Rauschtrinken in seiner Funktion für die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben im Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung von Geschlecht


Bachelor Thesis, 2020

70 Pages, Grade: 13,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition Risikoverhaltensweisen unter Jugendlichen
2.1 Bedeutung und Funktion von Risikoverhalten
2.2 Definition Rauschtrinken
2.2.1Substanzgebrauch nach ICD-
2.2.2 Alkoholkonsum nach DSM
2.2.3 schädlicher Gebrauch und experimenteller Konsum
2.2.4 Binge Drinking
2.2.5 Datenlage zum Rauschtrinken
2.2.6 Folgen des Alkoholkonsums
2.2.7 Risikogruppen und Risikofaktoren

3. Die Jugendphase und ihre Anforderungen
3.1 Begriffsdefinitionen
3.1.1 Jugendalter
3.1.2 Adoleszenz
3.1.3 Pubertät
3.2 Entwicklungsaufgaben des Jugendalters
3.2.1 Bedeutung der Entwicklungsaufgaben nach Havighurst
3.2.2 Wandel der Jugendphase
3.2.3 Wandel der Entwicklungsaufgaben

4. Rauschtrinken als Problemverhaltensweise im Jugendalter
4.1 Antisoziale Handlungen als adoleszenztypisches Verhalten?
4.1.1Unter welchen Umständen wird Risikoverhalten weitergeführt?
4.2 Funktionen für die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
4.2.1 Rauschtrinken als Raum persönlicher Erfahrbarkeit
4.2.2 Rauschtrinken als Möglichkeit für adoleszente Gestaltungsprozesse
4.2.3 Rauschtrinken zum Erlernen von Verantwortungsübernahme
4.2.4 Rauschtrinken zur Gruppenintegration

5. Arbeit an der Geschlechtsidentität und geschlechtsspezifische Selbstinszenierung im Rauschtrinken
5.1 Definition Gender
5.2 Adoleszenz als Möglichkeitsraum für Geschlechtervariationen
5.2.1 Geschlechtliche Gruppenkonstitution
5.2.2 Weibliches Trinkverhalten
5.2.3 Männliches Trinkverhalten

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Jugendalter stellt einen Zeitraum vieler essentieller und aufregender Umbrüche für Heranwachsende dar. Diese sehen sich in der entsprechenden Zeit mit vielen kritischen Anforderungen konfrontiert. Die Zeitspanne ist nach Erikson gekennzeichnet durch die Bildung und Entwicklung der eigenen Identität (vgl. Erikson 1973, S.149). Diese kann mitunter in Orientierungs- und Selbstwertkrisen münden (vgl. Fuhrer 2013, S.122). Mit diesen sehen sich besonders heutige Heranwachsende konfrontiert, da sich traditionsbedingte Werte und Normen zunehmend unbedeutend werden und das Individuum vermehrt auf sich allein gestellt ist (vgl. Papastefanou, von Hagen 2011, S.118). Daneben werden Jugendliche und Heranwachsende beim Aufwachsen vor die Herausforderung gestellt, verschiedene Aufgaben in der Entwicklung zum oder zur Erwachsenen zu erfüllen. Diese speziellen Aufgaben und Herausforderungen können für jede Altersstufe formuliert werden und richten sich nach den jeweiligen kulturspezifischen Werten und Normen. (vgl. Quenzel 2015, S.28) In dieser Zeitspanne finden aber auch wichtige Entwicklungen in der Reifung zum / zur Erwachsenen statt. Vor allem die Entwicklung der Identität wird an dieser Stelle bedeutend. Die Identität bildet sich durch die Lösung der verschiedenen Entwicklungsaufgaben aus. Aber nicht nur das Individuum hat diesbezüglich wichtige Bedeutung. Auch die Umwelt wird an dieser Stelle zu einem wichtigen Faktor. Individuen entwickeln sich zum Teil von innen heraus und reagieren zudem auf ihre Umwelt. Sie nehmen ihre Umwelt auf und haben gleichzeitig auch Auswirkungen auf diese, indem sie ihre Umgebung mitgestalten. Diese Mitgestaltung generiert sich über persönliche und individuelle Entscheidungen. (vgl. ebd. S.29) Anhand dessen wird die Bedeutung des Umfelds in der individuellen Identitätsentwicklung deutlich. Die Peer Group wird im Jugendalter zu einer wichtigen Instanz (vgl. Baacke 2007, S.15). Als eine zentrale gemeinsame Erfahrung kann auch der erste Kontakt mit alkoholhaltigen Getränken bezeichnet werden. Rauschtrinken stellt eine Form von Risikoverhalten in der Adoleszenz dar (vgl. Steinberg 2004, S.53). Neben anderen Formen von Risikoverhalten, nimmt es eine wichtige Rolle in der adoleszenten Entwicklung ein, denn es stellt einen zentralen Bestandteil „jugendkultureller Normalität“ (Litau 2011, S.56, Änd. d. Verf.) dar und wird findet meist innerhalb der Gruppe statt (vgl. Litau 2011, S.56 / Sting 2004, S.105). Diese Arbeit soll sich mit dem Stellenwert des jugendkulturellen Phänomens des Rauschtrinkens in der adoleszenten Entwicklung und den vielfachen Bedeutungen, die das Verhalten in der Entwicklung einnimmt, auseinandersetzen. Entgegen der jugendkulturellen Normalität ist Rauschtrinken dennoch eine Form von Risikoverhalten und birgt eine Vielzahl an potentiellen Risiken unterschiedlicher Art: Wie ist daher das Phänomen Rauschtrinken zu bewerten?

Sind strikte Ablehnung und eine Verbotshaltung gegenüber dem Phänomen Rauschtrinken sinnvoll? Oder ist doch Toleranz durch den jugendkulturellen Stellenwert geboten? Welche tieferen Bedeutungen für die Identitätsentwicklung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbirgt sich dahinter? Diese relevanten Fragestellungen sollen beleuchtet werden, indem Rauchtrinken in seiner Funktion für die Entwicklungsaufgaben des Jugendalters dargestellt wird. Zudem ist die Peer Group auch ein bedeutender Ort für geschlechtliche Inszenierungen von Weiblichkeit und Männlichkeit und für die Darstellung gegenüber dem anderen Geschlecht (vgl. Litau, Stauber 2013, S.47). Die unterschiedlichen Prozesse der Inszenierungen und die Darstellung von Geschlechtlichkeit durch Rauschtrinken, sollen in einem zweiten Teil der Arbeit näher dargestellt werden, da die Bildung einer geschlechtlichen Identität ebenfalls zu einer wichtigen Entwicklungsaufgabe im Jugendalter gehört (vgl. ebd. / Meuser 2018, S.365 / Havighurst 1953, S.115). Damit soll näher auf eine formulierte Entwicklungsaufgabe von Havighurst eingegangen werden (vgl. Havighurst 1953, S.115).

2. Definition Risikoverhaltensweisen unter Jugendlichen

„Maß für die Wahrscheinlichkeit eines Schadens“ (Endruweit 2014, S. 409), so die Definition des Begriffs Risiko nach den Wissenschaften im Bereich Natur und Technik (vgl. ebd.). Mit dem Begriff Risiko wird die Wahrscheinlichkeit eines auftretenden Schadens und das potentielle Ausmaß der Konsequenzen dessen beschrieben (vgl. Raithel 2011, S.23). Dabei ist der Begriff Risiko vom Begriff der Gefahr zu unterscheiden. Im Falle einer Selbstzurechnung, wird von einem Risiko gesprochen, im Falle einer Fremdzurechnung von einer Gefahr. Demnach stellen Gefahren Bedrohungen dar, die unabhängig von der Einwirkung des Subjekts geschehen. Jedoch sind Risiken nicht immer mit einem negativen Ausgang verbunden, sondern können sich auch positiv äußern. (vgl. Raithel 2001, S.12) Um den Risikobegriff zu verstehen, sind die Begriffe „Verantwortbarkeit“ (Raithel 2011, S.23.) und „Unsicherheit“ (ebd.) wichtig. Ein Risiko ist demnach immer mit einem unsicheren Ausgang verbunden und liegt in der Verantwortung des Subjekts (vgl. Raithel 2001, S.12). Anhand dessen wird die Definition von Risikoverhaltensweisen offensichtlicher. Risikoverhaltensweisen sind Handlungen, die mit einer Unsicherheit einhergehen und eine potentielle Schädigung von eigenem Leben oder Umwelt hervorrufen können. Diese werden vom Subjekt bereits mit der Durchführung der Handlungen toleriert. (vgl. ebd.) Demnach sind Risikoverhaltensweisen immer verbunden mit einem potentiellen Verlust oder einer Schädigung als Konsequenz. Dabei ist es von geringer Bedeutung, ob diese kurzfristig oder langfristig besteht (vgl. Papastefanou, von Hagen 2011, 119). Die Verhaltensweisen lassen sich zudem nach der Qualität des Risikos unterscheiden (vgl. Raithel 2011, S.31). Es wird unterschieden zwischen „risk behaviour“ (Raithel 2003, S.288) und „risk taking behaviour“ (ebd.). Als „risk behaviour“ (ebd.) werden substanzmittelbezogene Verhaltensweisen, wie Tabak- / Alkohol- / Medikamentenkonsum bezeichnet (vgl. ebd. S.287,288). Diese sind auch bekannt als „alltagsnahe Risikoverhaltensweisen“ (Raithel 1999, S.142). Es handelt sich um alltägliche Verhaltensweisen, wie dem Konsum von Sucht- und Genussmitteln, die aber dennoch implizit der Gesundheit schaden können (vgl. ebd.). „Risk taking behaviour“ (Raithel 2003, S.288) bezeichnet sogenannte risikokonnotative Verhaltensweisen (vgl. ebd.). Diese kennzeichnen sich dadurch, dass sie in der Regel nicht alltäglich stattfinden. Sie können zum Beispiel in Form von Mutproben auftreten. (vgl. Raithel 1999, S.137) Besonders männliche Jugendliche neigen eher zu risikoreichen Verhaltensweisen (vgl. Raithel 2003a, S.26). Männliche Jugendliche können die gesundheitlichen Risiken bei substanzmittelbezogenem Risikoverhaltensweisen nicht adäquat abschätzen. Daher werden ihnen extremere Risiken, ausgehend von risikokonnotativen Verhaltensweisen, eher offenbar. (vgl. Raithel 2011, S.31) Risikoverhaltensweisen finden in der Adoleszenz meist in Gruppen statt und bestehen zum Beispiel aus Straftaten, Alkoholgebrauch, riskanter Fahrweise oder riskantem sexuellen Verhalten (vgl. Steinberg 2004, S.53). Klassifikationen von Risikoverhaltensweisen können aber in der Literatur je nach Autor unterschiedlich sein (vgl. Raithel 2011, S.24). Zudem spielen Kontexte und die jeweiligen Interaktionen eine wichtige Rolle bei der Klassifikation (vgl. ebd. S.25). Jeffery betont, dass es bei der Betrachtung von Risikoverhalten unterschiedliche Perspektiven gibt. Es gibt eine Perspektive, die sich auf individuelle Aspekte konzentriert und eine, die die gesamte Gesellschaft betrachtet. (vgl. Jeffery 1989, S.1196) Bei den Daten, die sich auf Populationen beziehen, kann der Unterschied der Prävalenzen zwischen Populationen betrachtet werden. Wenn aber die Frage nach der Unterscheidung einzelner Individuen und deren Verhalten gefragt ist, ist eine individuelle Perspektive notwendig. (vgl. ebd. S.1197) Populationsbezogene Daten beziehen sich meist auf Verhaltensweisen, die in der Forschung und im Alltag als gefährlich eingestuft werden. Es wird ein objektives Risiko formuliert. Dieses objektive Risiko kann sich aber maßgeblich von der subjektiven Einschätzung einer Gefährdung unterscheiden. Individuen nehmen Risiken unterschiedlich wahr. Ob ein spezifisches Risiko als Gefährdung eingestuft wird, ist abhängig von der subjektiven Wahrnehmung der Handlung als potentiell gefährdend oder nicht. Neben der subjektiven Wahrnehmung ist das Wissen über die jeweilige potentiell gefährdende Verhaltensweise und der Vergleich der Handlung mit Handlungen anderer bedeutend für die Risikoeinschätzung. Anhand dessen wird die Unsicherheit deutlich, die sich hinter den Verhaltensweisen verbirgt, da eine potentielle Gefahr besteht, diese aber nicht zwangsläufig eintreten muss. (vgl. Raithel 2011, S.25)

2.1 Bedeutung und Funktion von Risikoverhalten

Im Jugendalter kann Risikoverhalten mehrere Funktionen und Bedeutungen im Kontext des Aufwachsens haben. Nachfolgend sollen einige relevante genannt werden. Entsprechende Verhaltensweisen sind besonders unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbreitet, da diese sehr empfänglich für Gefühle von Belohnung sind. In der Adoleszenz erwirbt der / die Einzelne wichtige Fähigkeiten, um unabhängig zu werden. Das Empfinden von Belohnung kann dabei helfen, da es zum Aufsuchen neuer Reize führt. Dies kann wiederum Erfahrungen und notwendige Lernprozesse für die Ausbildung von Unabhängigkeit bedingen. (vgl. Galvân 2013, S.88) Jugendlichen suchen also Risiken, da diese mit dem Empfinden entsprechender Reize verbunden sind (vgl. Frühauf, Kopp 2020, S.98). In der deutschen Jugendforschung ist das belastungstheoretische Sozialisationsmodell zur Erklärung von Risikoverhaltensweisen verbreitet (vgl. Raithel 2011, S.12). Das Modell sieht Risikoverhalten im Jugendalter als eine Strategie zur Lösung von Entwicklungsproblemen, die in mehreren Ursachen im Jugendalter begründet sein können (vgl. ebd. S.57). Jugendliches Risikoverhalten kann eine Folge psychischer Belastung in schwieriger sozialer Umgebung und nicht ausreichenden Mitteln zur Bewältigung sein. Es entstehen Diskrepanzen zwischen geforderten und vorhandenen Handlungskompetenzen der Individuen. (vgl. ebd. S.71) In diesem Zusammenhang stellt Rauschtrinken eine Folge von Schwierigkeiten in der Entwicklung dar, welche eine erfolgreiche Sozialisation gefährden können (vgl. Litau 2011, S.53).

Es gibt unterschiedliche Gründe für das Auftreten von Risikoverhalten. Möglich sind, Entwicklungsprobleme und unzureichende Lösungsstrategien, Unsicherheiten und daraus folgenden Problemen der Orientierung oder der Protest gegen gesellschaftliche und elterlich vorgegebene Grenzen (vgl. Raithel 2011, S.57). Demnach tritt Risikoverhalten nicht nur ausschließlich im Rahmen von Krisen auf. Es wird häufig auch demonstrativ zur Erprobung erwachsenentypischen Verhaltens eingesetzt. (vgl. ebd.) Risikoverhalten kann auch als „pseudoerwachsenes Verhalten“ (Papastefanou, von Hagen 2011, S.120) bezeichnet werden (vgl. ebd.). Die Bezeichnung „pseudoerwachsen“ (ebd. Änd. d. Verf.) kann auf die Gleichzeitigkeit oppositionellen, widerstrebenden Verhaltens gegenüber Erwachsenen und Nachahmung potentiell erwachsenentypischer Verhaltensweisen hinweisen. Diese Gleichzeitigkeit zweier, eigentlich konträrer Handlungen, ist ein klassisches Merkmal des Jugendalters. Jugendliche werden in ihrer Entwicklung mit Anforderungen konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. (vgl. Raithel 2011, S.57) Risikoverhaltensweisen bieten Hilfen zur erfolgreichen Bewältigung der Anforderungen und werden aktiv eingesetzt, um den Herausforderungen des alltäglichen Lebens zu begegnen. Daher können derartige Verhaltensweisen als „sozial-funktional“ (Erben, Franzkowiak, Wenzel 1986, S.93) bezeichnet werden (vgl. ebd. / Raithel 2011, S.65). Raithel nennt zentrale Funktionen der Verhaltensweisen im Kontext jugendlicher Lebenswelten (vgl. Raithel 2011, S.65). Risikoverhalten wirkt sich zunächst positiv auf die soziale Integration in die Peer Group aus (vgl. Raithel 2001, S.13). Jugendliche bekommen die Möglichkeit, Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu erlangen und bei erfolgreicher Aufnahme nachträglich den erreichten Status innerhalb der Gruppe zu sichern. Darüber hinaus wirken die riskanten Verhaltenspraktiken als Mittel einer erfolgreichen Selbstdarstellung und Selbstpräsentation. Insbesondere die Bewunderung durch die übrigen Gruppenmitgliedern wirkt sich förderlich auf ein gefestigtes Selbstkonzept aus. Besondere Bewunderung garantieren exklusive Verhaltensweisen, wie risikokonnotative Praktiken, über die zudem eine Abgrenzung zu übrigen Mitgliedern gewährleistet werden kann, die diese nicht ausführen. (vgl. Raithel 2011, S.65) Des Weiteren können zwei zentrale Funktionen genannt werden, die Risikoverhalten in der Beziehung zu Erwachsenen erfüllt. An dieser Stelle wird zudem die Gleichzeitigkeit nochmals deutlich. Zum einen stellt das Verhalten Protest gegen auferlegte Werte und Normen von Eltern und Gesellschaft dar und fördert zudem die Autonomie der Jugendlichen, da es sich sozusagen um eine erwachsenentypische Verhaltensweise handelt. Da Spaß meist im Mittelpunkt der handlungsleitenden Motive steht, stellt Risikoverhalten einen Kontrapunkt zur Alltäglichkeit anderer Verhaltensweisen dar. Bei entsprechenden Handlungen, maßgeblich bei verkehrsbezogenen, zeigt sich insbesondere, dass eine potentielle Gefährdung Dritter unberücksichtigt bleibt. An dieser Stelle werden egozentrische und narzisstische Züge deutlich. Diese sind jedoch als charakteristisch für die Adoleszenz zu bezeichnen, da viel Zeit in die Auseinandersetzung mit dem Selbst und den eigenen Lebensplanungen investiert wird. (vgl. ebd. S.66) Die sozial-funktionale Bedeutung von Risikoverhalten und der Zwiespalt zwischen Krisenorientierung und Hilfestellung der Praktiken, kann nach Franzkowiak erklärt werden "Der Einstieg in Risikopraktiken kann [...] als Begleiterscheinung des Versuches begriffen werden, entwicklungsbedingte Orientierungsprobleme zu bewältigen und mit ihnen auf gesellschaftlich höchst legitime Weise umzugehen" (Franzkowiak 1987,S.75).

2.2 Definition Rauschtrinken

2.2.1 Substanzgebrauch nach ICD-10

Unter F.10.1 wird der schädliche Gebrauch von psychotropen Substanzen aufgeführt. Alkohol wird nicht direkt aufgeführt, sondern unter dem Oberbegriff „Substanzen“ (DIMDI 2018, o.S.). Der Gebrauch kann als schädlich bezeichnet werden, wenn er zu einer Schädigung der Gesundheit führt. Schädigungen der Gesundheit können sich in diesem Zusammenhang auf unterschiedliche Art und Weise äußern, körperlich oder psychisch. (vgl. DIMDI 2018, o.S.) Diese Schädigungen werden als Indikator für einen schädlichen Gebrauch genutzt (vgl. Karamatskos, Koller, Pogarell 2010, S.36). Zudem muss der schädliche Gebrauch auch von Dritten wahrgenommen und kritisiert werden. Für eine Diagnose ist es relevant, dass eine Abhängigkeit, eine psychotische oder eine andere substanzbedingte Störung nicht vorliegen. (vgl. Diestelkamp, Thomasius 2017, S.15)

Des Weiteren wird F.10.2. das Abhängigkeitssyndrom aufgeführt. Unter das Syndrom einer Abhängigkeit fallen alle Verhaltensweisen, physische und kognitive Erscheinungen, die sich nach einem mehrfachen Substanzkonsum entwickeln (vgl. DIMDI 2018a, o.S.). Zur 7

Bestätigung des Abhängigkeitssyndroms müssen zwei oder mehr der gängigen Kriterien erfüllt werden. Dazu gehört unter anderem der starke Wunsch oder Zwang eine bestimmte Substanz, wie zum Beispiel Alkohol, zu konsumieren. Zudem ist die Fähigkeit zur Kontrolle nach dem Konsum vermindert und es zeigt sich mit der Zeit eine Steigerung der Toleranzgrenze. Es folgen körperliche Entzugssyndrome und in sozialer Hinsicht, die Vernachlässigung von Freunden, Familie etc. Betroffene konsumieren häufig trotz der schädlichen Folgen weiter. (vgl. Diestelkamp, Thomasius 2017, S.15)

Unter F10.0. führt der ICD 10 die akute Intoxikation auf. Die akute Intoxikation beschreibt psychophysiologische Reaktionen, wie Störungen des Bewusstseins, der kognitiven Fähigkeiten, der Wahrnehmung, der Affekte und des Verhaltens, als eine Folge des Konsums von psychotropen Substanzen. Die Störungen verschwinden, wenn die Wirkung der jeweiligen Substanz nachlässt. Daher stehen die Störungen und die Wirkungen der Substanz in einem engen Zusammenhang. Darüber hinaus können spezifische Komplikationen kommen, wie Trauma oder Koma, die Folge sein. Eine akute Intoxikation kann aufgrund des übermäßigen Alkoholkonsums oder anderer Faktoren, wie halluzinogenen Substanzen, entstehen. (vgl. DIMDI 2018b, o.S.) Merkmale, wie Geschlecht, Gewicht, genetische Alkoholtoleranz, Persönlichkeit und situative Zustände, sind bedeutend für das Ausmaß der Intoxikation. Das Ausmaß ergibt sich aus der Blutalkoholkonzentration und der entsprechenden Aufnahme des Alkohols. Aus klinischer Sicht kann eine Alkoholintoxikation bereits bei geringen Blutalkoholkonzentrationen auftreten. (vgl. DHS 2015, S.1) Binge Drinking steht im Zusammenhang mit potentiellen Alkoholvergiftungen, da bei einem geregelten Konsum ein natürlicher Mechanismus von körperlichen Reaktionen, wie Übelkeit etc. die Unterbindung eines fortgeführten Konsums bewirkt. Beim Binge Drinking ist der Zeitraum der Aufnahme von Alkohol nur sehr kurz und der natürliche „Warnmechanismus“ entfällt dementsprechend. (vgl. ebd. S.3)

2.2.2 Alkoholkonsum nach DSM 5

Im Kontrast zu den getrennten Ausführungen von Missbrauch und Abhängigkeit im ICD 10, soll auf die reformierte Darstellung im neuen DSM 5 eingegangen werden. Im DSM 5 haben Substanzmissbrauch und Substanzabhängigkeit ein gemeinsames Störungsbild, da durch verschiedene Untersuchungen eine detaillierte Unterscheidung von Missbrauch und Abhängigkeit angezweifelt wurde. Beide wurden in dem Störungsbild der Substanzkonsumstörungen zusammengefasst. Dies kann in seinem Schweregrad unterschiedliche Ausprägungen haben. (vgl. Kiefer, Rumpf 2011, S.45).

Substanzkonsumstörungen zeichnen sich durch ein spezifisches Muster an kognitiven, verhaltensbezogenen und physischen Merkmalen aus. Entgegen dieser Symptome wird der Gebrauch fortgesetzt. Jeglicher Art von Substanzkonsumstörungen liegen Veränderungen in der Funktion von neuronalen Netzwerken zugrunde, welche auch nach dem Konsum weiter bestehen können. Diese Veränderungen äußern sich in starkem Verlangen nach der Substanz und potentiellen Rückfällen. Darüber hinaus nimmt der DSM 5 eine Einteilung der Kriterien in vier Gruppen vor. Zur Gruppe 1 „beeinträchtigte Kontrolle“ (Falkai, Wittchen 2018, S.663) gehören ein anhaltender Konsum größerer Mengen über einen längeren Zeitraum, der anhaltende Wunsch den Konsum zu mindern oder kontrollieren zu können und dementsprechend mehrfache erfolglose Versuche, Kontrolle über den Konsum wiederzuerlangen. Zudem investieren Betroffene viel Zeit in den Konsum, die Beschaffung und die nachträgliche Erholung von der Einnahme der Substanz. Die ist verbunden mit einem großen Verlangen nach der Substanz. Die zweite Gruppe, die im DSM 5 aufgeführt wird, ist die der „sozialen Beeinträchtigung“ (ebd.). Zu dieser Gruppe gehört das Kriterium der Vernachlässigung wichtiger Verpflichtungen, des Fortsetzens des Konsums trotz anhaltender zwischenmenschlicher Probleme und der Aufgabe des Berufs oder anderer Freizeitaktivitäten aufgrund des Konsums. (vgl. ebd. S.666) Die dritte Gruppe des „riskanten Konsums“ (ebd.), umfasst die Aufnahme der Substanz in Situationen potentieller körperlicher Gefährdung und den andauernden Konsum trotz des Wissens über bereits auftretende physische und psychische Probleme (vgl. ebd. S.663, 666). Daneben existiert eine weitere vierte Gruppe. Die vierte Gruppe wird unter der Bezeichnung „pharmakologische Kriterien“ (ebd. S.666) aufgeführt und beinhaltet die Entwicklung einer Toleranz bestimmter Konsummengen und die Entwicklung von Entzugssymptomen bei Nichtkonsum (vgl. ebd. S.666). Die Substanzkonsumstörungen können in ihrem Schweregrad von einer leichten bis zu einer schweren Ausprägung variieren. Wenn zwei oder drei der genannten Kriterien erfüllt werden, liegt eine leichte Ausprägung vor. Bei Erfüllung von vier oder fünf eine mittelgradige, bei sechs oder mehr eine schwere Ausprägung. (vgl. ebd. S.667)

2.2.3 schädlicher Gebrauch und experimenteller Konsum

Nun stellt sich die Frage, nach der Unterscheidung zwischen einem rein experimentellen Konsum und einem Konsum, der als schädigend eingestuft werden kann. Entscheidend sind vor allem die Konsumumstände. Dazu gehört die Menge, die Dauer und die Situation. Wenn über längere Zeit exzessiv und in unangemessenen Situationen konsumiert wird, weist dies auf einen schädlichen Gebrauch hin. Darüber hinaus sind die Reaktionen anderer auf die Art des Konsums maßgeblich. Schädlicher Gebrauch zeichnet sich durch eine allmähliche Vernachlässigung des Alltags aus. Es wird immer schwerer den Alltag adäquat bewältigen zu können. Zudem machen sich mit der Zeit Abhängigkeitssymptome bemerkbar, die sich auch körperlich zeigen. Schädlicher Gebrauch kann zu schwerwiegenderen Konsequenzen im Vergleich zu experimentellem Konsum führen. Auch soziale Kontakte und Beziehungen können unter dem Konsum leiden. Infolgedessen kann es auch zu gesetzeswidrigen Handlungen aufgrund des Konsums kommen. (vgl. Diestelkamp, Thomasius 2017, S.16)

Häufig ist eine klare Einschätzung des Konsums nicht zu leisten, da gesteigerte Mengen konsumiert werden, die Kriterien für eine Abhängigkeit aber noch nicht erfüllt sind. Daher sind Kriterien vorhanden, die einen risikoarmen von einem riskanten Konsum unterscheiden sollen (vgl. Hammerschmidt 2011, S.15). Für die Einstufung gibt es verschiedene Wertbereiche. Unterschieden wird zwischen risikoarmem Konsum, Risikokonsum und Hochrisikokonsum. Ein risikoarmer Konsum bei Frauen wird mit einer Konsummenge von unter 12g Alkohol pro Tag angegeben. (vgl. Dietl, Korczak, Steinhauser 2011, S.15) Ein Standardgetränk enthält etwa 10g Alkohol. Demnach wären dies etwa 0,25l Bier (vgl. DHS 2015, S.2). Bei Männern gilt etwa die doppelte Menge, weniger als 24g Alkohol pro Tag stellt also einen risikoarmen Konsum dar. Ein Risikokonsum bei Frauen beginnt ab 12g bis 24g Alkohol pro Tag. Bei Männern beläuft er sich auf Werte zwischen 24g und 60g Alkohol pro Tag. Hochrisikokonsum beginnt bei Frauen ab einem Konsum von mehr als 80g pro Tag und bei Männern ab einem Konsum von mehr als 120g pro Tag. (vgl. Dietl et al. 2011, S.15)

2.2.4 Binge Drinking

Binge Drinking beschreibt einen exzessiven und episodenhaft auftretenden Alkoholkonsum mit dem Ziel einen Rauschzustand herbeizuführen (vgl. Sack, Stolle, Thomasius 2009, S.323, 324). Die Begrifflichkeit orientiert sich an dem englischen Verb „to binge“ oder „to binge on something“, zu dt. „sich mit etwas voll stopfen“ (vgl. Sack et al. 2009, S.323). Synonym werden auch die Begriffe „Trinkgelage“ (DHS 2015, S.2) oder „Besäufnis“ (ebd.) zur Beschreibung verwendet (vgl. ebd.). Der Zeitraum von Binge Drinking wird in Deutschland mit einer Trinkgelegenheit beschrieben. In amerikanischen Definitionen umfasst Binge Drinking per Definition ein Zeitfenster von zwei Stunden. (vgl. Sack et al. 2009, S.324) Die Prävalenz bezieht sich bei der Bestimmung meist auf den Konsum der letzten 30 Tage (vgl. Baier, Donath, Pendergrass, Sack, Weiss 2019, S.298). Die Getränkeangaben beim Rauschtrinken bestimmen mindestens vier alkoholische Getränke bei Mädchen und mindestens fünf bei Jungen. Ein alkoholisches Getränk bezeichnet in diesem Fall 0,2l Wein, 0,3l Bier oder 4cl an Spirituosen. (vgl. Sack et al. 2009, S.324) Ein gängiges Maß für die Beschreibung der Mengen, erfolgt anhand von Standardgetränken. Ein Standardgetränk enthält 10g reinen Alkohol. (vgl. DHS 2015, S.2) Für die Umrechnung gibt es eine entsprechende Formel „Getränk in Litern x Vol.-%t x 0,79 Kg/l = Anzahl an Standard Drinks“ (ebd.) Bei 0,5 l Bier entspräche die Rechnung „0,5l Bier x 4,8 x 0,79 = 1,9 Standard Drinks“ (ebd.). Der Begriff Binge Drinking wird häufig synonym zum Begriff Rauschtrinken verwendet. Rauschtrinken bezeichnet aber eine Kombination aus dem episodenhaften und exzessiven Binge Drinking und einem damit zusammenhängenden Kontrollverlust. (vgl. Sack et al. 2009, S.324) Aufgrund der häufig synonym verwendeten Bedeutung, sollen in dieser Arbeit die Begriffe ebenfalls synonym verwendet werden.

2.2.5 Datenlage zum Rauschtrinken

Zur Beschreibung der Datenlage, sollen die Ergebnisse aus dem Alkoholsurvey der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2018 herangezogen werden. Die Repräsentativbefragungen werden alle zwei Jahre wiederholt und richtet sich an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland. (vgl. Merkel, Orth 2019, S.7)

Im Jahr 2018 haben laut den Ergebnissen des Surveys 62,9% der 12- bis 17-jährige bereits einmal in ihrem Leben Alkohol konsumiert. In der Altersgruppe der 18- bis 25-jährigen bereits 95,5%. (vgl. Merkel, Orth 2019, S. 7) In den letzten 12 Monaten haben 55,1% der 12- bis 17­jährigen und 89,6% der jungen Erwachsenen Alkohol konsumiert (vgl. ebd. S.15). Regelmäßig Alkohol konsumieren unter den 12- bis 17- jährigen 9,8% und unter den 18- bis 25-jährigen 34%. Ein regelmäßiger Konsum beläuft sich auf mindestens einmal pro Woche. (vgl. ebd. S.7) Das ist erheblich mehr als in der Gruppe der Jüngeren, was auch an den konsumierten Mengen hinsichtlich der empfohlenen Grenzwerte deutlich wird. 3,7% der 12- bis 17-jährigen zeigen ein Konsumverhalten, das über den empfohlenen Grenzwerten liegt. Bei den 18- bis 25-jährigen sind es bereits 18,3%. (vgl. ebd. S.15) Innerhalb der letzten 30 Tage, haben 36,7% der 12- bis 17-jährigen und 74,1% der 18- bis 25-jährigen Alkohol konsumiert. Die Praktik des Rauschtrinkens haben innerhalb der letzten Tagen 14% der 12- bis 17-jährigen und 38,9% der 18- bis 25-jährigen betrieben. (vgl. ebd. S.17) Zudem wurde das regelmäßige Rauschtrinken betrachtet. Regelmäßiges Rauschtrinken beläuft sich auf mindestens vier Tage innerhalb der letzten 30 Tage. 3,1% der 12- bis 17-jährigen und 12,6% der 18- bis 25-jährigen haben auf diese Weise Rauschtrinken praktiziert. (vgl. ebd.) Es wird deutlich, dass mit steigendem Alter der Alkoholkonsum ansteigt. Beispielsweise erhöht sich die 30 Tages Prävalenz von Rauschtrinken bei 12- 13-jährigen von 0,0% auf 32,9% bei 16- bis 17-jährigen. (vgl. ebd. S.19)

Die Lebenszeitprävalenz des Alkoholkonsums bei 12- bis 17-jährigen ist seit den 2000er Jahren zurückgegangen. Zudem zeigt der Blick auf den Trendverlauf, dass bei männlichen Jugendlichen der Altersgruppe 12 bis 17, die Lebenszeitprävalenz von 88,3% im Jahr 2001 auf 64,2% im Jahr 2018 gesunken ist. Bei den Mädchen ist diese von 88,5% auf 59,4% gesunken. Hingegen hat sich die Lebenszeitprävalenz der 18- bis 25-jährigen nicht signifikant verändert. (vgl. Merkel, Orth 2019, S.23) Beim Vergleich mit dem Beginn der Erhebung des regelmäßigen Alkoholkonsums im Jahr 1973, verzeichnet sich bei beiden Altersgruppen ein Rückgang. Liegt der Wert bei der Gruppe der 18- bis 25-jährigen 1979 noch bei über 70%, liegt er 2018 noch bei etwas mehr als 30%. Der Wert bei den 12- bis 17-jährigen ist ebenfalls von über 20% auf unter 10% gesunken. (vgl. ebd. S.24) Zu Beginn der 2000er Jahre ist der Wert bei beiden wieder etwas angestiegen, anschließend aber auch wieder gesunken (vgl. ebd. S.25). Was die Werte des gesundheitlich riskanten Konsums betrifft, ist ein Anstieg im Zeitraum des Jahres 2007 zu erkennen, der aber anschließend wieder zurückgeht. Bei den 18- bis 25- jährigen weiblichen Heranwachsenden, ist zwischen 2016 und 2018 ein Anstieg zu verzeichnen. (vgl. ebd. S.26) Die 30-Tage-Prävalenz des Rauschtrinkens war bei beiden Geschlechtern der Altersgruppe 12 bis 17 im Jahr 2007 am höchsten und ist anschließend wieder gesunken. Der Wert ist bei der Gruppe der 18- bis 25-jährigen seit dem Jahr 2011 ebenfalls zurückgegangen. Jedoch ist bei der Gruppe der weiblichen 18- bis 25-jährigen zwischen 2016 und 2018 wieder ein Anstieg zu erkennen. (vgl. ebd. S.27) Auch beim häufigen Rauschtrinken sind die Werte seit 2004 für die Gruppe der 12- bis 17-jährigen rückläufig. Erneut folgt bei den Mädchen ein Anstieg im Zeitraum 2016 bis 2018. In der Gruppe der 18- bis 25-jährigen steigt die Häufigkeit seit 2015 an. (vgl. ebd. S.28) Darüber werden Änderungen bezüglich des Einstiegsalters in den Alkoholkonsum deutlich. Der Durchschnitt liegt in der Gruppe der 12- bis 25-jährigen bei einem Einstiegsalter von 15,0. Seit 2004 ist damit das Durchschnittsalter um 0,9 zurückgegangen. Zudem hat sich auch das Alter des ersten Alkoholrausches nach hinten verschoben. 2004 betrug dies im Durchschnitt 15,5, 2018 16,3 Jahre. (vgl. ebd. S.29)

2.2.6 Folgen des Alkoholkonsums

Im Jahr 2012 gingen 530.000 Krankenhausaufenthalte der Altersklasse 15-64 auf den Konsum von Alkohol zurück. Im Jahr 2010 konnten 13.000 Krebsneuerkrankungen als Folge von Alkoholkonsum bestimmt werden. (vgl. Kahnert, Mons, Schaller 2017, S. 53) Die Zahlen deuten auf schwerwiegende gesundheitliche Folgen des Alkoholkonsums hin. Häufige Folgen, die durch den Konsum von Alkohol bedingt werden können, sollen nachfolgend genannt werden.

Alkohol führt zu einer Vielzahl von psychischen und körperlichen Reaktionen. Dazu benötigt es keine immens hohen Mengen Alkohol. Das subjektive Erleben kann bereits bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,2% beeinträchtigt sein. Beeinträchtigung des subjektiven Erlebens bedeutet eine Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit, des Verhaltens und des Sehvermögens. Ab einer Blutalkoholkonzentration von einem Prozent treten Gleichgewichtsstörungen und eine sprachliche Veränderung hin zum „Lallen“ auf. Bei einer Steigerung auf zwei Prozent, zeigen sich beginnende Gedächtnis- und Orientierungsschwierigkeiten. Bei 2,5 - 3% folgt eine Alkoholvergiftung. An dieser Stelle wird die immense Beeinflussung des Körpers und der Psyche deutlich. Zudem wird eine besondere Gefährdung Jugendlicher ersichtlich, da bei ihnen bereits eine Blutalkoholkonzentration von 0,5% zur Bewusstlosigkeit ausreichen kann. (vgl. Karamatskos et al. 2010, S.38) Im Vergleich zu anderen Giften verträgt der menschliche Körper jedoch eine relativ hohe Konzentration an Alkohol. Die Spanne der gesundheitlichen Folgen reicht weit, von leichten Ausfallerscheinungen, bis hin zu Vergiftungssymptomen und möglicherweise zum Tod. In diesem Zusammenhang sind aber nicht nur hohe Konzentrationen für den Menschen gefährlich. Je nach Situation, in der die Wirkung des Alkohols auftritt, kann es zu gefährlichen Komplikationen kommen. (vgl. DHS 2015, S.4) Da bereits geringe Mengen zu einer Verminderung der Konzentrationsfähigkeit führen können, kann Alkoholeinfluss im Straßenverkehr zu einer großen Gefahr werden (vgl. Karamatskos et al. 2010, S.38 / Sack et al. 2009, S.325). Häufig spielt diesbezüglich auch die eigene Unterschätzung der Alkoholwirkung eine wichtige Rolle. Die Folgen reichen von einer hohen Bereitschaft Risiken einzugehen, über mangelndes Verantwortungsbewusstsein, bis hin zu fehlender Genauigkeit. Damit gefährden sie nicht nur sich, sondern auch andere. (vgl. Küfner, Soyka 2008, S. 246) Langfristig kann der Alkoholkonsum zu weiteren organischen Schädigungen führen (vgl. DHS 2015, S.5). Neben der Gefahr der Alkoholabhängigkeit können bis zu 200 Krankheiten als Konsequenz erhöhten Alkoholkonsum auftreten (vgl. Beutel, Lesch, Redecker, Seitz, Spanagel 2013, S.19). Chronische Folgen können in Form von nachträglichen Leberschäden oder Bluthochdruck auftreten. Unmittelbare Folgen bestehen aus einem potentiell auftretenden alkoholischen Koma oder einem Schlaganfall. (vgl. DHS 2015, S.5) Darüber hinaus kann vermehrter Alkoholkonsum ursächlich für weitere psychische Folgen sein. Binge Drinking erhöht das Risiko für Suizidversuche und vollendete Suizide. Ein erhöhtes Suizidrisiko steht aber meist im Zusammenhang mit anderen komorbiden psychischen Störungen, wie Depressionen oder Angststörungen. (vgl. Sack et al. 2009, S.325)

Des Weiteren kann sich Alkoholkonsum auf das soziale Umfeld und Leben auswirken. Die Jugendphase ist eine bedeutende Phase, während dieser sich Sozialisation vollzieht. Die Sozialisation stellt wichtige Weichen für die Ausbildung von sozialem Verhalten. Alkohol kann eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der Entwicklungsaufgaben einnehmen, wie im Folgenden dargestellt werden soll. Es sind aber durchaus auch negative Auswirkungen möglich. (vgl. DHS 2016, S.7) Alkoholkonsum kann sich negativ auf das nähere Lebensumfeld, wie Familie, Freunde, Beziehung etc. auswirken und dort zu Problemen und Konflikten führen (vgl. DHS 2015, S.4). Jugendliche leiden aber mitunter auch selbst unter dem Alkoholmissbrauch der Eltern (vgl. DHS 2016, S.8). Darüber hinaus ist mit Problemen in der Arbeitswelt zu rechnen. Der Beruf oder die Ausbildung kann durch die Auswirkungen des Konsums gefährdet werden. (vgl. DHS 2016, S.7. / vgl. DHS 2015, S.4,5) Unzureichende Arbeitsleistung, viele Fehltage und mitunter auch durch Alkohol ausgelöste Arbeitsunfälle sind hier zu nennen (vgl. Küfner, Soyka 2008, S.245).

Im Jugendalter besuchen die meisten noch die Schule, daher sind besonders schulische Leistungen relevant für die weitere Zukunft. Diese sind die durch den Konsum gefährdet massiv nachzulassen (vgl. DHS 2016, S.7). Des Weiteren ist besonders im Bereich sexueller Aktivität eine Gefährdung zu sehen. Alkoholkonsum steht im Zusammenhang mit verfrühter sexueller Aktivität und riskantem Sexualverhalten. (vgl. ebd. / vgl. Sack et al. S.325) Dabei besteht besonders ein Risiko von ungeschütztem Geschlechtsverkehr, welcher zu ungewollter Schwangerschaft oder Geschlechtskrankheiten führen kann (vgl. DHS 2016, S.7). Aber nicht nur sexuelle Aktivität aus Einvernehmlichkeit, sondern auch ungewollte sexuelle Übergriffe können unter Alkoholeinfluss vermehrt auftreten (vgl. DHS 2015, S.4). Darüber hinaus kann erhöhter Alkoholkonsum langfristig im schlimmsten Fall zu Isolation, sozialem Abstieg und psychosozialen Problemen führen (vgl. ebd.).

Zu den sozialen Folgen können auch potentielle delinquente Folgen untergeordnet werden (vgl. ebd.). 2006 wurden 3,4 Millionen Straftaten unter Alkoholeinfluss begangen. 24% der Straftaten gingen auf Alkoholeinfluss zurück. (vgl. Küfner, Soyka 2008, S.249) Durch erhöhten Alkoholkonsum kann es zu Schwierigkeiten mit dem Gesetz kommen. Davon sind besonders männliche Heranwachsende betroffen. Die Anwendung von Gewalt kann befördert werden, da unter Alkoholeinwirkung eine Herabsetzung der Hemmschwelle bei Auseinandersetzungen möglich ist. Besonders bei aggressiven Auseinandersetzungen ist die Gefahr hoch. (vgl. DHS 2015, S.4) Demzufolge handelt es sich bei den Straftaten meist um Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung und sexuelle Straftaten (vgl. Küfner, Soyka 2008, S.248,249). Diese folgen meist auf eine Provokation und entstehen aufgrund von Erregung und Enthemmung durch den Konsum von Alkohol (vgl. ebd. S.249).

2.2.7 Risikogruppen und Risikofaktoren

Ein bedeutender individueller Faktor, der sich auf die Neigung zum riskanten Alkoholkonsum auswirken kann, ist der genetische Aspekt. 50% des Alkoholkonsumverhaltens ist erblich bedingt. (vgl. Papastefanou, von Hagen 2011, S.120) Deshalb haben Kinder alkoholkranker Eltern ein fünffach erhöhtes Risiko an einer Alkoholabhängigkeit zu erkranken (vgl. Remschmidt 2002, S.790). Durch mehrere Studien konnte die Bedeutung genetischer Vorbelastung für eine mögliche Alkoholabhängigkeit bestätigt werden (vgl. Heinz, Mann 2001, S.2279). Die bloße Eigenwirkung des Alkohols liefert jedoch keine ausreichende Grundlage für die Entstehung von Alkoholismus. Vielmehr ist das Zusammenwirken genetischer Faktoren, soziokultureller Faktoren und der Wirkung des Alkohols entscheidend. (vgl. Remschmidt 2002, S.791) Erhöhte Neugier und Impulsivität sind in diesem Zusammenhang charakteristisch, was sich durch die stetige Suche nach neuen Erfahrungen und Eindrücken auszeichnet. Darüber hinaus sind persönliche Leistungsprobleme in der Schule etc. ein Risikofaktor für einen gesteigerten Alkoholkonsum. Die Leistungsprobleme können nicht nur Konsequenzen, sondern auch Risikofaktor darstellen. Häufig fehlen geeignete Ressourcen und Strategien diese zu kompensieren, die dann im gesteigerten Alkoholkonsum gefunden werden können. (vgl. Papastefanou, von Hagen 2011, S.120) Darüber hinaus konnten Laukannen et al. feststellen, dass ein Zusammenhang zwischen hohem Alkoholkonsum und anderen psychischen Erkrankungen besteht (vgl. Laukkanen, Lehtonen, Polkki, Shemeika 2001, S. 270).

Im Zusammenhang zu den individuellen Faktoren, ist besonders das Konzept des „Sensation Seeking“ (Zuckerman 1994, S.27) zu nennen, da dies häufig als Grundlage für Risikoverhalten angeführt wird. Das Konzept geht vor allem auf Marvin Zuckerman zurück (vgl. Häcker 2014, S.1413). Laut Zuckerman handelt es sich dabei um ein Merkmal der Persönlichkeit, welches sich durch die Suche nach neuen Empfindungen und Erfahrungen auszeichnet. Die Betroffenen suchen diese Erfahrungen und Empfindungen entgegen möglicher Risiken, die damit zusammenhängen könnten. (vgl. Zuckerman 1994, S.27) Ein Beispiel ist die Suche nach neuen und unterschiedlichen sexuellen Erfahrungen (vgl. Zuckerman 1974, S.103). „Sensation Seeking“ (Zuckerman 1994, S.283) kann als normale Persönlichkeitsausprägung verstanden werden und entspricht keiner abnormalen Störung. Es kann aber dennoch mit einer misslungenen Sozialisierung und daraus folgender antisozialer Persönlichkeit in Verbindung stehen. Kriminelle haben ähnliche Werte wie Nichtkriminelle, die aber risikoreichen Sportarten nachgehen. Demzufolge kann es als notwendige aber dennoch nicht vollständig ausreichender Bestandteil für eine antisoziale Persönlichkeit verstanden werden. (vgl. Zuckerman 1994, S.283) Grundlage für das Bedürfnis, bilden biochemische und genetische Verhaltensdispositionen (vgl. Häcker 2014, S.1413). In dieser Hinsicht sind das Persönlichkeitskmodell „augmenting-reducing“ (Petermann 2006, S.102) und die Konzentration von Monoaminooxidase (MAO) und des Sexualhormons zu nennen (vgl. ebd.). Das Konstrukt „augmenting-reducing“ (ebd./ O.A. 2014, S.218) beschreibt die Disposition eines Menschen, nach der die subjektive Empfindung der Intensität sensorischer Reize entweder verstärkt oder abgeschwächt wird (vgl. O.A. 2014, S.218). Personen, die nach starken Sensationen und Erfahrungen suchen, weisen bei Reizstimulierung auch eine hohe Stimulierung des Kortex auf. Personen, die als „low sensation seeker“ (Zuckerman 1994, S.352) gekennzeichnet werden, weisen eine niedrige Stimulierung auf und reagieren mit einer Reduktion der Erregung. Neue Reize haben in diesem Zusammenhang einen besseren Zugang zum Gehirn von „high sensation seeker“ (Zuckerman 1994, S.352). (vgl. ebd.) Angenommen wird, Augmenting nimmt mit steigendem Alter ab. Ebenso steigt die Konzentration der Monoamonooxidase und die Konzentration des Sexualhormons nimmt ab. Ebenso zeigt sich ein Geschlechtseffekt, wobei vor allem bei Männern Sensation Seeking ausgeprägt ist. (vgl. Petermann, Roth 2006, S.102) Des Weiteren sind auch pubertäre Veränderungen relevant. Laut Clayton et al. weisen Spätpubertierende ein geringeres Maß an Sensation Seeking auf. (vgl. Clayton, Leukefeld, Logan, Martin, Milich, Omar 2001, S.216) Zuckerman begründet dies damit, dass Jüngere abenteuerlustiger sind und Ältere mehr auf Sicherheit bedacht sind (vgl. Zuckerman 1974, S.124). Der Höhepunkt des „Sensation Seeking“ (ebd. S.125) liegt diesbezüglich im Bereich 18 bis 20 Jahre und flacht danach wieder ab (vgl. ebd. S.125). Das Konzept steht zudem in engem Zusammenhang mit dem Konsum von Drogen. Zuckerman hat in einer Studie herausgefunden, dass Betroffene, bei denen „Sensation Seeking“ (Zuckerman 1974, S.106) ausgeprägter ist, häufiger Erfahrungen mit Drogen gemacht haben. (vgl. Zuckerman 1972, zitiert n. Zuckerman 1974, S.106) Aufgrund des Zusammenhangs mit dem Konsum von Drogen, kann an dieser Stelle vor allem der Konsum von Alkohol mit dem Konzept in Verbindung gebracht werden, da durch den Konsum neue Eindrücke generiert werden können, wie im Verlauf dieser Arbeit dargestellt werden soll (vgl. ebd.).

Darüber hinaus nehmen die jeweiligen Umweltbedingungen des Individuums einen wichtigen Stellenwert ein. Genetische Einflüsse können sich nur unter bestimmten Umweltbedingungen manifestieren. (vgl. Papastefanou, von Hagen 2011, S.122) Die Entstehung wird bedingt, durch ein Zusammenwirken verschiedener sozialer und individueller Faktoren (vgl. Blomeyer, Laucht, Schmidt 2008, S.23). Umweltfaktoren sind aber in ihrer konkreten Wirkung schwierig zu bestimmen, da mediale und gesellschaftliche Einflüsse in ihrer Beziehung zum Alkoholkonsum bisher nur wenig erforscht wurden. Insbesondere der Peer Group kommt eine wichtige Bedeutung zu. (vgl. Papastefanou, von Hagen 2011, S.121) Jugendliche orientieren sich in ihrem Trinkverhalten an den Normen ausgehend vom Trinkverhalten anderer (vgl. Dillard, Lewis, Neighbors 2006, S. 296). Gleichaltrige und Eltern beeinflussen die Jugendlichen in ihrem Alkoholkonsumverhalten, sowie den Einstellungen zum Alkohol. Welte et al. konnten feststellen, dass die alkoholbezogenen Einstellungen zu Alkohol dabei größeren Einfluss haben als das tatsächliche Alkoholkonsumverhalten der Eltern. Hinsichtlich der Peer Group zeigte sich ein gegensätzliches Ergebnis. Zudem konnten sie feststellen, dass jüngere Jugendliche stärker von Einstellungen und Verhalten der Eltern hinsichtlich des Alkoholkonsums beeinflusst werden. (vgl. Welte, Wieczorek, Zhang 1997, S.2132)

Besonders Kinder alkoholkranker Eltern sind eine potentiell gefährdete Gruppe für eine eingeschränkte Entwicklung der Identität (vgl. Maurach, Wolstein 2019, S.163). Es konnten in einer Studie von Maurach und Wolstein Zusammenhänge bei Problemen der Identitätsentwicklung und Problemen bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben festgestellt werden (vgl. ebd. S.167). Die Unterstützung durch die Eltern bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben wird in diesem Zusammenhang als gering beschrieben (vgl. ebd. S.170). Darüber hinaus kann ein weiterer Verbleib im Elternhaus zu einer potentiellen Verstärkung des Risikos eines eigenen Alkoholmissbrauchs führen. (vgl. ebd. S.171) Cleveland et al. konnten feststellen, dass weibliche Heranwachsende, die weiterhin im Elternhaus wohnten, am ehesten den starken Alkoholkonsum ihrer Mütter imitierten, wenn zusätzlich die Beziehung von Mutter und Tochter problematisch war (vgl. Cleveland, Mallet, Reavy, Turrisi, White 2014, S.10). Erhöhtes Interesse und Engagement der Eltern bei der Erziehung der Kinder, führt zu einem weniger exzessiven Trinkverhalten. Kinder, deren Eltern mehr Interesse an der Erziehung zeigen, zeigen weniger psychische Auffälligkeiten und damit auch einen unauffälligeren Alkoholkonsum. (vgl. Heinz, Hinckers, Laucht, Schmidt 2005, S.280) Vor allem Kontakt zu sozial auffälligen Peer Groups gehört zu einem Hauptrisikofaktor, weshalb eine stärkere Kontrolle der Eltern hinsichtlich des Umgangs ihrer Kinder durchaus zu einem geringeren Konsum führen kann (vgl. ebd. S.279).

3. Die Jugendphase und ihre Anforderungen

Im Rahmen der Beschäftigung mit dem Themengebiet Jugendalter und dessen jugendspezifischen Entwicklungsthematiken Risikoverhalten und Geschlechtskonstruktionen, ist es wichtig zunächst zu definieren, was unter dem Begriff Jugend zu verstehen ist. Aufgrund dessen soll zunächst auf relevante Begrifflichkeiten eingegangen werden, die im Laufe dieser Arbeit häufig verwendet werden.

3.1 Begriffsdefinitionen

3.1.1 Jugendalter

„...eine Altersphase [...] autogenetischer Entwicklung zwischen Kindheit und Erwachsensein [...] die mit der Pubertät beginnt und mit der Übernahme sozial relevanter Erwachsenenrollen [.] endet.“ (O.A. 2007, S. 369) Auf diese Weise wird im pädagogischen Lexikon das Jugendalter definiert. Bezeichnet wird damit in der Regel die Altersspanne zwischen 13 und 25 Jahren. Durch gesellschaftliche Veränderungen verschieben sich die Grenzen jedoch vermehrt nach hinten, wodurch es zu einer Ausweitung der Jugendphase kommt. Daher kann die Bezifferung der Altersspanne mit fortschreitendem gesellschaftlichem Wandel weiter verschoben werden. (vgl. ebd.) Der Begriff Jugend kann dennoch mitunter zu Verwirrung führen, da dieser im allgemeinen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch häufig mit unterschiedlichen Bedeutungen besetzt ist. Allgemein können drei zentrale Bedeutungen des Begriffes herausgestellt werden. Zum einen wird Jugend als Altersphase beschrieben, in der verschiedene biologische, psychologische und soziologische Veränderungen stattfinden. Der Beginn wird mit dem Einsetzen der Geschlechtsreife verbunden und das Ende mit der Aufnahme einer dauerhaften Erwerbsarbeit und der Familiengründung. Diese beiden Lebensereignisse können aber unter Umständen weit auseinanderliegen. Darüber hinaus kann Jugend als Beschreibung für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe dienen, die sich durch gleiche generationenspezifische Erfahrungen und Deutungsweisen auszeichnet. Der Begriff Jugend in seiner gesellschaftlichen Bedeutung kann zudem durch die Vorstellungen von Erwachsenen und Jugendlichen beeinflusst werden, welche sich mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern. (vgl. Krüger 2007, S.370)

3.1.2 Adoleszenz

Der Begriff Adoleszenz stammt vor allem aus der Disziplin der Psychologie und lässt sich vom lateinischen Begriff „adolescere“ (Barz 2007, S.4) ableiten und bedeutet wörtlich übersetzt „heranwachsen“. Der Begriff Adoleszenz wird meist verwendet, um den gesamten zeitlichen Abschnitt der Jugend zu beschreiben. Damit wird er synonym zum Begriff Jugendalter verwendet. Im eigentlichen Sinne definiert der Begriff Adoleszenz den letzten zeitlichen Abschnitt der Jugendphase, der sich an die Pubertät anschließt. (vgl. Barz 2007, S.4) Daher wird es im psychologischen Lexikon als „Jugendalter, im zeitlichen Anschluss an das Reifungsalter“ (O.A. 1999, S.7) bezeichnet (vgl. ebd.). Beginn und Ende der Adoleszenz können zeitlich aber nicht genau beziffert werden, da dies nach Kultur und gesellschaftlichen Umständen differieren kann. Besonders die individuelle Entwicklung des Subjekts darf aber bei der Festlegung des Endes der Jugendzeit nicht unberücksichtigt bleiben. (vgl. Barz 2007, S.4.)

3.1.3 Pubertät

„Der mit Erreichen der Geschlechtsreife verbundene sowohl reife- als auch kulturbedingte Übergang von der [...] Kindheit zur [...] Adoleszenz“ (O.A. 2018, S.386). In diesem Zusammenhang wird insbesondere der Ausprägung relevanter Geschlechtsmerkmale, wie Stimmbruch oder Menstruation besondere Bedeutung beigemessen (vgl. ebd.). Pubertät beschreibt demnach die Merkmale der jugendlichen Entwicklung in biologischer Hinsicht. Dabei wird einen besonderen Fokus auf den Entwicklungsabschnitt der Geschlechtsreifung gelegt, welcher etwa zwischen dem 11. und 12. Lebensjahr seinen Anfang nimmt. In dieser Lebensspanne finden wichtige körperliche und geschlechtliche Reifungsprozesse statt. Pubertät wird allerdings im alltäglichen Gebrauch häufig verwendet, um die emotionalen Konflikte zu beschreiben, die sich aus der Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst ergeben. (O.A. 2007a, S.588)

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Excerpt out of 70 pages

Details

Title
Rauschtrinken in seiner Funktion für die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben im Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung von Geschlecht
Grade
13,0
Author
Year
2020
Pages
70
Catalog Number
V1127812
ISBN (eBook)
9783346488312
ISBN (Book)
9783346488329
Language
German
Keywords
rauschtrinken, funktion, bewältigung, entwicklungsaufgaben, jugendalter, berücksichtigung, geschlecht
Quote paper
Hanna Nickel (Author), 2020, Rauschtrinken in seiner Funktion für die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben im Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung von Geschlecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1127812

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