Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Hinführung zum Thema und Zielsetzung der Arbeit
2 Die Laterale Führung
2.1 Definition und Abgrenzung lateraler zu klassischer Führung
2.2 Säulen der lateralen Führung und deren Zusammenspiel
2.3 Notwendigkeit der Rückbindung an Formalstruktur
2.4 Beispiele für Laterale Führung in der Praxis
3 Beteiligungsmanagement im Mittelstand
3.1 Beteiligungsmanagement und Lebenszyklus Beteiligung
3.2 Rollen im Rahmen des Beteiligungsmanagements
3.3 Besonderheiten Beteiligungsmanagement im Mittelstand
4 Laterale Führung im Beteiligungsmanagement
4.1 Warum ist Beteiligungsmanagement Laterale Führung?
4.2 Ausprägung der drei Säulen im Beteiligungsmanagement
4.2.1 Schaffung Formaler Strukturen und Macht arrangieren
4.2.2 Verständnis herstellen und Kommunikation verbessern
4.2.3 Vertrauen erzeugen und erhalten
5 Erkenntnisse der Seminararbeit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Hinführung zum Thema und Zielsetzung der Arbeit
Die Zusammenarbeit in Unternehmen in einer globalisierten Welt geht mit einer steigenden Komplexität und Intensivierung der Dynamik einher. Die Digitalisierung verschärft die Rollen von Mitarbeitern und Vorgesetzten weiter und der Anteil von Aufgaben jenseits von Hierarchien (bspw. Teamleitung, Projektmanagement, Change Management) innerhalb von Organisationen nimmt stetig zu. Aber auch in der Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg (bspw. JointVentures, Kooperationen, Supply-Chain, Beteiligungsmanagement) sind neue Führungsansätze gefragt, die sich nicht (ausschließlich) auf eine Hierarchie stützen. So wurde Ende der 2000er Jahren von den Soziologen und Organisationsberatern Kühl und Schnelle das Konzept der lateralen Führung entwickelt1, dessen Anwendung anhand des Beteiligungsmanagements von mittelständischen Unternehmen betrachtet werden soll. Das Ziel der vorliegenden Seminararbeit ist es, die Möglichkeiten und Grenzen der lateralen Führung im Rahmen des Beteiligungsmanagements von mittelständischen Unternehmen aufzuzeigen.
2 Die Laterale Führung
2.1 Definition und Abgrenzung lateraler zu klassischer Führung
Der Begriff „Laterale Führung“ abgeleitet von lat. „latus“ für „Seite“, wird mit „Führung zur Seite“2 übersetzt und bedeutet so viel wie Führung auf Augenhöhe oder ohne Weisungsbefugnis, Hierarchie oder Vorgesetztenfunktion. „Dabei handelt es sich im Wesentlichen um ein Seminarkonzept, mit dessen Hilfe Menschen, die über keine formale Anweisungsmacht verfügen, lernen sollen, in Projekten, in Matrixstrukturen, in Verhandlungen mit gleichberechtigten Partnern und weiteren lateralen Situationen die Führung zu übernehmen und sich letztendlich durchzu- setzen.“3 Die Laterale Führung basiert auf den drei Säulen Verständigung, Macht und Vertrauen (siehe hierzu Kapitel 2.2) und bedient sich unterschiedlicher Instrumente und Taktiken (siehe hierzu Kapitel 4.2). Eine Abgrenzung zur Klassischen Führung (Hierarchischen Führung) kann im Wesentlichen über das Fehlen der disziplinarischen Weisungsbefugnis als Machtquelle und daraus folgend der unterschiedlichen Ausprägung und Anwendung von Macht, Verständigung und Vertrauen vorgenommen werden (vgl. hierzu auch Tabelle 1).4
2.2 Säulen der lateralen Führung und deren Zusammenspiel
Die drei Säulen der Lateralen Führung können als Mechanismen der Einflussnahme verstanden werden. „Der Einsatz von Einflussmechanismen erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die anderen die kommunizierten Verhaltenserwartungen übernehmen.“5 Die Anwendung der drei Säulen soll dabei Handlungsmöglichkeiten eröffnen, ohne dass die formale Struktur grundlegend geändert werden muss.6 Dabei dient die Verständigung dazu, das Denkgebäude bzw. -muster seines Gegenübers oder einer ganzen Gruppe zu erschließen. Das Vertrauen wiederrum kann helfen, selbst in ungewissen Situationen Kooperationen zu ermöglichen. „ Macht ist der Mechanismus, mit dem man bei anderen ein Verhalten erzeugen kann, das sie spontan nicht angenommen hätten.“7 Im Kontext von Organisationen bedeutet Macht aber auch Kontrolle von relevanten Unsicherheitszonen (bspw. Zuständigkeiten, Wissen, Kontakte, Kommunikation). Die drei Säulen stehen dabei nicht nur als gleichrangige Säulen nebeneinander, sondern können sich auch gegenseitig stützten oder auch gegenseitig behindern.
2.3 Notwendigkeit der Rückbindung an Formalstruktur
Organisationen dienen dazu, die drei Säulen der Lateralen Führung zu formalisieren und so wirkt sie im Schatten von Formalstrukturen (vgl. Tabelle 1).8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Laterale Führung im Schatten der Formalstruktur9
Deshalb kann und will das Konzept nicht auf Formale Strukturen verzichten, sondern die Rückbindung an die Formalstruktur systematisch weiterentwickeln.10 Die Hierarchie dient dabei als Referenzpunkt und „... so sind doch der Ablauf von Machtspielen, der Aufbau von Vertrauensverhältnissen und die Verständigungsprozesse (auch) durch die prinzipiell mögliche Einschaltung der Hierarchie ge- prägt.“11 Auch wenn die Laterale Führung sich auf andere Machtquellen stützt, ist es wichtig als Ultima Ratio auf die machtgebenden Quelle einer formalen Struktur (Hierarchie, Verträge etc.) zurückgreifen zu können.
2.4 Beispiele für Laterale Führung in der Praxis
Die Laterale Führung kann in einer Vielzahl von Situationen zum Einsatz kommen. So ist es Organisationen freigestellt, in welchem Umfang Kooperationsbeziehungen lateral innerhalb eines Unternehmens gestaltet werden. Die Laterale Führung kann u.a. in der Teamleitung, dem Projekt- und Change Management gefunden werden. Aber auch über Unternehmensgrenzen hinweg kommt die Laterale Führung zum Einsatz, wenn Kooperationspartner aus vschd. Unternehmen koordiniert werden sollen.12 So z.B. in der Zusammenarbeit mit Systemlieferanten über eine Supply-Chain hinweg, in Forschungskooperationen oder in der Steuerung von mehreren Beteiligungen durch die Mitarbeiter eines Finanzinvestors. Dabei gilt es festzuhalten, dass die Rahmenbedingungen für die Laterale Führung mit Beteiligten vschd. Organisationen sich grundlegend von denen innerhalb eines Unternehmens unterscheiden. Es gibt keine Hierarchie sondern Verträge zwischen Unternehmen, die nicht alle Aspekte der Kooperation vertraglich regeln können.13
3 Beteiligungsmanagement im Mittelstand
3.1 Beteiligungsmanagement und Lebenszyklus Beteiligung
Beteiligungen sind im Sinne des Handelsgesetzbuches „Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen.“14 „Unter Beteiligungsmanagement versteht man generell die Zusammenfassung aller strategischen, operativen und verwaltenden Aufgaben, die eine Unternehmensgruppe im direkten Umfeld ihrer Beteiligungen zu erfüllen hat.“15 Die Aufgaben orientieren sich an der Lebenszyklusphase der Beteiligung. Diese können in vier verschiedene Phasen mit dazugehörigen Aufgaben unterschieden werden, wobei die Übergänge fließend sind (vgl. Abbildung 1; der Einsatz Laterale Führung beschränkt sich in der vorliegende Arbeit auf die Nutzungsphase). In der Integrationsphase wird der Neuerwerb hinsichtlich Organisation, Prozesse, Berichtswesen und IT an die Abläufe und Vorgaben der Eigentümerin eingebunden. Die Performancephase legt den Fokus auf das Beteiligungscontrolling (Planung, Koordination und Kon- trolle von Unternehmensziele), Hebung von Potenzialen / Synergien sowie Umsetzung wertorientierter Unternehmensführungskonzepte.16 Die Aufgaben können dabei ausschließlicher Unternehmenszweck der Eigentümerin sein (bspw. Finanzinvestor) oder zentral (bspw. Konzernbeteiligungen) bzw. dezentral (bspw. Rechnungswesen, Beteiligungscontrolling) im Unternehmen ausgeübt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Lebenszyklusphasen einer Beteiligung17
3.2 Rollen im Rahmen des Beteiligungsmanagements
Durch Delegation von Aufgaben (bspw. Geschäftsführung) kann es zu Anreiz- und Kontrollproblemen (sog. Principal-Agent-Problematik18 ) kommen, die im Beteiligungsmanagement auch mehrstufig zwischen vshd. (juristischen) Personen auftreten können (zwischen Eigentümer, Beteiligungsmanager, Geschäftsführer, Tochtergesellschaft). Der Prinzipal (=Auftraggeber) erhält seine Nutzenmaximierung aus der bestmöglichen Auftragserfüllung und der Agent (=Auftragnehmer) wird den Auftrag nur seiner Ziele entsprechend ausführen. Dabei kann es zu negativen Konsequenzen durch unvollständige oder asymmetrisch verteilten Informationen kommen.19 Diese werden in der Theorie mit Hidden Action (verborgene Handlungen des Agents), Moral Hazard (Handlungen zu Ungunsten des Prinzipals, aufgrund von opportunistischen Verhaltens des Agents) oder Hold up (Agent erbringt vertraglich geforderte Leistungen aufgrund von unfairem Verhalten nicht) beschrieben.20 Um negative Konsequenzen zu verhindern oder zu minimieren müssen zielführende Anreiz- (bspw. Zielvereinbarungen) und Kontrollmechanismen (bspw. Corporate Governance) installiert werden.21 Die Installation und Überwachung o.g Mechanismen ist Aufgabe des Beteiligungsmanagers.
3.3 Besonderheiten Beteiligungsmanagement im Mittelstand
Als Mittelstand gelten nach quantitativen Kriterien Unternehmen mit einem Jahresumsatz >1 Mio. € und <50 Mio. € oder mit 10 - 499 Mitarbeitern bzw. nach qualitativen Kriterien Unternehmen, in denen eine Einheit von Eigentum und unternehmerischer Leitung vorliegt.22 Dabei gibt es häufig die Vorurteile, das Mittel-ständische Unternehmen „wenig professionell“ sind und Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ treffen. So wurden in diesem Zusammenhang die Defizitthese (Mängel in der Unternehmensführung und fehlender Einsatz betriebswirtschaftlicher Instrumente) und die Äquivalenzthese (Geringer Einsatz betriebswirtschaftlicher Instrumenten aber Entwicklung anderer Handlungsstrategien zur Steigerung der Flexibilität und Erzielung von besseren Ergebnisse) aufgestellt. V.a. in Deutschland bestätigt sich wohl eher die Äquivalenzthese (Bsp. sind Hidden Champions und breiter, gesunder deutscher Mittelstand) wenn gleich sich dies wohl eher in Marktnischen bzw. innovationsstarken Branchen bestätigen lässt.
Die Mittelstands-Charakterisika und abgeleitete Besonderheiten für das Beteiligungsmanagement wurden anhand des 7S-Modells23 wie folgt dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Charateristika des Mittelstands (Eigene Darstellung)24
4 Laterale Führung im Beteiligungsmanagement
4.1 Warum ist Beteiligungsmanagement Laterale Führung?
Wie bereits in Kapitel 2.4 und 3.2 dargestellt, handelt es sich beim Beteiligungsmanagements um Laterale Führung, da es keine unmittelbare Weisungsbefugnis zwischen Beteiligungsmanger und Tochtergesellschaft (vertreten durch das Organ der Geschäftsführung) oder eine Hierarchie im klassischen Verständnis gibt. Die Befugnisse der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft werden dabei im Wesentlichen durch den gesetzlichen Rahmen definiert und die Geschäftsführung ist im Rahmen des Unternehmensgegenstandes berechtigt und verpflichtet, alle Maßnahme auszuüben, um den Geschäftszweck zu erfüllen. Die Möglichkeiten, die sich für das Beteiligungsmanagement durch die Laterale Führung eröffnen sollen in den nächsten Kapiteln getrennt nach den im Kapitel 2.2 dargestellten Säulen (Macht, Vertrauen und Verständigung) näher erörtert werden. Dabei gilt es festzustellen, dass vor allem im Mittelstand mit seinen besonderen Charateristika (vgl. Kapitel 3.3) Laterale Führung erforderlich ist, da es in seltenen Fällen formale Strukturen vorhanden sind und falls diese nachträglich eingeführt werden, es ein langwieriger Prozess ist diese zu etablieren und in der Firmenkultur zu verankern.
[...]
1 vgl. Geschwill et al (2016) S. 69
2 vgl. Kühl (2017a) S. 2
3 Geschwill et al (2016) S. 69
4 vgl. Kühl (2017a) S. 9
5 Kühl (2017a) S. 19
6 vgl. Kühl et al (2009) S. 52
7 Kühl (2017a) S. 23
8 vgl. hierzu Kühl (2017a) S. 9
9 Kühl et al (2009) S. 55
10 vgl. Kühl (2017a) S. 63
11 Kühl (2017a) S. 65
12 vgl. Kühl (2017a) S. 65
13 vgl. Kühl (2017a) S. 66
14 §271 Absatz 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch
15 Wittigayer (2016) S. 70
16 vgl. Heesen (2017) S. 11f.
17 Heesen (2017) S. 11.
18 vgl. Britzelmaier (2009) S. 19f.
19 vgl. Britzelmaier (2009) S. 19f.
20 vgl. Bouè, Kehlbeck et al (2012) S. 36f.
21 vgl. Bouè, Kehlbeck et al (2012) S. 36
22 vgl. Galber (2017a)
23 McKinsey-7S-Model beschreibt sieben für Unternehmensgestaltung wesentlichen Kernvariablen
24 Charakteristika in Anlehnung an Wolf et al (2009) S. 17f. und Kaschny et al (2015) S. 13f.