Bei der Lektüre von Raphaël Confiants mit dem Prix de Goncourt ausgezeichneten Roman Eau de Café bekommt man durch die Vielzahl von unterschiedlichsten und kuriosesten Figuren mit diversen kulturellen Hintergründen, die Zeitsprünge oder gar den Verlust eines Bewusstseins, auf welcher Zeitebene man sich gerade befindet, die verwendete Sprache und natürlich die vielen kleinen teilweise recht wundersamen Geschichten das Gefühl, es mit einem großen Durcheinander zu tun zu haben, das sich nicht ohne Weiteres und bis ins letzte Detail auflösen lässt.
Ist das die Créolité, ein Wirrwarr ohne Anfang und Ende, das sich nicht klar definieren lässt? Die vorliegende Arbeit versucht Klarheit darüber zu schaffen, was das kulturtheoretische Konzept der Créolité ausmacht und in wie weit sich diese Charakteristika in einem Roman wie Eau de Café wieder finden lassen.
Selbstverständlich wurde die Créolité als Denkweise oder Kulturkonzept nicht aus dem Nichts geboren. Bewegungen wie die Négritude oder die Antillanité, auf die in Kapitel 2 dieser Arbeit eingegangen wird, waren wichtig für ihre Entwicklung, auch wenn sie letztlich scheiterten bzw. nicht ausreichten, um den diversen und hybriden Kulturraum der Karibik zu beschreiben. Mit der Eloge de la Créolité stellten Patrick Chamoiseau, Raphaël Confiant und Jean Bernabé 1989 ein offeneres Konzept vor, dessen Hauptpunkte Inhalt des 3. Kapitels sind.
Kapitel 4 der Arbeit beschäftigt sich konkret mit dem Roman Eau de Café, der 1991 erschien und 5 Jahre später mit dem Titel Insel über dem Winde auch ins Deutsche übersetzt wurde. Hierbei geht es weniger darum, den Inhalt wiederzugeben – dies würde durch die Mosaikhaftigkeit des Romans und das äußerst breite und weit verzweigte Figurenpanorama schon den Rahmen dieser Arbeit sprengen – als vielmehr einen Überblick über sein Wesen und die Hauptthemen zu geben. Ziel ist es herauszufinden, in wie weit sich die vom Autor selbst in der Eloge aufgestellten und auf den Seiten 10-12 erläuterten Prämissen im Roman wieder finden und ob der Roman daraufhin als beispielhaft für die Créolité angesehen werden kann.
Inhalt
1. Einleitung und Aufbau der Arbeit
2. Wegbereiter der Créolité
2.1 Die Négritude
2.2 Die Antillanité
3. Die Eloge de la Créolité
4. Zum Roman Eau de Café
5. Die Umsetzung der Eloge de la Créolité in Eau de Café
Literaturverzeichnis
Il est facile se perdre dans Eau de Café, un roman qui joue dans un village martiniquais à la côte Atlantique où vivent ensemble des Noirs et des Blancs, des marrons et des mulâtres, des Indiens et des Syriens et avec eux il se mêlent leurs langues et leurs réligions, rêve et réalité, fantasmes et logique laissant nous peplexe devant ce chaos sympathique. Pour le comprendre il faut abandonner notre vision extérieur, tout comme les auteurs de l’Eloge de la Créolité le reclament, il faut immerger dans ce monde divers et kaléidoscopique pour pouvoir le goûter.
Etant écrit par le même auteur, il est bien probable que les thèses avancées dans l’ Eloge de la Créolité, publié en 1989, se retrouvent dans le roman d’ Eau de Café, publié 2 ans plus tard. Le travail présent se penche premièrement sur un examen théorique du concept culturelle de la Créolité en analysant ses avant-coureurs et puis ses idées plus importantes manifestées dans l’Eloge de la Créolité. Dans un deuxième pas seront présentés la nature et les sujets principaux du roman pour après pouvoir retourner aux réclamations des auteurs de l’Eloge et voir à quel point elles sont transposées dans le roman et si par conséquent Eau de Café peut être perçu comme œuvre de la Créolité.
1. Einleitung und Aufbau der Arbeit
Bei der Lektüre von Raphaël Confiants mit dem Prix de Goncourt ausgezeichneten Roman Eau de Café bekommt man durch die Vielzahl von unterschiedlichsten und kuriosesten Figuren mit diversen kulturellen Hintergründen, die Zeitsprünge oder gar den Verlust eines Bewusstseins, auf welcher Zeitebene man sich gerade befindet, die verwendete Sprache und natürlich die vielen kleinen teilweise recht wundersamen Geschichten das Gefühl, es mit einem großen Durcheinander zu tun zu haben, das sich nicht ohne Weiteres und bis ins letzte Detail auflösen lässt.
Ist das die Créolité, ein Wirrwarr ohne Anfang und Ende, das sich nicht klar definieren lässt? Die vorliegende Arbeit versucht Klarheit darüber zu schaffen, was das kulturtheoretische Konzept der Créolité ausmacht und in wie weit sich diese Charakteristika in einem Roman wie Eau de Café wieder finden lassen.
Selbstverständlich wurde die Créolité als Denkweise oder Kulturkonzept nicht aus dem Nichts geboren. Bewegungen wie die Négritude oder die Antillanité, auf die in Kapitel 2 dieser Arbeit eingegangen wird, waren wichtig für ihre Entwicklung, auch wenn sie letztlich scheiterten bzw. nicht ausreichten, um den diversen und hybriden Kulturraum der Karibik zu beschreiben. Mit der Eloge de la Créolité stellten Patrick Chamoiseau, Raphaël Confiant und Jean Bernabé 1989 ein offeneres Konzept vor, dessen Hauptpunkte Inhalt des 3. Kapitels sind.
Kapitel 4 der Arbeit beschäftigt sich konkret mit dem Roman Eau de Café, der 1991 erschien und 5 Jahre später mit dem Titel Insel über dem Winde auch ins Deutsche übersetzt wurde. Hierbei geht es weniger darum, den Inhalt wiederzugeben – dies würde durch die Mosaikhaftigkeit des Romans und das äußerst breite und weit verzweigte Figurenpanorama schon den Rahmen dieser Arbeit sprengen – als vielmehr einen Überblick über sein Wesen und die Hauptthemen zu geben. Ziel ist es herauszufinden, in wie weit sich die vom Autor selbst in der Eloge aufgestellten und auf den Seiten 10-12 erläuterten Prämissen im Roman wieder finden und ob der Roman daraufhin als beispielhaft für die Créolité angesehen werden kann.
2. Wegbereiter der Créolité
2.1 Die Négritude
Der Begriff der Négritude, der mit Schwarzheit oder Schwarzsein übersetzt werden kann, steht für ein kultur- und literaturtheoretisches Konzept, welches im Zuge der Dekolonisation im Paris der 30er Jahre entstand. Hier trafen schwarze, frankophone Intellektuelle aus den ehemaligen Kolonien zusammen und gedachten mit Stolz ihrer afrikanischen Wurzeln, allen voran der aus Martinique stammende Aimé Césaire, der Senegalese Léopold Sédar Senghor und der aus Guayana stammende Léon-Gontran Damas. Damit standen sie im Gegensatz zu vielen anderen schwarzen Studenten, Künstlern oder Wissenschaftlern, die sich nach Frankreich emigriert nun als Franzosen sahen und mit Abstand oder gar Verachtung auf ihre eigene Herkunft und für sie nun im Glanze der Großstadt primitiv erscheinenden Afrikaner herabblickten[1]. Angeregt durch die Harlem Renaissance, eine künstlerische Bewegung afroamerikanischer Schriftsteller und Maler zwischen 1920 und 1930, und Ethnologen wie Leo Frobenius[2], der die afrikanische Kultur als der europäischen gleichwertig ansah, was ungewöhnlich für seine Zeit war, entstand ein neues Selbstbewusstsein, das bald durch die Zeitschrift „L’étudiant noir“ öffentlich zum Ausdruck gebracht wurde. Damas, Césaire, Senghor u.a. legten mit dieser 1935 gegründeten kulturell-literarisch ausgerichtete Zeitschrift den Grundstein für die Négritude. Senghor beschrieb die Beweggründe später wie folgt:
„Mit einigen anderen schwarzen Studenten verfielen wir in eine Art panische Hoffnungslosigkeit. Der Horizont verschloss sich, keine Reform war in Aussicht, und die Kolonisatoren rechtfertigten unsere politische und wirtschaftliche Abhängigkeit mit der Theorie des unbeschriebenen Blattes. Sie meinten, wir hätten bisher niemals etwas erfunden und erschaffen, nichts geschrieben und geforscht, nicht gemalt, nicht gesungen. Um unsere eigene und wirkliche Revolution zu beginnen, mussten wir unsere entliehenen Kleider, die Kleider der Assimilation, ablegen und unser eigenes Sein bejahen, nämlich unsere Négritude.“[3]
Senghor bezieht sich hiermit auf Aussagen anerkannter europäischer Intellektueller, nach denen Afrika „kein geschichtlicher Weltteil“ (Georg W. F. Hegel), ein „Land ohne Geschichte“ (Charles-André Julien) und Synonym für Barbarei und Chaos sei („Negerstämme, Fieber... Defekte. Ich werde sie bekämpfen...“ Johannes R. Becher)[4]. Die Bewegung der Négritude wandte sich gegen diese rassistische, eurozentristische Vorstellung eines geschichtslosen und kulturell wertlosen Afrikas[5], also der Bewertung eines außereuropäischen Kulturkreises auf Grundlage europäischer Normen und Wertvorstellungen. Hinter dem Konzept der Négritude steckte der Versuch, den Kolonialismus ideell zu überwinden[6] und das durch diesen geprägte Verhältnis zwischen der afrikanischen und europäischen Kultur unter Beachtung der Eigenart und Würde der Afrikaner zu klären[7].
Zweifelsohne war die Négritude ein bedeutender Faktor für die Wiedergewinnung eines schwarzen Selbstwertgefühls, doch als „antirassistisches Rassismus“[8] -Konzept konnte sie sich nicht dauerhaft durchsetzen. Die Gründe dafür sind verschieden. Zum einen verfielen Césaire, Senghor oder Damas, indem sie die Schönheit der schwarzen Rasse und die Eigenheiten ihrer Kultur als besonders wertvoll preisen, selbst in eine Form von Ethnozentrismus und kehrten den kolonialen Rassendiskurs einfach um. Dazu begaben sie sich durch die Übernahme eines Denkens in Dichotomien (schwarz - weiß, Gefühl - Vernunft, Kolonisateur – Kolonisierter etc.), das auf hellenisch europäischer Tradition beruht, in genau das Muster, das eigentlich Ziel ihrer Kritik sein sollte. Wie jedoch Hans-Jürgen Heinrichs in seinem Nachwort zu „Sprich deine eigene Sprache, Afrika!“ betont, ist eine Selbstbewusstwerdung und Selbstbesinnung ohne Anlehnung an andere Systeme und Ideale auch kaum möglich[9].
Weiterhin problematisch war die Tatsache, dass die Négritude oft mit dem Panafrikanismus in Zusammenhang gebracht wurde, einer angenommenen Einheit aller Menschen afrikanischer Herkunft, unabhängig von Nationalität oder Ethnie[10]. Wenn Césaire von einem Afrika, einem afrikanischen Rhythmus spricht, verkennt er die Diversität und Heterogenität dieser Kultur(en). Kritisiert wurde der „chantre de la négritude"[11], der am 17. April dieses Jahres in Martiniques Hauptstadt Fort-de-France starb, auch für sein zwiespältiges Verhältnis zu Frankreich bzw. Europa: einerseits in der Karibik und mit dem Créol aufgewachsen und sich gegen die Dominanz der ehemaligen Kolonisatoren wendend, spricht er doch ein so klassisches Französisch wie es französischer nicht sein könnte und verlieh seiner Bewunderung für Frankreich auch in Gedichten oder durch seine langjährige politische Arbeit Ausdruck.
Letztlich stieß die Bewegung auch an ihre Grenzen, da sie zwar ausdrückte wo gegen, nicht aber wo für zu kämpfen sei.
[...]
[1] Eckert (2007:3)
[2] Meyers Lexikon
[3] Senghor, L’Esprit de la civilisation ou des lois de la culture Negro-Africaine (1956), zit. n.
Eckert (2000:3)
[4] zit. n. Heinrichs (1992:13)
[5] Meyers Lexikon http://lexikon.meyers.de/meyers/N%C3%A9gritude
[6] Eckert (2007:3)
[7] Bundeszentrale für politische Bildung (2001): Dossier Afrika. Politische Ideen der
Unabhängigkeitsbewegung http://www.bpb.de/themen/9GE2QK.html (10.07.2007)
[8] Jean-Paul Sartre, der die Négritude 1948 in seinem Essay L’orphee noire analysierte und ihr durch die in den vereinigten Staaten mit Begeisterung gelesene engl. Übersetzung auch über Paris hinaus gehör verschaffte, bezeichnete die Négritude als „racisme antiraciste“ Vgl. Senghor (1969: 8)
[9] Heinrichs (1992: 195)
[10] Hierzu trugen auch Autoren wie Cheikh Anta Diop bei, der den Ursprung der Zivilisation in Afrika situiert und mit großem Eifer zu belegen versuchte, dass die Wiege europäischen Denkens nicht Griechenland, sondern Ägypten ist.
[11] Le Monde, 17.04.2008, abrufbar unter: http://www.lemonde.fr/web/portfolio/0,12-0@2- 3382,31-1035309,0.html (letzter Zugriff: 15.05.08)
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