Meine Liebe gehört dem Automobil. Das Auto hat mir die schönsten Stunden meines
Lebens geschenkt<, bekannte Mercedes-Fan Hitler, der bereits 1923 das erste - auf die
NSDAP zugelassene - Luxusauto von Daimler fuhr. Als Hitler am 11. Februar 1933 als
erster Reichskanzler überhaupt, die Internationale Automobilausstellung mit einem Besuch
beehrte. Wie in den folgenden Jahren hielt er eine programmatische Rede und zählte mit
einer Referenz vor der Automobilindustrie auf, was in seinen Augen in der Zukunft zur
Förderung dieser wohl wichtigsten Industrie zu geschehen habe: >So wie das
Pferdefuhrwerk einst sich seine Wege schuf, die Eisenbahn den dafür nötigen
Schienenstrang baute, muß der Kraftverkehr die für ihn erforderlichen Autostraßen
erhalten. Wenn man früher die Lebenshöhe von Völkern oft nach der Kilometerzahl von
Eisenbahnschienen zu messen versuchte, dann wird man in Zukunft die Kilometerzahl der
für den Kraftverkehr geeigneten Straßen anzulegen haben.<
Dieses Programm zur >Volksmotorisierung< war gewiß eines der wirkungsvollsten
populistischen Elemente nationalsozialistischer Propaganda. Nach der Machtergreifung im
Januar und der Hitlerrede vom Februar folgte in der Verkehrspolitik - um im Nazi-
Vokabular zu bleiben - >Schlag auf Schlag<: sofort nach der Machtübernahme Aufhebung
der bisherigen Geschwindigkeitsbegrenzungen; 10. April 1933 Steuerfreiheit für neu
zugelassene Pkw; 27. Juli 1933 Gesetz über den Bau von Reichsautobahnen; 29.
September 1933 erster Spatenstich beim Autobahnbau.
Die einheimische Automobilindustrie aber steckte bis 1932 in einer Dauerkrise. Die
amerikanische Konkurrenz erwies sich zeitweise technisch überlegen, zumal der
deutsche Automobilbau in viele Unternehmen zersplittert war. Der Erste Weltkrieg,
Wirtschaftskrise und Inflation schwächten die Oberschicht, auf deren Kaufkraft die
Automobilindustrie lange Zeit als Luxus- und Luxussportindustrie angewiesen war. Die
Regierungen von Weimar hatten nämlich auf den Ausbau des Massenverkehrs auf der
Schiene gesetzt; das Automobil blieb zu ihrer Zeit Luxusspielzeug der Reichen und
Mächtigen, im Sinne des Wortes eine >Motorkutsche<.
Motorisierung und Konsumorientierung
(Die Zeichen der Zeit /Lutherische Monatshefte Heft 7/2000, S. 34-36)
Meine Liebe gehört dem Automobil. Das Auto hat mir die schönsten Stunden meines Lebens geschenkt<, bekannte Mercedes-Fan Hitler, der bereits 1923 das erste - auf die NSDAP zugelassene - Luxusauto von Daimler fuhr. Als Hitler am 11. Februar 1933 als erster Reichskanzler überhaupt, die Internationale Automobilausstellung mit einem Besuch beehrte. Wie in den folgenden Jahren hielt er eine programmatische Rede und zählte mit einer Referenz vor der Automobilindustrie auf, was in seinen Augen in der Zukunft zur Förderung dieser wohl wichtigsten Industrie zu geschehen habe: >So wie das Pferdefuhrwerk einst sich seine Wege schuf, die Eisenbahn den dafür nötigen Schienenstrang baute, muß der Kraftverkehr die für ihn erforderlichen Autostraßen erhalten. Wenn man früher die Lebenshöhe von Völkern oft nach der Kilometerzahl von Eisenbahnschienen zu messen versuchte, dann wird man in Zukunft die Kilometerzahl der für den Kraftverkehr geeigneten Straßen anzulegen haben.<
Dieses Programm zur >Volksmotorisierung< war gewiß eines der wirkungsvollsten populistischen Elemente nationalsozialistischer Propaganda. Nach der Machtergreifung im Januar und der Hitlerrede vom Februar folgte in der Verkehrspolitik - um im Nazi-Vokabular zu bleiben - >Schlag auf Schlag<: sofort nach der Machtübernahme Aufhebung der bisherigen Geschwindigkeitsbegrenzungen; 10. April 1933 Steuerfreiheit für neu zugelassene Pkw; 27. Juli 1933 Gesetz über den Bau von Reichsautobahnen; 29. September 1933 erster Spatenstich beim Autobahnbau.
Die einheimische Automobilindustrie aber steckte bis 1932 in einer Dauerkrise. Die amerikanische Konkurrenz erwies sich zeitweise technisch überlegen, zumal der deutsche Automobilbau in viele Unternehmen zersplittert war. Der Erste Weltkrieg, Wirtschaftskrise und Inflation schwächten die Oberschicht, auf deren Kaufkraft die Automobilindustrie lange Zeit als Luxus- und Luxussportindustrie angewiesen war. Die Regierungen von Weimar hatten nämlich auf den Ausbau des Massenverkehrs auf der Schiene gesetzt; das Automobil blieb zu ihrer Zeit Luxusspielzeug der Reichen und Mächtigen, im Sinne des Wortes eine >Motorkutsche<.
Häufig gestellte Fragen zu "Motorisierung und Konsumorientierung"
Worum geht es in dem Text "Motorisierung und Konsumorientierung"?
Der Text behandelt die Rolle der Motorisierung und des Automobils in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Er beleuchtet, wie Hitler und die NSDAP das Automobil als Propagandainstrument nutzten, um die "Volksmotorisierung" voranzutreiben und die Automobilindustrie zu fördern.
Welche Rolle spielte Hitler bei der Förderung der Automobilindustrie?
Hitler erkannte das Potenzial des Automobils als Mittel zur Steigerung der Lebensqualität und zur Stärkung der Wirtschaft. Er besuchte Automobilausstellungen, hielt programmatische Reden und setzte sich für den Bau von Autobahnen ein. Die Aufhebung von Geschwindigkeitsbegrenzungen und Steuererleichterungen für Pkw waren weitere Maßnahmen, die die Motorisierung förderten.
Wie sah die Situation der deutschen Automobilindustrie vor der Machtergreifung Hitlers aus?
Die deutsche Automobilindustrie befand sich bis 1932 in einer Dauerkrise. Sie war stark zersplittert und litt unter der Konkurrenz aus den USA. Die Wirtschaftskrise und Inflation schwächten die Kaufkraft der Oberschicht, auf die die Automobilindustrie angewiesen war.
Was war die "Volksmotorisierung" und warum war sie wichtig für die Nationalsozialisten?
Die "Volksmotorisierung" war ein Programm, das darauf abzielte, das Automobil für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen. Die Nationalsozialisten sahen darin ein Mittel, um das Lebensgefühl der Menschen zu verbessern und die Wirtschaft anzukurbeln. Sie stellten das Automobil als eine Quelle des "freudigen Glücks" dar, das bisher nur privilegierten Kreisen vorbehalten war.
Wer war Henry Ford und welche Rolle spielte er als Vorbild für Hitler?
Henry Ford war ein amerikanischer Automobilfabrikant, der mit seinem Modell T und der Einführung des Fließbandsystems die Massenproduktion von Autos revolutionierte. Hitler sah in Ford ein Vorbild für die Schaffung eines deutschen "Volksautos".
Welche konkreten Maßnahmen wurden zur Förderung der Motorisierung ergriffen?
Zu den konkreten Maßnahmen gehörten die Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzungen, die Steuerfreiheit für neu zugelassene Pkw und der Bau von Reichsautobahnen. Der erste Spatenstich für den Autobahnbau erfolgte im September 1933.
- Quote paper
- Dr. phil. Walter Grode (Author), 2000, Volksgenosse auf Rädern - Motorisierung und Konsumorientierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112726