Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Kitas. Welche Chancen und Risiken birgt sie?


Hausarbeit, 2018

31 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Familie im Wandel
2.1 Familienformen und -strukturen
2.2 Anforderungen an die Familie
2.3 Eltern-Kind-Beziehungen

3 Kindertageseinrichtungen
3.1 Der Wandel zur Kita
3.2 Auftrag der Kita

4 Erziehungspartnerschaften
4.1 Begrifflichkeit
4.2 Der Wandel zur Erziehungspartnerschaft
4.3 Konzeption der Erziehungspartnerschaft
4.3.1 Ziele der Erziehungspartnerschaft
4.3.2 Formen der Erziehungspartnerschaft

5 Chancen und Risiken der Erziehungspartnerschaften
5.1 Chancen der Erziehungspartnerschaft
5.1.1 Chancen für die Kita
5.1.2 Chancen für die Eltern
5.2 Risiken der Erziehungspartnerschaft
5.2.1 Risiken für die Kita
5.2.2 Risiken für die Eltern

6 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Durch die unterschiedlichen sozialen Entwicklungen und Wandlungen unserer Gesellschaft, worunter die demografischen Entwicklungen, die Bildungsexpansion und auch die veränderten Familienkonstellationen fallen, resultiert eine Verlagerung der Stellenwerte und Interessen der Eltern und somit auch die der Kindertagesstätten (vgl. Textor, 2011, S. 56). Da bei vielen Kindern beide Elternteile erwerbstätig sind, verbringen diese viel Zeit in den Kindertagesstätten und gestalten dort ihren Alltag. Sodass sich die Lebenswelten der Kinder immer mehr im Bereich der Kitas abspielen. Da scheint es von besonderer Wichtigkeit, dennoch die Eltern mit ins alltägliche Kita-Geschehen zu involvieren. Es sollen nicht nur Terminvereinbarungen und kurze Informationen über Veranstaltungen der Kinder geklärt und weitergegeben werden, sondern sich über bestimmte Belange, Problematiken, aber auch über Erfolge des Kindes und familiäre Ereignisse „auf Augenhöhe“ (Roth, 2014, S. 144) ausgetauscht werden. Hier kommt nun das Konzept der Erziehungspartnerschaft zum Tragen, denn dieses versucht genau diese Punkte zu vereinen. Eine gleichberechtige partnerschaftliche Beziehung zwischen den Eltern und den Erziehern1 bezüglich der Erziehung des Kindes in der Kita und Zuhause soll hierbei stattfinden (vgl. Textor, 2017, S. 29). Daher rührt auch die Frage, welche im Folgenden bearbeitet werden soll: „Expertise zu Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Kitas: Inwiefern können Erziehungspartnerschaften für beide Seiten Chancen und Risiken birgen?“. Um diese Frage zu beantworten, sollen erst einmal die ersten beiden sozialen Systeme, Familie und Kita, in denen ein Kind in den ersten Lebensjahren agiert, genauer erläutert werden. Hierbei wird zunächst auf die Familie im Wandel eingegangen. Aufgrund des Selbstverwirklichungswillens unserer Gesellschaft entstehen immer vielfältigere Variationen von Familienformen, welche zu Beginn dargestellt werden. Hierauf folgend werden anschließend auf die Anforderungen, die für Familien gegenwärtig bestehen, eingegangen, um die familiären Belange, die in einer Erziehungspartnerschaft angesprochen werden können zu verdeutlichen. Im nächsten Abschnitt wird eine für die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte relevantes Verhältnis, die Eltern-Kind-Beziehung, genauer dargestellt. Im anschließenden Kapitel wird dann auf die Kindertageseinrichtungen eingegangen. Hierbei wird der geschichtliche Wandel zur Kita dargestellt. Dies dient dazu, um zu verdeutlichen, wie sich allgemeine Leitideen der Kindergärten im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben, um nachfolgend den heutigen Auftrag der Kita aufzuführen. Darauf aufbauend, wird dann anschließend an der Erziehungspartnerschaft angeknüpft. Hierfür wird zunächst der Begriff der Erziehungspartnerschaft geklärt, um darauffolgend zu erläutern wie es zu dieser kam, welche Veränderungen sind für den Beruf der Erzieher entstanden und worauf müssen sie nun ihr primäres Augenmerk legen. Um im Anschluss die Konzeption, die Ziele und mögliche Formen der Erziehungspartnerschaft vorzustellen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sollen die Chancen, die die Erziehungspartnerschaft auf der einen Seite für die Kita und auf der anderen Seite für die Eltern birgt, aufgezeigt werden. Ebenso soll die Gegenseite beleuchtet werden. Hierbei werden die Risiken und Schwierigkeiten für die Kita und die Eltern mit dem Konzept der Erziehungspartnerschaft aufgezeigt, um im letzten Kapitel die zuvor gestellte Frage, inwiefern diese Chancen und Vorteile und/oder Risiken, Grenzen oder Schwierigkeiten birgt, resümierend zu beantworten.

Die hier aufgeführten Erkenntnisse können in diesem Rahmen nur einen kleinen Überblick über den Zusammenhang von Familie, Kita und Erziehungspartnerschaft sowie über mögliche Chancen und Risiken der Erziehungspartnerschaft für die Familie und pädagogischen Fachkräfte geben.

2 Familie im Wandel

Durch die Industrialisierung und dem Wunsch und die Tendenz nach Individualisierung und Verwirklichungen stehen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Familien im Wandel (vgl. Böhnisch; Maihofer; Wolf, 2001, S.11). In den letzten Jahrzehnten machen sich immer vielfältigere Familienformen und -strukturen auf, die sich wiederum auf die Eltern und deren erhöhte gesellschaftliche, berufliche und erzieherische Anforderungen auswirken. Diese Anforderungen haben sich auch im Laufe der Zeit verändert. Gleichsam können sich die veränderten Familienstrukturen auf die Eltern-Kind-Beziehung auswirken (vgl. Naumann, 2011, S. 133).

Dieser gegenwärtige Wandel in den Familien wird nun in Folgenden aufgezeigt, um eine Grundlage für die teilhabenden Partner einer Erziehungspartnerschaft zu bieten.

2.1 Familienformen und -strukturen

Seit den letzten Jahrzehnten entstehen immer mehr Familienformen und -strukturen in unserer Gesellschaft. Das traditionelle Familienleitbild der „Kleinfamilie“ mit Mutter, Vater und Kindern ist bereits ein selteneres geworden (vgl. Peuckert, 2005, S. 20ff.). Schon immer gab es unterschiedliche Familienformen, dennoch ist in Deutschland seit den 1960ern ein gestiegener Wandel in den Familien zu verzeichnen. Denn aus dem Wirtschaftswunder resultiert ein Anstieg an Wohlstand in den Familien, der Arbeitsmarkt erweitert sich und das allgemeine Bildungsniveau der Deutschen steigt (vgl. Ahlheim, 2009, S. 18). Auch das Bild der Frau, sowie der vermehrte Wunsch nach Freizeit und Verwirklichung haben sich bis heute anders weiterentwickelt (vgl. Naumann, 2011, S. 89). Das klassische Bild der Einverdiener-Hausfrauen-Familie schwindet, denn der Wandel der Frauenrolle impliziert die Bildungsexpansion und somit die Karriereorientierung der Frau (vgl. Klimpel; Schütte, 2006, S. 43). Frauen wollen nicht mehr den Großteil ihres Tages zu Hause Hausfrau sein und ihre Kinder hüten, sie wollen Karriere machen und sind auch dafür entsprechend qualifiziert. Dass sie dann diese Qualifikation im Beruf ausleben wollen, liegt nahe (vgl. BMFSFJ, 2006, S. 177). Aus dieser Lust auf berufliche Verwirklichung seitens der Frauen, kann aber auch eine Kinderlosigkeit oder einen Geburtenaufschub ins spätere Alter zur Folge haben (vgl. Naumann, 2010, S. 84). Denn das Problem besteht in der Vereinbarkeit von Familie und Karriere (vgl. Collatz; Gudat, 2011, S. 1). Geburtenraten sind regressiv und Ehen verlieren immer mehr an Stabilität, sodass die Rate an Hochzeiten ebenso sinkt, wie die der Geburten. Denn partnerschaftliche Beziehungen sind häufig nicht mehr von Dauer, unabhängig davon ob diese ehelich oder durch Kinder gebunden sind (vgl. Fröhlich-Gildhoff; Kraus; Rönnau, 2006, S. 6). So steigen auch die Scheidungsraten und gleichsam entstehen dadurch neue Familienformen und -strukturen. Denn nun stehen ehemalige Eheleute alleine da, welche sich in der Regel ein neues Familienkonstrukt aufzubauen versuchen. Hierunter können Patchworkfamilien und Stieffamilien, sowie Pflege- und Adoptiveltern bzw. -familien, aber auch Alleinerziehende fallen (vgl. Walper, 2006, S. 3). Diese neuen Konstellationen von Familien können zu verschiedenen Problematiken führen, denn jede Familie weist unterschiedliche Rituale, Gewohnheiten und Ansichten auf, die bei Neuzusammenschlüssen mit einem neuen Partner und dessen Familie zu Konflikten, aber auch zu Bereicherungen führen kann. Allgemein gelten diese Familienformen heutzutage aber als Normalität (vgl. Wagner, 2003, S. 42).

Insgesamt zeigt sich, dass die Familie dennoch als wünschenswerte Idealvorstellung vieler Menschen gesehen wird, durch die Individualisierung und die Bildungsexpansion dieser Wunsch jedoch weiter in den Hintergrund gedrängt wird. Denn häufig wollen Menschen erst eine ökonomische Sicherheit aufweisen können, bevor sie Kinder bekommen. Fatalerweise bröckelt bereits bei vielen, während der Schaffung einer ökonomischen Stabilität die Beziehung der beiden Partner (vgl. Meier-Gräwe, 2012, S. 109).

Durch diese erschwerten Bedingungen stehen Eltern oft unter hohen Anforderungen aus beruflicher, gesellschaftlicher, partnerschaftlicher und erzieherischer Sicht. Diese Anforderungen werden im Folgenden aufgezeigt.

2.2 Anforderungen an die Familie

Aufgrund der zuvor aufgeführten Tatsachen, zeigt sich, dass Kinder in der heutigen Zeit nur noch eine Möglichkeit zwischen verschiedensten Lebensvariationen und -konstellationen und Partnerschaftsoptionen sind und durch Wirtschaft und Gesellschaft ein hohes Maß an Flexibilität seitens der Eltern gefragt ist. Da Arbeitsverhältnisse und Paarbeziehungen von Kurzfristigkeit geprägt sind, entstehen hohe Anforderungen an die Eltern. Denn werden Kinder geboren, so entstehen diesen gegenüber Verantwortungen, Pflichten und Abhängigkeiten seitens der Eltern (vgl. Korte, 2008, S. 10), sodass das Elterndasein als andere Lebensbereiche ausgrenzend empfunden wird (vgl. Henry-Huthmacher, 2008, S. 42). Auch durch die sinkende Geburtenrate und der Anstieg der Ein-Kind-Haushalte schwinden den Kindern immer mehr Spielkameraden und Geschwister mit denen sie sich außerhalb des Kindergartens und des Schulalltags beschäftigen könnten. Dieser Beschäftigungsbedarf seitens der Kinder verlagert sich nun auf die Aufgaben der Eltern. Diese zusätzliche Freizeitplanung kostet Eltern viel Zeit und Kraft (vgl. Ahlheim, 2009, S. 18). Dennoch weisen Eltern einen hohen Anspruch auf ihren Kindern gerecht zu werden. Sie wünschen sich eine „erfolgreiche“ Erziehung und ein gelingendes Aufwachsen ihrer Kinder. Diese Anforderungen alles richtig zu machen und ihren Pflichten nachzukommen, setzt viele Eltern zunehmend unter Druck (vgl. Bargsten, 2012, S. 391). Nicht nur das setzt die Eltern unter Druck, sondern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hier gilt es das zwiegespaltene Verhältnis zwischen gewünschtem beruflichen Werdegang und dem von „guten Eltern“ zu lösen (vgl. Niedergesäß, 2011, S. 131). Durch das Berufstätigsein der Eltern verbringen die Kinder häufig mehr Zeit in Tageseinrichtungen als zu Hause, sodass Eltern weniger Zeit für die Erziehung haben und das Familienleben als solches reduziert sich (vgl. Korte, 2008, S. 10). Denn früher hielten die Arbeitsverhältnisse und Paarbeziehungen auf längere Sicht, heute müssen sie die kurzfristigen Beziehungen auf beiden Ebenen mit der langandauernden Erziehungs- und Beziehungsverantwortung des Kindes kompatibel machen. Hierbei kann es zu Schuld und Mitleidsgefühlen kommen (vgl. Niedergesäß, 2011, S. 131). Auch das pädagogische Halbwissen der Eltern verunsichert diese zusätzlich, sie handeln nicht mehr intuitiv, sondern wollen jedes Handeln auf Richtigkeit belegt haben, sodass es hierbei neben einer Verunsicherung auch Überforderungen folgen können (vgl. Dusolt, 2008, S. 12).

Neben den verunsichernden Problemen Zuhause und den auf Kurzfristigkeit ausgelegten Lebensverhältnissen, besteht seitens der Eltern der zusätzliche Bildungsdruck der Kinder. Hierbei gilt möglichst früh mit der Förderung des Kindes anzufangen, was wiederum die Eltern finanziell sowie zeitlich fordert. Somit stehen Eltern permanent unter Leistungs-, Organisations- und Zeitdruck, um dem (rechtlichen) Druck „gute Eltern“ sein zu müssen und möglichst wohlerzogene Kinder vorzeigen zu können, Widerstand zu leisten (vgl. Henry-Huthmacher, 2008, S. 44).

Nicht nur die Familie an sich steht im Wandel, sondern auch die Eltern-Kind-Beziehungen. Diese werden im Folgenden aufgezeigt, da diese für das Kind als eine der essentiellen Beziehungen und Bindungspersonen im frühen Alter gelten (vgl. Bargsten, 2012, S. 391).

2.3 Eltern-Kind-Beziehungen

In der Eltern-Kind-Beziehung bilden Eltern und Kind eine Trias, hierbei nimmt das Kind eine besondere Rolle ein. Denn mit der Geburt kann eine spezielle Bindung zwischen Eltern und Kind entstehen (vgl. Largo, 2017, o. S.). Ebenso sind die Eltern für Säuglinge und Kleinkinder essentiell, denn ohne die Fürsorge und Liebe seitens der Eltern würde das Kind verkümmern. Denn Eltern kennen die Bedürfnisse und Wünsche ihres Kindes am besten und sind somit die wichtigsten Bezugspersonen eines Kindes in den ersten Lebensjahren (vgl. Textor, 2011, S. 61). Die Beziehung der Eltern zu den Kindern ist nun nicht mehr von Dominanz und Autorität geprägt, sondern wird deutlich liebevoller gestaltet als früher. Denn die Beziehung zwischen Eltern und Kind sollte von Fürsorge, Emotionalität, Nähe und Geborgenheit geprägt sein und die Lebenszeit beider Partner andauern. Denn eine liebevolle Erziehung kann das spätere Ausbrechen von psychischen Erkrankungen hemmen (vgl. Franz et al., 2001, S. 404ff.). Dennoch sehen viele Eltern heutzutage das Kind als Aufgabe oder als eigene Herausforderung, in dem sie ihre Ideen oder eigenen verpassten Wünsche verwirklichen können und versuchen (vgl. Meier-Gräwe, 2012, S. 109). Daher werden die Eltern-Kind-Beziehungen heute sehr konträr wahrgenommen. Bei den einen Familien befindet sich das Kind im Zentrum der Beziehung, bei anderen wird dieses dezentralisiert oder die Eltern sehen sich selbst als Konkurrenten gegenüber des Kindes an (vgl. Textor, 2011, S. 69). Denn den niedrigen Geburtenziffern geschuldet, weisen viele Eltern wenige Erfahrungen mit Säuglingen und Kindern auf und sind entsprechend in der Beziehung zu ihren Kindern verunsichert und überlassen durch diese Überforderung gerne pädagogischen Fachkräften in der Kita die Verantwortung in der Erziehung (vgl. Textor, 2017, S. 28).

Die Anforderungen an die Eltern sowie die Eltern-Kind-Beziehung können von Familie zu Familie unterschiedlich und individuell ausfallen. In diesem Rahmen kann nur ein Teil der möglichen Zustände berücksichtigt und beschrieben werden.

Um aber nun einen weiteren Lebensraum des Kindes neben der Familie aufzuzeigen, wird Nachstehend auf die Kindertagesstätten näher eingegangen. Zunächst wird der geschichtliche Wandel zur Kita dargestellt und anschließend wird der Auftrag, den der Kindergarten heute nachgeht, dargeboten.

3 Kindertageseinrichtungen

Da neben den Eltern auch die Kindertageseinrichtung2 und deren pädagogische Fachkräfte Teil einer Erziehungspartnerschaft sind, wird im Folgenden der geschichtliche Wandel hin zu Kindertagesstätten aufgezeigt und darauf aufbauend im Allgemeinen den Auftrag einer Kita, der diese umfasst, aufgeführt.

3.1 Der Wandel zur Kita

Bereits vor etwa 200 Jahren bestand die Notwendigkeit einer außerfamilialen Betreuung. Auch schon dann war bewusst, dass die frühkindliche Erziehung eine Wichtige für die Entwicklung des Kindes und sein fortlaufendes Leben ist (vgl. Korte, 2008, S. 10).

Denn bereits im 19. Jahrhundert, 1835, wurden die ersten „Warte- und Pflegeanstalten“ gegründet, in denen die Kinder von der ärmeren Bevölkerung beaufsichtigt und geschützt werden sollten. 1838 wurden dann die ersten Kinderbewahranstalten gegründet (vgl. Buchenau; Moll; Rosenkrank, 2014, S. 8). Allerdings erst zwei Jahre später, die heute bekannten „Kindergärten“. Der Begriff des Kindergartens stammt daher, dass die Kinder an diesem Ort heranwachsen und reifen sollen wie Pflanzen in einem Garten es tun. Diese Idee des eigentlichen Kindergartens geht auf Friedrich Wilhelm August Fröbel zurück (vgl. ebd., S. 11). In diesem sollten Müttern von Zwei- bis Siebenjährigen gezeigt werden, worin die essentiellen Bedarfe bei Kindern liegen, wie Kinder erzogen werden sollten und wie diese beschäftigt werden können. Hierbei konnte z.B. veranschaulicht werden, welchen pädagogischen Wert welches Spielzeug aufbringt. Dies hatte die Fröbel-Pädagogik inne (vgl. Siegert, 2013, S. 8). Diese Form der Kinderbetreuung wurde allerdings bereits nach fünf Jahren durch preußische Minister verboten, da sie der Unterstellung unterlagen atheistische und sozialistische Wertevorstellungen zu verbreiten und daher folgenschwer für die Gesellschaft seien, sodass hierbei Kontrollen dieser notwendig seien, um diese Gefahr zu unterbinden (vgl. Martin, 2000, S. 24ff.). Unberührt davon blieben die Kinderbewahranstalten, welche weiter finanziell staatliche Unterstützung erhielten, hier konnte die außerfamiliäre Erziehung weiterfortlaufen. Einzige Bedingung war, dass sie im Sinne des Staates stattfinden sollte (vgl. Buchenau; Molli; Rosenkranz, 2001, S. 12f.). 1860 wurde dann das Verbot der Kindergärten wieder aufgelöst, sodass die Idee des Kindergartens weitergelebt werden und Neue gegründet werden konnten (vgl. Damman; Prüser, 1981, S. 144).

Im 20. Jahrhundert machten sich immer mehr Kindergärten, Kinderbewahranstalten und Kleinkinderschulen im Land breit, welche zu meist der Pädagogik nach Montessori folgten. Diese unterlagen dem Versuch mit den Ideen von Fröbel verknüpft zu werden. Darüber hinaus wurden die neu errungen Wissensstände über die Entwicklungspsychologie mit inkludiert ( vgl. Buchenau; Molli; Rosenkranz, 2001, S. 15ff.). Zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges wurden auch in den Kindergärten nach nationalsozialistischem Ideal erzogen. Zu dieser Zeit stieg die Versorgungsnotwendigkeit in den Kindergärten rasant an, sodass sich die Zahlen der Kindergartenplätze zu dieser Zeit mehr als verdoppelten (vgl. Benzing, 1941, S. 61). Nachdem Deutschland in BRD und DDR geteilt wurde, wurden unterschiedliche Ideologien in diesen Teilen gelebt. In der DDR stand die sozialistische Erziehung im Fokus, wohin gehend die BRD sich auf die freie Entwicklung und Entfaltung der Person im Vordergrund fokussierten (vgl. Trisch, 2013, S.136).

Mit der „kulturellen Revolution“ Ende der 1960er und den gesellschaftlichen Veränderungen entstand auch ein Wandel im Verhältnis von Kindergarten zur Familie und umgekehrt. Denn immer mehr Kindertagesstätten wurden in den Kommunen errichtet. Da diese einem Mangel an Betreuungsangeboten der jüngeren Kinder unterlagen. Dadurch wurden bis in die 1970er bis zu 65% an Kindergartenplätzen geschaffen (vgl. Erning; Neumann; Reyer, 1987, S. 13). Neben diesem konnte durch das 1996 verabschiedete Gesetz des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz und dem gleichzeitigen Rückgang an Geburten und den damit zusammenhängenden Ausbau der Kitas, weiter Plätze für Kleinkinder geschaffen werden und sich so die hohe Nachfrage einpendeln (vgl. Klein; Vogt, 2008, S. 25). Durch diese gewusste Verfügbarkeit an Kindergartenplätzen entsteht dahingehend ein Wandel, da sich nun die Eltern eine Kita frei nach ihren Wünschen und nach den bestmöglichen Angeboten aussuchen können. Sodass Kindergärten fortwährend als Dienstleister angesehen werden. Diese müssen seit dem betriebswirtschaftlicher agieren und auf die Wünsche der „Kunden“ reagieren, um weiterhin Bestand zu haben (vgl. Naumann, 2011, S. 88). Daher, und aufgrund der Erwerbstätigkeit vieler Eltern, haben sich die Öffnungszeiten der Kindergärten weit nach vorne und nach hinten, sowie auch teilweise auf die Wochenenden ausgedehnt, sodass Kinder nunmehr einen Großteil ihres Tages in Kindertagesstätten verbringen (vgl. Niedergesäß, 2011, S. 133).

Um nun den Wandel der Einrichtung für Kinder bis heute zu verdeutlichen, wird im folgenden Abschnitt gezeigt, worin heute der Auftrag einer Kita liegt. Hierbei wird auch ein kurzer Einblick auf die rechtlichen Grundlagen gewährt.

3.2 Auftrag der Kita

Kindergärten und Kindertageseinrichtungen sind Einrichtungen der Betreuung von Kindern im Alter von etwa 0 bis 6 Jahren. Der allgemeine Auftrag des Kindergartens in Deutschland liegt in der „Erziehung, Bildung und Betreuung" (SGB VIII § 22a Abs. 2) bei denen aber die Erziehungsberechtigten in der Verantwortung des Kindeswohls stehen. Dennoch liegen die Entscheidungen über die Kindergärten bei den einzelnen Bundesländern, sodass es unterschiedliche Ausformulierungen der Aufträge der Kitas in jedem Bundesland geben kann. Einen „eigenen“ und allgemeingültigen Auftrag, neben dem Erziehungsrecht der Eltern, existiert seitens der Kitas nicht. Dieser Auftrag orientiert sich somit am Erziehungsrecht der Eltern, welches dem Kindergarten durch den Betreuungsauftrag der Eltern übertragen wird. Der Hauptauftrag der Erzieher liegt darin eine "gute pädagogische Arbeit zu leisten" (Klein; Vogt, 2008, S. 40). Die Betreuung der Kinder in Kitas vervollständigt die Erziehung der Familie. Denn Kitas können den Kindern neben den familiären Einflüssen, andere Blickwinkel und Erfahrungen bieten und darüber hinaus eine gezielte Erziehung und Bildung genießen lassen (vgl. Textor, 2011, S. 59). Neben der Familie ist der Kindergarten mit die erste Instanz der Sozialisation. Denn hier trennen sich die Eltern von ihren Kindern das erste Mal für längere Zeit im außerfamiliären Bereich (vgl. Textor, 2011, S. 61). Kinder werden nicht mehr als "Gegenstand der Erziehung" verstanden, sondern Erzieher sehen dieses als lebhaften Mitentwickler ihrer eigenen Umwelt. Denn ein Erziehungsstil autoritärer Art ist heute kaum noch in den Kitas zu finden (vgl. Korte, 2008, S. 10). Stattdessen wird sich auf die Forderung und Förderung aller Kinder fokussiert, um das Fundament eines möglichst gleichen Start für alle anderen Bildungsentwicklungen zu gewährleisten (vgl. Bergmann; Rauschenbach; Wiesner, 2013, S. 133). Denn die Kita hat neben einem Erziehungs- auch einen Bildungsauftrag, denn der Kindergarten soll auch auf die Schule vorbereitend wirken (vgl. Dusolt, 2008, S.11). Denn im Kindergarten wird eine Umgebung geschaffen, indem sich das Kind frei entwickeln und entfalten kann (vgl. Niedergesäß, 2011, S. 132). Hierfür organisieren und planen die pädagogischen Fachkräfte das alltägliche Geschehen mit Förder- und Entwicklungsaspekten für die Kinder (vgl. Klein; Vogt, 2008, S. 40). Wenn Schwierigkeiten seitens der Kinder in ihrem Entwicklungsprozess auftreten, müssen die Eltern involviert werden und so versucht werden eine Lösung zu finden (vgl. Morgan, 2016, S. 137). Neben dieser Kontaktaufnahme zu den Eltern, müssen auch deren Bedürfnisse gedeckt werden und die Kita muss über entsprechende Angebote für die Eltern verfügen. Hierbei zeigt sich der Bedeutungsanstieg der Zusammenarbeit von Eltern bzw. der Familie, der Kita und den Fachkräften. Denn der Erzieher muss seinen Zuständigkeitsbereich nicht nur in der Zufriedenheit des Kindes, sondern auch in der der Eltern bzw. der Familie sehen. Diese Verantwortung liegt in der Obliegenheit der Fachkraft diese professionell abzuwickeln (vgl. Klein; Vogt, 2008, S. 41f.).

[...]


1 Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in diesem Rahmen nur die männliche Form verwandt, alle anderen Geschlechter gelten hiermit mit eingeschlossen.

2 Kindergarten, Kindertageseinrichtung und Kindertagesstätte werden im Nachstehenden zur besseren Lesbarkeit als Synonyme angesehen.

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Kitas. Welche Chancen und Risiken birgt sie?
Hochschule
Universität Trier
Note
2,0
Jahr
2018
Seiten
31
Katalognummer
V1128959
ISBN (eBook)
9783346495273
ISBN (Buch)
9783346495280
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Kita, erziehungspartnerschaft, eltern, pädagogik, soziale arbeit, kindergarten, erzieher
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Kitas. Welche Chancen und Risiken birgt sie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1128959

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