Die Deutschsprachigen hätten so ihre Probleme mit du und Sie (Strutz (1986), S.
84), heißt es in einem englischen Kursbuch für Deutsch Lernende zum Thema der
Anredeformen lapidar. Die Harmlosigkeit dieser Formulierung kann bestenfalls als
Untertreibung gewertet werden, macht gleichzeitig jedoch auch eine gewisse Zurückhaltung
und Unsicherheit deutlich, die von Sprachwissenschaftlern und Pädagogen
rund um die Thematik auszugehen scheint.
Rund vier Jahrzehnte nach einer von den amerikanischen Soziolinguisten Brown
und Gilman (1960) eröffneten Diskussion über die pronominale Anrede in einigen
indogermanischen Sprachen, muss festgestellt werden, dass in diesen vier Jahrzehnten
dem Thema der Anredeproblematik im Deutschen eher spärliche wissenschaftliche
Aufmerksamkeit zuteil wurde und abgesehen von einigen sprachideologischen
Aufsätzen in den 70-er Jahren (z. Bsp.: Ammon (1972), und Schütze (1975)),
zumeist nur randkapitelweise in allgemeine sprachwissenschaftliche Abhandlungen
Eingang fand. Dialektbezogene Erörterungen der Anredeformen existieren überhaupt
nur vereinzelt und stellen selten pragmatische Überlegungen in den Mittelpunkt.
Die vorliegende Arbeit versucht daher pragmatische Aspekte in den Vordergrund
zu stellen und sich dem Thema in der Auseinandersetzung mit einigen ausgewählten
Diskussionsbeiträgen der Sprachwissenschaft, insbesonders der Soziolinguistik, behutsam,
aber überaus wachsam zu nähern. Ausgangspunkt bildet der bereits zitierte
Aufsatz von Brown und Gilman, The Pronouns of Power and Solidarity, der in der
Auseinandersetzung mit der Thematik nicht unerwähnt bleiben darf. Neben der Analyse
und Gegenüberstellung verschiedener Standpunkte der Sprachwissenschaft,
soll eine eigene, unter deutschsprachigen Studenten durchgeführte Studie, einige
interessante Hinweise zum gegenwärtigen Sprachverhalten dieser Altersgruppe liefern.
Ein weiterer Teilbereich dieser Arbeit befasst sich mit den Besonderheiten der Anredepronomen
im Alemannischen. Als Basis für die Auseinandersetzung mit syntak4
tischen, morphologischen, aber auch die Pragmatik betreffenden Eigenheiten des
Alemannischen, dient dem Autor dieser Arbeit sein eigener Dialekt und Dialektgebrauch,
sowie Beobachtungen von Dialektsprechern im Raum Feldkirch und Laiblachtal.
Inhaltsverzeichnis
- I. ANREDEPRONOMEN IM DEUTSCHEN: Das Problem mit „Du“ und „Sie“
- 0. Vorwort
- 1. Theoretischer Ausgangspunkt
- 2. Aktuelle Bestandsaufnahme
- 2.1. Alter
- 2.2. Arbeitsplatz
- 2.3. Resumé
- 3. Anredepronomen in Vorarlberger Dialekten
- 3.1. Klitisierung der Personalpronomina
- 3.2. Besonderheit des Anredepronomens „Ihr“
- 4. Literaturverzeichnis
- 5. Appendix
- II. TEXTANALYSE
- 1. Textvorlage
- 2. Analyse
- 2.1. Substantiva
- 2.2. Verbformen, Verbstellung
- 2.3. Pronomina, Artikel
- 2.4. Ausklammerung und Ähnliches
- 2.5. Hypotaktische Konstruktionen im Text
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die pragmatischen Aspekte der Anredepronomen „Du“ und „Sie“ im Deutschen. Sie beleuchtet die historische Entwicklung dieser Anredeformen, analysiert den aktuellen Sprachgebrauch und betrachtet Besonderheiten in Vorarlberger Dialekten. Die Arbeit stützt sich auf sprachwissenschaftliche Theorien, insbesondere der Soziolinguistik, und Ergebnisse einer eigenen Studie unter deutschsprachigen Studenten.
- Historische Entwicklung der Anredepronomen „Du“ und „Sie“
- Aktueller Sprachgebrauch von „Du“ und „Sie“ in verschiedenen Kontexten
- Pragmatische Aspekte der Anredewahl
- Unterschiede im Gebrauch der Anredepronomen in Vorarlberger Dialekten
- Analyse des Sprachgebrauchs unter deutschsprachigen Studenten
Zusammenfassung der Kapitel
I. ANREDEPRONOMEN IM DEUTSCHEN: Das Problem mit „Du“ und „Sie“: Dieses einleitende Kapitel beschreibt die bestehende Unsicherheit und Zurückhaltung in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Anredeproblematik im Deutschen. Es verweist auf die Arbeit von Brown und Gilman (1960) als Ausgangspunkt und kündigt den pragmatischen Fokus der vorliegenden Arbeit an, welcher sich mit ausgewählten Diskussionsbeiträgen der Sprachwissenschaft auseinandersetzen wird. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Alemannischen gewidmet, wobei der eigene Dialekt des Autors und Beobachtungen im Raum Feldkirch und Leiblachtal als Grundlage dienen.
1. Theoretischer Ausgangspunkt: Dieses Kapitel analysiert kritisch den Aufsatz von Brown und Gilman (1960), "The Pronouns of Power and Solidarity". Es hinterfragt die sprachhistorische Erklärung der Entstehung des pluralen Anredepronomens (V) durch die Diocletianischen Reformen. Die Argumentation von Brown und Gilman wird als oberflächlich und historisch ungenau kritisiert. Alternativ wird eine Erklärung vorgeschlagen, die die Doppelrolle des römischen Kaisers als "dominus" und "deus" berücksichtigt. Die Kritik zielt nicht auf die gesamte Arbeit von Brown und Gilman ab, sondern fokussiert auf die unkritische Übernahme ihrer sprachhistorischen Thesen in der Folge-Literatur.
2. Aktuelle Bestandsaufnahme: Dieses Kapitel bietet eine Übersicht über aktuelle Faktoren, die die Anredewahl beeinflussen (Alter, Arbeitsplatz). Es stellt die Ergebnisse einer empirischen Studie dar, die interessante Hinweise auf das gegenwärtige Sprachverhalten deutschsprachiger Studenten liefert (Ergebnisse werden im weiteren Text nicht detailliert beschrieben um Spoiler zu vermeiden). Diese Kapitel bietet eine wichtige Grundlage für die weiteren Analysen.
3. Anredepronomen in Vorarlberger Dialekten: Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Besonderheiten der Anredepronomen im Alemannischen. Es werden syntaktische, morphologische und pragmatische Eigenheiten des alemannischen Dialekts untersucht, wobei der eigene Dialekt des Autors und Beobachtungen im Raum Feldkirch und Leiblachtal als Basis für die Analyse dienen. Die Klitisierung der Personalpronomina und die Besonderheiten des Anredepronomens „Ihr“ werden hier im Detail beschrieben.
II. TEXTANALYSE: Dieser Teil der Arbeit beinhaltet eine detaillierte linguistische Textanalyse (die genaue Art der Analyse und ihre Ergebnisse werden hier nicht weiter ausgeführt, um Spoiler zu vermeiden).
Schlüsselwörter
Anredepronomen, „Du“, „Sie“, Pragmatik, Soziolinguistik, Brown und Gilman, Alemannisch, Dialekt, Sprachwandel, Sprachgebrauch, Studenten, empirische Studie, Textanalyse.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: ANREDEPRONOMEN IM DEUTSCHEN: Das Problem mit „Du“ und „Sie“
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die pragmatischen Aspekte der Anredepronomen „Du“ und „Sie“ im Deutschen. Sie beleuchtet die historische Entwicklung dieser Anredeformen, analysiert den aktuellen Sprachgebrauch und betrachtet Besonderheiten in Vorarlberger Dialekten. Ein Schwerpunkt liegt auf der kritischen Auseinandersetzung mit der Arbeit von Brown und Gilman (1960) und der Einbettung der Analyse in soziolinguistische Theorien. Die Arbeit beinhaltet außerdem eine empirische Studie unter deutschsprachigen Studenten und eine detaillierte linguistische Textanalyse.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in zwei Hauptteile: Teil I befasst sich mit den Anredepronomen im Deutschen, inklusive eines theoretischen Ausgangs-punktes (kritische Auseinandersetzung mit Brown & Gilman), einer aktuellen Bestandsaufnahme (Einflussfaktoren wie Alter und Arbeitsplatz, Ergebnisse einer Studentenstudie), und einer Analyse der Anredepronomen in Vorarlberger Dialekten (Klitisierung, Besonderheiten von „Ihr“). Teil II enthält eine detaillierte linguistische Textanalyse (genaue Methoden und Ergebnisse werden aus Spoiler-Gründen nicht vorab genannt).
Welche theoretischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf sprachwissenschaftliche Theorien, insbesondere der Soziolinguistik. Ein zentraler Bezugspunkt ist die Arbeit von Brown und Gilman (1960), "The Pronouns of Power and Solidarity", die jedoch kritisch hinterfragt und teilweise revidiert wird. Der Fokus liegt auf der Pragmatik der Anredewahl.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit kombiniert verschiedene Methoden: Eine Literaturrecherche und -analyse, eine empirische Studie unter deutschsprachigen Studenten (deren Ergebnisse nicht im Detail vorweggenommen werden), und eine detaillierte linguistische Textanalyse (die Art der Analyse und Ergebnisse werden aus Spoiler-Gründen nicht vorab genannt). Für die Analyse der Vorarlberger Dialekte werden eigene Beobachtungen des Autors im Raum Feldkirch und Leiblachtal herangezogen.
Welche Ergebnisse werden präsentiert?
Die Arbeit präsentiert Ergebnisse zu den aktuellen Faktoren, die die Anredewahl beeinflussen (Alter, Arbeitsplatz). Die Ergebnisse der empirischen Studie unter deutschsprachigen Studenten werden aus Spoiler-Gründen nicht detailliert vorab beschrieben. Es werden außerdem Besonderheiten der Anredepronomen im alemannischen Dialekt des Autors, sowie Ergebnisse der linguistischen Textanalyse präsentiert. Die Arbeit bietet eine kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Theorien zur Anredeproblematik.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Anredepronomen, „Du“, „Sie“, Pragmatik, Soziolinguistik, Brown und Gilman, Alemannisch, Dialekt, Sprachwandel, Sprachgebrauch, Studenten, empirische Studie, Textanalyse.
- Arbeit zitieren
- Martin Stepanek (Autor:in), 2002, Anredepronomen im Deutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11277