Die Daily-Telegraph-Affäre


Hausarbeit, 2008

16 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Gliederung

I Einleitung

1. Quellenkritik

2. Das Daily Telegraph Interview
2.1 Inhalt des Interviews
2.2 Gegenstand der Kritik

3. Ernst Bassermann und seine Rede im Reichstag
3.1 Wer war Ernst Bassermann?
3.2 Inhalt seiner Rede
3.3 Absicht seiner Rede

4. Reaktion der Parteien im Reichstag

5. Folge und Resonanz der Reichtagsdebatte

Einleitung

Im Oktober 1908 erschütterte ein Interview des Kaisers in der englischen Zeitung Daily Telegraph die deutsche Öffentlichkeit und löste große Diskussionen aus. Ein Interview, welches die deutsche Presse umfassend beschäftigte und am 10. November auch im Deutschen Reichstag thematisiert wurde. Grundlage dieser Hausarbeit ist ein Auszug aus der Eröffnungsrede des Reichstagsvorsitzenden Bassermann, mit der er vorgenannte Debatte zum Daily-Telegraph-Interview des Kaisers eröffnete.

Beginnend soll in dieser Arbeit das Interview des Kaisers im Daily Telegraph erläutert werden, um daran anschließend Bassermanns Rede analysieren zu können. Zur besseren Einordnung seiner Rede wurden in dieser Arbeit auch die Stellungen der andern im Reichstag vertretenen Parteien berücksichtigt.

Leitende Frage bei der Betrachtung der Rede soll die Frage sein, welche Absicht Bassermann verfolgte und inwieweit die Interessen der Partei eine Rolle spielten. Denn obwohl der Reichskanzler Bülow eine Mitschuld an der Veröffentlichung trug, richtete sich doch die Kritik mehrheitlich gegen den Urheber des Interviews. Ziel dieser Arbeit soll es sein, zu erklären, aus welchen Gründen Bassermann seine Treue zum Kaiser hinter den Schutz des Kanzlers stellt.

1. Quellenkritik

Die vorliegende Rede des Vorsitzenden der Nationalliberalen wurde dem Sammelband „Unter Wilhelm II 1890-1918 – Quellen zum politischen Denken der Deutschen im 19. und 20 Jahrhundert“ entnommen. In diesem veröffentlichte der Herausgeber Hans Feske Quellen, welche die politische Entwicklung in Deutschland, beginnend mit dem Rücktritt des Außenministers Otto von Bismarck bis zum Ende des Ersten Weltkrieges und zur Ausrufung der Republik, dokumentieren. Darin enthalten ist auch die Rede des Reichtagsvorsitzenden Bassermanns (Nationalliberale) vor dem Deutschen Reichstag in Berlin am 10. November 1908, als ein Zeugnis für die Reaktion der Politik und Gesellschaft auf das Denken des Reichsoberhauptes.[1]

Im Original handelt es sich bei der Quelle um einen stenographischen Bericht aus dem Reichstag der Tagungsperiode von 1907 bis 1909. Die Richtigkeit der Quelle konnte in einem Vergleich festgestellt werden.[2] Allerdings handelt es sich bei vorliegender Quelle um eine verkürzte Version. Es wurde hier lediglich der Beginn der Rede Bassermanns publiziert, in der er den Inhalt des Kaiserinterviews wiedergibt, sowie auf die Resonanzen und Folgen eingeht. Seine Forderungen, mit denen sich der anschließende Teil befasst, wurden von Feske nicht berücksichtigt.

Da es sich um eine Rede vor dem Reichstag handelt, hatte auch die Öffentlichkeit die Möglichkeit der Sitzung beizuwohnen. Daher bleibt auch ohne Zweifel, dass es sich um eine absichtliche Überlieferung für die Gegenwart handelt. Somit ist diese Quelle den Überresten zuzuordnen.

2. Das Daily Telegraph Interview

2.1 Inhalt des Interviews

Am 28. Oktober 1908 wurde in der englischen Zeitung Daily Telegraph ein Interview mit dem Kaiser veröffentlicht. Zusammengestellt wurde es von einem Freund Wilhelms II., dem Oberst Stuart Wortley, den er im Anschluss an einen Englandaufenthalt im November 1907 auf Highcliff Castle (Insel Wight) besuchte.[3] Es handelt sich hier um Gespräche am Kamin, in denen der Kaiser eingehend seine Haltung und Einstellung England gegenüber darlegt. Allerdings begrenzt er diese Einstellung auf sich und eine Minderheit aus wohlhabenden Kreisen des Deutschen Volkes. Eine Reihe von Belegen sollen seine einleitenden Freundschaftsbeteuerungen gegenüber England untermauern. So berichtet er von seiner Ablehnung des deutsch-französischen Interventionsvorschlages während des Burenkrieges. Mit diesem wurde versucht die Unabhängigkeit der Burenstaaten in Südafrika zu erhalten und England zu demütigen. Außerdem verweist er darauf, dass Deutschland während des Burenkrieges von Russland und Frankreich aufgefordert wurde, sich mit ihnen zu verbünden um England zur Beendigung des Krieges zu zwingen. Deutschland allerdings lehnte dies ab. Auch den durch ihn ausgearbeiteten Feldzugplan, den er Königin Viktoria schickte, brachte er als Zeichen seiner Verbundenheit an. Die Frage nach der Flottenpolitik begründete er mit dem sich rasch wachsenden Welthandel, der es Deutschland nötig mache, eine mächtige Flotte zu besitzen, um Handel und vielseitigen Interessen zu schützen. Zudem sieht Deutschland im aufstrebenden Japan und im kommunistischen China eine Bedrohung aus Fernost. Aus diesem Grund, so behauptet der Kaiser, wird auch England einmal froh sein, wenn sie mit den Deutschen an einer Seite kämpfen können.[4]

Der Veröffentlichung dieses Interviews stimmte der Kaiser ausdrücklich zu. Vor der endgültigen Zustimmung schickte er allerdings ein Manuskript an den Reichskanzler Bülow, der sich zu dieser Zeit auf Norderney befand. Demnach handelte dieser, indem er den Reichskanzler in Kenntnis setzt, konstitutionell richtig. Ob Bülow das Interview jedoch gelesen hat, wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Ältere Literatur glaubt den Aussagen Bülows, der behauptete, „er hätte den Entwurf des Artikels nicht selbst gelesen; anderenfalls würde er Bedenken erhoben und die Veröffentlichung widerraten haben.“[5]. Neuere Forschungen jedoch behaupten, Bülow habe das Interview gelesen.[6] Bülow hatte den Artikel lediglich an das Auswärtige Amt weitergeleitet, die einige sachliche Fehler berichtigten.

In Deutschland wurde das Interview am 29. Oktober in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung veröffentlicht und erhielt somit einen authentischen Charakter. Dem Parlament war eine Abschwächung daher kaum mehr möglich und der Sturm der Entrüstung in den deutschen Zeitungen kaum aufzuhalten. Die innenpolitischen und außenpolitischen Resonanzen sollen im Folgenden dargestellt werden.[7]

2.2 Gegenstand der Kritik

Das Interview löste in der breiten Öffentlichkeit und besonders in der deutschen Presse peinliches Befremden, ernste Besorgnis bezüglich der Folgen und große Enttäuschung über das Verhalten des Kaisers aus. Man war empört über die Denkweise des Kaisers. Dass das Interview eine solche Welle der Empörung hervorrief, lag nicht nur an dessen Inhalt selbst. Vielmehr war es die Einreihung in eine lange Kette von Ereignissen, durch die sich ein hohes Maß an Missgunst angesammelt hat. Das Interview bot demnach den Auslöser für die Endladung. Dem Kaiser wurde vorgeworfen, er habe sich mit seiner Einschränkung, dass er mit seiner freundschaftlichen Gesinnung einer Minderheit angehöre, sich von seinem Volk entfernt und dieses bloßgestellt. Zudem lieferte er England, mit der Behauptung des Englandhasses im deutschen Volk, Gründe zur Fortführung ihrer Flottenaufrüstung. Die Deutsche Öffentlichkeit und Presse sah in diesem Interview den Beweis, für des Kaisers Unkenntnis über die Stimmung im Lande. Denn seit geraumer Zeit bemühten sich verschiedene Kreise um ein freundliches Verhältnis zu England. Außerdem wurden seine einleitenden Freundschaftsbeteuerungen als würdeloses Nachlaufen empfunden.

Auch mit den von ihm angeführten Beispielen, in denen er auf seine Hilfe während der Burenkriege hinwies, brachten ihm im eigenen Land keine Freunde. Denn der überwiegende Teil der Bevölkerung sympathisierte mit den Buren. Die Tatsache, dass Wilhelm II einen Feldzugplan für England ausgearbeitet hatte, brachte ihm kein Lob. Der Deutsche Reichstag fürchtete sogar, dass diese Behauptung die Absicht verfolge, den Ruhm des Burensiegers Lord Roberts zu schmälern. Allerdings reagierte das englische Unterhaus nur mit Spott, was für Deutschland noch unangenehmer war.

[...]


[1] Vgl. Fenske 1982, S. 1 ff.

[2] Vgl. Winzen 2002, S. 185 ff.

[3] Vgl. Winzen 2002, S. 19.

[4] Vgl. Eschenburg 1929, S. 131 ff. sowie Schüssler 1952, S. 10.

[5] Schlegelmilch 1936, S. 2.

[6] Vgl. Winzen 2002.

[7] Vgl. Eschenburg 1929, S. 131 ff.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Daily-Telegraph-Affäre
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Historisches Seminar, Abteilung für Neuere Geschichte)
Veranstaltung
Einführung in das Studium der Neueren Geschichte
Note
gut
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V112685
ISBN (eBook)
9783640115167
ISBN (Buch)
9783640116195
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Daily-Telegraph-Affäre, Einführung, Studium, Neueren, Geschichte
Arbeit zitieren
Anja Peske (Autor:in), 2008, Die Daily-Telegraph-Affäre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112685

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