Als König Philipp II. am 8. August 1559 seine Halbschwester Herzogin Margarethe von Parma mit dem Amt der Statthalterschaft in den Niederlanden betraute, führte er eine Jahrzehnte lang währende Tradition fort. Die Delegation der königlichen Autorität an ein Mitglied aus der habsburgischen Dynastie war damals nicht ungewöhnlich. Das politische Amt einer Statthalterschaft wurde in vielen neuzeitlichen Großreichen auch an Frauen vergeben, vor allem wenn sie aus der Dynastie beziehungsweise Herrscherfamilie des Monarchen stammen. Aufgrund (heirats-) politischer Absichten erkannte Karl V., Margarethe von Parma, als seine natürliche Tochter an. Sie war also fester Bestandteil der habsburgischen Innen- und Außenpolitik und gewissermaßen der verlängerter Arm der königlichen Autorität.
Dennoch wird ihnen in der Geschichtswissenschaft allgemein eher wenig Raum gegeben. Man setzte der alten feministischen Geschichtsbetrachtung eine neue Perspektive gegenüber: von Handlungsräumen und Handlungsfähigkeiten bis hin zu einer "Geschichtsmächtigkeit", welche uns bis zur Macht und Herrschaft der Frauen führt, die bislang eher unbeachtet blieb. Wer war also die Statthalterin der Niederlande und wie zeigte sich ihr politisches Kalkül in den Auseinandersetzungen um ihre Herrschaft? Während es zu König Philipp II. mehrere Monografien gibt, sind wenig aktuelle Forschungsergebnisse zu Margarethe Herzogin von Parma. In italienischen Forschungen wird sich neuerdings hingegen bemüht, ihr Leben zu analysieren. Diese Arbeit bemüht sich daher, die Geschichte der Herzogin und ihrer Herrschaft in den Niederlanden sichtbar zu machen, ihre politische Laufbahn als Statthalterin und zugleich Schachbrettfigur der zentralistischen spanischen Politik anhand der Auseinandersetzungen während ihrer Amts-zeit zu rekonstruieren und zu eruieren, wie sich die Kategorie Geschlecht in der frühneuzeitlichen Gesellschaft realisiert.
Inhaltsverzeichnis
- Die Niederlande unter dem Joch der Habsburger
- Margarethe von Parma im Konzept der Monarchia universalis
- Die Statthalterschaft in den Niederlanden: religiöse und politische Differenzerfahrungen
- Ein Geschwisterzwist in Habsburg: politische Divergenzen in der Kommunikation
- Der Geschwisterbegriff im 16. Jahrhundert
- Weibliche Statthalterschaft im habsburgischen Herrschaftsverständnis
- Ein Dualismus: Geschlecht und Herrschaftsnormative in der Frühen Neuzeit
- Norm oder Geschlecht? Die Natur der Argumente in den Auseinandersetzungen um die Herrschaft
- Tugendkataloge in Herrschaftsdiskursen der Frühen Neuzeit
- Conclusio
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Auseinandersetzungen um die Herrschaft und Politik der Statthalterin Margarethe von Parma in den Niederlanden und die Bedeutung ihres Geschlechts im Kontext der gängigen Herrschaftspraxis und der tugendhaften Ständegesellschaft.
- Die Rolle von Margarethe von Parma als „Auserwählte“ für die Statthalterschaft
- Die Position von König Philipp II. als Vertreter der katholischen Gegenreformation und seine Ambitionen zur Erweiterung seines Herrschaftsbereichs
- Das religiöse Paradigma als zentraler Konfliktpunkt
- Die Bedeutung von Herrschaftsnormativen und Geschlecht im frühneuzeitlichen Kontext
- Die Frage, ob geschlechter-spezifische Politik oder Normen und Tugenden die Auseinandersetzungen um die Statthalterschaft prägten
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1 beleuchtet die Situation der Niederlande unter der Herrschaft der Habsburger, insbesondere die Rolle von Margarethe von Parma im Konzept der Monarchia universalis. Es werden die religiösen und politischen Differenzen in den Niederlanden während der Statthalterschaft von Margarethe von Parma herausgestellt.
- Kapitel 2 untersucht die Spannungen im Verhältnis zwischen König Philipp II. und seiner Halbschwester Margarethe von Parma, die durch politische Divergenzen in der Kommunikation entstanden. Es werden die Bedeutung des Geschwisterbegriffs im 16. Jahrhundert sowie die Integration weiblicher Statthalterschaft in das habsburgische Herrschaftsverständnis beleuchtet.
- Kapitel 3 analysiert den Dualismus von Geschlecht und Herrschaftsnormativen in der Frühen Neuzeit. Es werden die Argumente in den Auseinandersetzungen um die Herrschaft und die Relevanz von Tugendkatalogen in Herrschaftsdiskursen der Frühen Neuzeit beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen weiblicher Herrschaft, Herrschaftsnormative, Geschlecht, religiöse Konflikte, die Gegenreformation, die Niederlande und die Habsburgermonarchie. Zentral sind die Auseinandersetzungen zwischen König Philipp II. und seiner Statthalterin Margarethe von Parma, sowie die Rekonstruktion der politischen Laufbahn der Herzogin im Kontext der frühneuzeitlichen Gesellschaft.
- Quote paper
- Sabrina Kummer (Author), 2019, Geschlecht und Herrschaftsnormative in den Auseinandersetzungen rund um die Herrschaft und Politik der Statthalterin Margarethe von Parma, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1127952