Veränderung der Luftverkehrsstrukturen in jüngster Zeit


Bachelorarbeit, 2008

58 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Zielsetzung

2. Einführung in das Luftverkehrssystem
2.1 Bedeutung innerhalb des Verkehrssystems
2.2 Entwicklung der Innovationen und Organisation
2.3 Überblick über die Luftverkehrspolitik

3. Globale Bedeutung des Luftverkehrs
3.1 Einfluss der Globalisierung und anderer Faktoren auf den Luftverkehr
3.2 Entwicklung des weltweiten Passagieraufkommens
3.3 Entwicklung des internationalen Luftfrachtaufkommens
3.4 Die Dienstleistungskette Luftfracht

4. Dynamik im Ost- und Südostasiatischen Raum
4.1 Wachstumsmarkt Ost- und Südostasien
4.2 Bedeutung der Low Cost Carrier

5. Luftverkehr in Europa
5.1 Entwicklung der internationalen Verkehrsflughäfen von 1993 bis 2003
5.2 Bedeutung des Geschäftsmodells Low Cost Carrier (LCC) für den europäischen Luftverkehrsmarkt
5.2.1 Strategie der Low Cost Carrier (LCC)
5.2.2 Strategie der Full Service Carrier (FSC)
5.2.3 Gegenüberstellung beider Geschäftsmodelle

6. Zusammenfassung und Ausblick

7. Verzeichnis der Quellen

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1: Formen des Luftverkehrs

Abb. 2: Freiheiten der Luft nach internationalen Vereinbarungen

Abb. 3: Grundformen von Flugverkehrsnetzen (a) und Organisation

am Drehkreuz (b)

Abb. 4: Netzwerk der Flugverbindungen zwischen der Triade

und 1998

Abb. 5: TOP-30 Flughäfen nach Passagieraufkommen im

Gesamt-Linienverkehr 2000 bzw. 2005 und nach Großregionen

Abb. 6: Entwicklung des Welthandels 1980-2003

Abb. 7: Die Dienstleistungskette „Luftfracht“

Abb. 8: Flughafenstandorte in Ost- und Südostasien:

Passagieraufkommen 2004 und Veränderung gegenüber 1999

Abb. 9: Billigfluggesellschaften in Ost- und Südostasien

Abb. 10: Entwicklung der 10 wichtigsten EU-Flughäfen 1993 bis 2003

Abb. 11: Fluggastverkehr der 10 wichtigsten EU-Flughäfen insgesamt –

Anteil nach Destinationen 2003

Abb. 12: Marktanteil der Low Cost Carrier in Europa von 1991 bis 2007

Abb. 13: Prognose der Verkehrsleistungen im Personenverkehr

(Deutschland)

Abb. 14: Prognose Passagierzuwachs Flughafen Frankfurt am Main

bis 2020

Abb. 15: Prognosen für den weltweiten Personenluftverkehr nach

Großregionen 2006 bis 2025

Verzeichnis der Tabellen

Tab. 1: Entwicklung des Fluglinienverkehrs der ICAO-Staaten

bis 2005

Tab. 2: Entwicklung der Fracht- und Postbeförderung 1930-2005

Tab. 3: Ausgewählte LCCs in Südostasien: Destinationen innerhalb

Südostasiens 2008 und Veränderung gegenüber 2004

Tab. 4: Die 10 wichtigsten EU-Flughäfen für den Post- und Frachtverkehr

im Jahre 2003

Tab. 5: Gegenüberstellung beider Geschäftsmodelle auf Anbieterseite

Tab. 6: Gegenüberstellung beider Geschäftsmodelle auf Nachfrageseite

1. Zielsetzung

Der Beginn der Luftfahrt ist für die globale wirtschaftliche Entwicklung seither von enormer Bedeutung. Seit kaum einem halben Jahrhundert sind der Menschheitstraum vom Fliegen und die jährliche Urlaubsreise eine Selbstverständlichkeit geworden. Das Massenverkehrsmittel Flugzeug trug neben der Informations- und Kommunikationstechnik nicht unerheblich zur Entwicklung des „Global Village“ bei. Theoretisch ist jeder Flughafen innerhalb von 24 Stunden zu erreichen, jedoch kann ein innerdeutscher Flug von München nach Hamburg, aufgrund von Nebelbänken, auch eine Tagesreise werden.

Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über die Entwicklung der Luftverkehrsstrukturen in jüngster Zeit geben, da sich diese u. a. durch die Innovation der „Low Cost Carrier“ (LCC) global erheblich verändert haben, vor allem aber im ost- und südostasiatischen Raum. Die Darstellung bedeutender Netzwerke und luftverkehrstechnischer Grundlagen sollen nach der Lektüre des ersten Kapitels ein Verständnis der Luftverkehrsstrukturen ermöglichen.

Im zweiten Kapitel soll ein Überblick über globale Raumstrukturen im Luftverkehr hinsichtlich der Passagierentwicklung, aber auch der Luftfrachtentwicklung und deren Bedeutung gegeben werden. Um an dieser Stelle eine Bewertung vornehmen zu können, werden die Entwicklung des Welthandels in jüngster Zeit und die damit verbundenen Rahmenbedingungen für den Cargo-Sektor dargestellt.

Bei einer globalen Betrachtung darf die Marktposition von Flughafenstandorten nicht unberücksichtigt bleiben. Hinsichtlich dessen ist der dynamischen Entwicklung im ost- und südostasiatischen Raum ein eigenes Kapitel gewidmet. Es soll deutlich werden, welche Entwicklungen sich in den Räumen Ost- und Südostasiens vollziehen.

Der Luftverkehr in Europa wird anhand der Bedeutung der internationalen Verkehrsflughäfen im vierten Kapitel verdeutlicht. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf der Bedeutung der Low Cost Carrier, d. h. es werden zwei Geschäftsmodelle gegenübergestellt, und zwar die Low Cost Carrier (LCC) und Full Service Carrier (FSC) und der Frage nachgegangen, inwiefern Low Cost Carrier für den Strukturwandel im

Luftverkehr verantwortlich sind. Abschließend folgen eine Zusammenfassung und ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung des Luftverkehrs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Einführung in das Luftverkehrssystem

2.1 Bedeutung innerhalb des Verkehrssystems

Gesamt betrachtet, stellt die Beförderung von Gütern und Personen per Flugzeug den am stärksten wachsenden und dynamischsten Bereich im Verkehrssystem dar. Die Vorteile des Luftverkehrs sind nach HESSE & NUHN (2005, S. 136ff) vor allem in der Schnelligkeit des Transportes von Personen und hochwertigen Gütern über längere Distanzen begründet. Der Einsatz eines Lufttransportmittels unterschiedlicher Größe und Reichweite gestaltet sich flexibel. Doch die Tatsache als solche ist erst vorteilhaft, wenn dem Transportgut kurze Umschlagszeiten zuverlässig gewährt werden kann. Ein weiterer Vorteil ist die relativ gut kalkulierbare Transportzeit mit überschaubaren Verspätungen. Letztlich spielt der Faktor Wetter eine erhebliche Rolle, hinsichtlich des Dispatches (Flugplanung). Man muss sich vergegenwärtigen, dass der Transport mit dem Flugzeug relativ hohe Transportkosten bei sperrigem und schwerem Massengut verursacht, da das Kapazitätsvolumen eines Flugzeuges selbstverständlich nicht mit dem eines Schiffes bzw. Güterzuges verglichen werden kann. Daraus resultiert ein hoher Energiebedarf pro befördertem Gut. Neben zuverlässigem Fluggerät und Infrastruktur sind Überwachungssysteme für die Flugsicherung erforderlich, die ebenfalls hohe Kosten verursachen, die jedoch aufgrund der schnellen Beförderungszeit die Konkurrenzfähigkeit des Luftverkehrsmarktes nur bedingt einschränken.

Nach der Funktion ergeben sich unterschiedliche Formen des Luftverkehrs (s. Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Formen des Luftverkehrs

Quelle: Nuhn & Hesse (2005), veränderte eigene Darstellung

Im „Abkommen von Chicago“ der International Civil Aviation Organization (ICAO) vom 07.12.1944, wie POMPL (2006, S. 31ff) darstellt, umfasst der öffentliche Luftverkehr die Bereiche Linienflugverkehr und Gelegenheitsverkehr. Unter Linienflugverkehr wird „any sheduled air service performed by aircraft for the public transport of passengers, mail or cargo” verstanden (vgl. ICAO Convention, Kapitel. XXII). Somit ist das Luftfrachtsegment unter Linienflugverkehr zu kategorisieren. Weiterhin benötigen Luftfahrtunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, die Personen oder Sachen gewerbsmäßig durch Luftfahrzeuge auf bestimmten Linien öffentlich und regelmäßig befördern (Fluglinienverkehr), eine entsprechende Flugliniengenehmigung (vgl. LuftVG:

§ 21 Abs. 1).

Was kennzeichnet nun den Linienflugverkehr? In erster Linie ist der Linienflugverkehr durch Regelmäßigkeit und Linienbindung gekennzeichnet. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Low Cost Carrier (LCCs) aus dem Marktsegment des Schienenschnellverkehrs große Anteile übernommen haben. POMPL (2006, S. 35) ist, aus wirtschaftlicher Sicht, der Auffassung, dass keine direkte Differenzierung des Low Cost Segments vorgenommen werden kann, da sich die wirtschaftlichen Prinzipien des Linienflugverkehrs und des Gelegenheitsverkehrs stark überschneiden (Näheres in Kapitel 5.2). NUHN & HESSE (2005, S.141) vertreten die These, dass dem LCC-Segment eine besondere Stellung im öffentlichen Luftverkehrssystem aus verkehrsgeographischer Sicht zuzuschreiben ist. Und zwar dadurch, dass es den Linienflug- und Chartermodus in einem Konzept vereint hat und nur Kurz- und Mittelstreckenflüge anbietet.

Zum zivilen Luftverkehr zählt ebenso der private Luftverkehr. Darunter fallen Geschäftsflugzeuge (Learjet etc.) und der allgemeine Luftsport (Motorflug, Segelflug, Ballonfahrten).

Da dem Personen- und Geschäftsverkehr eine besondere Bedeutung zuzuschreiben ist, liegen die großen Flugplätze in der Nähe von Agglomerationen und haben sich dort zu attraktiven Standorten für spezielle Gewerbe und Dienstleistungen entwickelt. Damit verbunden und in der aktuellen Diskussion immer wieder betont, spielen die Auswirkungen auf das globale Klima eine große Rolle, vor allem die Ozonschädigung in Reiseflughöhe.

2.2 Entwicklung der Innovationen und Organisation

Seit jeher ist der Traum vom Fliegen in der Menschheitsgeschichte nachzuweisen. Schon Da Vinci hat Fluggeräte erdacht. Erst Ende des 18. Jahrhunderts gelang es den Brüdern Montgolfier, einen Heißluftballon erfolgreich zu erproben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte eine zunächst langsame Entwicklung von Fluggeräten ein. Diese hat sich jedoch ab Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit enorm beschleunigt. Den Anfang für die Überquerung des Atlantiks mit Passagieren im Linienverkehr machte das Luftschiff von Graf Zeppelin. Der Flugpionier Otto Lilienthal baute bereits Ende des 19. Jahrhunderts Gleitfluggeräte, die von den Gebrüder Wright mit beweglichen Flächenelementen ausgerüstet und zu steuerbaren Motorflugzeugen optimiert wurden. In Kriegszeiten wurden Bomber und Jäger mit stärkeren Motoren erstmals in stabiler Metallbauweise konstruiert und eingesetzt. (Der Bereich Militär wird in dieser Arbeit nicht betrachtet.)

Nach dem Ersten Weltkrieg fanden zunächst Erkundungsflüge mit Doppeldeckern und Wasserflugzeugen statt. Charles Lindbergh feierte seinen Triumph, als er mit der „Spirit of St. Louis“ per Direktflug den Atlantik überquerte. Trotzdem war man nach diesen Flugvorhaben noch sehr skeptisch, da es sicherer zu sein schien, die um 1910 entwickelten Wasserflugzeuge weiterhin einzusetzen, falls ein Motorausfall über dem Gewässer auftrat. Des Weiteren erfolgte der Ausbau eines regelmäßigen Post- und Passagierdienstes nach dem Erfolg Lindberghs. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Gasturbinen mit Treibschrauben sowie Strahl- und Raketenantriebe zum Einsatz. Schon 1947 wurde mit der Innovation „Concorde“ die Schallgrenze überschritten. Die UdSSR zog 1967 mit der Tupolev TU-144 nach. Beide Neuerungen waren jedoch nicht erfolgreich, da sie nur 5 % Nutzlast ihres zulässigen Gesamtgewichts an Passagieren befördern konnten (ca. 113 Pass.). Konventionelle Verkehrsmaschinen konnten den dreifachen Anteil Nutzlast für die Fluggäste nutzen. Hinzu kamen hohe Energiekosten, so dass tatsächlich bis zum Jahr 2000 nur 20 von 250 geplanten Concordes zum Einsatz unter Air France und British Airways kamen. Bis heute verzichtet man aus wirtschaftlichen Gründen darauf, Überschallpassagierflugzeuge weiterzuentwickeln.

In den 1970er Jahren entwickelte Boeing die B-747, die bis heute das erfolgreichste Großraumflugzeug ist. Durch einsetzende Konzentrationsprozesse auf dem US-amerikanischen Flugzeugbauer-Markt blieb die Boeing Corporation als Führender

bestehen. Da auch die europäische Konsolidierung der Flugzeugindustrie zu erwarten war, wurde 1969 das Airbus Konsortium durch die Fusion von der französischen Aerospatiale Matra, der deutschen DASA und der spanischen CASA gebildet. Dieser Verbund wurde zeitweise stark subventioniert und ist heute mit 49 % Marktanteil der zweitgrößte Anbieter von Großflugzeugen (vgl. NUHN & HESSE, S. 137ff). Das grundlegendste Innovationspotenzial ist mittlerweile weitestgehend ausgeschöpft. Dennoch besteht ein Optimierungspotenzial, das aus Gründen des Energieverbrauchs und ökologischer Probleme erschlossen werden muss.

Die damaligen Entwicklungen wurden überwiegend durch öffentliche Mittel und Privatiers unterstützt. Heute bestimmen große internationale Airlines die Entwicklung der Zivilluftfahrt.

Nun zur Organisation des allgemeinen Luftverkehrs: 1944 wurden auf der internationalen Konferenz der ICAO neuere Rechtsgrundlagen vereinbart. NUHN & HESSE (2005,

S. 145) zählen hierzu die so genannten „Freiheiten der Luft“ (s. Abb. 2), deren Anzahl von fünf auf acht erweitert wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Freiheiten der Luft nach internationalen Vereinbarungen

Quelle: Nuhn & Hesse (2005)

Diese Beschlüsse bzw. „Freiheiten der Luft“ sind die Arbeitsgrundlage für Fluglinien, Flugsicherungsbehörden und Flughäfen. Auch sind bilaterale Abkommen (mit dem Partnerland) auf Flugstrecken, das Transportgerät, die Bedienungsfrequenzen sowie Kapazitäten, Preise und Gewinnaufteilung zu berücksichtigen.

Ziviler wie militärischer Luftverkehr ist erheblichen internationalen Regulierungen unterworfen. In so genannten Flugplan- und Tarifkommissionen der Fluggesellschaften unter der Leitung der International Air Transport Association (IATA) sind z. B. weltweit gültige Flugpreise vereinbart worden (vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 14.03.2005). Die Folge ist, dass der Wettbewerb unter den Mitgliedern der IATA weitestgehend eliminiert wurde. Vorteile ergeben sich dadurch für den Passagier. So sind einheitliche Beförderungsdokumente sowie einheitliche Verkaufs-, Beförderungs- und Abrechnungsmodalitäten entstanden, so dass der Passagier ebenfalls einen Anspruch auf die Beförderung seiner Gepäckstücke hat.

Hinsichtlich der Organisation bzw. Definition von Flugrouten lassen sich nach NUHN & HESSE (2005, S. 143f) drei Grundformen unterscheiden: Direktverbindungen,

Netze und Drehscheiben (Hubs), siehe Abbildung 3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Grundformen von Flugverkehrsnetzen (a) und Organisation am Drehkreuz (b)

Quelle: Nuhn & Hesse (2005)

Zur Veranschaulichung einer Direktverbindung: Ein Flugzeug startet von seinem Basisflughafen (A) in Richtung des Zielflughafens (D). Auf dessen Route sind, wenn

nötig, Zwischenstopps aus technischen Gründen oder zur Aufnahme von Ladung eingeschaltet. Werden Netzstrukturen (Drehkreuze) betrachtet, sind diese charakteristisch für binnenländische, aber auch internationale Flugverbindungen. Somit können sich auch größere Gesellschaften, die weltweit fungieren, in ein Netz zusammenfügen. Grundlage hierfür ist die Vereinbarung „Freiheiten der Luft“ für die Beförderung von Personen und Fracht. Kleinere Fluggesellschaften, die ein geringeres Potenzial an Passagieren transportieren, versuchen den Marktanteil zu vergrößern, indem sie Flugverbindungen zwischen Drittstaaten durchführen.

Aufgrund der geographischen Lage und infrastrukturellen Erschließung eines Flughafens ist die Möglichkeit gegeben, Flughäfen als Drehkreuze auszubauen. Zu diesen Drehkreuzen gehören London Heathrow (mit British Airways), Paris Charles des Gaulles (mit Air France) und Frankfurt am Main (mit Lufthansa). Frankfurt ist das Drehkreuz (Hub) der Lufthansa AG. Übertragen auf Abbildung 3 bedeutet dies, dass ein Flugzeug vom Flughafen A über den Hub X zum Zielflughafen D gelangt. Es wird von einem Uhrglas-Hub gesprochen, wenn die Verbindung zwischen zwei Regionen durch den Hub als Zwischen- bzw. Umsteigestation geführt wird. Als Beispiel für das o. g. System ist Singapur zu nennen. Dort werden Flüge aus dem asiatischen und australischen Raum gebündelt und nach Europa bzw. Nordamerika weitergeleitet.

Von einem Hinterland-Hub wird gesprochen, wenn der Flughafen als Sammelpunkt für eine bestimmte Airline genutzt wird, um Anschlussflüge außerregionaler Zielflughäfen anbieten zu können. Hierfür nennen NUHN & HESSE (2005, S. 144f) Delta Airlines mit Atlanta als ein Beispiel. In Atlanta führt Delta Airlines täglich 600 Abflüge mit nationalen und internationalen Zielen durch. Damit wird ein Umschlag von ca. 20.000 Passagieren erreicht.

Aufgrund der starken Regulierung versuchen Airlines durch Kooperationen und strategische Allianzen (z. B. „Star Alliance“) eine Ausweitung des Netzwerks unter Umgehung juristischer Restriktionen zu erreichen, indem Code-Sharing angewendet wird. Hierbei vereinbaren Fluggesellschaften einen gemeinsamen Nutzen von Flugrechten auf einer Route unter einer offiziellen Codenummer. Als ein Beispiel hierfür wäre die ehemalige innerdeutsche Städteverbindung Bremen – Berlin/Tegel zu nennen. Cimber Air, eine dänische Airline, führte diese Städteverbindung mit einer ATR 42-300 unter dem

Callsign „DLHxxxx“ der Lufthansa durch, welche diese Verbindung vorher herstellte. Vorteile: Durch die Einigung zweier Vertragspartner wurden Kosten gespart und das Angebot erweitert, so dass im günstigsten Fall der Anbieter und der Kunde profitiert. Diese Städteverbindung hat sich jedoch als unrentabel erwiesen und wurde eingestellt.. Es funktioniert jedoch hervorragend mit Air Dolomiti, die im Namen der Lufthansa Linienflüge von München nach Italien anbietet.

Eine weitere Strategie ist Franchising. Hierbei erlaubt eine Airline, ihren Namen und Service gegen Gebühren zu verwenden. Dieses Verfahren setzt sich in Europa zunehmend durch. British Airways hatten 1998 acht, Air France, Iberia und Lufthansa je vier Franchisenehmer. Der Franchisegeber kann Strecken mit hohen Kosten oder geringer Auslastung an kleinere Unternehmen abgeben. Diese profitieren wiederum von Image und Effizienz des franchisegebenden Unternehmens (vgl. NUHN & HESSE 2005, S. 146).

2.3 Überblick über die Luftverkehrspolitik

Wie unter Punkt 2.2 erwähnt, gehört der Luftverkehr zu dem am stärksten regulierten Transportsektor. Dies hat einen historischen Hintergrund: Aufgrund der militärischen Auseinandersetzungen im Ersten und Zweiten Weltkrieg beharrten die europäischen Siegerstaaten auf der uneingeschränkten Immunität und politischen Souveränität ihres Luftraumes. Das Pariser Abkommen von 1919 sah die Fixierung dieses Prinzips vor sowie bilaterale Verträge, die auf Gegenseitigkeit für die Gewährung von Überflug- und Landerechten beruhten. Das ICAO-Abkommen (Chicago 1944) definierte zunächst die fünf Freiheiten der Luft, deren verbindliche Einführung aber nicht erreicht, sondern weiterhin den bilateralen Vereinbarungen überlassen wurde.

Demzufolge definiert das Europäische Parlament die Luftverkehrspolitik als „die bewusste Gestaltung und Beeinflussung des Luftverkehrs durch den Staat, andere öffentliche Körperschaften, halböffentliche Körperschaften und private zur Erreichung gesamtwirtschaftlicher Ziele“ (POMPL 2006, S. 333). Nun ist jedoch festzustellen, dass der Staat, aufgrund von Deregulierungsmaßnahmen, sich zunehmend aus der Luftverkehrspolitik herauszieht und somit eine Erweiterung der Definition nötig ist. Nach POMPL (2006, S. 333) umfasst die Luftverkehrspolitik „sowohl die bewusste Gestaltung

von Zielen und Instrumenten des Luftverkehrs als auch das bewusste Nichteingreifen in Teilbereiche des Luftverkehrs durch nationale und supranationale staatliche Institutionen, internationale Organisationen, Interessenverbände und Einzelunternehmen zur Erreichung gesamtwirtschaftlicher und unternehmensspezifischer Ziele“.

Hiermit soll zum Ausdruck kommen, dass der politische Prozess nicht nur durch hoheitliche Beschlüsse, sondern eben durch eine Vielfalt von Interessengruppen unterschiedlicher Art bestimmt ist. Somit beinhaltet Luftverkehrspolitik auch die Aspekte Strategie, Art und Hierarchie der Ziele. Aufgrund der Deregulierungsmaßnahmen ist der Luftverkehr nun nicht mehr allzu sehr durch Gesetze und Verordnungen geprägt, sondern zunehmend, und sicherlich ist dies positiv zu werten, durch das individuelle Verhalten der Betroffenen gekennzeichnet. Demzufolge kann der Markt durch freie Entscheidungen der Unternehmen hinsichtlich der Angebotsentwicklung flexibler erschlossen werden.

POMPL (2006, S. 336) stellt dazu fest: „Das freie Spiel der Kräfte führt aber auch nach den bisherigen Erfahrungen nicht automatisch zur Erreichung der gesamtwirtschaftlichen Ziele der Verkehrspolitik. Es kann zu einseitigen Kräfteverschiebungen kommen, wie z. B. beim Monopol, die sich negativ für die übrige Wirtschaft auswirken. Die Träger der Luftverkehrspolitik müssen daher durch den Einsatz ausgewählter Mittel die Entwicklung des Luftverkehrssystems auf die von ihnen gesetzten Ziele hin lenken.“

Aufgrund dessen ist andererseits ein gewisses Regulierungsmoment durchaus sinnvoll. Abschließend folgende Argumente für die Regulation: In erster Linie zielt die staatliche Regulierung auf den nationalen Nutzen ab. Um einen gesunden funktionierenden Wettbewerb zu gewährleisten, muss die Leistungsfähigkeit des Luftverkehrssystems sichergestellt werden, vor allem durch eine sinnvolle Aufgabenverteilung der Verkehrsträger. Nicht zuletzt steht der Verbraucher im Vordergrund, dessen Fürsorge durch den Verbraucherschutz und Umweltschutz gesichert werden soll.

[...]

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Veränderung der Luftverkehrsstrukturen in jüngster Zeit
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
58
Katalognummer
V112958
ISBN (eBook)
9783640139385
ISBN (Buch)
9783640139439
Dateigröße
9338 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Veränderung, Luftverkehrsstrukturen, Zeit, Luftverkehr, Low Cost Carrier, Thema Luftverkehr
Arbeit zitieren
Jan Wesseling (Autor:in), 2008, Veränderung der Luftverkehrsstrukturen in jüngster Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112958

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