In diesem Essay möchte ich mich mit Sigmund Freud und einem Komplex der kindlichen Entwicklung befassen, nämlich dem Elektrakomplex. Dieser Komplex der weiblichen Entwicklung im Kindesalter wurde von Freud seinem Kollegen Carl Gustav Jung entdeckt und ausformuliert, man könnte ihn sehr gut mit dem von Freud dargestellten Ödipuskomplex gleichzusetzen, doch war dies nicht nach Freuds Sinnen.
Aber um erstmal den Begriff des „Elektra“komplexes zu erklären: Jung benannte ihn nach einer Frau aus der griechischen Mythologie, welche zugunsten ihres Vaters Blutrache an ihrer Mutter nahm. Dieser Komplex basiert auf der Annahme, dass ein Mädchen ihren Vater mehr liebt und unterbewusst auch mit ihm verkehren möchte, weil die Mutter ihr keinen Penis zur Geburt geschenkt hatte beziehungsweise ihr den wieder abgenommen hätte. Diese Annahme nennt sich auch Penisneid, der angebliche Neid einer jeden Frau auf einen Penis und dieser Neid wird in der frühkindlichen Phase entdeckt und führt zu einem Hass gegen die Mutter und einer starken Bewunderung und Anziehung zu dem Vater.
In diesem Essay möchte ich mich mit Sigmund Freud und einem Komplex der kindlichen Entwicklung befassen, nämlich dem Elektrakomplex. Dieser Komplex der weiblichen Entwicklung im Kindesalter wurde von Freud seinem Kollegen Carl Gustav Jung entdeckt und ausformuliert, man könnte ihn sehr gut mit dem von Freud dargestellten Ödipuskomplex gleichzusetzen, doch war dies nicht nach Freuds Sinnen.
Aber um erstmal den Begriff des „Elektra“komplexes zu erklären: Jung benannte ihn nach einer Frau aus der griechischen Mythologie, welche zugunsten ihres Vaters Blutrache an ihrer Mutter nahm. Dieser Komplex basiert auf der Annahme, dass ein Mädchen ihren Vater mehr liebt und unterbewusst auch mit ihm verkehren möchte, weil die Mutter ihr keinen Penis zur Geburt geschenkt hatte beziehungsweise ihr den wieder abgenommen hätte. Diese Annahme nennt sich auch Penisneid, der angebliche Neid einer jeden Frau auf einen Penis und dieser Neid wird in der frühkindlichen Phase entdeckt und führt zu einem Hass gegen die Mutter und einer starken Bewunderung und Anziehung zu dem Vater.
Da der Begriff „Penisneid“ aus der freudschen Schrift „Über infantile Sextheorien“ von 1908 stammt, mag man annehmen, dass die Weiterentwicklung der Theorie des Penisneides durch andere Psyschoanalysisten ganz im Sinne von Freud gewesen wäre, aber nein - diese Annahme ist vollkommen verkehrt, Freud verwarf den dargestellten Elektrakomplex in seinem Artikel „Über die weibliche Sexualität“ von 1931 in jeglicher Facette oder wie er es so schön formulierte, „dass wir mit Recht daran haben, den Namen Elektrakomplex abzulehnen, der die Analogie im Verhalten beider Geschlechter betonen will.“
Die Beschreibung des Penisneides in Freuds Werk von 1908 ist nach ersten Betrachtungen der Beschreibung der Ursache des Elektrakomplexes von Jung nicht unähnlich.
Beide Wissenschaftler sind sich einig, dass der Wunsch nach einem Penis durch die inzestuöse Liebe zum Vater ausgedrückt wird, sowohl auch, dass das weibliche Kind die Mutter ablehnt, weil es sie als minderwertig und penislos fantasiert sehe und ihr diese Eigenschaft vererbt habe. Dabei erklärt Freud noch, dass Eifersucht nach dem Geschlechtsverkehr mit dem nie verarbeiteten und erreichten Ziel der väterlichen Liebe zusammenhängt. Eine Überkompensation der Penislosigkeit erfolgt durch Übernahme von männlichen Rollenmustern, Verhaltensweisen und einer häufig damit einhergehenden Homosexualität.
Der größte Störfaktor für Freud an der Theorie des Elektrakomplexes von Jung liegt in der Erklärung der Entstehung des Komplexes. C. G. Jung geht davon aus, dass die frühkindliche Entwicklung der beiden Geschlechter gleich abläuft und sich schlicht die Erfahrung in der phallischen Phase unterscheidet. Der von Jung definierte Unterschied zum Ödipuskomplex liegt alleinig in der Erkenntnis, dass das Mädchen sich bereits als kastriert sieht, während ein Junge sich nur von der Kastration bedroht fühlt. Laut Jung ist diese Erkenntnis, dass die Mutter das Mädchen kastriert beziehungsweise mit Mängeln geboren hat, der Auslöser, dass die Bindung zur Mutter abflacht und es sich zum Vater hingezogen fühlt. Dieser Bruch der Mutter-Tochter-Beziehung ist Grundstein des Elektrakomplexes.
Für Sigmund Freud ist diese Theorie nicht haltbar. Die Kritik beginnt bei der unterschiedlichen frühkindlichen Entwicklung und deren Auswirkungen für die weibliche Sexualitätsentwicklung. Er merkt an, dass in der normalen Phase des Ödipuskomplexes in der männlichen Entwicklungsreihe, der gegengeschlechtliche Elternteil geliebt und der gleichgeschlechtliche feindselig behandelt wird. „Die schicksalhafte Beziehung von gleichzeitiger Liebe zu dem einen und Rivalitätshaß gegen den anderen Elternteil stellt sich nur für das männliche Kind her.“1 Nun ist es bei den Mädchen so, dass sie auch ihre Mutter lieben, weswegen die gleichgeschlechtliche Abneigung nicht gegeben ist.
Nun fühlt sich Freud in der Position, dass er erklären muss, wie das Mädchen Zuneigung für den Vater und Abneigung gegen die Mutter entwickelt. Die Verkomplizierung der Erklärung liegt für Freud in der weiblichen Anatomie, da Frauen zwei Bestandteile, die Vagina und die Klitoris, in ihrer Genitalzone haben. Die Klitoris ist dabei dem Penis analog gestellt.
Diese präodipale Phase verläuft bei den Geschlechtern fast synchron, es existiert eine innige Liebe zur Mutter und eine Feindseligkeit und Rivalität zum Vater, da er um die Liebe der Mutter konkurriert. Diese Konkurrenz um die Mutterliebe und die klare Unterlegenheit gegenüber des RIvalen führt bei dem Kleinkind zu einer Entstehung eines Über-Ichs. Dieses Über-Ich wird laut Freud bei den Jungen, durch die Gegengeschlechtlichkeit des Vaters, stärker ausgeprägt als bei dem Mädchen. Als nächster, sich etwas deutlicher unterscheidenden und entscheidenden Punkt der weiblichen Entwicklung sieht er die Wandlung der Liebe von Tochter zur Mutter zu Tochter zum Vater.
Des Öfteren passiert dieser Wandel nicht, weswegen die Tochterliebe zur Mutter innig bliebt und nur die Komponente der Liebe zum Vater dazu kommt. Auch besteht die Möglichkeit, dass einige Mädchen niemals sich dem Vater zuwenden und somit sich auch nicht von der Mutterbindung ablösen können. Ebenso kommt Freud zu dem Schluss, dass eine starke Vaterabhängigkeit in der weiteren Entwicklung des Mädchens auf eine sehr innige Mutterbindung zurückzuführen ist.
Als abschließender Prozess dieser Phase erfolgt dann der Einfluss des Kastrationskomplexes, dieser Komplex wird ausgelöst, durch das Erkennen, dass das Mädchen „mangelhaft“ durch die Mutter gemacht beziehungsweise auf die Welt gekommen ist, „d. h. es als Weib geboren hat“2. Der Neid, dass der Vater etwas hat, was die Tochter und die Mutter nicht haben. Oftmals denkt das kleine Mädchen, dass das Fehlen eines Penis nur ein „individuelles Mißgeschick“3 ist und es erlernt erst über einen Zeitraum, dass alle Frauen keinen Penis haben und dadurch findet dann eine große Entwertung der Weiblichkeit statt.
Durch das Fehlen eines Penis, soll sich die Frau, zumindest nach Freud, „minderwertig“ und dem Mann unterlegen fühlen, gleichzeitig lehnt sich das Mädchen gegen diese Tatsache auf und entwickelt sich in Richtung einer von drei verschiedenen Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist die völlige Abwendung von der Sexualität und verzichtet somit auf jegliche „phallische Bestätigung“. Die zweite Variante ist die „trotzige Selbstbehauptung“ und „lebenslange Hoffnung“ doch noch einmal einen Penis zu bekommen. Oftmals wird die Phantasie ein Mann zu sein in irgendeiner Form, über längere Lebensphasen hinweg, ausgelebt und dies geschieht nicht selten über Homosexualität oder einem Männlichkeitskomplex, der zur Anlegung von typisch männlichen Verhaltensweisen führt.
Die dritte Möglichkeit, welche durch einen entwicklungstechnischen Umweg zum Ziel führt, endet in der normal geprägten Weiblichkeit. In diesem Entwicklungsstadium wird der Vater als Liebesobjekt ausgewählt und dadurch erst die weibliche Form des Ödipuskomplexes geschaffen. Der weibliche Ödipuskomplex ist somit das Ergebnis einer längeren Entwicklung und wird durch den Kastrationskomplex erschaffen, da das Kind der Bedrohung durch den Vater entgeht und nicht, wie bei dem männlichen Komplex, sich erst dadurch der väterlichen Bedrohung bewusst wird. Laut Freud wird der soziale Charakter der Frau erst durch den Ödipuskomplex, sowie dem Kastrationskomplex geprägt. Diese Prägung findet man zum Beispiel in der Partnerwahl der Frau wieder. Dadurch, dass dem Mädchen der Akt mit dem Vater versagt blieb, wählt es sich einen Partner, welcher dem Vater gleicht.
Somit ist nur eine von drei Entwicklungsmöglichkeiten des Mädchens mit dem Ödipuskomplex gleichzusetzen und diese ödipale Entwicklungslinie ist nach Freud die „normalste“ Entwicklung. Aufgrund der Tatsache, dass der Ödipuskomplex nur eine von drei Möglichkeiten ist und nach dem Stand der freudschen Wissenschaft auch der gängigste, lehnt Sigmund Freud den Begriff des Elektrakomplexes ab, da „selbst aktive, in jedem Sinne männliche Strebungen in die Bahnen der Weiblichkeit leiten.“4
Freud sieht sich somit darauf bestätigt, „daß das Mädchen eine Phase des »negativen« Ödipuskomplexes durchmacht, ehe sie in den positiven eintreten kann.“5 Nun tut sich allerdings die Frage auf, wieso der weibliche Ödipuskomplex, welcher nur in einem von drei Entwicklungsmöglichkeiten besteht, nicht einfach Elektrakomplex genannt werden kann, da die Ähnlichkeit schließlich gegeben ist. Freuds Antwort darauf lautet, „daß wir recht daran haben, den Namen Elektrakomplex abzulehnen, der die Analogie im Verhalten beider Geschlechter betonen will.“6
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1 Sigmund Freud, Über die Weibliche Sexualität, S.3
2 Ebd. S. 6
3 Ebd. S. 6
4 Ebd. S. 10
5 Ebd. S. 11
6 Ebd. S. 3
- Quote paper
- Anne Kamischke (Author), 2019, Freud und der Elektrakomplex. Warum lehnt Freud den Elektrakomplex ab?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1127608
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