Jugendliche im elterlichen Scheidungskontext. Kurzzeit- und Langzeitfolgen


Hausarbeit, 2021

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Scheidung
2.1 Familiäre Lebensformen
2.2 Definition „Scheidung“
2.3 Scheidungsstatistik in Deutschland

3 Adoleszenz
3.1 Definition „Adoleszenz“
3.2 Eltern- Kind- Beziehung

4 Jugendliche im elterlichen Scheidungskontext
4.1 Ambivalenzphase
4.2 Stressoren

5 Scheidungsfolgen
5.1 interindividuelle Differenzen der jugendlichen Reaktion auf die Scheidung
5.2 Kurzzeitfolgen
5.3 Langzeitfolgen
5.4 Relativierung der Lebensform und positive Entwicklungen

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Jugendliche in den Scheidungskontext einzuordnen und daraufhin spezifische Scheidungsfolgen zu erkennen. Jedoch sind die Angaben auch auf eine Trennung eines nicht- verheirateten Paares – unter Voraussetzung einer eheähnlichen Beziehung – zu beziehen. In der modernen Gesellschaft ist die Scheidung zu einem gewöhnlichen Familienphänomen geworden. Von den Scheidungsnachteilen sind dabei vor allem die Kinder eines ehemaligen Ehepaares betroffen. Da im Zuge der Scheidung und des elterlichen Konflikts besonders Teenager oft in den Hintergrund geraten, ist es umso wichtiger, diese als Scheidungsbetroffene anzusehen. Jugendliche benötigen zuverlässige, stabile und berechenbare soziale Beziehungen (Grob & Jaschinski, 2003). Aufgrund dessen ist es wichtig, die jugendlichen Kinder der sich trennenden Eltern entwicklungspsychologisch zu betrachten, da diese im Scheidungskontext der Eltern neben den pubertären Erfahrungen und Problemen viel zu bewältigen haben. Für die jungen Erwachsenen bedeutet die Scheidung der Eltern auch die Auflösung der ursprünglichen Kernfamilie und die Reorganisation der Ein- Eltern- Familie. Folglich werden Muster durchbrochen, die zuvor den Alltag prägten und Sicherheit boten (Brauner- Runge, 2010).

Um aus entwicklungspsychologischer Sicht das jugendliche Erleben der Scheidung zu erörtern, sind vorläufig Definitionen grundlegender Begriffe notwendig. Zunächst stellt sich in Kapitel 2 also die Frage, welche familiären Lebensformen es gibt (Kapitel 2.1). Im Zuge dessen wird die Scheidung definiert (Kapitel 2.2) und am Kapitelende mithilfe der Scheidungsstatistik (Kapitel 2.3) bezüglich ihrer Relevanz in Zahlen belegt, um den Wandel der zuvor genannten Lebensformen zu verdeutlichen. Des Weiteren ist es notwendig, den Begriff der Adoleszenz näher zu betrachten (Kapitel 3). Auch hier wird der Begriff definiert und in den Entwicklungskontext eingebettet (Kapitel 3.1). Anschließend werden die Besonderheiten der Eltern- Kind- Beziehung im Jugendalter herausgearbeitet (Kapitel 3.2). In Hinblick auf die Begriffe „Scheidung“ und „Adoleszenz“ werden anschließend in Kapitel 4 die Jugendlichen in den elterlichen Scheidungskontext eingeordnet. Infolgedessen wird die Wichtigkeit der Ambivalenzphase (Kapitel 4.1) für die Scheidungsfolgen der Teenager dargelegt. Im Anschluss werden die externen Stressoren (Kapitel 4.2) einer Scheidung aufgeführt, um im darauffolgenden Kapitel 5 die Scheidungsfolgen zu konkretisieren. Grundlegend dafür ist die Erkenntnis, dass es interindividuelle Differenzen in der jugendlichen Reaktion auf die elterliche Scheidung gibt (Kapitel 5.1). Letztendlich werden die Scheidungsfolgen aufgeführt. Hierbei wird zuerst auf die Kurzzeitfolgen (Kapitel 5.2) eingegangen, die man innerhalb des Scheidungsprozesses und der Jugend verzeichnet. Folglich betreffen die Langzeitfolgen (Kapitel 5.3) ehemalige und mittlerweile erwachsene Scheidungskinder. Zuletzt wird erläutert, dass die genannten Auffälligkeiten nicht zwangsläufig das Produkt der elterlichen Scheidung sind und diese auch positive Folgen haben kann (Kapitel 5.4).

2 Scheidung

Dieser Abschnitt liefert einen Überblick über die familiären Lebensformen, um auf Grundlage dessen die Scheidung näher zu beleuchten. Darauffolgend wird die Scheidung als solche in den statistischen Kontext eingebettet, um die Relevanz des Themas und den gesellschaftlichen Wandel der Lebensformen zu verdeutlichen.

2.1 Familiäre Lebensformen

Um eine Lebensform zu bestimmen, muss man die sozialen Beziehungen zwischen den Mitgliedern eines Haushaltes betrachten. Zu den allgemeinen Lebensformen der Bevölkerung zählen alleinstehende Personen, Paare mit mindestens einem Kind oder ohne Kind und Alleinerziehende, wobei die letzten beiden eine Familienform bilden (Bauermann et al., 2018).

Grob und Jaschinski (2003) erläutern diese verschiedenen Familienformen. So ist eine Kernfamilie eine solche, in welcher mindestens ein Kind mit den beiden leiblichen Eltern in einem Haushalt zusammenlebt. Alleinerziehende Mütter und Väter bilden hingegen eine Ein- Eltern- Familie und leben mit geringstenfalls einem Kind in einem Haushalt. Neben der bewussten Entscheidung, ein Kind allein aufzuziehen oder dem Tod des anderen Elternteils kommt es in aller Regelmäßigkeit dazu, dass sich die Eltern getrennt haben oder geschieden sind. In diesem Sachverhalt leben die Heranwachsenden bei einem Elternteil und führen in den meisten Fällen weiterhin eine Beziehung zu dem anderen Elternteil (Grob & Jaschinski, 2003).

2.2 Definition „Scheidung“

Der Ehebund kann durch den Tod des Ehepartners, die gerichtliche Aufhebung und die gerichtliche Scheidung beendet werden. Bei Letzterem müssen die ehemaligen Partner seit mindestens einem Jahr getrennt leben, damit ihre Ehe geschieden werden kann (Bauermann et al., 2018). Somit ist eine Scheidung ein langfristiges Geschehen, welches nach Kardas und Langenmayr (1996) in drei Phasen eingeteilt wird. Dieser Prozess findet seinen Ursprung schon lange Zeit vor der tatsächlichen gesetzlichen Scheidung und umfasst des Weiteren die Auflösung der Ehe sowie die Reorganisation der Familie. Die Ambivalenzphase meint die Zeit, die vor der eigentlichen rechtskräftigen Scheidung liegt und ist von anhaltenden und eskalierenden Krisen geprägt. Es folgt die Scheidungsphase, welche durch eine räumliche Trennung gekennzeichnet ist. Zuletzt spricht man von der Nachscheidungsphase.

Zu den Risikofaktoren einer Scheidung gehören ein junges Heiratsalter, da dieses oft auch mit einer niedrigeren Schichtzugehörigkeit, einem geringeren Einkommen, einem niedrigeren Bildungsniveau und teilweise mit einer nicht abgeschlossenen Schul- oder Berufsausbildung zusammenhängt (De Angelis, 2010). War ein Partner zuvor schon einmal geschieden oder hat selbst geschiedene Eltern, steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit für ein rücksichtloses Verhalten und eine konfliktreichere Beziehung – somit auch für eine Scheidung. Diese negativen Folgen können durch einen Partner aus einer intakten Familie vermindert werden (Berk, 2020).

2.3 Scheidungsstatistik in Deutschland

Bei einer deutschen Umfrage im Jahr 2017 zu den wichtigsten Gründen für die Heirat, antworteten 46 % der Interviewten, dass sie sich durch die Eheschließung stärker mit dem Partner verbunden fühlen. Für 34 % ist diese ein echter Liebesbeweis und 30 % der Befragten gaben zurück, dass sie durch die Hochzeit zu einer richtigen Familie werden (Parship, 2017). So kommt es dazu, dass im Jahr 1961 ganze 700.000 Liierte heirateten. 2016 waren es insgesamt nur noch 410.000 Paare. 13 % dieser Ehepaare waren mindestens schon einmal verheiratet (Bauermann et al., 2018), was das Scheidungsrisiko erhöht (Berk, 2020).

Trotz rückläufiger Zahlen ist die Ehe noch die häufigste Familienform in Deutschland. Allerdings nimmt die alternative Familienform unverheirateten Lebensgemeinschaften und der Alleinerziehenden zu. Ein Grund dafür ist, dass etwa 35 % aller in einem Jahr geschlossenen Ehen in den ersten 25 Ehejahren wieder geschieden. Dies entspricht jeder dritten Ehe, die nichtsdestotrotz im Schnitt 15 Jahre hielt. Etwa die Hälfte der geschiedenen Ehepaare hatte im Jahr 2016 mindestens ein minderjähriges Kind. Dies entspricht rund 302.000 Kindern auf 162.400 gerichtlichen Scheidungen. Dadurch machen Alleinerziehende im Kalenderjahr 2017 19 % aller Familien aus, in denen 10 % aller minderjährigen Kinder in Deutschland lebten. Aufgrund dessen kommt es dazu, dass im Jahr 2017 2,6 Millionen Mütter und Väter alleinerziehend waren. In neun von zehn Fällen ist die Mutter Alleinerziehend, was 88 % entspricht. Ergo betrifft die Lebensform der Alleinerziehenden größtenteils 1,4 Millionen Frauen und 190.000 Männer. Mütter leben häufiger mit jüngeren Kindern zusammen, während Väter öfter die Kinder im Jugendalter betreuen. So haben 2017 48 % der Kinder im Alter von 10- 17 Jahren ihren Wohnsitz bei der Mutter und 65 % bei dem Vater (Bauermann et al., 2018). Zu beachten ist, dass nicht- verheiratete Paare mit einem Kind nicht in der Statistik auftauchen. Folglich kann man davon ausgehen, dass bei deren Trennung die Anzahl der betroffenen Minderjährigen bedeutend höher ist.

3 Adoleszenz

Nun soll der Begriff der Adoleszenz näher betrachtet werden. Auf die Begriffsdefinition folgt der Bezug zur Eltern- Kind- Beziehung in Hinblick auf die Wichtigkeit dieser in der jugendlichen Entwicklung.

3.1 Definition „Adoleszenz“

Die Adoleszenz ist die Lebensspanne zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter und beginnt mit dem Einsetzen der Pubertät durch die ersten körperlichen Anzeichen der Geschlechtsreife. In der Pubertät wirken biologische und soziale Einflüsse zusammen, was zu psychischen und physischen Veränderungen führt. Die Identitätsausbildung ist die wichtigste Persönlichkeitsentwicklung während der Adoleszenz und wird von einer positiven Eltern- Kind- Beziehung begünstigt. Das Jugendalter ist ein Prozess der Ablösung vom Elternhaus und endet mit der Selbstständigkeit im Erwachsenenalter. Da jeder Mensch in seiner Entwicklung unterschiedlich ist, kann man jedoch keine genaue Dauer des Übergangs vom Kind zu einem Erwachsenen festlegen, unter anderem, weil kulturelle und soziale Einflüsse Unterschiede bedingen (Myers, 2014). Aufgrund dieser Unterschiede teilt man die Jugend in drei Phasen ein. Die frühe Adoleszenz vom elften bis zum vierzehnten Lebensjahr ist von großen und schnellen Veränderungen in der Pubertät geprägt. Diese pubertären Entwicklungen werden in der mittleren Adoleszenz im Lebensabschnitt von vierzehn bis sechszehn Jahren abgeschlossen. Die späte Adoleszenz im Alter von sechszehn bis achtzehn Jahren dient der Vorbereitung auf die Erwachsenenrolle (Berk, 2020).

3.2 Eltern- Kind- Beziehung

Die Eltern- Kind- Beziehung ist ein Prädiktor für die physische und psychische Gesundheit. Eine positive Eltern- Kind- Beziehung ist von gegenseitiger Akzeptanz und der Achtung vor den persönlichen Eigenschaften sowie den Werten der anderen Person geprägt. Zudem soll sie anregungsreich sein (Grob & Jaschinski, 2003). Liebevolle und unterstützende Eltern- Kind- Beziehungen sind eine wichtige Komponente, wenn es um die Autonomie der Jugendlichen geht. Trotz allem werden die Erziehungsberechtigten der Teenager oft infrage gestellt. In der Jugend haben viele Heranwachsende das Gefühl, stets von den Eltern bevormundet und missverstanden zu werden. Zudem fühlen sie sich in ihren Freiheiten eingeschränkt (Berk, 2020). Besonders in der Adoleszenz entsteht ein großes Bedürfnis nach einer geregelten Familienstruktur, durch welche die Jugendlichen einen beachtlichen Teil der fortlaufenden Sozialisation erfahren. Auch erleichtert eine funktionierende Kernfamilie die Ablösung vom Elternhaus, welche in der Jugend immer näher rückt und schrittweise vollzogen wird (Brauner- Runge, 2010).

Im Zuge der Adoleszenz kommt es immer wieder zu belanglosen, aber starken Konflikten (Schneider & Lindenberger, 2018). Nach Walper (2008) bieten beispielsweise die Mithilfe im Haushalt, die Schule und Ausgehzeiten den Nährboden solcher Auseinandersetzungen. Diese Streitigkeiten dünnen sich im Zuge des steigenden Alters der Jugendlichen jedoch aus, da das Vertrauen in die Eltern- Kind- Beziehung in den Jahren zwischen dem dreizehnten und einundzwanzigsten Lebensjahr steigt. Grund dafür ist die steigende Autonomie, welche Zeichen der Individuation ist und den Transformationsprozess innerhalb der Eltern- Kind- Beziehung erkennen lässt (Schneider & Lindenberger, 2018). Gegen Ende der Pubertät nähern sich die Jugendlichen ihren Eltern wieder an, da sie feststellen, wie wichtig die Beziehung zu diesen ist (Berk, 2020).

4 Jugendliche im elterlichen Scheidungskontext

Folgendes Kapitel bezieht die zuvor erläuterten Begriffe der „Scheidung“ und der „Adoleszenz“ aufeinander, bringt also die Jugendlichen in den Scheidungskontext der Eltern. Dabei wird besonders auf die Wichtigkeit der Ambivalenzphase für den darauffolgenden Scheidungsprozess und die Scheidungsfolgen eingegangen. Daraufhin wird aufgezeigt, mit welchen Stressoren die gesamte Familie durch die Scheidung konfrontiert wird.

4.1 Ambivalenzphase

In jeder der Scheidungsphasen nach Kardas und Langenmayr (1996) verhalten sich die Heranwachsenden unterschiedlich. Festzuhalten ist allerdings, dass der gesamte Scheidungsprozess mit all seinen Phasen und nicht nur die gesetzliche Scheidung die Jugendlichen beeinflusst (Pokorny, 2011). Die Ambivalenzphase spielt jedoch eine besondere Rolle. Sie meint die Zeit vor der eigentlichen rechtskräftigen Scheidung und ist von anhaltenden und eskalierenden Krisen geprägt (Kardas und Langenmayr, 1996). Für die Jugendlichen ist sie von hoher Bedeutung, da sich die Konflikte der Vorscheidungsphase auf die Nachscheidungsphase auswirken. So lässt sich sagen, dass sich die Schwierigkeiten in den verschiedenen Entwicklungsbereichen schon in der Ambivalenzphase manifestieren (Schwarz, 2009). Folglich setzten sie also teilweise schon Jahre vor der eigentlichen Scheidung an und sind oft von dysfunktionalen Familienprozessen und einer belastenden Vorgeschichte geprägt. Damit sind beispielsweise Konflikte der Eltern, welche durch eine negative Einstellung des Paares zueinander entstehen, gemeint. Daraus geht oft hervor, dass die Eltern weniger Engagement zeigen, was in einer unangemessenen Erziehung resultieren kann. Auch kann es dazu kommen, dass sich die Erziehungsstile der beiden Elternteile widersprechen. Alles in allem führen dysfunktionale Familienprozesse zu einer konflikthaften und belastenden Eltern- Kind- Beziehung, welche wiederum ein wesentlicher Erklärungsfaktor für die Probleme der Jugendlichen ist (Schwarz, 1999). So beobachtet Schwarz (1999) sowohl internalisierendes Verhalten – wie Depressionen und Ängstlichkeit – als auch externalisierendes Verhalten – wie Aggressionen – als Resultat der konflikthaften Vorscheidungsphase. Hinzu kommen noch die Stressoren, auf welche explizit im nächsten Kapitel eingegangen wird.

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Jugendliche im elterlichen Scheidungskontext. Kurzzeit- und Langzeitfolgen
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Psychologie)
Veranstaltung
Entwicklung im Kindes- und Jugendalter
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
18
Katalognummer
V1126879
ISBN (eBook)
9783346487582
ISBN (Buch)
9783346487599
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Scheidung, Jugendliche, Entwicklung
Arbeit zitieren
Sarah Scharding (Autor:in), 2021, Jugendliche im elterlichen Scheidungskontext. Kurzzeit- und Langzeitfolgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1126879

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