In dieser Arbeit werden Erkenntnisse über die Anforderungen und Erfolgsfaktoren für digitale Konzertformate gewonnen und Erfolgsdeterminanten für digitale Livemusikveranstaltungen ermittelt. Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden Handlungsempfehlungen für die Gestaltung des digitalen Konzerterlebnisses abgeleitet, um hybride Konzerte zu einem zukunftsfähigen Format zu machen.
Die Corona-Pandemie hat auch im Konzert- und Veranstaltungsbereich eine Transformation angestoßen. Durch die Krise werden insbesondere Entwicklungen im Bereich Digitalisierung vorangetrieben. Hybrid Events stellen ein daraus hervorgehendes, teildigitalisiertes Veranstaltungskonzept dar.
Im digitalen Raum gehen jedoch viele der klassischen Erlebniskomponenten eines Konzerts verloren. Somit stellt sich die Frage, inwiefern digitale Konzertformate als Äquivalent zu einem Live-Erlebnis gesehen werden können und ob die Akzeptanz groß genug ist, um auch nach der Corona-Pandemie bestehen zu bleiben.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung und Relevanz der Thematik
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
2 Abgrenzung des Themenfelds
2.1 Die deutsche Livemusikbranche
2.2 Hybrid Events
2.2.1 Digitale Mischformen
2.2.2 Anwendungsbereiche in der Livemusikbranche
2.3 Erfolgsfaktorenforschung
3 Das Livemusikerlebnis
3.1 Stand der Erlebnisforschung
3.2 Das klassische Konzerterlebnis
3.3 Das digitale Konzerterlebnis
4 Empirische Forschung
4.1 Qualitative Datenerhebung durch Fokusgruppendiskussionen
4.2 Durchführung der Interviews
4.3 Auswertung der Diskussionen
5 Erfolgsfaktoren für das digitale Konzerterlebnis
5.1 Performance
5.1.1 Auftritt
5.1.2 Teilnahmemöglichkeiten
5.2 Technik
5.2.1 Zugang und Handhabbarkeit
5.2.2 Qualität
5.3 Interaktion
5.3.1 Mit dem Künstler
5.3.2 Mit anderen Zuschauern
5.4 Atmosphäre
5.4.1 Physisches Erleben
5.4.2 Einstellung/Motivation
5.5 Vorteil
5.5.1 Finanziell
5.5.2 Zeit-/Ortsunabhängigkeit
5.5.3 Persönlich
6 Handlungsempfehlungen für Veranstalter
6.1 Technik
6.2 Kommunikation
6.3 Monetarisierung
6.3.1 Mehrstufiges Preismodell
6.3.2 Einflussfaktoren auf die Preisgestaltung
6.4 Konzeptionierung
6.4.1 Implementierung der Erlebnismodule
6.4.2 Entwicklung neuer digitaler Konzepte
7 Fazit
7.1 Schlussbetrachtung
7.2 Güte und Limitationen der Untersuchung
7.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang 1: Einwilligungserklärung zur Fokusgruppendiskussion 58
Anhang 2: Moderationsleitfaden
Anhang 3: Transkript Fokusgruppe A
Anhang 4: Transkript Fokusgruppe B
Anhang 5: Transkript Fokusgruppe C
Anhang 6: Transkript Fokusgruppe D
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Einordnung repräsentativer Studien zum Konzerterlebnis
Tabelle 2: Eigenschaften eines Präsenz-Event und Online-Event im Vergleich
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Struktur der Arbeit
Abbildung 2: Digitale Anwendungsbereiche im Livemusikbereich
Abbildung 3: Vergleichsprozess des C/D-Paradigma
Abbildung 4: Zirkuläre Forschungsstrategie
Abbildung 5: Denkmodell der Erfolgsfaktorenforschung
Abbildung 6: Hierarchisches Kategoriensystem des digitalen Konzerterlebnis
Abbildung 7: Zehn Grundregeln zum Einsatz hybrider Events
Abbildung 8: Die aktuelle Landschaft der Livestreaming-Plattformen
Abbildung 9: Strategische Erlebnismodule
Abkürzungsverzeichnis
AR Augmented Reality
BDKV Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V.
BVMI Bundesverband Musikindustrie e.V.
C/D-Paradigma Confirmation/Disconfirmation-Paradigma
VR Virtual Reality
1 Einleitung
1.1 Einführung und Relevanz der Thematik
Das Jahr 2020 hat die Welt grundlegend auf den Kopf gestellt: durch die COVID-19-Pan- demie fand in allen Lebensbereichen eine Entschleunigung statt, von der vor allem die Kultur- und Freizeitbranche hart getroffen wurde. Nach Kaur & Kaur (2020) stellen Social Distancing und verschärfte Hygienekonzepte insbesondere für Unternehmen in der Erlebnisbranche große Einschränkungen dar, da diese unter den gegebenen Umständen nicht authentisch umgesetzt werden können. Aufgrund des Großveranstaltungsverbots können auch Konzert- und Festivalveranstalter nicht ihren üblichen Tätigkeiten nachgehen. Wie Folkert Koopmans, CEO des Veranstaltungsunternehmen FKP Scorpio Konzertproduktionen, beschreibt, sind Konzert- und Festivalveranstalter „die ersten, die ihr Geschäft einstellen mussten und werden auch die letzten sein, bei denen wieder Normalität einkehrt“ (vgl. Warnecke, 2020, o. S.). Gerade in Krisenzeiten ist Kreativität und Innovation gefragt. Deshalb müssen neue Veranstaltungsformate entwickelt werden, mit welchen das Ausüben der Tätigkeit und das Erwirtschaften von Einkünften auch in außergewöhnlichen Situationen möglich ist. Eine wichtige Rolle hierbei spielen digitale Eventformate. In den letzten Jahren konnten sich bereits vermehrt Trends zur Verknüpfung klassischer Veranstaltungen mit digitalen Komponenten, wie Social Media oder Mobile Applications, durchsetzen. Die von der Corona-Krise stark vorangetriebene Digitalisierung hat diese Entwicklungen weiterhin verstärkt.
Laut Brugger & Eisermann (2014) sind diese Trends auch in den deutschen Event- und Marketingagenturen angekommen. Aus einer Befragung von 29 Agenturen im Jahr 2014 geht hervor, dass drei Viertel der Agenturen Kenntnisse über digitale Eventformate besitzen, jedoch nur knapp 18 % bereits digitale Events geplant und durchgeführt haben (vgl. Brugger & Eisermann, 2014, S. 311-312). Die Mehrheit gab der Bedeutung digitaler Events zudem einen geringen Stellenwert, jedoch stellt dieses Format heutzutage eine wesentliche Überlebenschance für die Branche dar. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Arbeit das Konzept Hybrid Events als Zukunftsformat für die deutsche Livemusikbranche betrachtet.
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
In den vergangenen Jahren konnte sich die Konzert- und Veranstaltungswirtschaft über stetiges Wachstum freuen, begünstigt durch die veränderte Einstellung der Konsumenten gegenüber dem Wert der Musik. Da Musikaufnahmen über Streamingplattformen unbegrenzt, rund um die Uhr und oft zu geringen Preisen verfügbar sind, haben aus Sicht der Konsumenten nur noch Liveshows einen echten Erlebniswert (vgl. Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V., 2018, S. 12). Grund für die Popularität von Livemusikver- anstaltungen ist laut Zanger (2013, S. 15) der hohe Grad der Emotionalisierung, welcher durch die multisensuale Ansprache und dem dadurch entstehenden Erlebniswert des Events erreicht wird. Zugleich können nach Knoll (2017, S, 4-5) wachsende Anforderungen verschiedener Stakeholder-Gruppen an Live-Events erkannt werden. Neben der steigenden Erwartungshaltung der Zielgruppe durch den Einsatz digitaler Medien fordern die Politik und verschiedenen Klimaverbände mehr Nachhaltigkeit bei Events. In den letzten Jahren entwickelten sich außerdem zusätzliche Risikofaktoren wie extreme Wettersituationen und höhere Sicherheitsauflagen. Insofern lässt sich die Corona-Krise als verstärkte Triebkraft für eine sich seit Jahren anbahnende, notwendige Transformation der Veranstaltungsbranche identifizieren. Durch die Krise werden insbesondere Entwicklungen im Bereich Digitalisierung vorangetrieben. Hybrid Events stellen ein daraus hervorgehendes, teildigitalisiertes Veranstaltungskonzept dar.
Im digitalen Raum gehen jedoch viele der klassischen Erlebniskomponenten eines Konzerts verloren. Somit stellt sich die Frage, inwiefern digitale Konzertformate als Äquivalent zu einem Live-Erlebnis gesehen werden können und ob die Akzeptanz groß genug ist, um auch nach der Corona-Pandemie bestehen zu bleiben. Hierfür müssen Erkenntnisse über die Anforderungen und Erfolgsfaktoren für digitale Konzertformate gewonnen werden. Diese Thematik ist bisher noch unerforscht. Die Zielsetzung dieser Arbeit ist deshalb, Erfolgsdeterminanten für digitale Livemusikveranstaltungen zu ermitteln. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen zudem Handlungsempfehlungen für die Gestaltung des digitalen Konzerterlebnisses abgeleitet werden, um hybride Konzerte zu einem zukunftsfähigen Format zu machen.
1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Für die Erstellung der Arbeit wird zuerst ein wissenschaftlicher Rahmen gesetzt, dem ein praktischer Teil folgt. Abbildung 1 zeigt den Aufbau der Arbeit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Struktur der Arbeit Quelle: Eigene Darstellung
Zuerst findet eine Abgrenzung des Themenfelds statt, um das nötige Grundwissen für den Gegenstand der Arbeit zu vermitteln. Dabei wird die deutsche Livemusikbranche kurz vorgestellt sowie das Konzept „Hybrid Events“ und die Methodik der Erfolgsfaktorenforschung näher ausgeführt. Im wissenschaftlichen Teil werden verschiedene Theorien und Ansätze zum Thema Customer Experience aufgearbeitet und diese in Bezug zu Livemusik- veranstaltungen gesetzt. Auf Basis der wissenschaftlichen Theorie wird eine empirische Untersuchung anhand Fokusgruppendiskussionen zur Ermittlung von Erfolgsfaktoren für digitale Konzertformate durchgeführt. Aus den gewonnenen Erkenntnissen lässt sich ein Kategoriensystem ableiten. Die verschiedenen Kategorien und Unterkategorien werden anschließend näher ausgeführt. Durch Zusammenführung von Theorie und Praxis lassen sich abschließend konkrete Handlungsempfehlungen für die Gestaltung des digitalen Konzerterlebnis formulieren. Im Fazit wird die Zukunftsfähigkeit des Formats evaluiert und dadurch eine Antwort auf die Forschungsfrage gefunden. Zudem werden Limitationen dieser Arbeit angeführt und ein Ausblick auf den zukünftigen Forschungsbedarf gegeben.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die Verwendung der gendergerechten Sprache verzichtet, wobei sämtliche Personenbezeichnungen selbstverständlich für alle Geschlechter gelten. Da Anglizismen aus dem Marketing- und Eventbereich nicht mehr wegzudenken sind, werden Begriffe wie „Veranstaltung“ und „Event“ oder „Eintrittskarte“ und „Ticket“ synonym verwendet, um allzu häufige Wortwiederholungen zu ersparen.
2 Abgrenzung des Themenfelds
2.1 Die deutsche Livemusikbranche
In dieser Arbeit werden die wirtschaftlichen Aktivitäten der deutschen Livemusikbranche betrachtet. Diese fungiert als Schnittstelle zwischen der Veranstaltungsbranche und der Musikindustrie. Laut dem Bundesverband Musikindustrie e. V. (2020, S. 35) (kurz: BVMI), umfasst der Teilbereich alle Unternehmen, die Livekonzerte veranstalten oder für Veranstalter Dienstleistungen erbringen. Dabei werden Konzert-, Tournee-, Festival- sowie örtliche Veranstalter als Kernakteure verstanden.
Im Jahr 2019 erwirtschaftete die Livemusikbranche mit ca. 53 000 Erwerbstätigen Gesamterlöse von ca. 4,6 Milliarden Euro (vgl. Bundesverband Musikindustrie e. V., 2020, S. 1617). Im Hinblick auf den gesamten Musikmarkt, welcher zwischen Musikveranstaltungen (Live Music) und Musikaufnahmen (Recorded Music) differenziert, nehmen erstere einen wachsenden Stellenwert ein. Etwa zwei Drittel der Gesamtumsätze sowie mit 32 % der größte Anteil der Bruttowertschöpfung lassen sich den Musikveranstaltungen zuordnen (vgl. Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V., 2018, S. 11, 18). Dieser Trend hält bereits seit mehreren Jahren an, denn laut der Studie waren die Kräfteverhältnisse im Jahr 1995 noch umgekehrt. Die Haupterlösquelle des Sektors sind Ticketverkäufe: im Jahr 2019 machten diese 76,8 % der Einnahmen aus (vgl. Bundesverband Musikindustrie e. V., 2020, S. 36). Laut der Studie „Live Entertainment in Deutschland“ wurden im Zeitraum von Juli 2016 bis Juni 2017 113,5 Millionen Tickets für Musikveranstaltungen verkauft, 8 % weniger als bei der letzten Erhebung im Jahr 2013 (vgl. Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V., 2018, S. 4). Somit lassen sich die wachsenden Umsätze auf steigende Ticketpreise zurückführen. Prof. Jens Michow, Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V. (kurz: BDKV) nennt als Gründe hierfür den wachsenden Produktionsaufwand sowie die gestiegenen Honorarforderungen der Künstler (vgl. Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V., 2018, S. 4). Obwohl es sich dabei um ein weltweites Phänomen handelt, fühlen sich die Fans davon nicht abgeschreckt, denn die Besuchsfrequenz ist von 3,7 auf 4 Veranstaltungen pro Jahr gestiegen (vgl. Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V., 2018, S. 5). Livemusikveranstaltungen haben somit einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft.
Wirtschaftlich betrachtet dient Musik als Inputfaktor für Umsätze weiterer Branchen und stellt oft ein Komplementärgut für weitere Produkte und Dienstleistungen dar. Insbesondere im Bereich Live Music herrscht eine hohe Arbeitsteilung und Vernetzung der Zulieferer und Partner, weshalb in unterschiedlichen Zweigen zum Teil erhebliche wirtschaftliche Effekte induziert werden (vgl. Feuerbach et al., 2020, S. 17). Auch die Ausstrahlungseffekte dürfen nicht unterschätzt werden, denn bei Veranstaltungsbesuchen werden auch viele Ausgaben außerhalb der Musikwirtschaft getätigt. Insbesondere Gastronomie-, Reise- und Hotelleriebetriebe profitieren davon (vgl. Bundesverband Musikindustrie e. V., 2020, S. 74). Aus Sicht der privaten Haushalte sind Musikveranstaltungen eine relevante Ausgabeposition und im Jahr 2017 wurden rund 3,1 Milliarden Euro für Konzerte und Musikaufführungen ausgegeben (vgl. Bundesverband Musikindustrie e. V., 2020, S. 35). In der Langzeitstudie des BDKV geben immer mehr Teilnehmer zudem an, sich Konzertbesuche leisten zu können und analog steigt auch die Zahlungsbereitschaft um 10 % an (vgl. Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V., 2020, S. 69).
Nach Brugger & Eisermann (2014, S. 314) sowie einer Studie des deutschen Musikinformationszentrum (2020, S. 1-2) lassen sich 20- bis 30-Jährige als zentrale Zielgruppe von Livemusikveranstaltungen identifizieren. Dams & Luppold (2016, S. 16) heben hervor, dass der Anteil der Generation Y, auch Digital Natives genannt, an Event-Zielgruppen stetig wächst. Der von Marc Prensky geprägte Begriff Digital Natives umfasst alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die nach 1980 geboren und größtenteils mit Computern und Internet aufgewachsen sind (vgl. Prensky, 2001). Gerade im Hinblick auf die digitale Transformation des Livemusikbereich ist dieser Aspekt interessant. Trotz oder gerade aufgrund steigender Onlineangebote nimmt die Wertschätzung von Livekonzerten in den letzten Jahren um ca. 9 % zu, Tendenz weiterhin steigend (vgl. Bundesverband Musikindustrie e. V., 2020, S. 55). Aktuell ist dieser Gedanke besonders präsent, denn durch die Corona- Pandemie hat die Branche tiefe Einschnitte erlebt. Die bis zuletzt stetig wachsende Musikwirtschaft befindet sich aktuell in einer prekären Situation voller Ungewissheit und Einnahmeverluste. Während vor dem Ausbruch der Coronapandemie knapp 60 % der Musikveranstalter noch mit einem Umsatzwachstum für 2020 gerechnet haben, erwarten die Akteure nun einen Einbruch von knapp 96 % (vgl. Bundesverband Musikindustrie e. V., 2020, S. 42-43). Aber auch auf emotionaler Ebene sind die Folgen für Veranstalter, Künstler und Besucher gravierend. Deshalb wird fieberhaft an Lösungen für alternative Livemu- sikangebote gearbeitet und Hybrid Events sind ein möglicher Lösungsansatz.
2.2 Hybrid Events
Da der Begriff Event inflationär verwendet wird muss zuerst dieser näher betrachtet werden um Hybrid Events davon abgrenzen zu können. Analog zur deutschen Übersetzung „Ereignis“ können Events als unmittelbare, interaktive und gemeinschaftliche Erlebnisse definiert werden (vgl. Wolf & Jackson, 2014, S. 51). Nach Jäger (2015, S. 23-24) haben erlebnisorientierte Veranstaltungen wie Feste und Feiern eine wichtige Rolle im Leben der Menschen eingenommen. Dies lässt sich auf die „tautologische Verbindung“ (Wünsch, 2013, S. 159) von Event und Emotion sowie die multisensorische Ansprache, welche das Erleben mit allen Sinnen ermöglicht, zurückführen (vgl. Knoll, 2016, S. 139; Zanger, 2013, S. 7). Die Autoren betonen zudem den sozialen und interaktiven Charakter von Events und beschreiben diese auch als Co-Produkt von Veranstaltern, Teilnehmern und den beteiligten Dienstleistern.
Bei Hybrid Events handelt es sich um inszenierte Veranstaltungen, für welche verschiedene Definitionsansätze herangezogen werden können. Nach Betz et al. (2017, S. 1) sind hybride Veranstaltungen eine Kombination mindestens zweier Arten von Ereignissen, die verschiedenen kulturellen Bereichen zugeordnet werden. Ein Beispiel hierfür sind Poetry Slams als Literaturlesungen mit sportiv-wettbewerbsähnlichen Charakter (vgl. Gregory, 2008). Hybride Konzepte vermischen verschiedene Inhalte, Elemente und Formate und verknüpfen dabei unterschiedliche Handlungs- und Deutungslogiken und Erlebnisebenen. Da sie nicht mehr herkömmlichen Kategorien zugeordnet werden können, stellen sie neue, eindeutig von den ursprünglichen Komponenten abgrenzbare Ereignisse dar. Der Prozess der Anreicherung eines Ereignisses mit einem ursprünglich fremden bzw. widersprüchlichen Teil, auch Hybridisierung genannt, kann dabei auf verschiedene Bereiche übertragen werden (vgl. Betz et al., 2017, S. 8). Die Basiskomponente ist dabei immer das klassische, auf Präsenz basierende Event als realer und erlebnisorientierter Raum.
2.2.1 Digitale Mischformen
Im Rahmen dieser Arbeit werden digitale Mischformen betrachtet, bei welchen eine Spiegelung und Erweiterung des Events im digitalen Raum stattfindet (vgl. Dams & Luppold, 2016, S. 1). Somit stellen diese eine moderne Ergänzung zu bisherigen Veranstaltungsformaten dar (vgl. Knoll, 2016, S. 141). Diese lässt sich analog zur Transformation der Industrie auf die Weiterentwicklung ursprünglicher Eventformate im Zuge des digitalen Wandels von Event 1.0 zu Event 4.0 zurückführen (vgl. Knoll, 2017, S. 2). Hierfür gibt es verschiedene Beweggründe, wie z.B. historische oder politische Entwicklungen. Die digitale Transformation hat pandemiebedingt deutlich an Bedeutung gewonnen und in vielen Lebensbereichen haben sich bereits digitale Geschäftsmodelle etabliert. Durch die Verbindung klassischer und digitaler Veranstaltungsformen kann eine tiefere Wertschöpfung durch die Erweiterung der Erlebniswelten ermöglicht werden. Dabei besitzen virtuelle Events nach Brugger & Eisermann (2014, S. 306) dieselben Charakteristika wie klassische Events, mit den Hauptunterschieden der Anonymität der Teilnehmer, räumliche und zeitliche Flexibilität sowie der freie Zugang und die grenzenlose Partizipation (vgl. Knoll, 2016, S. 139-140 und Zanger, 2013, S. 8-9). Jedoch muss auf essenzielle Charakteristika, wie der persönliche Austausch und die Ansprache mit allen Sinnen, verzichtet werden (vgl. Brug- ger & Eisermann, 2014, S. 316).
Mit der wachsenden Auswahl an Technologien, Plattformen und Kommunikationskanälen können Hybrid Events hyperkonnektiv gestaltet und durch die Wechselbeziehungen im virtuellen System die digitalen Erlebnisse intensiviert werden (vgl. Dams & Luppold, 2016, S. 3). Brugger & Eisermann (2014, S. 108) betiteln dies als „erweiterte Mediendramaturgie“, welche bei guter Umsetzung die immersive Welt zum Leben erwachen lässt und die Teilnehmer durch multisensuale Ansprache hochgradig involviert (vgl. Kirst & Peter, 2020, S. 9-10). Durch ihre Omnipräsenz haben moderne Kommunikationskanäle und Technologien bereits einen festen Platz im alltäglichen Leben der im vorherigen Abschnitt identifizierten Haupteventzielgruppen eingenommen, was auf eine größere Akzeptanz dieser Formate schließen lässt (vgl. Knoll, 2016, S. 145 und Kirst & Peter, 2020, S. 4). Somit bieten digitale Ergänzungen die Chance, den Anforderungen und Trends sowie den neuen Erwartungshaltungen der sich wandelnden Zielgruppe nachzugehen. Diese Fähigkeit, die vielfältigen medialen Möglichkeiten hinsichtlich Wirkung und Nutzungsmöglichkeiten gezielt einzusetzen, ist nach Strzebkowski & Lohr (2017, S. 108) überlebenswichtig für Veranstalter, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.
2.2.2 Anwendungsbereiche in der Livemusikbranche
Auch in der Livemusikbranche findet eine Transformation des Konzerts entlang der Entwicklung der klassischen Medien statt. Bereits in den 1930er Jahren wurden Konzerte im Radio übertragen und ab Mitte der 1970er Jahre haben sich TV-Übertragungen durchgesetzt, insbesondere durch die Sendung „Rockpalast“ (vgl. Pfleiderer, 2009, S. 94). In den letzten Jahren wurde verstärkt die Live-Übertragung via Internet-Streams ausgebaut. Auch Soto Setzke et al. (2018, S. 122) weisen darauf hin, dass sich der Konsum von Kulturangeboten durch das Zusammenspiel von mobilen Endgeräten, sozialen Medien und dem Internet verändert, wobei sich für die Zielgruppe diverse Vorteile ergeben. Als Beispiele hierfür nennt Greenlee (2017, S. IX) Flexibilität hinsichtlich Zeit und Ort des Erlebens, Zugang zu sämtlichen Plätzen und Perspektiven des Konzerts sowie Vermeidung typischer Unannehmlichkeiten von Großveranstaltungen wie Besuchersicherheit, unzureichende Toilettenanlagen oder Parkplatzsuche.
Auch auf Veranstalterseite können zusätzliche Potenziale ausgeschöpft werden, denn innovative Angebote ermöglichen neue Wertversprechen. Durch den Zugang zu weiteren Kundengruppen kann zudem die Wertschöpfung optimiert werden und auch im Hinblick auf Erlösstrukturen und Kundeninteraktion und -bindung bieten sich neue Möglichkeiten (vgl. Dickel et al., 2018, S. 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Digitale Anwendungsbereiche im Livemusikbereich Quelle: Eigene Darstellung
Olaf Kretschmer, Vorstandsvorsitzender der Berlin Music Commission, rechnet damit, dass sich das Erlebnis Konzertbesuch durch Corona nachhaltig verändern wird und Li- vestreams und Online-Konzerte nicht einfach verschwinden werden, sondern das reale Konzerterlebnis stärker mit technischen Innovationen verknüpft sein wird (vgl. Hartmann, 2020, o. S.). Vielversprechende Online-Konzepte sind Streamingangebote über Social Media oder Online-Video-Plattformen sowie immersive Übertragungs- und Präsentationsverfahren, sogenannte Virtuelle Live Experiences (vgl. Knoll, 2017, S. 3). Diese unterscheiden sich insbesondere im Hinblick auf Interaktivität und Erlebniswert. Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Charakteristika der genannten Anwendungsmodelle.
2.3 Erfolgsfaktorenforschung
Der praktische Teil dieser Arbeit basiert auf den Grundlagen der Erfolgsfaktorenforschung. Diese eignet sich zur Erforschung von Zukunftspotentialen und befasst sich mit der Ermittlung von Determinanten, die den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen. Dieses Wissen hat einen direkten Nutzen für die Praxis und dient Entscheidungsträgern als Informationsgrundlage für zukünftige Beschlüsse. Der Ursprung der Erfolgsfaktorenforschung liegt in der betriebswirtschaftlichen Praxis und wurde maßgeblich vom PIMS-Programm („Profit Impact of Marketing Strategies“) und der Arbeit von Peters & Waterman (1982) geprägt. Während die ersten Ansätze der Ermittlung von Erfolgsfakto ren auf konkrete Einzelfälle bezogen waren, erweiterten die oben genannten Forschungen ihre Untersuchungen und lieferten somit den Anstoß, ganze Branchen oder allgemeine Unternehmungen zu betrachten. Grundannahme der Forschungsrichtung ist, dass trotz der Multidimensionalität des Erfolgs und der Multikausalität potenzieller Erfolgsfaktoren nur wenige zentrale Variablen einen starken Einfluss haben. Ziel der Analyse ist deshalb, nicht alle möglichen Erfolgsfaktoren, sondern nur eine überschaubare Anzahl mit zentraler Rolle zu ermitteln (vgl. Daschmann, 1994, S. 11). Als Ausgangspunkt werden Erfolgsindikatoren, beispielsweise Gewinn, Umsatz oder Rentabilität, zur Quantifizierung des Erfolgs gewählt. Schließlich wird untersucht, welche Variablen einen Erfolgsindikator beeinflussen. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Begriffe Erfolgsfaktor, Einflussfaktor und Erfolgsdeterminante synonym verwendet. Der Erfolg von Livemusikveranstaltungen wird zudem aus Besucherseite betrachtet. Anhand der Literatur lässt sich ableiten, dass dieser vom Kundenerlebnis abhängt. Als Grundlage der Forschung wird somit der Erfolg einer Livemusik- veranstaltung mit einem positiven Kundenerlebnis gleichgesetzt.
3 Das Livemusikerlebnis
3.1 Stand der Erlebnisforschung
Der Konsum von Livemusikveranstaltungen ist nach Pfleiderer (2009, S. 85) nichts alltägliches, sondern ein besonderes und außergewöhnliches Erlebnis. Laut dem Autor gehören zu den Gründen für einen Konzertbesuch nicht nur Unterhaltung, Entspannung und Erholung, sondern auch das ästhetische Erleben und die damit einherkommenden existentiellen Erfahrungen. Auch McCarthy (2013, S. 119) bestätigt, dass das Erleben der Livemusik eine psychologische Wirkung hat und Emotionen hervorrufen kann. Die Gestaltung des Konzerterlebnisses ist somit ein Fokusbereich für Veranstalter und das Erlebnisdesign ein zentraler Bestandteil im Marketingmanagement. Unter dem Begriff Customer Experience Management sind verschiedene Konzepte, Strategien und Prozesse zur Gestaltung erfolgreicher Kundenerlebnisse zusammengefasst. Die Haupttheorien werden im Folgenden näher erläutert.
Nach Hirschman & Holbrook (1982) ist nicht nur die gezielte Inanspruchnahme einer Sach- oder Dienstleistung das Ziel einer Konsumhandlung. Auch die während des Konsumprozesses auftretenden Erlebnisse, in Form von „Fantasies, Feelings and Fun“ (Hirschman & Holbrook, 1982, S. 152) spielen eine signifikante Rolle. Insbesondere bei Veranstaltungen wie Konzerten, Festivals oder dem Theater sind die beim Konsumieren auftretenden Emotionen ein zentraler Erlebnisbestandteil, denn der Wert des Besuchs liegt insbesondere im Spaß an der Musik bzw. der Show und dem Gemeinschaftsgefühl (vgl. Holbrook, 2006, S. 39-40). Auch Joseph Pine und James Gilmore, die Pioniere der Experience Economy, unterscheiden im Hinblick auf wirtschaftliche Wertschöpfung zwischen Dienstleistungen und Erlebnissen, da durch letztere erinnerungswürdige Ereignisse induziert werden (vgl. Pine & Gilmore, 1999). In ihren neueren Werken sprechen die Autoren sogar von einer Weiterentwicklung der Experience Economy zur Transformation Economy, in welcher Erlebnisse als Mittel zur persönlichen Transformation und Selbstverwirklichung verstanden werden (vgl. Pine & Gilmore, 2011, 2019). Mit diesem Wandel der Lebenseinstellung der Menschen führt Gerhard Schulze den Begriff Erlebnisgesellschaft ein, welche „relativ stark durch innenorientierte Lebensauffassungen geprägt ist“ (Schulze, 2005, S. 54). Analog beschreibt Hitzler (2000, 2011) den Trend als Eventisierung. Dies bedeutet zum einen die Anreicherung klassischer kultureller Veranstaltungen mit erlebnis- steigernden Unterhaltungselementen und zum anderen die gezielte "Herstellung und Bereitstellung von Erlebniswelten“ (Hitzler, 2011, S. 20), wie Rockkonzerte oder Raves.
Erfolgreich realisierte Erlebnisse orientieren sich dabei nach Pine & Gilmore (1999, 2011, 2019) an den vier Erlebnissphären Unterhaltung, Bildung, Eskapismus und Ästhetik, weshalb bei der Gestaltung ein holistischer Ansatz gewählt werden sollte. Auch Schmitt (1999) und Gentile et al. (2007) sehen Erlebnisse als multidimensional und multisensorisch. Ersterer definierte hierfür verschiedene Erlebnismodule, welche das Empfinden, Fühlen, Denken, Handeln und die sozialen Beziehungen der Konsumenten adressieren und somit einen Zusatznutzen darstellen. Frow & Payne (2007) und Homburg et al. (2017) beschreiben dabei das Kundenerlebnis als ganzheitliche Interaktion mit einem Unternehmen oder einer Marke. Idealerweise werden also die Module kombiniert angesprochen, sodass die spezifischen Bedürfnisse des Kunden optimal bedient, Emotionen und Sinne angesprochen und nach Lee et al. (2019, S. 4313) „incredible and memorable wow moments“ induziert werden.
Erlebnisanbieter müssen somit nach Berry et al. (2002) das richtige Set an Clues, „any- thing that can be perceived or sensed — or recognized by its absence” (Berry et al., 2002, S. 86), wählen. Morgan (2008) und Lee et al. (2008) haben dieses Konzept auf Musikfestivals übertragen und dabei verschiedene Erlebnistreiber identifiziert, welche von Programmqualität und Personal bis hin zu persönlichem Nutzen und symbolischer Bedeutung der Veranstaltung reichen. Deshalb unterscheiden Berry et al. (2002, S. 87) zwischen funktionalen Clues, welche sich auf die leistungsbezogenen Eigenschaften des Angebots beziehen, und emotionalen Clues, die auf die Emotionen der Kunden abzielen. Sandström et al., (2008, S. 113) betonen dabei den Einfluss beider auf das Kundenerlebnis und Bruhn & Mayer-Vorfelder (2011, S. 15) führen weiter aus, dass dieser grundsätzlich gleich groß ist. Laut der Autoren werden die funktionalen Erlebnistreiber von den Konsumenten erwartet, jedoch steigern die emotionalen Treiber den hedonistischen Wert des Erlebnisses (vgl. Hirschman & Holbrook, 1982). Homburg et al. (2006, S. 28) argumentieren zudem, dass bei der Betrachtung des Kundenerlebnisses eine dynamische Perspektive eingenommen werden muss und auch Verhoef et al. (2009) bestätigen, “it is impacted by a combination of experiences which evolve over time” (Verhoef et al., 2009, S. 37). Nach Lemon & Ver- hoef (2016, S. 78) wird das Kundenerlebnis durch den kontinuierlichen Vergleich der Erwartungen bzw. der mitgebrachten Motive und dem tatsächlich Erlebten gebildet. Diese Annahme basiert auf den Erkenntnissen von Lervik-Olsen et al. (2015), welche zusätzlich betonen, dass Konsumenten bei der Evaluation von Erfahrungen oft an vergangenen oder ähnlichen Erfahrungen als Maßstab festhalten. Insofern ist es wichtig, die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe zu kennen, da diese das Erlebnis maßgeblich beeinflussen.
3.2 Das klassische Konzerterlebnis
Im Hinblick auf Livemusikveranstaltungen ist der Stand der Erlebnisforschung überschaubar. Nach Baxter-Moore & Kitts (2016) haben sich bisher nur wenige Arbeiten mit der Frage auseinandergesetzt: „why fans support live music by buying (often expensive) tickets [...], repeat this behavior by buying numerous tickets to see the same performer in the same tour, why fans buy live concert tickets when they could listen to (and view) the ‘same' music for free on-line, or at least more cheaply through download or streaming services” (Baxter-Moore & Kitts, 2016, S. 2). Tabelle 1 gibt einen Überblick über repräsentative Studien zu dieser Thematik.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Einordnung repräsentativer Studien zum Konzerterlebnis Quelle: Eigene Darstellung
In den angeführten Studien werden die von Drengner (2014, 2017) definierten Erlebniskomponenten zur Gestaltung von Erlebnissen im Veranstaltungskontext aufgegriffen. Darunter befinden sich sensorische und emotionale Komponenten, sowie kompetenzbezogene Erlebniskomponenten in Form von intellektuell stimulierenden Reizen. Symbolische, relationale und transzendente Erlebniskomponenten beziehen sich zudem auf symbolische Bedeutungen, den Kontakt mit anderen Menschen und der temporären Entkopplung des Individuums von Zeit und Alltag. Im Folgenden wird genauer ausgeführt, inwiefern diese Elemente das Konzerterlebnis nachhaltig prägen und somit Erfolgsfaktoren für das Konzerterlebnis darstellen.
In den Studien lässt sich erkennen, dass die Umgebung und Atmosphäre einen großen Einfluss auf den Livemusikkonsum haben. Pearce (2013, S. 5-6) weist darauf hin, dass diese einen Raum zum sensorischen und emotionalen Erleben der Musik, dem Ausleben von mit der Musikrichtung assoziierten Verhaltensritualen (z.B. Mitsingen oder Mittanzen) sowie zum gemeinsamen Zelebrieren und dem Austausch von Hintergrundinformationen zur Musik darstellt. Auch Earl (2001) nennt als primären Grund für den Konzertbesuch nicht den Musikkonsum selbst, sondern psychologische, soziale und rituelle Aspekte, die auf Konzertaufnahmen nicht geboten werden können. Deshalb kann die Nachfrage nach Livemusik auch nicht rational erklärt werden. Die Studie von Westgate (2020) bekräftigt dies. Sie kommt zu der Erkenntnis, dass der Wert des Veranstaltungsbesuchs insbesondere in der Künstlernähe, dem Gemeinschaftsgefühl und der Unmittelbarkeit und Exklusivität des Konzerts liegt. Pfleiderer (2009) weist ebenfalls darauf hin, dass die Live-Atmosphäre wesentlich vom Gruppenerlebnis und der Kommunikation zwischen Künstler und Publikum geprägt ist. Zudem greift der Autor die von Pearce (2013) genannten Verhaltensrituale auf, welche von Mitklatschen bis hin zu künstlerspezifischen Schlachtrufen reichen. Im Hinblick auf Interaktion haben diese eine symbolische Bedeutung und können als einheitliche Sprache des Publikums zum Ausdrücken von Zustimmung oder Ablehnung gegenüber der Performance gesehen werden. Sie tragen deshalb zur Intensivierung des gemeinsamen Konzerterlebnisses bei (vgl. Pfleiderer, 2009, S. 91-92). Dobson (2008) nennt ebenfalls die Verbundenheit mit dem Künstler und anderen Zuschauern sowie die Unmittelbarkeit und Spontanität der Liveaufführung als Schlüsselfaktoren für die Qualität der Erfahrung. Im Hinblick auf die Konzertlocation nennt die Autorin zudem Akustik, Komfort, Blickwinkel und Intimität als Einflussfaktoren auf das Zuschauererlebnis. Diese finden sich auch in den sechs ermittelten Erfolgsfaktoren von Minor et al. (2004) wieder, welche der Performance (Musical Ability, Musican Appearance, Musical Sound, Audience Interaction) oder der Location (Stage Appearance, Facilities) zugeordnet werden können. Baxter-Moore (2016) schließen sich dem an und gliedern die durch die Auswertung von Konzertbewertung von Bruce Springsteen Konzerten ermittelten Erfolgskomponenten in externe, interne und per- formancebezogene Faktoren. Dem Autor fällt dabei auf, dass letztere dabei den größten Einfluss haben, denn der Auftritt bildet immer den Rahmen des Erlebnisses.
Jedoch geht es nicht nur um das ästhetische Erleben der Musik, auch die damit verknüpften existentiellen Erfahrungen spielen eine wesentliche Rolle. Hopper (2014) ergänzt deshalb die Selbstverwirklichung der Zuschauer durch das Dasein in einem Zustand der Transzendenz und Utopie als zusätzliche Determinante des Erlebniswertes. Dies lässt sich mit dem Wandel der Experience Economy zur Transformation Economy nach Pine & Gilmore (2011) erklären. Auch Frith (2007, S. 14) sieht Livemusikveranstaltungen als Raum für persönliche Transformation und der gesellschaftlichen Anerkennung dieser Identität. Diese Punkte werden auch in der Studie von Neuhofer et al. (2020) bestätigt, deren Forschung auf dem PERMA-Modell (Positive Emotions, Engagement, Relationships, Meaning, Accomplishments) von Seligman (2012) basiert. Hierbei wird Liminalität neben den fünf PERMA-Dimensionen als zusätzliche Voraussetzung für ein transformatives Festivalerlebnis identifiziert (vgl. Neuhofer et al., 2020, S. 2886). Dieser Zustand kann im speziell kon- zeptionierten Erlebnisraum erreicht werden.
Da zwischen den Komponenten Interdependenzen auftreten, handelt es sich auch beim Konzerterlebnis um ein holistisches Phänomen. Dabei lässt sich jedoch erkennen, dass das Konzerterlebnis erheblich von den subjektiven Umständen und Gefühlen des Zuschauers beeinflusst wird. Basierend auf seiner Analyse von 50 Nacherzählungen von unvergesslichen Konzerterlebnissen beschreibt Manning (2007) diese als Faktoren, welche zwar unabhängig von der Performance sind, aber trotzdem einen Einfluss auf das Erleben haben. Alle genannten Komponenten haben somit einen subjektiven Anteil, jedoch liegt deren Gestaltung und Kombination in der Hand der Veranstalter. Bei der näheren Auseinandersetzung mit den Einflussfaktoren können nach Drengner (2017, S. 54-55) zusätzliche Wertschaf- fungs- und Erlebnispotentiale identifiziert werden.
3.3 Das digitale Konzerterlebnis
Bei der Übertragung von Livemusikveranstaltungen in den digitalen Raum fallen viele der beschriebenen Erlebniskomponenten weg. In Tabelle 2 werden die Eigenschaften des Präsenz-Event und Online-Event gegenübergestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Eigenschaften eines Präsenz-Events und Online-Events im Vergleich Quelle: Eigene Darstellung
Insofern stellt sich die Frage, inwiefern ein positives Kundenerlebnis bei digitalen Konzerten ermöglicht werden kann. Hierfür kann das Confirmation/Disconfirmation-Para- digma (kurz: C/D-Paradigma) nach Oliver (1997) als theoretisch-konzeptioneller Erklärungsansatz herangezogen werden. Nach dem C/D-Paradigma ist Kundenzufriedenheit das Ergebnis eines Vergleichsprozesses zwischen den Kundenerwartungen (Soll-Komponente) und dem wahrgenommenen Leistungsniveau (Ist-Komponente), analog zur dynamischen Betrachtung des Kundenerlebnis nach Verhoef et al. (2009) und Lemon & Verhoef (2016). Die Gegenüberstellung der beiden Komponenten führt entweder zu einer Bestätigung oder Nichtbestätigung der Erwartungen und anschließend zu einer emotionalen Bewertung (vgl. Boslau, 2009, S. 17). Werden die Erwartungen der Kunden erfüllt oder übertroffen, führt dies zu Kundenzufriedenheit, bei Nichterfüllung ist der Konsument unzufrieden. Dies wird in Abbildung 3 verdeutlicht. Basis des C/D-Paradigma ist die Erwartungshaltung, welche bei digitalen Konzerten noch unerforscht ist. Es ist zwar naheliegend, jedoch grundsätzlich falsch davon auszugehen, dass das normale Konzerterlebnis als Referenzwert für das digitale Konzerterlebnis gilt, da die oben genannten Unterschiede zwischen Online- und Präsenzevent allgemein bekannt sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Vergleichsprozess des C/D-Paradigma Quelle: In Anlehnung an Homburg & Stock-Homburg (2012, S. 21)
Im Rahmen dieser Arbeit wird die Erfolgsfaktorenforschung zur Ermittlung der Erfolgsindikatoren für das virtuelle Konzerterlebnis herangezogen. Beim Vergleich beider Ansätze können die Erfolgsindikatoren mit der Erwartungshaltung der Zielgruppe gleichgesetzt werden. (Homburg & Stock-Homburg, 2012)
Das Ziel dieser Arbeit ist somit, Erfolgsfaktoren für das digitale Konzerterlebnis zu ermitteln. Anhand der Einflussfaktoren lässt sich schließlich das richtige Set an Clues für ein virtuelles Kundenerlebnis, welches die Erwartungen erfüllt und übertrifft, zusammenstellen. Wie Kaur & Kaur (2020) postulieren: „experience is critical and achievable in any environment“ (Kaur & Kaur, 2020, S. 239). Somit werden anhand dieser Erkenntnisse abschließend Empfehlungen für Veranstalter zur Gestaltung des digitalen Konzerterlebnisses formuliert.
4 Empirische Forschung
4.1 Qualitative Datenerhebung durch Fokusgruppendiskussionen
Zur Verfolgung der oben beschriebenen Zielsetzung wird eine empirische Untersuchung mit qualitativ-explorativem Forschungsansatz gewählt. Da die Thematik in der Wissenschaft bisher nur geringfügig untersucht wurde und keine Grundlagenliteratur zu Erfolgsfaktoren für das digitale Konzerterlebnis zur Verfügung steht, findet eine indirekte Ermittlung der Faktoren statt. Es handelt sich somit nicht um eine direkte Abfrage der Ursachen des Erfolgs, sondern es werden eine Vielzahl von Faktoren erhoben, welche schließlich in Beziehung zueinander gesetzt werden (vgl. Haenecke & Forsmann, 2006, S. 47). Dies hat nach Baumgarth & Evanschitzky (2009, S. 240) einen explorativen Charakter, wofür sich nach Bortz & Döring (2006) insbesondere ein qualitativer Ansatz eignet. Dabei wird nach dem Erkenntnisprinzip vorgegangen und Verständnis basierend auf den Erfahrungen, Erklärungen und Beweggründen der befragten Gruppe gewonnen (vgl. Flick, 1996, S. 41-42). In Abbildung 4 werden die wesentlichen Schritte dieser Forschungsmethode aufgezeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Zirkuläre Forschungsstrategie Quelle: In Anlehnung an Witt (2001, Abschnitt 15)
Für den gewählten Forschungszweck empfiehlt sich die Durchführung von Fokusgruppendiskussionen, da in diesen grundsätzliche Strukturen bzw. kollektive Orientierungsmuster herausgearbeitet werden können. Bei Fokusgruppen handelt es sich um eine moderierte Gesprächsrunde im kleinen Rahmen, bei der Fragestellungen zur Rekonstruktion subjektiver Alltagserfahrungen im Zentrum stehen (vgl. Yin, 2011, S. 141). Im Hinblick auf den explorativen Charakter der zu erforschenden Thematik bieten sich anhand dieser Methodik viele Vorteile. Durch die natürliche Art der Interaktion empfinden die Teilnehmer die Situation nicht als Abfrage, wodurch besonders authentische Äußerungen hervorgerufen werden. Wie Marshall & Rossman (2014, S. 115) beschreiben, lassen sich zudem unvorhergesehene Gesichtspunkte flexibel erkunden. Die Teilnehmer werden durch die Diskussion der eigenen Aussagen außerdem zur kritischen Reflektion angeregt, was zu qualitativ hochwertigen Inhalten führt (vgl. Patton, 2014, S. 386). Insbesondere der von Bell et al. (2019, S. 464) hervorgehobene Innovationsgehalt an möglichen Lösungsansätzen für das untersuchte Problem ist im Hinblick auf die Zielsetzung von Interesse. Es sollen auch kreative Lösungsvorschläge ermittelt werden, welche in die Handlungsempfehlungen miteinbezogen werden können.
4.2 Durchführung der Interviews
Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wurden 4 Fokusgruppendiskussionen mit je 6 Teilnehmer durchgeführt. Dies entspricht den Empfehlungen von Morgan (1997, S. 342), der 3 bis 5 Gruppen mit 6 bis 10 Teilnehmern als angemessen für explorative Forschungszwecke ansieht. Da die Diskussionen aufgrund der anhaltenden Pandemielage online durchgeführt werden mussten, wurde die Dauer von den empfohlenen 2 bis 3 Stunden auf maximal eine Stunde verkürzt. Zudem wurde die untere Grenze der Teilnehmerzahl gewählt, um jedem Teilnehmer genug Raum einzuräumen und mögliche Aufmerksamkeitsverluste zu vermeiden (vgl. Berg, 2009, S. 184).
Bei der Auswahl der Teilnehmer wurde darauf geachtet, dass diese mit einem Alter zwischen 20 und 30 Jahren der Haupteventzielgruppe angehören und schon mindestens eine Livemusikveranstaltung besucht haben. Die Rekrutierung erfolgte durch direkte Anfrage geeigneter Kandidaten. Außerdem wurden verschiedene von Przyborski & Wohlrab-Sahr (2014, S. 59-60) vorgestellte Strategien, wie z.B. die Schneeballtechnik, angewandt. Dabei stellte sich die virtuelle Durchführung als vorteilhaft dar, da auch Personen, für die eine Teilnahme vor Ort nicht möglich gewesen wäre, involviert werden konnten (vgl. Bell et al., 2019, S. 475). Alle Beteiligten teilen eine Leidenschaft für Konzerte und Festivals und somit konnten möglichst homogene Gruppen zusammengestellt werden, wie von Lamnek (2010, S. 395) empfohlen. Dadurch konnte auch das Risiko verringert werden, dass Inhalte aus Angst vor nachfolgenden Konsequenzen verschwiegen werden oder Konflikte innerhalb der Gruppe ausbrechen. In allen Fokusgruppen herrschte außerdem eine gute Gruppendynamik, da die Teilnehmer unterschiedliche Genre-Präferenzen und Konzerterfahrungen mitbringen. Dies ermöglichte eine sehr intensive und vielfältige Diskussion, die zu guten und differenzierten Ergebnissen führte.
Als Rahmen für die Diskussionsrunden wurde ein Leitfaden vorbereitet, um die geplanten Themenfelder abzustecken. Der Aufbau des Leitfadens orientierte sich dabei an der von Schulz (2012, S. 68) empfohlenen Fragenfolge. Zu Beginn wurden die Teilnehmer über den Hintergrund der Recherche und die Formalien aufgeklärt und es wurde das Einverständnis für eine Audioaufnahme zum Festhalten der Inhalte eingeholt. Dabei wurde zudem auf die vorab ausgehändigte Einwilligungserklärung verwiesen, welche im Anhang beigefügt ist (vgl. Anhang 1). Die Runde wurde mit einer Eisbrecherfrage eingeleitet, um die Teilnehmer für die Thematik zu sensibilisieren und aufzulockern. Im Hauptteil wurden fokussierende und diskussionsfördernde Fragen gestellt, wobei kritische Themen wie Mo- netarisierung erst im fortgeschrittenen Verlauf angesprochen wurden. Zum Abschluss wurde eine Reflexionsfrage gewählt, sodass sich die Teilnehmer nochmal mit dem Gesagten auseinandersetzten konnten. Zudem fand eine Rückversicherung statt, dass alle Aspekte richtig aufgefasst wurden. Während dem Verlauf der Diskussion wurden verschiedene Stimuli in Form von Erklärungspassagen eingesetzt, um zwischen Themenfeldern überzuleiten und die Diskussion anzuregen (vgl. Schulz, 2012, S. 68). Die Anzahl der Fragen wurde an die geplante Dauer von maximal einer Stunde pro Gruppe angepasst, mit genug Puffer für Diskussionen. Für die genauere Betrachtung ist der Moderationsleitfaden im Anhang beigefügt (vgl. Anhang 2). Nach dem Prinzip der zirkulären Strategie wurde der Leitfaden nach jeder Diskussionsrunde überarbeitet und Anpassungen vorgenommen.
4.3 Auswertung der Diskussionen
Für die Auswertung wurden zuerst die Audiodateien transkribiert und die Aussagen anonymisiert. Dabei wurden für die verschiedenen Gruppen die Buchstaben A bis D und für die jeweiligen Teilnehmer die Zahlen Eins bis Sechs gewählt. Da der genaue Wortlaut für den Forschungsgegenstand nicht ausschlaggebend ist, konnten auf inhaltergänzende Äußerungen wie Mimik und Gestik sowie Füllwörter bei der Transkription verzichtet werden. Die Auswertung erfolgte anhand der Funktionen der Erfolgsfaktorenforschung nach Daschmann (1994, S. 12). Wie in Abbildung 5 aufgezeigt, setzt sich diese aus den Bestandteilen Selektion, Technologie und Explikation zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Denkmodell der Erfolgsfaktorenforschung Quelle: In Anlehnung an Daschmann (1994, S. 12)
Hierfür wurde analog der drei Kodierphasen nach Strauss & Corbin (1996, S. 177-178) vorgegangen. Im ersten Schritt wurden die Daten offen kodiert und basierend auf Gemeinsamkeiten in Konzepte zusammengefasst. Der sich kontinuierlich abwechselnde und wiederholende Prozess der Datenerhebung und Reflexion führte zu einer Verdichtung der Codes. Im Zuge der Selektion wurden aus einer Vielzahl potenzieller Faktoren die Komponenten identifiziert, welche einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg leisten. Gegenstand der technologischen Funktion ist nach Steinle et al. (1995, S. 311) die Komplexitätsreduktion der Erfolgsfaktoren. Hierfür wurden die Kategorien miteinander in Beziehung gesetzt und ein Kategoriensystem herausgearbeitet. Der Zusammenhang zwischen Erfolgsfaktor und Erfolgsindikator wird schließlich im Rahmen der Explikation untersucht. Hierbei wird tiefer auf deren Zusammenhänge eingegangen und die Kernerkenntnisse in Form von Hypothesen und Handlungsempfehlungen herausgearbeitet.
5 Erfolgsfaktoren für das digitale Konzerterlebnis
Auf Grundlage der Auswertung der Fokusgruppendiskussionen lassen sich verschiedene Komponenten erkennen, welche maßgeblich Einfluss auf das digitale Konzerterlebnis der Zuschauer haben. Dazu zählen die Performance, die technische Umsetzung, Interaktionsmöglichkeiten, die Atmosphäre rund um das Erlebnis sowie der sich daraus ergebende Vorteil. Die genauere Betrachtung fördert zudem verschiedene Unterkategorien für die Erfolgsdeterminanten zutage. Dabei lassen sich ähnliche Muster wie bei den Erfolgsfaktoren für das klassische Konzerterlebnis erkennen, jedoch kann basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen dieses Kategoriensystem nun an das digitale Erlebnis angepasst und erweitert werden. Somit lässt sich das in Abbildung 6 aufgezeigte Kategoriensystem herausarbeiten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Hierarchisches Kategoriensystem des digitalen Konzerterlebnis Quelle: Eigene Darstellung
In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Erfolgskomponenten und deren Subkategorien näher betrachtet, um die Erwartungen der Zielgruppe an digitale Konzertformate aufzuzeigen.
5.1 Performance
Wie beim klassischen Konzert bildet die Performance den Rahmen für das Erlebnis. Hierbei kann zwischen dem Auftritt, der von den Zuschauern durch Sehen und Hören konsumiert wird, und der Gesamtperformance unterschieden werden. Bei letzterer geht es um die Co-Creation-Prozesse, welche während des Auftritts stattfinden. Nysveen & Pedersen (2014, S. 811) beschreiben diese als das gemeinsame Kreieren von Wert zwischen Anbieter und Konsumenten, denn Konzerte sind keine Frontalvorträge, sondern ein Zusammenwirken von Künstler, Zuschauer und Veranstalter. Für beide beschriebenen Konsumbedürfnisse können verschiedene Erfolgskomponenten identifiziert werden.
5.1.1 Auftritt
Nach Aussage der Fokusgruppenteilnehmer muss die Konzeption des Auftritts an den digitalen Raum angepasst werden. Auch in der Studie von Baxter-Moore (2016) wird den Per- formance-Faktoren großen Wert zugesprochen. Häufig genannte Punkte in Bezug zur Showkonzeption sind der Aufbau und die Dauer des Auftritts sowie die Bühnenshow. Im Hinblick auf die Dauer plädieren die Teilnehmer für eine kürzere Variante als das klassische Konzert {z.B. „die einzige Art wie ich mir das vorstellen könnte wäre [...], wenn es nicht so lange dauert wie ein normales Konzert“ (B5)}. Als Grund hierfür wird die geringere Aufmerksamkeitsspanne beim virtuellen Konsum genannt. Wie C3 beschreibt, fehlt zudem der Abstand zum Alltag, da man sich in derselben Umgebung befindet und somit nicht abschalten und sich auf das Konzert fokussieren kann (vgl. Anhang 5, Absatz 50). Auch für D3 stellt das digitale Konzert deshalb kein Abend füllendes Programm dar (vgl. Anhang 6, Absatz 12). Im Hinblick auf immersive Konsummöglichkeiten sehen die Teilnehmer ebenfalls Problematiken, da das Tragen einer VR-Brille auf Dauer unangenehm ist {z.B. „Ich stelle es mir auch sehr unbequem vor, [eine VR-Brille] ein ganzes Konzert lang zu tragen“ (C2)}. C4 nennt zudem noch den Aspekt, dass sich kürzere Konzerte besser in den Alltag integrieren lassen und somit öfter die Möglichkeit besteht, an kürzeren Streamingkonzerten teilzunehmen (vgl. Anhang 5, Absatz 17).
[...]
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