität der Bombardierungen der NATO auf Jugoslawien bezieht sich auf zwei grundlegende Fragen: einerseits das Wesen von akzeptierten und anwendbaren Regelungen einer Weltordnung, andererseits ihre Erheblichkeit im Fall des Kosovos.
I. DIE NEUE LAGE SEIT DEM ZUSAMMENBRUCH DES OSTBLOCKS
A. Inwiefern die Sicherheitsumwelt seit der Gründung der NATO sich geändert hat
Der Nordatlantikvertrag, der den Rechts- und Vertragsrahmen der NATO darstellt, wurde im April 1949 unterzeichnet. Die Präambel des Vertrags sieht vor, dass es das Ziel des Bündnisses ist „die innere Festigkeit und das Wohlergehen im nordatlantischen Gebiet zu fördern“, aber hinter diesem allgemeinen Ziel versteckt sich das bestimmtere Ziel der Verteidigung gegen eine potentielle Bedrohung der UdSSR.
Aber nach vierzig Jahre Existenz der NATO, im Jahre 1989, begann die UdSSR und der Ostblocks im gesamten zusammenzubrechen. Dies änderte alle strategischen Gegebenheiten. Vor der Perestroïka von Michael Gorbatschow sind drei Ereignisse[3] zu zitieren, die von wichtiger Bedeutung sind, was diesen Prozess betrifft: Die Harmel-Doktrin von 1967, deren Grundlage eine entsprechende Verteidigung zu erhalten und gleichzeitig die Suche nach einer Entspannung der Beziehungen zwischen dem Osten und dem Westen ist, der Anfang von Brandts Ostpolitik und letztlich die Annahme der KSZE-Schlussakte von Helsinki im August 1975. Diese formulierte neue Normen für die Menschenrechte und führte Maßnahmen ein, die das gegenseitigen Vertrauen zwischen dem Osten und dem Westen gewährleisten sollte. Nach verschiedenen neuen Ereignisse in den 80er Jahren[4] und besonders nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Auflösung der Warschauer Vertragsorganisation hat sich die NATO 1991 eine neue Existenzberechtigung mit einem neuen Konzept geschaffen. Die neuen Konflikte[5] werden vielgestaltig sein und aus vielen verschiedenen Richtungen kommen. Diese Aspekte lassen sich schwierig vorhersehen. Von nun an sollen die Konflikte sich nicht mehr aus einem vorgesehenen Angriff auf das Hoheitsterritorium eines der Partner, sondern aus Instabilitäten, der Verbreitung von ballistischer Flugkörper, organisiertem Verbrechen und Terrorakten stammen[6]. Régis Debray sagte dazu schon im Jahre 1989: „Früher an eine große beruhigende Angst gewöhnt, ist der öffentliche Geist nicht für die Verkettung kleiner Drohungen vorbereitet (...) Das Ende der Doppelherrschaft USA/UdSSR lässt uns von einer Welt springen, wo sich das (vorprogrammierte) Risiko eines Weltkrieges in regionale Konflikte verändert, in eine andere Welt, wo sich die regionalen Konflikte in einen nicht vor programmierte Weltkrieg entwickeln können“[7].
B. Das neue strategische Konzept von 1991
Das neue strategische Konzept von 1991, das in Rom unterzeichnet wurde, betrachtet die Zusammenarbeit mit den neuen Partnern in Mittel- und Osteuropa als einen wesentlich zur Bündnisstrategie gehörenden Teil. Es ermöglichte eine reduzierte Abhängigkeit, was nukleare Waffen betrifft, und wichtige Änderungen der integrierten militärischen Kräfte. Als grundlegende Sicherheitsaufgaben wurden die folgenden definiert: Die Gewährleistung einer kriegs- und bedrohungsfreien Zone als Grundlage für ein stabiles Sicherheitsumfeld, die Konsultation über alle Fragen, die die vitalen Interessen der NATO-Staaten berühren und die Abschreckung und Verteidigung[8]. Bei dem Treffen von Rom veröffentlichten auch die alliierten Verantwortlichen eine Deklaration über den Frieden und die Zusammenarbeit, die die zukünftigen Aufgaben der NATO in Bezug auf die neue Zusammenarbeit mit den MOE-Ländern definierte.
C. Das strategische Konzept von 1999
Auf dem NATO-Treffen am 24. und 25. April 1999[9] in Washington haben die neunzehn Regierungen der NATO ein neues strategisches Konzept verabschiedet, das das erste nach dem Ende des Kalten Krieges verabschiedete Konzept nach acht Jahre ersetzte. Dieses neue Konzept kann als die Weiterentwicklung des Konzeptes von Rom betrachtet werden, da die meisten politischen Absichten und Perspektiven dort entworfen worden waren. Dieses Konzept hat also die NATO vom Verteidigungsbündnis zum Instrument kollektiver Sicherheit gemacht.
Dieses neue Konzept präzisierte das mögliche Einsatzgebiet der NATO, mit dem Begriff des „euroatlantischen Raumes“, der allerdings nicht so klar festgelegt ist. Laut der US-Außenministerin Madeleine Albright wurde die NATO geographisch vom Mittleren Osten bis nach Zentralafrika zuständig sein[10]. Die europäischen NATO-Regierungen haben auch diese Beschreibung des „euroatlantischen Raumes“ befürwortet, deshalb kann man sagen, dass die wichtigste Ausweitung des NATO-Einsatzgebietes im Konsens geschah.
Die Mitglieder waren uneinig über die Notwendigkeit eines Mandates der Vereinten Nationen für eventuelle Einsätze der NATO. Aber letztlich wurde in dem neuen strategischen Konzept das Vorgehen eines Eingriffes ohne Zustimmung des Sicherheitsrates der UNO verallgemeinert, das heißt fast als Grundsatz festgelegt. Dies führt dazu, dass der Jugoslawien-Krieg als Vorbild für weitere potentielle Kriege gelten kann, was das Mandat betrifft. Die NATO ist in ihrem eigenen Selbstverständnis den Vereinten Nationen nicht mehr untergeordnet.
[...]
[1] Waller, S. viii.
[2] Es gab sogar eine echte Segregation, zum Beispiel im Bereich der Ausbildung, Waller, S. ix.
[3] NATO Handbook, S. 35.
[4] u.a. der 1987 Washington Abkommen (über INF-Rakete), Solidarnosc in Polen im Jahre 1980, die Ernennung von Gorbatschow als Führer der sowjetischen kommunistischen Partei, der Rücktritt der sowjetischen Truppen aus Afghanistan in 1989, der NATO-Treffen von Brüssels in Mai 1989, NATO Handbook, S. 36.
[5] Es handelt sich um neue Ängste: „Für den „ Spiegel “ ersetzt die Angst vor den russischen Flüchtlinge die Angst vor den Panzer “, Bigo, S. 322.
[6] http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/NATO-Strategie.htm
[7] Debray, zitiert nach Bigo, S. 323 (von mir übersetzt).
[8] http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/NATO-Strategie.htm
[9] Der Angriff auf Jugoslawien hatte seit einem Monat angefangen.
[10] http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/NATO-Strategie.htm
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