Rechtsextremismus und Aussteigerprogramme. Was erschwert einen Ausstieg aus der rechten Szene und welchen Handlungsspielraum hat die Soziale Arbeit?


Hausarbeit, 2020

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rechtsextremismus
2.1. Definition
2.2. Ideologie
2.2.1. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
2.2.2. Diskriminierung
2.2.3. Sozialdarwinismus
2.3. Aktuelle Lage in Deutschland
2.3.1. Aktuelle Lage in Sachsen

3. Interview mit „Steig aus“ in Sachsen
3.1. „Steig aus“ Sachsen
3.2. Systemische Beratung als Beispiel

4. Schlussbetrachtung

5. Abkürzungsverzeichnis

6. Literaturverzeichnis

7. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Die Thematik des Rechtsextremismus ist täglich und auch in der deutschen Geschichte ein relevanter Aspekt. 2015 wurde dieses Thema erneut präsenter durch den Zulauf von Flüchtigen. Das Interesse an diesem Thema besteht durch politisches Engagement seitens Schneider A., sowie durch den Wunsch von Schneider R., später in einer Ausstiegshilfe tätig zu werden. Auch im privaten Umfeld wird häufig über Rechtsextremismus gesprochen und diskutiert. Dies begünstigt es, sich noch näher damit zu befassen.

Zunächst betrachten wir die begrifflichen Unterschiede von Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus, sowie den alleinstehenden Begriff des Extremismus.

Um ein umfassenderes Bild zu bekommen, beschreiben wir die Ideologie der Menschen aus der rechten Szene und gehen dann auch näher auf die einzelnen Aspekte ein.

Um die Aktualität darzustellen versuchen wir, die aktuelle Lage in Deutschland und näher, in Sachsen, zu erfassen.

Des Weiteren wird ein Kernaspekt dieser Arbeit die Ausstiegsarbeit sein. Das Aussteigerprogramm in Sachsen „Steig aus“ hat uns zu diesem Zwecke ein Onlineinterview angeboten, welches wir wahrgenommen haben. Die Hauptfrage dieser Arbeit ist die, nach den Problemen, Herausforderungen und Schwierigkeiten beim Ausstieg. Hierbei werden beide Perspektiven, also zum einen die, der Sozialen Arbeit und zum anderen die Perspektive des Aussteigers/der Aussteigerin beachtet. Das Interview benutzen wir später, und ziehen den Vergleich zur Ausstiegshilfe EXIT-Deutschland. Wir nehmen hierzu die systemische Beratung als Beispiel und nennen weitere Theorien, die hierbei Anwendung finden. Im Anschluss gehen wir noch auf den Methodenkoffer ein, den die Soziale Arbeit zur Verfügung hat.

2. Rechtsextremismus

Der Rechtsextremismus ist ein wichtiger Bestandteil der deutschen Geschichte und auch heute noch präsent. Viele rechtspopulistische Parteien haben mittlerweile auch Sitze in Landesparlamenten. (vgl. Pfahl-Traughber 2019: 1f.) Um den Grundstein für die Arbeit zu legen, beginnen wir mit der Definition der Begriffe Extremismus, Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus.

2.1. Definition

Zunächst beschäftigen wir uns mit dem Begriff des Extremismus. Dieser leitet sich von dem lateinischen Wort „extremus“ ab, was übersetzt „der Äußerste“ heißt. Die Wortherkunft zeigt, dass hier „die äußerste Abweichung“ von bestehenden Systemen, Phänomenen oder Werten beschreiben wird. (vgl. Pfahl-Traughber 2019: 15)

Dem heutigen Verständnis des Extremismus liegen vielfältige historische Ereignisse politischer Umbruchphasen zugrunde, bei denen zuvor bereits die Rede von extremistisch motivierter Politik war. Demnach handelt es sich bei dem Extremismus um politische Tätigkeiten, die zu einer Änderung oder einem Umdenken in Gesellschaft und Staat führen sollen, da die bestehenden Ordnungen nicht mit der gelebten Ideologie übereinstimmen und abgelehnt werden. (vgl. Pfahl-Traughber 2019: 16)

Grundlegend unterscheidet man zwischen Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus. Das Definieren der Begriffe wird grundlegend an der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz festgelegt.

Der Rechtsradikalismus beschreibt, statistisch-politisch betrachtet, Gruppierungen, die „als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen werden“ (vgl. Ackermann 2009: 15). Diese Gruppierungen unterliegen keiner staatlichen Beobachtung. Des Weiteren kann der Begriff sprachlich-politisch betrachtet werden. Das Wort „Radikal“ lässt sich übersetzen als „von der Wurzel her“ (zit. aus Ackermann 2009: 15). Hier wurde Kritik an dem Begriff geübt, da die rechte Ideologie Probleme nie von den Wurzeln her, sondern auf der Erscheinungsebene aufgreife (ebd.). Der Rechtsextremismus hingegen wird nicht als grundgesetzkonform angesehen, weshalb diese Gruppierungen einer Überwachung unterliegen. Auf der sprachlichen Ebene wird kritisiert, dass mit diesem Begriff die Tendenz einhergeht, dass jede Extremposition als problematisch eingestuft wird.

Der Begriff der rechtsextremen politischen Haltung kann auch inhaltlich bestimmt werden. Ackermann führt an, dass es vier Bestandteile gibt, die dieser politischen Haltung zugeschrieben werden (vgl. Ackermann 2009: 15). Zunächst ist die Rede von Autoritarismus. Dies beschreibt die freiwillige Unterwerfung unter Stärkere, aber auch die Machtausübung auf Schwächere, sowie deren Beherrschung. Als nächstes ist der Nationalismus, also „die Wahrung und Stärkung der eigenen Nation“ (ebd.) als Bestandteil genannt. Dies beinhaltet auch die Abwertung anderer Nationen. Als dritten Aspekt wird die Fremdenfeindlichkeit benannt. Hierbei wird die Gesellschaft der eigenen Nation als besonders privilegiert angesehen und Fremde werden benachteiligt oder ausgegrenzt. Die Ausgrenzung findet meist aus ethnischen sozioökonomischen oder rassistischen Beweggründen statt. Der letzte Bestandteil ist der Antisemitismus. Dieser beschreibt die Feindschaft gegenüber Juden/Jüdinnen.

Mit dem sogenannten Pronazismus wird versucht den Nationalsozialismus zu verharmlosen, ihn zu begründen oder sogar zu legitimieren. (vgl. Ackermann 2009: 15f.)

2.2. Ideologie

Der eigenen Ideologie der RechtsextremistInnen bedarf keiner besonderen Begründung und sei durch die Biologie und die Geschichte inhaltlich begründet. Auch wenn diese häufig widersprüchlich erscheint, so hat dies für deren politische AnhängerInnen keine Bedeutung. Betrachtet man die Ideologie genauer kann diese in verschiedene Ideologieelemente, sowie Ideologiefamilien unterschieden werden. (vgl. Pfahl-Traughber 2019: 30) Der Begriff Ideologie meint Weltanschauungen, die angeblich die richtige Lösung haben um gesellschaftliche Probleme zu lösen. Solche Weltanschauungen werden von den IdeologInnen starr und einseitig vertreten. Staaten, die ideologisch handeln, wollen die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen gestalten so wie z.B. der Nationalsozialismus als staatliche Ideologie eine totale Unterordnung forderte und nicht tolerierte, dass sich jemand gegen seine Ansichten stellte. (vgl. Schneider 2020)

Die Überbewertung ethnischer Zugehörigkeit bildet das erste von insgesamt vier Ideologieelementen. Hierbei handelt es sich um eine Höherwertung der Ethnie bei gleichzeitiger Herabwürdigung der Menschenrechte. Die einhergehende Abwertung Angehöriger anderer Ethnien schafft eine rechtsextremistische Grundposition. Diese ist sowohl im Nationalismus als auch im Rassismus wiederzufinden. Der Begriff des Nationalismus jedoch, ist nur im extremistischen Sinne zu betrachten, wenn eine Absolutsetzung der Nation vorhanden ist, also eine sogenannte Nation -Wertung vorliegt bei der eine Höherwertung gegenüber anderen Völkern gegeben ist. Jene Einstellung wird auch als Chauvinismus bezeichnet. Der Begriff Rassismus bezieht sich ebenfalls auf eine Wertigkeit einer Rasse. Im Feld des Rechtsextremismus verwendet man jedoch als Form einer Ideologie der Ungleichwertigkeit die Bezeichnung „Fremdenfeindlichkeit“. (vgl. ebd.: 31) Die Form der Ideologie einer Ungleichwertigkeit betitelt das zweite Ideologieelement, welches sich auf die Benachteiligung aus der Feststellung von Unterschieden bezieht. Die Abneigung der bereits erwähnten Fremdenfeindlichkeit richtet sich hierbei insbesondere gegen Menschen mit Migrationshintergrund, jedoch ist hier nicht von „Ausländerfeindlichkeit zu sprechen“ (ebd.: 32). Dies beruht darauf, dass die Hassbilder grundsätzlich gegen als Fremde empfundene zu beziehen sind. Auch der Antisemitismus als Judenfeindschaft und Islamfeindlichkeit ist Teil der Ideologie der Ungleichwertigkeit, sowie der im Rechtsextremismus vorhandene Sozialdarwinismus in dem das Recht des Stärkeren gilt und somit geistig und körperlich behinderte Menschen herabwürdigt. (vgl. ebd.) Ein weiteres Ideologieelement ist der sogenannte Autoritarismus, welcher die Wechselbeziehung von Gesellschaft und Staat meint. Im Rechtsextremismus soll der Staat nicht wie in einer Demokratie nur die Funktion der Regelung übernehmen, sondern mehr die Gesellschaft bestimmen. Jene Beziehung von Gesellschaft und Staat zielt also eher auf eine diktatorische Staatskonzeption ab. Je nach Ausmaß und Intensität des Extremismus kann dies in autoritärer oder totalitärer Form das Ziel sein. Letzteres beschreibt das Durchdringen der Gesellschaft mit einer politischen Ideologie. Ein Beispiel hierfür wäre der historische Nationalsozialismus, auf welchen sich die deutschen RechtsextremistInnen häufig beziehen. (vgl. ebd.: 33) Sie prangern angebliche sowie tatsächliche Missstände in der Gesellschaft an und führen sie auf die Freiheit in der Gesellschaft und die Schwäche des Staates zurück. (ebd.: 34)

Als letztes Ideologieelement ist die Rede von der Idee der identitären Gesellschaftsvorstellung, welche die Homogenität des Volkes fokussiert, die durch bestimmte Merkmale gewährleistet wird, denen ein erhöhter Stellenwert zugeschrieben wird. Die AnhängerInnen einer solchen Vorstellung sehen in der individuellen Freiheit eine Bedrohung des Staates. Der Kollektivismus steht hierbei im Vordergrund. (vgl. ebd.) Das bedeutet, dass das Volk als Ganzes bzw. der Staat einen höheren Stellenwert als ein konkreter Einzelner/eine Einzelne erhält. Betrachtet im Gesellschaftsbild des Rechtsextremismus ist das Ziel, welches es zu erreichen gilt, eine Gesellschaft ohne Vielfalt zu etablieren. Schlussfolgernd spricht man hier von einer Ausschluss- oder Diskriminierungsideologie. (vgl. ebd.: 35)

Weiterhin betrachtet man die Ideologiefamilien, welche insgesamt fünf umfassen, angefangen mit den Deutschnationalen. Die Rede ist hierbei von den politischen RepräsentantInnen, die sich am „starken Staat“ (ebd.35) mit einem autoritären Konservativismus orientierten und den chauvinistischen Nationalismus priorisieren. Parteipolitisch war dies zunächst durch die „Deutschnationale Volkspartei“ (ebd. 36) und anschließend mit der „Deutschvölkischen Freiheitspartei“ (ebd.:36) vertretbar. (vgl. ebd.: 35 f.) Diese lehnten offen die ersten Ansätze der Weimarer Republik zu einem deutschen demokratischen Verfassungsstaat ab. Sie kapselten sich jedoch vom Nationalsozialismus insofern ab, dass sie weniger auf dem Rassismus beharrten, sondern eher auf eine ausgeprägte Bürgerlichkeit und manifestem Traditionalismus aufbauten. (vgl. ebd.: 36) Die zweite Ideologiefamilie bilden die Jungkonservativen, welche den Kern der Konservativen Republik in der Weimarer Republik bildeten. Differenziert zu den anderen Ideologiefamilien dominierte der Nationsgedanke während der Rasse-Gedanke nicht zentral war, dem deutschen Volk jedoch trotzdem ein höherer Stellenwert zukam. Ihre Vorstellung basierte eher auf einer ausgewählten Elite während dem Volk keine größere Bedeutung zugesprochen wurde. (vgl. ebd.: 37)

Darauffolgend sind die NationalrevolutionärInnen zu nennen. Sie berufen sich auf die „Nation“ (ebd.: 38) und das „Volk“ (ebd.:38), welche ihrer Ansicht nach durch den Kapitalismus benachteiligt wurden und von den Großmächten unterdrückt wurden. Somit teilten sie Ansichten des eigentlich entgegengesetzten linken Lagers. Sie werden ebenfalls der Konservativen Revolution zugeordnet, da auch sie nach Veränderung strebten und das Alte nicht bewahren wollten. Hier besteht die Vorstellung eines gleichrangigen Nationalismus. Auch wenn der Gedanke des Antisemitismus und Rassismus zu finden waren, sind diese jedoch eher im Hintergrund verblieben. (vgl. ebd.: 38)

Die vierte Ideologiefamilie ist die der NationalsozialistInnen. Sie sind wohl die bekannteste der Fünf durch ihre hohe historisch-politische Bedeutung. Der dominierende Gedanke dieser Gruppe galt, dass alles Elend geschuldet war durch die Vermischung der Rassen. Der Staat ist hier Mittel zum Zweck und diente zur Aufwertung der ArierInnen und Ausrottung der Juden/Jüdinnen. Der totale Staat sollte auf dem Prinzip der Rasse gegründet werden. Aufgrund fortwährender sozialer Ungleichheit bildete sich der sogenannte linke Nationalsozialismus mit welchen die NationalrevolutionärInnen in wenigen Ansichten übereinstimmten und mehr materielle Umverteilung forderten (ebd.: 39) Zusammengefasst orientierte sich der zentrale Aspekt der Nationalsozialisten an Rassismus. (vgl. ebd.: 40) Zuletzt folgt die Ideologieform, die Völkischen. Da einige NationalsozialistInnen von den Völkischen stammen, liegt auch hier der Fokus auf Antisemitismus, Rassismus und Sozialdarwinismus. Die Differenz zwischen Völkischen und Nationalsozialistischen bestand im strategischen Sinne. Große Unterschiede bestanden zwischen beiden Ideologiefamilien nicht, jedoch aufgrund der historisch-politischen Bedeutung der NationalsozialistInnen bedarf es einer Hervorhebung. (vgl. ebd.: 41)

2.2.1. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Fremden- und Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und auch Rassismus sind Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Eine Feindschaft, die sich gegen Gruppen und deren Mitglieder richtet. (vgl. Zick 2006: 6)

Fremdenfeindlichkeit ist ein Hauptmerkmal der Ideologie in der rechten Szene. Darunter versteht man, ein Unverständnis gegenüber Menschen, Kulturen und Gewohnheiten, die vom Bekannten abweichen. Menschen, die solch eine Ideologie vertreten stufen Fremdes als Bedrohung ein. Hierbei geht es z.B. um die Ethnie eines Menschen. Charakteristisch ist hierbei die ablehnende Haltung gegenüber allem, was nicht mit der eigenen Kultur vereinbar oder vergleichbar ist. Die Ablehnung einer fremden Nationalität beschreibt den Gegenstand der Ausländerfeindlichkeit. Werden Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe verurteilt, oder ihnen feindselig begegnet, so ist die Rede von Rassismus. (vgl. Thurich 2011)

Die Ausländerfeindlichkeit beschreibt, wie auch die Fremdenfeindlichkeit eine ablehnende Haltung gegenüber Fremdem. Hierbei geht es jedoch ausdrücklich um die Feindlichkeit gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund. (vgl. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung 2013) Charakteristisch hierfür sind Vorurteile, die AusländerInnen gegenüber gehegt werden. Sie werden als Störfaktor wahrgenommen und sind unerwünscht. Hier kommt es auch häufig zu Bedrohungen und Gewaltausschreitungen. (vgl. Thurich 2011) Unter Antisemitismus versteht man die Feindschaft gegenüber Juden/Jüdinnen. Der Begriff ist historisch geprägt und auf die Zeit des Nationalsozialismus zurückzuführen. Es geht also um die Feindlichkeit gegenüber Juden/Jüdinnen, welche als eigene Rasse angesehen werden. Der Begriff umfasst auch antisemitische Gewalthandlungen oder Diskriminierungen. Es handelt sich um eine spezifische Weltanschauung. (vgl. Bergmann 2005: 38 f.) Antisemitismus ist heute noch aktuell, auch wenn er kaum noch öffentlich ausgetragen wird. Er tritt meist verdeckt auf, zum Beispiel bei der Leugnung oder Relativierung des Holocaust. (vgl. Gessler 2006: 158 f.)

Rassismus beschreibt die Diskriminierung anderer Menschen. Die Menschen werden aufgrund einer gewissen Eigenschaft, also zum Beispiel der Hautfarbe, dem Glauben oder der gesprochenen Sprache zu einer Gruppe, also einer Rasse zusammengefasst. Diese Gruppe wird von Rassisten sozusagen verallgemeinert. So zum Beispiel, wenn sie von einer geflüchteten Person hören, die eine Straftat begeht, so ist dies ein Merkmal von Geflüchteten. Ein/Eine RassistIn geht davon aus, dass von einer fremden Rasse eine Bedrohung für die Eigene ausgeht. (vgl. Geißler 2014) An dieser Stelle sollte auch der Begriff Alltagsrassismus genannt werden. Unter Alltagsrassismus versteht man Äußerungen, die verdeckt rassistisch sind. Es sind kleine Bemerkungen, die tagtäglich getroffen werden, aber eine rassistische Botschaft haben. Im September 2013 wurde das Hashtag #schauhin eingeführt. Es ging darum, auf eben diese Botschaften aufmerksam zu machen. (vgl. Gümü§ay 2015)

2.2.2. Diskriminierung

Zunächst sollte zwischen Benachteiligung und Diskriminierung abgegrenzt werden. Bei der Benachteiligung geht es darum, dass eine Person schlechter behandelt wird, als eine Andere. Ein gutes Beispiel ist die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch. So wird eine höher qualifizierte Person zum Bewerbungsgespräch eingeladen und die weniger qualifizierte Person nicht. Hierzu gibt ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses Gesetz beinhaltet auch einen Diskriminierungsschutz. (vgl. Bickerich 2020) Die Diskriminierung ist laut Wortherkunft eine Unterscheidung oder aber eine Benachteiligung aufgrund von Eigenschaften. So gibt es einige bekannte Fälle bei denen eine höher qualifizierte Person mit Migrationshintergrund nicht eingeladen wird, die weniger qualifizierte Person ohne Migrationshintergrund jedoch schon. (vgl. Wöller 2020)

2.2.3. Sozialdarwinismus

Das Phänomen des Sozialdarwinismus gilt als Kernelement des heutigen Rechtsextremismus. Es lässt sich als Recht des Stärkeren verstehen und beschreibt, dass nur der erfolgreich wird, der den „Kampf ums Dasein“ (Lenzen 2015) auch gewinnt. Er bezieht sich in der heutigen Zeit auf Randgruppen und sozial Schwächere. In der rechten Szene wird nach diesem Prinzip gehandelt. Es bietet RechtsextremistInnen die Möglichkeit einer Rechtfertigung bei der Diskriminierung von Minderheiten. (vgl. ebd.)

2.3. Aktuelle Lage in Deutschland

Im Folgenden wird das Gefahrenpotenzial ausgehend vom Rechtsextremismus in Deutschland kritisch betrachtet und eingeschätzt. Zunächst betrachten wir die Einschätzung der AfD. Die AfD hat mehr als 30 000 Mitglieder und hat Sitz in allen Landtagen. (vgl. Pfahl- Traughber 2019: 337) Die „Alternative für Deutschland“ ist als Partei im Mitte-Rechts-Lager die erste erfolgreiche Neugründung des bundesdeutschen Parteiensystems. Seit Mitte 2014 ist sie bei 14 Landtagswahlen über die Fünfprozenthürde hinausgekommen. 2017 übertraf sie das, bis dahin beste Ergebnis der Rechtsaußenpartei NPD mit 4,3% um fast das Dreifache. Bei den Bundestagswahlen 2017 lagen sie in vier von fünf ostdeutschen Ländern zwischen 18,6 und 22,7 Prozent als zweitstärkste Kraft und in Sachsen mit 27% auf Platz eins weit vorne. (vgl. Decker 2018) Pfahl-Traughber führt an, dass von der AfD ein extremistischer Einfluss ausgeht. Hierbei konzentriere sich der extremistische Teil auf das parteiliche Zentrum. Die Positionierung der AfD lässt extremistische Züge erkennen, so zum Beispiel wird von dieser Partei die gleichrangige Religionsfreiheit negiert. Auch die Relativierung der deutschen Geschichte (Nationalsozialismus) deutet auf eine extremistische Ideologie hin. (vgl. Pfahl- Traughber 2019: 338) Die AfD wird trotz allem nicht als rechtsextremistisch eingestuft, sondern lediglich als rechts bezeichnet.

Auch die sogenannten „traditionellen rechtsextremen Parteien“ (ebd.:340) spielen nach wie vor eine Rolle in Deutschland. (vgl. ebd.:340) Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands wurde 1964 gegründet und stellte den Versuch dar, eine rechte Sammlungspartei auf den Weg zu bringen. Im Dezember 2013 wurde aufgrund der verfassungsfeindlichen Ziele der NPD, ihres aggressiven Vorgehens bei der Verwirklichung ihrer Ziele und ihrer Nähe zum Programm des Nationalsozialismus ein Antrag des Bundesrats gestellt die Partei zu verbieten. Diesem wurde jedoch nicht stattgegeben. (vgl. Opelland 2017) Die NPD befindet sich seit 2010 in einer Krise, was sich an den Wählerstimmen und Parteimitgliedern ablesen lässt. Grund dafür ist zum Beispiel der Zusammenhang mit gewaltbereiten Neonazis. Des Weiteren entwickelten sich parteiinterne Konflikte und Umlagerungen. Der ideologische Extremismus der Partei stieg an, wodurch die Intensität sehr anstieg. So führte dies zu einer „gesellschaftlichen Isolation“ (vgl. Pfahl-Traughber 2019: 340).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Rechtsextremismus und Aussteigerprogramme. Was erschwert einen Ausstieg aus der rechten Szene und welchen Handlungsspielraum hat die Soziale Arbeit?
Hochschule
Katholische Fachhochschule Mainz
Note
1,3
Autoren
Jahr
2020
Seiten
17
Katalognummer
V1129008
ISBN (eBook)
9783346492210
ISBN (Buch)
9783346492227
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtsextremismus aussteigen Diskriminierung Sozialdarwinismus systemische Beratung Steig aus Ausstiegshilfe
Arbeit zitieren
Alicia Schneider (Autor:in)Rebecca Schneider (Autor:in), 2020, Rechtsextremismus und Aussteigerprogramme. Was erschwert einen Ausstieg aus der rechten Szene und welchen Handlungsspielraum hat die Soziale Arbeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1129008

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