Soziale Gerechtigkeit unter den verschiedenen Generationskohorten in der Altersvorsorge? Eine kritische Analyse


Hausarbeit, 2017

27 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Generationen
2.1 Begriffsbestimmung "Generation"
2.2 Erläuterung der Wahl der jeweiligen Generationskohorten
2.2.1 Heutige Rentengenerationskohorte
2.2.2 Zukünftige Rentengenerationskohorte

3 Soziale Gerechtigkeit
3.1 Begriffsbestimmung "Soziale Gerechtigkeit"
3.2 Soziale Gerechtigkeit und ihre Messbarkeit

4 Konzept der Altersvorsorge
4.1 Funktionen des Konzepts der Altersvorsorge
4.2 Kriterien des Konzepts der Altersvorsorge
4.2.1 Höhe der Rentenbeiträge
4.2.2 Renteneintrittsalter
4.2.3 Betriebliche Altersvorsorge
4.2.4 Private Altersvorsorge
4.2.5 Grundsicherung
4.2.6 Weitere Kriterien

5 Analyse der Konzeption der Altersvorsorge unter besonderer Berücksichtigung sozialer Gerechtigkeit zwischen heutigen und zukünftigen Rentengenerationen

6 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Zu Zeiten der Bundestagswahlen 2017 steht ein bedeutendes Thema immer wieder im Fokus der Politiker: „Gerechtigkeit“. Gerechtigkeit unter der deutschen Bevölkerung zu schaffen ist eines der großen Vorhaben der Parteien. Denn Gerechtigkeit ist in vielen Bereichen von hoher Relevanz für das Leben als Einheit. Sich gerecht behandelt zu fühlen ist eines der Grundbedürfnisse der Menschen. Auch im Konzept der Altersvorsorge soll dieses Bedürfnis gestillt werden. Neben dem Gebot von sozialer Sicherung, steht das Aufgehen des entworfenen Finanzierungsplans im Vordergrund des Altersvorsorgekonzeptes. Hierbei soll darauf geachtet werden, dass dieser für alle Generationen gerecht ausfällt. Denn soziale Gerechtigkeit entspricht eben auch der gerechten Verteilung von Gütern und Teilhabechancen zwischen vergangenen und zukünftigen Generationen. Wie diese Verteilung von statten geht und inwiefern diese gerecht verläuft, soll im Folgenden analysiert werden. Daher lautet der Titel und die Hauptfrage dieser Arbeit: „Kann im Konzept der Altersvorsorge eine soziale Gerechtigkeit unter den verschiedenen Generationskohorten bestehen? Eine kritische Analyse“. Hierbei wird das Konzept der Altersvorsorge kritisch auf Gerechtigkeit hin analysiert. Um handfeste Ergebnisse zu erzielen, werden zu Beginn, neben der Begriffsbestimmung von „Generation“, zwei Generationskohorten ausgewählt, um an diesen Beispielgenerationen Gerechtigkeit fassen zu können. Ausgewählt werden die Veteranengeneration, entsprechend der heutigen Rentner und die Generation Y, welche um 2050 in Rente gehen wird. Um an diesen Generationskohorten Gerechtigkeit zu verdeutlichen, muss dieser Begriff für diesen Kontext erst einmal bestimmt werden. Darauffolgend wird versucht Gerechtigkeit greifbarer zu machen, indem Gerechtigkeit als Messgröße aufgezeigt wird. Um die erlangten Erkenntnisse über Gerechtigkeit zwischen den Generationen am Konzept der Altersvorsorge anzuwenden, wird dieses anschließend erläutert. Hierbei wird dessen Funktion aufgezeigt und dessen Kriterien zur Beurteilung von Gerechtigkeit aufgeführt. Diese Kriterien sind Bestandteil des Konzeptes und wurden im Laufe der Zeit verändert und demografischen Bedingungen angepasst, sodass Differenzen zwischen den Generationen bestehen, die zur Ungerechtigkeit untereinander führen könnten. Um herauszufinden, inwiefern das Konzept gerecht oder ungerecht gegenüber den beiden Generationen ist, wird darauffolgend eine kritische Analyse vollzogen. Hierbei werden die ausgewählten Generationen im Bezug auf die Beurteilungskriterien des Konzepts der Altersvorsorge gegenübergestellt. Die gewonnen Erkenntnisse werden in einem Fazit zusammengeführt, hierbei wird noch einmal genauer erfasst, welche Generation in welchem Kontext gerecht oder ungerecht gegenüber der anderen Generation behandelt wird und abrundend wird versucht, anhand der gesammelten Erkenntnisse, die Kernfrage zu beantworten.

2 Generationen

Um den Grad der sozialen Gerechtigkeit unter Generationskohorten im Bezug auf das Konzept der Altersvorsorge zu klären, bedarf es zunächst einer Erklärung und Eingrenzung des Begriffs „Generation“. Darauf aufbauend wird die heutige und eine zukünftige Rentengenerationskohorte festgelegen, um diese schließlich im genannten Kontext zu vergleichen und zu analysieren.

2.1 Begriffsbestimmung "Generation"

Aufgrund der verschiedenen Perspektiven die auf den Begriff „Generation“ eingenommen werden können und die damit verbundene Vielzahl an Möglichkeiten diesen zu bestimmen (vgl. Nullmeier, 2004, S. 38), wird in diesem Rahmen der Fokus auf verschiedene Geburtskohorten gelegt, welche unter Betrachtung ihrer kompletten Biografien und dementsprechenden Lebensbilanzen unter wohlfahrtsstaatlichen Bedingungen verglichen werden. Hierbei wird betrachtet, welche Generationskohorte, welchen Umständen aus der Längsschnittperspektive ausgesetzt ist, sei es demografischer, sozialpolitischer oder ökonomischer Art, und welche Resultate aus diesen Entwicklungen gezogen werden können. Denn häufig weisen bestimmte Generationskohorten Merkmale und Verhaltensweisen auf, die für ihre Jahrgänge und deren jeweiligen historischen Prägungen und Entwicklungen typisch sind (vgl. Olk, 2009, S. 132f.).

Daher soll im Folgenden zur besseren Veranschaulichung des Begriffs „Generation“ und zur anschließenden Erzielung von fundierten Ergebnissen, zwei Generationskohorten ausgewählt und erläutert werden, um diese im benannten Rahmen genauer vergleichen zu können.

2.2 Erläuterung der Wahl der jeweiligen Generationskohorten

Im Nachstehenden werden zwei Generationskohorten aufgezeigt, die im Anschluss untereinander verglichen werden sollen. Der Vergleich soll die (Un-)Gerechtigkeit der Rentenfinanzierung und -zahlungen der jeweiligen Generationen darstellen. Um ausschlaggebendere Ergebnisse zu erzielen und entsprechend höhere Differenzen der Renten der jeweiligen Generationen ermitteln zu können, werden die heutige Rentengenerationskohorte und die Generationskohorte, die ab 2045 in Rente gehen wird, gegenübergestellt.

2.2.1 Heutige Rentengenerationskohorte

Die heutige Rentengeneration besteht aus der Generation der „Veteranen“, der „Greatest Generation“, welche Anfang der 1920er bis Mitte der 1940er geboren sind (vgl. Bode, 2013, S. 13) und zu geringen Stücken aus der „Interbellum Generation“, welche zwischen 1900 und 1920 geboren ist. Nun mehr folgt die Folgegeneration der Veteranen ins Rentenalter - die „Babyboomer“, welche zur Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges geboren wurden. In den USA wurde diese Generationskohorte von 1945 bis Mitte der 1960er geboren, in Westdeutschland allerdings erst ab Mitte der 1950er bis zur Mitte der 1960er, daher waren die ersten 10 Jahre der Nachkriegszeit in Deutschland noch geburtenschwach (vgl. Oertel, 2014, S. 28). Da die Babyboom-Generationskohorte erst in den nächsten Jahren vollständig ins Rentenalter eintreten wird und bei der Interbellum Generation eine hohe Mortalität besteht, wird sich in diesem Kontext auf die Veteranengeneration fokussiert. Diese Generationskohorte wird auch „stille Generation“ oder „Aufbaugeneration“ genannt, welche zu Kriegszeiten des Zweiten Weltkrieges in Deutschland geboren wurden. Sie wurden durch die zu dieser Zeit herrschende strenge Erziehung und das Erleben des Zweiten Weltkrieges geprägt (vgl. Carlson, 2008, S. 13). Darüber hinaus kämpften viele Mitglieder dieser Generation an der Front, wodurch die Bevorzugung einer hierarchischen Arbeitsteilung im Beruf resultiert. Zudem hat zu Erwerbszeiten dieser Generation die Altersstruktur die klassische Form einer Alterspyramide. Demnach betrug das Medianalter 1950 bei Männern 32,2 Jahre und bei Frauen 36,8 Jahre (vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2017, o. S.). Zudem hat sich die Bevölkerungsdichte von 1950 bis 2015 von rund 69.346.000 auf rund 82.176.000 Menschen erhöht (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017a, o. S.). Nach dem Elend zur Nachkriegszeit wurde durch das „Wirtschaftswunder“ und dem damit zusammenhängenden wirtschaftlichen Wachstum zwischen den 1950er und 1960er die Arbeitslosenquote in Westdeutschland enorm gesenkt, von 11% (1950) auf 1,3% (1960). Durch diesen wirtschaftlichen Aufschwung war die Nachfrage von vollbeschäftigten Arbeitern in vielen Sektoren hoch, sodass daraus resultierende Engpässe mit Einstellungen von Migranten gelöst wurden (vgl. Wehler, 2008, S. 48f.).

Nach dem Verlauf des Erwerbstätigenalters ist diese Generation, unter Beachtung des Renteneintrittsalters von 65 Jahren, ab 1985 in Rente gegangen, wobei die Letzten dieser Generation um 2010 verrentet wurden. Sodass 2017, wenn die Mortalitätsrate unberücksichtigt bleibt, alle „Veteranengenerations“-Mitglieder Rente beziehen.

Zu Rentenbeginn, der ersten Veteranengenerationsmitglieder sind die ersten Generationsmitglieder der Vergleichsgeneration geboren. Die ausgewählte zukünftige Rentengeneration wird im Folgenden genauer beschrieben.

2.2.2 Zukünftige Rentengenerationskohorte

Die in diesem Kontext relevante zukünftige Rentengeneration ist etwa von Anfang der 1980er bis zur Mitte der 1990er geboren und stellt somit die „Generation Y“ bzw. die „Millennials“ dar (vgl. Ruthus, 2013, S. 61) und stellt sich als erste Generation der „Digital Natives“ heraus (vgl. Appel, 2013, S. 6). Somit folgt diese Generation auf die „Babyboom-Generation“ (ca. 1955-1965) (vgl. Oertel, 2014, S. 31) und die „Generation X“ (ca. 1965-1980) (vgl. ebd., S. 45). Dementsprechend wird die „Generation Y“, unter Beachtung des Renteneintrittsalters von 67 Jahren, etwa ab 2045 in Rente gehen (vgl. Dahlmanns, 2014, S. 17). Diese Generationskohorte zeichnet sich durch ihre gute Ausbildung, meist mit akademischem Abschluss aus und äußert eine außerordentliche Affinität zur Technik (vgl. Sheahan, 2005, S. 7). Ihre Arbeit verrichten sie vorzugsweise im Team und nicht in einem hierarchisch aufgebauten System. Zudem legen sie viel Wert auf ihre Work-Life-Balance und die Verwirklichung ihrer Selbst (vgl. Bund, 2014, S. 14). Die Millennials machen nun 20 % der Beschäftigten (ca. 16- bis 34-Jährige) in Deutschland aus, wobei diese Zahlen in Zukunft weiter steigen werden, sodass die Babyboomer bald vom Arbeitsmarkt verschwinden. Daraus folgernd herrscht auf dem deutschen Arbeitsmarkt ein Fachkräftemangel unter anderem aufgrund des demografischen Wandels, welcher den Geburtenrückgang von 2,5 Kindern zur Zeiten der Babyboomer auf 1,4 Kinder pro Frau heute, umschließt (vgl. Bloom; Kretschmer; Rennen, 2006, S. 30). Ein Fortschritt ist die positive Entwicklung der Arbeitslosenquote, welche in Westdeutschland 2016 mit 5,6% und in Gesamtdeutschland mit 6,1% so tief wie 1981 nicht mehr war (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2016). Neben diesen Veränderungen ist auch das Medianalter auf durchschnittlich 46 Jahre im Jahr 2017 heran gestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017b, o. S.).

Um im Anschluss die Differenzen allgemeingültig für die beiden Generationen darstellen zu können, wird der jeweilige Mittelwert der Generationen verwendet. Dementsprechend ist das zentralste Geburtsjahr der Veteranen 1932 und das der Generation Y 1987. Wenn davon ausgegangen wird, dass beide Generationen etwa mit dem 20. Lebensjahr das erste Mal einer Erwerbstätigkeit nachgingen, wäre das entsprechend dem Mittelwert 1952 und 2007 gewesen und nach Einbezug der jeweils geltenden Renteneintrittsalter von 65 Jahren und 67 Jahren, ist diese Veteranenkohorte 1997 in Rente gegangen und die diese Generation-Y-Mitglieder werden voraussichtlich 2054 in Rente gehen.

Durchschnittlich haben diese Geburtskohorten in ihrer Erwerbstätigenzeit etwa 10.277€ verdient (vgl. Weizsäcker, 1993, S. 119) und die zukünftigen Rentner der benannten Generation-Y-Kohorte werden ein Einkommen von etwa 43.430€ pro Jahr haben (vgl. Jansen, 2016, S. 97).

Seit der Einführung der Rentenversicherung 1889 (vgl. Göhre, 1996, S. 47) sind einige Reformen in diesen Rahmen durchgeführt wurden, die unter anderem zu erheblichen Änderungen der Rentenzahlungen, -finanzierung und des Renteneintritts geführt hat. Hierdurch kann es zu Differenzen in der Lebensbilanz der jeweiligen Rentengenerationen kommen. Ob die im Vergleich gerecht ausfallen, und was überhaupt unter „gerecht“ verstanden wird, soll nun geklärt werden.

3 Soziale Gerechtigkeit

Um die Differenzen der jeweiligen Rentengenerationskohorten im Rahmen der Altersvorsorgekonzeption aufzeigen zu können, muss der Begriff der „sozialen Gerechtigkeit“ bestimmt werden, um hierbei die Schwachstellen und Kriterien aufzudecken, die überhaupt zu einer „Gerechtigkeit“ oder „Ungerechtigkeit“ untereinander führen können.

Da es durch unterschiedliche Einstellungen, moralische Vorstellungen und Ansichten unterschiedliche Meinungen (vgl. Bohmeyer; Lob-Hüdepohl; Mandry, 2011, S. 12f.) zur Definition von Gerechtigkeit gibt, wird im Nachstehenden in diesem Umfang eine Begriffsbestimmung von „sozialer Gerechtigkeit“ aus den verschiedenen Annahmen festgelegt.

3.1 Begriffsbestimmung "Soziale Gerechtigkeit"

Durch diese Uneinigkeit zur Definition der sozialen Gerechtigkeit können zwei Ansätze zur Bestimmung des Begriffs herangezogen werden.

Der Begriff der Gerechtigkeit schildert einen Zustand von zwischenmenschlichen Beziehungen, in denen eine angemessene und faire Verteilung von Gütern und Chancen stattfindet. Durch die Hinzufügung des Adjektivs „sozial“ werden diese Beziehungen auf die Gemeinschaftsebene übertragen. Durch diese inhaltliche Doppelbelastung der Begrifflichkeit, wird das Gerechtigkeitsprinzip häufig auf die Zusammenhänge zwischen Gerechtigkeit und Verteilung umgewälzt, dies stellt den ersten Ansatz dar (vgl. Lücke, 2015, S. 17).

Der 2. Ansatz assoziiert Gerechtigkeit mit Gleichheit (vgl. Rürup, 2004, S. 40), dies stellt die Hauptaufgabe der Gerechtigkeitstheorie dar. Hierbei gilt zu analysieren, worin genau diese „Gleichheit“ besteht, und was daraus resultiert, wenn diese Personen(-gruppen) im bestimmten Kontext „gleich“ bzw. „ungleich“ behandelt werden (vgl. Bohmeyer; Lob-Hüdepohl; Mandry, 2011, S. 13). Um die individuell interpretierten Verhältnisse von „gleich“ und „ungleich“ herauszukristallisieren (vgl. Lücke, 2015, S. 2), müsste eine weitere Begriffsbestimmung von „(Un-)Gleichheit“ herangezogen werden.

Bei der Begriffsbestimmung wird deutlich, dass soziale Gerechtigkeit nicht leicht zu definieren ist und dass diese somit langsam wirtschaftlich gleichgültig wird, und so zum Oberbegriff sämtlicher Variationen von Gerechtigkeit geworden ist, wie z. B. Bedarfs-, Leistungs-, Alters- und Generationsgerechtigkeit (vgl. ebd., S. 16). Diese Korrelation festigt sich durch die Gleichsetzung von sozialer Gerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit und durch die in der Gesellschaft auszugleichende Bedarfe und Leistungen (vgl. Kersting, 2000, S. 1). Die Bedarfsgerechtigkeit verlangt eine gewisse Mindestbedarfssicherung, genau wie die Leistungsgerechtigkeit nach einer Leistung eine Gegenleistung fordert (vgl. Rürup, 2004, S. 40), hierbei wird aber vom modernen Verständnis der sozialen Gerechtigkeit auch die Gleichverteilung im höchstmöglichen Maße bei Ungleichen gefordert (vgl. Lücke, 2015, S. 4). Daher gehört die Zuweisung von Mitteln zur strittigsten Gerechtigkeitsfrage überhaupt (vgl. Bohmeyer; Lob-Hüdepohl; Mandry, 2011, S. 14).

Bezieht man die soziale Gerechtigkeit auf die Gerechtigkeit zwischen den Generationen, besteht aus ökonomischer Sicht eine gerechte Verteilung der Güter, wenn gegenwärtige und zukünftige Generationen dieselben Zufriedenheiten bezüglich der jeweils bestehenden Sachverhalte aufweisen (vgl. Fehr, 2009, S. 35). Sodass unter einer Generationsgerechtigkeit verstanden werden kann, dass die vorhandenen Bedingungen im Interesse aller jüngeren und älteren, bzw. aller existierenden oder noch nicht existierenden Mitgliedern der Generationen stehen (vgl. Vanberg, 2009, S. 4). Dies gilt in diesem Kontext besonders auch für die existenzsichernden Entgelte. Aus ökonomischer Sicht besteht eine soziale Gerechtigkeit dann, wenn die Einkommensverteilung fair verläuft (vgl. Lücke, 2015, S. 4), wobei aber der Grundsatz, gleiches gleich und ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. Aristoteles, NE, V 6ff), gilt. Dennoch kann wie zuvor erwähnt, nicht genau definiert werden, was gleich bzw. ungleich ist, da die Verteilungsverhältnisse so zu komplexen Ausdifferenzierungen bei jedem Individuum führen würde. Denn eine Verteilung wird als gerecht empfunden, wenn ein Individuum in derselben Situation im Durchschnitt das Gleiche erhält (vgl. Müller; Wegener, 1995, S. 30f.). Obwohl hierbei immer noch eine Subjektivität seitens der empfundenen Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit vorherrschen würde (vgl. Bohrmeyer; Lob-Hüdepohl; Mandry, 2011, S. 13). Durch diese subjektive Wahrnehmung von Gerechtigkeit wird im Folgenden aufgezeigt, wie Gerechtigkeit gemessen werden könnte.

3.2 Soziale Gerechtigkeit und ihre Messbarkeit

Zunächst ist bei dem Versuch die Messbarkeit der sozialen Gerechtigkeit aufzuzeigen, zu hinterfragen, ob die soziale Gerechtigkeit im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Wohlstand des Staates steht. Tatsächlich konnten Verbindungen zwischen empfundener Gerechtigkeit seitens des Staates und dessen wirtschaftlichen Stand durch eine Studie belegt werden (vgl. Bertelsmann Stiftung, 2011, S. 1-10). Da die wirtschaftliche Grundlage in Deutschland gegeben ist, sollte die Verteilung von Gütern über die Generationen hinaus gerecht verlaufen. Denn gerecht ist, wie zuvor erläutert, wenn die eine Generation genauso wie die nachfolgenden Generationen mit denselben finanziellen Puffern und entsprechender Lebenszufriedenheit ihren Lebensabend gleich bestreiten können (vgl. Vogt, 2008, S. 289f.). Da Unterbezahlungen häufiger als ungerecht wahrgenommen werden als Überbezahlungen Schuldgefühle verursacht (vgl. Biernath, 2011, S. 23), wird nun aufgezeigt wie sich hierbei die Gerechtigkeit messen lässt.

Mit dieser Thematik befassten sich Anderson, Berger und Cohen 1972. Sie versuchten eine „Gerechtigkeits-Bemessungs-Formel“ aufzustellen. Hierbei kamen sie zu dem Ergebnis, dass es gerecht sei, wenn man den aktuellen Lohn von dem gerechten Lohn subtrahieren würde, sodass ein Gerechtigkeitswert von 0 wünschenswert wäre, ein Wert der höher 0 liegt, entspricht einer Überbezahlung und einer der darunter liegt einer Unterbezahlung (vgl. Anderson et al., 1972, S. 119-124). Setzt man diese Formel aber mit realen Werten um, fällt auf, dass es keine allgemeingültige Einheit von Gerechtigkeit ergibt (z. B.: aktueller Lohn = 9000€; gerechter Lohn = 8000€, dann wäre die Einheit für Gerechtigkeit 1000€, daraus schließend ergibt sich zwar eine Überbezahlung, ist aber keine separierte Einheit (vgl. Biernath, 2011, S. 15). Darauf aufbauend versuchte Jasso (1978), welche eine Vertreterin von justice function Theorien ist, diese Formel zu präzisieren, welche sie mit Hilfe einer Vignetten-Analyse aufzustellen versuchte. Hierbei kam sie zu dem Ergebnis, dass das Maß der Gerechtigkeit aus dem Logarithmus von dem Verhältnis aktueller Lohn zu gerechter Lohn besteht (ln (aktueller Lohn / gerechter Lohn)) (vgl. Jasso, 1978, S. 1398-1419). Diese Formel ermöglicht Gerechtigkeit in Einheiten zu fassen und dementsprechend anhand der zuvor erwähnten “Gerechtigkeitsskala“ (Gerechtigkeit = 0; Überbezahlung = >0; Unterbezahlung = <0) den entsprechenden Gerechtigkeitswert abzulesen (vgl. Jasso, 1999, S. 138). Durch den Logarithmus hat eine Unterbezahlung eine höhere Gewichtung als eine Überbezahlung, da diese öfter als ungerechter empfunden wird (vgl. ebd., S. 143). Der Wert „Lohn“ kann auch durch andere Werte, wie „Rentenzahlungen“, „Rentenalter“, „Beitragssatz“ etc. ausgetauscht werden, sodass die Formel zur Bemessung von Gerechtigkeit auf andere Größen übertragbar ist (vgl. Biernath, 2011, S. 24).

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Soziale Gerechtigkeit unter den verschiedenen Generationskohorten in der Altersvorsorge? Eine kritische Analyse
Hochschule
Universität Trier
Note
1,7
Jahr
2017
Seiten
27
Katalognummer
V1128957
ISBN (eBook)
9783346495259
ISBN (Buch)
9783346495266
Sprache
Deutsch
Schlagworte
altersvorsorge, rente, gerechtigkeit, pädagogik, sozial, zukunft, generation
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Soziale Gerechtigkeit unter den verschiedenen Generationskohorten in der Altersvorsorge? Eine kritische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1128957

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